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VfGH vom 20.03.1986, V40/84

VfGH vom 20.03.1986, V40/84

Sammlungsnummer

10842

Leitsatz

B-VG Art 139 Abs 1; Individualantrag von Gemeinden als gesetzliche Schulerhalter iS des § 3 Nö. PflichtschulG auf Aufhebung der Nö. SchularztV; Feststellung über die Verpflichtung, einen Schularzt zu bestellen und mit ihm ein Honorar zu vereinbaren, durch Urteil oder Bescheid nicht zumutbar; Zulässigkeit des Antrages

Nö. SchularztV; keine Bedenken gegen § 10 letzter Satz Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG (über die Beistellung von Schulärzten), sowie gegen den dieser Bestimmung entsprechenden Teil des § 2 Abs 4 Nö. PflichtschulG; § 2 Abs 4 leg. cit. hinreichend determiniert; weder in § 2 Abs 4 leg. cit. noch in einer anderen gesetzlichen Regelung Grundlage für die in den §§4 und 5 Nö. SchularztV getroffene Regelung der Vergütung - Verstoß gegen Art 18 B-VG; keine Zuständigkeit der Nö. Landesregierung zur Erlassung der - gemäß Art 14 Abs 1 B-VG der ausschließlichen Kompetenz des Bundes vorbehaltenen - Verordnungsbestimmungen des § 2 Z 1, 3 und 4 der cit. V (betreffend Aufgaben des Schularztes)

Spruch

§2 Z 1, 3 und 4, §§4 und 5 der V der Nö. Landesregierung vom über die Beistellung von Schulärzten zu allgemeinbildenden öffentlichen Pflichtschulen, LGBl. 5000/3-0, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Im übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Nö. Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im LGBl. verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Gemeinde Enzersdorf an der Fischa stellt in einer als "Beschwerde gemäß Art 139 (1) letzter Satz B-VG" bezeichneten Eingabe an den VfGH den Antrag, die gesamte V der Nö. Landesregierung vom , LGBl. 5000/3-0, über die Beistellung von Schulärzten zu allgemeinbildenden öffentlichen Pflichtschulen (im folgenden nö. SchularztV, allenfalls deren § 1,§ 2 Z 1, 3 und 4, §§4 und 5, wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben. Sie behauptet, daß die V von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde. Durch die Festsetzung eines Honorars für die schulärztliche Tätigkeit erachtet sie sich überdies in ihrem Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art 116 Abs 1 B-VG verletzt. Ferner behauptet sie, daß die V durch kein Gesetz, insbesondere nicht durch § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes gedeckt sei. Schließlich regt sie an, die Verfassungsmäßigkeit des § 10 letzter Satz des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes zu prüfen.

Zur Begründung ihrer Berechtigung, den vorliegenden Antrag zu stellen, führt die Gemeinde aus, daß unter Person iS des Art 139 Abs 1 B-VG auch juristische Personen, darunter auch Gemeinden, zu verstehen seien. Die Gemeinden seien als Schulerhalter die "direkten Rechtsadressaten" der nö. SchularztV, die beispielsweise durch § 5 verpflichtet seien, den Schulärzten ein bestimmtes Honorar zu zahlen. Die V habe daher für die Gemeinden direkte Wirksamkeit.

2. Die Gemeinde St. Egyden am Steinfeld stellt unter Bezugnahme auf Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG an den VfGH den Antrag, die gesamte V der Nö. Landesregierung vom , LGBl. 5000/3-0, über die Beistellung von Schulärzten zu allgemeinbildenden öffentlichen Pflichtschulen, allenfalls deren § 1,§ 2 Z 1, 3 und 4, sowie §§4 und 5, wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben. Auch sie behauptet, daß die V von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde. Sie erachtet sich durch die Festsetzung des Honorars für die schulärztliche Tätigkeit in ihrem Verfügungsrecht über ihr Vermögen verletzt. Sie bestreitet, daß die angefochtenen Bestimmungen der V über die Beistellung von Schulärzten in § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes, LGBl. 5000-5, Deckung finden.

Zur Begründung der Berechtigung, diesen Antrag zu stellen, führt die Gemeinde aus, daß gemäß Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG auch juristische Personen, also auch Gemeinden, berechtigt seien, derartige Anträge zu stellen. Die V sei für die schulerhaltenden Gemeinden ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung bzw. ohne Erlassung eines Bescheides wirksam.

3. Die nö. Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragte, soweit der Antrag nicht zurückzuweisen sei, festzustellen, daß die V nicht gesetzwidrig ist. Sollte der Gerichtshof jedoch zur Auffassung gelangen, daß die V gesetzwidrig ist, wurde weiters beantragt, für das Außerkrafttreten derselben eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.

II. 1. Gemäß § 10 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes, BGBl. 163/1955 idF BGBl. 87/1963 und 325/1975, ist unter Errichtung einer Schule iS des Gesetzes "ihre Gründung und die Festsetzung ihrer örtlichen Lage, unter Erhaltung einer Schule die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung, die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und Lehrmittel, die Deckung des sonstigen Sachaufwandes sowie die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften allenfalls erforderlichen Hilfspersonals (wie Schulwart, Reinigungspersonal, Heizer) zu verstehen. Die Beistellung der erforderlichen Lehrer obliegt dem Land. Ferner ist für die Beistellung von Schulärzten in einer Weise vorzusorgen, daß die ihnen auf Grund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können."

Der vorletzte Satz wurde durch die Novelle 1963, der letzte Satz durch die Novelle 1975 angefügt.

Nach § 2 Abs 4 des Nö. Pflichtschulgesetzes, LGBl. 5000-5, ist unter Erhaltung einer Schule "die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften, deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung, die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und der Lehrmittel, die Deckung des sonstigen Sachaufwandes sowie die Beistellung der zur Betreuung des Schulgebäudes erforderlichen Hilfspersonen (wie Schulwart, Reinigungspersonal, Heizer) zu verstehen; ferner ist für die Beistellung von Schulärzten in einer Weise vorzusorgen, daß die ihnen auf Grund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können; ...". (Die weiteren Vorschriften des Paragraphen betreffen die Erhaltung von Schülerheimen).

Die nö. SchularztV lautet:

"§1

Der gesetzliche Schulerhalter hat einen praktischen Arzt oder einen Facharzt für Kinderheilkunde zum Schularzt zu bestellen.

§2

Dem Schularzt sind folgende Aufgaben zu übertragen:

1. Überwachung der biologischen Entwicklung der Schuljugend, Mitwirkung bei Feststellung der Ursachen von Fehlleistungen, Beratung der Direktion, des Lehrkörpers sowie der Elternschaft in schulärztlichen und allgemein schulhygienischen Angelegenheiten sowie in Fragen der Gesundheitserziehung der zu betreuenden Schüler.

Dazu gehören insbesondere:

a) Einzeluntersuchung aller zu betreuenden Schüler, bei Schuleintritt innerhalb der ersten 3 Monate des Schuljahres, in den übrigen Schulstufen jährlich einmal so, daß eine sichere Aussage über die gesundheitliche Eignung für Schikurse oder Schulveranstaltungen mit sportlichem Schwerpunkt getroffen werden kann (ausgenommen sind Wandertage, Exkursionen und Lehrgänge sowie Schulveranstaltungen im Sinne des § 2 Punkt VII der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Art, die Anzahl und die Durchführung von Schulveranstaltungen, BGBl. Nr. 369/1974).

b) Erstellung von Gutachten über

aa) die gesundheitliche und körperliche Eignung für eine bestimmte Schulart (§3 Abs 1 litc des Schulunterrichtsgesetzes - SchUG),

bb) die Notwendigkeit der Befreiung eines Schülers aus gesundheitlichen Gründen von einzelnen Pflichtgegenständen (§11 Abs 6 SchUG),

cc) das Eintreten eines Leistungsrückstandes aus gesundheitlichen Gründen (§27 Abs 2 SchUG),

c) Beratung der Lehrer

aa) bei der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung von Schülern mit körperlicher bzw. gesundheitlicher Gefährdung (im Sinne des § 2 Abs 4 und des § 11, Abs 8 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Leistungsbeurteilung, BGBl. Nr. 371/1974),

bb) in ihrer gemeinsamen Behandlung von Fragen der Schulgesundheitspflege mit dem Erziehungsberechtigten im Sinne des § 66 Abs 1 SchUG 1974 (§62 SchUG),

d) Eintragung der Untersuchungsergebnisse in ein Gesundheitsblatt, in einer Form, daß eine weitere medizinische Abklärung oder Überwachung möglich ist,

e) Kennzeichnung der Gesundheitsblätter von Schülern, deren Gesundheitszustand eine weitere medizinische Abklärung oder Überwachung notwendig macht, mit dem Vermerk 'Überwachungsschüler' (z. B. bei Diabetes mellitus, Epilepsie etc.), sowie nach Möglichkeit eine mindestens zweimal jährlich erfolgende Überwachung dieser Schülergruppe,

f) Benachrichtigung der Eltern (Erziehungsberechtigten) gesundheitlich gefährdeter Schüler vom Gesundheitszustand ihrer Kinder über die Direktion, jedoch unter Beachtung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht,

2. Überprüfung aller Einrichtungen der Schule zur Ersten Hilfe Leistung (Heilmittel, Verbandskasten, Schikurs- und Sanitätstaschen, Trage u. ä.),

3. Verfassung des schulärztlichen Jahresberichtes,

4. Teilnahme mit beratender Stimme an Lehrerkonferenzen, insoweit Angelegenheiten des Gesundheitszustandes von Schülern oder Fragen der Gesundheitserziehung behandelt werden (§66 Abs 3 SchUG).

§3

Zur Vorbereitung und Durchführung der schulärztlichen Untersuchungen ist ein geeigneter Raum bereitzustellen, wobei auf eine räumliche Nähe zu Umkleidemöglichkeiten Bedacht zu nehmen ist.

§4

Die Honorierung des Schularztes erfolgt nach der Zahl der untersuchten Kinder, diese ist durch die Gesundheitsblätter (§2 Z 1 litc) belegt.

§5

Das Honorar beträgt 57,50 S; bei der Bestellung ist zu vereinbaren, daß sich das Honorar im selben Ausmaß wie das Gehalt eines Gemeindebeamten der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2, nach der NÖ Gemeindebeamtengehaltsordnung 1976, LGBl. 2440, verändert. Als Bemessungsstichtag gilt der Beginn des Schuljahres."

2. § 3 des Nö. Pflichtschulgesetzes, LGBl. 5000-5, lautet:

"Gesetzlicher Schulerhalter

(1) Gesetzliche Schulerhalter sind:

1. das Land für Sonderschulen und selbständige Schulen des Polytechnischen Lehrganges, soferne sich deren Schulsprengel auf das Land erstreckt, sowie für die lehrgangsmäßigen Berufsschulen;

2. die Schulgemeinden, falls solche gebildet werden, und zwar für die Volksschulen die Volksschulgemeinden, für die Hauptschulen die Hauptschulgemeinden und für die Sonderschulen die Sonderschulgemeinden; diese Schulgemeinden sind auch Schulerhalter der ihren Schulen angeschlossenen Polytechnischen Lehrgänge; für selbständige Schulen des Polytechnischen Lehrganges die Schulgemeinden des Polytechnischen Lehrganges;

3. die Sitzgemeinden, wenn der Schulsprengel nicht über ihr Gebiet hinausreicht oder keine Schulgemeinde gebildet wurde; diese Gemeinden sind auch Schulerhalter der ihren Schulen angeschlossenen Polytechnischen Lehrgänge; für die ganzjährigen und saisonmäßigen Berufsschulen ist die Sitzgemeinde gesetzlicher Schulerhalter, soferne nicht gemäß Z 1 das Land gesetzlicher Schulerhalter ist.

(2) Der gesetzliche Schulerhalter hat für die Kosten der Errichtung, Erhaltung und Auflassung der Schulen aufzukommen und für ihre ordnungsgemäße Unterbringung Sorge zu tragen, sowie das Schulvermögen zu verwalten. Er hat jene Lehrmittel beizustellen, die nach dem Lehrplan für die betreffende Schulart erforderlich sind.

(3) Die Beistellung der erforderlichen Lehrer obliegt dem Land."

Die V der Nö. Landesregierung über die Schulsprengel der Volksschulen und die Volksschulgemeinden in Niederösterreich, LGBl. 5000/20, lautet in ihrem ArtI auszugsweise:

"Artikel I

In nachstehenden Standorten ist eine Volksschule zu führen, deren Schulsprengel wie folgt festgesetzt und für die nach Maßgabe der folgenden Kennzeichnung eine Schulgemeinde gebildet wird:

Standort (x Schulgemeinde)

Pflichtsprengel

...

Verwaltungsbezirk Bruck an der Leitha

...

Enzersdorf an der Fischa

Gemeinde Enzersdorf an der Fischa

...

Verwaltungsbezirk Neunkirchen

...

St. Egyden am Steinfeld

Gemeinde St. Egyden am Steinfeld ausgenommen die Bahnhofsiedlung

..."

III. Der VfGH hat erwogen:

1. Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 8156/1977) ausgesprochen, gemäß Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG sei anfechtungsberechtigt nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich die anzufechtende V wendet. Ein Antrag nach dieser Verfassungsbestimmung sei nur insoweit zulässig, als ein anderer zumutbarer Weg für die Erlangung des Rechtsschutzes gegen rechtswidrige V nicht zur Verfügung stehe.

Die antragstellenden Gemeinden sind als Sitzgemeinden gesetzliche Schulerhalter iS des § 3 des Nö. Pflichtschulgesetzes, wie aus der unter II. 2. angeführten V LGBl. 5000/20 hervorgeht. Die angefochtene V richtet sich an sie (vgl. 10494/1985) als Träger der Privatwirtschaftsverwaltung, was aus § 5 der V hervorgeht, wonach bei der Bestellung des Schularztes ein bestimmtes Honorar zu vereinbaren ist. Ein anderer zumutbarer Weg für die Anfechtung der V steht den Gemeinden schon deshalb nicht zur Verfügung, weil weder durch die V noch durch Gesetz der Rechtsweg bestimmt ist, der zur Bekämpfung einer aufgrund dieser V ergangenen Erledigung zur Verfügung stünde. Der Gerichtshof hält es nicht für zumutbar, die Verpflichtung, einen Schularzt zu bestellen und mit ihm ein Honorar zu vereinbaren, durch Urteil oder Bescheid feststellen zu lassen.

Da auch die übrigen Voraussetzungen des verfassungsgerichtlichen Verordnungsprüfungsverfahrens gegeben sind, sind die Anträge zulässig.

2. In den Anträgen der Gemeinden werden auch Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 10 letzter Satz des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes BGBl. 163/1955 idF 325/1975 und des § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes geltend gemacht. Wie oben schon angeführt (s. I.) wird angeregt, erstere Gesetzesstelle hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Die Nö. Landesregierung hatte bei der Erlassung der angefochtenen V das nö. Pflichtschulgesetz anzuwenden. Auch der VfGH hätte zunächst § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes anzuwenden.

Er hat jedoch aus folgenden Erwägungen weder hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 10 letzter Satz des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes noch hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des diesem entsprechenden Teils des § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes Bedenken:

Gemäß Art 14 Abs 3 litb B-VG idF der B-VG-Nov. BGBl. 215/1962, ist die äußere Organisation (Aufbau, Organisationsformen, Errichtung, Erhaltung, Auflassung, Sprengel, Klassenschülerzahlen und Unterrichtszeit) der öffentlichen Pflichtschulen hinsichtlich der Gesetzgebung über die Grundsätze Bundessache, hinsichtlich der Erlassung von Ausführungsgesetzen und der Vollziehung Landessache. Im vorliegenden Fall ist daher entscheidend, ob die Beistellung von Schulärzten in einer Weise, daß die ihnen aufgrund der schulrechtlichen Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können, dem Begriff "äußere Organisation der öffentlichen Pflichtschulen" unterstellt werden kann. Ist diese Beistellung dem erwähnten Begriff nicht unterzuordnen, so wäre diese Beistellung gemäß Art 14 Abs 1 B-VG hinsichtlich Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache, da eine Subsumierung unter Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Lehrer in öffentlichen Pflichtschulen von vornherein nicht in Betracht kommt. Ob in einer öffentlichen Pflichtschule überhaupt ärztliche Aufgaben zu besorgen sind, ist kein Gegenstand einer organisatorischen, sondern einer sonstigen schulrechtlichen Regelung. Die Kompetenz zu einer solchen Regelung kommt daher gemäß Art 14 Abs 1 B-VG ausschließlich dem Bund zu. Die organisatorische Vorkehrung zu treffen, daß diese Aufgaben in sachgerechter Weise in einer öffentlichen Pflichtschule besorgt werden können, ist aber eine Frage der äußeren Organisation der öffentlichen Pflichtschule. Der Gesetzgeber bestimmt hiebei eine Organisationsform. Die Bestimmung des § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes, nach der für die Beistellung von Schulärzten in einer Weise vorzusorgen ist, daß die ihnen auf Grund schulrechtlicher Vorschriften obliegenden Aufgaben durchgeführt werden können, wiederholt zwar inhaltlich nur den in § 10 des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes aufgestellten Grundsatz, läßt also dem Schulerhalter eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Der VfGH kann jedoch nicht finden, daß diese Regelung keine hinreichende Determinierung des verwaltungsbehördlichen Verhaltens enthielte. Sie enthält in ausreichender Weise die Verpflichtung des Schulerhalters zur organisatorischen Vorsorge, daß die schulrechtlichen Regelungen hinsichtlich der Aufgaben des Schularztes organisatorisch bewältigt werden können. Den durch Art 14 Abs 3 B-VG gesteckten Rahmen überschreitet weder das Bundesgrundsatzgesetz noch die Ausführung durch den nö. Landesgesetzgeber.

3. Das Gesetz überläßt es dem Schulerhalter anzuordnen, ob die Aufgaben eines Schularztes an einer öffentlichen Pflichtschule von einem Bediensteten des Schulerhalters im Rahmen seines Arbeitsbereiches oder als Nebenbeschäftigung besorgt werden oder ob sie von einem frei praktizierenden Arzt im Rahmen eines Werkvertrages besorgt werden. Die Vergütung für die schulärztlichen Leistungen ist im Rahmen des Dienstrechtes der Gemeinde zu regeln oder - im Falle des Werkvertrages - im Rahmen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes oder eine andere gesetzliche Regelung bieten jedenfalls keinen Anhaltspunkt für eine Regelung der Vergütung, wie sie in den §§4 und 5 der V getroffen wurde. Diese Regelung entbehrt daher der gesetzlichen Grundlage und verstößt damit gegen Art 18 Abs 1

B-VG.

Die Aufgaben des Schularztes sind durch die gemäß Art 14 Abs 1 B-VG zu erlassenden schulrechtlichen Vorschriften geregelt (vgl. auch § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes). Da in dieser Hinsicht die Vollziehung dem Bund übertragen ist, fehlt der Nö. Landesregierung die Zuständigkeit zur Erlassung von Verordnungsbestimmungen, wie sie § 2 Z 1, 3 und 4 der V enthalten. Eine solche Zuständigkeit kommt ausschließlich Bundesbehörden zu. Die Nö. Landesregierung ist zur Erlassung solcher Anordnungen nicht zuständig.

4. Dagegen sind § 1,§ 2 Z 2 und 3 Durchführungsvorschriften zur schulorganisatorischen Gesetzesbestimmung des § 2 Abs 4 des nö. Pflichtschulgesetzes. § 1 ordnet nur an, daß bei der Bestellung des Schularztes die Vorschriften des Ärztegesetzes zu beachten sind, § 2 Z 2 regelt, inwiefern der Schularzt an organisatorischen Maßnahmen mitzuwirken hat, während § 3 eine nähere organisatorische Bestimmung für die örtliche Unterbringung des Schularztes darstellt.

5. Demnach waren entsprechend dem von den antragstellenden Gemeinden hilfsweise gestellten Antrag § 2 Z 1, 3 und 4, § 4 und § 5 der nö. SchularztV als gesetzwidrig aufzuheben, während dem Antrag, die gesamte V, also auch § 1,§ 2 Z 2 und § 3 dieser V aufzuheben, nicht stattzugeben war.

6. Im Falle der Aufhebung einer V hat der VfGH gemäß Art 139 Abs 5 B-VG zu erwägen, ob ein sofortiges Außerkrafttreten der aufgehobenen V einen so untragbaren Zustand herbeiführen würde, daß eine befristete Weitergeltung der gesetzwidrigen V toleriert werden muß. Dies ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Der VfGH kann nicht finden, daß im vorliegenden Fall ein Bedürfnis nach allfälligen gesetzlichen Maßnahmen - sofern sie überhaupt in Betracht kommen - gegeben ist. Im übrigen ist die Anregung der nö. Landesregierung, für das Außerkrafttreten der V eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, völlig unbegründet geblieben.

Der Ausspruch über die Kundmachung beruht auf Art 139 Abs 5 zweiter Satz B-VG.