VfGH vom 13.06.2019, V35/2018
Leitsatz
Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Bausperreverordnung; Ziel der Bausperreverordnung als Maßstab für die Angemessenheit von Preisen und Beurteilung der Leistbarkeit von Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung gesetzeskonform und ausreichend bestimmt; keine Bedenken gegen die Erklärung eines ortsplanerischen Gutachtens zum "integralen Bestandteil" der Bausperreverordnung
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I.Antrag
1.Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Tirol,
"die Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom ihrem ganzen Inhalt nach als gesetzwidrig aufzuheben […]", in eventu
"1. den letzten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom , die Wortfolge "in Götzens ansässige" im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom und die Zeichen- und Wortfolge ', wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten' im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"2. den letzten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom und die Wortfolge 'in Götzens ansässige' im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"3. den letzten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom und die Zeichen- und Wortfolge ', wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten' im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"4. die Wortfolge 'in Götzens ansässige' im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom und die Zeichen- und Wortfolge ', wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten' im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"5. den zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom , und den letzten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"6. den zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"7. den letzten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"8. die Wortfolge "in Götzens ansässige" im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]",
"9. die Zeichen- und Wortfolge ', wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten' im zweiten Absatz des § 1 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom […]"
als gesetzwidrig aufzuheben.
II.Rechtslage
1. § 27 und § 74 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 – TROG 2016, LGBl 101/2016 (WV) (§74 idF LGBl 144/2018) lauten:
"II. Teil
Örtliche Raumordnung
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§27
Aufgaben und Ziele der örtlichen Raumordnung
(1) Die örtliche Raumordnung dient der geordneten räumlichen Entwicklung der Gemeinde. Sie hat im Einklang mit den Raumordnungsprogrammen und, soweit solche nicht bestehen, unter Bedachtnahme auf die Ziele und Grundsätze der überörtlichen Raumordnung zu erfolgen. Weiters ist auf die örtlichen Raumordnungsinteressen der Nachbargemeinden, insbesondere im Bereich der gemeinsamen Grenzen, Bedacht zu nehmen.
(2) Ziele der örtlichen Raumordnung sind insbesondere:
a) die Erhaltung und Entwicklung des Siedlungsraumes und die Verhinderung der Zersiedelung durch die bestmögliche Anordnung und Gliederung der Bebauung, insbesondere des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse des Schutzes des Landschaftsbildes, der Sicherung vor Naturgefahren, der verkehrsmäßigen Erschließung, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, der Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser-, Löschwasser- und Energieversorgung, zur Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung sowie der Schaffung sonstiger infrastruktureller Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen und dergleichen,
b) die Ausweisung ausreichender Flächen zur Befriedigung des dauernden Wohnbedarfes der Bevölkerung zu leistbaren Bedingungen und für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft entsprechend dem bei einer zweckmäßigen und Boden sparenden Bebauung im jeweiligen Planungszeitraum (§31a) gegebenen Bedarf,
c) die weitestmögliche Vermeidung von Nutzungskonflikten und wechselseitigen Beeinträchtigungen beim Zusammentreffen verschiedener Widmungen, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Standorte von Seveso-Betrieben und die für die Ansiedlung oder Erweiterung solcher Betriebe vorgesehenen Standorte,
d) die Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz insbesondere zur Deckung des Grundbedarfes an Wohnraum und an Flächen für Zwecke der Wirtschaft zu angemessenen Preisen, insbesondere durch Maßnahmen nach § 33,
e) die Vorsorge für eine zweckmäßige und Boden sparende, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfordernisse des Schutzes des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes abgestimmte Bebauung unter Berücksichtigung der Möglichkeiten verdichteter Bauformen einschließlich der nachträglichen Verdichtung bestehender Bauformen,
f) die Vorsorge für eine zweckmäßige und Boden sparende verkehrsmäßige Erschließung der bebauten und zu bebauenden Gebiete unter Berücksichtigung auch der Erfordernisse des öffentlichen Verkehrs sowie des Fußgänger- und Radverkehrs,
g) die Vorsorge für eine ausreichende und einwandfreie Wasser- und Löschwasserversorgung und eine geordnete Abwasserbeseitigung,
h) die Erhaltung zusammenhängender landwirtschaftlich nutzbarer Gebiete, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Bodenbonität,
i) die Erhaltung zusammenhängender Waldgebiete unter Berücksichtigung ihrer Eignung im Hinblick auf die Wirkungen des Waldes,
j) die Erhaltung ökologisch besonders wertvoller Flächen und die Bewahrung erhaltenswerter natürlicher oder naturnaher Landschaftselemente und Landschaftsteile,
k) die Erhaltung zusammenhängender Erholungsräume,
l) die Sicherung geeigneter Grundflächen für Einrichtungen des Gemeinbedarfs,
m) die Schaffung der erforderlichen Verkehrsflächen der Gemeinde unter weitestmöglicher Vermeidung von nachteiligen Auswirkungen des Verkehrs auf die Bevölkerung und die Umwelt,
n) die Bewahrung erhaltenswerter Orts- und Straßenbilder sowie erhaltenswerter Gebäudegruppen,
o) die Stärkung und Belebung gewachsener Ortskerne.
§74
Bausperre
(1) Die Gemeinde kann ab der Auflegung des Entwurfes über die Fortschreibung oder Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder über die Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes durch Verordnung für die vom Entwurf umfassten Grundflächen oder Teile davon eine Bausperre erlassen, soweit dies zur Sicherung der mit dem Entwurf verfolgten Planungsziele erforderlich ist.
(2) Die Gemeinde kann eine Bausperrenverordnung im Sinn des Abs 1 bereits vor der Auflegung des Entwurfes über die Fortschreibung oder Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder über die Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes erlassen, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten innerhalb eines Jahres mit der Auflegung des Entwurfes zu rechnen ist.
(3) In einer Bausperrenverordnung sind die Planungsmaßnahme, aufgrund deren die Bausperre erlassen wird, und die Grundzüge der mit der Planungsmaßnahme verfolgten Planungsziele anzuführen. Ab dem Inkrafttreten einer Bausperrenverordnung darf die Baubewilligung für Bauvorhaben, die mit diesen Planungszielen im Widerspruch stehen, nicht mehr erteilt werden. Die Ausführung von anzeigepflichtigen Bauvorhaben, die mit diesen Planungszielen im Widerspruch stehen, ist ab diesem Zeitpunkt nach § 30 Abs 3 fünfter Satz der Tiroler Bauordnung 2018 zu untersagen.
(4) Wurde eine Bausperrenverordnung im Zusammenhang mit der Fortschreibung oder Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes erlassen, so tritt sie mit dem Inkrafttreten des entsprechend geänderten Flächenwidmungsplanes außer Kraft. Wurde eine Bausperrenverordnung im Zusammenhang mit der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes erlassen, so tritt sie mit dem Inkrafttreten der entsprechenden Planungsmaßnahme außer Kraft. Wurde eine Bausperrenverordnung im Zusammenhang mit der Fortschreibung oder Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder der Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes erlassen, so tritt sie weiters außer Kraft, wenn der entsprechenden Planungsmaßnahme die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt wird.
(5) Eine Bausperrenverordnung tritt, sofern sie nicht bereits früher aufgehoben wird, jedenfalls zwei Jahre nach dem Beginn der Auflegung des Entwurfes außer Kraft. Im Fall des Abs 2 tritt eine Bausperrenverordnung überdies ein Jahr nach ihrer Erlassung außer Kraft, wenn innerhalb dieser Frist ein Entwurf nicht aufgelegt wurde. Geht die Bausperrenverordnung über den aufgelegten Entwurf hinaus, so tritt sie insoweit außer Kraft.
(6) Bausperrenverordnungen sind innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Bausperrenverordnungen treten mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. Bausperrenverordnungen sind weiters auf der Internetseite der Gemeinde und, sofern in der Gemeinde ein Publikationsorgan besteht, weiters darin bekannt zu machen. Diese Bekanntmachungen bilden keine Voraussetzung für das Inkrafttreten der Bausperrenverordnungen.
(7) Das Außerkrafttreten von Bausperrenverordnungen nach den Abs 4 und 5 ist innerhalb von zwei Wochen durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen bekannt zu machen. Das Außerkrafttreten ist weiters auf der Internetseite der Gemeinde und, sofern in der Gemeinde ein Publikationsorgan besteht, weiters darin bekannt zu machen. Die Bekanntmachungen haben den Zeitpunkt des Außerkrafttretens zu enthalten."
2. Die Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel im Zeitraum vom bis lautet:
"Verordnung einer Bausperre
Der Gemeinderat der Gemeinde Götzens hat in seiner Sitzung vom zu Tagesordnungspunkt 5 gemäß § 74 Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 – TROG 2016 beschlossen nachstehende Bausperre für das gesamte Gemeindegebiet von Götzens zu erlassen:
§1 — Beabsichtigte Planungsmaßnahmen
Im Interesse der Entwicklung sowohl einer geordneten und zweckmäßigen Bebauung als auch einer sinnvollen Nachverdichtung bereits bestehender Bauformen der Gemeinde Götzens, vor allem im Interesse der Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung der bereits vorhandenen, hohen Baulandreserven, aber auch der bestehenden Bausubstanz, insbesondere zur Deckung des Grundbedarfes an Wohnraum und an Flächen für Zwecke der Wirtschaft zu angemessenen Preisen, wird zur Sicherung der mit der beabsichtigten Änderung der § 9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Götzens Ö/002/05/2017 verfolgten Planungsmaßnahmen, das sind die Festlegung von Bereichen, für die gemäß § 31 Abs 5 TROG 2016 ein Bebauungsplan erforderlich ist, die textlichen Festlegungen zu Höchstnutzflächen gemäß § 31 Abs 6 TROG 2016 und die verstärkte Anwendung der Vertragsraumordnung gemäß § 33 TROG, für die von der Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes umfassten Grundflächen des Gemeindegebietes der Gemeinde Götzens gemäß § 74 TROG 2016 eine Bausperre erlassen.
Ziel der Planungsmaßnahmen ist die Schaffung von leistbarem Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung in Form von Miet- und Eigentumswohnungen, Reihenhäusern etc, wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten.
Das der Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes zugrunde liegende Ortsplanerische Gutachten der PLANALP Ziviltechniker Gesellschaft mbH vom ('Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes Ö/002/05/2017') in der Bearbeitung von Mag. Klaus Spielmann und Magdalena Beimrohr bildet einen wesentlichen, integralen Bestandteil dieser Verordnung.
§2 — Betroffene Bauvorhaben
Die Bausperre hat die Wirkung, dass die Baubewilligung für Bauvorhaben, die mit den Planungszielen der Änderung des Örtlichen Raumordnungskonzeptes im Widerspruch stehen, nicht mehr erteilt werden. Die Ausführung von anzeigepflichtigen Bauvorhaben, die mit diesen Planungszielen in Widerspruch stehen, wird ab diesem Zeitpunkt nach § 23 Abs 3, 5. Satz TBO 2011 untersagt.
§3 — Dauer der Bausperre
Die Bausperre tritt mit dem Inkrafttreten der beabsichtigten Änderung des Örtlichen Raumordnungskonzeptes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Jahren nach dem Beginn der Auflegung des Entwurfes, außer Kraft.
§4 – Inkraftreten
Diese Verordnung wird mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag rechtswirksam."
3. Das gemäß § 1 Abs 3 der Verordnung einer Bausperre des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom einen "integralen Bestandteil" dieser Verordnung bildende raumplanerische Gutachten, das gemeinsam mit dieser Verordnung kundgemacht wurde, lautet auszugsweise:
"1 Auftraggeber
[...]
2 Verwendete Unterlagen
[...]
3 Zweck des Gutachtens
[...]
4 Änderungsanlass
[...]
5 Befund
[...]
6 Gutachten
[...]
6.3 Zusammenfassende Beurteilung & Empfehlung
[...]
Die Festlegung des § 9 der Verordnung zum Örtlichen Raumordnungskonzept wird von derzeit
§9
Besondere behördliche Maßnahmen
[...]
in
§9
Besondere behördliche Maßnahmen
1) Innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des örtlichen Raumord-nungskonzeptes ist der Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder der bestehende Flächenwidmungsplan zu ändern, soweit dies zur Vermeidung von Widersprüchen zu den Zielen der örtlichen Raumordnung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 und zu den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes erforderlich ist.
2) Bei der Überarbeitung bzw Erlassung des Flächenwidmungsplanes sind folgende Festlegungen einzuhalten:
a) Im neu zu erlassenden Flächenwidmungsplan können bestehende Widmungen (Bauland, Sonderflächen bzw Vorbehaltsflächen) wiederum übernommen werden, soweit aufgrund dieser Verordnung nichts anderes bestimmt wird.
b) In Bereichen, in welchen die Zeitzone 0 festgelegt ist, erfolgt in derzeit nicht gewidmeten Gebieten eine Widmung erst bei Bedarf und bei Vorliegen der erschließungstechnischen und infrastrukturellen Voraussetzungen.
c) Im Ortsteil Neu-Götzens wurde der Marchbach inzwischen verbaut, womit die Rote Zone entlang des Baches zurückgenommen wurde. Baulandarrondierungen im Nahbereich des Baches sind daher zulässig, soweit eine Zustimmung der Wildbachverbauung vorliegt und wildbachtechnische und gewässerökologische Aspekte berücksichtigt sind.
d) Entsprechend der Zählerlegende der Verordnungspläne sind Maßnahmen der Flächenwidmung in den im Anhang angeführten Bereichen nach den jeweils festgehaltenen Kriterien vorzunehmen.
e) Um die Umsetzung der Ziele der Bevölkerungsentwicklung und der Siedlungsentwicklung sicherzustellen behält sich die Gemeinde vor, die im Plan zum Örtlichen Raumordnungskonzept für eine zukünftige Wohnnutzung vorgesehenen Baureserveflächen als Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau (§52a TROG 2016) auszuweisen.
f) Die mit der Entwicklungssignatur W26 und W27 bezeichneten Gebiete 'Schießstand' und "Bachweg" sind überwiegend als Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau zu widmen.
g) Im Gemeindegebiet bestehen öffentliche Einrichtungen, welche hinsichtlich der Widmungsfestlegung zu überprüfen und eventuell im künftigen Flächenwidmungsplan hinsichtlich der Widmungskategorie neu zu bestimmen sind.
h) Im Gemeindegebiet von Götzens bestehen Sondernutzungen, welche teilweise als Sonderflächen gewidmet sind. Die Sondernutzungen sind in Hinsicht der Widmungsfestlegung zu überprüfen und eventuell im neuen Flächenwidmungsplan hinsichtlich der Widmungskategorie neu zu bestimmen.
Bei Änderung des Nutzungszweckes sind Nachnutzungen auf diesen Standorten zulässig, sofern diese mit den Zielen des örtlichen Raumordnungskonzeptes im Einklang stehen und ihnen nicht widersprechen. Falls die Nachnutzung nicht in Form einer Sondernutzung (Sonderflächenwidmung) erfolgt, ist die Fläche in eine den jeweiligen Standort umgebende Widmungskategorie zu überführen.
Soweit nichts Anderes angeführt, gilt für die Flächenwidmung bzw bauliche Entwicklung aller Sondernutzungen die Zeitzone Z=1 (Unmittelbarer Bedarf).
3) Bei einer Bebauung sind folgende Rahmenbedingungen einzuhalten:
a) Bebauungspläne sind zu erlassen, wenn dies im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung erforderlich ist.
b) Die Bebauung von Grundstücken ist gem. § 31 Abs 6 TROG 2016 bis zu einer Nutzfläche von maximal 300 m2 zulässig. Bebauungen mit mehr als 300 m2 Nutzfläche sind nur zulässig, wenn für die betreffende Grundfläche ein Bebauungsplan besteht.
c) Unbeschadet der Bestimmung gem. litb ist ein Bebauungsplan jedenfalls zu erlassen, wenn das Grundstück mehr als 600 m2 aufweist oder wenn mehr als 3 Wohneinheiten errichtet werden sollen. Dies gilt auch, wenn im Hinblick auf beabsichtigte Bauvorhaben im Vorfeld Grundstücksteilungen vorgenommen werden können und die errechnete Gesamtfläche der geteilten Grundstücke mehr als 600 m2 umfasst.
d) In folgenden Gebieten existieren größere, zusammenhängende Bau-landreserven, für welche eine Neuordnung der Grundstücke bzw eine Baulandumlegung sowie ein gesamtheitliches inneres Erschließungskonzept Voraussetzung für einen Bebauungsplan und die Genehmigung zur Grundteilung ist:
W02 — Östliches Brunnenfeld
W04 — Baulandreserve Loaweg
W06 — Baulandreserve östlich und westlich des Kreuzweges
W09 — Baulandreserve nördlich der Ostergasse
W11 — Baulandreserve Josef-Abentung-Weg
W12 — Alois-Jenewein-Weg / Schießmauer
W13 — Baulandreserve Steinangerl / In der Wiese
W17 — Baulandreserve zwischen Moos und Steinangerl
e) Die Festlegungen in den Zählerlegenden der Verordnungspläne sind bei Erstellung der Bebauungspläne zu berücksichtigen.
f) Für die großen, zusammenhängenden Baureservegebiete und die Weiler, für welche die Zeitzone 0 festgelegt ist, erfolgt die Bebauungsplanerstellung bedarfsbezogen gemäß den für diese Gebiete getroffenen Festlegungen für die bauliche Entwicklung.
abgeändert.
[…]
Der § 10 der Verordnung zum Örtlichen Raumordnungskonzept wird von derzeit
§10
Besondere privatwirtschaftliche Maßnahmen
[…]
in
§10
Besondere privatwirtschaftliche Maßnahmen
1) Die Vertragsraumordnung im Sinne des § 33 TROG 2016 (Abschluss pri-vatrechtlicher Vereinbarungen) ist anzuwenden, wenn diese zur Erreichung der Zielsetzungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes beitragen und diese im Einklang mit diesen stehen.
2) Durch die Anwendung der Vertragsraumordnung ist darauf hinzuwirken, dass insbesondere die Zielsetzungen der Schaffung von leistbarem Wohnraum bzw Flächen für die Wirtschaft, Arbeitsplätzen, von Flächen für öffentliche Nutzungen sowie der Schaffung der erforderlichen Infrastruktur und verkehrsmäßigen Erschließung umgesetzt werden.
3) Die Anwendung der Vertragsraumordnung ist jedenfalls zu prüfen im Zusammenhang mit der Erlassung von Bebauungsplänen.
4) Die Anwendung der Vertragsraumordnung hat jedenfalls in folgenden baulichen Entwicklungsbereichen zu erfolgen:
W02 — Östliches Brunnenfeld
W04 — Baulandreserve Loaweg
W06 — Baulandreserve östlich und westlich des Kreuzweges
W09 — Baulandreserve nördlich der Ostergasse
W11 — Baulandreserve Josef-Abentung-Weg
W12 — Alois-Jenewein-Weg / Schießmauer
W13 — Baulandreserve Steinangerl / In der Wiese
W17 — Baulandreserve zwischen Moos und Steinangerl
W26 — Schießstand
W27 — Bachweg
5) Bei einer Siedlungsentwicklung in einem der angeführten Siedlungser-weiterungsgebiete (W24, W25) ist bei den Vereinbarungen mit den Grundeigentümern die Abtretung von zumindest 50 % dieser Flächen an die Gemeinde bzw gemeinnützige Bauträger zu einem Drittel des ortsüblichen Verkehrswertes für Zwecke des sozialen Wohnbaus bei Neuwidmungen von Bauland — geförderten Wohnbau anzustreben.
6) Eine Siedlungsentwicklung im potentiellen Siedlungserweiterungsgebiet (SE) Brunnenfeld — Birgitz ist nur im Rahmen der Vertragsraumordnung und zu Zwecken des sozialen Wohnbaus zulässig.
abgeändert.
7 Prüfung der SUP-Pflicht der vorgesehenen Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzepts
[…]"
III.Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1.Mit Antrag vom begehrte die beteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für den Abbruch der Bestandsgebäude und für den Neubau einer Wohnanlage auf einem näher bezeichneten Grundstück der Katastralgemeinde Götzens.
1.2.Der Gemeinderat der Gemeinde Götzens beschloss am eine Bausperre für das gesamte Gemeindegebiet von Götzens, die (samt dem ortsplanerischen Gutachten, das einen "integralen Bestandteil" der Verordnung bildet) durch Anschlag an der Amtstafel im Zeitraum vom bis zum kundgemacht wurde. Gleichzeitig wurde der Entwurf über die Änderung der § 9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzepts Ö/002/05/2017 der Gemeinde Götzens durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde Götzens im Zeitraum vom bis zum kundgemacht.
1.3.Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der Gemeinde Götzens das Bauansuchen ua mit der Begründung ab, dass es der mit Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel im Zeitraum vom bis zum , in Kraft getreten am , für das gesamte Gemeindegebiet der Gemeinde Götzens erlassenen Bausperre zuwiderlaufe.
1.4.Gegen diesen Bescheid erhob die beteiligte Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Im Zuge dieses Verfahrens ergaben sich beim Landesverwaltungsgericht Tirol Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung.
2. Das Landesverwaltungsgericht Tirol legt seine Bedenken wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):
"Die Bausperrenverordnung stützt sich - wie aus ihrer Präambel hervorgeht - auf die § 5 und 74 TROG 2016.
Gemäß § 74 Abs 3 TROG 2016 sind in einer Bausperrenverordnung die Planungsmaßnahme, aufgrund deren die Bausperre erlassen wird, und die Grundzüge der mit der Planungsmaßnahme verfolgten Planungsziele anzuführen.
In § 1 der Bausperrenverordnung wird ausgeführt, dass diese Verordnung im Zusammenhang mit der Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Götzens steht. Es sei beabsichtigt, die § 9 und 10 des örtlichen Raumordnungskonzeptes zu ändern. In der Verordnung wird das ortsplanerische Gutachten der PLANALP Ziviltechniker Gesellschaft mbH vom ('Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes Ö/002/05/2017') zum integrierenden Bestandteil der Verordnung erklärt. In diesem Gutachten sind die beabsichtigten Änderungen der § 9 und 10 des örtlichen Raumordnungskonzeptes näher beschrieben.
Die mit der Bausperrenverordnung im Zusammenhang stehende Änderungsabsicht ist daher benannt. Inwieweit die Änderungsabsichten zulässig sind, ist bei der Rechtmäßigkeit der Bausperre nicht zu prüfen.
Als Ziel der Planungsmaßnahmen ist ua die Schaffung von leistbarem Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung in Form von Miet-und Eigentumswohnungen, Reihenhäusern etc. angeführt, wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten.
a) Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , V2/97, ausgeführt, dass die Verhinderung des Verkaufs von Grundstücken an nicht im Ort Ansässige kein tauglicher Grund für die Verhängung einer Bausperre sei. Die hier in Rede stehende Verordnung sieht als Ziel vor, Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung zu schaffen.
Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes bestehen aufgrund von Medienberichten (vgl Tiroler Tageszeitung vom ) auch keine Zweifel dahingehend, dass mit der Bausperrenverordnung gerade dieses Planungsziel verfolgt wird. Auch in der Beschwerde der Antragstellerin an das Landesverwaltungsgericht Tirol wird darauf Bezug genommen.
Die Ausweisung ausreichender Flächen zur Befriedigung des dauernden Wohnbedarfes der Bevölkerung zu leistbaren Bedingungen ist in den Zielbestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2016 im Zusammenhang mit der örtlichen Raumplanung genannt (vgl § 27 Abs 2 litb TROG 2016).
Das Abstellen auf die im Ort Götzens ansässige Bevölkerung in der Bausperrenverordnung ist jedoch vom Gesetz nicht gedeckt, im Übrigen unsachlich und daher gleichheitswidrig. Auch ist mit dieser gesetzwidrigen Bestimmung ein unzulässiger Eigentumseingriff verbunden.
b) Auch die Vorsorge insbesondere zur Deckung des Grundbedarfes an Wohnraum und an Flächen für Zwecke der Wirtschaft zu angemessenen Preisen ist als Zielbestimmung im Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 definiert (vgl § 27 Abs 2 litd TROG 2016), wobei in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Vertragsraumordnung iSd § 33 TROG 2016 verwiesen wird, welche als Maßnahme zur Erreichung dieses Zieles dienen soll.
§33 Abs 3 TROG 2018 nimmt Bezug auf den geförderten Wohnbau. Die Gemeinde ist als Träger von Privatrechten ermächtigt, mit Grundeigentümern zum Zwecke der Verwirklichung der Ziele der örtlichen Raumordnung Verträge abzuschließen.
Diese Verträge können die Verpflichtung des Grundeigentümers vorsehen, Grundflächen innerhalb angemessener Frist einer bestimmten Verwendung zuzuführen, insbesondere zu bebauen. Weiters kann die ua Verpflichtung vorgesehen werden, Grundflächen der Gemeinde, dem Tiroler Bodenfonds und als gemeinnützig anerkannten Bauvereinigungen für den geförderten Wohnbau zu überlassen.
In den gesetzlichen Bestimmungen werden die Angemessenheit von Preisen (§27 Abs 2 litd TROG 2016) und leistbare Bedingungen (litb leg cit) genannt.
Die Zielvergabe von nicht näher bezeichneten Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung in die Bausperrenverordnung als Maßstab für die Angemessenheit von Preisen und für die Beurteilung der Leistbarkeit ist vom Gesetz nicht gedeckt.
Auch sind in der Bausperrenverordnung die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung nicht näher bezeichnet, sodass die Verordnung in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ist, da sie zu unbestimmt bleibt. Dies zeigt auch ein Blick in das Internet. Dort findet sich Wohnbauförderungsrichtlinie des Landes Tirol mit der Ausgabe vom , also nach dem Inkrafttreten der Verordnung, weshalb diese Ausgabe von der Verordnung gar nicht angesprochen sein kann. Heranzuziehen wäre allenfalls die Wohnbauförderungsrichtlinie des Landes Tirol, welche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bausperrenverordnung in Geltung stand. Sofern die Verordnung auf diese Richtlinie abstellt, wäre dies jedoch unsachlich, da auf eine nicht mehr in Geltung stehende Richtlinie Bezug genommen wird.
Vielmehr kann mit dem Instrument der Vertragsraumordnung iSd § 33 TROG 2016 darauf Einfluss genommen werden, leistbare Bedingungen für die Bevölkerung und Unternehmen zu erreichen, wobei auf Abs 5 leg cit TROG 2016 hinzuweisen ist.
Nachdem bereits im ersten Absatz des § 1 Bausperrenverordnung Planungsziele ausreichend benannt werden, besteht auch keine Notwendigkeit für die im zweiten Absatz des § 1 Bausperrenverordnung gesetzwidrig enthaltenen Bestimmungen, deshalb in diesem Zusammenhang ein Eventualbegehren gestellt wird. Dies vor dem Hintergrund, wonach in diesem Absatz ausschließlich auf das Wohnraumbedürfnis der Bevölkerung abgestellt wird, ohne die Erforderlichkeit von Flächen für die Wirtschaft Bezug zu nehmen.
c) Der letzte Absatz des § 1 der gegenständlichen Bausperrenverordnung wird vom Landesverwaltungsgericht dahingehend interpretiert, wonach damit die im ersten Absatz des § 1 Bausperrenverordnung angeführte beabsichtigte Änderung der § 9 und 10 des örtlichen Raumordnungskonzeptes konkretisiert werden sollen, nachdem dies der zentrale Punkt des genannten ortsplanerischen Gutachtens ist.
Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass die Verordnung Bestandteile in Form des erwähnten Gutachtens aufweist, die in einem anderen Kontext, nämlich im Hinblick auf die Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes erstellt worden sind und daher mit Blickrichtung auf § 74 TROG 2016 gesetzwidrig wären.
Auch ergäben sich Widersprüche: beispielsweise wird im 2 Absatz unter Punkt 4 Änderungsanlass des Gutachtens ua als Ziel die Schaffung von leistbarem Wohnraum, insbesondere für Personen aus Götzens, definiert. Dies steht im Widerspruch zum zweiten Absatz des § 1 der Baustellenverordnung, der - offenkundig ausschließlich - auf die in Götzens ansässige Bevölkerung Bezug nimmt, was durch die Medienberichterstattung untermauert wird.
Die Annahme, dass das gesamte Gutachten Bestandteil der Verordnung ist, würde eine Gesetzwidrigkeit der Verordnung bedeuten.
Nachdem die Sichtweise, wonach durch Nennung des Gutachtens als Bestandteil der Verordnung lediglich eine Konkretisierung der beabsichtigten Planungsmaßnahme (Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes) erfolgt und im Übrigen begründenden Charakter ausweist, nicht offenkundig ist, werden in diesem Zusammenhang Eventualbegehren gestellt.
[...]"
3. Die Tiroler Landesregierung als die zur Vertretung der angefochtenen Verordnung berufene oberste Verwaltungsbehörde des Landes hat eine Äußerung erstattet, in der dem Antrag Folgendes entgegengehalten wird (ohne die Hervorhebungen im Original):
"a. Zu den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol hinsichtlich des Abstellens auf die in Götzens ansässige Bevölkerung:
1. Nach § 74 Abs 1 TROG 2016 kann eine Gemeinde ab der Auflegung eines Entwurfes über die Fortschreibung oder Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder über die Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes durch Verordnung für die vom Entwurf umfassten Grundflächen oder Teile davon eine Bausperre erlassen, soweit dies zur Sicherung der mit dem Entwurf verfolgten Planungsziele erforderlich ist. Abs 2 leg. cit. erlaubt die Erlassung einer Bausperrenverordnung auch vor der Auflegung der Entwürfe, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten innerhalb eines Jahres mit der Auflegung des Entwurfes zu rechnen ist.
2. Zur derzeitigen raumplanerischen Situation in Götzens wird ausgeführt, dass das Sicherstellen von Wohnraum für die Bevölkerung ein wesentliches Element der örtlichen Raumordnung darstellt. Die Baulandreserven in Götzens betrugen mit knapp über 20 %. Zum damaligen Zeitpunkt gab es in der Gemeinde Götzens 142 Interessenten für den Kauf eines Grundstücks, für eine Mietwohnung, Mietkaufwohnung, ein Reihenhaus bzw eine Eigentumswohnung. Die Betrachtung der Immobilienpreisentwicklung zeigt, dass in den letzten zwei Jahren die Grundstückspreise im Bezirk Innsbruck-Land um rund 3,5 % gestiegen sind. Eigentumswohnungen mit Erstbezug wurden im Schnitt 5 bis 6 % teurer. Der höchste durchschnittliche Quadratmeterpreis in Innsbruck-Land lag bei Mietwohnungen über 60 m2 mit sehr gutem Wohnwert monatlich bei 10,3 Euro. Weil die Preisentwicklung im Bezirk Innsbruck-Stadt höher ist als jener im Bezirk Innsbruck-Land, steigt die Nachfrage nach Wohnraum in den Stadtumlandgemeinden kontinuierlich an. Durch die geplante Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes in Götzens wurde dabei versucht, im Sinne einer geordneten zweckmäßigen Bebauung durch die Änderung der Bebauungsplanung, die bestmöglichste bestimmungsgemäße Verwendung der (noch) vorhandenen Baulandreserven zu erreichen.
3. Das Landesverwaltungsgericht moniert in erster Linie das Abstellen auf die in Götzens ansässige Bevölkerung, zu deren Gunsten die Ausweisung ausreichender Flächen zur Befriedigung des dauernden Wohnbedarfs zu leistbaren Bedingungen erfolgen solle. Das Abstellen auf die im Ort Götzens ansässige Bevölkerung sei vom Gesetz nicht gedeckt, im Übrigen unsachlich und daher gleichheitswidrig; überdies sei mit dieser Bestimmung ein unzulässiger Eigentumseingriff verbunden (Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, Seite 7 f). Dabei übersieht das Landesverwaltungsgericht, dass neben der Deckung des Grundbedarfs an Wohnraum und an Flächen für Zwecke der Wirtschaft, welche nach § 27 Abs 2 litd TROG 2016 Ziele der örtlichen Raumplanung darstellen (welche unter anderem auch im Rahmen der Vertragsraumordnung nach § 33 TROG 2016 erfüllt werden können), auch – und nämlich vordergründig – durch eine Änderung des Raumordnungskonzeptes die geordnete und zweckmäßige Bebauung, eine sinnvolle Nachverdichtung bereits bestehender Bauformen der Gemeinde Götzens, die bestimmungsgemäße Verwendung der vorhandenen Baulandreserven und der bestehenden Bausubstanz erreicht werden sollen. Diese verfolgten Planungsziele entsprechen den in § 27 Abs 2 litb und d TROG 2016 angeführten Zielen der örtlichen Raumordnung.
§1 Abs 1 der Bausperrenverordnung ist zu entnehmen, dass erst durch die Erreichung der darin genannten grundlegenden Ziele durch die Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes das im Abs 2 genannte weitere Ziel, die Deckung des Grundbedarfes an Wohnraum und Flächen für Zwecke der Wirtschaft, erreicht werden kann. Die verfolgten Planungsziele werden somit durch das Gesetz gedeckt. § 1 Abs 2 der Bausperrenverordnung bildet hingegen lediglich eine Konkretisierung der in § 1 Abs 1 leg. cit. genannten Zielsetzungen. Auch wenn es dem Wortlaut nicht klar zu entnehmen ist, ist durch die Systematik des § 1 leg. cit. klar zu erkennen, dass im Abs 1 die Planungsmaßnahmen und die Planungsziele bereits ausreichend genannt werden und die Abs 2 und 3 gleichsam zur Erläuterung als konkretisierende Zusätze dienen. Die Bausperre betrifft zudem zulässiger Weise das gesamte Gemeindegebiet der Gemeinde Götzens, weil auch ebendieses von der geplanten Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes betroffen sein wird.
Auch dem der Bausperrenverordnung beigefügten Gutachten ist zu entnehmen, dass die Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes darauf abzielt, dass insbesondere für die Nachverdichtung der bestehenden Wohnbebauung mehr Bebauungspläne zu erstellen sein werden. Die Neuerrichtung oder Erweiterung von Nutzflächen über 300 m2 soll nur auf der Basis von Bebauungsplänen ermöglicht werden, um die Kontrolle über die bauliche Gestaltung aufrechterhalten zu können (siehe insbesondere die Seiten 13 ff des Gutachtens und die Formulierungsempfehlungen aaO.). Das Gutachten führt außerdem begründend sehr umfangreich aus, dass aufgrund der Immobilienpreisentwicklung und der beschränkten Baulandreserven eine kontrollierte Bebauung der zur Verfügung stehenden Baulandreserven notwendig erscheint.
Diesen Ausführungen ist überdies anzufügen, dass der anfechtbare, normative Teil der Bausperrenverordnung in § 1 Abs 1 (Verordnung der Bausperre) und in den § 2 und 3 (Betroffene Bauvorhaben und Dauer der Bausperre) zu finden ist. Die Angabe der Planungsziele ist zwar notwendiger Bestandteil der Verordnung (vgl § 74 Abs 3 TROG 2016), jedoch sind diese für sich allein gesehen nicht anfechtbar, da sie lediglich die unterschiedlichen Zielsetzungen beschreiben, die durch die (normativen) Bestimmungen in der Verordnung erreicht werden sollen. Auch wenn das Planungsziel der Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz zur Deckung des Grundbedarfs an Wohnraum und an Flächen für Zwecke der Wirtschaft zu angemessenen Preisen (§27 Abs 2 litd TROG 2016) – entgegen der vorhin dargelegten Ansicht der Tiroler Landesregierung, wonach jedenfalls bei der gebotenen Gesamtschau der in Rede stehenden Zielsetzungen diese insgesamt gesetzlich gedeckt sind – aufgrund der Möglichkeit der Vertragsraumordnung im § 33 TROG 2016 keine zulässige Zielsetzung für die gegenständliche Bausperrenverordnung sein sollte, so reicht zumindest die in Punkt a.1. beschriebene vorrangige und im Gutachten untermauerte Zielsetzung für die Verordnung der Bausperre aus.
4. Die Vorgehensweise der Gemeinde Götzens korreliert auch mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , GZ V2/97, in Bezug auf eine Bausperrenverordnung nach der Oberösterreichischen Bauordnung. Dort wurde bereits ausgeführt, dass eine Bausperre nur zur Verwirklichung neuer Planungsabsichten zulässig sei. Nicht aus der Verordnung, sondern aus dem Protokoll des Gemeinderates las der Verfassungsgerichtshof, dass der Grund für die Erlassung der verfahrensgegenständlichen Bausperre nicht die in der Verordnung angeführte Planungsabsicht der Umwidmung der Grundstücke in Grünland war, sondern ausschließlich die Sicherung zumindest eines Teils des ausgewiesenen Baulandes für eine Bebauung durch die ortsansässige Bevölkerung. Dieser Sachverhalt ist mit dem gegenständlichen Verfahren, in dem vorrangig die Schaffung eines neuen Raumordnungskonzeptes im Zusammenhang mit § 27 Abs 2 lita und b TROG 2016 geplant ist, nicht ident.
5. Das Landesverwaltungsgericht Tirol geht aufgrund der Formulierung der Bausperrenverordnung von einer Grundrechtsverletzung aufgrund des unsachlichen Abstellens auf die in Götzens ansässige Bevölkerung aus. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die Bausperrenverordnung nicht zum Ziel hat, die ansässige Bevölkerung im Vergleich zu weiteren Personen besser zu stellen, sondern dass allein die in Punkt a.2. genannten Ziele verfolgt werden sollten, die in weiterer Folge tatsächlich eine Verbesserung der derzeitigen Situation herbeiführen können. Von den geplanten Maßnahmen können im Sinne der weitergehenden Zielsetzung nach § 1 Abs 2 (siehe oben) alle – derzeit und künftig – in Götzens ansässigen Personen profitieren. Von der verordneten Bausperre sind alle Personen gleichermaßen betroffen. Die Verordnung nimmt insofern in ihrem normativen Umfang keine Unterscheidung zwischen derzeit ansässigen und noch nicht ansässigen Personen – oder auch hinsichtlich ihrer Staatsbürgerschaft etc. – vor, wodurch eine Verletzung des Grundrechts auf Gleichheit vor dem Gesetz nicht vorliegt.
6. Ebenso ist das Vorliegen eines unzulässigen Eigentumseingriffes zu verneinen. Wie in Punkt a.1. bereits dargelegt wurde, kann eine Bausperrenverordnung nach § 74 TROG 2016 erlassen werden, soweit dies zur Sicherung der mit dem Entwurf verfolgten Planungsziele erforderlich ist. Da die Gemeinde Götzens die Änderung ihres Raumordnungskonzeptes plant, durch welches die Bebauung – wie dargelegt – von Grundstücken über 300 m2 nur noch auf der Basis von Bebauungsplänen ermöglicht werden soll, ist die Verordnung einer Bausperre für das gesamte Gemeindegebiet erforderlich und steht auch im Verhältnis zum geplanten Ziel. Die Interessen der Eigentümer werden hierbei besonders dadurch geschützt, dass eine Bausperrenverordnung nach § 74 Abs 3 und 4 TROG 2016 mit Inkrafttreten des geänderten Flächenwidmungsplanes, spätestens zwei Jahre nach dem Beginn der Auflegung des Entwurfes bzw im Fall des § 74 Abs 2 TROG 2016 ein Jahr nach der Erlassung der Bausperre außer Kraft tritt. Eine Grundrechtsverletzung liegt deshalb auch insoweit nicht vor.
b. Zu den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, im § 1 Abs 2 der angefochtenen Verordnung würden Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung genannt, welche nicht dem Grundsatz der Bestimmtheit entsprächen:
1. Das Landesverwaltungsgericht äußert Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der in § 1 Abs 2 der Bausperrenverordnung genannten Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung. Die Zielvergabe sei einerseits nicht vom Gesetz gedeckt, andererseits fehle eine nähere Bezeichnung, wodurch die Verwendung einer (eventuell) nicht mehr in Geltung stehende Richtlinie unsachlich sei.
2. Auch diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die Wortfolge 'wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten' keinen normativen Wert besitzt und keinen Einfluss auf die Verordnung der Bausperre hat.
3. Wie bereits in Punkt I. ausgeführt wurde, dient § 1 Abs 2 der Bausperrenverordnung nur der Konkretisierung der in § 1 Abs 1 der Bausperrenverordnung genannten weitgehenden Zielsetzung der Planungsmaßnahmen. Es handelt sich um einen Hinweis, welche Preise für die Gemeinde Götzens als 'leistbar' anzusehen sind. Diese sollen – sofern das Raumordnungskonzept geändert wird – durch die Änderungen im Wege der Bebauungsplanung miterreicht werden, indem eben auf den vorhandenen Baulandreserven durch eine dichtere Verbauung mehr Wohnraum geschaffen werden kann, was naturgemäß auch preisdämpfend wirkt.
c. Zu den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol betreffend die Inbezugnahme auf das Gutachten zu Ö/002/05/2017 vom im § 1 Abs 3 der Bausperrenverordnung:
1. Wie das Landesverwaltungsgericht Tirol selbst darstellt, bildet das Gutachten zu Ö/002/05/2017 vom eine Konkretisierung der in § 1 Abs 1 der Bausperrenverordnung genannten Zielsetzung (siehe Antrag des Landesverwaltungsgerichtes, Seite 9). Das Gutachten weist insbesondere auf die Notwendigkeit der Bebauungsplanung hin, welche eine Änderung des Raumordnungskonzeptes erforderlich macht.
2. Überdies wurde das genannte Gutachten zum Bestandteil der Verordnung, weshalb es nicht darauf ankommen wird, wer das Gutachten zu welchem Zweck erstellt hat. Deshalb wird es für die Zulässigkeit der Bausperrenverordnung auch nicht darauf ankommen, ob auf eine Richtlinie Bezug genommen wird, die nicht mehr in Geltung ist oder deren gültige Fassung nicht mehr mit jener Fassung zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung übereinstimmt.
3. Da auch der § 1 Abs 3 der Bausperrenverordnung lediglich der Konkretisierung der Planungsziele des Abs 1 leg. cit. dient, stellt er keinen rechtswidrigen Zusatz zur Bausperre dar.
[...]"
4.Der Gemeinderat der Gemeinde Götzens hat eine Äußerung erstattet, in der dem Antrag unter anderem Folgendes entgegengehalten wird (ohne die Hervorhebungen im Original):
"1. Das Landesverwaltungsgericht Tirol stützt seinen Antrag gemäß Art 139 Abs 1 Ziffer 1 B-VG auf Überprüfung der Bausperrenverordnung des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom argumentativ allein auf die seiner Ansicht nach gegebene Verfassungswidrigkeit der in der Kundmachung der Bausperrenverordnung genannten Zielsetzung der Planungsmaßnahmen, leistbaren Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung in Form von Miet- und Eigentumswohnungen, Reihenhäusern etc. schaffen zu wollen, wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten sollen.
2. Es wurde bereits in obigem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol dem von Gesetzes wegen verpflichtend vorgesehenen Zusammenwirken von (durch raumordnungspolitische Interessen begründeten) hoheitlichem Widmungsakt und allfälliger vertraglicher Absicherung der mit der Widmungsentscheidung verfolgten Zwecksetzung keine Beachtung schenkt, was gegenständlich jedoch unbedingt notwendig ist.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol unterstellt mit seiner Rechtsansicht dem Planungsorgan der Gemeinde Götzens, auch den ausschließlich im Wege eines allfälligen Vertragsabschlusses (nach Maßgabe der zivilrechtlichen Vorgaben) zu erzielenden raumordnungsrechtlichen Zielvorstellungen einen hoheitlichen Gestaltungswillen. Ein solcher Gestaltungswille liegt seitens der Gemeinde Götzens jedoch nicht vor und kommt als solcher auch nicht in der Verordnung zum Ausdruck, da weder mit der beabsichtigten Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes noch mit der damit in Zusammenhang stehenden Bausperrenverordnung eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit verfassungsrechtlich verpönte Besserstellung der in Götzens ansässigen Bevölkerung erfolgt.
Wie bereits in obigem Zusammenhang betont wurde, würde das von außen durch den Preisdruck in der Landeshauptstadt und den dadurch in Gang gesetzten Zuzug bewirkte innere Siedlungswachstum der Gemeinde Götzens ohne Ergreifen raumordnungspolitischer Maßnahmen dazu führen, dass das vorhandene Wohnbaulandpotential von rund 20 ha in kürzester Zeit aufgebraucht wäre. Zugleich mit dem Aufbrauchen der Baulandreserven wären gemeindeseitig die zur Bewältigung des höheren Siedlungswachstums erforderlichen technischen, verkehrsmäßigen, sozialen und wirtschaftlichen Infrastrukturen zu schaffen, was sowohl in raumordnungspolitisch-logistischer als auch in finanzieller Hinsicht jedoch selbst mittelfristig nicht bewältigbar ist.
Ob sich aber die vom Landesverwaltungsgericht Tirol explizit beanstandeten raumordnungspolitischen Zielsetzungen, die seitens der Gemeinde Götzens mit den Mitteln der Vertragsraumordnung zu erreichen versucht werden, auch tatsächlich realisieren lassen, hängt indessen ausschließlich davon ab, ob es der Gemeinde Götzens gelingt, im Zuge des Planungs- und Umsetzungsprozesses konkreter baulicher Vorhaben mit dem jeweiligen Bauwerber den entsprechenden Vertrag in zivilrechtskonformer Weise, insbesondere in Übereinstimmung mit § 879 ABGB, abzuschließen.
Mit der in der erlassenen Bausperrenverordnung formulierten Zielvorstellung, 'Schaffung von leistbaren Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung in Form von Miet- und Eigentumswohnungen, Reihenhäusern etc., wobei als Maßstab für die Leistbarkeit die Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung gelten', wird keine auf hoheitlichem Wege zu erfüllende Planungsvorgabe gesetzt. Bei dieser Zielsetzung handelt es sich um jene Vorstellungen, welche im Wege der Vertragsraumordnung, als mit den Mitteln und nach Maßgabe der zivilrechtlichen Rechtsvorschriften umgesetzt werden sollen. Inwieweit dies möglich ist, ist daher keine Frage des hoheitlichen Planungsrechtes, sondern allein eine Frage der zivilrechtlichen Zulässigkeit solcher Verträge.
Was die 'Angemessenheit' der Preise für Wohnraum und Geschäftsräumlichkeiten anlangt, so wurde diese vom Tiroler Landesgesetzgeber nicht näher definiert, sondern vielmehr als unbestimmter Gesetzesbegriff vorgegeben. Das Landesverwaltungsgericht Tirol beanstandet die Ausfüllung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes im Wege der sinngemäßen Anwendung der für die Tiroler Wohnbauförderung geltenden Richtlinien, ohne die Ablehnung jedoch zu begründen oder gar eine andere Ausfüllung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes vorzuschlagen. Die Gemeinde Götzens geht — vorbehaltlich einer Klarstellung durch den Gesetzgeber oder die höchstgerichtliche Rechtsprechung — daher nach wie vor von der Annahme aus, dass die 'Angemessenheit' der Preise jedenfalls dort gegeben sein wird, wo die Preisbestimmung nach jenen Richtlinien erfolgt, die für die Tiroler Wohnbauförderung gelten, da diese Werte ein objektiv nachvollziehbarer Indikator für ein auch aus Sicht der Politik leistbares Wohnen in Tirol sind.
3. Entgegen den Annahmen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ist die Schaffung von leistbarem Wohnraum auch nach dem Text der Bausperrenverordnung nicht auf die in Götzens ansässige Bevölkerung beschränkt, sondern stellt ein allgemeines raumplanerisches Interesse der Gemeinde Götzens dar, das in § 1 Abs 1 der Bausperrenverordnung auch ausdrücklich so angeführt wird, ohne dass eine Einschränkung erfolgt wäre ('Deckung des Grundbedarfes an Wohnraum ... zu angemessenen Preisen'). Ob es im Zuge der Verwirklichung dieses allgemeinen Interesses gelingen kann, den besonderen Bedürfnisse der Götzener Bevölkerung gerecht zu werden, hängt allein davon ab, welche Vertragsgestaltung das Zivilrecht zulässt. Dies ist aber keine Frage hoheitlichen Planungsrechtes
4. Insoweit und insofern das Landesverwaltungsgericht Tirol der Gemeinde Götzens — lediglich unter Hinweis auf 'Medienberichte (Tiroler Tageszeitung vom )' — unterstellt, diese verfolge das Planungsziel 'den Verkauf von Grundstücken an nicht im Ort Ansässige' verhindern zu wollen, wird nachdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Unterstellung unrichtig und unsachlich ist und darüber hinaus auch in keiner Weise aus der Verordnung selbst ableitbar ist. Sämtliche hoheitlichen Planungsmaßnahmen der Gemeinde Götzens berücksichtigen den Umstand, dass den Gemeinden im Wege der Raumplanung eine unmittelbare Einflussnahme auf Käufer und Kaufpreis nicht zusteht, da eine solche Einflussnahme der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art 5 StGG widerspricht und auch durch die derzeitigen Planungsvorgaben des TROG 2016 nicht gedeckt ist. Sie wird — entgegen den Annahmen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol — durch die Gemeinde Götzens nicht angestrebt und ist daher auch nicht Gegenstand der hoheitlichen Planungsmaßnahmen.
5. In gegenständlichem Zusammenhang ist weiters zu beachten, dass die raumordnungspolitische Diskussion und damit zugleich der endgültige Planungsvorgang nach wie vor nicht abgeschlossen ist. Es findet gegenwärtig ein intensiver Dialog zwischen der Gemeinde Götzens und der zuständigen Aufsichtsbehörde, der Abteilung Raumordnung beim Amt der Tiroler Landesregierung, statt, an dessen Ende die Schaffung einer gesetzes- und verfassungskonformen Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Götzens stehen soll. Die Bausperrenverordnung dient gesetzeskonform der Absicherung des in Gang befindlichen Planungsprozesses.
[…]"
5.Der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol erstattete eine Äußerung, in der er sich den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol anschloss.
IV.Erwägungen
Der – zulässige – Antrag ist nicht begründet:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.Zum ersten Bedenken:
2.1.Das Landesverwaltungsgericht Tirol hegt zunächst das Bedenken, dass die angefochtene Bausperrenverordnung das Ziel habe, Wohnraum für die "in Götzens ansässige Bevölkerung" zu schaffen. Dieses Abstellen auf die in Götzens ansässige Bevölkerung sei jedoch vom Gesetz, insbesondere von § 27 Abs 2 litb TROG 2016, nicht gedeckt, gleichheitswidrig und würde einen unzulässigen Eigentumseingriff bewirken.
2.2.Der Verfassungsgerichtshof teilt dieses Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol nicht:
2.2.1.§1 der Bausperrenverordnung ("Beabsichtigte Planungsmaßnahmen") der Gemeinde Götzens verfügt zunächst in seinem ersten Absatz eine Bausperre "zur Sicherung der mit der beabsichtigten Änderung der § 9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzepts der Gemeinde Götzens Ö/002/05/2017 verfolgten Planungsmaßnahmen" und umschreibt sie in weiterer Folge kurz ("das sind die Festlegung von Bereichen, für die […] ein Bebauungsplan erforderlich ist, die textlichen Festlegungen von Höchstnutzflächen […] und die verstärkte Anwendung der Vertragsraumordnung […]"). § 1 zweiter Absatz der Bausperrenverordnung nennt als "Ziel der Planungsmaßnahme" die "Schaffung von leistbarem Wohnraum für die in Götzens ansässige Bevölkerung […]". Der dritte Absatz erklärt das der Änderung des Örtlichen Raumordnungskonzepts zugrunde liegende ortsplanerische Gutachten zum "wesentlichen, integralen Bestandteil dieser Verordnung"; dieses Gutachten enthält insbesondere die Textvorschläge für die beabsichtigte Neufassung der § 9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzepts.
2.2.2.Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung für die Zulässigkeit einer Bausperre gefordert, dass anlässlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigten Planungsmaßnahmen in der kundgemachten Verordnung zum Ausdruck zu bringen sind (vgl zB VfSlg 9910/1983, 10.953/1986). Seit seinem Erkenntnis VfSlg 11.743/1988 geht er ferner davon aus, dass es genügt, in der Verordnung über die Bausperre die beabsichtige(n) Änderung(en) zu benennen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der Bausperre von der Zulässigkeit der Änderungsabsichten abhängt (vgl idS VfSlg 13.150/1992, 14.271/1995 und 17.325/2004): Ob nämlich die Voraussetzungen für eine Planänderung vorliegen, braucht bei der Erlassung der Verordnung über die Bausperre noch nicht geprüft werden. Alle Einwände, welche die Fehlerhaftigkeit der Änderungsabsichten dartun wollen, gehen sohin von vornherein ins Leere, wenn sie gegen die Bausperre anstatt gegen die auf deren Grundlage dann geänderte Planungsnorm erhoben werden. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9910/1983 bereits ausgeführt hat, ist es gerade Sinn und Zweck einer Bausperre, innerhalb ihres von vornherein begrenzten Geltungszeitraums die Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Planungsnorm vorliegen. Ob etwa § 27 Abs 2 litb TROG 2016 oder der Gleichheitssatz einer in Aussicht genommenen Änderung einer Planungsnorm entgegenstehen, kann sohin im Zuge der Prüfung der Bausperre — noch — nicht festgestellt werden, sondern ist erst im Falle der Anfechtung der geänderten Planungsnorm Prüfungsthema des Verfassungsgerichtshofes (vgl Jann/Oberndorfer, Die Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofes im Bereich der Raumplanung [1995] 160 f). Angesichts dessen erweisen sich die Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ob der Rechtmäßigkeit der Wortfolge "in Götzens ansässige Bevölkerung" in der Bausperrenverordnung der Gemeinde Götzens als nicht berechtigt.
3.Zum zweiten Bedenken:
3.1.Als zweites Bedenken macht das Landesverwaltungsgericht Tirol geltend, die "Zielvorgabe" in § 1 zweiter Absatz der Bausperrenverordnung sei "als Maßstab für die Angemessenheit von Preisen und für die Beurteilung der Leistbarkeit […] vom Gesetz nicht gedeckt". Auch sei die Bezugnahme auf die "Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung" zu unbestimmt; die Wohnbauförderungsrichtlinie vom könne in der am beschlossenen Bausperrenverordnung nicht gemeint sein; eine Bezugnahme auf die ältere, nunmehr nicht mehr in Kraft stehende Wohnbauförderungsrichtlinie sei aber unsachlich.
3.2.Auch dieses Bedenken ist nicht begründet: § 27 Abs 2 litb TROG 2016 nennt als Ziel der örtlichen Raumplanung unter anderem auch die Ausweisung ausreichender Flächen zur Befriedigung des dauernden Wohnbedarfes der Bevölkerung "zu leistbaren Bedingungen". Die Bezugnahme in § 1 zweiter Absatz der Bausperrenverordnung auf "Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung" konkretisiert dieses Kriterium in einer der Auslegung zugänglichen Weise, indem sie an die – jeweils maßgeblichen – Richtlinien und Schwellenwerte nach dem Tiroler Wohnbauförderungsrecht anknüpft (siehe zur Unterscheidung von Verweisungen und tatbestandlichen Anknüpfungen etwa VfSlg 12.384/1990, 18.101/2007).
4.Zum dritten Bedenken:
4.1.Das Landesverwaltungsgericht Tirol hegt schließlich gegen den dritten Absatz des § 1 der angefochtenen Bausperrenverordnung, wonach das dem Änderungsentwurf des Örtlichen Raumordnungskonzepts zugrunde liegende ortsplanerische Gutachten einen "wesentlichen, integralen Bestandteil dieser Verordnung" bildet, das Bedenken, es sei unklar, inwiefern dieses Gutachten bloß "begründenden" Charakter habe; wäre das gesamte Gutachten normativer Bestandteil der Verordnung, so würde dies zur Gesetzwidrigkeit der Verordnung führen, einerseits weil diese Inhalte in § 74 TROG 2016 keine Grundlage hätten, anderseits weil Widersprüche zwischen der Bausperrenverordnung ieS und dem Gutachten bestünden.
4.2.Der Verfassungsgerichtshof teilt dieses Bedenken gegen die vom Gemeinderat der Gemeinde Götzens gewählte Vorgangsweise, ein ortsplanerisches Gutachten zum "integralen Bestandteil" der Bausperrenverordnung zu erklären, aus folgenden Gründen nicht: § 1 erster Absatz der Bausperrenverordnung ordnet an, dass die Bausperre der "Sicherung der mit der beabsichtigten Änderung der § 9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Götzens Ö/002/05/2015 verfolgten Planungsmaßnahmen" dient. Das zum Bestandteil der Verordnung erklärte Gutachten soll augenscheinlich im Umfang des in ihm ausformulierten Vorschlags einer Neufassung der § 9 und 10 des Örtlichen Raumordnungskonzepts die beabsichtigten Planungsmaßnahmen und -ziele präzisieren (vgl zum Konkretisierungserfordernis etwa VfSlg 15.347/1998, 17.325/2004, ), während es im Übrigen (also hinsichtlich Befund und fachlicher Schlussfolgerungen) tatsächlich bloß Informationen enthält, die – über allenfalls auslegungsleitende Funktionen hinaus – keine normativen Wirkungen äußern. Dies begründet jedoch noch keine Gesetzwidrigkeit (des normativen § 1 dritter Absatz) der Verordnung; ob die vom Gemeinderat der Gemeinde Götzens gewählte Vorgangsweise hingegen vom legistischen Standpunkt aus gesehen zweckmäßig war, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen.
V.Ergebnis
1. Der Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Tirol war daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2019:V35.2018 |
Schlagworte: | Raumordnung, Baurecht, Bausperre, Determinierungsgebot |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.