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VfGH vom 06.10.1999, V33/99

VfGH vom 06.10.1999, V33/99

Sammlungsnummer

15608

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung einer Kanalabgabenordnung über die Höhe des Einheitswertes für die Berechnung des Kanalisationsbeitrags wegen Widerspruchs zum Stmk KanalabgabenG 1955; finanzausgleichsrechtliche Ermächtigung zur Festsetzung eines höheren Betrages nur für Benützungsgebühren; Einordnung von Kanalanschlußgebühren als Interessentenbeiträge

Spruch

§ 2 der Kanalabgabenordnung der Gemeinde Georgsberg vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 22. März bis zum , wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B3048/96 ein Verfahren über eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

1.1.1. Die beiden Beschwerdeführer sind jeweils zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft und werden als solche für einen Kanalisationsbeitrag (Kanalanschlußgebühr) in Anspruch genommen.

1.1.2. Mit Bescheid vom schrieb ihnen der Bürgermeister der Gemeinde Georgsberg einen Kanalisationsbeitrag von S 49.179,90 vor. Der Gemeinderat der Gemeinde Georgsberg gab mit Bescheid vom einer Berufung teilweise statt und schrieb den Beschwerdeführern einen Kanalisationsbeitrag von S 48.279,- vor. Beide Gemeindebehörden gingen von einem Einheitssatz von S 175,- aus, wie ihn die Kanalabgabenordnung der Gemeinde Georgsberg (in der Folge: Kanalabgabenordnung) vorsieht.

Mit Bescheid vom wies die Steiermärkische Landesregierung eine Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Berufungsbescheid ab.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.

2. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des § 2 der Kanalabgabenordnung entstanden. Der Gerichtshof hat daher beschlossen, diese Bestimmung von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Die Steiermärkische Landesregierung hat keine Äußerung erstattet.

Die Gemeinde Georgsberg hat eine Äußerung abgegeben, in der sie die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung genommenen Verordnungsstelle verteidigt.

3. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

3.1. § 14 Abs 1 des - hier heranzuziehenden - Finanzausgleichsgesetzes 1993, BGBl. 30 (FAG 1993), lautet auszugsweise:

"(1) Ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben sind insbesondere:

1. bis 14. ...

15. Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern;

16. Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und - anlagen;

17. ..."

§ 15 Abs 3 FAG 1993 lautet auszugsweise:

"(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

1. bis 4. ...

5. Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und - anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenmauten, bis zu einem Ausmaß, bei dem der mutmaßliche Jahresertrag der Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigt."

3.2. Das steiermärkische Kanalabgabengesetz 1955 (KanalabgabenG), LGBl. 71 idF LGBl. 158/1963, 63/1965, 40/1971, 67/1986 und 80/1988, lautet auszugsweise:

"Abgabeberechtigung.

§1.

Die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, werden auf Grund des § 8 Abs 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

Gegenstand der Abgabe.

§2.

(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlußpflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

(2) bis (4) ...

Ausmaß.

§4.

(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs2), wobei Dachgeschosse und Kellergeschosse je zur Hälfte eingerechnet werden; Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet.

(2) Der Einheitssatz ist vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§7) nach den durchschnittlichen, ortsüblichen Baukosten je Meter der Kanalanlage höchstens bis zu 5 v.H. dieser Baukosten für den Meter festzusetzen. Bei der Festsetzung des Einheitssatzes sind aus Bundes- und Landesmitteln für die Errichtung und die Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage gewährte Beiträge und Zuschüsse in Abschlag zu bringen.

(3) bis (5) ...

Kanalabgabenordnung.

§7.

(1) In jeder Gemeinde mit einer öffentlichen Kanalanlage ist eine Kanalabgabenordnung zu beschließen, welche zu enthalten hat:

a) die Erhebung der Kanalisationsbeiträge (§1);

b) die Erhebung der Kanalbenützungsgebühren (§6);

c) die Höhe des Einheitssatzes für die Berechnung der Kanalisationsbeiträge (§4), erforderlichenfalls getrennt für Schmutzwasser-, Regenwasser- und Mischwasserkanäle;

d) die Höhe des Einheitssatzes für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühren (§6), erforderlichenfalls getrennt für Schmutzwasser-, Regenwasser- und Mischwasserkanäle;

e) die Zahlungstermine für die laufenden Kanalbenützungsgebühren.

(2) Die Kanalabgabenordnung sowie allfällige spätere Änderungen oder Ergänzungen sind nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung zwei Wochen hindurch öffentlich kundzumachen und treten, sofern nicht anderes bestimmt wird, mit dem dem Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Monatsersten in Kraft."

3.3. Die Kanalabgabenordnung der Gemeinde Georgsberg lautet auszugsweise (der in Prüfung genommene § 2 ist hervorgehoben):

"§1

Für die öffentliche Kanalanlage der Gemeinde Georgsberg werden

a) ein einmaliger Kanalisationsbeitrag gemäß § 1 des Kanalabgabengesetzes 1955, i.d.g.F., und

b) eine Kanalbenützungsgebühr gemäß § 6 des Kanalabgabengesetzes 1955, i.d.g.F. erhoben.

§2

Die Höhe des Einheitssatzes für die Berechnung des Kanalisationsbeitrages wird gem. § 4 Abs 2 des Kanalabgabengesetzes 1955, Novelle 1988, festgesetzt und beträgt somit für Schmutzwasserkanäle S 175,--/m2 Beitragsfläche zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. In seinem Einleitungsbeschluß nahm der Verfassungsgerichtshof vorläufig an, daß die Beschwerde zulässig sei, daß die belangte Behörde die in Prüfung genommene Verordnungsstelle bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewandt habe und daß auch er sie bei der Beurteilung der Beschwerde anzuwenden habe.

Im Verfahren ist nichts vorgebracht worden oder sonst hervorgekommen, was daran zweifeln ließe, daß die diesbezüglichen Annahmen im Prüfungsbeschluß zutreffen.

Das Verordnungsprüfungsverfahren ist zulässig.

2.1.1. In der Sache hegte der Gerichtshof das Bedenken, daß die Höhe des Einheitssatzes das Höchstmaß überschreite, das § 4 Abs 2 KanalabgabenG zuläßt, und daß daher § 2 Kanalabgabenordnung gesetzwidrig sei. Im einzelnen führte der Gerichtshof im Prüfungsbeschluß aus:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß die Kanalabgabenordnung eine Verordnung aufgrund des § 7 KanalabgabenG ist, die gemäß § 7 Abs 1 litc dieses Gesetzes ua. die Höhe des Einheitssatzes für die Berechnung der Kanalisationsbeiträge zu enthalten hat. Nach § 4 Abs 2 KanalabgabenG ist der Einheitssatz nach den durchschnittlichen ortsüblichen Baukosten je Meter der Kanalanlage höchstens bis zu 5 % dieser Baukosten für den Meter festzusetzen. Dabei sind aus Bundes- und Landesmitteln gewährte Beiträge und Zuschüsse abzuziehen. ...

Im Verordnungsakt findet sich eine Berechnung 'Herleitung des Einheitssatzes gemäß Kanalgesetz', die von gesamten Baukosten von S 70,700.000,- und einer Kanallänge von 29.600 m ausgeht. Als Quotient wird ein durchschnittlicher Meterpreis von S 2.389,-

errechnet. Nach Abzug eines Landesbeitrags von 15 % kommt die Berechnung zu einem gesetzlich zulässigen Einheitssatz (5 % des Restes) von höchstens S 102,-. Dies deckt sich im wesentlichen mit dem Ergebnis, zu dem auch die Beschwerde kommt. Dennoch wurde der Einheitssatz in § 2 Kanalabgabenordnung mit S 175,-

festgesetzt.

Die zitierte Berechnung findet sich im Verordnungsakt in einer Unterlage 'Wirtschaftlichkeitsberechnung' vom , in der es ua. heißt:

'Einheitssatz gem. Kanalabgabengesetz:

gesetzliche Höhe: S 102,-/m2 (Höchstausmaß)

vorgesehener Einheitssatz: S 175,-/m2 (Gemäß Gemeinderatsbeschluß vom )'

Der zuletzt wiedergegebene Klammerausdruck dürfte sich auf einen Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Georgsberg beziehen, dessen Protokoll im Verordnungsakt einliegt und in dem der 'Einheitssatz für die Ermittlung der Hausanschlußgebühren mit S 175,- pro m2' festgesetzt wurde. ...

Am beschloß der Gemeinderat der Gemeinde Georgsberg die im Beschwerdefall anscheinend anzuwendende Kanalabgabenordnung. Gemäß deren § 2 beträgt der Einheitssatz S 175,-.

Der Verfassungsgerichtshof hat das Bedenken, daß die Höhe des Einheitssatzes das Höchstmaß überschreitet, das § 4 Abs 2 KanalabgabenG zuläßt, und daß daher § 2 Kanalabgabenordnung gesetzwidrig ist.

Dieses Bedenken wird erhärtet durch ein Schreiben des von der Gemeinde beauftragten Planers vom an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, das im Verordnungsakt einliegt und in dem ua. darauf hingewiesen wird, 'daß es vernünftiger ist, die gesetzlich zulässigen Einheitssätze zu überschreiten und Einheitssätze in der Höhe zwischen S 150,- und S 200,- je m2 Berechnungsfläche zu gestatten, damit eine vernünftige Finanzierung für Abwasserentsorgungsanlagen im ländlichen Raum möglich ist'. ...

Die Gemeinde Georgsberg beruft sich in ihrer Äußerung auf § 15 Abs 3 Z 5 FAG 1993. Nach dieser Bestimmung darf das Ausmaß der Gebühren für die Benützung bestimmter Gemeindeeinrichtungen und - anlagen (in der Folge Benützungsgebühren) höchstens so hoch sein, daß der mutmaßliche Jahresertrag das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigt. Derartige Gebühren können von der Gemeindevertretung vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung ausgeschrieben werden.

Der Verfassungsgerichtshof hält den Standpunkt der Gemeinde Georgsberg vorläufig nicht für zutreffend, weil es sich bei einem Kanalisationsbeitrag nach dem steiermärkischen KanalabgabenG nicht um eine Benützungsgebühr gemäß § 14 Abs 1 Z 16 (und § 15 Abs 3 Z 5) FAG 1993, sondern nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes um einen Interessentenbeitrag gemäß § 14 Abs 3 Z 15 FAG 1993 (und der Vorgängerbestimmungen) handelt (VfSlg. 6054/1969, 6192/1970, 7148/1973, 8188/1977, 10947/1986, 11172/1986, 11294/1987). Für Interessentenbeiträge dürfte eine dem § 15 Abs 3 Z 5 FAG 1993 entsprechende Regelung über das doppelte Jahreserfordernis nicht gelten.

Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, daß sich die Ermächtigung des § 15 Abs 3 Z 5 FAG 1993 nicht auf den Kanalisationsbeitrag bezieht und daß daher die Überschreitung des gesetzlichen Höchstmaßes damit nicht gerechtfertigt werden kann.

Es scheint daher keine gesetzliche Grundlage zu bestehen, die die Gemeinde ermächtigt, die höchstzulässige Grenze des § 4 Abs 2 KanalabgabenG zu überschreiten."

2.1.2. Die Gemeinde Georgsberg beruft sich in ihrer Äußerung auf das Erkenntnis VfSlg. 10947/1986; danach seien Anschlußgebühren (dort bei einer Wasserversorgungsanlage) keine Interessentenbeiträge, sondern Benützungsgebühren iSd FAG. Eine Abwasserbeseitigungsanlage (Kläranlage und Kanalnetz) werde in der Regel durch Anschlußgebühren, Eigenmittel der Gemeinde, Landesmittel, Darlehen und sonstige Mittel finanziert. Die Benützungsgebühren nach Fertigstellung einer solchen Anlage würden bestimmt von den zu leistenden Annuitäten einerseits und von den anfallenden laufenden Betriebskosten bzw. von Rückstellungen andererseits. Die Finanzierung einer Abwasserbeseitigungsanlage sei ein "geschlossener Kreis", dessen Kosten (ausgenommen nicht rückzahlbare Zuschüsse und Eigenmittel) vom Endabnehmer zu tragen seien. Minderten sich die Anschlußgebühren, so erhöhten sich die Benützungsgebühren infolge höherer Annuitäten; durch höhere Anschlußgebühren würden die Benützungsgebühren entlastet. Innerhalb der gesetzlichen Vorgaben stehe es jeder Gemeinde frei zu disponieren, ob sie die Finanzierung verstärkt über Anschlußgebühren oder über laufende Benützungsgebühren abwickle. In keinem einschlägigen Landesgesetz finde sich ein Hinweis, daß Anschlußgebühren von Wasser- oder Abwasseranlagen zu den Interessentenbeiträgen zu zählen seien.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs zu entkräften.

Es trifft zu, daß der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 10947/1986 eine Wasseranschlußgebühr als Benützungsgebühr iSd FAG qualifiziert hat, dies jedoch deshalb, weil diese Gebühr "anders als etwa der Kanalisationsbeitrag nach den §§1 und 2 des Stmk. Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. 71 ... immer am Beginn eines Benützungsverhältnisses" stehe (S 836 f. in der Amtlichen Sammlung). Schon dieses Zitat zeigt, daß der Verfassungsgerichtshof auch in dieser Entscheidung Kanalisationsbeiträge (so ausdrücklich für das hier heranzuziehende Stmk. KanalabgabenG) nicht als Benützungsgebühren, sondern als Interessentenbeiträge gewertet hat. Dies entspricht seiner ständigen Rechtsprechung seit VfSlg. 6054/1969, die im genannten Erkenntnis ausführlich dargestellt ist (S 833 f. in der Amtlichen Sammlung). Bei dieser Ansicht ist der Verfassungsgerichtshof auch in seiner späteren Rechtsprechung geblieben (VfSlg. 11172/1986, 11294/1987); er sieht sich nicht veranlaßt, davon abzugehen.

Die Ausführungen der Gemeinde Georgsberg über die wechselseitigen Beziehungen zwischen der Höhe der Anschlußgebühren und jener der Benützungsgebühren treffen zu. In der Tat ist es zulässig, die Errichtung einer Kanalanlage (teilweise nicht über Anschlußgebühren, sondern) über Kredite zu finanzieren und die Rückzahlung dieser Kredite in den Benützungsgebühren zu decken (VfSlg. 11294/1987 mwN). Aus diesen Beziehungen ergibt sich jedoch nichts für die finanzausgleichsrechtliche Einordnung der Anschlußgebühren.

Wie die Gemeinde Georgsberg richtig ausführt, ist eine Gemeinde nur innerhalb der gesetzlichen Vorgaben frei, zwischen verschiedenen Finanzierungsarten zu wählen. Zu diesen Vorgaben gehört - im Bundesland Steiermark - auch das Höchstmaß des Einheitssatzes, das § 4 Abs 2 KanalabgabenG festlegt.

§ 2 Kanalabgabenordnung steht daher mit § 4 Abs 2 KanalabgabenG nicht in Einklang.

2.3. Die Gemeinde Georgsberg hat Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, daß der Gemeinderat dieser Gemeinde am einen Einheitssatz für eine Kanalanschlußgebühr (offenbar für einen bestimmten, hier nicht relevanten Kanalbau) von S 100/m2 beschlossen hat. In der Sitzung vom wurde beschlossen, diesen Einheitssatz "für das gesamte Gemeindegebiet festzusetzen". Diese Beschlüsse wurden in der Form publiziert, daß an der Amtstafel (vom 12. bis zum ) eine "Öffentliche Kundmachung" mit folgendem wesentlichen Text angeschlagen wurde:

"Auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom und dem Ergänzungsbeschluß vom wird

im § 2 der Kanalabgabenordnung der Gemeinde Georgsberg, bei ..... und beträgt somit für Schmutzwasserkanäle ..... S 100,-- statt bisher S 175,-- eingefügt ..."

Es kann dahingestellt bleiben, ob durch diese Akte § 2 Kanalabgabenordnung in der hier anzuwendenden Fassung abgeändert worden ist und ob und welche Rechtswirkungen diese Beschlüsse und diese Kundmachung überhaupt hatten, ebenso, für welche Sachverhalte die Neuregelung gegebenenfalls zum Tragen käme. Selbst wenn § 2 Kanalabgabenordnung eine neue Fassung erhalten hätte, wäre nicht mit einem Ausspruch gemäß Art 139 Abs 4 B-VG vorzugehen, weil diese Bestimmung in ihrer präjudiziellen Fassung - mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich (vgl. VfSlg. 8101/1977, 8709/1979, 9374/1982, 11559/1987, 15227/1998) - weiterhin in Geltung steht.

2.4. § 2 Kanalabgabenordnung war daher als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Verpflichtung der Steiermärkischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung gründet sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.