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VfGH vom 09.10.2012, V29/12

VfGH vom 09.10.2012, V29/12

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Leitsatz

Aufhebung von Bestimmungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Leisach in Tirol wegen Widersprüchlichkeit der verbindlichen Regelungen betreffend die Rückwidmung von Bauland sowie mangels Interessenabwägung und sachlicher Auswahl der Grundstücke bei der Zeitzonenfestlegung im Konzeptplan

Spruch

I. 2 Abs 1 litc zweiter, vierter und fünfter Satz, § 4 Abs 2, 4, 6 und 7 sowie § 8 Abs 2 der textlichen Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzepts der Gemeinde Leisach, vom Gemeinderat beschlossen am , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde vom bis , in der Fassung der vom Gemeinderat am beschlossenen Änderung, genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde vom bis , sowie sämtliche im Konzeptplan dieses örtlichen Raumordnungskonzepts enthaltenen Zeitzonenfestlegungen ("z1", "z2", "z3") werden als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Tiroler Landesregierung ist zur

unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zahl V36/09

über einen auf Art 139 Abs 1 B-VG gestützten Antrag des Eigentümers des Grundstückes Nr. 458/1, KG Leisach, zu entscheiden, der sich gegen die Festlegung der Widmung "Freiland" für dieses Grundstück im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Leisach, vom Gemeinderat beschlossen am , richtet.

2. Bei der Prüfung des Individualantrages hat sich ergeben, dass Grundlage für die vom Antragsteller bekämpfte Widmung Bestimmungen im örtlichen Raumordnungskonzept der Gemeinde Leisach waren. Der im Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes geltende § 35 Abs 1 erster Satz des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (TROG 2001), LGBl. 93 idF LGBl. 60/2005, sah vor, dass der Flächenwidmungsplan den Verwendungszweck der Grundstücke ua. unter "Berücksichtigung" des örtlichen Raumordnungskonzeptes festzulegen hatte.

3. Aus Anlass dieses Individualantrages hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des § 2 Abs 1 litc zweiter, vierter und fünfter Satz, des § 4 Abs 2, 4, 6 und 7 sowie des § 8 Abs 2 der textlichen Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Leisach (in der Folge: öRk), vom Gemeinderat beschlossen am , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde vom bis , in der Fassung der vom Gemeinderat am beschlossenen Änderung, genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde vom bis , und außerdem die Festlegung sämtlicher Zeitzonen ("z1", "z2" und "z3") im zugehörigen Konzeptplan von Amts wegen zu prüfen.

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der textlichen Festlegungen des öRk in der im Spruch bezeichneten Fassung lauten (vom Prüfungsbeschluss umfasste Bestimmungen sind unterstrichen):

"§2: Grundsätzliche Festlegungen über die geordnete räumliche Entwicklung

(1) [A]uf Grundlage der Ziele der örtlichen

Raumordnung nach § 27 Abs 2 lith Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 werden für die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde folgende grundsätzliche Festlegungen getroffen:

[...]

c) Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung

Im Planungszeitraum wird eine Bevölkerungsgröße von max. 1020 Einwohner[n] angestrebt.

Um ein Abwandern zu verhindern, sind alle raumplanerischen Maßnahmen einzusetzen, um für die ortsansässige Bevölkerung Wohnraum zu sichern.

Zu diesem Zweck sind vordringlich die bestehenden Baumassen auszunützen und eine innere Verdichtung anzustreben.

Für die weiter[e] bauliche Entwicklung sind in erster Linie die bereits als Bauland gewidmeten, unbebauten Flächen heranzuziehen. Für die darüber hinausgehende Siedlungsentwicklung sind die im Konzeptplan dargestellten Eignungsbereiche für die bauliche Entwicklung nach Maßgabe der angeführten Fristigkeiten und unter Berücksichtigung der jeweils angestrebten Hauptnutzung sowie der jeweiligen Dichtefestlegung heranzuziehen.

[...]

§4: Siedlungsentwicklung

(1) Das Ausmaß des für den Wohnbedarf der Bevölkerung erforderlichen Baulandes im Planungszeitraum beträt 2,6 ha.

(2) Für die Siedlungsentwicklung sind die im Plan dargestellten Eignungsbereiche bei Erfüllung der für die einzelnen Bereiche in den textlichen Ausführungen zu den Entwicklungsstempeln festgelegten Voraussetzungen entsprechend der jeweils vorgesehenen Hauptnutzungen, Fristi[g]keiten und Dichtefestlegungen heranzuziehen.

(3) Die Neuwidmung von Grundstücken als Bauland ist insbesondere nur dann zulässig, wenn der Bedarf an der widmungsgemäßen Verwendung gegeben ist.

(4) Da aber gewidmetes Bauland von ca. 4,9 ha

vorhanden ist und nicht rückgewidmet wird, muß alles Erdenkliche unternommen werden, um mit den Baulandreserven im Planungszeitraum das Auslangen zu finden.

(5) Die in den Plänen dargestellten Baulandgrenzen dürfen nicht überschritten werden. Davon ausgenommen sind geringfügige Baulanderweiterungen, um für einen Bauplatz eine einheitliche Widmung im Sinne des § 2 Abs 12 der Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94, zu schaffen, wenn der überwiegende Teil des jeweiligen Bauplatzes bereits als Bauland, Sonder- oder Vorbehaltsfläche ausgewiesen ist, das Grundstück an der Baulandgrenze nicht zweckmäßig im Sinne des § 14 TBO 2011 geteilt werden kann und wenn keine neue Bauplatztiefe geschaffen wird. Unter denselben Voraussetzungen kann auch eine Überschreitung von Baulandgrenzen zur Ermöglichung von Nachverdichtungen an rechtmäßig bestehenden Gebäuden erfolgen. Wenn eine Bebauung mit dem Freihaltezweck der betroffenen Freihaltefläche nicht vereinbar ist, oder eine Bebaubarkeit auf Grund einer bestehenden Gefährdung insbesonders wegen der Lage in einer Gefahrenzone nicht gegeben ist, muss durch eine Baugrenzlinie im gleichzeitig mit der Flächenwidmungsplanänderung zu erlassenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan sichergestellt werden, dass dieser Bereich von einer Bebauung freigehalten wird.

(6) In den neu zu erstellenden Flächenwidmungsplan dürfen nur jene Bereiche sofort als Bauland aufgenommen werden, die im derzeit gültigen Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen und nicht als Rückwidmungsfläche vorgesehen sind, die lt. Entwicklungsplan in der Zeitzone 1 liegen, oder bereits bebaut und für eine bauliche Entwicklung vorgesehen sind. Flächen in den Zeitzonen 2 und 3 dürfen grundsätzlich erst dann für eine Flächenwidmung herangezogen werden, wenn die zeitlichen Voraussetzungen vorliegen und ein tatsächlicher Bedarf besteht.

(7) Ein Vorgriff auf eine spätere Zeitzone im Zuge der Ausweisung von Bauland ist möglich, wenn eine Deckung des konkreten Bedarfes nicht im Rahmen von Grundflächen mit früherer Zeitzone möglich ist und dadurch der Gemeinde keine unverhältnismäßigen Mehrkosten im Hinblick auf die Erschließung im Bereich Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie im Verkehrsbereich entstehen.

[...]

§8: Besondere behördliche Maßnahmen

(1) Innerhalb von 2 Jahren nach dem Inkrafttreten des örtlichen Raumordnungskonzeptes ist der Flächenwidmungsplan neu zu erlassen.

(2) Im Zuge der Neuerlassung des Flächenwidmungsplanes sind insbesondere folgende Festlegungen zu treffen:

a) gewidmetes Bauland der Zeitzone 1 darf, sofern im örtlichen Raumordnungskonzept nichts anderes bestimmt ist, unter Beachtung der zum betreffenden Bereich im Konzept getroffenen Festlegungen hinsichtlich der Hauptnutzung wiederum als Bauland gewidmet werden.

b) gewidmetes Bauland einer höheren Zeitzone ist

zunächst als Freiland zu widmen und kann bei Erfüllung der im örtlichen Raumordnungskonzept, und zwar insbesondere in den textlichen Erläuterungen zu den einzelnen Entwicklungsstempeln festgelegten Voraussetzungen, wiederum als Bauland gewidmet werden.

c) die mit R bezeichneten Flächen sind als Freiland zu widmen.

(3) Nach Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes ist ein allgemeiner Bebauungsplan für das Siedlungsgebiet zu erlassen."

3.2. Gemäß § 1 Abs 3 öRk bildet ua. der Konzeptplan

einen "wesentlichen Teil dieser Verordnung". In diesem Plan sind (insbesondere) die als Bauland vorgesehenen Flächen ausgewiesen, wobei zwischen "Bauland bebaut, gewidmet" und "Bauland unbebaut, gewidmet" unterschieden wird. Sämtliche Baulandgrundstücke in diesem Sinn sind mit so genannten "Entwicklungsstempeln" versehen. Dabei handelt es sich um eine durch die Anlage 1 zur Tiroler Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung 2004, kundgemacht durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme beim Amt der Tiroler Landesregierung, genormte Kategorisierung der Grundstücke nach verschiedenen Entwicklungsparametern, unter anderem der zeitlichen Entwicklung. Diese wird durch die Einreihung der Baugrundstücke in drei Zeitzonen ausgedrückt, wobei die Zeitzone "z1" einen unmittelbaren Bedarf ausdrückt, die Zeitzone "z2" einen Bedarfszeitraum zwischen drei und fünf Jahren und die Zeitzone "z3" einen Bedarfszeitraum von über fünf Jahren. Für das Grundstück Nr. 458/1 ist die Zeitzone "z3" festgelegt.

4.1. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, dass der Individualantrag zulässig ist und er bei seiner Entscheidung darüber die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen anzuwenden hätte.

4.2. Der Verfassungsgerichtshof hegte gegen die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen folgende Bedenken:

"[...] 1. Vor der Beschlussfassung über das örtliche Raumordnungskonzept wurde im Auftrag der Gemeinde Leisach eine 'Bestandsaufnahme mit Problemanalyse' angefertigt. Dort wird im Kapitel B ('Mögliche Randbedingungen für die Planung') unter Pkt. 4. ('Siedlungsstruktur') das Gemeindegebiet in fünf 'Siedlungskonglomerate' unterteilt. Das Grundstück des Antragstellers ist dem Konglomerat Leisach-Dorf zuzuordnen. In Kapitel E ('Entwicklungstendenzen des Baugeschehens und der Siedlungsstruktur') wird ausgeführt:

'[...]

2. Funktionsbereiche:

Die Funktionsbereiche gliedern sich wie folgt:

[...]

Dorfzentrum mit Peinten Kerngebiet

Wohngebiet

umrandet von landwirtsch.

Mischgebiet

[...]

3. Randbedingungen der Entwicklung:

Mögliche Einschränkungen der Entwicklung des Siedlungsgebietes bringen v.a. naturkundliche Gegebenheiten, Infrastruktur, wirtschaftliche Einflüsse, Bevölkerungsentwicklung, Baulandreserven und Widmungsarten.

Es bestehen im gesamten Gemeindegebiet noch große unbebaute Baulandreserven, die bereits als Wohngebiet gewidmet sind.

Entwicklungsmöglichkeiten für gewerbliche Nutzung

bietet das Gebiet westlich der Bahnunterführung, in dem schon zahlreiche Betriebe angesiedelt sind bzw. das unbebaute noch nicht gewidmete Grünland nördl. der Bundesstraße, gegenüber dem bestehenden Gewerbegebiet, welches die Gemeinde als Tauschgrund erhalten hat.

Unbebautes Bauland ist so gleichmäßig, vor allem in den 4 Siedlungsgebieten: Leisach-Dorfzentrum, Alte Bundesstraße, Gries, Drausiedlung verteilt, und die Entwicklung der Bevölkerung läßt keinen steigenden Bedarf an Bauland erwarten, sodaß für die nächste Periode von 10 Jahren kein neues Bauland gewidmet werden muss, vielmehr zurückgenommmen werden muß.

4. Baulandüberhang: Wohngebiet (Stand 1991)


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a)
Wohngebiet bebaut 104.511 m² = 10,4 ha
b)
Wohngebiet gewidmet unbebaut 93.108 m² = 9,3 ha
c)
Wohngebiet Rückwidmung 17.994 m2 = 1.8 ha

ad b): im Konzeptplan mit Wohndichten D1-D3 belegt

ad c): Begründung der Rückwidmung siehe Pkt. 11

5. Gliederung des umbauten Wohngebietes

Im Konzeptplan sind die Grundstücke für unbebautes Wohngebiet belegt mit Dichteteilungen wie folgt:

D 1-4,57 ha

D 2-1,13 ha

D 3-1,84 ha

6. Schätzung der möglichen Wohneinheiten WE 95 die verschiedenen Dichten D1 - D3

Dichte Gesamtfläche mögliche Anzahl WE

D 1 4,57 ha 62 WE

D 2 1,13 ha 75 WE

D 3 1,81 ha 130 WE

Summe: 7,51 ha Summe: 232 WE

Das ergibt einen Flächenbedarf von 323 m2/WE

[...]

10. Wohnungsbedarf

Bei einer gewünschten Bevölkerungszunahme von ca. 120 Bewohnern Obergrenze (Gemeindebürger bis zum Jahr 2001: 1020) und einer mittleren Belagsdichte von 1,50 Einw./WE ergibt sich ein errechneter Wohnungsbedarf von 80 WE in den nächsten 10 Jahren.

11. Baulandüberhang Wohngebiet

Bei einer Gegenüberstellung der vorgehenden Punkte 6. und 10. zeigt sich ein Baulandüberhang für die Wohnbebauung von ca. 150 WE.

Die Gemeinde Leisach besteht gemäß Pkt. E, 1) - Beschreibung des Siedlungsbereiches aus:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Dorf mit Peinten
-
Alte Bundesstraße
-
Gries-Höhenstraße
-
Drausiedlung mit Obern
-
Burgfrieden/Hintental

aus [sic!] fünf - in sich harmonisch geschlossenen - von nicht zersiedeltem bäuerlichen Kulturland umgebenen Siedlungsbereichen.

In diese[m] Siedlungskonglomerat liegen verstreut

nicht verbaute Grundstücke, die als Wohngebiet derzeit gewidmet sind.

Nach eingehender Beratung mit der Gemeinde - Raumordnungsausschuss und der Gemeindeleitung wurde folgende Vorgangsweise einstimmig angenommen:

Keine Rückwidmung von nicht bebauten Baugrundstücken für die nächsten 10 Jahre lt. Konzeptplan (Z1).

Rückwidmung nur in Bereichen, wo Fehlentwicklungen zu befürchten sind:


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-
Im Bereich Drausiedlung östlich der Bahn: Abrücken mit dem Bauland lt. Konzeptplan, somit Erzeugen eines nicht verbauten Grünstreifens entlang der Bahn.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Im Bereich Burgfrieden / Hintertal lt. Konzeptplan


Tabelle in neuem Fenster öffnen
[...]'


Tabelle in neuem Fenster öffnen
[...] 2. In diesem vorbereitenden Akt zum örtlichen Raumordnungskonzept (und in weiterer Folge zum Flächenwidmungsplan, vgl. § 28, § 31 Abs 1 und § 35 Abs 1 TROG 1997 bzw. 2001) finden sich widersprüchliche Aussagen zum Umgang mit dem festgestellten Baulandüberhang: Während unter Pkt. 4. von einer Rückwidmung die Rede ist und hinsichtlich der Begründung auf Pkt. 11. verwiesen wird, heißt es in Pkt. 11. ausdrücklich, dass 'nach eingehender Beratung mit der Gemeinde - Raumordnungsausschuss und der Gemeindeleitung' jedenfalls im Ortsteil Leisach-Dorf, wo das Grundstück des Antragstellers liegt, keine Rückwidmung stattfinden solle.

Diese Widersprüchlichkeit scheint sich im örtlichen Raumordnungskonzept selbst fortzusetzen. Zunächst dürfte § 2 Abs 1 litc vierter Satz andeuten, dass bestehendes Bauland weiterhin als solches bestehen bleiben soll, wenn davon die Rede ist, dass für die weitere bauliche Entwicklung in erster Linie die bereits als Bauland gewidmeten unbebauten Flächen heranzuziehen sind. Zusammen mit den übrigen in Prüfung gezogenen Sätzen entsteht durch diese litera der Eindruck eines Baulandmangels, vor allem wenn im letzten Satz davon die Rede ist, dass zusätzlich noch nicht als Bauland gewidmete Flächen 'für die weitere Siedlungsentwicklung' nach Maßgabe der angeführten Fristigkeiten heranzuziehen sind. Besonders im Hinblick darauf, dass in der Bestandsaufnahme im noch unbebauten Wohngebiet ein Potential für 232 Wohneinheiten gesehen wird (Pkt. 6.), aber für die angestrebte Bevölkerungszahl von insgesamt 1020 Bewohnern nur ein Wohnungsbedarf von 80 Wohneinheiten erkannt wird, scheint das Inbetrachtziehen der Umwidmung von bestehendem Freiland ohne besondere Begründung nicht schlüssig.

Aus § 4 scheint dann zwar wieder hervorzugehen, dass ein Baulandüberhang vorliegt (dies scheint insoweit im Widerspruch zu § 2, dafür aber im Einklang mit der Bestandsaufnahme zu stehen), es dürfte aber offen bleiben, wie der Verordnungsgeber zum Wert von 4,9 ha gewidmetem unbebautem Bauland in Abs 4 gekommen ist, während in der Bestandsaufnahme (Pkt. 6.) von einer Gesamtfläche von 7,51 ha die Rede ist. Abs 4 legt - Pkt. 11. der Bestandsaufnahme, nicht aber deren Pkt. 4. folgend - darüber hinaus fest, dass keine Rückwidmungen stattfinden sollen.

Genau dem dürften wiederum die - durch die Novelle 2004 eingefügten - Abs 6 und 7 des § 4, wo von Rückwidmungsflächen die Rede ist, sowie der - bereits in der Stammfassung enthaltene - § 8 Abs 2 widersprechen.

[...] 3. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass es sich jedenfalls bei § 4 Abs 2, 4, 6 und 7 sowie bei § 8 Abs 2 nicht um - für das Raumordnungsrecht typische - Zielfestlegungen handelt, die den Flächenwidmungsplan bloß final determinieren würden, sondern um klassische Konditionalnormen (also zwingende Tatbestände), die dem Gemeinderat bei der Erlassung des Flächenwidmungsplans auch keinen Ermessensspielraum mehr lassen dürften. Lediglich die ersten drei Absätze des § 2 Abs 1 litc scheinen eine Zielfestlegung zu enthalten.

[...] 4. Zwischen den in Prüfung gezogenen Bestimmungen - insbesondere § 4 Abs 4, der Rückwidmungen generell ausschließen dürfte, einerseits und § 4 Abs 6 und 7 sowie § 8 Abs 2 andererseits, die Rückwidmungen von nach dem Konzeptplan bestimmten Grundstücken anordnen dürften - scheint ein unauflösbarer Widerspruch zu bestehen. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass derartige widersprüchliche Bestimmungen nicht als grundsätzliche Festlegungen über die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde im Sinne des § 31 Abs 1 TROG 1997 bzw. 2001 angesehen werden können.

[...] 5. Abgesehen davon erscheint dem Verfassungsgerichtshof auch die konkrete Festlegung der Zeitzonen im Konzeptplan bzw. den darin enthaltenen Entwicklungsstempeln, die die Widmung der Baugrundstücke im Flächenwidmungsplan bestimmen, bedenklich. Dem Verfassungsgerichtshof scheinen ganz allgemein die Grundlagen der Festlegung einer bestimmten Zeitzone für ein konkretes Grundstück - so auch jenes des Antragstellers - nicht nachvollziehbar. Die Zeitzoneneinteilung dürfte auch über die Widersprüche im textlichen Teil hinaus nicht nach sachlichen Kriterien vorgenommen worden sein. Dafür spricht, dass auch Grundstücke mit der Zeitzone 'z1' versehen worden sein dürften, die - genau wie das Grundstück des Antragstellers - unbebaut sind und über keine Straßenzufahrt verfügen. Die Auswahl der für eine Rückwidmung vorgesehenen Grundstücke bedarf aber einer sachlichen Abgrenzung (vgl. VfSlg. 19.075/2010). Die Festlegung der Zeitzone 'z2' oder 'z3' scheint nichts anderes als eine vorläufige Rückwidmung zu bedeuten, was zwar im Einklang mit § 4 Abs 6 und 7 sowie § 8 Abs 2 der textlichen Festlegungen zu stehen, § 4 Abs 4 jedoch zu widersprechen scheint.

Darüber hinaus ist bei Rückwidmungen, die einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Eigentum darstellen, grundsätzlich eine Interessenabwägung durchzuführen (VfSlg. 14.141/1993). Diese Abwägung hat auf jener rechtlichen Stufe stattzufinden, die die Verpflichtung zur Rückwidmung zwingend vorsieht (wiederum VfSlg. 19.075/2010). Die maßgebliche Stufe dürfte im vorliegenden Fall das örtliche Raumordnungskonzept gewesen sein. Zwar würde ein Baulandüberhang Rückwidmungen grundsätzlich rechtfertigen, im vorliegenden Fall scheint aber auf Grund der erörterten Widersprüche in der Bestandsaufnahme das Planungsziel nicht hinreichend konkret erkennbar.

In der Äußerung der Tiroler Landesregierung wurden zwar Gründe angeführt, die für eine Rückwidmung des Grundstücks des Antragstellers sprechen (keine Bebauung und fehlende bzw. raumordnungsfachlich unerwünschte Zufahrt), der Antrag enthält aber auch von der Landesregierung nicht bestrittene Gegenargumente (vor allem die Lage im Dorfzentrum, angrenzend an die B 100 bzw. bebaute Grundstücke). Im Verordnungsprüfungsverfahren wird zu prüfen sein, ob der Verordnungsgeber eine derartige Abwägung in schlüssiger Weise durchgeführt hat. Besonders die Aussage in Kapitel E, Pkt. 11., der Bestandsaufnahme, wonach im Dorfzentrum keine Rückwidmungen beabsichtigt seien, muss diesbezüglich jedenfalls Zweifel hervorrufen. Denn wenn der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass keine Rückwidmungen stattfinden, liegt es auch nahe anzunehmen, dass er keine Interessenabwägung vorgenommen hat.

[...] 6. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen § 8 Abs 2 des örtlichen Raumordnungskonzeptes in Verbindung mit den Zeitzonenfestlegungen auch das Bedenken, dass eine Regelungstechnik im Raumordnungskonzept, die für die Erlassung des Flächenwidmungsplanes dem Verordnungsgeber keinerlei Spielraum hinsichtlich der Auswahl der Widmungskategorie lässt, über eine bloß grundsätzliche Festlegung für eine geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde im Sinne des § 31 Abs 1 TROG 1997 hinausgeht. Möglicherweise hat der Verordnungsgeber hier Festlegungen getroffen, die durch § 35 Abs 1 TROG 2001 dem Flächenwidmungsplan vorbehalten gewesen wären.

[... ] 7. Hinsichtlich des § 4 Abs 6 und 7 ist darüber

hinaus für den Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht erkennbar, auf welchen der Tatbestände des § 32 TROG 2001 sich die Änderung des Jahres 2004 stützen kann.

[...] 8. Zum Umfang der Prüfung ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren den Umfang der in Prüfung gezogenen Bestimmungen derart abzugrenzen hat, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001). Die Grenzen der Aufhebung müssen so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg. 17.422/2004 mwN).

Im Sinne dieser Rechtsprechung sind zunächst die Zeitzonenfestlegung für das Grundstück Nr. 458/1 sowie § 4 Abs 6 und § 8 Abs 2 litb des örtlichen Raumordnungskonzeptes, die die Konsequenzen daraus regeln, zu prüfen. Im vorliegenden Fall scheint aber im Hinblick darauf, dass die Festlegung der Zeitzone 'z3' möglicherweise von der Festlegung der Zeitzonen anderer Grundstücke abhängt oder zumindest davon beeinflusst ist, zunächst ein untrennbarer Zusammenhang mit allen anderen Zeitzonenfestlegungen im Konzeptplan des örtlichen Raumordnungskonzeptes sowie mit den übrigen Teilen des § 8 Abs 2 gegeben. Weiters scheinen die übrigen im Spruch genannten Absätze des § 4 bzw. Sätze des § 2 Abs 1 litc insoweit in einem untrennbaren Zusammenhang zu stehen, als diese jedenfalls beim Wegfall der beiden tatsächlich angewendeten Regelungen anzuwenden wären und, wie bereits dargelegt wurde, die Frage eines Baulandüberhanges oder -mangels sowie die daraus gezogenen Schlussfolgerungen für das Erfordernis von Rückwidmungen von grundlegender Bedeutung sein können. Da die letztgenannten Bestimmungen ebenfalls von den Bedenken umfasst sind und im Übrigen durch ihre (alleinige) Anwendung dem örtlichen Raumordnungskonzept möglicherweise ein völlig veränderter Inhalt unterstellt würde, waren auch diese in die Verordnungsprüfung mit einzubeziehen."

5. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens nicht bestritt, jedoch Argumente für die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen vorbrachte und die Einstellung des Verordnungsprüfungsverfahrens (gemeint wohl: die Feststellung, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als gesetzwidrig aufgehoben werden) beantragte.

6. Die Gemeinde Leisach legte die Akten des Verordnungserlassungsverfahrens (betreffend sowohl die Erlassung der Stammfassung des örtlichen Raumordnungskonzeptes als auch der im Jahr 2004 beschlossenen Novelle) vor, sah jedoch von einer Stellungnahme ab.

7. Der Antragsteller des Ausgangsverfahrens hat sich zum amtswegig eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren nicht geäußert.

II. Rechtslage

1. Das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 (TROG 1997), LGBl. 10 idF LGBl. Nr. 21/1998 (diese Fassung galt im Zeitpunkt des Beschlusses des örtlichen Raumordnungskonzepts im Gemeinderat), lautete auszugsweise:

"[...]

II. TEIL

Örtliche Raumordnung

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§27

Aufgaben und Ziele der örtlichen Raumordnung

(1) Die örtliche Raumordnung dient der geordneten räumlichen Entwicklung der Gemeinde. Sie hat im Einklang mit den Raumordnungsprogrammen und, soweit solche nicht bestehen, unter Bedachtnahme auf die Ziele und Grundsätze der überörtlichen Raumordnung zu erfolgen. Weiters ist auf die örtlichen Raumordnungsinteressen der Nachbargemeinden, insbesondere im Bereich der gemeinsamen Grenzen, Bedacht zu nehmen.

(2) Ziele der örtlichen Raumordnung sind

insbesondere:

a) die ausgewogene Anordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse des Schutzes des Landschaftsbildes, der Sicherung vor Naturgefahren, der verkehrsmäßigen Erschließung, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, der Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser-, Löschwasser- und Energieversorgung, zur Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung sowie der Schaffung sonstiger infrastruktureller Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen und dergleichen;

b) die Sicherung ausreichender Baulandflächen zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung und für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft;

c) die weitestmögliche Vermeidung von Nutzungskonflikten und wechselseitigen Beeinträchtigungen beim Zusammentreffen verschiedener Baulandwidmungen;

d) die Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz;

e) die Vorsorge für eine zweckmäßige und

bodensparende, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfordernisse des Schutzes des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes abgestimmte Bebauung und verkehrsmäßige Erschließung der bebauten und zu bebauenden Gebiete und Grundflächen;

f) die Vorsorge für eine ausreichende und

einwandfreie Wasser- und Löschwasserversorgung und eine geordnete Abwasserbeseitigung;

g) die Erhaltung zusammenhängender land- und forstwirtschaftlich nutzbarer Gebiete;

h) die Erhaltung ökologisch besonders wertvoller

Flächen und die Bewahrung erhaltenswerter natürlicher oder naturnaher Landschaftselemente und Landschaftsteile;

i) die Erhaltung zusammenhängender Erholungsräume;

j) die Sicherung geeigneter Grundflächen für Einrichtungen des Gemeinbedarfs;

k) die Schaffung der erforderlichen Verkehrsflächen der Gemeinde unter weitestmöglicher Vermeidung von nachteiligen Auswirkungen des Verkehrs auf die Bevölkerung und die Umwelt;

l) die Bewahrung erhaltenswerter Orts- und Straßenbilder sowie erhaltenswerter Gebäudegruppen.

§28

Bestandsaufnahme

(1) Die Gemeinde hat die für die örtliche Raumordnung bedeutsamen Gegebenheiten und deren voraussehbare Veränderungen zu erheben und in einer Bestandsaufnahme festzuhalten. Dabei sind der Gemeinde zur Verfügung stehende Erhebungen in anderen Bereichen, wie beispielsweise Erhebungen im Zusammenhang mit der Erstellung, Entwicklung und Anpassung des örtlichen Tourismusleitbildes und der Dorferneuerung, so weit wie möglich heranzuziehen. Die Bestandsaufnahme ist regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen.

(2) Die Bestandsaufnahme hat jedenfalls die Gebiete und Grundflächen, die durch Lawinen, Hochwasser, Wildbäche, Steinschlag, Erdrutsch und andere Naturgefahren gefährdet sind, sowie das Ausmaß der Gefährdung zu umfassen. Die Gefahrensituation ist so weit wie möglich auf Grund bestehender Gefahrenzonenpläne zu erheben.

(3) Für jene Gebiete, die auf Grund ihrer natürlichen Beschaffenheit und Lage für die Widmung als Bauland in Betracht kommen, hat die Bestandsaufnahme jedenfalls zu umfassen:

a) die bestehenden überörtlichen Anlagen sowie jene überörtlichen Anlagen, für die rechtsverbindliche Planungen bestehen, einschließlich allfälliger Schutz- oder Sicherheitsbereiche; überörtliche Anlagen sind insbesondere Bundes- und Landesstraßen, Eisenbahnanlagen, Flugplätze, Versorgungs- und Entsorgungsleitungen von überörtlicher Bedeutung, Abfallbehandlungsanlagen und Deponien, Abwasserreinigungsanlagen, Bergbauanlagen, militärische Anlagen;

b) die Gebiete, Grundflächen und Objekte, für die gesetzliche Nutzungsbeschränkungen bestehen, wie öffentliche Gewässer, Wasserschutz- und Wasserschongebiete, Überschwemmungsgebiete, unter besonderem Naturschutz stehende Gebiete, Naturdenkmäler, denkmalgeschützte Objekte, militärische Sperrgebiete und dergleichen;

c) die Gebäude und sonstigen Anlagen, die

öffentlichen Zwecken dienen;

d) die Gebiete und Grundflächen, für die in Raumordnungsprogrammen bestimmte Maßnahmen festgelegt sind;

e) die Gebiete mit erhaltenswerten Orts- und Straßenbildern sowie erhaltenswerten Gebäudegruppen;

f) die Gebiete mit einem überwiegend sanierungsbedürftigen Baubestand.

§29

Planungsinstrumente

(1) Jede Gemeinde hat durch Verordnung ein örtliches Raumordnungskonzept, einen Flächenwidmungsplan, allgemeine Bebauungspläne und ergänzende Bebauungspläne zu erlassen. [...]

(2) Das örtliche Raumordnungskonzept besteht aus

Karten und Plänen samt Planzeichenerläuterung und aus ergänzenden textlichen Festlegungen. Der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne bestehen aus Plänen samt Planzeichenerläuterung und aus ergänzenden textlichen Festlegungen. Dem Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplänen ist eine Blattschnittübersicht anzuschließen. Dieser kommt keine verbindliche Wirkung zu.

(3) Die Erstellung der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne kann in zeichnerischer (analoger) oder in digitaler Form erfolgen. Soweit für das jeweilige Planungsgebiet die digitale Katastralmappe der Vermessungsämter 118 Stück 11, Nr. 21 vorliegt, sind diese Planungsinstrumente digital zu erstellen.

(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Erstellung, die Form und den Maßstab der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne zu erlassen. Dabei sind insbesondere die zu verwendenden Karten und Pläne und die darin zu verwendenden Planzeichen zu regeln.

(5) Für die Ausarbeitung des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne dürfen nur herangezogen werden:

a) staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker und Technische Büros im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnis;

b) Bedienstete von Gemeinden, die eine den nach lita Befugten vergleichbare fachliche Qualifikation aufweisen, im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit.

[...]

2. Abschnitt

Örtliches Raumordnungskonzept

§31

Inhalt

(1) Im örtlichen Raumordnungskonzept sind unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme grundsätzliche Festlegungen über die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung zu treffen. Jedenfalls sind festzulegen:

a) die Gebiete und Grundflächen, die insbesondere im Interesse der Ziele der örtlichen Raumordnung nach § 27 Abs 2 litg, h und i von einer diesen Zielen widersprechenden Bebauung oder von jeglicher Bebauung mit Ausnahme der nach § 41 Abs 2 und § 42 im Freiland zulässigen Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen freizuhalten sind;

b) die angestrebte Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung in der Gemeinde unter Bedachtnahme auf den vorhandenen Siedlungsraum;

c) die angestrebte wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftszweige und Betriebsformen mit erheblichen Auswirkungen auf die sonstige Entwicklung der Gemeinde, insbesondere der Tourismuswirtschaft sowie der Großformen von Handel, Gewerbe und Industrie;

d) das Ausmaß und die großräumige Anordnung des im Hinblick auf die Festlegungen nach litb und c zur Befriedigung des Wohnbedarfes und für Zwecke der Wirtschaft erforderlichen Baulandes;

e) die zeitliche Abfolge der Widmung des nach litd erforderlichen Baulandes sowie dessen Aufteilung auf die verschiedenen Baulandwidmungen;

f) die Grundzüge der Gliederung des Baulandes, insbesondere hinsichtlich der Intensität der Bebauung und der Erhaltung von unbebauten Flächen im Bereich des Baulandes;

g) die erforderlichen Verkehrsflächen und ihre großräumige Führung;

h) die erforderlichen Einrichtungen zur Wasser-, Löschwasser- und Energieversorgung und zur Abwasserbeseitigung;

i) die erforderlichen Bildungseinrichtungen sowie sozialen, kulturellen und sportlichen Einrichtungen;

j) die Maßnahmen zum Schutz bzw. zur Sanierung von Gebieten nach § 28 Abs 3 lite und f.

(2) Das örtliche Raumordnungskonzept ist, sofern

nicht auf Grund besonderer Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde ein kürzerer Planungszeitraum zweckmäßiger ist, jeweils auf einen Planungszeitraum von zehn Jahren auszurichten und fortzuschreiben. Der Bürgermeister hat dem Gemeinderat alle zehn Jahre, wenn jedoch die räumliche Entwicklung der Gemeinde eine vorzeitige Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzeptes erfordert, entsprechend früher einen Bericht über die Verwirklichung der Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes vorzulegen. Der Bericht ist weiters der Landesregierung mitzuteilen.

(3) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Inhalt des örtlichen Raumordnungskonzeptes zu erlassen.

[...]

V. TEIL

Schluß- und Übergangsbestimmungen, Inkrafttreten

[...]

§108

Raumordnungskonzepte, bestehende Flächenwidmungspläne, anhängige Verfahren

(1) Jede Gemeinde hat bis zum ein örtliches Raumordnungskonzept zu beschließen und der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorzulegen. Jede Gemeinde hat weiters innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des örtlichen Raumordnungskonzeptes den Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder den bestehenden Flächenwidmungsplan zu ändern, soweit dies zur Vermeidung von Widersprüchen zu den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz und zu den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes erforderlich ist. In den Fällen der §§112 und 113 hat die Gemeinde innerhalb dieser Frist einen Flächenwidmungsplan erstmalig zu erlassen.

[...]"

2. § 32 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001

(TROG 2001), LGBl. 93 (dabei handelt es sich um eine Wiederverlautbarung des TROG 1997; diese galt im Zeitpunkt des Beschlusses der Änderung des öRk im Gemeinderat) lautete:

"§32

Änderung

(1) Das örtliche Raumordnungskonzept ist zu ändern, soweit dies

a) durch eine Änderung der dem örtlichen Raumordnungskonzept zugrunde liegenden Gegebenheiten im Hinblick auf die Ziele der örtlichen Raumordnung,

b) aufgrund von Raumordnungsprogrammen oder anderen vorrangigen raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen des Landes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen oder

c) aufgrund von gemeinschaftsrechtlichen

Verpflichtungen Österreichs im Rahmen der Europäischen Union oder aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung raumbedeutsamer Planungen oder Maßnahmen des Bundes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen erforderlich ist.

(2) Das örtliche Raumordnungskonzept darf geändert werden, wenn wichtige im öffentlichen Interesse gelegene Gründe hiefür vorliegen und die Änderung den Zielen der örtlichen Raumordnung nicht widerspricht."

3. Die Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , mit der nähere Bestimmungen über die Bestandsaufnahme sowie über den Inhalt des örtlichen Raumordnungskonzeptes erlassen werden, LGBl. 122, lautet auszugsweise:

"§1

Allgemeines

(1) Jede Gemeinde hat durch Verordnung ein örtliches Raumordnungskonzept zu erlassen.

(2) Im örtlichen Raumordnungskonzept sind unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme grundsätzliche Festlegungen über die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung nach § 27 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 zu treffen.

(3) Das örtliche Raumordnungskonzept ist, sofern

nicht auf Grund besonderer Verhältnisse in der betreffenden Gemeinde ein kürzerer Planungszeitraum zweckmäßiger ist, jeweils auf einen Zeitraum von zehn Jahren auszurichten und fortzuschreiben.

(4) Das örtliche Raumordnungskonzept besteht aus

Plänen samt Planzeichenerklärung und den erforderlichen ergänzenden textlichen Festlegungen.

[...]

§3

Örtliches Raumordnungskonzept

Ausgehend von den auf Grund der Bestandsaufnahme feststehenden raumplanerischen Gegebenheiten einschließlich allfälliger besonderer Stärken, Defizite und Konfliktsituationen sind im örtlichen Raumordnungskonzept unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung im Sinne des § 27 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 grundsätzliche Festlegungen über die räumliche Entwicklung der Gemeinde zu treffen, die die Grundlage für die Überarbeitung oder Neuerlassung des Flächenwidmungsplanes und die weitere Flächenwidmungsplanung und für die Bebauungspläne bilden. Das örtliche Raumordnungskonzept hat jedenfalls zu enthalten:

a) die Gebiete und Grundflächen, die im Interesse der Erhaltung zusammenhängender land- und forstwirtschaftlich nutzbarer Flächen, ökologisch besonders wertvoller Flächen, natürlicher und naturnaher Landschaftsteile sowie zusammenhängender Erholungsräume von einer diesen Zielen widersprechenden Bebauung oder von jeglicher Bebauung mit Ausnahme der nach § 41 Abs 2 und 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 im Freiland zulässigen Gebäude oder sonstigen baulichen Anlagen freizuhalten sind;

b) die anzustrebende Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung unter Bedachtnahme auf den vorhandenen Siedlungsraum, und zwar getrennt nach dem Baulandbedarf der ortsansässigen Bevölkerung und dem Baulandbedarf auf Grund von Zuwanderungen;

c) die anzustrebende Wirtschaftsentwicklung unter Berücksichtigung der bestehenden Wirtschaftszweige und Betriebsformen; geeignete Betriebsstandorte im Hinblick auf deren infrastrukturelle Ausstattung und Versorgung; zulässige Großformen des Handels und des Tourismus; weiters Lösungsmöglichkeiten und Entscheidungserfordernisse bezüglich erkannter Konflikte;

d) das Ausmaß des für den Wohnbedarf der Bevölkerung und für Zwecke der Wirtschaft benötigten Baulandes; die großräumige Anordnung des Baulandes, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Verkehrserfordernisse einschließlich der Möglichkeiten zur Einbindung in das öffentliche Verkehrsnetz; bevorzugte Siedlungsentwicklungen im zentralen Siedlungsraum der Hauptorte; sonstige Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung, insbesondere auch im Bereich von Ortschaften und Weilern;

e) spezielle Maßnahmen zur Sicherung ausreichender Flächen für den Wohnbedarf und für Zwecke der Wirtschaft unter Berücksichtigung des Zieles der örtlichen Raumordnung nach § 27 Abs 2 litd des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, insbesondere die Ausweisung von Vorbehaltsflächen und Maßnahmen der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten nach § 33 Abs 1 und 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994;

f) allfällige Möglichkeiten der Baulandausweisung

unter Berücksichtigung vorhandener nutzbarer Energiepotentiale, insbesondere von lokalen Energieressourcen, wie Biomasse, Sonnenenergie und dergleichen;

g) allfällige Gebiete, deren Verbauung im Hinblick auf die fehlenden oder unzureichenden erschließungsmäßigen und infrastrukturellen Voraussetzungen bis auf weiteres nicht in Betracht kommt;

h) einen Zeitplan für die fortschreitende Erstellung der Bebauungspläne unter Berücksichtigung des konkreten Baulandbedarfes und der finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde zur Schaffung der erschließungsmäßigen und infrastrukturellen Voraussetzungen; Gebiete, in denen eine Baulandumlegung erforderlich ist;

i) die Möglichkeiten zur Nutzung der bestehenden Bausubstanz, insbesondere auch abgewohnter und leerstehender Gebäude, sowie zur Schließung von Baulücken bei gleichzeitiger Erhaltung von Grünflächen im Siedlungsbereich; die Intensität der Bebauung im Bereich des Baulandes, wie etwa die Verbauung mit Einzelhäusern, mit Wohnbauten in verdichteter Flachbauweise oder mit Mehrgeschoßwohnbauten, unter Beachtung des Grundsatzes des Bodensparens;

j) Vorschläge zur Lösung allfälliger Verkehrsprobleme im bestehenden Bauland; Maßnahmen zur äußeren und inneren Verkehrserschließung des künftigen Baulandes;

k) Hinweise zur Realisierung und Finanzierung von Projekten für Trink- und Löschwasserversorgungsanlagen, für Abwasserbeseitigungsanlagen, für Energieversorgungsanlagen sowie für Schutzbauten gegen Naturgefahren;

l) die erforderlichen öffentlichen sozialen,

kulturellen und sportlichen Einrichtungen, die Maßnahmen zur Sicherung von Flächen für diese Einrichtungen sowie die Möglichkeiten der Modernisierung und Ergänzung bestehender Einrichtungen auf diesen Gebieten;

m) Vorschläge für geschützte Zonen nach dem Stadtkern- und Ortsbildschutzgesetz ausgehend von Bereichen mit besonders erhaltenswerten Orts- und Straßenbildern und Gebäudegruppen."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des von Amts wegen eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahrens

Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss zu V36/09 davon ausgegangen, dass der Individualantrag zulässig ist und er die in Prüfung gezogenen (textlichen und planlichen) Bestimmungen des öRk bei der Prüfung des bekämpften Flächenwidmungsplanes anzuwenden hat. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen diese vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes sprechen würden.

Zum Prüfungsumfang ist zu bemerken, dass der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung sowohl in amtswegig eingeleiteten Prüfungsverfahren als auch in entsprechenden Antragsverfahren betreffend Flächenwidmungs- und Bebauungspläne auf Grund der parzellenscharfen Festlegungen den Standpunkt eingenommen hat, dass nur der das Grundstück des Ausgangsverfahrens umfassende engste planlich abgrenzbare Bereich als präjudiziell anzunehmen ist (vgl. VfSlg. 18.800/2009 und 19.244/2010). Im Hinblick auf den grundsätzlichen Charakter des öRK in Tirol ist es schon auf dieser Ebene geboten, vorhandene größere Zusammenhänge als untrennbar anzusehen, zumal die grundlegenden Festlegungen sich in ihrer Gesamtheit jeweils auf die einzelnen Flächen auswirken. Daher haben sich auch die Annahmen im Prüfungsbeschluss zum untrennbaren Zusammenhang aller Zeitzonenfestlegungen im Konzeptplan bzw. des gesamten § 8 Abs 2 öRK als zutreffend erwiesen.

Das von Amts wegen eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren ist daher im vollen Umfang zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die Tiroler Landesregierung hielt den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in mehrfacher Hinsicht zusammengefasst entgegen, dass diese sich bei einer Interpretation anhand der Bestandsaufnahme entkräften lassen würden.

Dazu ist zunächst allgemein festzuhalten, dass zwar die Bestandsaufnahme selbstverständlich Material darstellt, das zur historischen Interpretation des öRk heranzuziehen ist. Diese Argumentation vermag aber deshalb nicht zu überzeugen, weil die in Rede stehenden Bestimmungen unmissverständliche Anordnungen treffen, die keine Zweifel offen lassen. Dies ergibt sich sowohl aus der Formulierung der einzelnen Bestimmungen wie auch aus den systematischen Zusammenhängen im öRk. Weiters ist es zutreffend, dass sich jedenfalls aus den in der Bestandsaufnahme dargestellten Zahlen und den darauf beruhenden Berechnungen - deren Richtigkeit und Schlüssigkeit weder der Verfassungsgerichtshof noch die Verfahrensbeteiligten in Frage gestellt haben - ein Baulandüberhang ergibt.

2.2. Die Tiroler Landesregierung hält den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zum zweiten, vierten und fünften Satz des § 2 litc öRk entgegen, dass diese Bestimmungen sehr allgemein formuliert seien und sich schließlich aus den planlichen Festlegungen ergebe, dass abgesehen von vereinzelten Durchbrechungen im öRk keine nach dem im Erlassungszeitpunkt geltenden Flächenwidmungsplan als Freiland gewidmete Bereiche als Bauland gewidmet worden seien, also die Baulandgrenzen nicht ins bisherige Freiland hinein ausgedehnt worden seien.

Auch wenn Letzteres zutrifft, hält es der Verfassungsgerichtshof zur Entkräftung der Bedenken nicht für hinreichend: § 2 litc öRk würde im Hinblick auf die Aufhebung der Zeitzonenfestlegung (unten 2.6.) für das Grundstück bei der Festlegung der Widmung im Flächenwidmungsplan unmittelbar anwendbar, wäre also gerade nicht mehr durch eine Zeitzonenfestlegung "überlagert" (womit im Prüfungsbeschluss auch die Präjudizialität der drei Sätze begründet wurde). Auf Grund des durch die drei Sätze vermittelten Eindrucks eines Baulandmangels wäre dadurch dem Verordnungsgeber des Flächenwidmungsplanes nahe gelegt, bestehende Baulandwidmungen jedenfalls beizubehalten. Dass die Bestandsaufnahme zum genau gegenteiligen Ergebnis kommt, vermag im Hinblick auf die unmissverständlichen Bestimmungen der Verordnung daran nichts zu ändern. Das öRk verstößt mit einer derartigen normativen Festlegung, mag sie auch allgemein gehalten sein, gegen das Gebot des § 31 Abs 1 erster Satz TROG 1997, die Bestandsaufnahme bei der Erstellung des örtlichen Raumordnungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes zu berücksichtigen.

2.3. Den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf § 4 Abs 2 und 4 öRk hält die Tiroler Landesregierung zunächst entgegen, dass mit dem gewidmeten Bauland in Abs 4 nicht das gesamte gewidmete Bauland gemeint sei, sondern nur der Baulandüberhang, also das nicht für die bauliche Entwicklung im Planungszeitraum benötigte Bauland.

Gerade das ordnet § 4 Abs 2 und 4 öRK aber nicht an. Vielmehr stellt diese Bestimmung unmissverständlich auf das gesamte gewidmete Bauland ab.

2.4. Die vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss angenommenen Widersprüche innerhalb des öRk im Hinblick auf die Frage, ob bisher als Bauland gewidmete Grundstücke rückzuwidmen seien, die insbesondere innerhalb des § 4 und zwischen § 4 Abs 4 und § 8 Abs 2 öRk zutage treten, versucht die Tiroler Landesregierung mit der Entstehungsgeschichte des öRk zu erklären. In der Stammfassung seien - im Einklang mit der Bestandsaufnahme - keine Rückwidmungen vorgesehen gewesen. Diese seien erst durch die Novellierung im Jahr 2005 ermöglicht worden, der Widerspruch sei nach der lex-posterior-Regel aufzulösen.

Diese Argumentation ist aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofes schon deshalb nicht überzeugend, weil entgegen der Auffassung der Landesregierung der bereits in der Stammfassung enthaltene und bei der Novelle 2005 unverändert belassene § 8 Abs 2 litb öRk Rückwidmungen im Flächenwidmungsplan ausdrücklich geboten hat, während der im gleichen Zeitpunkt erlassene § 4 Abs 4 öRk diese - wie auch die Landesregierung einräumt - explizit ausgeschlossen hat. Bei dieser Rechtslage können die mit dem Beschluss vom neu in das öRk eingefügten Absätze nicht als materielle Derogation des Rückwidmungen ausschließenden Halbsatzes in § 4 Abs 4 öRk sondern nur als Präzisierung des § 8 Abs 2 öRK verstanden werden, zumal den Materialien dieser Novelle (dazu sogleich näher bei 2.5.) eine Derogationsabsicht nicht entnommen werden kann.

Damit können die Widersprüche innerhalb der

textlichen Festlegungen des öRK - einmal ein Ausschluss von Rückwidmungen, einmal ihre ausdrückliche Anordnung - nicht aufgelöst werden. Derart widersprüchliche Regelungen sind keine Festlegungen über die geordnete räumliche Entwicklung im Sinne des § 31 Abs 1 TROG 1997 und daher gesetzwidrig.

2.5. Als Motiv der öRk-Novelle im Jahr 2004 lässt

sich dem von der Gemeinde Leisach vorgelegten Akt, konkret dem Auszug aus der Niederschrift der Gemeinderatssitzung vom sowie dem vorangegangenen Schriftverkehr nur der Wunsch nach einer gewissen "Flexibilisierung" der Baulandgrenzen im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Bauhofes der Gemeinde auf einem Grundstück außerhalb der Baulandgrenzen entnehmen, der im - keinen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden - § 4 Abs 5 öRk seinen Niederschlag gefunden hat. Ansonsten ist in der Niederschrift lediglich festgehalten, dass bei einem Gespräch mit Vertretern der Abteilung Raumordnung im Amt der Tiroler Landesregierung im Zuge der Auflage des neuen Flächenwidmungsplanes "auf die Vorteile bei einer Änderung des Verordnungstextes des rechtskräftigen Raumordnungskonzeptes der Gemeinde Leisach in einigen Punkten hingewiesen wurde". Die Novelle sei "nach einiger Diskussion", deren Inhalt in der Niederschrift jedoch nicht wiedergegeben ist, beschlossen worden.

Bei dieser Sachlage kann nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes nicht davon ausgegangen werden, dass die öRk-Novelle 2004 lediglich der Beseitigung einer Gesetzwidrigkeit der Stammfassung des öRk diente, die nach dem von der Tiroler Landesregierung ins Treffen geführten Erkenntnis VfSlg. 12.555/1990 auch ohne Vorliegen eines gesetzlichen Änderungstatbestandes des § 32 TROG 2001 zulässig gewesen wäre und zu der es nach den bisherigen Erwägungen auch nicht gekommen ist. Ein solches Ziel des Verordnungsgebers müsste - wie jede Entscheidungsgrundlage raumordnungsrechtlicher Planungsakte, vgl. VfSlg. 17.571/2005 mwH - aus den Materialien erkennbar sein. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass ein von der Gemeinde eingeholtes Gutachten eines Ziviltechnikers, das im Übrigen lediglich die Bauhoferweiterung behandelt, vom stammt, also erst zwei Monate nach dem Beschluss erstellt wurde. Somit sind § 4 Abs 6 und 7 öRk schon mangels des Vorliegens eines Änderungstatbestandes gesetzwidrig.

2.6. Im Hinblick auf das im Prüfungsbeschluss

vermutete Fehlen einer Interessenabwägung hinsichtlich der konkreten Zeitzonenfestlegung "z3" für das Grundstück im Konzeptplan des öRk vermag die Tiroler Landesregierung die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes schon deshalb nicht zu widerlegen, weil sie von der unrichtigen Annahme ausgeht, die Rückwidmung sei erst durch die öRk-Novelle 2004 ermöglicht worden. In der Folge leitet die Landesregierung daraus, gestützt auf ihre oben unter 2.5. für den vorliegenden Fall als nicht zutreffend erkannte Rechtsauffassung, ab, dass eine Interessenabwägung nicht erforderlich sei.

Davon kann aber keine Rede sein. Die Zeitzonenfestlegung sowie die daraus resultierende Konsequenz der Rückwidmung für z2- und z3-Grundstücke (§8 Abs 2 litb öRk) waren bereits - wenn auch wie oben ausführlich dargelegt im Widerspruch zu § 4 Abs 4 öRk, woran die Novelle aber nichts geändert hat - in der Stammfassung enthalten. Auch wenn es zutreffen mag, dass im Hinblick auf den jedenfalls nicht zwingend dauerhaften Charakter der Rückwidmungsverpflichtung der dadurch bewirkte Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht (Art5 StGG) nicht dieselbe Tiefe erreicht wie im Falle einer gänzlich auf unbestimmte Zeit angelegten Widmung, so ist doch schon auf Ebene des öRk eine Interessenabwägung durchzuführen, wenn das öRk eine bestimmte Widmung zwingend festlegt.

Im Übrigen muss, wie schon im Prüfungsbeschluss

betont, eine sachliche Auswahl der - wenn auch nicht unbedingt dauerhaft - zur Rückwidmung vorgesehenen Grundstücke vorgenommen werden. Hinzuweisen ist auch darauf, dass bei den mit "z3" versehenen Grundstücken das öRK zwar die Verpflichtung zur Widmung als Freiland im Flächenwidmungsplan begründet, eine (neuerliche) Widmung als Bauland aber (anders als bei z2-Grundstücken) nach dem öRk nicht notwendigerweise erfolgen muss. Die - zunächst zwingende - Widmung solcher Grundstücke als Freiland ist also vom Standpunkt des öRk gesehen durchaus auf unbestimmte Zeit angelegt.

Auch im amtswegig eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren haben sich weder Anhaltspunkte für die Durchführung einer Interessenabwägung noch für eine Festlegung der Zeitzonen nach sachlichen Kriterien durch den Verordnungsgeber ergeben. Ein Konzept für die Auswahl der mit "z3" versehenen Grundstücke ist - insbesondere aus der Bestandsaufnahme - nicht erkennbar. Daher ist die konkrete "z3"-Festlegung gesetzwidrig.

2.7. Auf die zusätzlichen Bedenken im Prüfungsbeschluss im Hinblick auf § 8 Abs 2 öRk (mögliche Determinierung des Flächenwidmungsplanes durch das öRK in überschießendem Ausmaß) braucht nicht mehr eingegangen zu werden, weil sich die Gesetzwidrigkeit des § 8 Abs 2 öRk bereits aus den Erwägungen in Pkt. 2.4. ergibt.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Das zulässige amtswegige

Verordnungsprüfungsverfahren hat die Gesetzwidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des öRk ergeben. Diese waren daher aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Tiroler Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 litk Tir. Landes-Verlautbarungsgesetz, LGBl. 8/1982 idF

LGBl. 60/2011.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.