VfGH vom 15.03.2012, V26/11

VfGH vom 15.03.2012, V26/11

Sammlungsnummer

19634

Leitsatz

Abweisung von Gerichtsanträgen auf Aufhebung von Bestimmungen der Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 der Energie-Control Kommission idF der Novellen 2010 und 2011 betreffend den Netznutzungstarif im Bereich Tirol; keine Unsachlichkeit der Neutarifierung; kein Verstoß gegen den Vertrauensschutz

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit den Anträgen vom begehrt das Landesgericht Innsbruck gemäß Art 139 Abs 1 iVm Art 89 Abs 2 B-VG, der Verfassungsgerichtshof möge erstens aussprechen, dass näher bezeichnete Bestimmungen der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Tarife für die Systemnutzung in der Gaswirtschaft bestimmt werden (Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008, GSNT-VO 2008), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 21 vom , in der Fassung der Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 - Novelle 2010 (GSNT-VO 2008-Novelle 2010), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 vom , gesetzwidrig waren. Weiters möge der Verfassungsgerichtshof näher bezeichnete Bestimmungen der GSNT-VO 2008, verlautbart im Amtsblatt der Wiener Zeitung Nr. 21 vom , in der Fassung der Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008, Novelle 2011 (GSNT-VO 2008-Novelle 2011), verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 vom , als gesetzwidrig aufheben.

2. Die vor dem antragstellenden Gericht klagenden

Parteien (zwei konzernverbundene Industrieunternehmen) sind als Endverbraucher im Sinne des § 6 Z 23 des Bundesgesetzes, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz - GWG), BGBl. I 121/2000, zwischenzeitig aufgehoben durch BGBl. I 107/2011, an die Netzebene 2 (NE 2) des Verteilergebietes der beklagten Partei (TIGAS-Erdgas Tirol GmbH), eines Verteilerunternehmens (§6 Z 16 GWG) und einer Netzbetreiberin (§6 Z 33 GWG) im Netzbereich Tirol angeschlossen und beziehen Erdgas aus ihrem Netz. Hiefür schreibt die beklagte Partei regelmäßig die Zahlung eines Netznutzungsentgelts im Sinne der §§23 Abs 1 Z 1, 23a GWG iVm der jeweils geltenden Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung (GSNT-VO) vor.

Gemäß § 5 Abs 8 Z 1 litg der GSNT-VO 2008-Novelle 2010 wurde der Systemnutzungstarif im Bereich Tirol in den Zonen A bis F der Netzebene 2 gegenüber dem Tarif des Vorjahres merklich erhöht. Die klagenden Parteien entrichteten den dadurch bei der Erstklägerin um ca. € 208.500,- und bei der Zweitklägerin um ca. € 533.700,- erhöhten Tarif nur unter Vorbehalt der Rückforderung, weil die Vorschreibungen ihrer Ansicht nach auf einer gesetzwidrigen Verordnung beruhen. Ihre an die Energie-Control Kommission (ECK) gerichteten Anträge auf Einleitung eines Streitschlichtungsverfahrens gemäß § 21 Abs 2 GWG iVm § 16 Abs 1 E-RBG und auf Rückzahlung der aufgrund der GSNT-VO 2008-Novelle 2010 entrichteten Netznutzungsentgelte wurden von der ECK mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen, sie sei nicht zur Wahrnehmung der Gesetzwidrigkeit von Verordnungen berufen. Mit Klage vom beim Landesgericht Innsbruck begehren die klagenden Parteien daraufhin die Rückzahlung aller unter Vorbehalt geleisteter Netznutzungsentgelte und die Feststellung, dass sie künftig nicht mehr verpflichtet seien, der beklagten Partei ein Netznutzungsentgelt gemäß § 5 Abs 8 Z 1 litg GSNT-VO 2008-Novelle 2010 zu zahlen.

3. Das antragstellende Landesgericht Innsbruck

begehrt in seinen zu V26/11 und V42/11 protokollierten Verordnungsprüfungsanträgen gemäß Art 139 Abs 1 iVm Art 89 Abs 2

B-VG,

* erstens: Der Verfassungsgerichtshof möge

aussprechen, dass folgende Bestimmungen der GSNT-VO 2008-Novelle 2010, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 vom , gesetzwidrig waren:

[...] "§5 Abs 8 Z 1 litg der GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2010, GSNTVO 2008-Novelle 2010), ZL. K SNT G 001-043 und 45/09, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am [...]

in eventu

[...] in § 5 Abs 8 Z 1 litg der GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2010, GSNT28 VO 2008-Novelle 2010),

ZL. K SNT G 001-043 und 45/09, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am die Wort- und Zahlenfolge

Verbrauch [kWh/a] Arbeitspreis [Cent/kWh]

0 - 5.000.000 Zone A 0,9500

5.000.001 - 10.000.000 Zone B 0,6850

10.000.001 - 100.000.000 Zone C 0,5800

100.000.001 - 200.000.000 Zone D 0,5800

200.000.001 - 900.000.000 Zone E 0,5800

Ab 900.000.001 Zone F 0,5800

[...]

in eventu

[...] § 5 Abs 8 Z 1 litg und § 5 Abs 8 Z 2 litg der GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2010, GSNT-VO 2008-Novelle 2010), ZL. K SNT G 001-043 und 45/09, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am [...]

in eventu

[...] die GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2010, GSNT-VO 2008-Novelle 2010), ZL. K SNT G 001-043 und 45/09, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am [...]"

* zweitens: Der Verfassungsgerichtshof möge folgende Bestimmungen der GSNT-VO 2008-Novelle 2011, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am , als gesetzwidrig aufheben:

[...] "§5 Abs 8 Z 1 litg der GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2011, GSNTVO 2008-Novelle 2011), ZL. K SNT G 001-043 und 45/10, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am [...]

in eventu

[...] in § 5 Abs 8 Z 1 litg der GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2011, GSNTVO 2008-Novelle 2011), ZL. K SNT G 001-043 und 45/10, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am den Passus

Verbrauch [kWh/a] Arbeitspreis [Cent/kWh]

0 - 5.000.000 Zone A 0,9740

5.000.001 - 10.000.000Zone B 0,7023

10.000.001 - 100.000.000 Zone C 0,5947

100.000.001 - 200.000.000 Zone D 0,5947

200.000.001 - 900.000.000 Zone E 0,5947

Ab 900.000.001 Zone F 0,5947

[...]

in eventu

[...] § 5 Abs 8 Z 1 litg und § 5 Abs 8 Z 2 litg der GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2011, GSNT-VO 2008-Novelle 2011), ZL. K SNT G 001-043 und 45/10, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am [...]

in eventu

[...] die GSNT-VO 2008 in der Fassung der Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 (GSNT-VO 2008) geändert wird (Gas-Systemnutzungstarife-verordnung 2008 - Novelle 2011, GSNT-VO 2008-Novelle 2011), ZL. K SNT G 001-043 und 45/10, verlautbart im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 249 am [...]".

4. Das antragstellende Landesgericht gibt zunächst die in der Klage vorgebrachten Bedenken ob der Rechtmäßigkeit der antragsgegenständlichen Bestimmungen der GSNT-VO 2008-Novelle 2010 und der GSNT-VO-Novelle 2011 wie folgt wieder (Zitate ohne die Hervorhebungen im Original):

"3.) Gesetzwidrigkeit der GSNT-VO 2010 - Verstoß

gegen § 23a Abs 2 Satz 1 sowie § 23a Abs 4 und 5 GWG:

Die Vorschreibung des Netznutzungsentgeltes durch die Beklagte beruhe auf der gesetzwidrigen Verordnung GSNT-VO 2010, genauer auf dem gesetzwidrigen § 5 Abs 8 Z 1 litg GSNT-VO.

Konkret sei die GSNT-VO 2010 unter anderem deshalb gesetzwidrig, da der eklatante Anstieg des Netznutzungsentgeltes der NE 2 im Netzbereich Tirol gegenüber den Vorgängerverordnungen nicht mit dem Gesetzestext in Einklang zu bringen sei. Demzufolge sei der Netznutzungstarif kostenorientiert zu bestimmen und habe den Grundsätzen der Kostenverursachung zu entsprechen (vgl § 23a Abs 2 Satz 1 GWG). Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der aufgrund § 5 Abs 8 Z 1 litg GSNT-VO 2010 verordnete Tarif viel zu hoch bemessen sei. Die Kosten für Errichtung, Instandhaltung, Ausbau und Betrieb der NE 2 hätten sich jedoch nicht wesentlich verändert.

Die gesetzlichen Grundlagen seien vielmehr für den Verordnungsgeber gleich geblieben, auch die tatsächlichen Rahmenbedingungen hätten sich nicht geändert: So sei das bestehende Regulierungssystem seit der Vollliberalisierung des Gasmarktes am über Jahre hinweg konstant geblieben und erfahre nun eine die Klägerinnen treffende einzigartige Veränderung, mit der die Klägerinnen weder rechnen hätten müssen, noch können. Die Verordnung verstoße somit in diesem Punkt gegen § 23a Abs 2 GWG.

Ein derartiger Eingriff ins Regulierungssystem, der zudem ohne Übergangsphase erfolgt, sei jedoch dem Verordnungsgeber verwehrt und wäre allenfalls dem Gesetzgeber vorbehalten. Diese Erhöhung auf der NE 2 im Bereich Tirol sei auch österreichweit einzigartig und willkürlich.

Weiters sei mit Erlassung der GSNT-VO 2010 auch

massiv in den Vertrauensschutz der Zweitbeklagten eingegriffen worden. Diese habe im Vertrauen auf das bestehende, seit 10 Jahren unveränderte und stabile Regulierungssystem erhebliche Investitionen in eine Gasturbine zur Stromerzeugung getätigt. Die Wirtschaftlichkeit dieser Investition sei nun durch den eklatanten Anstieg des Gas-Systemnutzungstarifes zunichte gemacht worden; mit einem solchen Eingriff habe die Zweitklägerin allerdings weder rechnen müssen noch können. Dadurch verstoße die GNST-VO 2010 gegen den Gleichheitssatz und somit gegen Art 7 B-VG sowie gegen die Grundrechte auf Eigentumsfreiheit (Art5 StGG) und Erwerbsfreiheit (Art6 StGG).

Das gesetzlich gebotene Verfahren der Kostenwälzung gem. § 23a Abs 4 GWG werde verletzt, da die NE 2 überproportional belastet werde, während die Kunden der NE 3 ungerechtfertigt entlastet würden.

3.1 Die GSNT-VO 2010 widerspreche mangels Änderung tatsächlicher für die Tarifierung relevanter Umstände dem GWG

Die ECK halte in den Erläuterungen zur GSNT-VO 2010 sehr unbestimmt fest, dass sich die Tarife aufgrund der nachhaltigen strukturellen Änderungen der Abnahmesituation auf den einzelnen Netzebenen verändert hätten. Dabei habe sich die Behörde umfassend mit der Kostenzuordnung auf den einzelnen Netzebenen, mit dem Lastverhalten einzelner Industriekunden sowie mit der Ermittlung der Kostenwälzungsparameter auseinandergesetzt. Dazu sei anzumerken, dass sich entgegen der diesbezüglichen pauschalen Behauptung in den Erläuterungen zur GSNT-VO 2010 in Tirol keine strukturellen Veränderungen der Abnahmesituation ergeben hätten. Nach dem Wissen der Klägerinnen seien nur insgesamt drei Abnehmer auf der NE 2 angesiedelt [...]. Die beiden Klägerinnen hätten jedoch [...] in der Vergangenheit [k]eine nachhaltige strukturelle Änderung der Abnahmesituation verursacht oder bedungen, vielmehr ist diese im Netz der Beklagten seit Jahren konstant und unverändert. Bereits aus diesem Grund sei die vorgenommene Tarifänderung unzulässig.

3.2 Preispolitische Beweggründe könnten die Änderung nicht rechtfertigen:

Tatsächlich sei es vielmehr so, dass offenbar das Verteilernetz der Beklagten eine Kostensteigerung erfahren habe, die sich in insgesamt höheren Tarifen in der GSNT-VO 2010 niedergeschlagen habe. Allerdings seien diese höheren Kosten nicht - entsprechend dem GWG und einem gebotenen korrekten Wälzungsverfahren - gleichmäßig auf die NE 2 und 3 verteilt, sondern vielmehr praktisch ausschließlich der NE 2 angelastet worden, um eine Erhöhung der Netztarife für Haushaltskunden auf der NE 3 zu vermeiden. Beabsichtigt sei offenbar eine Entlastung der Haushaltskunden auf Kosten der Industriekunden. Eine solche preispolitische Maßnahme finde jedoch keine Deckung im GWG, das von einer Tarifierung entsprechend der Kostenorientierung und Kostenverursachung ausgehe. Preispolitik sei hier ausdrücklich kein Kriterium (siehe dazu auch unten Punkt 3.3.).

Zudem habe offenbar ein weiterer Kunde der NE 3 Vorbereitungen dafür getroffen, auf die NE 2 zu 'wechseln' [...]. Um dies zu verhindern, sei nun der Tarif auf der NE 2 drastisch erhöht worden. Dadurch werde jedoch unzulässigerweise in die Rechtsposition der Klägerinnen eingegriffen.

Demgegenüber könne zwar argumentiert werden, dass dem Verordnungsgeber bei der konkreten Ausgestaltung der Systemnutzungstarife ein gewisser Spielraum zukomme. So habe der VfGH bereits festgehalten, dass ein rascher Zugriff und die Berücksichtigung vielfältiger örtlicher und zeitlicher Verschiedenheiten für eine sinnvolle und wirksame Regelung wesensnotwendig sein könnten (vgl. VfSlg. 12.564/1990). Dessen ungeachtet bedürfe jedoch jede Tarifänderung stets einer tauglichen sachlichen Rechtfertigung bzw. eines 'sachlichen Grundes' (iS der Entscheidung VfSl[g] 17.517/2005).

Selbst wenn man preispolitische Absichten als einen zulässigen 'sachlichen Grund' akzeptierte (was ausdrücklich bestritten werde), so sei der entsprechende Spielraum im vorliegenden Fall überschritten worden: Es seien ausschließlich drei Kunden von der Tarifänderung betroffen. Es werde nun willkürlich ausschließlich für diese drei Kunden der NE 2 der Tarif unverhältnismäßig erhöht, offenbar nur um weitere Kunden davon abzuhalten, von einem NE-Wechsel im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten Gebrauch zu machen. Das Erdgasnetz der Beklagten werde nun von den Klägerinnen (und den zwei weiteren NE 2-Kunden) zugunsten von all jenen Kunden finanziert und quersubventioniert, die auf der NE 3 angesiedelt seien.

Die Tarifierungsbehörde habe von dem ihr bei der Tarifierung eingeräumten Ermessen nicht mehr gesetzeskonform Gebrauch gemacht, da eine solche Änderung vom GWG weder intendiert noch gedeckt werde und auch dem Gleichheitsgrundsatz des Art 7 B-VG widerspreche.

Der rechtspolitische Spielraum, den die verordnungserlassende Behörde hier genieße, finde seine Grenzen einerseits im Gesetzestext und andererseits in dem Umstand, dass die gegenwärtige Regulierung ein stabiles System auf Basis des Gesetzestextes darstellen müsse.

3.3) GSNT-VO 2010 als Instrument der Wirtschaftslenkung widerspreche dem GWG:

Die wirtschaftslenkende Maßnahme der Behörde sei

zudem unzulässig, da sich das GWG kompetenzrechtlich auf

Artikel 10 Abs 1 Z 8 B-VG stütze, den Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie.'

Nach der als 'Versteinerungstheorie' bezeichneten

stRsp des VfGH (vgl. VfSlg. 17.941/2006) sei der Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes' in dem Sinn zu verstehen, der ihm nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens, dies war der , zugekommen sei. Die Gewerbeordnung 1859 in der Fassung Reichsgesetzblatt Nr. 26 aus 1907 habe in ihrem § 51 für den Kleinverkauf von Artikeln, die zu den notwendigsten Bedürfnissen des täglichen Unterhalts gehörten, sowie für einige weitere Gewerbedienstleistungen, die Festsetzung von Maximaltarifen vorgesehen. Zudem habe § 54 der Gewerbeordnung eine Grundlage für preisrechtliche Regelungen im Rahmen der gewerbepolizeilichen Vorschriften geboten, mit denen etwa den Konzessionswerbern aufgetragen worden sei, der Verleihungsbehörde einen Tarif zur Genehmigung vorzulegen. Mit diesen im Versteinerungszeitpunkt vorgefundenen gewerbepolizeilichen Regelungen hätte somit Missständen begegnet werden sollen, die mit der Ausübung bestimmter Gewerbe ihrer Eigenart wegen verbunden seien. Dies stelle eine ausreichende Deckung für die Preisbestimmungen des Gaswirtschaftsgesetzes dar, soweit es sich auf die Kostenprüfung des § 23a Abs 2 S 1 GWG beziehe (Kostenfestsetzung entsprechend Kostenorientierung und Grundsatz der Kostenverursachung).

Der Verfassungsgerichtshof habe dem bislang auch noch nicht widersprochen (vgl. VfSlg 17.941/2006).

Nicht abgedeckt von Artikel 10 Abs 1 Z 8 B-VG seien

generell jedoch wirtschaftslenkende Regelungen (vgl. Rill, Grundfragen des österreichischen Preisrechts, ÖZW 1974, 97 und 1975, 65 und 97 (1974, 101 f); Morscher, Die Gewerbekompetenz des Bundes (1987) 61 ff, 99 f; Azizi, Wirtschaftssteuerung durch Gewerberecht? Kompetenzrechtliche Erwägungen am Beispiel der Energiepolitik, ÖZW 1984, 3 (8 ff); Korinek, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung, in:

Korinek/Rill (Hrsg.), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982) 83 (89, 91).

In der Entscheidung VfSlg 10.831/1986 habe der Verfassungsgerichtshof zB eine Bestimmung in der Gewerbeordnung betreffend Energiesparen als wirtschaftslenkend beurteilt und daher aufgrund Verfassungswidrigkeit aufgehoben.

Dieser Fall sei mit dem vorliegenden vergleichbar, auch im vorliegenden Fall solle nicht wie bisher eine kostenverursachungsgerechte Verteilung der Tariflast auf Kleinkunden (NE 3) und Großkunden (NE 2) erfolgen, sondern würden explizit Kleinkunden entlastet und zudem eine Ansiedlung von Kunden auf der NE 2 vermieden werden [...]. Diese Vorgangsweise des Verordnungsgebers werde vom Kompetenztatbestand Gewerbe und Industrie jedoch nicht mehr gedeckt, es liege somit eine staatliche Einflussnahme auf den Wirtschaftsablauf auf Betriebsebene vor, was unumstritten Wirtschaftslenkung darstelle (vgl. Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in Raschauer (Hrsg.) Österreichisches Wirtschaftsrecht2, Rz 601). Die ECK unterstelle dem GWG insoweit einen verfassungswidrigen Inhalt, als sie davon ausgehe, das Instrument der Systemnutzungstarifierung als wirtschaftslenkende Maßnahme einsetzen zu können.

In der Literatur werde darüber zudem noch vertreten, dass die vom Verordnungsgeber bereits mit der GSNT-VO 2008 verordnete 'Anreizregulierung', die auch von der GSNT-VO 2010 vorgesehen ist, gesetzwidrig sei: Schließlich beinhalte die GSNT-VO 2010 in ihrem § 6 Abs 4 sowie § 10 klare Zielvorgaben bzw. Produktivitätsabschläge ('Nach der Ermittlung der Kosten werden bei der Bestimmung der Tarife Zielvorgaben zugrunde gelegt ...' 'Bei der Bestimmung der Tarife sind den Verteilerunternehmen Zielvorgaben, welche sich am Einsparungspotential der Unternehmen orientieren, nach Maßgabe der folgenden Absätze aufzuerlegen ...'). Das sei Wirtschaftslenkung und gehe über das Ausmaß (schlicht) gewerbepolizeilicher Regelungen hinaus. Schließlich handle es sich hier auch nicht mehr um 'notwendige Maßnahmen' zur Verwirklichung des liberalisierten Erdgasmarktes iS des bereits genannten VfGH-Erkenntnisses VfSlg. 17.941/2006, das sich auf eine GSNT-VO bezogen habe, die noch keine Anreizregulierung beinhaltet habe. Damit unterstelle der Verordnungsgeber dem § 23a Abs 2 GWG einen verfassungswidrigen Inhalt, da er davon ausgehe, dass das GWG auch zu wirtschaftslenkenden Maßnahmen berechtige, was jedoch nicht der Fall sei. Dementsprechend sei die GSNT-VO 2010 gesetzwidrig (Vgl. P. Oberndorfer, Anreizregulierung, in Hauer (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Energierechts 2009, 40).

Raschauer gehe zudem auch noch davon aus, dass die §§23 ff GWG generell kompetenzlos und damit verfassungswidrig wären, weil jede Preisbestimmung eine wirtschaftslenkende Maßnahme darstelle (Vgl. Raschauer, Staatliche Preisbestimmung im Energierecht, in Hauer (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Energierechts 2002, 117 (124 f); Raschauer, Handbuch Energierecht 216 f).

Dem folgend wäre somit sogar die gesetzliche

Grundlage der GSNT-VO 2010 verfassungswidrig, was umso mehr für die Gesetzwidrigkeit der GSNT-VO 2010 spreche.

Deutlich wird, dass der Verordnungsgeber dem § 23a

Abs2 GWG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstelle, da er davon ausgehe, dass das GWG auch zu wirtschaftslenkenden Maßnahmen berechtige, was jedoch nicht der Fall sei. Dementsprechend sei die GSNT-VO 2010 kompetenzlos und damit gesetzwidrig.

3.4 Verstoß gegen das Kostenwälzungsverfahren und den Grundsatz der Gleichbehandlung (§23a Abs 4 und 5 GWG)

Zur Frage der Kostenwälzung sei noch präzisierend auszuführen, dass die Netzebenen aus der NE 1 (Fernleitungsnetzebene, an die allerdings keine Kunden angeschlossen seien) und der NE 2 (Verteilerleitungen mit einem Druck über 6 bar) sowie der NE 3 (Verteilerleitungen mit einem Druck unter 6 bar) bestehen würden. Mittels des gesetzlich gebotenen Kostenwälzungsverfahren würde bspw ein Teil der Kosten der 'eigenen' Netzebene sowie der übergelagerten Netzebene auf das an die Netzanlagen der NE 2 angeschlossene Endverbraucherkollektiv aufgeteilt (vgl. zum Strombereich Klaus Oberndorfer in Hauer/Oberndorfer, ELWOG, § 25 Rz 44). Andererseits würden die verbleibenden Kosten (anteilige Kosten der überlagerten NE 1 sowie anteilige Kosten der NE 2) auf die unterlagerte NE 3 gewälzt. Der Tarif für die NE 3 bestehe somit aus den Kosten der NE 3 und dem anteiligen Teil der Kosten der übergelagerten NE 1 und NE 2. Daraus ergebe sich, dass je 'tiefer' die Netzebene sei, desto höher daher (aufgrund der steigenden Anzahl der abstrakt nutzbaren Netzebenen) der jeweilige Tarifansatz liegen müsse. Der Tarif auf der NE 2 müsse daher zwangsläufig höher als jener auf der NE 1 sein, der Tarif auf der NE 3 müsse wiederum zwangsläufig höher als jener auf der NE 2 sein.

Bei einer gesetzeskonformen Tarifierung müsste ein Großteil der Kosten des Leitun[g]ssystems aus [sic] die NE 3 fallen. Da dies nicht der Fall sei, werde das Verfahren der Kostenwälzung nicht eingehalten, weshalb die GSNT-VO 2010 gesetzeswidrig sei und dem § 23a Abs 4 GWG widerspreche.

4.) Verstoß gegen Vertrauensschutz:

Der VfGH habe ausgesprochen, dass ein belastender

Eingriff von erheblichem Gewicht und sohin eine Verschlechterung der Rechtslage, auf deren Bestand der Normadressat vertrauen habe können, zur Gleichheitswidrigkeit der Rechtslage führe, sofern nicht besondere Umstände den Eingriff sachlich rechtfertigen würden. Demgemäß werde das Vertrauen in die Rechtsordnung unter bestimmten Voraussetzungen durch den Gleichheitsgrundsatz geschützt [...].

Dieses Vertrauen der Klägerinnen in die Rechtsordnung sei verletzt worden, da der Erdgasmarkt in Österreich seit dem voll liberalisiert sei, an diesem Tag sei das Regulierungsregime des GWG in Kraft getreten. Es sei zu einer Splittung zwischen Netznutzungspreis, der behördlich verordnet ist, und dem Erdgaspreis eines frei wählbaren Erdgasanbieters [gekommen].

In der Vergangenheit seien die NE 2 und NE 3 stets gleichmäßig von einer Erhöhung bzw. einer Senkung des Tarifs betroffen gewesen. Durch die GSNT-VO 2010 habe sich der Netznutzungstarif auf der NE 3 nicht verändert, jener auf der NE 2, der nur die Klägerinnen und 2 weitere Kunden betreffe, sei drastisch erhöht worden.

Die Tariferhöhung treffe die Zweitklägerin deshalb besonders, weil diese im berechtigten Vertrauen auf das bestehende Regulierungssystem erhebliche Investitionen in eine Gasturbine zur Stromerzeugung getätigt habe. Diese Investitionen seien nun weitgehend unrentabel geworden, da der Gasbezug für die Zweitklägerin viel teurer geworden ist.

So habe der VfGH in mehreren Fällen, in denen etwa eine Steuerbehörde von einer über mehrere Jahre vertretenen Rechtsauffassung, an die sich die Steuerpflichtigen in der Folge gehalten haben, ohne triftige Gründe abwich, eine Verletzung von Treu und Glauben festgestellt und erkannt, dass dies ein willkürliches Verhalten der Behörde darstelle und somit in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit eingreife [...]. In einem anderen Fall habe der VfGH die plötzliche Abschaffung der Möglichkeit nach dem Energieförderungsgesetz 1979 gebildete Rücklagen ohne Einschränkung zu verwenden, als Eingriff in den Vertrauensschutz und damit als Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 7 B-VG beurteilt (VfSlg 13.655/1993). Auch das Vertrauen in die aus Verordnungen resultierende Rechtslage sei nach Ansicht des Höchstgerichts unter Umständen geschützt (vgl. VfSlg 12.944/1991; LKW-Nachtfahrverbot). All diese Fälle seien mit dem vorliegenden Fall vergleichbar.

5.) Ein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung liege vor, da zwar auf die Beklagte die gesetzlichen Anforderungen des 'Unbundling' gemäß § 7 GWG aufgrund der Ausnahmebestimmung des § 7 Abs 4 nur teilweise Anwendung finden würden und die Beklagte somit als Netzbetreiberin auch Erdgas verkaufen dürfe, in ihrer Rolle als Netzbetreiberin unterliege sie allerdings dem Diskriminierungsverbot des § 18 GWG: Damit sei es der Beklagten untersagt, jene Personen, die ihre Anlagen nutzen, diskriminierend zu behandeln. [...]

Wenn die Beklagte angebe, dass sie die von ihr

angebotenen Gaspreise in ihrer Funktion als Erdgashändlerin letztendlich an der Höhe der Netznutzungstarife orientiere, so lege dies den Verdacht nahe, dass der Netztarif letztendlich zu hoch sei und der Gaspreis damit subventioniert werde. In diesem Zusammenhang werde auch darauf hingewiesen, dass bei Durchsicht der Geschäftsberichte der Beklagten deutlich werde, dass die Abschreibungen nicht erheblich ansteigen würden, woraus sich ergebe, dass sie keine wesentlichen, neuen Netzinvestitionen tätige.

6.) Mängel im Verordnungserlassungsverfahren

Die gegenständliche Verordnung des Netzverlustentgeltes sei aber auch aus verfahrensrechtlichen Gründen gesetzeswidrig: Der vorgenommene Systemwechsel sei ein willkürlich vorgenommener 'Systembruch', weil die vom VfGH im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung von Systemnutzungstarifen als final determinierte Normen verlangte Sammlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen sowie die Begründung ihrer Entscheidung in diesem Punkt de facto nicht erfolgt sei.

So sei im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zur Erlassung der GSNT-VO 2010 von der ECK nicht erhoben worden, welche bzw. wie viele Kunden in welchem Ausmaß auf der NE 2 im Netzbereich Tirol von der Tariferhöhung betroffen sein würden.

[...]

Der begutachtete Verordnungsentwurf habe eine viel geringere Tarifverschiebung vorgesehen, als dann in der tatsächlichen Verordnung verwirklicht worden sei [...]

Dies sei wesentlich, da § 23d Abs 1 GWG zwingend

vorsehe, die in § 26a E-RBG genannten Körperschaften einzubeziehen, wozu auch die Wirtschaftskammer Österreich und die Industriellenvereinigung zählen würden, in denen die Klägerinnen beide Mitglied seien. Es sei den Klägerinnen dadurch das gesetzlich eingeräumte Recht der Stellungnahme im Begutachtungsverfahren verwehrt worden.

Zudem handelt es sich bei der GSNT-VO 2010 hier im Netzbereich Tirol hinsichtlich der NE 2 um eine sog. verschleierte Verfügung in Verordnungsform: Die als VO erlassene Regelung sei rechtsmissbräuchlich, da sie tatsächlich (strukturell) nur einzelne Rechtsunterworfene treffe, nämlich die drei Kunden des NB Tirol auf der NE 2. Dies sei rechtswidrig (vgl. dazu Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht3, Rz 758 mit Verweis auf VfSlg 15.065/1997 sowie 3859/1960) und es hätten diese drei Kunden jedenfalls in die Begutachtung einbezogen werden müssen. Da hier nur drei Kunden von der GSNT-VO 2010 betroffen seien, unterscheidet sich der vorliegende Fall auch wesentlich von VfSlg 17.087/2003 und 17.941/2006 sowie der diesen Erkenntnissen folgenden Judikatur, die sich immer auf einen generellen Adressatenkreis von Kunden beziehe und nicht auf nur einen individuellen Adressatenkreis von drei (bekannten) Kunden.

Auch aus diesem Grund ist die GSNT-VO 2010 somit gesetzwidrig.

7.) Weitere Grundrechtsverletzungen

7.1) Kein öffentliches Interesse - Verstoß gegen die Unverletzlichkeit des Eigentums

Zudem sei ein Verstoß gegen die Unverletzlichkeit des Eigentums gegeben, da Tarifregelungen wie sie in der GSNT-VO 2010 getroffen würden, stets das Grundrecht der Freiheit des Eigentums (Art5 StGG) tangieren würden. Gesetze oder Verordungen, die privatrechtliche Verträge unmittelbar verändern würden, würden daher in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile eingreifen (vgl. VfSlg 17.817).

Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes kann der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen nur verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt, soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt und nicht unverhältnismäßig ist (vgl. VfSlg. 13.587/1993).

Es liege jedoch weder ein öffentliches Interesse an der mittels der GSNT-VO 2010 erfolgten Tarifänderung vor, noch sei diese sachlich gerechtfertigt. Dadurch werde das Grundrecht der Klägerinnen auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

7.2) Kein öffentliches Interesse - Verstoß gegen das Grundrecht der Erwerbsfreiheit

Ebenso sei das Grundrecht der Erwerbsfreiheit von der Verordnung von Netzverlustentgelten für Einspeiser betroffen. Der gemäß Art 6 Abs 1 StGG gewährte verfassungsrechtliche Schutz der Erwerbsfreiheit schütze jede auf einen wirtschaftlichen Ertrag gerichtete Tätigkeit. Eine solche liege bei der Tätigkeit der Klägerin als Stromerzeugerin unzweifelhaft vor.

[...]

Die Tariferhöhung auf der NE 2 betreffe neben zwei weiteren Kunden ausschließlich die Klägerinnen. Für deren Erwerbstätigkeit sei der Gasbezug erforderlich und stehe ebenfalls fest, dass ein öffentliches Interesse an einer Ungleichbehandlung nicht erkennbar sei, weshalb die GSNT-VO 2010 auch in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit der Klägerin eingreife."

5. In der Folge hält das antragstellende

Landesgericht im Hinblick auf einschlägiges Vorbringen der Klägerinnen im gerichtlichen Verfahren fest, dass sämtliche der angeführten Bedenken gegen die GSNT-VO 2010 auch für die GSNT-VO 2011 gelten würden; durch die Novellierung der GSNT-VO durch die Novelle 2011 habe sich der Streitgegenstand nicht geändert.

6. Nach Wiedergabe der Ausführungen der beklagten

Partei im gerichtlichen Verfahren, die das Vorbringen der Klägerinnen bestreitet, führt das antragstellende Landesgericht schließlich zur anzuwendenden Norm und zur Präjudizialität aus:

"Die Frage, ob § 5 Abs 8 Z 1 litg und Z 2 litg der GSNT-VO 2008 bzw § 5 Abs 8 Z 1 litg und Z 2 litg GSNT-VO 2008-Novelle 2011 als nunmehr geltende Fassung gesetzeswidrige Bestimmungen darstellen, ist für den vorliegenden Rechtsstreit präjudiziell, da die klagenden Parteien sowohl ihr Leistungsals auch ihr Feststellungsbegehren auf die Verletzung von Grundrechten - Gleichheitsgrundsatz, Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, Recht auf Erwerbsfreiheit, Willkürverbot - durch die ihres Erachtens gesetzeswidrige Verordnung stützen."

7. Seine Bedenken formuliert das antragstellende Landesgericht sodann wörtlich folgendermaßen:

"Das Landesgericht Innsbruck schließt sich den von der klagenden Partei vorgetragenen Bedenken, wie sie eingangs zusammengefasst wiedergegeben wurden, an und erachtet es durchaus als möglich, dass die in Rede stehende Verordnung dem GWG widersprechen und damit gesetzwidrig sein könnte, da in der Verordnung in ihrem § 5 Abs 8 Z 1 litg und § 5 Abs 8 Z 2 litg eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gelegen sein könnte."

8. Die Regulierungskommission der E-Control

erstattete am eine Äußerung, in der sie beantragt, die Anträge des Landesgerichts Innsbruck als unbegründet abzuweisen.

8.1. Die Regulierungskommission legt in ihrer

Äußerung zunächst den Verfahrensablauf bei der Erlassung der GSNT-VO 2008-Novelle 2010 dar:

"Die Energie-Control Kommission (in der Folge: ECK) hat in ihrer Sitzung vom beschlossen, ein Verfahren gem. §§23 ff GWG zur Erlassung einer Verordnung für die Festsetzung der Gas-Systemnutzungsentgelte für die TIGAS-Erdgas Tirol GmbH einzuleiten. Die Energie-Control GmbH (ECG) wurde von der ECK beauftragt, Ermittlungen durchzuführen.

Um eine Umsetzung der Neugestaltung der Gas-Systemnutzungstarife unter gleichzeitiger Einbindung der Netzbetreiber sowie von Interessensvertretungen in Übereinstimmung mit § 23d GWG zu gewährleisten, hat die ECK beschlossen, jeweils ein Verfahren gem. §§23 ff GWG zur Erlassung einer Verordnung für die Festsetzung der Gas-Systemnutzungstarife für alle Netzbetreiber Österreichs, sowie gem. § 12f GWG für die Regelzonenführer, einzuleiten.

Der vollständige Verfahrensablauf lässt sich aus dem Verfahrensakt [...] nachverfolgen. Als Überblick werden im Folgenden die wesentlichsten Verfahrensschritte dargestellt.

Mit Schreiben vom wurde die TIGAS

Erdgas Tirol GmbH (TIGAS) von der Einleitung des Verordnungsverfahrens verständigt und aufgefordert, die für das Verfahren notwendigen Daten und Informationen zu übermitteln bzw bereitzuhalten. Dieser Mitteilung folgten noch weitere Schreiben, worin die Antragstellerin aufgefordert wurde, gemäß ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Auskunft und Bekanntgabe von Daten (§8 GWG iVm § 27 E-RBG) Informationen, welche als Entscheidungsgrundlage für die Bestimmung der Systemnutzungs-tarife dienen, zu übermitteln bzw bereitzuhalten.

Die angeforderten und vorgelegten Unterlagen wurden in transparenter Weise aufbereitet und der darüber angefertigte 'Bericht Ermittlungsverfahren' [...] wurde der TIGAS mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht, verbunden mit der Einladung, dazu Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom wurde der TIGAS sowie den Vertretern der in § 26a E-RBG genannten Bundesministerien und Körperschaften der Entwurf der GSNT-VO 2008-Novelle 2010 samt Erläuterungen zur Stellungnahme übermittelt.

Am fand eine prüferische Einschau in den Räumlichkeiten der TIGAS statt.

Am fand eine Anhörung der TIGAS vor der ECK statt.

Schließlich wurden die Berichte der Ermittlungsverfahren sowie der Entwurf der Verordnung samt Erläuterungen dem Erdgasbeirat gemäß den Vorgaben des § 23d GWG zur Begutachtung übermittelt. Am fand die Sitzung des Erdgasbeirats statt. In dieser Sitzung wurden zwei Tarifvarianten für Tirol präsentiert.

Nach Begutachtung durch den Erdgasbeirat und der Erörterung und entsprechenden Berücksichtigung der Ergebnisse der Begutachtung hat die ECK die GSNT-VO 2008-Novelle 2010 und deren Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung in ihrer Sitzung vom beschlossen.

Der Erlassung der Verordnung ging sohin ein äußerst umfangreiches Verfahren voraus, im Zuge dessen die betroffenen Netzbetreiber sowie die in § 23d GWG genannten Bundesministerien und Körperschaften die Möglichkeit hatten, sich zu äußern. Die ECK hat, wie sich aus den dem Verfahrensakt beigeschlossenen Beratungsprotokollen ergibt, die Angelegenheit eingehend beraten. In 23 Sitzungen der ECK war die Festsetzung der Systemnutzungstarife Gegenstand der Tagesordnung. Es erfolgten regelmäßig umfangreiche Beratungen nicht nur im Zusammenhang mit den Stellungnahmen der Netzbetreiber, sondern auch mit den Gutachten, die im Zuge des Verfahrens vorgelegt wurden. Die GSNT-VO 2008-Novelle 2010 stellt somit das Ergebnis eines umfassenden und eingehenden Verfahrens dar."

8.2. Zum Verfahrensablauf bei der Erlassung der GSNT-VO 2008-Novelle 2011 bemerkt die Regulierungskommission:

"Die ECK hat in ihrer Sitzung vom beschlossen, ein Verfahren gem. §§23 ff GWG zur Erlassung einer Verordnung für die Festsetzung der Gas-Systemnutzungsentgelte für die TIGAS-Erdgas Tirol GmbH einzuleiten. Die Energie-Control GmbH (ECG) wurde von der ECK beauftragt, Ermittlungen durchzuführen.

Um eine Umsetzung der Neugestaltung der Gas-Systemnutzungstarife unter gleichzeitiger Einbindung der Netzbetreiber sowie von Interessensvertretungen in Übereinstimmung mit § 23d GWG zu gewährleisten, hat die ECK beschlossen, jeweils ein Verfahren gem. §§23 ff GWG zur Erlassung einer Verordnung für die Festsetzung der Gas-Systemnutzungstarife für alle Netzbetreiber Österreichs, sowie gem. § 12f GWG für die Regelzonenführer, einzuleiten.

Der vollständige Verfahrensablauf lässt sich aus dem Verfahrensakt [...] insb. aus dem 'Bericht Ermittlungsverfahren' [...] nachverfolgen. Als Überblick werden im Folgenden die wesentlichsten Verfahrensschritte dargestellt. [...]

Der Erlassung der Verordnung ging sohin ein äußerst umfangreiches Verfahren voraus, im Zuge dessen die betroffenen Netzbetreiber sowie die in § 23d GWG genannten Bundesministerien und Körperschaften die Möglichkeit hatten, sich zu äußern. Die ECK hat, wie sich aus den dem Verfahrensakt beigeschlossenen Beratungsprotokollen ergibt, die Angelegenheit eingehend beraten. In 18 Sitzungen der ECK war die Festsetzung der Systemnutzungstarife Gegenstand der Tagesordnung. Es erfolgten regelmäßig umfangreiche Beratungen nicht nur im Zusammenhang mit den Stellungnahmen der Netzbetreiber, sondern auch mit den Gutachten, die im Zuge des Verfahrens vorgelegt wurden. Die GSNT-VO 2008-Novelle 2010 stellt somit das Ergebnis eines umfassenden und eingehenden Verfahrens dar."

8.3. Zur Tariferhöhung auf der Netzebene 2 führt die Regulierungskommission dann aus:

"Im Rahmen des Verfahrens [...] brachte die TIGAS vor, dass einige ihrer Netzkunden einen Netzebenenwechsel von Netzebene 3 auf Netzebene 2 planen würden und dieser Umstand aufgrund der großen Tarifspreizung zwischen den Netzebenen zu massiven Erlöseinbußen und damit zu einer Unterdeckung der TIGAS führen würde. Die Be[i]behaltung der Tarifstruktur hätte dazu geführt, dass die Tariferlöse die Kosten der TIGAS nicht mehr gedeckt hätten. Dieses Ergebnis wäre mit den gesetzlichen Grundlagen nicht vereinbar, da durch das Netznutzungsentgelt dem Netzbetreiber gemäß § 23 Abs 2 GWG die Kosten insb. für die Errichtung, den Ausbau, die Instandhaltung und den Betrieb des Netzsystems ersetzt werden müssen.

Die damals teilweise bereits vollzogenen und

teilweise geplanten massiven und nachhaltigen strukturellen Änderungen der Abnahmesituation auf den einzelnen Netzebenen hat die Behörde daher zum Anlass genommen, die Kostenzuordnung auf die entsprechenden Netzebenen, das Lastverhalten einzelner Industriekunden sowie die Kostenwälzungsparameter, welche für die Kostenzuordnung auf die Netzebenen 2 bzw 3 maßgeblich sind, einer vertieften Überprüfung zu unterziehen.

Dabei ist hervorgekommen, dass Teile des Leitungsnetzes der TIGAS, die eigentlich der Netzebene 2 zuzuordnen wären, bisher der Netzebene 3 zugeordnet wurden. Um den Grundsätzen der Kostenverursachungsgerechtigkeit und Kostenorientierung gem. § 23a GWG gerecht zu werden, wurden entsprechende Umgliederungen vorgenommen. Die Umgliederung hat jene Leitungen mit einem Druck von mehr als 6 bar betroffen, die der Netzebene 3 zugeordnet waren. Gem. § 23b Abs 1 Z 2 GWG sind jedoch Verteilerleitungen mit einem Druck größer 6 bar und mit diesen verbundene Netzsteuerungsanlagen und damit auch deren Kosten der Netzebene 2 zuzuordnen. Die Umgliederung hat eine Leitungslänge von 92,2 km betroffen. Die Leitungslängen der Netzebene 2 musste[n] damit um rund 50 % angehoben werden.

Hätte man diese neue Zuordnung nicht durchgeführt, wäre die Tarifspreizung zwischen Netzebene 2 und Netzebene 3 in Tirol noch größer geworden, womit der Netzebenenwechsel von Netzebene 3 auf Netzebene 2 aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch rentabler geworden wäre. In Summe hätte sich aus den Netzebenenwechseln ein 'Schneeballeffekt' mit der Auswirkung ergeben, dass die Netztarife der Netzebene 3 immer höher geworden wären, obwohl die Kostenstruktur der Netzebene 3 keinen Änderungen unterlag, die Netztarife der Netzebene 2 hingegen immer günstiger geworden wären. Dies hätte aber dem Grundsatz der Kostenverursachungsgerechtigkeit gem. § 23a GWG widersprochen, womit eine entsprechende, systemkonforme Umgliederung von Kosten der Netzebene 3 iHv [T]EUR 3.179,9 auf Netzebene 2 vorzunehmen war.

Zu den Kostenwälzungsparametern ergab die Überprüfung, dass die zeitnahe Berücksichtigung der gewechselten Netzkunden eine gravierende Verschiebung der Kostenwälzungsparameter mit sich zieht. Als Kostenwälzungsparameter wird die abgegebene Arbeit, die mit 30 % gewichtet wird, und die höchste stündliche Leistung, die mit 70 % gewichtet wird, herangezogen.

Um eine zeitnahe Berücksichtigung der Situation zu gewährleisten, wurde der Wälzungsparameter 'abgegebene Arbeit' nach Umschichtung der schon gewechselten Kunden aktualisiert. Der Wälzungsparameter der höchsten stündlichen Leistung der Netzebene wurde folgendermaßen berücksichtigt:

Ausgangsbasis für die Berechnung der Wälzungsparameter ist die höchste stündliche Leistung in der Importstation Kiefersfelden, an der das Erdgas aus Deutschland in das Netz der TIGAS übernommen wird. Dieser Wert stellt die Summe der Wälzungsparameter für die Ebene 2 und für die Ebene 3 dar. Der Wälzungsparameter für die Ebene 2 resultiert aus der Summe der Spitzenleistung der Kunden der Ebene 2. Die Differenz zwischen der höchsten stündlichen Leistung in der Importstation Kiefersfelden und des Wälzungsparameters für die Ebene 2 ergibt den Wälzungsparameter für die Ebene 3. Durch diese Aktualisierung der Kostenwälzungsparameter wurden weniger Kosten von der Ebene 2 auf die Ebene 3 weitergewälzt.

Darüber hinaus mussten die Erdgasmengen, die aufgrund der bereits erfolgten bzw. der bekannten bevorstehenden Netzebenenwechsel nunmehr der Netzebene 2 zugeordnet werden. Dabei wurde exakt erhoben, welchen Verbrauch die gewechselten Kunden bisher hatten. Für die Tariffestsetzung wurde, wie auch in den anderen Netzbereichen, das arithmetische Mittel der bezogenen Arbeit der letzten drei Jahre herangezogen. Für die Verrechnungsleistung, die bei der Verrechnung des Leistungsentgeltes an die Netzkunden zur Anwendung kommt, wurde der letztverfügbare[r] Wert herangezogen.

Mit der GSNT-VO 2008 Novelle 2010 wurden zwei Kunden [...] mit der beschriebenen Systematik von der Netzebene 3 auf die Netzebene 2 umgeschichtet. Dies hat die verrechnete Leistung der Netzebene 2 um 84 % und die verrechnete Arbeit um 144 % erhöht.

Für die GSNT-VO 2008 Novelle 2011 wurde ebenfalls die Menge um die zwei gewechselten Kunden bereinigt und diese auf Netzebene 2 berücksichtigt.

In Summe hatten diese Ermittlungsergebnisse zur Folge, dass die Kosten der Netzebene 2, die der Tarifierung zu Grunde zu legen waren einer nicht unbeachtlichen Erhöhung unterlagen und im Zusammenwirken mit der strukturellen Änderung der Abnahmesituation zu einer entsprechenden Erhöhung der Tarife führten. Diese Ermittlungsergebnisse wurden im Verfahren [...] inhaltlich fortgeschrieben.

Die beschriebenen Anpassungen wurden auch in den Erläuterungen zur GSNT-VO 2008 Novelle 2010 beschrieben. Ein[e] darüber hinausgehende Begründung der Vorgangsweise konnte in diesem Rahmen unterbleiben, hat doch der VfGH zu Tarifverfahren bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Bestimmungen des AVG nicht anzuwenden sind, wenn die Tarife durch Verordnung festgesetzt werden und eine Begründungspflicht gegenüber dem Normadressaten - wie sie § 58 Abs 2 AVG für Bescheide vorsieht - für den Verordnungsgeber nicht besteht (vgl. etwa VfSlg. 17.797/2006).

Zur allgemeinen Tarifhöhe in Tirol muss noch

erläutert werden, dass es sich beim Leitungsnetz der TIGAS um ein verhältnismäßig junges Netz handelt, da der Ausbau relativ spät begonnen wurde. Die Kosten des Leitungsnetzes sind daher im Österreichvergleich relativ hoch, da die Anlagen noch nicht abgeschrieben sind. Darüber hinaus sind die schwierigen topographischen Verhältnisse sowie die hohen Grundstückspreise im Netzbereich ein weiterer Kostentreiber."

8.4. Der weiters erhobene Vorwurf einer willkürlichen Tarifänderung treffe nicht zu, weil die erfolgte Tariferhöhung zur Gewährleistung der Grundsätze der Kostenorientierung und Kostenverursachungsgerechtigkeit erforderlich und daher sachlich gerechtfertigt sei. Da bei der Festsetzung der Netzkosten nur Kosten für den Netzbetrieb anerkannt würden und lediglich diese in die Tariffestsetzung einfließen, könne es auch zu keiner Subventionierung des Erdgaspreises durch den Netzbereich kommen. Die Behauptung, dass bei einer gesetzeskonformen Tarifierung der Großteil der Kosten von Netzebene 3 getragen werden müsse und das Kostenwälzungsverfahren nicht eingehalten worden sei, sei nicht nachvollziehbar:

"Die Kosten müssen jeweils von den Kunden jener

Netzebene getragen werden, auf der die Kosten anfallen. Ein Teil der Kosten der Netzebene 2 muss dabei im Rahmen der Kostenwälzung gem. § 23a Abs 4 GWG von der Netzebene 3 getragen werden, da die Kunden der Netzebene 3 auch die Netzebene 2 mitbenutzen. Der von der Netzebene 3 zu tragende Anteil an den Netzebenen 2-Kosten bestimmt sich dabei in erster Linie nach der abgegeben Arbeit und Leistung. Die Parameter für die angewandte Kostenwälzung folgen seit Jahren der gleichen Systematik, wobei hierfür 70 % der höchsten stündlichen Leistung und 30 % abgegebene Arbeit herangezogen werden. Dieses Verfahren der Kostenwälzung wurde, wie oben beschrieben und wie aus dem Verwaltungsakt nachvollzogen werden kann, auch in den gegenständlichen Verfahren zur Anwendung gebracht. Dementsprechend ist auch der Tarif der Netzebene 3 höher als der Tarif der Netzebene 2. Darüber hinaus wird auch noch angemerkt, dass entsprechend der Abnahmestruktur im Netzbereich Tirol tatsächlich die Netzebene 3 den größten Kostenblock der Netzkosten der TIGAS trägt."

8.5. Weder in den Zielsetzungen des GWG noch in den gesetzlichen Grundlagen zur Tariffestsetzung seien schließlich Bestimmungen ersichtlich, die ein besonders geschütztes Vertrauen auf eine bestimmte Tarifhöhe nahe legen würden. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein solches Vertrauen geschützt sei, müsse beachtet werden, dass die Tarifsteigerung sachlich gerechtfertigt sei.

8.6. Weiters seien weder das Grundrecht der klagenden Parteien auf Unversehrtheit des Eigentums noch ihr Grundrecht auf Erwerbsfreiheit verletzt, weil Normadressat der in Rede stehenden Verordnungen nur der Betreiber des Verteilernetzes sei, sodass sie sie nicht in ihrer Rechtssphäre berühren würden.

8.7. Es seien auch keine Verfahrensmängel

ersichtlich. Richtig sei zwar, dass die letztendlich verordneten Tarife im Begutachtungsentwurf zur GSNT-VO 2008-Novelle 2010 noch nicht vollständig abgebildet waren. Allerdings liege es in der Natur eines Begutachtungsentwurfes, dass die vorläufigen Ermittlungsergebnisse im Rahmen der Begutachtung noch Veränderungen unterworfen seien:

"Wie aus dem Verfahrensakt ersichtlich ist, wurden dem Erdgasbeirat zwei Alternativen für eine Tarifierung des Netzbereichs Tirol zur Beratung vorgelegt, wobei eine dieser Alternativen letztendlich Eingang in die Verordnung gefunden hat [...]. Aus dem Beiratsprotokoll ist ersichtlich, dass die Wirtschaftskammer, bei der die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens Mitglied sind, in dieser Beiratssitzung vertreten war [...] und keine diesbezüglichen Einwände erhoben oder - anders als andere Interessenvertretungen - Vorbringen erstattet hätte. Darüber hinaus wurden auch von der TIGAS auf Anraten der Behörde Schritte unternommen, die betroffenen Kunden, auch im Wege der Tiroler Wirtschaftskammer, über die geplanten Änderungsmöglichkeiten zu informieren. Die TIGAS ist daher bereits im November 2009 auf Anraten der Behörde an die Wirtschaftskammer Tirol herangetreten und hat entsprechende Informationsgespräche geführt. Eine entsprechende Stellungnahme der betroffenen Unternehmen sowie der Wirtschaftskammer zu den Tarifen für den Netzbereich Tirol ist bei der Behörde jedoch nicht eingegangen [...]. Selbst im Folgeverfahren [...] sind weder von den Interessenvertretungen, noch von den betroffenen Netzkunden Stellungnahmen zur gegenständlichen Problematik eingegangen.

Die Behauptung, ein gesetzlich eingeräumtes Recht der Stellungnahme der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sei verwehrt worden geht daher ins Leere."

9. Die TIGAS-Erdgas Tirol GmbH erstattete als mitbeteiligte Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren zunächst am eine Stellungnahme, worin auch sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge die Anträge des Landesgerichts Innsbruck abweisen.

Zu den Bedenken, die GSNT-VO 2008 idF der Novelle

2010 verstoße mangels einer Änderung der tatsächlichen, für die Tarifierung relevanten Umstände gegen § 23 a Abs 2 Satz 1 sowie § 23 a Abs 4 und 5 GWG, hält die mitbeteiligte Partei fest:

"Nach § 23a Abs 2 GWG ist der sog 'Netznutzungstarif', dh das von angeschlossenen Endverbrauchern für die Durchleitung zu zahlende Entgelt, kostenorientiert und nach den Grundsätzen der Kostenverursachung zu bestimmen. Dies bedeutet, dass durch den Netznutzungstarif nur die Kosten des Netzbetriebes zuzüglich einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung abzugelten sind, wobei § 23a Abs 1 GWG es in diesem Zusammenhang ermöglicht, anstelle der tatsächlichen Kosten auf Grund einer Durchschnittsbetrachtung ermittelte, angemessene Kosten zugrunde zu legen bzw sog 'Produktivitätsabschläge' vorzunehmen.

Um eine verursachungsgerechte Kostenzurechnung zu ermöglichen, sieht § 23b Abs 1 GWG vor, dass das Netz für Zwecke der Tarifierung in sog 'Netzebenen' eingeteilt wird. In diesem Zusammenhang sind drei Netzebenen vorgesehen: Ebene 1 für Fernleitungen, Ebene 2 für Verteilerleitungen mit > 6 bar Druck und Ebene 3 für Verteilerleitungen mit < 6 bar Druck. Im Netzbereich Tirol bestehen allerdings nur Leitungen der Ebene 2 und 3. Dies ergibt sich insb aus Anlage 2 zum GWG, der die Fernleitungen iSd GWG abschließend aufzählt und für das Bundesland Tirol keine Fernleitungen ausweist.

Diese kostenorientierte Tarifierung hat dabei gemäß § 9 GSNT-VO 2008 vor dem Hintergrund der drei bzw - in Tirol - zwei Netzebenen wie folgt zu erfolgen: Die Energie-Control Kommission, die bis zum Inkrafttreten des E-ControlG am zur Erlassung von SystemnutzungstarifV0 iSd GWG zuständig war, hat für jede dieser Netzebenen die Einzel- und Gemeinkosten zu ermitteln und den jeweiligen Netzebenen zuzurechnen. In der Folge werden die jeweiligen ermittelten Kosten den Kunden der jeweiligen Netzebene zugeordnet. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Gesamtbezug zuerst über die Netzebene 2 erfolgt und dass die Kosten der Netzebene 2 nach bestimmten Wälzungsparametern, die gemäß § 23a Abs 4 GWG durch VO der E-Control festzulegen sind, zuerst anteilig den Kunden der Netzebene 2 und die verbleibenden Kosten im Wege der Wälzung den Kosten der Ebene 3 zugeschlagen werden.

Die Wälzung der ermittelten Kosten hat dabei gemäß § 9 Abs 3 GSNT-VO 2008 zu 70 % nach Maßgabe der Leistung (Energiemenge je Zeiteinheit) und zu 30 % in den jeweiligen Ebenen bezogenen Arbeit (Gesamtenergiemenge im Kalkulationszeitraum) zu erfolgen. Die stärkere Gewichtung der Leistung liegt darin begründet, dass die vom jeweiligen Gasbezieher beanspruchte Leistung nahezu ausschließlich die netztechnisch vorzusehende Kapazität (Dimension der Leitung) und damit die Kosten des Leitungssystems bestimmt. Durch letzteres wird § 23a Abs 4 GWG Rechnung getragen, der die E-Control im Zusammenhang mit der Festlegung der Kostenwälzungsmethode dazu verpflichtet, zu beachten, dass die Kosten sowohl von der verbrauchten Leistung sowie Arbeit als auch von der transportierten Leistung sowie Arbeit beeinflusst werden können.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Tarifierung auf die Weise, dass die Energie-Control GmbH als Geschäftsapparat der damaligen Energie-Control Kommission entsprechend dem § 23d Abs 1 GWG das Ermittlungsverfahren durchgeführt hat. Auf Grundlage dieses Ermittlungsverfahrens wurden die Kosten den einzelnen Netzebenen gemäß den gesetzlichen Vorgaben im GWG und den Vorgaben bezüglich der Kostenwälzung auf Grund der GSNT-VO 2008 zugerechnet und die Tarifverordnung, hier die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008, von der EnergieControl Kommission beschlossen.

Wenn das antragstellende Gericht vor diesem Hintergrund eine Gesetzwidrigkeit der GSNT-VO 2008 idF der Novelle 2010 darin erblickt, dass es zu einem eklatanten Anstieg des Netznutzungsentgelts auf Netzebene 2 im Netzbereich Tirol gekommen sei, so wird damit übersehen, dass dieser Anstieg auf die drei folgenden, wesentlichen tarifrelevanten Faktoren zurückzuführen ist:

* Die Energie-Control Kommission hat im Rahmen der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 ca 92 km Leitungen, die vorher auf Netzebene 3 erfasst waren, nunmehr richtig der Netzebene 2 zugerechnet, was im Hinblick auf § 23b Abs 1 GWG auch rechtlich geboten war.

* Im Rahmen der Novelle 2010 zur SNTV-VO 2008 war

überdies dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Großverbraucher von Netzebene 3 auf Netzebene 2 gewechselt haben bzw im Laufe der Tarifierungsperiode wechseln werden.

* Schließlich waren infolge eines Verbrauchsrückganges auf Grund der Wirtschaftskrise im Rahmen der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 die Kosten des Netzbetriebes auf weniger Verbrauchsmenge umzulegen.

Dazu im Einzelnen:

Zurechnung von Leitungen zur Netzebene 2 statt zur Netzebene 3:

Die vom antragstellenden Gericht als gesetzwidrig

gerügten Kostensteigerungen für das Netznutzungsentgelt auf Netzebene 2 im Netzbereich Tirol sind in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Energie-Control Kommission als seinerzeit verordnungserlassende Behörde auf Grund einer Kostenprüfung im Vorfeld der Erlassung der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 erkannt hat, dass Netzkosten, die bisher der Netzebene 3 zugerechnet wurden, richtigerweise der Netzebene 2 zuzurechnen waren.

Konkret hat die Energie-Control Kommission Leitungen mit insgesamt ca 92 km, die bis dahin unrichtigerweise als Ebene 3-Leitung kostenmäßig erfasst wurden, der Netzebene 2 zugerechnet. Diese Umreihung war deshalb rechtlich geboten, weil die betreffenden Leitungen im Hinblick auf den mittel- und langfristigen Kapazitätsbedarf bereits jetzt für einen Betriebsdruck technisch ausgelegt und zugelassen sind, der größer ist als < 6 bar. Somit wird aber der Schwellenwert nach § 23b Abs 1 Z 3 GWG von < 6 bar, bis zu dem Verteilerleitungen der Ebene 3 zuzurechnen sind, bei den gegenständlichen Leitungen überschritten.

Im Übrigen hat die Energie-Control Kommission in Bezug auf die Zuordnung der Kosten zur Netzebene 2 und Netzebene 3 dasselbe Verfahren angewendet, das sie auch bei der Tarifierung anderer Netzbetreiber in anderen Bundesländern zur Anwendung gebracht hat.

Die beschriebene Umreihung von Leitungen von

Netzebene 3 in Netzebene 2 hatte klarerweise zur Folge, dass sich jene Kosten, die von der Netzebene 2 und den dort angeschlossenen Netzkunden wie den klagenden Parteien des Ausgangsverfahrens zu tragen sind, im entsprechenden Ausmaß erhöht haben. Somit hat aber - entgegen der Auffassung im Gerichtsantrag und wie die Erläut zur Novelle 2010 zur SNT-VO 2008 auf Seite 4 zutreffend ausführen - sehr wohl schon deshalb eine strukturelle Änderung der Abnahmesituation stattgefunden.

Dass die angesprochene Umreihung von Leitungen zur Netzebene 2 Grund für die Tarifsteigerung auf Netzebene 2 im Netzbereich Tirol war, ergibt sich auch deutlich aus Seite 4 der Erläut zur Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008, wo davon die Rede ist, dass sich die Energie-Control Kommission im Rahmen des der Neutarifierung zugrunde liegenden Ermittlungsverfahrens umfassend ua mit der Kostenzuordnung auf die entsprechenden Netzebenen sowie mit der Ermittlung der Kostenwälzungsparameter, die für die Kostenzuordnung auf die Netzebenen 2 und 3 maßgeblich sind, auseinandergesetzt hat.

Der Ansicht des antragstellenden Gerichts, dass die Erläut zur Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 sehr unbestimmt und nicht nachvollziehbar wären, ist in diesem Zusammenhang entgegenzuhalten, dass die betreffenden Erläut mit einem für Verordnungen geradezu typischen und daher auch ausreichenden Bestimmtheitsgrad darlegen, was die Energie-Control Kommission letztlich zur Änderung des Netznutzungstarifs im Netzbereich Tirol veranlasst hat. Diesbezüglich kann auf die stRsp des VfGH (VfSlg 17.517 und 17.797 zur gleichlautenden Rechtslage nach dem EIWOG, BGBI I 1998/143 idF der Novelle BGBI I 2000/121) verwiesen werden, wonach das AVG auf das Verfahren zur Erlassung von Systemnutzungstarifverordnungen nicht anwendbar ist, sodass auch die Bestimmungen für die Begründung von Bescheiden für die Begründung von Systemnutzungsverordnungen nicht einschlägig sind.

Wechsel von Großverbrauchern von Netzebene 3 auf

Netzebene 2:

Auch hat eine strukturelle Änderung der Abnahmesituation im Zusammenhang mit der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 deshalb stattgefunden, weil im Rahmen dieser Novelle auch zu berücksichtigen war, dass sich bislang an die Netzebene 3 angeschlossene Großverbraucher an die Netzebene 2 der beteiligten Partei angeschlossen haben. Konkret hat am , kurz vor Inkrafttreten der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008, ein Großverbraucher [...] von Netzebene 3 auf Netzebene 2 gewechselt. Überdies hat ein weiterer Großverbraucher [...] schon vor Erlassung der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 angekündigt, zum von Netzebene 3 auf Netzebene 2 zu wechseln und dies mittlerweile auch realisiert. Da die Gas-Systemnutzungstarife in der Praxis jeweils für ein Jahr bestimmt werden, war beiden Umständen im Rahmen der Tarifierung auf Grund der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 Rechnung zu tragen.

Dieser Wechsel von Großkunden von Netzebene 3 auf Netzebene 2 hatte vor dem Hintergrund der [...] beschriebenen Kostenwälzungsmethode zur Folge, dass sich der Anteil der von Netzebene 2 auf Netzebene 3 zu wälzenden Kosten überproportional verringert hat, da durch die Erhöhung des Wälzungsparameter Leistung mehr Kosten auf der Netzebene 2 bleiben und demnach weniger Kosten auf die Netzebene 3 weitergewälzt werden. Auf Netzebene 3, wo eine große Anzahl von Netzkunden, insb auch Kleinkunden, angeschlossen ist, ist nämlich die benötigte Gesamtleistung geringer, da nicht alle dieser Netzkunden - die teilweise Haushalts- und teilweise Gewerbe- und Industriekunden sind - zur gleichen Zeit Gas beziehen und überdies die große Zahl der angeschlossenen Kunden zu einer weiteren Glättung des zeitgleichen Gesamtverbrauches - und damit der zugrunde zu legenden Gesamtleistung - führt.

Verbrauchsrückgang auf Grund der Wirtschaftskrise:

Hinzu tritt als dritter Grund für die Kostensteigerung, dass, bedingt durch die 2008 beginnende Wirtschaftskrise, der für die Tarifierung relevante dreijährige Mittelwert des Gasverbrauchs in den Vorperioden auch in Tirol abgenommen hatte. Damit war der Mittelwert des Gasverbrauchs für die Jahre 2006-2008, der gemäß § 8 GSNT-VO 2008 als Basis für die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 heranzuziehen war, um 2,32% niedriger als jener für die Jahre 2005 bis 2007, der für die Tarifierung in der Vorperiode maßgebend war. Da die Tarifierung nach dem GWG allerdings so zu erfolgen hat, dass die Kosten durch die verbrauchten Mengen zu dividieren sind, hat auch dies zur Erhöhung der Tarife zusätzlich beigetragen.

3. Zu den Bedenken, die Tarifänderung würde unzulässigerweise auf preispolitischen Beweggründen beruhen

Soweit das antragstellende Gericht die Bedenken

äußert, die Tarifänderung auf Grund der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 wäre unzulässigerweise aus preispolitischen Gründen erfolgt, um eine Erhöhung der Netztarife für Haushaltskunden auf der Netzebene 3 zu vermeiden, kann auf die bei Punkt 2. dargestellten Bestimmungsgründe für die Tarifänderung verwiesen werden. Aus diesen ergibt sich, dass die Tarifänderung nicht aus preispolitischen Gründen erfolgt ist, sondern im Lichte der Vorgaben des GWG betreffend die Tarifierung rechtlich geboten war und daher auch rechtskonform ist.

Da die Tarifänderung somit auf sachlichen Gründen

beruht, liegt entgegen den Bedenken des antragstellenden Gerichts auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz deshalb vor, weil der Tarifänderung die sachliche Rechtfertigung fehlen würde: Zwar ergibt sich, wie auch das antragstellende Gericht ausführt, aus dem Erk VfSlg 17.517, dass Änderungen der Systemnutzungstarife am Sachlichkeitsgebot zu messen sind. Da es durch § 23b Abs 1 Z 2 GWG rechtlich geboten war, die erwähnten ca 92 km Leitungen von Ebene 3 auf Ebene 2 umzureihen, stellt die Umreihung jedoch einen solchen sachlichen Grund dar, der die geänderte Tarifierung auf Grund der GSNT-VO 2008 idF der Novelle 2010 nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar rechtlich geboten hat. Das gleiche gilt auch für die geänderte Wälzung der Kosten der Netzebene 2 auf Netzebene 3 infolge des Wechsels von Großkunden von Netzebene 3 auf Netzebene 2, die durch § 9 GSNT-VO 2008 geboten war.

Auch der wirtschaftskrisenbedingte Verbrauchsrückgang stellt im Übrigen einen sachlichen Grund iSd Erk VfSlg 17.517 dar, der die Änderung der Tarifierung durch die Energie-Control Kommission gerechtfertigt hat.

4. Zu den Bedenken, die GSNT-VO 2008 idF der Novelle 2010 würde als Instrument der Wirtschaftslenkung dem GWG widersprechen

Unzutreffend ist ferner die Auffassung des antragstellenden Gerichts, dass die gegenständliche Tarifänderung eine wirtschaftslenkende Maßnahme der Energie-Control Kommission darstellen würde, die durch den für das GWG maßgebenden Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG nicht gedeckt sei. Wie bei Punkt 2. dargelegt, waren für die Tarifänderung eine rechtlich gebotene Umreihung von Leitungen auf Netzebene 2 und ein Verbrauchsrückgang ausschlaggebend. Somit erfolgte die Tarifänderung aber nicht deshalb, um Kleinkunden zu entlasten und dafür Großkunden zu belasten. Die Erhöhung der Tarife war angesichts der dargelegten Bestimmungsgründe vielmehr Ausfluss des Gebots einer kostenorientierten Preisbestimmung, wie es in § 23a Abs 2 GWG vorgesehen ist und durch die Schaffung unterschiedlicher Netzebenen in § 23b Abs 1 GWG konkretisiert wird.

Der Umstand, dass Preise kostenorientiert zu

bestimmen sind, stellt jedoch keine verfassungswidrige Wirtschaftslenkung dar: Es handelt sich vielmehr um einen allgemeinen Grundsatz des Preisrechts, der im Hinblick auf die Eigentumsgarantie und Erwerbsfreiheit verfassungsrechtlich geboten (vgl dazu etwa Hauer, Netznutzungstarife des GWG und Eigentumseingriff, in: Potacs [Hrsg], Aktuelle Fragen des Gaswirtschaftsrechts [2005] 61 [70 ff]; vgl ferner

VfSlg 12.564) und daher bei jeder Art von Preisbestimmung zu beachten ist.

Daraus folgt aber, dass auch durch gewerbepolizeiliche preisrechtliche Maßnahmen iSd §§51 und 54 GewO 1859 keine die (durchschnittlichen) Gestehungskosten unterschreitenden Preise festgesetzt werden durften. Worin nun vor diesem Hintergrund ein kompetenzrechtlich relevanter Unterschied zwischen dem Gebot einer kostenorientierten Preisbestimmung iSd § 23a Abs 2 GWG und einer Preisbestimmung nach den §§51 und 54 GewO 1859 bestehen soll, ist nicht ersichtlich.

Darüberhinaus sind auch die Bedenken des

antragstellenden Gerichts, dass die §§23 ff GWG als Wirtschaftslenkung generell kompetenzlos und gesetzwidrig wären, unhaltbar, da der VfGH in seinem Erk VfSlg 17.941 diese Auffassung ausdrücklich verworfen und die §§23 ff GWG als mit der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Einklang stehend befunden hat.

5. Zu den Bedenken, die GSNT-VO 2008 idF der Novelle 2010 würde gegen das Kostenwälzungsverfahren und den Grundsatz der Gleichbehandlung (§23a Abs 4 und 5 GWG) verstoßen

Das antragstellende Gericht nimmt an, dass die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 gegen die Bestimmungen des GWG über die Kostenwälzung und den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hätte, weil bei einer gesetzeskonformen Tarifierung der Großteil der Kosten des Leitungssystems auf die Netzebene 3 entfallen hätte müssen.

Dem ist entgegen zu halten, dass es keinen

allgemeinen Erfahrungssatz gibt, wonach ein Großteil der Kosten eines Erdgasleitungssystems auf die Netzebene 3 zu entfallen habe. Vielmehr ist die konkrete Netzstruktur im jeweiligen Einzelfall, dh in welchem Ausmaß Leitungen für einen Druck > 6 bar bzw < 6 bar ausgelegt sind, entscheidend dafür, auf welcher Netzebene die Netzkosten zu erfassen sind.

Mit anderen Worten: je höher der Anteil der für > 6 bar ausgelegten Leitungen, umso höher die Kosten auf Netzebene 2 und umso geringer der Anteil der Kosten auf Netzebene 3.

Nun ist es aber gerade beim Netz der beteiligten

Partei im Netzbereich Tirol so, dass dieses im Vergleich zu den Gasnetzen in anderen Bundesländern erst verhältnismäßig spät errichtet wurde und auch noch nicht jene Netzdichte aufweist wie in anderen Bundesländern. Das Netz der beteiligten Partei befindet sich immer noch in der Phase der Verdichtung, dh es findet noch immer die Verlegung von Ortsnetzen und Erschließung neuer Straßenzüge und Siedlungen statt, um weitere Haushalte anzuschließen. Da derartige Ortsnetze der im Hinblick auf ihren niedrigen Druck der Netzebene 3 angehören und vielfach erst im Aufbau begriffen sind, ergibt sich aus dieser Netzstruktur in Tirol, dass Leitungen der Ebene 2 und die diesen zuzurechnenden Kosten eben einen höheren Anteil ausmachen als möglicherweise anderswo, wo die Ortsnetze - die der Netzebene 3 zuzurechnen sind - engmaschiger gezogen sind als in Tirol.

Daraus folgt, dass auch die Bedenken des

antragstellenden Gerichts betreffend die Gesetzwidrigkeit der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 infolge einer Nichteinhaltung des gesetzlich gebotenen Verfahrens der Kostenwälzung nicht zutreffen.

6. Zu den Bedenken, die GSNT-VO 2008 idF der Novelle 2010 würde gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen

Entgegen den Bedenken des antragstellenden Gerichts liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art2 StGG, Art 7 B-VG) auf Grund von Verletzungen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes vor:

Nach der stRsp des VfGH schützt der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nämlich im allgemeinen nur vor Eingriffen in bestehende Rechte und Anwartschaften; dagegen genießen Investitionen nur dann verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz, wenn der Gesetzgeber bei Eingriffen in Erwartungshaltungen und damit im Zusammenhang stehenden Dispositionen und Investitionen einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (zB VfSlg 12.944, 13.655, 15.739; grundlegend dazu Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2006] 820 ff).

Letzteres trifft etwa auf das ÖkostromG zu, das in seinem § 4 Abs 1 Z 4 im Zusammenhang mit der Förderung erneuerbarer Energieträger ausdrücklich das Ziel anstrebt, Investitionssicherheit für bestehende und zukünftige Anlagen zu gewährleisten. Im Rahmen des Regimes des GWG sind jedoch keine Regelungen erkennbar, die ein besonders geschütztes Vertrauen der Netzkunden erkennen ließen. Ganz im Gegenteil, das GWG strebt die Öffnung der Gasmärkte an, wobei insbesondere die Preise für Gaslieferungen keiner behördlichen Kontrolle mehr unterliegen, sondern frei durch den Markt bestimmt werden. Schon daraus ergibt sich, dass Investitionen der Netzkunden - zB in eine Gasturbine zur Stromerzeugung - keinerlei verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz genießen können. Die Rentabilität einer derartigen Investition hängt nämlich nicht nur vom Netznutzungstarif, sondern auch vom zusätzlich zu zahlenden Gaspreis ab: Ein[e] derartige Investition könnte sich nämlich auch deshalb als verfehlt erweisen, weil die Gaspreise derart ansteigen, dass die Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung aus dieser Turbine nicht gegeben ist und es kostengünstiger wäre, den Strom aus dem allgemeinen Netz zu beziehen. Diesbezüglich ist auch zu berücksichtigen, dass der Gaspreis seit seinem bislang absoluten Höchststand im Jahr 2008 deutlich zurückgegangen ist, sodass diese Preisänderungen die Steigerungen beim Netznutzungsentgelt der Netzebene 2 durch die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 in einer Gesamtbetrachtung jedenfalls egalisieren.

Vor diesem Hintergrund läuft die Argumentation des antragstellenden Gerichts darauf hinaus, es würde ein Schutz gegen jegliche Änderung der Rechtslage bestehen. Solche 'wohlerworbenen Rechte' sind aber der österreichischen Rechtsordnung im Allgemeinen fremd; sie bestehen nur in jenem oben beschriebenen, engen Rahmen, den der VfGH durch seine Rsp abgesteckt hat.

Gegen einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes infolge der Tarifänderung spricht in diesem Zusammenhang aber auch, dass ein anderer in Tirol seit kurzem auf Netzebene 2 angeschlossener Kunde [...] nach der Steigerung des Netznutzungstarifs auf Netzebene 2 durch die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 eine Investitionsentscheidung zugunsten der Errichtung einer Gasturbine getroffen hat.

Die Bedenken des antragstellenden Gerichts betreffend den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz gehen aber auch deshalb ins Leere, weil sie auf der unzutreffenden Prämisse beruhen, die durch die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 bewirkte Tarifänderung für die Netzebene 2 im Netzbereich Tirol wäre willkürlich und ohne triftigen Grund erfolgt. Wie bereits unter Punkt 2. dargelegt, war diese Tarifänderung vielmehr rechtlich geboten.

7. Zu den Bedenken, die GSNT-VO 2008 idF der Novelle 2010 würde gegen das Verbot der Quersubventionierung verstoßen

Auch sind die angefochtenen Bestimmungen entgegen den Bedenken des antragstellenden Gerichts nicht deshalb gesetzwidrig, weil sie gegen das Verbot der Quersubventionierung verstoßen würden. Ein solches Verbot, welches die Energie-Control Kommission als seinerzeit verordnungserlassende Behörde gebunden hätte, kann aus dem GWG nämlich nicht abgeleitet werden.

Daran ändert auch das Diskriminierungsverbot gemäß § 18 GWG nichts, das die beteiligte Partei als Netzbetreiberin dazu verpflichtet, jene Personen, die ihre Anlagen nutzen, nicht diskriminierend zu behandeln: Adressaten des Diskriminierungsverbotes iSd § 18 GWG sind nämlich einzig und allein Netzbetreiber und Speicheranlagenbetreiber. Im vorliegenden Fall geht es allerdings um eine Verordnung der Energie-Control Kommission, die selbst nicht Adressat des Diskriminierungsverbotes iSd § 18 GWG war.

Somit ist eine Gesetzwidrigkeit der von der Energie-Control Kommission erlassenen Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 infolge Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot iSd § 18 GWG schon deshalb ausgeschlossen, weil die Energie-Control Kommission als seinerzeit verordnungserlassende Behörde gar nicht Normadressatin war.

Hinzu kommt, dass die Energie-Control Kommission, wie sich aus Punkt 2. des vorliegenden Schriftsatzes ergibt, die Änderung des Netznutzungstarifes durch die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 aus sachlichen und rechtlich gebotenen Gründen vorgenommen hat, sodass auch aus diesem Grund keine Diskriminierung vorliegt.

8. Zu den behaupteten Mängeln im Verordnungserlassungsverfahren

Auch die vom antragstellenden Gericht behaupteten

Mängel des Verordnungserlassungsverfahrens liegen nicht vor.

Die den Gegenstand des vorliegenden Verordnungsprüfungsverfahrens bildende Tarifierung ist im Hinblick auf die bereits in Punkt 2. dargelegten Bestimmungsgründe hierfür nicht willkürlich erfolgt, sondern beruht auf der gesetzlichen Verpflichtung zur kostenorientierten Preisbestimmung iSd § 23a Abs 2 GWG, welche in Bezug auf die Zuordnung von Kosten zu bestimmten Netzebenen keine Spielräume einräumt. Folglich gehen sämtliche Bedenken des antragstellenden Gerichts, wonach das Ermessen der Energie-Control Kommission als seinerzeit verordnungserlassende Behörde bei der Tarifänderung in diesem Zusammenhang final determiniert war und die Energie-Control Kommission anlässlich der Neutarifierung eine Interessenabwägung durchführen hätte müssen, schon aus diesem Grund ins Leere.

Soweit das antragstellende Gericht einen Mangel des Verordnungserlassungsverfahrens hingegen darin erblickt, dass die auf Netzebene 2 im Netzbereich Tirol angeschlossenen Netzkunden wie die klagenden Parteien des Ausgangsverfahrens vor Erlassung der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 nicht angehört wurden, übersieht es, dass § 23d Abs 1 GWG eine Anhörung bloß des betroffenen Netzbetreibers sowie der gesetzlichen Interessensvertretungen gebietet. Daher war die Nichtanhörung von Netzkunden im Verordnungserlassungsverfahren auch nicht rechtswidrig.

Unzutreffend ist auch die Auffassung des

antragstellenden Gerichts, die Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 würde deshalb gegen § 23d Abs 1 GWG, der eine Anhörung gewisser Institutionen vorsieht, verstoßen, weil die Novelle gegenüber dem Begutachtungsentwurf in geänderter Form beschlossen worden wäre und zuvor keine neuerliche Begutachtung stattgefunden hätte. Damit übersieht das antragstellende Gericht, dass gerade Sinn und Zweck eines Begutachtungsverfahrens ist, den anzuhörenden Stellen die Möglichkeit zu Änderungsvorschlägen zu geben. Weshalb dann, wenn solchen Vorschlägen gefolgt wird, eine neuerliche Begutachtung stattfinden soll, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der Bedenken des antragstellenden

Gerichts, die gegenständliche Verordnung würde eine verfassungswidrige verschleierte Verfügung in Verordnungsform darstellen, da sie tatsächlich strukturell nur eine überschaubare Anzahl an Netzkunden betreffen würde, genügt der Hinweis auf die Rsp des VfGH: Wie sich insb aus dem Erk VfSlg 17.087 zur gleichartigen Rechtslage im Elektrizitätsrecht auf Grund von § 25 EIWOG ergibt, ist es nämlich unschädlich, wenn von einer Systemnutzungstarifverordnung nur eine überschaubare Anzahl von Unternehmen unmittelbar rechtlich betroffen ist, sodass auch in derartigen Fällen die Rechtsform der Verordnung zulässig ist.

Darüber hinaus hat der VfGH im Erk VfSlg 17.087 in vergleichbaren Fällen die Rechtsform der Verordnung auch deshalb als zulässig angesehen, weil diese der Erfüllung des Anspruchs einer einheitlichen Tarifgestaltung und der Vergleichbarkeit der Tarife dient (vgl dazu auch Holoubek, Regulierungsentscheidungen in Verordnungsform - Aktuelle Fragen der Gasmarktregulierung, in: Potacs [Hrsg], Aktuelle Fragen des Gaswirtschaftsrechts [2005] 1 [6]); genau diesem Zweck dient aber auch die vom antragstellenden Gericht kritisierte Festlegung des Netznutzungstarifs für die Netzebene 2 durch Verordnung. Zwar mag zutreffen, dass durch die Tarifierung selbst nur eine überschaubare Anzahl von Kunden betroffen ist, die in Tirol an Netzebene 2 angeschlossen sind; im Hinblick auf die bereits bei Punkt 2. dargestellten Interdependenzen zwischen den Tarifen für Netzebene 2 und 3 sind aber auch die Tarife für Netzebene 2 Teil einer gesamthaften Tarifierung im Sinne der Rsp des VfGH.

Nur angemerkt sei an dieser Stelle auch, dass § 23a Abs 1 GWG die Bestimmung der Netznutzungstarife durch Verordnung ausdrücklich vorsieht und insoweit eine Bestimmung durch Bescheid ausschließt. Wenn nun aber das antragstellende Gericht in der Erlassung einer solchen Verordnung eine verschleierte Verfügung in Verordnungsform erblickt, so wendet es sich nicht gegen die GSNT-VO 2008 idF der Novelle 2010, sondern gegen deren gesetzliche Grundlage in § 23a Abs 1 GWG; die Anfechtung von Gesetzen wegen Verfassungswidrigkeit ist aber erstinstanzlichen Gerichten nach Art 89 Abs 2 B-VG verwehrt.

9. Zu den weiteren behaupteten Grundrechtsverletzungen

Nicht begründet sind weiters die Bedenken des antragstellenden Gerichts dahingehend, dass die gegenständliche Verordnung die verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) sowie auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) verletzen würde:

Der behaupteten Verletzung der Eigentumsfreiheit ist entgegen zu halten, dass Systemnutzungstarife nach der hL zur insoweit übereinstimmenden Rechtslage nach dem früheren § 25 EIWOG, BGbl I 1998/143 idF BGBl I 2000/121, bloß die Netzbetreiber in ihrer Preisgestaltungsfreiheit einschränken (Raschauer, Staatliche Preisbestimmung im Energierecht, in:

Hauer [Hrsg], Aktuelle Fragen des Energierechts 2002 [2003] 117 [130], und Köck/Resch, ZfV 2004, 312); ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht von Netzkunden ist daher ausgeschlossen. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus den VfGH-Erk

VfSlg 16.920, 17.676 und 18.246, wo der VfGH die Befugnis von Netzkunden, Systemnutzungstarifverordnungen direkt mittels Individualantrag an den VfGH zu bekämpfen, gerade mit der Begründung verneint hat, dass solche Verordnungen nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der Netzkunden eingreifen.

Was die behauptete Verletzung der Erwerbsfreiheit

anlangt, so wird vom antragstellenden Gericht übersehen, dass in dieses Grundrecht nach stRsp des VfGH nur Maßnahmen eingreifen, welche die Erwerbstätigkeit unmittelbar betreffen (zB VfSlg 8309, 15.431); bloß faktische Verhinderungen oder Nebenwirkungen von Maßnahmen, die andere Zwecke verfolgen, stellen dagegen keinen Grundrechtseingriff dar (zB VfSlg 7856; vgl dazu auch Mayer, B-VG4 [2007] 599). Im Lichte dieser Rsp werden aber Netzkunden durch die Erhöhung der Systemnutzungstarife in keinster Weise Beschränkungen hinsichtlich ihrer Erwerbsausübung unterworfen.

Aber selbst wenn ein solcher Eingriff dennoch

vorliegen würde, wäre dieser entgegen der Ansicht des antragstellenden Gerichts nicht deshalb verfassungswidrig, weil er nicht im öffentlichen Interesse gelegen bzw nicht sachlich gerechtfertigt ist. Wie bereits oben bei Punkt 2. dargelegt, hat die Energie-Control Kommission bei der Neutarifierung des Netznutzungstarifes in Tirol auf Grund der Novelle 2010 zur GSNT-VO 2008 entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des GWG gehandelt, was jedenfalls einen sachlichen Grund darstellt."

10. In einer Replik vom bekräftigt die mitbeteiligte Partei dieses Vorbringen. Hinsichtlich des von den beteiligten Parteien, den Klägerinnen im gerichtlichen Anlassverfahren, in ihrer Replik vom (s. dazu unten Pkt. 12.) vorgebrachten Vorwurfs des Verbots der Quersubventionierung, weil die Gesamtkosten des Netzes der TIGAS niedriger seien als jene Einnahmen, die die TIGAS allein über den Arbeitspreis lukrieren würde, wendet die mitbeteiligte Partei ein, dass damit eine neue Gesetzwidrigkeit geltend gemacht werde, die nicht von den in den Anträgen des Landesgerichts Innsbruck geltend gemachten Bedenken umfasst sei.

11. Die im Anlassverfahren vor dem Landesgericht

Innsbruck klagenden Parteien erstatteten als beteiligte Parteien zunächst am eine Stellungnahme zu den Anträgen des Landesgerichts Innsbruck, worin die Bedenken des antragstellenden Gerichts präzisiert werden und ergänzend vorgebracht wird:

"Die GSNT-VO-2010 und die GSNT-VO-2011 sind

zusätzlich noch aus dem Grund rechtswidrig, weil die verordnungserlassende Behörde insgesamt ca. 92 km Leitungen fälschlicherweise der Netzebene 2 zugerechnet hat, obwohl diese Leitungen eigentlich Fernleitungen im Sinne des § 6 Z 15 GWG sind. Gemäß § 6 Z 15 GWG ist eine 'Fernleitung' eine Anlage zum Zweck des Transports von Erdgas durch eine Hochdruckleitung oder ein Hochdrucknetz, sofern diese Leitungsanlage auch für grenzüberschreitende Transporte oder den Transport zu anderen Fernleitungs- oder Verteilerunternehmen bestimmt ist.

Wie sich auch im Verfahren ergeben hat und auch das antragstellende Gericht im Prüfungsbeschluss auf den Seiten 18/19 festgehalten hat, existieren derzeit in Tirol nur Leitungen der Ebene 2 und 3, was es damit begründet, dass Anlage 2 zum GWG die Fernleitungen im Sinne des GWG abschließend aufzählt und Leitungen im Bundesland Tirol dort nicht erwähnt sind.

Dabei übersieht das antragstellende Gericht jedoch[,] das[s] gemäß § 23b Abs 3 die in den Anlage[n] 2 und 3 zum GWG enthaltene Aufzählung der Fernleitungsanlage und Erdgasunternehmen durch Verordnung der Energie-Control-Kommission den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend abzuändern ist. Diese Verordnung ('Fernleitungsanlagenverordnung') ist im Bundesgesetzblatt zu verlautbaren.

Dies hat aus folgendem Grund massive Tarifauswirkungen: § 23b Abs 1 GWG ist in sogenannte 'Netzebenen' eingeteilt, wobei 3 Netzebenen vorgesehen sind:

Die Netzebene 1 für Fernleitungen, die Ebene 2 für Verteilerleitungen mit über 6 bar und die Netzebene 3 für Verteilerleitungen mit unter 6 bar. Entsprechend dem oben beschriebenen Kostenwälzungssystem werden schließlich die Kosten der Netzebene 1 auf die Netzebenen 2 und 3 verteilt. Dies deshalb, da an die Netzebene 1 keine Kunden direkt angeschlossen sind, diese Netzebene jedoch von allen Kunden der Netzebene 2 und 3 mitverwendet wird.

Im vorliegenden Fall werden jedoch eine Reihe von Leitungen der Netzebene 2 zugerechnet, die eigentlich der Netzebene 1 zugerechnet werden:

Diese Leitungen sind grenzüberschreitend,

beispielsweise geht eine Leitung von Landeck über das Inntal bis zum Grenzübertritt Kiefersfelden, wo diese Leitung in das deutsche Netz einmündet. Das Erdgas wird auch nach Tirol aus Deutschland über dieses grenzüberschreitende Leitungsstück transportiert. Dies wurde im Rahmen des Gerichtsverfahren auch vom Geschäftsführer der TIGAS-Erdgas Tirol GmbH bestätigt (vergleiche das Vernehmungsprotokoll vom , Seite 15/16 des Aktes des antragstellenden Gerichtes).

Mehrere Leitungen, die zudem einen Druck von 72bar haben, somit reine Hochdruckleitungen sind und die grenzüberschreitend sind werden der Netzebene 2 zugerechnet. Dies ist jedoch deshalb unrichtig, da diese Firma den Fernleitungsbegriff des GWG erfüllt. Dieser Fernleitungsbegriff ist zudem unionsrechtlich vorgegeben:

Das GWG in der derzeit geltenden Fassung beruht auf der Richtlinie 2003/55 EG, die mittlerweile durch die Richtlinie 2009/73 EG abgelöst worden ist. Die Richtlinie 2003/55 EG sieht in Art 2 Z 3 unter 'Fernleitung' ebenfalls den Transport von Erdgas durch ein Hochdruckfernleitungsnetz, mit Ausnahme von vorgelagerten Rohrleitungsnetzen, zum Zweck der Belieferung von Kunden, jedoch mit Ausnahme der Versorgung vor.

Da eine Reihe von Leitungen der TIGAS-Erdgas Netz

GmbH grenzüberschreitend sind, würden diese somit die Definition der Fernleitung im Sinne des GWG erfüllen. Diese Leitungen werden mit einem Betriebsdruck von 70 bar betrieben, sodass somit auch die Anforderung einer Hochdruckfernleitung gegeben ist und werden zudem für den überregionalen Transport verwendet.

Korrekterweise wären somit diese grenzüberschreitenden Leitungen, die zudem Hochdruckleitungen sind und weit über dem Kriterium des § 23b Abs 1 Z 2 GWG von 6 bar liegen (über 70 bar!) als Fernleitungen einzustufen gewesen.

Dadurch würde sich jedoch das Tarifierungsgefüge

völlig verändern, da diese Kosten von der Netzebene 1 auf die Netzebene 2 und 3 gewälzt werden würde und nicht so wie derzeit in der GSNT-VO-2010 und GSNT-VO-2011 primär die Netzebene 2 belasten, da sie Bestandteile der Netzebene 2 sind."

12. In einer Replik vom zur Äußerung der Regulierungskommission der E-Control und zur Stellungnahme der mitbeteiligten Partei bekräftigen die beteiligten Parteien zunächst ihr bisheriges Vorbringen:

Zunächst sei die Frage,

"ob eine Leitung die Qualifikation der Definition als Fernleitung betrifft [...] anhand von § 6 Z 15 GWG zu beurteilen. Ist diese Definition (die im Übrigen eine unionsrechtliche ist und aus der RL 55/2003/EG herrührt) erfüllt, so ist diese Leitung bei der Tarifierung entsprechend zu behandeln und die Anlage 2 zum GWG mittels der gesetzesändernden gemäß § 23b Abs 3 GWG vorgesehenen Fernleitungsanlagenverordnung entsprechend anzupassen. Der Ansatz der TIGAS, dass eine Fernleitung deshalb nicht vorliege, da sie in der Anlage 2 zum GWG nicht aufgezählt werde, ist somit ein unrichtiger.

Weiters nennt die TIGAS drei Gründe, die wesentlich und tarifrelevant seien, warum es zum eklatanten Anstieg des Netznutzungsentgelts auf Netzebene 2 im Netzbereich Tirol gekommen sei:

a) 92 km Leitungen seien vorher fälschlicherweise auf Netzebene 3 erfasst gewesen und werden nunmehr angeblich richtigerweise der Netzebene 2 zugerechnet.

b) Es sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Großverbraucher von Netzebene 3 auf Netzebene 2 gewechselt haben und im Laufe der Tarifierungsperiode wechseln würden.

c) Aufgrund des Verbrauchsrückganges seien Kosten des Netzbetriebes auf weniger Verbrauchsmengen zu legen.

Dazu werden folgende Anmerkungen gemacht:

ad a) Zurechnungen von Leitungen zu Netzebene 2 statt zu Netzebene 3:

Die TIGAS führt nun aus, dass die betroffenen

Leitungen im Hinblick auf den mittel- und langfristigen Kapazitätsbedarf für einen Betriebsdruck technisch ausgelegt und zugelassen seien, der größer ist als 6 bar. Bereits aus den Ausführungen der TIGAS ergibt sich jedoch, dass die gesetzlichen Vorgaben für diese ordnungsgemäße Ausgestaltung offenbar nicht sehr deutlich sind, eine klare Vorgabe des GWG hinsichtlich der Zuordnung der Leitungen zu Netzebenen besteht nämlich nicht.

Auch die ECA äußert sich hierzu sehr schwammig: Sie spricht von einer 'Umgliederung' [...], und behauptet zwar, dass diese notwendig war, um den Kriterien des § 23a GWG gerecht zu werden, näher begründet sie dies jedoch nicht. Nur der Ordnung halber ist festzuhalten, dass es sich hier nicht um eine Ermessensentscheidung der Tarifierungsbehörde handeln darf:

Die Kritierien der Zuordnung von Leitungsanlagen zu bestimmten Netzebenen müssten sich klar aus dem Gesetz ergeben (vgl. dazu Prüfungsbeschluss des VfGH zu V59/09 ua vom ).

Es besteht deshalb der Verdacht, dass, mangels einer eindeutigen gesetzlichen Zuordnung von Leitungsanlagen im GWG, das GWG gegen Art 18 B-VG (Determinierungsgebot) verstößt.

Aus dem GWG kann die Umstellung nämlich jedenfalls nicht so eindeutig abgeleitet werden, wie die TIGAS glauben lassen möchte. Die präjudiziellen Verordnungsbestimmungen, mit denen eine solche 'Umgliederung' fast ein Jahrzehnt nach Bestehen des GWG, BGBl I Nr. 121/2000 vorgenommen wurden sind demnach jedenfalls rechtswidrig, da sie entweder auf einem verfassungswidrigen, weil unbestimmten Gesetz beruhen oder diesem einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellen: Denn eine verordnete 'Umgliederung' der Zuordnung von Leitungen zu Netzebenen durch die Tarifierungsbehörde ist unzulässig.

ad b) Wechsel von Großverbrauchern von Netzebene 3 auf Netzebene 2:

Zuerst ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass nun mehrere Großverbraucher auf die Netzebene 2 verteilt werden, grundsätzlich dazu führen müsste, dass der Tarif auf der Netzebene 2 gegenüber dem früheren Tarifansatz günstiger werden müsste: Schließlich werden die Kosten der Netzebene 2 dann auf mehrere Kunden (Großverbraucher) aufgeteilt, wodurch sich die Summe der Kosten der Netzebene 2 auf mehrere Kunden verteilen würde - und sich für jeden Kunden ein niedriger Systemnutzungstarif ergeben müsste.

Die Begründung der TIGAS, dass nun weniger Kosten auf die Netzebene 3 weitergewälzt würden, vermag hier nicht zu überzeugen: vielmehr hätte dadurch der Tarif auf der Netzebene 3 steigen auf der Netzebene 2 sinken müssen. Gerade dies war jedoch nicht der Fall. Dies zeigt deutlich, dass die Tariferhöhung nicht nachvollziehbar ist.

Die ECA hält dazu fest, dass 'die zeitnahe Berücksichtigung der gewechselten Netzkunden eine gravierende Verschiebung der Kostenwälzungsparameter mit sich zieht.' Dies ist jedoch unrichtig: Die Kostenwälzungsparameter sind eine Vorgabe der GSNT-VO 2010, die nicht durch die Zuordnung von Netzkunden geändert werden dürfen - andernfalls sie ja völlig willkürlich erfolgen dürfte. Vielmehr wird eine Änderung der Kostenwälzungsparameter hier nur behauptet, um die Tariferhöhung auf der Netzebene 2 rechtfertigen und um weitere Netzkunden davon abzuhalten von der Netzebene 3 auf die Netzebene 2 zu wechseln. Eine solche Vorgehensweise ist allerdings willkürlich und verstößt gegen Art 7 B-VG.

Die ECA hält auch fest, dass sie nicht nur auf

bereits erfolgte, sondern auch auf 'bekannte bevorstehende Netzebenenwechsel' reagiert habe. Damit wird jedoch gegen den Grundsatz verstoßen, dass die GSNT-VO 2010 und die GSNT-VO 2011 auf historischen Daten beruhen: es werden für die Tarifierung stets historische Werte herangezogen (zB für die GSNT-VO 2008 die Daten des Geschäftsjahres 2006, für die GSNT-VO 2010 die letztverfügbaren Daten, das sind jene des Geschäftsjahres 2008 etc.) Unzulässigerweise geht die Tarifierungsbehörde hier jedoch von einem zukünftigen Sachverhalt aus und vermischt diesen mit den historischen Daten. Dies ist methodisch unzulässig und widerspricht somit dem Gesetz, da es diesem einen willkürlichen Inhalt unterstellt.

Der Wechsel der Großverbraucher, der zudem nur

teilweise vollzogen ist, vermag somit die Tarifänderung nicht plausibel begründen.

ad c) Verbrauchsrückgang aufgrund der Wirtschaftskrise:

Auch die hier angeführten Argumente der TIGAS

vermögen nicht zu erläutern, warum dann auf der Netzebene 3 nicht ebenfalls der Tarif im Ausmaß des Verbrauchsrückgangs aufgrund der Wirtschaftskrise gestiegen ist. Wie bereits im Beschluss des antragstellenden Gerichts, als auch in der Stellungnahme der mitbeteiligten Parteien vom ausgeführt, hat der eklatante Anstieg nur auf der Netzebene 2 stattgefunden. Wenn nun tatsächlich ein Tarifanstieg aufgrund einer niedrigeren Menge Gas geboten gewesen wäre, hätte dieser wohl gleichmäßig auf allen Netzebenen erfolgen müssen, was jedoch nicht der Fall war. Auch diese Begründung geht somit ins Leere.

[...]

Das Argument des Verstoßes gegen den Vertrauensschutz und den damit verbundenen Verstoß gegen Art 7 B-VG ist hier in einer entsprechenden Gesamtheit zu betrachten: Richtig ist, dass kein Vertrauen des Netzkunden in eine bestimmte Tarifhöhe besteht. Wenn sich - vereinfacht gesagt - die Kosten des Netzbetreibers ändern, ändern sich auch die Tarife. Sehr wohl besteht jedoch ein Vertrauen des Netzkunden darin, dass die Tarifierung ordnungsgemäß entsprechend den gesetzlichen Kriterien vorgenommen wird.

Die gesetzlichen Kriterien haben sich jedoch nicht geändert. Vielmehr sollte es sich um ein kontinuierliches Regulierungssystem handeln. Diese Kontinuität wurde jedoch gebrochen: Nur um zu vermeiden, dass bei Fortführung des Regulierungssystems eine Erhöhung des Tarifs auf der Netzebene 3 eintritt, wurde das Regulierungssystem einer neuen 'Evaluierung' unterzogen, sodass die Erhöhung nun von den Industrie- und Gewerbekunden, die auf der Netzebene 2 angesiedelt sind, zu tragen ist. Im Vertrauen auf die Kontinuität des Regulierungssystems haben die mitbeteiligten Parteien jedoch Investitionen in eine Infrastruktureinrichtung vorgenommen, die nun weitgehend wirtschaftlich frustriert sind und dadurch die mitbeteiligten Parteien benachteiligen. Dies widerspricht jedenfalls dem Grundsatz einer kontinuierlichen Tarifierung, das in der angesprochenen Kontinuität aufgrund des GWG gerade geboten ist.

Die mitbeteiligten Parteien sind deshalb der Ansicht, dass sie in ihrem Vertrauen auf das bestehende Regulierungssystem - ohne dass hier eine gesetzliche Veränderung vom Gesetzgeber vorgenommen worden wäre - enttäuscht worden sind und dass die vorliegende Tarifänderung zu ihren Lasten willkürlich erfolgt ist."

Darüber hinaus bringen die beteiligten Parteien auch vor, dass Plausibilitätserwägungen aufgrund der Geschäftsberichte der mitbeteiligten Partei zeigen würden, dass bei der mitbeteiligten Partei die Differenz zwischen den Einnahmen aufgrund des Systemnutzungstarifes aus dem Arbeitspreis und dem Gesamtaufwand laut Gewinn- und Verlustrechnung mehr als einem Drittel des Aufwandes entspreche. Dies zeige, dass die Kosten- und Erlöszuordnung bei der mitbeteiligten Partei ganz offensichtlich unstimmig sei, was zeige, dass der Tarif zu hoch bemessen sei und eine Quersubventionierung vorliege. "Auch aus diesem Grund" seien die in Prüfung gezogenen Verordnungen gesetzwidrig.

II. Rechtslage

Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften stellen sich wie folgt dar:

1. Das Gaswirtschaftsgesetz, BGBl. I 121/2000,

aufgehoben durch BGBl. I 107/2011, lautete auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§6. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck

1. [...]

16. 'Fernleitungsunternehmen' eine natürliche oder juristische Person, die eine Fernleitung betreibt und Träger einer Genehmigung gemäß § 13 ist oder die gemäß § 76 keiner Genehmigung gemäß § 13 bedarf;

[...]

33. 'Netzbetreiber' jedes Fernleitungs- oder Verteilerunternehmen;

[...]

Diskriminierungsverbot

§18. Netzbetreibern und Speicherunternehmen ist es untersagt,

1. jene Personen, die ihre Anlagen nutzen oder zu

nutzen beabsichtigen oder bestimmten Kategorien dieser Personen, insbesondere zugunsten ihrer verbundenen Unternehmen, diskriminierend zu behandeln;

2. wirtschaftlich sensible Informationen, die sie von Dritten im Zusammenhang mit der Nutzung der Anlage erhalten, beim Verkauf oder Erwerb von Erdgas durch verbundene Unternehmen missbräuchlich zu verwenden.

[...]

Ermittlung des Netznutzungsentgelts

§23a. (1) Das Netznutzungsentgelt (§23 Abs 1 Z 1) ist unter Zugrundelegung eines Tarifes zu ermitteln, der von der Energie-Control Kommission durch Verordnung zu bestimmen ist (Netznutzungstarif). Dem Netznutzungsentgelt sind jene Preisansätze zugrunde zu legen, die für den Netzbereich sowie die Netzebene (§23b) bestimmt sind, an die die Anlage angeschlossen ist.

(2) Der Netznutzungstarif ist kostenorientiert zu bestimmen und hat den Grundsätzen der Kostenverursachung zu entsprechen. Die auf Grund des Netzbereitstellungsentgelts erzielten Erlöse sind bei der Bestimmung des Netznutzungstarifs zu berücksichtigen. Erlöse aus grenzüberschreitenden Transporten haben bei der Bemessung des Netznutzungstarifs unberücksichtigt zu bleiben. Die Bestimmung der Preise unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von den Kosten eines rationell geführten, vergleichbaren Unternehmens ausgeht, ist zulässig. Weiters können der Preisbestimmung Zielvorgaben zugrunde gelegt werden, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen orientieren (Produktivitätsabschläge).

Aufwendungen für Schadenersatz infolge ungerechtfertigter Netzzugangsverweigerung sowie Kostenvorschreibungen infolge erhöhten Überwachungsaufwands, die integrierten Erdgasunternehmen vorgeschrieben werden, haben bei der Bestimmung der Tarife außer Betracht zu bleiben. Die den Preisansätzen zugrunde liegende Tarifstruktur ist einheitlich zu gestalten und hat eine Vergleichbarkeit der mit den Leistungen korrespondierenden Preisansätze aller Netzbetreiber zu ermöglichen.

(3) Die Bemessung des Netznutzungsentgeltes hat

entweder arbeitsbezogen oder arbeits- und leistungsbezogen zu erfolgen. Der leistungsbezogene Anteil des Netznutzungsentgeltes ist grundsätzlich auf den Zeitraum eines Jahres zu beziehen. Die Tarife sind so zu gestalten, dass der leistungsbezogene Anteil 80% an den Netznutzungspreisen je Netzebene nicht übersteigt. Werden Preise für die Netznutzung zeitvariabel gestaltet, so sind höchstens jeweils zwei unterschiedliche Preise innerhalb eines Tages, innerhalb einer Woche sowie innerhalb eines Jahres zulässig. Zur Ermittlung der Basis für die Verrechnung des leistungsbezogenen Anteils des Netznutzungsentgelts ist das arithmetische Mittel der im Abrechnungszeitraum monatlich gemessenen höchsten stündlichen Durchschnittsbelastung heranzuziehen. Die Bestimmung von Mindestleistungen ist zulässig. Für eine kürzere Inanspruchnahme als ein Jahr sowie bei gänzlicher oder teilweiser nicht durchgehender Inanspruchnahme des Netzsystems sind höhere Preise zu verrechnen. Die Bestimmung mengenabhängiger Tarife ist zulässig. Die Energie-Control Kommission hat durch Verordnung die Kriterien festzulegen, nach denen bei der Berechnung der sich dabei ergebenden Basis für die Verrechnung des leistungsbezogenen Anteils des Netznutzungsentgelts vorzugehen ist.

(4) Das bei der Bestimmung der Tarife zugrunde zu

legende Verfahren der Kostenwälzung ist von der Energie-Control Kommission unter Bezugnahme auf den Grundsatz der Kostenverursachung in den einzelnen Netzebenen und in den einzelnen Tarifbereichen durch Verordnung zu bestimmen. Dabei ist zu beachten, dass die Kosten sowohl von der verbrauchten Leistung sowie Arbeit als auch von der transportierten Leistung sowie Arbeit beeinflusst werden können.

(5) Der Netznutzungstarif hat dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer zu entsprechen. Die für den Netzzugang geltenden Netznutzungstarife sind als Festpreise zu bestimmen.

(6) Die Energie-Control Kommission hat jedenfalls Netznutzungstarife für die Netzebenen 2 und 3 (§23b Abs 1 Z 2 und 3) für Entnehmer und Einspeiser von Erdgas durch Verordnung zu bestimmen. Netzbetreiber gelten dabei als Entnehmer. Die Kosten der Netzebene 1 (§23b Abs 1 Z 1) einschließlich der mit der Entrichtung des Entgelts für den Regelzonenführer (§12f) verbundenen Kosten sind im Rahmen der Kostenwälzung (Abs4) zu berücksichtigen.

(7) Das Netzzutrittsentgelt (§23 Abs 1 Z 4 und § 23 Abs 5) ist aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei dem Netzbetreiber eine Pauschalierung für jene Netzbenutzer, die an eine unter § 23b Abs 1 Z 3 angeführte Netzebene angeschlossen sind, anheim gestellt ist.

(8) Das Entgelt für Messleistungen (§23 Abs 1 Z 2) ist grundsätzlich aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei von der Energie-Control Kommission durch Verordnung Höchstpreise bestimmt werden können.

Netzebenen und Netzbereiche

§23b. (1) Als Netzebenen, von denen bei der Bildung der Systemnutzungstarife auszugehen ist, werden bestimmt:

1. Fernleitungen;

2. Verteilerleitungen mit einem Druck > 6 bar;

3. Verteilerleitungen mit einem Druck < 6 bar;

(2) Als Netzbereiche sind vorzusehen:

1. Für die Netzebene 1:

[...]

b) Tiroler Bereich: Das die Bundesgrenze

überschreitende Teilstück aller Leitungen in Tirol;

[...]

(3) Die in den Anlagen 2 und 3 enthaltene Aufzählung der Fernleitungsanlagen und Erdgasunternehmen sind durch Verordnung der Energie-Control Kommission, die im Bundesgesetzblatt zu verlautbaren ist, nach Genehmigung der Fernleitungsanlage durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 47 entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen abzuändern."

2. § 5 Abs 8 der Verordnung der Energie-Control

Kommission, mit der die Tarife für die Systemnutzung in der Gaswirtschaft bestimmt werden

(Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 - GSNT-VO 2008), verlautbart im Amtsblatt der Wiener Zeitung Nr. 21 vom , in der Fassung der Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008-Novelle 2010 (GSNT-VO 2008-Novelle 2010), verlautbart im Amtsblatt der Wiener Zeitung Nr. 249 vom , lautet auszugsweise:

"(8) Für das von Entnehmern zu entrichtende Netznutzungsentgelt werden folgende Tarife bestimmt:

1. Netznutzungsentgelt für Entnehmer für die Netzebene 2:

[...]

g) Bereich Tirol - Netzebene 2:

Verbrauch Arbeitspreis Pauschale/ Leistungs-

Monat preis

[kWh/a] [Cent/kWh] [Cent] [Cent/kWh/h]

0 - 8.000 Zone 1 1,9940 Staffel 1 250

8.001 - 15.000 Zone 2 1,9940 Staffel 2 250

15.001 - 40.000 Zone 3 1,7724 Staffel 3 250

40.001 - 80.000 Zone 4 1,7724 Staffel 4 250

80.001 - 200.000 Zone 5 1,6616 Staffel 5 250

200.001 - 400.000 Zone 6 1,6616 Staffel 6 250

400.001 - 1.107.000 Zone 7 1,6616 Staffel 7 250

0 - 5.000.000 Zone A 0,9500 Staffel A 332

5.000.001 - 10.000.000 Zone B 0,6850 Staffel B 332

10.000.001 - 100.000.000 Zone C 0,5800 Staffel C 332

100.000.001 - 200.000.000 Zone D 0,5800 Staffel D 332

200.000.001 - 900.000.000 Zone E 0,5800 Staffel E 332

Ab 900.000.001 Zone F 0,5800 Staffel F 332

[...]

2. Netznutzungsentgelt für Entnehmer für die Netzebene 3:

[...]

g) Bereich Tirol - Netzebene 3:

Verbrauch Arbeitspreis Pauschale/ Leistungs-

Monat preis

[kWh/a] [Cent/kWh] [Cent] [Cent/kWh/h]

0 - 8.000 Zone 1 1,9552 Staffel 1 250

8.001 - 15.000 Zone 2 1,9552 Staffel 2 250

15.001 - 40.000 Zone 3 1,7379 Staffel 3 250

40.001 - 80.000 Zone 4 1,7379 Staffel 4 250

80.001 - 200.000 Zone 5 1,6267 Staffel 5 250

200.001 - 400.000 Zone 6 1,6267 Staffel 6 250

400.001 - 1.107.000 Zone 7 1,6267 Staffel 7 250

0 - 5.000.000 Zone A 1,2831 Staffel A 447

5.000.001 - 10.000.000 Zone B 1,0690 Staffel B 447

10.000.001 - 100.000.000 Zone C 0,8554 Staffel C 447

Ab 100.000.001 Zone D 0,6950 Staffel D 447

[...]"

3. § 5 Abs 8 der Verordnung der Energie-Control

Kommission, mit der die Tarife für die Systemnutzung in der Gaswirtschaft bestimmt werden

(Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008 - GSNT-VO 2008), verlautbart im Amtsblatt der Wiener Zeitung Nr. 21 vom , in der Fassung der Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung 2008-Novelle 2011 (GSNT-VO 2008-Novelle 2011), verlautbart im Amtsblatt der Wiener Zeitung Nr. 249 am , lautet auszugsweise:

"(8) Für das von Entnehmern zu entrichtende Netznutzungsentgelt werden folgende Tarife bestimmt:

1. Netznutzungsentgelt für Entnehmer für die Netzebene 2:

[...]

g) Bereich Tirol - Netzebene 2:

Verbrauch Arbeitspreis Pauschale/ Leistungs-

Monat preis

[kWh/a] [Cent/kWh] [Cent] [Cent/kWh/h]

0 - 8.000 Zone 1 2,0444 Staffel 1 250

8.001 - 15.000 Zone 2 2,0444 Staffel 2 250

15.001 - 40.000 Zone 3 1,8172 Staffel 3 250

40.001 - 80.000 Zone 4 1,8172 Staffel 4 250

80.001 - 200.000 Zone 5 1,7036 Staffel 5 250

Ab 200.001 Zone 6 1,7036 Staffel 6 250

0 - 5.000.000 Zone A 0,9740 Staffel A 332

5.000.001 - 10.000.000 Zone B 0,7023 Staffel B 332

10.000.001 - 100.000.000 Zone C 0,5947 Staffel C 332

100.000.001 - 200.000.000 Zone D 0,5947 Staffel D 332

200.000.001 - 900.000.000 Zone E 0,5947 Staffel E 332

Ab 900.000.001 Zone F 0,5947 Staffel F 332

[...]

2. Netznutzungsentgelt für Entnehmer für die Netzebene 3:

[...]

g) Bereich Tirol - Netzebene 3:

Verbrauch Arbeitspreis Pauschale/ Leistungs-

Monat preis

[kWh/a] [Cent/kWh] [Cent] [Cent/kWh/h]

0 - 8.000 Zone 1 2,0047 Staffel 1 250

8.001 - 15.000 Zone 2 2,0047 Staffel 2 250

15.001 - 40.000 Zone 3 1,7819 Staffel 3 250

40.001 - 80.000 Zone 4 1,7819 Staffel 4 250

80.001 - 200.000 Zone 5 1,6679 Staffel 5 250

Ab 200.001 Zone 6 1,6679 Staffel 6 250

0 - 5.000.000 Zone A 1,3156 Staffel A 447

5.000.001 - 10.000.000 Zone B 1,0960 Staffel B 447

10.000.001 - 100.000.000 Zone C 0,8770 Staffel C 447

Ab 100.000.001 Zone D 0,7126 Staffel D 447

[...]"

III. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Da vor dem Hintergrund der Leistungs- und Feststellungsbegehren der vor dem antragstellenden Landesgericht klagenden Parteien nicht ausgeschlossen werden kann, dass die angefochtenen Bestimmungen jeweils des § 5 Abs 8 Z 1 litg der GSNT-VO 2008-Novelle 2010 und der GSNT-VO 2008-Novelle 2011 eine Voraussetzung für die Entscheidung des antragstellenden Landesgerichts im Anlassverfahren bilden, sind die (Haupt-)Anträge zulässig. Auf die Eventualanträge braucht daher nicht eingegangen zu werden.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf

Antrag eingeleiteten Verfahren auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg. 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist

(VfSlg. 15.644/1999, 17.222/2004).

Wie sich aus den oben unter I/7. wiedergegebenen Ausführungen des antragstellenden Landesgerichts ergibt, erhebt das Gericht (nur) jene von den klagenden Parteien im gerichtlichen Anlassverfahren vorgebrachten Bedenken zu seinen eigenen, die eine Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen der GSNT-VO 2010 und 2011 darlegen (arg.: "dass die in Rede stehende Verordnung dem GWG widersprechen [...] könnte, da in der Verordnung [...] eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gelegen sein könnte" - Vgl. I/7.). Das antragstellende Landesgericht macht daher der Sache nach geltend, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen § 23a Abs 2 Satz 1 sowie § 23a Abs 4 und 5 GWG 2000 verstoßen, weil ein sachlicher Grund für die Neutarifierung fehle oder aber, wenn ein solcher sachlicher Grund vorliege, die Neutarifierung auf Netzebene 2 wegen der damit bewirkten intensiven und plötzlichen Tarifsteigerung wegen eines Verstoßes gegen den aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleiteten Vertrauensschutz gesetzwidrig sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Sinne seiner zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung daher auf diese vom Landesgericht Innsbruck geltend gemachten Bedenken zu beschränken. Auf über diese Bedenken hinausgehendes Vorbringen, sei es in Schriftsätzen im gerichtlichen Anlassverfahren, sei es in den Äußerungen der (mit)beteiligten Parteien im verfassungsgerichtlichen Verfahren, hat der Verfassungsgerichtshof daher nicht einzugehen.

2.2. Das antragstellende Landesgericht bezweifelt

zunächst im Anschluss an das diesbezügliche Vorbringen der klagenden Parteien im gerichtlichen Anlassverfahren, dass für die mit der Novelle 2010 der GSNT-VO 2008 durchgeführte (und in der Folge mit der Novelle 2011 zu dieser Verordnung weitergeführte) Neutarifierung der Netzebene 2 ein sachlicher Grund vorliege. Dieses Bedenken trifft aber nicht zu:

Gemäß § 23a Abs 1 GWG 2000 ist das Netznutzungsentgelt (iSd § 23a Abs 1 Z 1 GWG 2000) unter Zugrundelegung eines Tarifes, des Netznutzungstarifs, zu ermitteln. Die Netznutzungstarife können dabei von Amts wegen oder auf Antrag bestimmt werden (§23d Abs 1 Satz 1 GWG 2000).

Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 17.517/2005 zu (damals in Geltung gestandenen, mit den hier maßgeblichen Bestimmungen des GWG 2000 inhaltlich korrespondierenden) Bestimmungen der §§25 und 55 ElWOG ausgeführt hat, ergibt sich aus der genannten Regelung, dass die Tarife keineswegs nur dann geändert werden dürften, wenn sich der die Tarife bestimmende Sachverhalt wesentlich geändert hat. Vielmehr können verschiedenste Gründe - sofern sie sachlich sind - zur amtswegigen Einleitung eines Preisbestimmungsverfahrens führen (VfSlg. 17.517/2005, S 517).

Die Regulierungskommission macht insbesondere

strukturelle Änderungen der Abnahmesituation auf den einzelnen Netzebenen und die Umgliederung eines Teiles des Leitungsnetzes des Netzbetreibers als Gründe für die vorgenommene Neutarifierung geltend. Insbesondere die Neuzuordnung einer 92,2 km langen Leitung, die aufgrund ihrer technischen Kapazität (Druck von mehr als 6 bar) der Netzebene 2 zuzuordnen sei, habe dazu geführt, dass die Leitungslängen der Netzebene 2 um rund 50 % angehoben werden mussten.

Angesichts des § 23a Abs 2 GWG 2000, dem zufolge der Netznutzungstarif kostenorientiert zu bestimmen ist und den Grundsätzen der Kostenverursachung zu entsprechen hat, ferner des § 23a Abs 1 Satz 2 GWG 2000, dem zufolge dem Netznutzungsentgelt jene Preisansätze zugrunde zu legen sind, die für den Netzbereich sowie die Netzebene bestimmt sind, an die die Anlage angeschlossen ist, und schließlich der Regelung des § 23b Abs 1 Z 2 und 3 GWG 2000, denen zufolge Verteilerleitungen mit einem Druck von größer und kleiner 6 bar hinsichtlich der Netzebenen zu unterscheiden sind, hat der Verfassungsgerichtshof vor dem Hintergrund des hier relevanten Vorbringens des antragstellenden Landesgerichts keinen Anlass daran zu zweifeln, dass ein sachlicher Grund zu der hier in Rede stehenden Neutarifierung Anlass gegeben hat.

2.3. Das antragstellende Landesgericht hegt, wiederum unter Rückgriff auf das diesbezügliche Vorbringen der klagenden Parteien im gerichtlichen Anlassverfahren, des weiteren das Bedenken, dass die vorgenommene Neutarifierung, die ausschließlich zu einer Erhöhung der Tarife auf Netzebene 2 geführt habe, deswegen gegen § 23a Abs 2 Satz 1 GWG 2000 und die Absätze 4 und 5 dieser Gesetzesbestimmung verstoße, weil damit eine auch gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßende, nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zwischen den an die Netzebene 2 angeschlossenen Unternehmen und all jenen Kunden bewirkt werde, die auf der Netzebene 3 verbleiben.

Die Regulierungskommission hält diesen Bedenken

entgegen, dass die zeitnahe Berücksichtigung des Umstands, dass Kunden die Netzebenen gewechselt haben, eine Verschiebung der Kostenwälzungsparameter mit der Folge nach sich gezogen habe, dass weniger Kosten von der Netzebene 2 auf die Netzebene 3 weiterzuwälzen seien. Dies habe, ungeachtet des Umstands, dass die Parameter für die angewandte Kostenwälzung weiterhin der bisher gehandhabten Systematik gefolgt seien, zu einer entsprechenden Erhöhung der Kosten auf Netzebene 2 geführt.

§23a Abs 1 Satz 2 GWG 2000 zufolge sind dem Netznutzungsentgelt jene Preisansätze, die für die Netzbereiche sowie die Netzebene, an die die Anlage angeschlossen ist, bestimmt sind, zugrunde zu legen. Der für das Netznutzungsentgelt maßgebliche Netznutzungstarif hat dem Grundsatz der Kostenverursachung zu entsprechen (§23a Abs 2 Satz 1 GWG 2000). Dementsprechend sieht § 23a Abs 4 GWG 2000 vor, dass das Verfahren der Kostenwälzung unter Bezugnahme auf den Grundsatz der Kostenverursachung in den einzelnen Netzebenen zu bestimmen ist. Der in § 23a Abs 5 GWG 2000 festgeschriebene Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer ist daher dahingehend zu verstehen, dass der Netznutzungstarif entsprechend den vorgenannten Regelungen sachlich zu differenzieren und die Systemnutzer im Hinblick auf ihre jeweilige Kostenverursachung gleich zu behandeln hat.

Sowohl die Tatsache, dass der in Rede stehende Leitungsteil von 92,2 km einen Druck von mehr als 6 bar aufweist, als auch der Umstand, dass zwei Großverbraucher von Netzebene 3 auf Netzebene 2 gewechselt haben, ist im verfassungsgerichtlichen Verfahren unbestritten geblieben (siehe insbesondere die unter I./12. auszugsweise wiedergegebene Replik der beteiligten und im gerichtlichen Anlassverfahren klagenden Parteien vom ). Strittig ist jeweils nur, welche rechtlichen Konsequenzen aus diesem Umstand zu ziehen sind. Angesichts dessen kann der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die zuvor wiedergegebenen gesetzlichen Vorgaben der verordnungserlassenden Regulierungsbehörde nicht entgegentreten, wenn sie aus den genannten Umständen eine entsprechende Kostensteigerung und damit in der Folge einen entsprechend erhöhten Tarif auf Netzebene 2 errechnet. Dass es nicht seine Aufgabe ist, die Berechnung der verordnungserlassenden Regulierungsbehörde, etwa durch Einholung eigener Sachverständigengutachten, im Detail fachlich nachzuprüfen, hat der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 17.941/2006, S 298, dargelegt. Dass die Regulierungsbehörde davon ausgeht, dass auch ein in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Erlassung ihrer Verordnung vollzogener Wechsel der Netzebenen von Großverbrauchern in dieser Verordnung zu berücksichtigen ist, begründet angesichts der Vorgabe des § 23a Abs 4 GWG 2000 keine unsachliche Behandlung schon länger auf der Netzebene 2 angeschlossener Kunden. Denn § 23a Abs 4 GWG 2000 sieht vor, dass das Verfahren der Kostenwälzung unter Bezugnahme auf den Grundsatz der Kostenverursachung in den einzelnen Netzebenen zu bestimmen ist. Im Übrigen hat die Regulierungsbehörde dabei den exakt erhobenen bisherigen Verbrauch dieser gewechselten Kunden herangezogen.

Die Bedenken des antragstellenden Landesgerichts,

dass insofern § 5 Abs 8 Z 1 litg GSNT-VO 2010 bzw. GSNT-VO 2011 eine gleichheitswidrige Gesetzesauslegung zugrunde läge, treffen daher ebenfalls nicht zu.

2.4. Das antragstellende Landesgericht äußert

schließlich, auch hier unter Bezugnahme auf das diesbezügliche Vorbringen der klagenden Parteien im gerichtlichen Anlassverfahren, das Bedenken, dass die mit den angefochtenen Bestimmungen bewirkte erhebliche Tariferhöhung die klagenden Parteien in ihrem "berechtigten Vertrauen auf das bestehende Regulierungssystem" und damit in dem aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz verletzt habe. Insbesondere die Zweitklägerin habe im Vertrauen auf das bisherige Tarifsystem und darauf, dass es stets zu einer gleichmäßigen Erhöhung der Tarife auf Netzebene 2 und Netzebene 3 gekommen sei, erhebliche Investitionen in eine Gasturbine zur Stromerzeugung getätigt.

Die Regulierungskommission hält diesem Vorbringen entgegen, dass eine stufenweise Implementierung der Tarifsteigerung nicht möglich gewesen sei, da dies zu einer Belastung der Kunden der Netzebene 3 mit Kosten geführt hätte, die diese nicht verursachen würden.

Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Rechtsunterworfenen mit einer Veränderung der Rechtslage für die Zukunft und damit auch einer ungünstigeren Gestaltung dieser Rechtslage rechnen müssen. So müsse im wirtschaftlichen Verkehr damit gerechnet werden, dass sich Preise, Tarife und Abgaben ändern (siehe nur VfSlg. 15.739/2000 und 14.868/1997). Der Gleichheitsgrundsatz setzt im Hinblick auf wirtschaftliche Investitionsentscheidungen nur dort allenfalls bestimmte Grenzen, wo staatliche Maßnahmen das konkrete Investitionsverhalten gezielt hervorgerufen haben (siehe insbesondere VfSlg. 12.944/1991, weiters VfSlg. 13.655/1993, 15.739/2000).

Im Hinblick auf die das System der Ermittlung des Netznutzungsentgelts und der Bestimmung des Netznutzungstarifs prägenden Grundsätze der Kostenorientierung und der Kostenverursachung (siehe § 23a Abs 2 und Abs 4 GWG 2000) ist davon auszugehen, dass die an das in Rede stehende Verteilernetz angeschlossenen Kunden jedenfalls damit rechnen mussten, dass Veränderungen in den Kosten zu einer Veränderung der Tarife führen können. Dass das durch den zweiten Unterabschnitt des GWG 2000 geregelte System der Zusammensetzung des Systemnutzungsentgelts und die darauf gegründete Netznutzungstarifierung einen Anreiz schaffen sollte, Investitionen in Anlagen zur Verstromung von Erdgas zu tätigen (so die Stellungnahme der beteiligten Parteien vom , Seite 15), ist angesichts des dargestellten Inhalts der gesetzlichen Regelungen jedenfalls keine im Sinne der genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Vertrauensschutz begründende Annahme. Auch geht die Regulierungskommission zu Recht davon aus, dass die Aufrechterhaltung der Zuordnung von Kosten zur Netzebene 3, obwohl sie eigentlich auf Netzebene 2 verursacht werden, § 23a Abs 2 GWG 2000 widersprechen würde. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der mit der GSNT-VO 2010 durchgeführten und in der GSNT-VO 2011 weitergeführten Tariferhöhung offensichtlich eine längere frühere Periode mit einer günstigeren Kostenstruktur der Netzebene 2 gegenüber steht.

Die angefochtenen Bestimmungen sind also auch nicht aus dem vom antragstellenden Landesgericht vorgebrachten Grund eines Verstoßes gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz (im Sinne eines Investitionsschutzes) gleichheitswidrig.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die vom antragstellenden Landesgericht gegen die Gesetzeskonformität näher bezeichneter Bestimmungen der GSNT-VO 2008-Novelle 2010 und der GSNT-VO 2008-Novelle 2011 vorgebrachten Bedenken treffen also nicht zu.

2. Die Anträge sind daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.