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VfGH vom 10.10.1995, v23/95

VfGH vom 10.10.1995, v23/95

Sammlungsnummer

14303

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des Krnt GemeindeplanungsG über die Festlegung von Aufschließungsgebieten; keine sachliche Rechtfertigung der Freizeichnung der Erklärung zum Aufschließungsgebiet von ansonsten für Flächenwidmungspläne geltenden verfahrens- und aufsichtsrechtlichen Determinanten; Aufhebung von auf diese Bestimmung gestützten Aufschließungsgebietsverordnungen zur Gänze wegen Wegfalls der gesetzlichen Grundlage

Spruch

I. § 2 Abs 11 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom , Zl. Verf- 212/1/1982, über die Wiederverlautbarung des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. für Kärnten Nr. 51/1982, war verfassungswidrig.

Der Landeshauptmann von Kärnten ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

II. Folgende Verordnungen werden als gesetzwidrig aufgehoben:

1. Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom , Zl. 610-2/G/J/1990, über die Festlegung von Aufschließungsgebieten, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Gemeindeamtes der Gemeinde Maria Wörth in der Zeit vom 6. bis ;

2. Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom , Zl. 153/H/J/1993, über die Festlegung von Aufschließungsgebieten, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Gemeindeamtes der Gemeinde Maria Wörth in der Zeit vom 14. bis ;

3. Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Techelsberg am Wörthersee vom , Zl. 639/1992, mit der innerhalb des Baulandes der Gemeinde Techelsberg am Wörthersee Aufschließungsgebiete festgelegt werden, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Gemeindeamtes der Gemeinde Techelsberg am Wörthersee in der Zeit vom 24. Juli bis .

Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu Zlen. B1975/93, B1976/93, B 2272/93 und B1019/94 jeweils auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerden gegen Bescheide der Kärntner Landesregierung anhängig, mit denen die von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellungen gegen die Versagung von Baubewilligungen als unbegründet abgewiesen worden waren. Begründend hatte die Kärntner Landesregierung im wesentlichen ausgeführt, daß die Grundstücke, hinsichtlich derer die Erteilung der Baubewilligungen beantragt worden war, jeweils durch Verordnung iS des § 2 Abs 11 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 als Aufschließungsgebiete festgelegt worden seien. Gemäß § 11 Abs 2 leg.cit. dürften in den als Aufschließungsgebieten festgelegten Flächen des Baulandes keine landesgesetzlich vorgesehenen Bewilligungen zur Errichtung von Gebäuden und zur Errichtung von sonstigen baulichen Anlagen - ausgenommen solche, die der Aufschließung dienen, sowie bauliche Anlagen iS des § 3 Abs 5 leg.cit. - erteilt werden; gemäß § 13 Abs 1 der Kärntner Bauordnung 1992 habe die Behörde den Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung u.a. dann abzuweisen, wenn dem Vorhaben der Flächenwidmungsplan entgegenstehe (§11 Abs 2 litb Kärntner Bauordnung 1992). Die Abweisung der Bauanträge sei daher zu Recht erfolgt.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof jeweils, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs 11 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom , Zl. Verf-212/1/1982, über die Wiederverlautbarung des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. für Kärnten 51/1982 - die Novellen durch die Landesgesetze LGBl. für Kärnten 30/1990 und 59/1992 sowie die Kundmachungen LGBl. für Kärnten 79/1990 und 33/1992 hatten hier außer Betracht zu bleiben - (im folgenden: GemeindeplanungsG 1982), einzuleiten. Weiters beschloß der Verfassungsgerichtshof aus Anlaß dieser Beschwerden, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der im Spruch näher bezeichneten Verordnungen, soweit die Grundstücke der Beschwerdeführer als Aufschließungsgebiete festgelegt worden waren, einzuleiten.

3. Die Kärntner Landesregierung erstattete in den Gesetzesprüfungsverfahren jeweils gleichlautende Äußerungen, in denen sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegentrat und beantragte auszusprechen, daß § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 nicht verfassungswidrig war.

4.1. Der Gemeinderat der Gemeinde Maria Wörth legte in den zu G21,22/95, V23,24/95 und G44/95, V49/95 protokollierten Verfahren die Verwaltungsakten vor und gab jeweils eine Äußerung ab, in welcher er die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungen verteidigte.

4.2. Der Gemeinderat der Gemeinde Techelsberg am Wörthersee legte im Verfahren zu G45/95, V50/95 - unter Hinweis darauf, daß die Akten dem Amt der Kärntner Landesregierung vorgelegt worden seien - die in Prüfung gezogene Verordnung vor, eine Äußerung wurde nicht erstattet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

In den Verfahren ist weder vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen, daß die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der Beschwerden und über die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungen unzutreffend wären.

Hinsichtlich der Präjudizialität des in Prüfung gezogenen § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 ist zu beachten, daß u.a. diese Bestimmung durch das Landesgesetz LGBl. für Kärnten 105/1994 mit Wirkung vom (s. dessen ArtII Abs 1) novelliert (und das GemeindeplanungsG 1982 mit Kundmachung der Landesregierung vom , Zl. Verf. 391/1/1995, LGBl. für Kärnten 23/1995, als "Gemeindeplanungsgesetz 1995 - K-GplG 1995" wiederverlautbart) wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat sich die rechtliche Beurteilung von Bescheiden nach der Rechtslage am Tage ihrer Zustellung (bei Vorstellungsbescheiden nach dem Tage der Zustellung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides) zu richten (s. im gegebenen Zusammenhang VfSlg. 11059/1986, 11462/1987, 12755/1991), sohin in den vorliegenden Fällen - wie sich aus den in den Anlaßfällen vorgelegten Verwaltungsakten ergibt - nach der zum (B1975/93), (B1976/93), (B2272/93) bzw. (B1019/94) geltenden Rechtslage. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der in den Anlaßfällen bekämpften Bescheide und sohin präjudiziell iS des Art 140 Abs 1 B-VG ist daher § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 idF vor der Novelle LGBl. für Kärnten 105/1994 sowie der Wiederverlautbarung LGBl. für Kärnten 23/1995. Auch die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes betreffend die Präjudizialität dieser Bestimmung erweisen sich sohin als zutreffend.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Normprüfungsverfahren zulässig.

B. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982:

1. Nach § 1 Abs 1 GemeindeplanungsG 1982 hatte der Gemeinderat durch Verordnung einen Flächenwidmungsplan zu erlassen, durch den das Gemeindegebiet in Bauland, Grünland und Verkehrsflächen gegliedert wurde. Als Bauland waren gemäß § 2 Abs 1 leg.cit. nur Flächen festzulegen, die für die Bebauung geeignet waren. Gebiete, deren Erschließung unwirtschaftliche Aufwendungen für die Wasserversorgung, für die Abwasserbeseitigung, für die Stromversorgung oder für die Verkehrserschließung erforderlich machen würden oder die sich wegen der Erhaltung des Landschaftsbildes, der Grundwasserverhältnisse, der Hochwassergefahr, der Lawinengefahr oder ähnlicher Gefahren für die Bebauung nicht eigneten, waren nicht als Bauland vorzusehen.

Nach § 2 Abs 2 GemeindeplanungsG 1982 war das Bauland entsprechend den örtlichen Erfordernissen in Baugebiete zu gliedern. Als Baugebiete kamen in Betracht: Dorfgebiete, Wohngebiete, Kurgebiete, gemischte Baugebiete, Geschäftsgebiete, Leichtindustriegebiete und Schwerindustriegebiete.

Sodann normierte der in Prüfung genommene Abs 11 des § 2:

"Innerhalb des Baulandes hat der Gemeinderat durch Verordnung jene Flächen als Aufschließungsgebiete festzulegen,

a) deren widmungsgemäßer Verwendung zum Zeitpunkt der Planerstellung wegen ihrer ungenügenden Erschließung öffentliche Rücksichten entgegenstehen oder

b) für deren widmungsgemäße Verwendung kein allgemeiner unmittelbarer Bedarf besteht."

Gemäß § 2 Abs 12 leg.cit. hatte der Gemeinderat die Bezeichnung von Bauland als Aufschließungsgebiet aufzuheben, wenn der Grund für diese Festlegung weggefallen war.

Gemäß § 11 Abs 2 GemeindeplanungsG 1982 durften in den als Aufschließungsgebieten festgelegten Flächen des Baulandes keine landesgesetzlich vorgesehenen Bewilligungen zur Errichtung von Gebäuden und zur Errichtung von sonstigen baulichen Anlagen, ausgenommen solche, die der Aufschließung dienten, sowie bauliche Anlagen iS des § 3 Abs 5 leg.cit. (d.s. bauliche Anlagen im Zuge von elektrischen Leitungsanlagen, für Wasserversorgungsanlagen, zur Abwasserbeseitigung sowie Fernmeldeanlagen, Telefonzellen, Bildstöcke u.ä.) erteilt werden.

2. Der Verfassungsgerichtshof hegte in den führenden Verfahren (B1975/93 und B1976/93 - G21,22/95, V23,24/95) folgende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982:

"2.2. Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, daß nach dem Konzept des GemeindeplanungsG 1982 die Erklärung eines Baugebietes zum Aufschließungsgebiet nicht durch den Flächenwidmungsplan selbst, sondern durch gesonderte Verordnung erfolgen soll, sie aber dessen ungeachtet ihrer Funktion nach insofern eine besondere Art einer Widmung darstellt, als die durch den Flächenwidmungsplan verfügte primäre spezielle Baulandwidmung bei einer derartigen Erklärung nicht realisiert werden darf. Der Sache nach dürfte die Erklärung zum Aufschließungsgebiet wie eine Bausperre wirken.

2.2.1. Anders als andere Widmungen scheint aber die Erklärung zum Aufschließungsgebiet den näheren Bestimmungen über Flächenwidmungspläne, die § 1 des Gesetzes vorsieht, ebensowenig unterworfen zu sein, wie den spezifischen Verfahrensregeln für Flächenwidmungspläne. Obwohl auch die Erklärung zum Aufschließungsgebiet im Gesetz nur final determiniert ist, sind die für die Flächenwidmungspläne geltenden näheren Determinanten (§1) hier anscheinend nicht maßgeblich und dürfte auch die verfahrensrechtliche Legitimation, die § 7 des Gesetzes für Flächenwidmungspläne vorsieht, für derartige Verordnungen nicht gelten. Auch scheinen die relativ weitreichenden raumordnungsspezifischen Aufsichtsmöglichkeiten der Landesregierung (vgl. insbesondere den in § 7 Abs 4 vorgesehenen Genehmigungsvorbehalt) für die Erklärung von Aufschließungsgebieten nicht in Frage zu kommen, sondern bloß die allgemeinen Regeln der Gemeindeaufsicht.

Im Hinblick darauf, daß die Erklärung zum Aufschliessungsgebiet mit ganz ähnlichen Wirkungen verbunden ist wie sonstige Baulandwidmungserklärungen, scheint dem Verfassungsgerichtshof die dargelegte vollständige Freizeichnung der Erklärung zu Aufschließungsgebieten von ansonsten für Flächenwidmungen geltenden materiellen, verfahrensrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Determinanten nicht sachlich gerechtfertigt zu sein.

2.2.2. Andererseits scheint die mit der Erklärung zum Aufschließungsgebiet verbundene Wirkung einer Bausperre im Gegensatz zur Verfügung einer Bausperre im eigentlichen Sinn (§12) ungeachtet der gleichartigen Rechtsfolgen zeitlich nicht begrenzt zu sein. Der Verfassungsgerichtshof hält es vorerst nicht für sachlich, daß der Gemeinderat durch die Erklärung zum Aufschließungsgebiet eine unbefristete Bausperre verhängen kann, ohne an nähere Determinanten gebunden zu sein. Der Gerichtshof übersieht dabei nicht, daß nach § 2 Abs 12 des Gesetzes die Erklärung eines Baulandes zum Aufschließungsgebiet aufzuheben ist, wenn der Grund für diese Festlegung weggefallen ist. Dies dürfte freilich kein ausreichendes Korrektiv darstellen; zum einen angesichts der sehr unbestimmten Formulierung dieser Regel, zum anderen auch deshalb, weil den durch die Bausperre betroffenen Grundstückseigentümern eine Rechtsposition nicht zuzukommen scheint, die ihnen die Möglichkeit gibt, die Erlassung einer Verordnung nach Abs 12 bei Zutreffen der hiefür vorgesehenen Voraussetzungen zu erreichen oder die rechtswidrige Nichterlassung einer solchen Verordnung zu bekämpfen.

Es dürfte daher die in Prüfung genommene Bestimmung angesichts ihrer im Vergleich zu einer Verfügung nach § 12 viel weiterreichenden, aber sachlich nicht begründbaren Rechtsfolge nicht zu rechtfertigen sein."

3. Die Kärntner Landesregierung tritt in ihrer Äußerung den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes wie folgt entgegen:

"c) Entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes in den Prüfungsbeschlüssen erscheint es nach Auffassung der Kärntner Landesregierung geradezu abwegig, daß die für die Erlassung (Änderung) des Flächenwidmungsplanes sonst gesetzlich vorgesehenen (inhaltlichen) Determinanten (vgl. insbesondere § 1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982) für die Festlegung von Aufschließungsgebieten nicht gelten sollten. Ein derartiges Gesetzesverständnis hätte etwa zur Folge, daß bei der Festlegung von Aufschließungsgebieten die 'voraussehbaren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse in der Gemeinde, die Auswirkungen auf das Landschaftsbild und das Ortsbild sowie die Erfordernisse einer zeitgemäßen landwirtschaftlichen Betriebsführung' (§1 Abs 1 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982) nicht zu beachten wären. Gleiches würde auch für das Gebot des Einklanges 'mit den Zielsetzungen des § 2 des Kärntner Raumordnungsgesetzes und den Entwicklungsprogrammen' sowie für die Bedachtnahmeverpflichtung 'auf raumbedeutsame Maßnahmen des Bundes' im Sinne des § 1 Abs 2 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 gelten.

Hinzuweisen ist auch auf den Umstand, daß auch die Verwaltungspraxis in Kärnten genau vom gegenteiligen Verständnis ausgeht: Auch die Festlegung von Aufschließungsgebieten hat demnach stets sämtliche für Flächenwidmungspläne geltenden (inhaltlichen) gesetzlichen Determinanten zu berücksichtigen. Nach Auffassung der Kärntner Landesregierung kommt daher den diesbezüglichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, die von der gegenteiligen Prämisse ausgehen, keine Berechtigung zu.

d) Der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes in den Prüfungsbeschlüssen, daß die spezifischen Verfahrensregeln für die Erlassung (Änderung) von Flächenwidmungsplänen (§7 Abs 4 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982) anläßlich der Festlegung von Aufschließungsgebieten nicht zur Anwendung gelangen, kommt hingegen im Lichte der in Kärnten geübten Verwaltungspraxis Berechtigung zu: Die Festlegung von Aufschließungsgebieten erfolgt in der Rechtsform von Durchführungsverordnungen, für die zwar die einschlägigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Allgemeinen Gemeindeordnung, nicht jedoch die spezifischen Verfahrensregeln des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 gelten.

Diese unterschiedliche Behandlung der Festlegung von

Aufschliessungsgebieten einerseits und den (sonstigen) Änderungen

des Flächenwidmungsplanes andererseits erscheint jedoch aus

folgenden Gründen sachlich gerechtfertigt: Nach dem Konzept des

Gemeindeplanungsgesetzes (vgl. dazu die ... Ausführungen in den

Erläuterungen zur Regierungsvorlage) soll durch die 'Festlegung

einer Fläche als Aufschließungsgebiet ... ihre Widmung als

Bauland in keiner Weise berührt (werden). Es wird lediglich die Wirkung einer Baulandwidmung, nämlich daß auf diesen Grundstücken Gebäude und sonstige bauliche Anlagen errichtet werden dürfen, für die Dauer der Festlegung als Aufschließungsgebiet zurückgedrängt'.

Ausgehend von diesem Verständnis des (historischen) Gesetzgebers kann nach Auffassung der Kärntner Landesregierung - entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes in den Prüfungsbeschlüssen - nicht von einer Gleichsetzung der Festlegung von 'Widmungen', die die Nutzungsarten von Grundflächen festlegen, und von 'Aufschließungsgebieten', die einzelne Nutzungsmöglichkeiten für einen bestimmten Zeitraum 'zurückdrängen', ausgegangen werden. Der Grundgedanke der Festlegung von Aufschließungsgebieten besteht darin, daß die davon betroffenen - als Bauland festgelegten - Grundflächen als Bauland festgelegt bleiben, aber 'erst zu einem späteren Zeitpunkt - nach gehöriger Aufschließung und bei entsprechendem Bedarf - durch Verordnung ... zur Bebauung freigegeben' werden (in diesem Sinne B1.609/93). Dazu ist der Verordnungsgeber gemäß § 2 Abs 12 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 auch ausdrücklich (gesetzlich) verpflichtet (arg: hat), wenn der Grund für die Festlegung als Aufschließungsgebiet weggefallen ist (in diesem Sinne auch VfSlg. 12755/1991, S. 800).

Überdies hat der Verfassungsgerichtshof selbst im Erkenntnis VfSlg. 12755/1991 (bezogen auf ein Aufschließungsgebiet nach dem im damaligen Anlaßfall maßgeblichen Salzburger Raumordnungsgesetz 1977, das jedoch im wesentlichen mit der vorliegendenfalls maßgeblichen Kärntner Rechtslage übereinstimmt) die Auffassung vertreten, daß sich die 'Freigabe eines Aufschließungsgebietes' - und damit wohl auch in gleicher Weise die Festlegung eines Aufschließungsgebietes - 'von sonstigen Änderungen des Flächenwidmungsplanes ... durch Besonderheiten' unterscheide:

Diese Unterschiede liegen zum einen darin, daß das bei der Erlassung einer solchen Verordnung einzuhaltende Verfahren ein vereinfachtes ist; zum anderen sind aber auch die sachlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer solchen Verordnung andere als die sachlichen Voraussetzungen für sonstige (fakultative oder obligatorische) Änderungen eines Flächenwidmungsplanes. Ungeachtet dieses Befundes hat sich der Verfassungsgerichtshof damals nicht veranlaßt gesehen, hinsichtlich der - im wesentlichen vergleichbaren - Regelungen des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 betreffend Aufschließungsgebiete ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.

Die aufgezeigten Unterschiede zwischen der Festlegung von Aufschließungsgebieten und der Festlegung von Widmungen im Flächenwidmungsplan rechtfertigen nach Auffassung der Kärntner Landesregierung die unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Regelungen für diese beiden Arten von (flächenwidmungsplanbezogenen) Festlegungen.

e) Den weiteren Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in den Unterbrechungsbeschlüssen, wonach die (ansonsten) relativ weitreichenden raumordnungsspezifischen Aufsichtsmöglichkeiten der Landesregierung (verwiesen wird im gegebenen Zusammenhang auf den in § 7 Abs 4 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 vorgesehenen Genehmigungsvorbehalt) für die Festlegung von Aufschließungsgebieten nicht in Frage zu kommen scheinen, was sachlich nicht gerechtfertigt sei, ist nach Auffassung der Kärntner Landesregierung folgendes entgegenzuhalten:

Die verfassungsrechtliche Grundlage dafür, daß § 7 Abs 4 iVm Abs 5 die Erlassung bzw. iVm § 9 auch die Änderung eines Flächenwidmungsplanes einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung durch die Landesregierung unterwirft, bildet Art 119a Abs 8 B-VG, wonach die zuständige Gesetzgebung einzelne von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu treffende Maßnahmen, durch die auch überörtliche Interessen in besonderem Maße berührt werden, an eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde binden kann. Wie sich aus Art 119a Abs 8 B-VG nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergibt, muß ein Gesetz, durch das eine im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu treffende Maßnahme an die Genehmigung der Aufsichtsbehörde gebunden wird, die Gründe für die Versagung der Genehmigung normieren (vgl. zB. VfSlg. 7.101/1973). Als Versagungsgrund darf gemäß Art 119a Abs 8 letzter Satz B-VG nur ein Tatbestand vorgesehen werden, 'der eine Bevorzugung überörtlicher Interessen eindeutig rechtfertigt.'

Nun hat der Verfassungsgerichtshof zwar wiederholt ausgeführt, daß ein Genehmigungsvorbehalt im Sinne des Art 119a Abs 8 B-VG in Bezug auf die kommunale Aufgabenbesorgung im Bereich der örtlichen Raumplanung grundsätzlich zulässig ist. Eine Verpflichtung, das gemeindliche Verwaltungshandeln (gerade) in diesem Bereich einer (zusätzlichen) aufsichtsbehördlichen Genehmigung zu unterstellen, kann jedoch weder aus Art 119a Abs 8 B-VG noch aus der bezughabenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes abgeleitet werden. Nach Auffassung der Kärntner Landesregierung scheinen aber gerade jene Unterschiede, die im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Verfahrensregelungen betreffend die Festlegung von Aufschließungsgebieten und von Widmungen aufgezeigt worden sind (vgl. oben Punkt 3.d)), auch eine unterschiedliche Behandlung im Bereich der aufsichtsbehördlichen Regelungen zu rechtfertigen.

Im gegebenen Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, daß gemäß § 99 Abs 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 sämtliche Verordnungen aus dem Bereich der Landesvollziehung (und damit auch Aufschließungsgebietsverordnungen) unverzüglich der Landesregierung vorzulegen sind. Damit ist sichergestellt, daß die Landesregierung auch von jenen Verordnungen, hinsichtlich derer ein Genehmigungsvorbehalt nicht besteht, jedenfalls Kenntnis erlangt. Erweist sich eine derart vorgelegte Verordnung als gesetzwidrig, so hat die Landesregierung gemäß § 99 Abs 2 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 iVm Art 119a Abs 6 B-VG solche Verordnungen aufzuheben. Der skizzierte Aufsichtsmechanismus trägt damit - wenn auch auf unterschiedliche Art - in der Praxis in gleicher Weise wie ein Genehmigungsvorbehalt dem Interesse der Sicherung der Gesetzmäßigkeit des gesamten Verwaltungshandelns im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde Rechnung.

f) Was die weiteren Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmung anbelangt, daß nämlich die mit der Erklärung zum Aufschließungsgebiet verbundene Wirkung einer Bausperre im Gegensatz zur Verfügung einer Bausperre im eigentlichen Sinn (§12) ohne gesetzliche Befristung möglich wäre, während die Verfügung einer Bausperre gemäß § 12 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 nur innerhalb gesetzlich festgelegter Fristen zulässig sei, ist den vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes folgendes entgegenzuhalten:

Eine befristete Bausperre soll - nach dem Konzept des § 12 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 - der Sicherung der Realisierbarkeit von künftigen Planungsabsichten im Bereich der kommunalen Bebauungsplanung dienen, wenn die beabsichtigte Wirkung des Bebauungsplanes sonst beeinträchtigt würde; die entsprechenden Planungsabsichten der Gemeinde müssen daher im Zeitpunkt der Festlegung einer befristeten Bausperre jedenfalls bereits in ausreichendem Maße konkretisiert sein. Dies bedeutet aber auch, daß es zu diesem Zeitpunkt bereits einen zeitlichen Horizont für den Abschluß der entsprechenden (Bebauungs-)Planungen geben muß. Im Hinblick darauf erscheint es daher durchaus als sachlich, eine zeitliche Befristung für eine zum Zweck der Sicherung einer beabsichtigten Bebauungsplanung verfügte Bausperre gesetzlich ausdrücklich vorzusehen.

Im Gegensatz dazu bestehen die (gesetzlich zulässigen) Gründe für die Festlegung von Aufschließungsgebieten nach § 2 Abs 11 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 entweder in einer ungenügenden Erschließung der betroffenen Baugrundflächen oder in einem fehlenden allgemeinen, unmittelbaren Bedarf nach entsprechenden Baulandflächen in der Gemeinde. In beiden Fällen ist jedoch im Zeitpunkt der Festlegung von Aufschließungsgebieten nicht absehbar, innerhalb welchen Zeitraumes die Gründe für die Festlegung der Aufschließungsgebiete (ungenügende Erschließung oder fehlender allgemeiner, unmittelbarer Bedarf) wegfallen werden. Eine Prognose in zeitlicher Hinsicht ist daher - anders als bei der Verfügung einer befristeten Bausperre nach § 12 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 - bei der Festlegung von Aufschließungsgebieten von einer Vielzahl von (individuellen) Faktoren (wie der Siedlungsentwicklung in der Gemeinde oder der Finanzkraft der Gemeinde im Hinblick auf die Finanzierung der erforderlichen Erschließungsmaßnahmen) abhängig. Eine Befristung der Möglichkeit, festgelegte Aufschließungsgebiete aufrecht zu erhalten, (unmittelbar) auf gesetzlicher Ebene erscheint daher von vornherein problematisch, weil den jeweils unterschiedlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Kärntner Gemeinden damit von vornherein nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden kann.

Hinzu kommt noch, daß sich die Festlegung von Aufschließungsgebieten zu einem der wichtigsten Instrumente der örtlichen Raumplanung zur Verminderung der 'Baulandüberhänge', die es in einer Vielzahl von Kärntner Gemeinden gibt, entwickelt hat. Der Umstand, daß in den Flächenwidmungsplänen der Kärntner Gemeinden (insbesondere aufgrund von unzutreffenden Entwicklungsprognosen in der Vergangenheit) in weit überdimensioniertem Umfang Baulandflächen ausgewiesen sind, stellt eines der zentralen Probleme der örtlichen Raumplanung in Kärnten dar. Diese (überdimensionierten) Baulandreserven werden jedoch von vielen Grundeigentümern tatsächlich nicht im Einklang mit der festgelegten Nutzungsart genutzt; dies führt einerseits dazu, daß immer neue Grundflächen als Bauland ausgewiesen werden müssen, um den (tatsächlich) bestehenden Bedarf nach derartigen Grundflächen befriedigen zu können. Andererseits verlagert sich dadurch die Siedlungsentwicklung von bestehenden Siedlungskernen weg, was in weiterer Folge dazu führt, daß in immer stärkerem Ausmaße Grundflächen für die Bebauung in Anspruch genommen werden (müssen), die - unter dem Gesichtspunkt einer geordneten Siedlungsentwicklung - für eine Bebauung nicht vorrangig in Betracht kommen sollten. Dadurch wird wiederum einer - nicht nur aus raumordnungspolitischer Sicht - unerwünschten Zersiedelung der Landschaft Vorschub geleistet, andererseits bringt diese Entwicklung aber auch hohe Infrastrukturkosten für die Allgemeinheit und eine Vielzahl von Konflikten zwischen verschiedenen Nutzungsansprüchen an den Raum mit sich.

Die solcherart bestehende Notwendigkeit, bestehende 'Baulandüberhänge' in den Gemeinden zu vermindern, kann nun einerseits durch die Rückwidmung von Baulandgrundflächen in Grünland oder durch die Festlegung solcher Grundflächen als Aufschließungsgebiete erfolgen. In vielen Kärntner Gemeinden hat man sich im gegebenen Zusammenhang - im Rahmen des den Gemeinden im Bereich der örtlichen Raumplanung zustehenden Ermessensspielraumes - für die die (wirtschaftlichen) Interessen der betroffenen Grundeigentümer weniger beeinträchtigende Variante der Festlegung von Aufschliessungsgebieten entschieden. Auf diese Weise konnten Rückwidmungen von als Bauland festgelegten Grundflächen in Grünland auf ein sozial und wirtschaftlich vertretbares Maß beschränkt werden. Gerade auch unter dem Gesichtspunkt einer Verminderung der bestehenden 'Baulandüberhänge' erscheint jedoch eine zeitliche Befristung der Möglichkeit, festgelegte Aufschließungsgebiete aufrecht zu erhalten, (vergleichbar mit dem zeitlichen Rahmen für Bausperren) als äußerst problematisch.

Anzumerken ist im gegebenen Zusammenhang noch, daß auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , V71/94, die grundsätzliche Eignung des gemeindeplanungsrechtlichen Instrumentes der 'Aufschließungsgebiete', eine Verminderung bzw. Beseitigung eines 'Baulandüberhanges' zu erreichen, nicht verneint hat.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß nach Auffassung der Kärntner Landesregierung sowohl die unterschiedlichen Funktionen als auch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der gemeindeplanungsrechtlichen Instrumente der Aufschließungsgebiete und der befristeten Bausperre deren unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf den jeweiligen zeitlichen Horizont beider Planungsinstrumente zu rechtfertigen vermögen.

g) Entgegenzutreten ist der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes in den Prüfungsbeschlüssen auch insofern, als die Auffassung vertreten wird, daß den durch die Festlegung von Aufschließungsgebieten betroffenen Grundeigentümern eine Rechtsposition nicht zuzukommen scheine, die Freigabe der Aufschließungsgebiete (bei Vorliegen der gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen) rechtlich erzwingen zu können: Zunächst ergibt sich aus § 2 Abs 12 des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 die Verpflichtung der Gemeinde, die Bezeichnung von Bauland als Aufschließungsgebiet aufzuheben, 'wenn der Grund für diese Festlegung weggefallen ist'. Zum anderen hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 12755/1991 oder B1.609/93 vom ) wiederholt ausgeführt, daß der Verordnungsgeber bei Vorliegen der Voraussetzungen für die 'Freigabe' von Aufschließungsgebieten überdies von Verfassungs wegen dazu verhalten ist, eine Aufschließungsgebietsverordnung aufzuheben.

Sollte nun weder der Verordnungsgeber seinen diesbezüglichen, gesetzlich begründeten Verpflichtungen nachkommen noch die zuständige Aufsichtsbehörde von den ihr zu Gebote stehenden Aufsichtsmitteln in entsprechender Weise Gebrauch machen, hat Aberdies auch der betroffene Grundstückseigentümer die Möglichkeit, die Frage der Gesetzmäßigkeit einer Aufschließungsgebietsverordnung im Wege einer auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerde (etwa aufgrund eines negativen Baubewilligungsbescheides) an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Daß dieser Weg tatsächlich praktikabel ist, zeigt eine ganze Reihe von verfassungsgerichtlichen Erkenntnissen auf, denen jeweils Beschwerden gemäß Art 144 Abs 1 B-VG von betroffenen Grundeigentümern zugrundeliegen; auch die dem vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren zugrundeliegenden Anlaßfallbeschwerden machen deutlich, daß den betroffenen Grundstückseigentümern sehr wohl Möglichkeiten offenstehen, die (behauptete) Gesetzwidrigkeit von Aufschließungsgebietsverordnungen in effektiver Weise zu relevieren.

h) Zusammenfassend erachtet die Kärntner Landesregierung somit die in den vorliegenden Prüfungsbeschlüssen vorgebrachten Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Bestimmung des Gemeindeplanungsgesetzes 1982 für nicht gerechtfertigt."

4. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 wurden im Gesetzesprüfungsverfahren nicht entkräftet:

4.1.1. Die Kärntner Landesregierung tritt der vom Verfassungsgerichtshof geäußerten vorläufigen Annahme, daß nach dem Konzept des GemeindeplanungsG 1982 die Erklärung eines Baugebietes zum Aufschließungsgebiet nicht durch den Flächenwidmungsplan selbst, sondern durch gesonderte Verordnung erfolgen sollte, nicht entgegen. Weiters wird von der Kärntner Landesregierung bestätigt, daß die spezifischen Verfahrensregeln für die Erlassung (Änderung) von Flächenwidmungsplänen (§7 GemeindeplanungsG 1982) anläßlich der Festlegung von Aufschließungsgebieten nicht zur Anwendung gelangten.

Dies sei jedoch nach Ansicht der Kärntner Landesregierung zum einen unbedenklich, weil durch die Festlegung eines Grundstückes als Aufschließungsgebiet das betreffende Grundstück als Bauland gewidmet bleibe, aber erst später bei entsprechendem Bedarf mittels Verordnung zur Bebauung freigegeben werde. Zum anderen verweist die Kärntner Landesregierung auf Art 119a Abs 8 B-VG und die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hiezu, wonach ein Genehmigungsvorbehalt iS dieser Verfassungsbestimmung in bezug auf die kommunale Aufgabenbesorgung im Bereich der örtlichen Raumplanung zwar grundsätzlich zulässig sei. Es bestehe jedoch keine Verpflichtung, das gemeindliche Verwaltungshandeln (gerade) in diesem Bereich einer (zusätzlichen) aufsichtsbehördlichen Genehmigung zu unterstellen.

Im übrigen seien gemäß § 99 Abs 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 sämtliche Verordnungen aus dem Bereich der Landesvollziehung (und damit auch Aufschließungsgebietsverordnungen) unverzüglich der Landesregierung vorzulegen, welche gemäß § 99 Abs 2 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 gesetzwidrige Verordnungen aufzuheben habe.

4.1.2. Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß durch die Festlegung eines Grundstückes als Aufschließungsgebiet dessen Baulandwidmung an sich aufrecht bleibt. Durch die Festlegung als Aufschließungsgebiet wurden nach dem GemeindeplanungsG 1982 die Wirkungen der Baulandwidmung aber insofern beseitigt, als gemäß § 11 Abs 2 dieses Gesetzes keine landesgesetzlich vorgesehenen Bewilligungen zur Errichtung von Gebäuden und zur Errichtung von sonstigen baulichen Anlagen, ausgenommen solche, die der Aufschließung dienten, sowie bauliche Anlagen iS des § 3 Abs 5 leg.cit. (d.s. bauliche Anlagen im Zuge von elektrischen Leitungsanlagen, für Wasserversorgungsanlagen, zur Abwasserbeseitigung sowie Fernmeldeanlagen, Telefonzellen, Bildstöcke u.ä.) erteilt werden durften. Dies bedeutete aber nichts anderes, als daß die primäre Rechtswirkung der Baulandwidmung, nämlich die Möglichkeit zur Bebauung, letztlich suspendiert werden konnte, wenn und solange die Voraussetzungen des § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 vorlagen.

Der Verfassungsgerichtshof vermag daher der Auffassung der Kärntner Landesregierung nicht zu folgen, daß sich die Festlegung als Aufschließungsgebiet nach dem GemeindeplanungsG 1982 von sonstigen im Flächenwidmungsplan festzulegenden Widmungen derart unterschied, daß die völlige Freizeichnung der Erklärung zum Aufschließungsgebiet von den ansonsten für Flächenwidmungspläne geltenden verfahrens- und aufsichtsrechtlichen Determinanten sachlich gerechtfertigt wäre.

Wenn die Kärntner Landesregierung in diesem Zusammenhang auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichthofes VfSlg. 12755/1991 und , verweist, so vermag dies ihre Auffassung nicht zu stützen, im Gegenteil: In den den angeführten Entscheidungen zugrundeliegenden Fällen erfolgte die Festlegung als Aufschließungsgebiet im Flächenwidmungsplan selbst, also gerade nicht - wie nach dem GemeindeplanungsG 1982 - in einer eigenen Verordnung, die den für die Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes geltenden Vorschriften nicht unterworfen ist (vgl. weiters VfSlg. 11702/1988, 12879/1991). Im übrigen hegte der Verfassungsgerichtshof bislang lediglich keine Bedenken dagegen, daß sich die als "Freigabe" eines Aufschließungsgebietes bezeichnete Änderung des Flächenwidmungsplanes von den sonstigen Änderungen des Flächenwidmungsplanes durch ein vereinfachtes Verfahren oder durch andere sachliche Voraussetzungen unterschied (insbesondere VfSlg. 12755/1991). Die dieser Beurteilung zugrundeliegenden Erwägungen lassen sich - entgegen der Auffassung der Kärntner Landesregierung - nicht ohne weiteres auf die Festlegung von Aufschließungsgebieten übertragen. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G289/94, V297/94 u.a. Zlen., ausgeführt, daß in Bereichen, in denen der Gesetzgeber auf den Weg einer finalen Determinierung verwiesen ist, zum einen ein umfassender gesetzlicher Zielkatalog oder zumindest eine umfassende Umschreibung der Planungsaufgaben in inhaltlicher Hinsicht unabdingbar ist, weil sonst das Verwaltungshandeln weitgehend in einem rechtsfreien Raum stattfände und dementsprechend auch der verfassungsmäßig gebotene Maßstab für die Überprüfung der Verwaltungstätigkeit auf ihre Gesetzmäßigkeit vom Ansatz her fehlte. Zum anderen hat das Gesetz - wie der Verfassungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis weiter ausführte - Regelungen darüber zu enthalten, wie die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers zu erarbeiten sind, und die Methode selbst bindend vorzuschreiben.

Daß im übrigen nach dem GemeindeplanungsG 1982 die Festlegung von Aufschließungsgebieten den für Flächenwidmungspläne geltenden aufsichtsbehördlichen Regelungen, insbesondere der in § 7 Abs 4 GemeindeplanungsG 1982 normierten Genehmigungspflicht, nicht unterlag, vermögen auch die von der Kärntner Landesregierung ins Treffen geführten Regelungen der allgemeinen Gemeindeaufsicht - namentlich § 99 Abs 1 und 2 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 - nicht zu kompensieren. Denn die bloße Pflicht, eine Verordnung der Aufsichtsbehörde mitzuteilen, kommt einer Genehmigungspflicht nicht gleich; denn diesfalls bedarf die zu erlassende Verordnung der Genehmigung, also eines aktiven Mitwirkens, der Aufsichtsbehörde, um überhaupt Rechtswirksamkeit zu erlangen. (Bemerkt sei, daß die Kärntner Landesregierung in den Anlaßfällen B1975/93 und B1976/93 auf Anfrage des Verfassungsgerichtshofes mitteilte, daß die Gemeinde Maria Wörth die in Prüfung gezogene Verordnung vom über die Festlegung von Aufschließungsgebieten der Kärntner Landesregierung als Aufsichtsbehörde bis zur Anfrage des Verfassungsgerichtshofes gar nicht mitgeteilt hatte.)

4.2. Auch das weitere vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß aufgeworfene Bedenken, welches er im Hinblick auf einen Vergleich mit der Bausperre hegte, vermochte die Kärntner Landesregierung nicht zu entkräften. Die mit der Erklärung zum Aufschließungsgebiet verbundene Wirkung einer Bausperre ist im Gegensatz zur Verfügung einer Bausperre im eigentlichen Sinn ungeachtet der gleichartigen Rechtsfolgen zeitlich nicht begrenzt. Es ist unsachlich, wenn der Gemeinderat durch die Festlegung eines Aufschließungsgebietes die Wirkungen einer unbefristeten Bausperre herbeiführen kann, ohne an nähere Determinanten gebunden zu sein. Die nach § 2 Abs 12 GemeindeplanungsG 1982 vorgesehene Verpflichtung, die Bezeichnung von Bauland als Aufschließungsgebiet aufzuheben, wenn der Grund für diese Festlegung weggefallen ist, bildet angesichts der sehr unbestimmten Formulierung dieser Regel kein ausreichendes Korrektiv. Das Vorbringen der Kärntner Landesregierung, die Festlegung von Aufschließungsgebieten habe sich zu einem wichtigen Instrument der örtlichen Raumplanung zur Verminderung der in zahlreichen Kärntner Gemeinden bestehenden "Baulandüberhänge" entwickelt, vermag daran nichts zu ändern. Denn damit wird nur aufgezeigt, daß diesfalls § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 zu Zwecken zur Anwendung gelangte, zu deren Erreichung das Gesetz andere Instrumentarien vorsieht.

5.1. § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 erweist sich daher jedenfalls aus den angegebenen Gründen als verfassungswidrig.

5.2. Im Hinblick darauf, daß § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 durch die Novelle LGBl. für Kärnten 105/1994 mit Wirkung vom novelliert (und das GemeindeplanungsG 1982 mit Kundmachung der Landesregierung vom , LGBl. für Kärnten 23/1995, als "Gemeindeplanungsgesetz 1995 - K-GplG 1995" wiederverlautbart) wurde, war gemäß Art 140 Abs 4 B-VG auszusprechen, daß § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 idF vor der genannten Novelle (sowie der Wiederverlautbarung), somit idF der Wiederverlautbarung LGBl. für Kärnten 51/1982, verfassungswidrig war.

5.3. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Kärnten zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches erfließt aus Art 140 Abs 5, zweiter Satz, B-VG.

C. Zur Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die inhaltliche Gesetzmäßigkeit von Verordnungen bezogen auf jenen Zeitpunkt zu prüfen, in dem sie angewendet wurden oder anzuwenden waren (VfSlg. 12755/1991 mwH). Im vorliegenden Fall sind die in Prüfung gezogenen Verordnungen daher an jener Rechtslage zu messen, von der die belangte Behörde bei Erlassung der angefochtenen (Vorstellungs-)Bescheide auszugehen hatte; es ist dies die Rechtslage am Tage der Zustellung der letztinstanzlichen Gemeindebescheide (s. oben Punkt II.A.).

Maßstab für die inhaltliche Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Verordnungen ist somit § 2 Abs 11 GemeindeplanungsG 1982 idF vor der Novelle LGBl. für Kärnten 105/1994 (und der Wiederverlautbarung LGBl. für Kärnten 23/1995). Da diese Bestimmung - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zu Punkt II.B. ergibt - verfassungswidrig war, trifft das vom Verfassungsgerichtshof in seinen Prüfungsbeschlüssen geäußerte Bedenken zu, daß die genannten Verordnungen aufgrund einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung erlassen wurden.

Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 7951/1976, 9535/1982, 10931/1986, , V297/94 u.a. Zlen.) hat die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmung, die die Verordnung trägt, zur Folge, daß die Verordnung hiermit der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt (Art139 Abs 3 lita B-VG). Dies hat nicht nur für den Fall der Aufhebung der maßgeblichen Gesetzesstelle als verfassungswidrig, sondern auch für den Fall zu gelten, daß sich der Verfassungsgerichtshof aufgrund ihres bereits erfolgten Außerkrafttretens auf den Ausspruch zu beschränken hatte, daß die maßgebliche Gesetzesbestimmung verfassungswidrig war: Art 139 Abs 3 B-VG ist nämlich - wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 8213/1977 ausgeführt hat - von dem Gedanken getragen, den Verfassungsgerichtshof in die Lage zu versetzen, in all jenen Fällen, in denen die festgestellte Gesetzwidrigkeit der präjudiziellen Verordnungsstelle offenkundig auch alle übrigen Verordnungsbestimmungen erfaßt, die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben. Der Fall, daß eine Verordnung aufgrund einer bereits außer Kraft getretenen, als verfassungswidrig erkannten gesetzlichen Vorschrift erlassen wurde, ist demnach dem Fall des Art 139 Abs 3 lita B-VG gleichzuhalten.

Die in Prüfung gezogenen Verordnungen waren sohin nicht nur im präjudiziellen Umfang, sondern zur Gänze aufzuheben, da sich Umstände, die dem iS des Art 139 Abs 3, letzter Satz, B-VG entgegenstünden, im Verfahren nicht ergeben haben.

Die Verpflichtung der Kärntner Landesregierung zur Kundmachung dieser Aussprüche stützt sich auf Art 139 Abs 5, erster Satz,

B-VG.

III. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4,

erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.