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VfGH vom 11.10.1993, v22/92

VfGH vom 11.10.1993, v22/92

Sammlungsnummer

13571

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen der Satzung der Oö Gebietskrankenkasse über die Gewährung von Zahnersatz; gesetzeskonforme Auslegung im Sinne einer Verpflichtung zur Gewährung von unentbehrlichem Zahnersatz bei Vorliegen der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen; gesetzwidrige Festlegung der betragsmäßigen Höhe von Zuschüssen zu Zahnersatz in einem nicht mehr unter den Begriff "Kostenbeteiligung" fallenden Ausmaß; keine Gesetzwidrigkeit der chefärztlichen Genehmigungspflicht bei der Verschreibung bestimmter Heilmittel; kein Anspruchsverlust durch die unterlassene Einholung der vorausgehenden Bewilligung; bloße Absicherung der Übernahme der Kosten durch die Kasse im vorhinein

Spruch

I. Die Worte "von S 500,- pro Einheit" in Punkt II. des Anhanges 1 zur Satzung 1985 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr. 71/1985, Soziale Sicherheit 9/1985, idF der Amtlichen Verlautbarung Nr. 20/1986, Soziale Sicherheit 3/1986, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

II. Der Antrag, § 36 Abs 1, 3 und 6 (iVm dem verbleibenden Text des Punktes II. des Anhanges 1 der Satzung 1985 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse) als gesetzwidrig aufzuheben, wird abgewiesen.

Im übrigen wird der Antrag, Anhang 1 der Satzung 1985 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse als gesetzwidrig aufzuheben, zurückgewiesen.

III. Der Antrag, § 1 Abs 3 der Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen, kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr. 40/1990, Soziale Sicherheit 6/1990, als gesetzwidrig aufzuheben, wird hinsichtlich des dritten Satzes dieser Bestimmung abgewiesen.

Im übrigen wird dieser Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht stellt aus Anlaß einer bei ihm zu Z 13 Cgs 1001/92 anhängigen Klage mit Beschluß vom gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof die Anträge, "1.) § 36 Abs 1, 3 und 6 der Satzung der OÖ. Gebietskrankenkasse (in Verbindung mit Anhang 1) und 2.) § 1 Abs 3 RÖV als gesetzwidrig aufzuheben."

1.2. Diese Bestimmungen lauten:

1.2.1. § 36 (Zahnersatz) der Satzung 1985 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr. 71/1985, Soziale Sicherheit 9/1985:

"(1) Die Kasse kann den unentbehrlichen Zahnersatz (§32 Abs 2) gewähren, soweit nicht ein Anspruch aus der gesetzlichen Unfallversicherung, nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, nach dem Heeresversorgungsgesetz, nach dem Opferfürsorgegesetz, nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, nach dem Impfschadengesetz oder nach dem Strafvollzugsgesetz besteht. Die Kosten werden von der Kasse nur für Arbeiten in einwandfreiem Material und einwandfreier Ausführung übernommen.

(2) ...

(3) Zuschüsse zu Kronen, Stiftzähnen und Brücken werden von der Kasse nur dann gewährt, wenn diese Zahnersatzarbeiten von der Kasse als notwendig anerkannt wurden.

(4) ...

(5) ...

(6) Bei Gewährung von Leistungen des unentbehrlichen Zahnersatzes sind vom Versicherten (Angehörigen) Zuzahlungen zu leisten. Die Höhe der Zuzahlungen ist im Anhang 1 zur Satzung festgesetzt. Insoweit die Gewährung als Sachleistung mangels einer Regelung im Vertrag nicht in Betracht kommt, kann die Kasse Zuschüsse gewähren, deren Höhe gleichfalls im Anhang 1 bestimmt wird."

1.2.2. Anhang 1 der Satzung 1985 der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr. 71/1985, Soziale Sicherheit 9/1985, idF der Amtlichen Verlautbarung Nr. 20/1986, Soziale Sicherheit 3/1986:

"Zuzahlungen bzw. Zuschüsse bei Gewährung von

Zahnersatz sowie von Kieferregulierungen

I. Die Zuzahlung der Versicherten und für die anspruchsberechtigten Angehörigen zu den Kosten des unentbehrlichen Zahnersatzes (§36) beträgt

a) für Kunststoffprothesen und deren Reparaturen ..... 25 %

b) für Metallgerüstprothesen einschließlich fortgesetzter

Klammer, Aufrauhen, Zahnklammern und die erforderlichen Zähne

sowie deren Reparaturen .............................. 50 %

c) für Voll-Metallkronen an Klammerzähnen bei Teilprothesen

(darunter sind Vollgußkronen und Bandkronen mit gegossener

Kaufläche zu verstehen)............................... 50 %

der mit den Vertragszahnbehandlern jeweils vereinbarten Tarifsätze.

II. Bei Anfertigung von Metall-, Porzellan- und Kunststoffarbeiten wird Versicherten und anspruchsberechtigten Angehörigen für Zahnkronen (ausgenommen die unter I. c) angeführten Voll-Metallkronen), Stiftzähne, Brückenpfeiler und Brückenglieder ein Zuschuß von S 500,- pro Einheit gewährt.

III. Kieferorthopädische Behandlungen:

1. Die Zuzahlung der Versicherten und für die anspruchsberechtigten Angehörigen bei kieferorthopädischen Behandlungen auf der Basis abnehmbarer Geräte beträgt pro Behandlungsjahr 50 % der jeweils mit den Vertragszahnbehandlern vereinbarten Tarifsätze bei nachstehenden Fehlbildungen:


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a)
Hemmungsmißbildungen, insbesondere Spaltbildungen,
b)
Unterzahl von drei benachbarten oder vier oder mehr Zähnen
in einem Kiefer,
c)
Überzahl von drei oder mehr Zähnen in einem Kiefer,
d)
totale Nonokklusion,
e)
extremer oberer Schmalkiefer mit ein- oder beidseitigen
Kreuzbiß und gestörter Nasenatmung sowie erschwertem Mundschluß,
f) extremer Tiefbiß (insbesondere Deckbiß) mit traumatischem Einbiß im antagonistischen paradontalen Gebiet,
g)
frontaler offener Biß mit Einschluß der ersten Prämolaren,
h)
Progenie mit Mesialokklusion und Frontzahnstufe mit
gestörter Nasenatmung sowie erschwertem Mundschluß,
i) extreme Fronstzahnstufe bei Distalokklusion von mehr als einer Prämolarenbreite bei gestörter Nasenatmung sowie erschwertem Mundschluß,
j) Fehlbildungen, die in ihrer Bedeutung für den zu behandelnden den in lita) bis i) genannten Anomalien entsprechen,
k) Fehlbildungen, bei denen kieferorthopädische Maßnahmen zur Behandlung von Krankheiten erforderlich sind, die ihrem Wesen nach zu anderen ärztlichen Fachgebieten gehören (Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde, Neurologie, Psychotherapie),


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wenn vor Beginn der Behandlung anhand der erforderlichen diagnostischen Unterlagen ein Behandlungsplan (mit Befund, Therapievorschlag, Angabe der vorgesehenen Apparate und prognostische Beurteilung) erstellt, dieser in den hiefür vorgesehenen Vordruck eingetragen und mit diesem ein Kostenübernahmeantrag bei der Kasse gestellt wurde und diese die Kostenübernahme zugesichert hat.


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2. Der Zuschuß der Kasse zu kieferorthopädischen Behandlungen, die auf der Basis festsitzender Geräte bei den unter a) bis k) angeführten Fehlbildungen durchgeführt werden, beträgt pro Behandlungsjahr 50 % der jeweils mit den Vertragszahnbehandlern gemäß Punkt 1 vereinbarten Tarifsätze.


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3. Der Zuschuß der Kasse zu den übrigen kieferorthopädischen Behandlungen, deren medizinische Notwendigkeit vom Chef-Zahnarzt anerkannt wurde, beträgt pro Behandlungsjahr 50 % des Zuschusses gemäß Punkt 2.


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4. Zu den Reparaturkosten wird ein Zuschuß im Ausmaß von 50 % der jeweils mit den Vertragszahnbehandlern vereinbarten Tarifsätze gewährt.

IV. Zuzahlungen der Versicherten und für anspruchsberechtigte Angehörige sind auf volle Schilling in der Weise zu runden, daß Beträge über 50 Groschen unberücksichtigt bleiben und solche von 50 oder mehr Groschen als voller Schilling gerechnet werden."

1.2.3. § 1 Abs 3 der Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen (RöV), kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr. 40/1990, Soziale Sicherheit 6/1990:

"Allgemeine Bestimmungen

§1

(1) ...

(2) ...

(3) Die Abgabe von Heilmitteln für Rechnung des KrankenVersicherungsträgers muß in einer öffentlichen Apotheke bzw. durch einen hausapothekenführenden Arzt erfolgt sein. Voraussetzung ist, daß die betreffende öffentliche Apotheke bzw. der hausapothekenführende Arzt mit dem Krankenversicherungsträger in einem Vertragsverhältnis steht. Soweit Heilmittel oder Heilbehelfe nicht nach diesen Richtlinien, nach dem Heilmittelverzeichnis (§31 Abs 3 Z. 11 litb ASVG) oder nach den Krankenordnungen der Krankenversicherungsträger zur freien Verschreibung zugelassen sind, dürfen von den Krankenversicherungsträgern die Kosten nur dann übernommen werden, wenn vor dem Bezug die Bewilligung durch den Krankenversicherungsträger (chef- oder kontrollärztliche Bewilligung) eingeholt wurde."

2. Den Aufhebungsanträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2.1. Der Kläger stand in der Zeit vom 6. August bis bei einem Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Behandlung. Im Zuge dieser Behandlung wurden die bisher eingesetzten Amalgamfüllungen durch silbernitratfreie Zahnfüllungen bzw. durch Kronen ersetzt.

Mit Bescheid vom gewährte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (im folgenden: OÖ GKK) dem 3läger für diese Behandlung Kostenersatz in der Höhe von S 34.053,60. Für die neun Vollkronen (Kosten S 32.400,-- zuzüglich Mehrwertsteuer) leistete die OÖ GKK einen Zuschuß von insgesamt S 5.400,--. Für die vorgelegten Rechnungen über den Bezug von Homöopathika wurde kein Kostenersatz geleistet.

2.2. Hierauf erhob der Kläger Klage an das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht, in welcher er u.a. die restlichen Kosten für den Zahnersatz (Vollkronen) und für die bezogenen Homöopathika begehrt.

Die beklagte OÖ GKK beantragte Klagsabweisung und brachte vor, daß es dem jeweiligen Krankenversicherungsträger vorbehalten sei, die Voraussetzungen und die Höhe seiner Leistung autonom in der Satzung festzusetzen. Nach § 36 Abs 6 der Satzung der OÖ GKK würden Kronen nicht als Sachleistung erbracht, vielmehr gewähre die OÖ GKK Zuschüsse, deren Höhe im Anhang 1 der Satzung mit S 500,-- zuzüglich Mehrwertsteuer festgelegt sei. Bezüglich der Homöopathika wurde ausgeführt, daß deren Verschreibung der chefärztlichen Bewilligung bedürfe. Da im vorliegenden Fall der Kläger eine solche Bewilligung aber nicht eingeholt habe, seien ihm die Kosten nach § 1 Abs 3 letzter Satz RöV nicht zu erstatten gewesen.

2.3. Aus Anlaß dieses Verfahrens beschloß das Gericht gemäß § 89 Abs 2 B-VG, die Prüfung der angefochtenen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

3. Das antragstellende Gericht begründet seine Bedenken gegen § 36 Abs 1, 3 und 6 iVm dem Anhang 1 der Satzung 1985 der OÖ GKK im wesentlichen wie folgt:

"Die Satzung der Versicherungsträger ist ihrer Struktur nach als Verordnung zu qualifizieren, da sie nicht nur der Ausgestaltung einer Innenorganisation dient, sondern auch objektive Rechte für die Versicherten, Beitragspflichtigen, Anspruchsberechtigten und Leistungsberechtigten festsetzt (10 Ob S 63/91). Art 18 Abs 2 B-VG bezieht sich auch auf generelle Regelungen von Selbstverwaltungskörpern, weshalb es für jede Satzung eines Sozialversicherungsträgers der inhaltlichen Bestimmung durch das Gesetz bedarf. Die inhaltliche Bestimmung der Satzung der OÖ. Gebietskrankenkasse durch ein Gesetz findet sich ... in § 153 ASVG. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 153 Abs 2 erster Satz ASVG läßt nur den Schluß zu, daß sich die Formulierung 'kann' auf die Kostenbeteiligung durch den Versicherten und nicht auf die Gewährung des Zahnersatzes an sich bezieht. Der unentbehrliche Zahnersatz stellt daher eine Pflichtleistung des Versicherungsträgers dar, die allerdings unter Kostenbeteiligung des Versicherten gewährt werden kann (SSV NF 4/163). § 36 Abs 1 der Satzung formuliert den unentbehrlichen Zahnersatz jedoch eindeutig als freiwillige Leistung. Der Wortlaut 'kann ... gewähren' bezieht sich in dieser Bestimmung nämlich nicht auf die Kostenbeteiligung, sondern auf die Gewährung des Zahnersatzes an sich. Eine derartige Beschränkung der Pflichtleistung auf eine freiwillige Leistung findet jedoch keinerlei Deckung in der gesetzlichen Grundlage des § 153 Abs 2 erster Satz ASVG.

Der Zahnersatz muß allerdings nicht als Sachleistung erbracht werden, sondern kann der Versicherungsträger gemäß § 153 Abs 2 zweiter Satz ASVG anstelle der Sachleistung auch Zuschüsse zu den Kosten eines Zahnersatzes leisten. § 36 Abs 3 der Satzung hat diese Wahlmöglichkeit übernommen. In unzulässiger Weise wird darin aber der Zuschuß auf jene Fälle eingeschränkt, in denen die Zahnersatzarbeiten von der Kasse als notwendig anerkannt werden. Diese Beschränkung auf das Ermessen des Versicherungsträgers steht aber im Widerspruch zum Auftrag des Gesetzgebers, den Zahnersatz immer dann zu erbringen, wenn dieser (objektiv) unentbehrlich, also medizinisch notwendig ist.

Die Höhe des Zuschusses ergibt sich im Wege des § 36 Abs 6 (bzw. bei der Inanspruchnahme eines Wahlarztes über § 37 Abs 5) der Satzung durch Verweisung auf deren Anhang 1. Gemäß Punkt II dieses Anhanges wird für Kronen ein Zuschuß von S 500,-- pro Einheit gewährt. Für andere Zahnersatzarbeiten ist in Punkt I eine Zuzahlung des Versicherten zu den Kosten im Ausmaß von 25 bis maximal 50 % der mit den Vertragszahnbehandlern jeweils vereinbarten Tarifsätze vorgesehen. Inwieweit eine derartige dynamische Verweisung verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, muß das Gericht erster Instanz im vorliegenden Fall dahingestellt lassen; diese Frage ist auf Grund des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom , 10 Ob S 63/91, ohnedies Gegenstand eines Normprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof.

Fest steht aber, daß die beklagte Partei Zuzahlungen des Versicherten auf höchstens 50 % der Kosten begrenzt. Nur dann kann auch begrifflich noch von einer Kostenbeteiligung des Versicherten gesprochen werden. Wird anstelle einer Sachleistung unter Kostenbeteiligung gemäß dem zweiten Satz des § 153 Abs 2 ASVG vom Versicherungsträger wahlweise ein Zuschuß zu den Kosten des Zahnersatzes gewährt, so muß dieser bei verfassungskonformer Auslegung dieser Gesetzesbestimmung ebenfalls zumindest 50 % der Leistung umfassen.

Die vom Versicherten zu bezahlenden Herstellungskosten einer Vollkrone oder Vollmetallkrone betragen nun überlicherweise S 3.500,-- bis S 7.500,--, während der Versicherungsträger mit dem Pauschalbetrag von S 500,-- durchschnittlich nur rund ein Zehntel der tatsächlichen Kosten abdeckt. Von einer Kostenbeteiligung des Versicherten an einem unentbehrlichen und vom Versicherungsträger grundsätzlich als Pflichtleistung zu erbringenden Zahnersatz kann hier nicht mehr gesprochen werden, im Gegenteil wird die gesetzliche Pflichtleistung mit einem derart niedrigen Kostenersatz in Richtung Null reduziert. Das erkennende Gericht hat daher massive Bedenken an der Gesetzmäßigkeit der zitierten Satzungsbestimmungen samt Anhang."

Zu § 1 Abs 3 RöV führt das antragstellende Gericht aus:

"Im letzten Satz dieser Bestimmung wird die Kostenübernahme von Heilmitteln oder Heilbehelfen, die nicht nach diesen Richtlinien zur freien Verschreibung zugelassen sind, auf jene Fälle eingegrenzt, in denen vor dem Bezug die Bewilligung durch den Krankenversicherungsträger eingeholt wurde. Auch wenn die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Arznei- und Heilmitteln sowie Heilbehelfen nur die Sozialversicherungsträger inter pares binden und nach herrschender Ansicht den Anspruch des Versicherten auf eine ausreichende und zweckmäßige Behandlung nicht einzuschränken vermögen ..., wird bei dieser Argumentation ... außeracht gelassen, daß der Hauptverband dennoch an den klaren Gesetzesauftrag zur Beistellung der notwendigen Heilmittel ohne Beschränkung auf ein vorheriges Bewilligungsverfahren gebunden ist. Im gegenständlichen Fall zeigt sich nun beispielhaft die weitverbreitete Praxis der Sozialversicherungsträger, eine Kostenerstattung gerade unter Berufung auf § 1 Abs 3 RÖV mangels vorheriger Bewilligung des Heilmittels gegenüber dem Anspruchsberechtigten abzulehnen. Damit wird aber durch die RÖV sehr wohl auch unmittelbar in die objektiven Rechte der Versicherten eingegriffen."

4. Die Hauptversammlung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, der Präsidialausschuß des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Bundesminister für Arbeit und Soziales haben je eine Äußerung erstattet und beantragt, die Anträge des Landesgerichtes Linz - soweit dazu in den Äußerungen Stellung genommen wurde - abzuweisen.

Außerdem wurden die auf die Satzung der OÖ GKK sowie auf die RöV bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt.

4.1. Die Hauptversammlung der OÖ GKK führt in ihrer Äußerung zu den angefochtenen Bestimmungen der Satzung aus:

"1) Zu § 36 Abs 1 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse

Gemäß § 455 Abs 2 ASVG hat der Hauptverband der österr. Sozialversicherungsträger für den Bereich der Krankenversicherung eine Mustersatzung aufzustellen; er kann dabei aus Gründen der Einheitlichkeit bei der Durchführung der Sozialversicherung Bestimmungen für verbindlich erklären; solche verbindlichen Bestimmungen sind in die Satzungen der Krankenversicherungsträger zu übernehmen.

§ 36 Abs 1 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse ist eine kraft der Verbindlichkeit der entsprechenden Bestimmung der Mustersatzung (ebenfalls § 36 Abs 1) zu übernehmende Bestimmung. Die Kasse konnte daher gar keine andere Regelung treffen.

In der Sache selbst wird angemerkt, daß die im Verordnungsprüfungsantrag des Landesgerichtes Linz angesprochene Fassung sowohl des § 36 Abs 1 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse als auch der Mustersatzung dem Rechtszustand bis entspricht. Mit Wirkung vom wurde nämlich § 36 Abs 1 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse entsprechend der ebenfalls per in Geltung getretenen Änderung des § 36 Abs 1 der Mustersatzung von einer Kann- in eine Ist-Bestimmung umformuliert; die Verlautbarung erfolgt im amtlichen Teil der Juni-Ausgabe 1992 der Fachzeitschrift 'Soziale Sicherheit'.

Im übrigen läßt sich auch die in Prüfung gezogene Fassung des § 36 Abs 1 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse durchaus gesetzeskonform auslegen. Die Kasse verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 10 Ob S 194/90; der OGH hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, daß § 36 Abs 1 der Mustersatzung (alte Fassung), und somit auch § 36 Abs 1 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse, wonach die Kasse den unentbehrlichen Zahnersatz gewähren kann, soweit nicht ein Anspruch aus den in dieser Satzungsbestimmung genannten Gesetzen besteht, nicht so zu verstehen sei, daß die Kasse, soweit kein anderweitiger Anspruch besteht, unentbehrlichen Zahnersatz als freiwillige Leistung gewähren kann, sondern nur, daß sie bei Bestehen eines anderweitigen Anspruches keinen Zahnersatz gewähren darf, also diesbezüglich nicht leistungspflichtig ist.

2) Zu § 36 Abs 3 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse

Das Landesgericht meint in seinem Prüfungsantrag, § 36 Abs 3 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse widerspräche dem Gesetzesauftrag, wonach der unentbehrliche Zahnersatz immer dann zu erbringen ist, wenn dieser objektiv unentbehrlich, also medizinisch notwendig ist.

Gemäß § 361 Abs 1 Z. 1 ASVG werden die Leistungsansprüche in der Krankenversicherung auf Antrag festgestellt. Der Krankenversicherungsträger hat zu prüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die beantragte Leistung vorliegen. Im Falle des Zahnersatzes ist gemäß § 153 Abs 2 ASVG die Unentbehrlichkeit, das ist die medizinische Notwendigkeit, die Anspruchsvoraussetzung, bei deren Erfüllung der Versicherungsträger verpflichtet ist, die Leistung zu gewähren.

Die Kasse leitet daher aus § 153 Abs 2 ASVG ihre Berechtigung ab, in ihrer Satzung festzulegen, daß sie die Frage der Notwendigkeit = Unentbehrlichkeit prüfen und für den Fall, daß diese nicht vorliegt, auch ihre Leistungspflicht ablehnen darf.

Die Meinung des Landesgerichtes Linz, es handle sich dabei um ein Ermessen des Versicherungsträgers, hält die Kasse für nicht zutreffend; die Frage der Notwendigkeit ist eine nach objektiven, medizinischen Kriterien zu prüfende, auch der Beurteilung durch die Gerichte in Sozialrechtssachen unterliegende Frage.

Wird ein im § 36 Abs 3 der Satzung genannte Zahnersatzarbeit als notwendig (unentbehrlich) festgestellt, so hat die Kasse nach dieser Bestimmung einen Zuschuß zu leisten; ein Ermessen ist ihr nach dem Wortlaut und bei gesetzeskonformer Interpretation des § 36 Abs 3 nicht eingeräumt.

3) Zu § 36 Abs 6 der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse

Wenn man davon ausgeht, daß der unentbehrliche Zahnersatz gemäß § 153 Abs 2 ASVG eine Pflichtleistung der sozialen Krankenversicherung ist, dann kann das Wort 'kann' sich nur auf die Art der Leistungserbringung dieser Pflichtleistung als Sachleistung mit Kostenbeteiligung oder, wenn eine Sachleistung nicht in Betracht kommt, als Kostenzuschuß beziehen.

Im Prüfungsantrag des Landesgerichtes Linz wird ausgeführt, daß die in der Form des Zuschusses gewährte Leistung des Zahnersatzes den gleichen Prozentsatz wie die Kostenbeteiligung umfassen müsse. Bei dem in der Satzung der OÖ Gebietskrankenkasse festgelegten Zuschuß in Form eines Pauschalbetrages von S 500,-- reduziere sich der Kostenersatz - gemessen an den tatsächlichen Kosten des Zahnersatzes - in Richtung Null, sodaß Bedenken an der Gesetzmäßigkeit des § 36 Abs 6 der Satzung samt Anhang bestünden.

Das Landesgericht Linz berücksichtigt allerdings in seinem Prüfungsantrag nicht, daß, wie oben angeführt, zwischen der Sachleistung mit Kostenbeteiligung und der Erbringungsform des Zuschusses zu unterscheiden ist.

Eine Sachleistung liegt dann vor, wenn für diese Leistungen mit den Vertragszahnbehandlern vereinbarte Tarifsätze bestehen. Nur in diesem Fall kann die Zuzahlung des Versicherten in einem Prozentsatz (der Vertragstarife) ausgedrückt werden. Es bestehen jedoch nicht über alle Formen des Zahnersatzes Vertragstarife mit den Zahnbehandlern, sondern es steht den Zahnbehandlern frei, hinsichtlich der 'außervertraglichen' Leistungen unterschiedlich hohe Privattarife mit den Patienten zu verrechnen. Für diese Fälle kann als Leistung des Krankenversicherungsträgers nur ein Zuschuß in Form eines Pauschalbetrages in Betracht kommen; eine Kostenbeteiligung in Form eines Prozentsatzes ist für diese Fälle nicht denkbar.

Die Festlegung der Höhe des Zuschusses in der Satzung bzw. deren Anhang hängt von der Finanzlage des Krankenversicherungsträgers ab. Das Gesetz läßt jedenfalls bei der oben angeführten Interpretation, daß das Wort 'kann' sich auf die Art der Leistungserbringung bezieht, nicht zwingend den Schluß zu, daß der Zuschuß den gleichen finanziellen Effekt für den Versicherten wie die Kostenbeteiligung in der Form der Zuzahlung haben müßte.

Die Tatsache, daß im Bereich des Zahnersatzes zwischen Leistungen, die durch einen Vertragstarif geregelt sind, und Leistungen, für die ein derartiger Tarif nicht vereinbart wurde, zu unterscheiden ist, vermag jedenfalls die von der Kasse in ihrer Satzung und deren Anhang 1 getroffene Regelung hinsichtlich des Zuschusses zu den Kosten des unentbehrlichen Zahnersatzes als sachlich gerechtfertigt begründen."

4.2. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales führt in seiner Äußerung zu den angefochtenen Bestimmungen der Satzung der OÖ GKK aus:

"1. Zu § 36 Abs 1 der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse:

Den Ausführungen des Landesgerichtes Linz in der Begründung des Urteils ist beizupflichten, soweit sie sich auf den Charakter der Satzung als Verordnung, sowie auf die Qualifikation der Leistung des unentbehrlichen Zahnersatzes als Pflichtleistung beziehen.

Letzteres hat der OGH in seiner Entscheidung vom , 10 Ob S 194/90, ausgesprochen, in der er entgegen der bis dahin in der Lehre vorherrschenden und in der Rechtssprechung einhellig vertretenen Meinung und im Sinne der bisherigen Mindermeinung entschieden hat, daß die Leistung des unentbehrlichen Zahnersatzes auch nach dem ASVG eine Pflichtleistung des Krankenversicherungsträgers ist.

Die Begründung des OGH in der angeführten Entscheidung lautet im wesentlichen, im § 153 Abs 2 ASVG könne "das Wort 'kann' im ersten Satz zwanglos auch nur mit den folgenden Worten 'unter Kostenbeteiligung' und nicht etwa nur mit den Worten 'gewährt werden' in Verbindung gebracht werden, weshalb daraus nicht abzuleiten ist, daß nur eine freiwillige Leistung vorliegt." Der OGH wandte, um zu diesem Ergebnis zu gelangen, im wesentlichen die Methode der verfassungskonformen Interpretation an.

Auf Grund dieses Urteils wurde in der entsprechenden Bestimmung des § 36 Abs 1 sowohl der Mustersatzung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (7. Änderung der Mustersatzung von 1982, genehmigt am , in Kraft getreten am ) als auch der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (10. Änderung der Satzung, genehmigt am , versehentlich noch nicht kundgemacht und daher noch nicht in Kraft getreten) eine entsprechende Klarstellung durch Änderung des Wortlauts von 'die Kasse kann .... gewähren' auf 'die Kasse gewährt ....' bereits vorgenommen.

Aber auch unter Beibehaltung der bisherigen Formulierung gelangt man zum selben Ergebnis. Der OGH hat nämlich - ebenfalls im oben zitierten Urteil - nach derselben Interpretationsmethode der verfassungskonformen Interpretation auch die mit der nunmehr angefochtenen Bestimmung des § 36 Abs 1 der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (in der Fassung vor ihrer Änderung) identische Bestimmung des § 32 Abs 2 der Satzung der Tiroler Gebietskrankenkasse für gesetzeskonform befunden. Diesbezüglich hat er ausgeführt:

'Im Sinne dieser Auslegung sind auch § 36 Abs 1 der Mustersatzung 1980 und gleichlautende Bestimmungen der Satzung der beklagten Partei, wonach die Kasse den unentbehrlichen Zahnersatz (§32 Abs 2) gewähren kann, soweit nicht ein Anspruch aus den in dieser Satzungsbestimmung genannten Gesetzen besteht, nicht so zu verstehen, daß die Kasse, soweit kein anderweitiger Anspruch besteht, unentbehrlichen Zahnersatz als freiwillige Leistung gewähren kann, sondern nur, daß sie beim Bestehen eines anderweitigen Anspruchs keinen Zahnersatz gewähren darf, also diesbezüglich nicht leistungspflichtig ist.'

Der OGH gelangt zu diesem Ergebnis, in dem er das Wort 'kann' in Bezug setzt zu einer bestimmten Wortgruppe, einer die Pflichtleistung einschränkenden Bedingung. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, daß auch eine andere Interpretationsmethode zum nämlichen Ergebnis führen könnte: Für den Bereich des Sozialversicherungsrechts als Teil des besonderen Verwaltungsrechts wird vertreten, daß nicht durch jede 'Kann-Bestimmung' der Behörde freies Ermessen eingeräumt wird, sondern die Behörde durchaus verpflichtet sein kann, in einem ganz bestimmten Sinn zu handeln (vgl. Marhold - ZAS 1980 Seite 93ff, P.Bernard in Ermacora (Hg) Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 91ff).

Auch die beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß durch 'Kann-Bestimmungen' nicht notwendigerweise freies Ermessen eingeräumt wird. Die Verwaltungsbehörde habe vielmehr anhand der konkreten Vorschrift zu prüfen, ob durch die Verwendung des Wortes 'kann' tatsächlich ein Ermessen eingeräumt wird. 'Können' bedeute unter Umständen nämlich auch 'sollen' oder 'müssen' (VwGH: Slg NF 2707 A; Slg NF 3580 A; Slg NF 6787 A; Slg NF 6833 A; Slg NF 8528 A; VfGH: Slg 4644; Slg 4814; Slg 6477; Slg 7326).

Dazu müssen nicht 'sämtliche denkmögliche Kriterien, die als Voraussetzung für eine bestimmte Rechtsfolge in Betracht kommen, im Gesetz bereits angeführt' sein (VwGH Slg.NF 6406A), es genügt, 'wenn bestimmte gesetzliche Voraussetzungen vorliegen' und 'eine Reihe von die Behörde bindenden Anordnungen' getroffen wurden (VfGH Slg. 2326).

Nach dieser Rechtsprechung sind die betreffenden Vorschriften nach ihrem Inhalt zu beurteilen. Solche heteronome Voraussetzungen bzw. die Behörde bindende Anordnungen stellen zweifellos auch die gesetzlichen Bestimmungen selbst dar. Im konkreten Fall wäre das neben § 153 Abs 2 ASVG vor allem die Bestimmung des § 133 Abs 2 ASVG. Zwar bezieht sich letztere Bestimmung systematisch nur auf die im 2. Teil, Abschnitt II, 2. Unterabschnitt des ASVG geregelte Krankenbehandlung, deren Grundgedanke aber für alle Pflichtleistungen in der Krankenversicherung zu gelten hat (OGH in seiner Entscheidung vom , 10 Ob S 63/91, Unterbrechungsbeschluß; die Äußerung der Bundesregierung dazu vom , GZ 602.737/7-V/4/91), so auch für die im 5. Unterabschnitt geregelten Zahnbehandlung und Zahnersatz. Daraus ergibt sich eine Bindung der Behörde dahingehend, daß Zahnersatz zu leisten ist, wenn er unentbehrlich ist, was in diesem Fall nur heißen kann: notwendig, um eine allenfalls sonst drohende Gesundheitsstörung hintanzuhalten.

Das 'Können' in der gegenständlichen Bestimmung bedeutet so gesehen ein 'müssen', da alle entscheidungsrelevanten Kriterien für die Behörde vorgegeben sind, und für die Ausübung von Ermessen kein Raum bleibt.

2. Zu § 36 Abs 3 der Satzung:

Hiezu vermeint das antragstellende Gericht, daß durch diese Bestimmung in unzulässiger Weise der Zuschuß auf jene Fälle eingeschränkt werde, in denen die Zahnersatzarbeiten von der Kasse als notwendig anerkannt werden. Diese Beschränkung auf das Ermessen des Versicherungsträgers stehe aber im Widerspruch zum Auftrag des Gesetzgebers, den Zahnersatz immer dann zu erbringen, wenn dieser (objektiv) unentbehrlich, also medizinisch notwendig sei.

Nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales räumt die angefochtene Bestimmung der Kasse keineswegs ein Ermessen ein. Sie wiederholt bloß die grundlegende, auch auf den Bereich der Zahnbehandlung und des Zahnersatzes anwendbare Regelung des § 103 Abs 2 ASVG (dazu OGH in seinem Unterbrechungsbeschluß, E vom , 10 Ob S 63/91), wonach Krankenbehandlung in ausreichendem und zweckmäßigem, das Maß der Notwendigkeit jedoch nicht überschreitenden Ausmaß zu leisten ist.

Deshalb muß es dem leistungserbringenden Träger der Krankenversicherung überlassen bleiben, im Zuge der Prüfung des Anspruches eines Versicherten das Vorliegen der Voraussetzungen für seine Leistung insbesondere der Notwendigkeit derselben, festzustellen. Ist nach dieser, auf einer objektiven Prüfung des Sachverhaltes beruhenden Feststellung eine Leistung eine notwendige, so ist sie von der Kasse zu erbringen. Diesbezüglich ist ihr vom Gesetzgeber keinerlei Ermessen eingeräumt.

Die Entscheidung der Kasse bezüglich der Gewährung oder Nichtgewährung einer bestimmten Leistung, weil diese nach ihrer Auffassung das Maß des Notwendigen überschreite, kann im Einzelfall umstritten sein. Diesfalls sieht das Gesetz ein entsprechendes Verfahren vor den Gerichten zur Verfolgung eines behaupteten Anspruches durch den Versicherten vor. Willkür ist dem Krankenversicherungsträger weder durch das Gesetz (§133 Abs 2 ASVG) noch durch die angefochtene Satzungsbestimmung eingeräumt.

3. Zu § 36 Abs 6 (in Verbindung mit dem Anhang 1) der Satzung:

Kritisiert wird nicht die Regelung des § 36 Abs 6 der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse als solche. Diese Bestimmung sieht für bestimmte Fälle Zuzahlungen des Versicherten, für andere Fälle aber Zuschüsse der Kasse zur Leistung des unentbehrlichen Zahnersatzes vor. Zu den wortidentischen Bestimmungen der Mustersatzung wie auch der Satzung der Tiroler Gebietskrankenkasse (jweils § 36 Abs 5) hat im übrigen auch der OGH im oben zitierten Beschluß vom , 10 Ob S 194/90, festgestellt:

'Wenn im § 36 Abs 5 der genannten Satzungen bestimmt wird, daß bei Gewährung von Leistungen des unentbehrlichen Zahnersatzes vom Versicherten (Angehörigen) Zuzahlungen zu leisten sind und die Kasse Zuschüsse gewähren kann, insoweit die Gewährung als Sachleistung mangels Regelung im Vertrag nicht in Betracht kommt, so halten sich diese Satzungen an die im § 153 Abs 2 ASVG eingeräumten Möglichkeiten.'

Das LG Linz hegt in seinem dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Aufhebungsantrag vielmehr Bedenken gegen den mit § 36 Abs 6 der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse im Zusammenhang stehenden Anhang 1 der Satzung. Darin wird die im § 36 Abs 6 leg.cit. vorgenommene Differenzierung in Zuzahlungen des Versicherten einerseits und Zuschüsse durch die Kasse andererseits ausgeführt und deren jeweilige Höhe bestimmt.

Die Bedenken des LG Linz gehen dahin, daß die finanziellen Belastungen des Versicherten unterschiedlich sind, je nachdem, ob er den unentbehrlichen Zahnersatz als Sachleistung bekommt und nur eine Zuzahlung leisten muß, oder ob er den unentbehrlichen Zahnersatz selbst bezahlen muß und dazu nur einen Zuschuß erhält.

Im ersten Fall betrage die Belastung des Versicherten - je nach erbrachter Leistung - zwischen 25 % und 50 % der Kosten. Im zweiten Fall erhalte der Versicherte bloß rund ein Zehntel der entstandenen Kosten über den Zuschuß der Kasse erstattet; er müsse daher etwa 90 % dieser Kosten selbst tragen.

Diese Feststellungen des Landesgerichts Linz sind zutreffend.

Allerdings hält das Bundesministerium für Arbeit und Soziales diese Differenzierung für sachlich gerechtfertigt.

Das System des § 36 Abs 6 der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse unterscheidet nämlich bei der Leistung des unentbehrlichen Zahnersatzes zwischen Leistungen, die als Sachleistungen erbracht werden können, da hiefür eine vertragliche Regelung mit den Zahnbehandlern abgeschlossen werden konnte, und solchen Leistungen, deren Gewährung als Sachleistung mangels einer Regelung im Vertrag nicht in Betracht kommt.

Gemäß § 338 Abs 1 ASVG werden die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zu den freiberuflich tätigen Ärzten, Dentisten (...) durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen geregelt. Gemäß Abs 2 ist durch diese Verträge eine ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen.

§ 342 Abs 2 dritter Satz ASVG bestimmt, daß die Gesamtverträge eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Hilfe (einschließlich der Rückvergütung bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe) enthalten sollen. Diese 'Soll-Bestimmung' beinhaltet nach den Gesetzesmaterialien (Ausschußbericht) eine Verpflichtung, die Begrenzungen in den Gesamtvertrag aufzunehmen, wenn wirtschaftliche Gründe (d.h. die finanzielle Lage der Krankenversicherungsträger) dies notwendig machen. ...

...

Beim unentbehrlichen Zahnersatz ist - wenn er als Sachleistung beigestellt wird - allgemein eine Zuzahlung der Versicherten vorgesehen, die durch jeden Versicherungsträger für seinen Bereich festgesetzt werden kann. Darüber hinaus können beim Zahnersatz anstelle der Gewährung als Sachleistung auch Zuschüsse zu den Kosten eines Zahnersatzes geleistet werden. Die näheren Bestimmungen enthalten die jeweilige Satzung bzw. Krankenordnung des Versicherungsträgers. Für Zahnprothesen (Kunststoffprothesen, Metallgerüstprothesen sowie Voll-Metallkronen an Klammerzähnen) bestehen Verträge zwischen den Krankenversicherungsträgern und den Zahnbehandlern, in denen das Honorar des Zahnbehandlers festgelegt ist; dies hat zur Folge, daß die vom Versicherten zu leistenden Zuzahlungen schon von vornherein bekannt sind und sich durchwegs in zumutbarer Höhe bewegen. Anders verhält es sich hingegen bei Stiftzähnen, Kronen und Brücken. Hinsichtlich dieser Leistungen haben die Zahnbehandler bisher mit den Krankenversicherungsträgern keine Verträge abgeschlossen, weshalb diese Leistungen nicht als Sachleistungen erbracht werden können. Die von den Zahnbehandlern für diese Leistungen in Rechnung gestellten Beträge stellen somit Privathonorare dar, die hinsichtlich ihrer Höhe keiner gesetzlichen oder vertraglichen Beschränkung unterliegen. Es ist verständlich, daß die Krankenversicherungsträger die Höhe der von ihnen für Zahnkronen und Brücken gewährten Kostenerstattungen nicht an der Höhe dieser Privathonorare messen können, zumal diese Honorare nicht von vornherein festgelegt und absehbar sind, sondern - wie ja auch aus den Ausführungen des Landesgerichtes Linz hervorgeht - um bis zu 100 % schwanken.

Eine generelle Kostenübernahme zu einem bestimmten Prozentsatz, wie es dem antragstellenden Gericht offenbar vorschwebt, würde die Vorhersehbarkeit der finanziellen Belastung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse unmöglich machen und somit zu einer im Ergebnis dem Auftrag des § 342 Abs 2 dritter Satz ASVG nicht entsprechenden Situation führen.

Nach ho. Auffassung entspricht die von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse gewählte und im § 36 Abs 6 im Zusammenhang mit Anhang 1 ihrer Satzung festgelegte Vorgangsweise den gesetzlichen Vorgaben des § 342 Abs 2 dritter Satz und § 153 Abs 2 ASVG im Sinne der dort vorgesehenen Differenzierung bzw. den Intentionen des Gesetzgebers."

Zu § 1 Abs 3 der RöV führt der Bundesminister für Arbeit und Soziales in seiner Äußerung u.a. aus:

"Der primäre Adressatenkreis der RöV sind die Versicherungsträger. Die Richtlinienkompetenz erweist sich somit als Ausfluß der Koordinationsfunktion des Hauptverbandes. Gegenüber den Versicherten haben die RöV nach herrschender Ansicht keinen Verordnungscharakter. Dies ergibt sich einerseits e contrario aus der zitierten Bestimmung des § 31 Abs 5 ASVG, worin die Richtlinien für die im Hauptverband zusammengefaßten Versicherungsträger für verbindlich erklärt werden. Andererseits kann der gesetzliche Anspruch auf eine ausreichende und zweckmäßige, wenn auch das Maß des Notwendigen nicht überschreitende, Krankenbehandlung durch die Richtlinien oder das Heilmittelverzeichnis nicht ausgeschlossen werden. Das bestimmt ausdrücklich § 31 Abs 3 Z 11 lita letzter Satz ASVG, wonach durch die Richtlinien der Heilzweck nicht gefährdet werden darf. Der Anspruch auf eine notwendige, aber im Heilmittelverzeichnis nicht enthaltene oder nach den Richtlinien nicht gewährte Arzneimittelspezialität bleibt somit bestehen (vgl. auch OLG Wien vom , SSV 24/65).

Die RöV sollen insbesondere bestimmen, inwieweit Arzneispezialitäten für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können. Wie sich schon aus der Bezeichnung der Richtlinien ergibt, dienen sie vornehmlich dem Zweck, eine möglichst effiziente, das heißt kostengünstige Heilmittel- und Heilbehelfeabgabe zu organisieren. 'Die Wirtschaftlichkeit einer Behandlung ist danach zu beurteilen, in welchem Verhältnis die Kosten zur Sicherung des Erfolges zu der dafür erforderlichen Zeit stehen. Von mehreren gleichermaßen zweckmäßigen Mitteln ist dasjenige auszuwählen, das die geringsten Kosten verursacht.'

(Schrammel in ZAS 1986 S 145). Der Gesetzgeber stellt es dem Hauptverband anheim, mittels dieser Richtlinien die nähere Verfahrensweise zu bestimmen, nach der die Arzneimittel dem Versicherten im Rahmen der Krankenbehandlung zur Verfügung zu stellen sind bzw. die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit zu bestimmen ist. Der Gesetzgeber selbst nennt in § 31 Abs 3 Z 11 litb ASVG zwei solche Verfahrensarten. Er geht dabei davon aus, daß grundsätzlich Arzneispezialitäten der chef- oder kontrollärztlichen Bewilligung unterliegen (arg: '... sonst notwendigen ...', 2. Satz leg.cit.). Nicht notwendig ist diese Bewilligung für solche Arzneispezialitäten, die im vom Hauptverband herausgegebenen Heilmittelverzeichnis angeführt sind.

Einen Hinweis darauf, daß die Genehmigung bzw. Bewilligung durch die Chef- oder Kontrollärzte der Krankenversicherungsträger eine vom Gesetzgeber beabsichtigte und daher zulässige Kontrolle darstellt (zustimmend dazu auch Schrammel a.a.O.) - insbesondere eine Kontrolle der wirtschaftlichen Vertretbarkeit der Verschreibung -, gibt auch § 350 Abs 1 ASVG, wonach Heilmittel und Heilbehelfe für Rechnung der Krankenversicherungsträger von Apothekern und Hausapotheken führenden Ärzten nur unter folgenden Voraussetzungen abgegeben werden dürfen:

1. Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit dem Krankenversicherungsträger,

2. Verordnung durch eine mit dem Krankenversicherungsträger in einem Vertragsverhältnis stehenden Arzt und

3. freie Verschreibbarkeit nach dem vom Hauptverband herausgegebenen Heilmittelverzeichnis (§31 Abs 3 Z 11 litb) bzw. nach den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise (§31 Abs 3 Z 11 lita) oder bei Vorliegen einer chef- oder kontrollärztlichen Bewilligung.

Daraus ergibt sich, daß für die zulässige Abgabe eines Heilmittels oder Heilbehelfs für Rechnung der Krankenversicherungsträger erstens die Verordnung durch einen mit dem Krankenversicherungsträger in einem Vertragsverhältnis stehenden Arzt notwendig ist. Dieser ist seinerseits durch die vertraglichen Bindungen über Gesamt- und Einzelvertrag (§§341 bis 343 ASVG) verhalten, eine ärztliche Behandlung im Rahmen des § 133 Abs 2 ASVG Vorgegebenen zu erbringen. Zum zweiten ist aber eine Kontrolle durch die Kasse vorgesehen. Diese Kontrolle erfolgt in der Form, daß eine Arzneispezialität zur freien Verschreibbarkeit durch Aufnahme in das Heilmittelverzeichnis bzw. nach den RöV zugelassen oder ihr Bezug auf Kosten des Krankenversicherungsträgers durch den Chef- oder Kontrollarzt bewilligt wird.

Aus § 350 Abs 1 ASVG ergibt sich aber auch, daß die zuletzt angesprochene Bewilligung der Abgabe vorangehen muß, da die in Frage stehenden Heilmittel oder Heilbehelfe von den Apothekern den Hausapotheken führenden Ärzten nur bei Vorliegen der angeführten Voraussetzungen, also auch der Bewilligung für Rechnung der Versicherungsträger abgegeben werden dürfen.

§ 1 Abs 3 letzter Satz der Richtlinien wiederholt insofern den Inhalt des § 350 Abs 1 Z 3 ASVG.

Ergänzend sei auf das Urteil des OGH 9 Ob A84/89 verwiesen, in dem dieser sich mit der Problematik der Vorgenehmigung auseinandergesetzt und sie jedenfalls - unter Hinweis auf § 350 Abs 1 Z 3 ASVG - für die Abgabe von Heilmitteln oder Heilbehelfen für zulässig erachtet hat. Dies ist umso bemerkenswerter, als der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung für den Bereich der ärztlichen Hilfe die Zulässigkeit einer solchen vorherigen chef- oder kontrollärztlichen Bewilligung verneint hat. In der Lehre ist selbst letzteres nicht unbestritten geblieben, insbesondere unter Hinweis auf die Funktion der Vorgenehmigung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung (Eichinger in Kom. zur zit. Ent. in ZAS 1990, Seite 29ff; Binder in 'Aktuelle Fragen im Leistungsrecht der Krankenversicherung', ZAS 1990, Seite 20 FN 70).

Eine Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmung liegt im Hinblick auf die obigen Ausführungen nach Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nicht vor."

4.3. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat in seiner Äußerung zu § 1 Abs 3 der RöV ausgeführt:

"Die Kosten für Heilmittel, die nicht zur freien Verschreibung zugelassen sind, dürfen von den Krankenversicherungsträgern gemäß § 1 Abs 3 RöV nur dann übernommen werden, wenn vor dem Bezug die Bewilligung durch den Krankenversicherungsträger (chef- oder kontrollärztliche Bewilligung) eingeholt wurde.

Die gesetzliche Grundlage für die Richtlinien des Hauptverbandes über die ökonomische Verschreibweise ist § 31 Abs 3 Z. 11 lita ASVG, wonach in Wahrnehmung öffentlicher Interessen vom Gesichtspunkt des Sozialversicherungsrechtes und der wirtschaftlichen Tragfähigkeit sowie unter Bedachtnahme auf die Art und Dauer der Erkrankung bestimmt werden soll, inwieweit Arzneispezialitäten für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können, wobei der Heilzweck nicht gefährdet werden darf.

Diese Bestimmung steht im engen Zusammenhang mit § 31 Abs 3 Z. 11 litb ASVG, in dem normiert ist, daß im Heilmittelverzeichnis jene Arzneispezialitäten anzuführen sind, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen ohne die sonst notwendige chef- oder kontrollärztliche Bewilligung für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können. Daraus ergibt sich, daß für Arzneispezialitäten, die nicht im Heilmittelverzeichnis angeführt sind, jedenfalls eine chef- bzw. kontrollärztliche Bewilligung erforderlich ist. Überdies ist im § 31 Abs 3 Z. 11 litb vorgesehen, daß im Heilmittelverzeichnis jene Stoffe für magistrale Zubereitungen anzuführen sind, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen nur mit vorheriger chef- oder kontrollärztlicher Bewilligung für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können.

Aufgrund dieser Rechtslage ist der Ansicht des Landesgerichtes Linz, wonach § 1 Abs 3 RöV gesetz- bzw. verfassungswidrig sei, weil durch diese Bestimmung unmittelbar in die objektiven Rechte der Versicherten eingegriffen werde, folgendes entgegenzuhalten:

Die Leistungsansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung sind gemäß § 361 Abs 1 Z. 1 ASVG vom zuständigen Sozialversicherungsträger auf Antrag festzustellen. Der Anspruchsberechtigte hat daher die Umstände, auf die sich sein Leistungsbegehren gründet, unter Beachtung der Verfahrensregeln darzulegen. Ist nun der Vertragsarzt dazu berechtigt, Heilmittel frei zu verschreiben (also ohne Einschaltung des Sozialversicherungsträgers), so bedeutet dies, daß der Sozialversicherungsträger das ihm zustehende Prüfungsrecht an den Vertragsarzt delegiert hat. Dies ist in der Praxis zweckmäßig; die Beachtung der leistungsrechtlichen Bestimmungen ist durch entsprechende vertragliche Regelungen abgesichert (vgl. § 10 Abs 2,§ 14,§ 21 und § 35 Abs 2 des Mustergesamtvertrages, abgedruckt bei Dragaschnig - Souhrada, Schiedskommissionen und Vertragspartnerrecht, Wien 1983, S. 85 ff).

Aufgrund der eingangs angeführten Bestimmungen ist diese Delegation jedoch nicht zwingend. Die Richtlinien des Hauptverbandes über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen in Verbindung mit dem Heilmittelverzeichnis dienen somit dazu, daß dem Sozialversicherungsträger im Einzelfall das Recht zur Prüfung eines Antrags auf Gewährung eines Heilmittels vorbehalten bleibt.

Zweck dieser Bestimmungen ist es allerdings nicht, den Anspruch des Versicherten auf eine ausreichende, zweckmäßige, das Maß des Notwendigen nicht überschreitende Krankenbehandlung (§133 Abs 2 ASVG) etwa durch die Einräumung eines Ermessensspielraumes einzuschränken, sondern, die in § 133 Abs 2 ASVG festgelegten Voraussetzungen für einen Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Einzelfall durch den Sozialversicherungsträger zu prüfen (Anspruchsfeststellung - vergleiche hiezu auch die Erläuterungen zur 41. ASVG-Novelle).

Bei dieser Prüfung ist gemäß § 31 Abs 3 Z. 11 lita ASVG auch auf die wirtschaftliche Situation der Sozialversicherungsträger Bedacht zu nehmen. Dies ergibt sich bereits aus § 133 Abs 2 ASVG, wonach die Krankenbehandlung das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen und das Heilmittelverzeichnis sind somit wesentlich vom Gebot der Wirtschaftlichkeit determiniert (vgl. hiezu auch die Rechtsprechung des OGH zum Ersatz der Kosten einer von der Wissenschaft noch nicht anerkannten Behandlungsmethode - Außenseitermethode - z. B. SSV NF 3/154).

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß die Ausführungen von Binder in ZAS 1990, S. 16 zum Kostenersatz eines Homöopathikums nicht mehr der geltenden Rechtslage entsprechen. Die Übernahme von Kosten der Homöopathika durch die Sozialversicherungsträger sind mittlerweile nach chef- und kontrollärztlicher Bewilligung zulässig.

§ 1 Abs 3 RöV ist somit eine Verfahrensregel, durch die dem Sozialversicherungsträger entsprechend dem gesetzlichen Auftrag die Möglichkeit eingeräumt wird, die leistungsrechtlichen Voraussetzungen vor der Kostenübernahme zu prüfen. Dieses Ziel ist sachlich gerechtfertigt nur durch eine vorherige Bewilligung eines Antrages zu erreichen, um im Interesse des Versicherten Rechtsicherheit zu gewährleisten: Der Versicherte soll von vornherein Gewißheit darüber haben, wie der Krankenversicherungsträger zu seinem Leistungsbegehren steht. Durch die in der 50. ASVG-Novelle normierte Kompetenz des Hauptverbandes, Richtlinien unter Bedachtnahme auf § 133 Abs 2 ASVG über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung aufzustellen, wobei als Mittel hiefür ebenfalls eine vorhergehende chef- oder kontrollärztliche Bewilligung vorgesehen ist, wurden diese Intentionen des Gesetzgebers neuerlich bekräftigt.

Der Hauptverband ist daher zusammenfassend der Ansicht, daß durch eine gesetzes- und somit verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs 3 RöV Rechtswidrigkeiten vorgebeugt werden kann und eine Aufhebung dieser Bestimmung nicht notwendig ist."

5.1. In der Amtlichen Verlautbarung Nr. 65/1992, Soziale Sicherheit 6/1992, wurde die 10. Änderung der Satzung 1985 der OÖ GKK kundgemacht. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Artikel I und II derselben lauten wie folgt:

"Artikel I

1. a) Im § 36 Abs 1 wird der Ausdruck 'Die Kasse kann den unentbehrlichen Zahnersatz (§32 Abs 2) gewähren,' durch den Ausdruck 'Die Kasse gewährt den unentbehrlichen Zahnersatz (§32 Abs 2),' ersetzt.

b) ...

c) Im § 36 Abs 6 wird der Ausdruck 'kann die Kasse Zuschüsse gewähren', durch den Ausdruck 'gewährt die Kasse Zuschüsse,' ersetzt.

2. ...

3. ...

Artikel II

Die Änderungen laut Artikel I treten rückwirkend am in Kraft."

5.2. Der Einladung, zur Frage, welche Bedeutung diese Änderung der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen zukommt, Stellung zu nehmen, hat das antragstellende Gericht keine Folge geleistet.

6. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Prüfungsanträge erwogen:

6.1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987).

6.1.2. Die Präjudizialitätsfrage wurde vom Landesgericht Linz hinsichtlich der angefochtenen Bestimmung des § 36 Abs 3 der Satzung 1985 der OÖ GKK denkmöglich beantwortet. Das trifft auch auf § 36 Abs 1 und 6 der Satzung 1985 der OÖ GKK zu, woran nichts ändert, daß diese Bestimmungen nach der Antragstellung durch das Landesgericht Linz durch die 10. Änderung der Satzung novelliert worden sind und die novellierte Fassung rückwirkend mit in Kraft gesetzt worden ist. Wohl sind durch die Novelle § 36 Abs 1 und 6 der Satzung neu erlassen worden (vgl. VfSlg. 6281a/1970, 6282/1970, 10091/1984 und ). Es kann jedoch dem anfechtenden Gericht nicht entgegengehalten werden, daß es die angefochtene Regelung - also die Stammfassung des § 36 Abs 1 und 6 der Satzung 1985 - denkmöglich nicht anwenden konnte, da die Zahnbehandlung, für die Kostenersatz begehrt wird, in der Zeit vom 6. August bis und damit auch vor dem Zeitpunkt stattfand, für den die 10. Änderung der Satzung rückwirkend in Kraft gesetzt 3urde; es ist Sache der Auslegung des anfechtenden Gerichtes, in die der Verfassungsgerichtshof nicht eingreift, ob es für die Entscheidung des Rechtsstreites die Rechtslage, wie sie vor Inkrafttreten der Novelle gegeben war, als maßgeblich erachtet, zumal nichts dafür spricht, daß ein anderer Zeitpunkt als der, zu dem der dem Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt verwirklicht wurde, maßgeblich wäre. Da im Verfahren auch keine sonstigen Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, ist der Verordnungsprüfungsantrag hinsichtlich des § 36 Abs 1, 3 und 6 der Satzung 1985 der OÖ GKK zulässig.

6.1.3. Anders verhält es sich mit der Anfechtung des Anhanges

1. Der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, muß nämlich gemäß § 57 Abs 1 VerfGG nicht nur begehren, daß entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder daß bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Er hat auch die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Die Nicht-Darlegung von Bedenken gegen einzelne der aufzuhebenden Bestimmungen bildet - nach gefestigter Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - einen zur sofortigen Zurückweisung des Antrages führenden Mangel (VfSlg. 8612/1979, 9716/1983; vgl. auch - zum Gesetzesprüfungsverfahren - VfSlg. 11888/1988, 11970/1989).

Das Landesgericht Linz hat beantragt, Anhang 1 zur Gänze aufzuheben, die geltend gemachten Bedenken richten sich jedoch nur gegen die Regelung des Punkt II. des Anhanges. Selbst wenn das Gericht der Ansicht war, daß es die Bestimmungen des Punkt I. und III. anzuwenden hätte - Punkt IV. kommt denkmöglich für eine Anwendung überhaupt nicht in Frage - ist die Anfechtung des Anhanges 1, soweit sie sich nicht gegen Punkt II. richtet, mangels Darlegung von Bedenken zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 7593/1975).

6.1.4. Was die Anfechtung der Bestimmungen des § 1 Abs 3 RöV betrifft, so stellt sich zunächst die Frage, ob das anfechtende Gericht diese Regelung überhaupt denkmöglich anzuwenden hatte, da Adressat der Richtlinien nach deren sprachlichen Fassung nur die Krankenversicherungsträger sind. Der Verfassungsgerichtshof hält aber auch hinsichtlich dieser Norm die offensichtliche Ansicht des anfechtenden Gerichtes, sie bei der Erledigung des Falles anwenden zu müssen, zumindest für denkmöglich. Jedenfalls hinsichtlich einer der beiden Prozeßparteien, nämlich der beklagten Sozialversicherungsanstalt, kann das Gericht vertretbarerweise annehmen, daß die angefochtene Bestimmung bei der Entscheidung anzuwenden wäre, da sie auf eine Bindung der Sozialversicherungsträger hinausläuft; mittelbar werden die RöV somit auch gegenüber den Anspruchsberechtigten wirksam. Auch hinsichtlich der angefochtenen Regelung des § 1 Abs 3 RöV hat der Verfassungsgerichtshof jedoch zu beachten, daß die vorgetragenen Bedenken sich nur gegen den letzten Satz der Regelung richten, daß aber Bedenken gegen die ersten beiden Sätze des § 1 Abs 3 leg.cit. nicht vorgetragen wurden. Die Anfechtung ist somit nur hinsichtlich des dritten Satzes zulässig und hinsichtlich der ersten beiden Sätze des § 1 Abs 3 RöV zurückzuweisen (vgl. neuerlich VfSlg. 7593/1975).

7. Soweit die Anfechtungen zulässig sind, hat der Verfassungsgerichtshof in der Sache selbst erwogen:

7.1. Gegen § 36 Abs 1 der Satzung 1985 der OÖ GKK hegt das anfechtende Gericht das Bedenken, daß durch den Wortlaut "kann ... gewähren" die Satzung den unentbehrlichen Zahnersatz als freiwillige Leistung festlege. Die gesetzliche Grundlage der Satzungsregelung finde sich im § 153 ASVG; der unentbehrliche Zahnersatz stelle daher eine Pflichtleistung des Versicherungsträgers dar. Die "Kann-Bestimmung" des § 36 Abs 1 der Satzung 1985 der OÖ GKK mache den unentbehrlichen Zahnersatz zur freiwilligen Leistung und belaste die Bestimmung deshalb mit Gesetzwidrigkeit.

Der Verfassungsgerichtshof ist nicht dieser Ansicht. Dem Einwand der Hauptversammlung der OÖ GKK gegen die Anfechtung, daß die Verbindlichkeit der entsprechenden Bestimmung der Mustersatzung der Kasse für § 36 Abs 1 der Satzung 1985 der OÖ GKK gar keine andere Regelungsmöglichkeit gelassen habe, kommt allerdings dabei keine Relevanz zu, da dies - falls die Bedenken des antragstellenden Gerichtes zuträfen - nur dazu führen würde, daß auch die Mustersatzung gesetzwidrig und allenfalls von Amts wegen zu prüfen wäre. Der Verfassungsgerichtshof hält jedoch ein gesetzeskonformes Verständnis des § 36 Abs 1 der Satzung für möglich und demnach als geboten. Die Formulierung des § 36 Abs 1, wonach die Kasse den unentbehrlichen Zahnersatz gewähren kann, ist nämlich im Konnex mit dem nächsten Halbsatz - "soweit nicht ein Anspruch aus der gesetzlichen Unfallversicherung, nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, nach dem Heeresversorgungsgesetz, nach dem Opferfürsorgegesetz, nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, nach dem Impfschadengesetz oder nach dem Strafvollzugsgesetz besteht" - zu lesen, woraus sich ergibt, daß die Regelung der Kasse normativ untersagt, Leistungen zu erbringen, wenn diese den Patienten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen von anderer Seite ohnedies zu erbringen sind; e contrario kommt damit dem Wort "kann" die Bedeutung eines "hat" zu, wenn andere gesetzliche Bestimmungen, die den Anspruch abdecken, nicht bestehen. Dagegen spricht auch nicht die - nur verdeutlichende - Novellierung des Wortlautes mit der 10. Änderung der Satzung.

Die Bedenken gegen § 36 Abs 1 der Satzung 1985 der OÖ GKK treffen somit nicht zu.

7.2. Wenn das antragstellende Gericht weiters vermeint, daß die Regelung des § 36 Abs 3 der Satzung 1985 der OÖ GKK der Kasse bei der Gewährung von Zuschüssen zu Kronen, Stiftzähnen und Brücken ein im Widerspruch zum Auftrag des Gesetzgebers stehendes Ermessen einräume, so ist es mit dieser Rechtsauffassung aus folgenden Erwägungen ebenfalls nicht im Recht:

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom , Z 10 Ob S 194/90, (SSV-NF 4/163), im Wege einer verfassungskonformen Interpretation des § 153 Abs 2 ASVG ausgesprochen hat, ist die Leistung des unentbehrlichen Zahnersatzes nach dem ASVG eine Pflichtleistung des Krankenversicherungsträgers. Leistungsansprüche sind gemäß § 361 Abs 1 Z 1 ASVG auf Antrag von dem jeweils zuständigen Versicherungsträger festzustellen. Das aber heißt, daß es auch der OÖ GKK von Gesetzes wegen obliegt, bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für eine begehrte Leistung festzustellen, ob der beantragte Zahnersatz ein unentbehrlicher ist, wobei sie diesen - bejahendenfalls - zu gewähren hat. Eben dieses Ergebnis wird auch von § 36 Abs 3 der Satzung 1985 der OÖ GKK zum Ausdruck gebracht, wo es heißt, daß Zuschüsse zu bestimmten Formen des Zahnersatzes dann gewährt werden, "wenn diese Zahnersatzarbeiten von der Kasse als notwendig anerkannt wurden".

Bei gesetzeskonformer Interpretation des § 36 Abs 3 der Satzung 1985 der OÖ GKK ergibt sich somit, wie die Hauptversammlung der OÖ GKK und der Bundesminister für Arbeit und Soziales in ihren Äußerungen zutreffend ausgeführt haben, daß dieser angefochtenen Verordnungsbestimmung keine Gesetzwidrigkeit anzulasten ist.

7.3. Hinsichtlich § 36 Abs 6 der Satzung führt das antragstellende Gericht aus, werde "anstelle einer Sachleistung unter Kostenbeteiligung gemäß dem zweiten Satz des § 153 Abs 2 ASVG vom Versicherungsträger wahlweise eine Zuschuß zu den Kosten des Zahnersatzes gewährt, so muß dieser bei verfassungskonformer Auslegung der zitierten Gesetzesbestimmung ebenfalls zumindest 50 % der Leistung umfassen". § 36 Abs 6 der Satzung iVm Anhang 1 bewirke jedoch, daß mit dem vom Versicherungsträger pauschal gewährten Zuschuß von S 500,-- durchschnittlich nur rund ein Zehntel der tatsächlichen Kosten abgedeckt würde. Damit könne von "einer Kostenbeteiligung des Versicherten an einem unentbehrlichen und vom Versicherungsträger grundsätzlich als Pflichtleistung zu erbringenden Zahnersatz ... nicht mehr gesprochen werden". Vielmehr werde "die gesetzliche Pflichtleistung mit einem derart niedrigen Kostenersatz in Richtung Null reduziert".

Das antragstellende Gericht ist im Ergebnis im Recht. Die angefochtene Regelung stützt sich auf § 153 Abs 2 ASVG; dieser lautet:

"(2) Der unentbehrliche Zahnersatz kann unter Kostenbeteiligung des Versicherten gewährt werden. An Stelle der Sachleistung können auch Zuschüsse zu den Kosten eines Zahnersatzes geleistet werden. Das Nähere wird durch die Satzung des Versicherungsträgers bestimmt."

Anders als Abs 1 leg.cit. - siehe hiezu , V189/91 - ermächtigt Abs 2 den Versicherungsträger, in der Satzung eine Kostenbeteiligung des Versicherten festzulegen oder - wenn die Leistung nicht von einem Vertragsarzt oder einer anstaltseigenen Einrichtung, also einer Ambulanz des Versicherungsträgers erbracht wird - Zuschüsse für die Kosten des Zahnersatzes festzusetzen. Die Alternative: "Kostenbeteiligung" oder Zahlung von "Zuschüssen" ist offenkundig dahin zu verstehen, daß sie (arg. "An Stelle") zu gleichen Leistungen des Sozialversicherungsträgers an die Versicherten zu führen hat. In Abs 3 leg.cit wird nun weiters wohl für den Fall, daß es nicht zu Verträgen mit Zahnärzten und Dentisten kommt, vorgesehen, daß für vertragsfreie Zeiten oder Bereiche auch keine Leistungen durch anstaltseigene Einrichtungen (Zahnambulatorien) erbracht werden dürfen. Das kann aber nicht dazu führen, daß Pflichtleistungen nach § 153 Abs 3 ASVG während vertragsfreier Zeiten oder für vertragsfreie Bereiche nicht zu erbringen wären. Da § 153 Abs 2 leg.cit. von der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Kosten"beteiligung" des Versicherten ausgeht, ist dies vom Wortsinn her dahin zu verstehen, daß die Kosten vom Sozialversicherungsträger soweit zu tragen sind, daß noch von einer "Beteiligung" des Versicherten am Aufwand gesprochen werden kann. Schon begrifflich darf den Versicherten also nicht mehr treffen ein solcher Teil des Aufwandes, da andernfalls von einer bloßen Beteiligung an den Kosten nicht mehr die Rede sein könnte.

Von den Leistungen, die Anhang 1 vorsieht, sind jedenfalls die unter Punkt I. und II. genannten Pflichtleistungen; der Unterschied zwischen diesen beiden Abschnitten liegt lediglich darin, daß nach Punkt I. ein vertragsgeregelter Zustand besteht, für die in Punkt II. genannten Leistungen hingegen ein vertragsloser vorliegt. Trotzdem gelten für beide Bereiche die gleichen Grundsätze des § 153 Abs 2 ASVG. Punkt I. hält sich, ohne daß dies weiter erörtert werden muß, im Rahmen einer den Versicherten treffenden (bloßen) Kostenbeteiligung: Der Sozialversicherungsträger nimmt dem Versicherten 50 % bzw. sogar 75 % des Aufwandes ab. Demgegenüber sieht Punkt II. nur Zuschußzahlungen in einer Höhe von S 500,-- pro Einheit vor, obwohl damit vom tatsächlichen Aufwand, der den Versicherten trifft - auch vom Sozialversicherungsträger unwidersprochen -, nur rund 10 % ersetzt werden. Damit handelt es sich aber schon begrifflich nicht mehr um eine Kostenbeteiligung, wie sie im Gesetz (§153 Abs 2 leg.cit.) vorgesehen ist. Wenn auch im Gesetz für die Anwendung des Begriffes "Kostenbeteiligung" sicher ein nach Sachlichkeitsgesichtspunkten aufzufüllender Spielraum vorgesehen ist, wird dieser durch die angegriffene Regelung offenkundig überschritten. Die Festlegung des Zuschusses mit S 500,-- pro Einheit ist demnach gesetzwidrig. Die Gesetzwidrigkeit belastet allerdings nicht § 36 Abs 6 der Satzung, weil aus dieser Bestimmung nicht ableitbar ist, daß sie einer gesetzeskonformen Festlegung der Zuschußhöhe entgegensteht. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich auch rücksichtlich des Punktes II. des Anhanges 1 nur veranlaßt, die Wortfolge "von S 500,-- pro Einheit" als gesetzwidrig aufzuheben, da dies ausreicht, um die gesetzwidrige Regelung zu beseitigen und der verbleibende Wortlaut eine gesetzeskonforme Anwendung der Zuschußleistungspflicht des Versicherungsträgers ermöglicht.

7.4. Das anfechtende Gericht hält schließlich § 1 Abs 3 RöV für gesetzwidrig, weil der - die Richtlinien erlassende - Hauptverband an den klaren Gesetzesauftrag zur Beistellung der notwendigen Heilmittel ohne Beschränkung auf ein vorheriges Bewilligungsverfahren gebunden sei. Mit dem letzten Satz des § 1 Abs 3 RöV werde jedoch die Kostenübernahme von Heilmitteln oder Heilbehelfen, die nicht nach den Richtlinien zur freien Vereinbarung zugelassen seien, auf jene Fälle eingegrenzt, in denen vor dem Bezug die Bewilligung durch den Krankenversicherungsträger eingeholt wurde.

Der Hauptverband hält diesen Ausführungen entgegen, daß sich eine gesetzliche Grundlage für die Richtlinien in § 31 Abs 3 Z 11 lita ASVG findet, wonach in einem Heilmittelverzeichnis jene Arzneispezialitäten anzuführen seien, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen ohne die sonst notwendige chef- oder kontrollärztliche Bewilligung für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden könnten. Aus der zitierten Bestimmung ergebe sich weiters die Grundlage für die Richtlinien des Hauptverbandes, wonach in Wahrnehmung öffentlicher Interessen vom Gesichtspunkt des Sozialversicherungsrechtes und der wirtschaftlichen Tragfähigkeit unter Bedachtnahme auf die Art und Dauer der Erkrankung bestimmt werden soll, inwieweit Arzneispezialitäten für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können, wobei der Heilzweck nicht gefährdet werden dürfe.

Auch der Verfassungsgerichtshof erachtet den letzten Satz des § 1 Abs 3 RöV nicht für gesetzwidrig, allerdings mit der Maßgabe, daß die zulässige Einrichtung der chef- oder kontrollärztlichen Bewilligung vor dem Hintergrund des § 31 Abs 3 Z 11 lita letzter Halbsatz ASVG gesetzeskonform als Maßnahme zum Schutze der Versicherten und nicht als Ausschlußregelung für die Kostentragung von Heilmitteln und Heilbehelfen zu verstehen ist. Die gesetzliche Grundlage für die angefochtene Regelung, nämlich § 31 Abs 3 Z 11 lita ASVG, steht nämlich unter dem Gebot des letzten Halbsatzes dieser Bestimmung, daß durch die Richtlinien der Heilzweck nicht gefährdet werden dürfe. Der Sinn der chef- und kontrollärztlichen Kontrolle ist daher darin zu finden, dies zu gewährleisten und dabei vorzusorgen, daß für Patienten im vorhinein die Kostentragung durch den Sozialversicherungsträger durch die Bewilligung seitens des Chef- oder Kontrollarztes abgesichert ist, m. a.W., daß der Patient nicht mit dem Risiko belastet wird, erst im nachhinein zu erfahren, ob die Kosten für ein erforderliches Heilmittel oder einen notwendigen Heilbehelf als dem Heilzweck entsprechend anerkannt werden. Die Nichteinholung der chef- oder kontrollärztlichen Bewilligung hat für den Versicherten somit lediglich zur Folge, daß der Versicherte erst nachträglich mit dem Sozialversicherungsträger abzuklären hat, ob das Heilmittel oder der Heilbehelf als heilzweckentsprechend anerkannt wird; einen Verlust des Anspruches bewirkt die unterlassene Einholung der vorausgehenden Bewilligung des Chef- oder Kontrollarztes jedoch nicht (vgl. hiezu auch SSV NF 3/154). Entscheidend für den Anspruch des Patienten ist lediglich, ob die in Anspruch genommenen Heilmittel oder Heilbehelfe heilzweckentsprechend waren.

Die angefochtene Bestimmung ist somit ebenfalls gesetzeskonform auslegbar.

8. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die Wortfolge "von

S 500,- pro Einheit" im Punkt II. des Anhanges 1 der Satzung 1985 der OÖ GKK als gesetzwidrig aufzuheben war, im übrigen aber die Anträge, soweit sie zulässig waren, abzuweisen sind. Der Ausspruch über die Fristsetzung für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmung sowie über die Kundmachungspflicht gründet sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.

Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.