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VfGH vom 12.12.1990, V212/90

VfGH vom 12.12.1990, V212/90

Sammlungsnummer

12578

Leitsatz

Verfassungskonforme Auslegung der Ausbildungsvorschriften für Lebensmittelgutachter; Zulässigkeit der Festlegung strenger Voraussetzungen für die wissenschaftliche Berufsvorbildung und die praktische Ausbildung im Hinblick auf die Erwerbsausübungsfreiheit und die Berufswahl- und Berufsausbildungsfreiheit aufgrund des öffentlichen Interesses; Zulässigkeit der Absolvierung des Berufsausbildungserfordernisses einer praktischen Untersuchungstätigkeit jedoch an allen dafür geeigneten Instituten; Unzulässigkeit der Auswahl bestimmter Institute durch den Verordnungsgeber

Spruch

Die Wortfolge "die in Anlage 2 genannt sind" in § 3 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom über die Vorbildung von Lebensmittelgutachtern an Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung (Lebensmittelgutachterverordnung), BGBl. Nr. 324/1978, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Der für Gesundheit und öffentlicher Dienst zuständige Bundesminister im Bundeskanzleramt ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1584/89 eine Beschwerde anhängig, mit der der Beschwerdeführer, ein Zivilingenieur für Lebensmittel- und Gärungstechnologie sowie allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für Lebens- und Genußmittel, die bescheidmäßige Verweigerung der beantragten Bewilligung zur entgeltlichen Durchführung von Untersuchungen und Gutachten gemäß § 50 Abs 1 Lebensmittelgesetz 1975 wegen Verletzung seiner verfassungsgesetzlich geschützten Erwerbsfreiheit anficht. Der Beschwerdeführer hält insbesondere § 3 Abs 1 der Lebensmittelgutachterverordnung, BGBl. 324/1978, für gesetzwidrig, weil die Beschränkung der praktischen Ausbildung zum Lebensmittelgutachter auf eine Tätigkeit in den, in der Anlage 2 zu dieser Bestimmung taxativ aufgezählten Einrichtungen § 47 Abs 4 des Lebensmittelgesetzes 1975 widerspreche. Diese gesetzliche Bestimmung ist nämlich nach Meinung des Beschwerdeführers verfassungskonform dahin auszulegen, daß "die Tätigkeit bei sämtlichen Zivilingenieuren für Lebensmittel- und Gärungstechnologie bzw. die Tätigkeit als Zivilingenieur für Lebensmittel- und Gärungstechnologie" als "praktische Ausbildung" im Sinne dieser Bestimmung anzuerkennen ist. Die Einschränkung des § 3 Abs 1 der Lebensmittelgutachterverordnung, deren Anlage 2 zufolge lediglich eine praktische Tätigkeit an Universitätsinstituten, staatlichen Untersuchungsanstalten sowie bestimmten, nämlich insgesamt sechs im einzelnen aufgezählten privaten Untersuchungsanstalten und Forschungslaboratorien als praktische Ausbildung für die eigenverantwortliche Ausarbeitung von Gutachten nach dem Lebensmittelgesetz gilt, widerspricht daher nach Meinung des Beschwerdeführers dem § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975, demzufolge eine praktische Tätigkeit in beliebigen dafür geeigneten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien genüge.

2. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung dieser Beschwerde beantragt und die Meinung vertreten, daß § 3 Abs 1 der Lebensmittelgutachterverordnung gesetzmäßig ist.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat in dem zu B1584/89 anhängigen Verfahren beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "die in Anlage 2 genannt sind" in § 3 Abs 1 der Lebensmittelgutachterverordnung, BGBl. 324/1978, von Amts wegen zu prüfen.

Begründet hat der Verfassungsgerichtshof seinen Prüfungsbeschluß, der zur Einleitung des gegenwärtigen Verordnungsprüfungsverfahrens führte, mit dem Bedenken, daß die taxative Aufzählung privater Untersuchungsanstalten und Forschungslaboratorien, die durch die in Prüfung gezogene Wortfolge des § 3 Abs 1 Lebensmittelgutachterverordnung in Verbindung mit der Z 3 der Anlage 2 zu dieser Bestimmung normativ bewirkt wird, § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 widerspricht und daher gesetzwidrig sei. Der Gerichtshof äußerte vorläufig die Rechtsauffassung, daß § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 über die praktische Ausbildung verfassungskonform in Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlichen Gewährleistung der Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG in Verbindung mit der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Berufsausbildungsfreiheit gemäß Art 18 StGG sowie dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verstanden werden müsse. Derart verfassungskonform gedeutet lasse jedoch § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 eine erschöpfende Aufzählung der für den Nachweis einer praktischen Tätigkeit in Betracht kommenden privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien in der nach § 47 Abs. 2 Lebensmittelgesetz 1975 vom zuständigen Bundesminister zu erlassenden Verordnung, also in der Lebensmittelgutachterverordnung, nicht zu.

4. Der für Gesundheit und öffentlicher Dienst im Bundeskanzleramt zuständige Bundesminister erstattete eine Äußerung, in der er beantragt, die in Prüfung gezogene Wortfolge in § 3 Abs 1 der Lebensmittelgutachterverordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

Der Bundesminister ist der Auffassung, daß ohne taxative Aufzählung privater Untersuchungsanstalten und Forschungslaboratorien in der Lebensmittelgutachterverordnung "die praktische Tätigkeit an allen - auch von Firmen zu Forschungszwecken eingerichteten - Instituten, die sich mit Lebensmittel beschäftigen, absolviert werden" könnte, was "einen 'Freibrief' ohne Qualitätserfordernisse bedeuten (würde)". Bei einer praktischen Tätigkeit in einem Forschungslaboratorium sei es der Behörde praktisch unmöglich, die Qualität der Ausbildung zu überprüfen. Mangels einer zusätzlichen Prüfung (wie z.B. für Wirtschaftstreuhänder, Rechtsanwälte ...) wäre es für eine

"sosehr im öffentlichen Interesse gelegene Tätigkeit wie die eines Lebensmittelgutachters" ... "sicherlich nicht qualitätsfördernd, wenn der Antragsteller an 'irgendeiner' privaten Untersuchungsanstalt bzw. 'irgendeinem' Forschungslaboratorium seine praktische Ausbildung absolviert. Mit der Verordnung wurde die Absicht verfolgt, das fachliche Niveau des Sachverständigen möglichst hoch anzusetzen und deshalb wurde auch großer Wert auf die Ausbildungsstätten gelegt."

"Würde die (taxative) Aufzählung der (geeigneten) privaten Untersuchungsanstalten und Laboratorien entfallen, müßte jedes noch so auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiertes Forschungslaboratorium - auch ein ausländisches - als geeignet angesehen werden, da eine Überprüfung durch die Behörde in jedem einzelnen Fall nahezu unmöglich sein würde."

"Die große Verantwortung und die Schwierigkeit der Materie erfordern es, daß nur Personen mit einem hohen fachlichen Niveau für Gutachten herangezogen werden sollen und deshalb scheint nach Ansicht der Behörde auch die in Anlage 2 taxative Aufzählung der Anstalten, an denen eine praktische Tätigkeit absolviert werden kann, sowohl im Hinblick auf die Verantwortung der im öffentlichen Interesse gelegene Tätigkeit gerechtfertigt als mit § 47 Abs 4 LMG 1975 ('geeignete' Institute) vereinbar.

Sollte an die Behörde das Anliegen herangetragen werden, eine private Untersuchungsanstalt oder ein Forschungslaboratorium, welche(s) die strengen Anforderungen erfüllt, in die Liste der Ausbildungsstätten in Anlage 2 der Verordnung aufzunehmen, so ist - nach eingehender Prüfung - eine Novellierung der Verordnung durchaus denkbar."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Verweigerung der Bewilligung zur entgeltlichen Durchführung von Untersuchungen und Erstattung von Gutachten im Sinne des Lebensmittelgesetzes 1975 gemäß § 50 Abs 1 Lebensmittelgesetz 1975 greift in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers ein. Da somit die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen diese Verweigerung zulässig ist und bei der Entscheidung darüber der Verfassungsgerichtshof § 3 Abs 1 der Lebensmittelgutachterverordnung anzuwenden hat, ist auch das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2.a) Gemäß § 50 Abs 1 Lebensmittelgesetz 1975 bedarf einer Bewilligung, "wer, abgesehen von den in den §§42 und 49 geregelten Fällen entgeltlich Untersuchungen durchführt und Gutachten im Sinne dieses Bundesgesetzes erstattet". Diese Bewilligung ist gemäß § 50 Abs 2 Lebensmittelgesetz 1975 zu erteilen, wenn der Bewerber nachweist, daß er die Voraussetzungen einer nach § 47 Abs 2 erlassenen Verordnung erfüllt und über die notwendigen Behelfe verfügt. § 47 Abs 2 Lebensmittelgesetz 1975 ermächtigt den zuständigen Bundesminister, "mit Verordnung nähere Vorschriften darüber zu erlassen, welche wissenschaftliche Berufsvorbildung und praktische Ausbildung" Lebensmittelgutachter nachzuweisen haben.

§47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 ordnet an, daß

"in der Verordnung nach Abs 2 ... für die praktische Ausbildung zu bestimmen (ist), daß eine zwei- bis fünfjährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiete der Untersuchung von diesem Bundesgesetz unterliegenden Waren in dafür geeigneten Instituten der wissenschaftlichen Hochschulen, in staatlichen und privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien nachzuweisen ist".

Gestützt auf diese gesetzlichen Vorschriften bestimmt die Lebensmittelgutachterverordnung (die vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):

"§3 (1) Für die praktische Ausbildung ist eine nach erlangtem Diplomgrad oder Doktorat absolvierte praktische Tätigkeit auf dem Gebiete der Untersuchung von dem Lebensmittelgesetz 1975 unterliegenden Waren in einem Universitätsinstitut, einer staatlichen oder privaten Untersuchungsanstalt oder einem Forschungslaboratorium, die in Anlage 2 genannt sind, nachzuweisen."

In der Anlage 2 zu § 3 der Lebensmittelgutachterverordnung werden die für die praktische Betätigung in Frage kommenden Universitätsinstitute allgemein mit ihren Tätigkeitsbereichen, die staatlichen Untersuchungsanstalten sowie privaten Untersuchungsanstalten und Forschungslaboratorien hingegen individuell aufgezählt.

Die Verordnungsregelung besitzt sohin den Inhalt, daß eine praktische Tätigkeit an privaten Untersuchungsanstalten und Forschungslaboratorien, die nicht in der Anlage 2 zu § 3 der Lebensmittelgutachterverordnung aufgezählt sind, nicht als praktische Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs 1 der Lebensmittelgutachterverordnung und damit auch nicht nach § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 anzusehen ist. Mit einer derartigen praktischen Tätigkeit außerhalb der in der Anlage 2 zu § 3 Abs 1 Lebensmittelgutachterverordnung aufgezählten privaten Untersuchungsanstalten und Forschungslaboratorien erfüllt sohin ein Bewilligungswerber nach § 50 Abs 1 Lebensmittelgesetz 1975 die Voraussetzungen nach § 50 Abs 2 Lebensmittelgesetz 1975 nicht.

b. Die Verweigerung einer Bewilligung nach § 50 Abs 1 Lebensmittelgesetz 1975 greift in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG ein, weil dadurch die entgeltliche Durchführung von Untersuchungen und die Erstattung von Gutachten im Sinne des Lebensmittelgesetzes 1975 verwehrt wird. Die Voraussetzungen für die Versagung einer derartigen Bewilligung müssen daher vom Gesetzgeber von Verfassungs wegen so umschrieben werden, daß sie den Anforderungen des Art 6 StGG genügen.

Die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, 10932/1986, 11276/1987, 11483/1987; ; , G197/87; , G198/88 u.a.) hat dargetan, daß gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen nur dann zulässig sind, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

Bereits nach der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 2850/1955, 3191/1957, 9263/1981, 10413/1985 sowie ) muß die Festsetzung von Bedingungen für die Ausübung eines Erwerbszweiges im Sinne des Art 6 StGG ferner in Zusammenhalt mit der Berufswahl- und -ausbildungsfreiheit gemäß Art 18 StGG verstanden werden. Wenn es gemäß Art 18 StGG jedermann freisteht, "seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will", so ist der Gesetzgeber wohl nicht gehindert, gemäß Art 6 StGG für den Antritt eines Erwerbszweiges entsprechende, für die Ausübung des Erwerbszweiges erforderliche und adäquate Ausbildungsgänge vorzuschreiben; er ist jedoch verfassungsrechtlich verpflichtet - soll das im Art 18 StGG gewährleistete Recht neben Art 6 StGG nicht sinn- oder zumindest bedeutungslos sein -, sachlich gleichwertige Ausbildungsalternativen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber darf sohin auf Grund des Gesetzesvorbehaltes des Art 6 StGG zweifelsohne Regelungen treffen, mit denen der Erwerbsantritt von der Absolvierung bestimmter Berufsausbildungsgänge abhängig gemacht wird, die (für die gehörige Ausübung und damit für den Antritt eines Erwerbszweiges) im öffentlichen Interesse gelegen, zu dessen Verwirklichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt sind. Er ist jedoch kraft Art 18 StGG verhalten, dabei die Absolvierung ihrer Art nach gleichwertiger Ausbildungsgänge als Erwerbsantrittsvoraussetzungen nicht schlechthin auszuschließen (vgl. in diesem Sinne auch Oberndorfer-Binder, Der verfassungsrechtliche Schutz freier beruflicher, insbesondere gewerblicher Betätigung, Festschrift Klecatsky, II. Band, 1980, 680 f.). Verfassungswidrig wäre - weil sie Art 6 in Verbindung mit Art 18 StGG zuwiderlaufen würde - sohin eine rechtliche Regelung, welche Ausbildungsmöglichkeiten ausschließt, die in gleicher Weise wie die zur gesetzlichen Bedingung eines Erwerbsantrittes gemachte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen lassen.

c. Es bedarf keiner besonderen Begründung, daß eine sosehr im öffentlichen Interesse gelegene Tätigkeit wie die eines Lebensmittelgutachters vom Gesetzgeber an strenge Voraussetzungen sowohl hinsichtlich der wissenschaftlichen Berufsvorbildung als auch der praktischen Ausbildung gebunden wird. Zur Erreichung dieses Zieles ist auch die Vorschreibung einer bis zu fünfjährigen praktischen Tätigkeit auf dem Gebiete der Untersuchung von dem Lebensmittelgesetz 1975 unterliegenden Waren in dafür geeigneten Instituten der wissenschaftlichen Hochschulen, in staatlichen und privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien geeignet, adäquat und von der Sache her gerechtfertigt. Der Verfassungsgerichtshof ist auch mit der belangten Behörde im Anlaßbeschwerdeverfahren der Meinung, daß die Ausbildung zum Ziviltechniker nach dem Ziviltechnikergesetz oder die Bestellung zum ständig gerichtlich beeideten Sachverständigen nach dem Bundesgesetz BGBl. 137/1975 nicht einfach der praktischen Tätigkeit eines Lebensmittelgutachters nach § 47 Lebensmittelgesetz 1975 gleichzuhalten ist.

Unabhängig davon wird aber die verfassungsgesetzlich gewährleistete Berufsausbildungsfreiheit im Hinblick auf die Erteilung der Bewilligung zum Lebensmittelgutachter nur dann gewahrt, wenn das an sich sachlich gerechtfertigte Berufsausbildungserfordernis einer praktischen Untersuchungstätigkeit gemäß § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 an allen dafür geeigneten Instituten der wissenschaftlichen Hochschulen, staatlichen und privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien absolviert werden kann.

§ 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 ist sohin - im Lichte der Art 6 und Art 18 StGG gedeutet - dahin zu verstehen, daß eine praktische Tätigkeit "in dafür geeigneten Instituten ..., staatlichen und privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien" als Zulassungsvoraussetzung (in einer, mit Art 6 StGG prinzipiell konformen, weil im öffentlichen Interesse erforderlichen Art und Weise) an jeder derartigen Einrichtung absolviert werden kann, an der Untersuchungen stattfinden, die im Hinblick auf das österreichische Lebensmittelrecht notwendig sind.

Eine "Auswahl", wie sie der Verordnungsgeber unter der (gemäß dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung anzunehmenden) Vielzahl privater Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien in § 3 Abs 1 Lebensmittelgutachterverordnung in Verbindung mit der Z 3 der Anlage 2 traf, ist sohin mit dem - verfassungskonform verstandenen - § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 unvereinbar. Angesichts der in Betracht kommenden Vielzahl derartiger, für eine Ausbildung geeigneter privater Anstalten oder Laboratorien wird sich deren taxative Aufzählung im Verordnungsweg regelmäßig als gesetzwidrig erweisen, mag auch eine demonstrative Bezeichnung geeigneter privater Einrichtungen in der Verordnung gemäß § 47 Abs 2 Lebensmittelgesetz 1975 unbedenklich sein.

Dem können weder die praktischen Schwierigkeiten, die Qualität der Ausbildung an "irgendwelchen" privaten Untersuchungsanstalten und Laboratorien behördlich zu überprüfen, noch der begrenzte Tätigkeitsbereich derartiger - allenfalls ausländischer - Forschungslaboratorien entgegengehalten werden.

Zweifellos kann nämlich die praktische Tätigkeit als Bewilligungsvoraussetzung nach § 50 Abs 2 Lebensmittelgesetz 1975 nicht an "irgendwelchen" beliebigen, sondern gemäß § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 ausschließlich "in dafür geeigneten" privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien absolviert werden. Soweit die Behörde aber Schwierigkeiten bei der Feststellung der Eignung derartiger Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien zur Ausbildung befürchtet, ist sie als Verordnungsgeber gemäß § 47 Abs 2 Lebensmittelgesetz 1975 ermächtigt, hinsichtlich der Breite und der Tiefe der erforderlichen praktischen Betätigung an privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien nähere Vorschriften zu erlassen. Entsprechende, dem Art 18 Abs 2 B-VG genügende Maßstäbe für derartige allgemeine Vorschriften über die für eine Ausbildung gemäß § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 in Betracht kommenden privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien enthält § 47 Lebensmittelgesetz 1975 dadurch, daß an diesen privaten Anstalten oder Laboratorien Lebensmitteluntersuchungen mindestens in jener Breite und Tiefe veranstaltet werden müssen, wie sie an den entsprechenden Instituten der wissenschaftlichen Hochschulen und an staatlichen Untersuchungsanstalten durchgeführt werden. Da an derartigen privaten Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien "Untersuchungen von diesem Bundesgesetz (Einfügung vom Verfassungsgerichtshof: also dem österreichischen Lebensmittelrecht) unterliegenden Waren" stattfinden müssen, werden ausländische Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien als nach § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 geeignete Ausbildungsstätten nicht ohne weiteres in Betracht kommen. Wenn diese auch vom Gesetz für eine praktische Ausbildung nicht von vornherein ausgeschlossen sind, so werden doch von vornherein nur jene Untersuchungsanstalten oder Forschungslaboratorien für die Ausbildung nach § 47 Lebensmittelgesetz 1975 berücksichtigt werden können und müssen, an denen eine Tätigkeit ausgeübt wird, die zur sachverständigen Begutachtung von Lebensmitteln nach den Kriterien des österreichischen Lebensmittelsrechtes instandsetzt.

Da durch den in der in Prüfung gezogenen Wortfolge enthaltenen Verweis auf die Anlage 2 der Kreis der für eine praktische Tätigkeit auf dem Gebiete der Untersuchung von dem Lebensmittelgesetz 1975 unterliegenden Waren in Widerspruch zu § 47 Abs 4 Lebensmittelgesetz 1975 auf die in der Z. 3 der Anlage 2 genannten privaten Untersuchungsanstalten und Forschungslaboratorien beschränkt wird, war die angeführte Wortfolge als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Verpflichtung des für Gesundheit und öffentlicher Dienst zuständigen Bundesministers im Bundeskanzleramt zur Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.