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VfGH vom 13.03.2003, v21/03

VfGH vom 13.03.2003, v21/03

Sammlungsnummer

16853

Leitsatz

Aufhebung einer Umlagenordnung und eines Umlagenbeschlusses einer Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten wegen gesetzwidriger Kundmachung und mangels gesetzlicher Grundlage; Veröffentlichung des Textes vor Beschlussfassung nicht ausreichend ebensowenig wie nachfolgende Kundmachung ausschließlich auf elektronischem Weg im Internet; keine gesetzliche Grundlage für die vorgesehene Überwälzung der Versicherungsprämie der von der Kammer abgeschlossenen Haftpflichtversicherung auf die Kammermitglieder; Einstellung weiterer Verordnungsprüfungsverfahren nach Zurückziehung von Beschwerden in Anlassverfahren und Einstellung dieser Verfahren

Spruch

I. Die von der Kammervollversammlung am beschlossene Umlagenordnung der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten wird als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Punkt 2 und die Worte "sowie die Berufshaftpflichtversicherungsprämie", " 1/2 Berufshaftpflichtversicherungsprämie" und " 1/2 Berufshaftpflichtversicherungsprämie" in Punkt 8 des am von der Kammervollversammlung der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten gefassten, als "Kammerumlage 2002" bezeichneten Beschlusses, kundgemacht in den KammerNachrichten Nr. 5/01 (Dezember 2001), S 10f., werden als gesetzwidrig aufgehoben.

III. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

IV. Die zu V23, 24/03, V33 - 38/03, V43 - 46/03 sowie V49, 50/03 eingeleiteten Verfahren werden eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zahlen B835/02, B837/02, B841/02, B842/02, B847/02, B849/02, B854/02, B855/02, B859/02, B861/02, B862/02, B866/02, B867/02, B868/02, B869/02 und B874/02 Beschwerden gegen Bescheide des Kammervorstandes der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten (im Folgenden: Kammer) jeweils vom anhängig, mit denen die Verpflichtung der beschwerdeführenden Parteien festgestellt wurde, für das Jahr 2002 (als eine an die Kammer zu entrichtende Umlage) eine Berufshaftpflichtversicherungsprämie in bestimmter Höhe zu entrichten.

2. Aus Anlass dieser Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der §§1, 4, 5 und 6 der von der Kammervollversammlung am beschlossenen Umlagenordnung der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten (im Folgenden: Umlagenordnung) sowie des Punktes 2 und der Worte "sowie die Berufshaftpflichtversicherungsprämie", " 1/2 Berufshaftpflichtversicherungsprämie" und " 1/2 Berufshaftpflichtversicherungsprämie" in Punkt 8 des am von der Kammervollversammlung gefassten, als "Kammerumlage 2002" bezeichneten Beschlusses (im Folgenden: Umlagenbeschluss 2002), kundgemacht in den KammerNachrichten Nr. 5/01 (Dezember 2001),

S 10f., entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher mit Beschluss vom - vorläufig davon ausgehend, dass es sich bei der Umlagenordnung und beim Umlagenbeschluss 2002 um Verordnungen iSd. Art 139 Abs 1 B-VG handle - auf diese Verfassungsbestimmung gestützt Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der genannten Vorschriften eingeleitet.

3. Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten hat die Akten betreffend die Beschlussfassung über diese Vorschriften vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der sie den im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken entgegentritt.

4. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

4.1. Die §§6, 11 und 52 ZiviltechnikerkammerG 1993 lauten wie folgt:

"Pflichten der Mitglieder

§ 6. Die Mitglieder sind verpflichtet, die ihnen gesetzlich auferlegten Berufspflichten sowie die Standesregeln einzuhalten. Sie sind weiters verpflichtet, die Beschlüsse der Kammerorgane zu befolgen, die vorgeschriebenen Umlagen und sonstigen Beiträge zu entrichten und die Länderkammer sowie die Bundeskammer in ihren Aufgaben zu unterstützen.

Kammervollversammlung

§11. (1) Die Kammervollversammlung besteht aus sämtlichen Mitgliedern der Länderkammer.

(2) Der Präsident kann die Kammervollversammlung jederzeit einberufen. Er hat sie jedenfalls jährlich mindestens einmal einzuberufen. Wenn es der Kammervorstand oder mindestens ein Viertel der Kammermitglieder unter Angabe des zu behandelnden Gegenstandes schriftlich verlangen, hat der Präsident die Kammervollversammlung binnen drei Wochen einzuberufen. Die Einberufung hat mindestens drei Wochen vor dem Termin unter Bekanntgabe der Tagesordnung schriftlich zu erfolgen.

(3) Die Kammervollversammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlußfähig.

(4) Die Kammervollversammlung ist berufen zur:

1. Entgegennahme des Berichtes der Rechnungsprüfer und Genehmigung des Rechnungsabschlusses (§53 Abs 2 und § 51);

2. Genehmigung des Jahresvoranschlages (§51);

3. Festsetzung der von den Kammermitgliedern zu leistenden Umlagen und sonstigen Beiträge (§52);

4. Wahl der Rechnungsprüfer und ihrer Ersatzmänner (§53);

5. Erlassung der Kammergeschäftsordnung (§49), der Dienstordnung (§50) und des Statutes für den Unterstützungsfonds (§17 Abs 4);

6. Entscheidung über Berufungen gegen Entscheidungen des Kammervorstandes über Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds (§17 Abs 5);

7. Behandlung aller Angelegenheiten, die vom Kammervorstand oder gemäß der Geschäftsordnung vorgelegt werden.

Bedeckung der Kosten

§52. (1) Zur Bestreitung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehenen, durch besondere Einnahmen nicht bedeckten eigenen Kosten und der Kostenanteile gemäß Abs 3, erster Satz, haben die Länderkammern von ihren Mitgliedern Umlagen und sonstige Beiträge einzuheben. Als sonstige Beiträge kommen Eintragungsgebühren anläßlich der Befugnisverleihung und Übertrittsgebühren anläßlich eines Wechsels der Kammermitgliedschaft in Betracht. Umlagen und sonstige Beiträge sind unter Bedachtnahme auf den Jahresvoranschlag und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesamtheit der Kammermitglieder in angemessener Höhe festzusetzen.

(2) Die Länderkammern können den ihnen durch ihre Tätigkeiten im Interesse der Ziviltechnikergesellschaften entstehenden Aufwand in mit dem Jahresvoranschlag festzusetzenden jährlichen Pauschbeträgen von den Gesellschaften einheben.

(3) Die Kosten, die der Bundeskammer aus ihrer Geschäftsführung erwachsen, sind von den Länderkammern im Verhältnis der Anzahl ihrer Mitglieder, ausgenommen jene, die Zuwendungen aus den Wohlfahrtseinrichtungen beziehen, durch Umlagen zu bedecken. Die Fondsbeiträge für die gemeinsamen Wohlfahrtseinrichtungen sind durch die Bundeskammer nach Maßgabe der Bestimmungen des Statutes von den Mitgliedern der Länderkammern direkt einzuheben.

(4) Rückständige Umlagen und Beiträge im Sinne der Abs 1 bis 3 können nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991, BGBl. Nr. 53, in der jeweils geltenden Fassung, eingebracht werden."

4.2.1. Die in Prüfung gezogenenen §§1, 4, 5 und 6 der - wie sich aus der Promulgationsklausel ergibt, am von der Kammervollversammlung beschlossenen - Umlagenordnung lauten wie folgt:

"§1

Bedeckung der Kosten der Kammer der Architekten und

Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten

(1) Alle Mitglieder und Ziviltechniker-Gesellschaften im örtlichen Wirkungsbereich der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten (§5 ZTKG 1993) haben zur Deckung des Erfordernisses dieser Kammer Umlagen und sonstige Beiträge zu leisten (§52 ZTKG 1993).

(2) Es sind zu entrichten:

a) an Umlagen:


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1.
Kammer-Mindestumlage (§2)
2.
Umsatzumlage (umsatzabhängige Kammerumlage) (§3)
3.
Berufshaftpflichtversicherungs-Mindestprämie (§4)
4.
Sockelbetrag (§5)
5.
Umsatzprämie (umsatzabhängige Berufshaftpflichtversicherungsprämie) (§6)
6.
Verspätungsumlage (§7)
7.
Mahnumlage (§8)
8.
Malusumlage (§9)

b) an sonstigen Beiträgen:


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1.
Übertrittsgebühr (§10)
2.
Pauschbetrag für EWR-Dienstleistungserbringer (§11)

(3) Alle Umlagen und sonstigen Beiträge (Abs2) sowie Fälligkeiten der Umlagen und Prämien werden von der Kammervollversammlung jährlich im Umlagenbeschluss festgesetzt bzw. sind bei Erlangung einer Berufsbefugnis oder Aktivierung in voller Höhe fällig. Bei unterjährigem Wechsel zwischen ruhender und ausgeübter Befugnis erfolgt keine Aliquotierung der Umlagen und sonstigen Beiträge (Ausnahme: Inanspruchnahme der WE-Pension).

§4

Berufshaftpflichtversicherungs-Mindestprämie für

Ziviltechniker mit ausgeübter Befugnis bzw.

Ziviltechnikergesellschaften mit eigener

Ziviltechniker-Befugnis

Die Berufshaftpflichtversicherungs-Mindestprämie ist jeweils für ein Kalenderjahr, erstmalig für das Jahr, in dem die Befugnis ausgeübt wird, zu entrichten. Sie wird von der Kammervollversammlung mit einem festen Betrag festgesetzt.

§5

Sockelbetrag für Ziviltechniker mit ausgeübter

Befugnis bzw. Ziviltechnikergesellschaften mit eigener

Ziviltechniker-Befugnis

Für jede Versicherungs(Risiko)-Gruppe kann die Kammervollversammlung einen Sockelbetrag (Solidaritätssockel) zur Aufbringung des von der jeweiligen Versicherungs-Risikogruppe zu leistenden Beitrages zum Gesamtprämienaufkommen festsetzen.

§6

Umsatzprämie (umsatzabhängige Berufshaftpflichtversicherungsprämie)

(1) für Ziviltechniker mit ausgeübter Befugnis

Die umsatzabhängige Berufshaftpflichtversicherungsprämie errechnet sich nach einer oder mehreren von der Kammervollversammlung im Umlagenbeschluss festzulegenden Formel(n) auf Basis der Bemessungsgrundlage.

Als Bemessungsgrundlage gilt der Gesamtumsatz aus Ziviltechnikertätigkeit laut Umsatzerklärung minus


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Umsätze aus Ländern außerhalb der EU
-
bezahlte Durchläufer (Anteilszahlungen) an ARGE-Beteiligte
-
Durchläufer (bezahlte Werkvertragshonorare) aus der Subbeauftragung an Ziviltechniker mit Berufssitz in Steiermark und Kärnten
-
Durchläufer (bezahlte Werkvertragshonorare) aus der Subbeauftragung an Ziviltechniker mit Berufssitz innerhalb der Europäischen Union außerhalb von Steiermark und Kärnten mit gleichwertigem Versicherungsschutz
-
Durchläufer (bezahlte Werkvertragshonorare) aus der Subbeauftragung an Planer mit entsprechender Berechtigung und gleichwertigem Versicherungsschutz innerhalb der Europäischen Union

(2) für Ziviltechnikergesellschaften mit eigener Ziviltechnikerbefugnis

Die umsatzabhängige Berufshaftpflichtversicherungsprämie errechnet sich nach einer oder mehreren von der Kammervollversammlung im Umlagenbeschluss festzulegenden Formel(n) auf Basis der Bemessungsgrundlage.

Als Bemessungsgrundlage gilt der Gesamtumsatz aus der ZT-Tätigkeit als ZT-Gesellschaft laut Umsatzerklärung minus


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Umsätze aus Ländern außerhalb der EU
-
bezahlte Durchläufer (Anteilszahlungen) an ARGE-Beteiligte
-
Durchläufer (bezahlte Werkvertragshonorare) aus der Subbeauftragung an Ziviltechniker mit Berufssitz in Steiermark und Kärnten
-
Durchläufer (bezahlte Werkvertragshonorare) aus der Subbeauftragung an Ziviltechniker mit Berufssitz innerhalb der Europäischen Union außerhalb von Steiermark und Kärnten mit gleichwertigem Versicherungsschutz
-
Durchläufer (bezahlte Werkvertragshonorare) aus der Subbeauftragung an Planer mit entsprechender Berechtigung und gleichwertigem Versicherungsschutz innerhalb der Europäischen Union

(3) Höchstprämie:

Erfolgt keine Umsatzmeldung oder liegt der Umsatz für Einzelziviltechniker über € 7.267.283,00 (ATS 100 Mio.), für Ziviltechniker-Gesellschaften über € 14.534.567,00 (ATS 200 Mio.), ist von der Kammervollversammlung eine Höchstprämie festzusetzen."

4.2.2. Hinsichtlich des Inkrafttretens der Umlagenordnung bestimmt deren § 16 Folgendes:

"§16

Inkrafttreten

Die Umlagenordnung tritt mit Beschlussfassung durch die Kammervollversammlung und einen Tag nach Veröffentlichung in den Kammernachrichten durch die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten in Kraft."

Was die Verlautbarung der Umlagenordnung betrifft, so findet sich in den KammerNachrichten Nr. 5/01 (Dezember 2001), S 9, die folgende Einschaltung:

"Umlagenordnung 2002

Wie sich Kammerumlage und Berufshaftpflichtversicherungsprämie ab 2002 berechnen, wurde von der Kammervollversammlung in einer Umlagenordnung festgesetzt. Den Volltext der Umlagenordnung können Sie unter www.aikammer.org downloaden, über Anforderung bei Barbara Gölles, (0316)82 63 44 DW 23, wird sie Ihnen gerne zugesandt."

4.3. Die Punkte 2. und 8. des gleichfalls am von der Kammervollversammlung gefassten Umlagenbeschlusses 2002, der in den KammerNachrichten Nr. 5/01 (Dezember 2001), S 10f., kundgemacht wurde, lauten wie folgt:

"Die Kammervollversammlung hat am beschlossen, die von den Mitgliedern zu leistenden Umlagen und sonstigen Beiträge für das Kalenderjahr 2002 gem. § 52 Abs 1 und Abs 2 Ziviltechnikerkammergesetz wie folgt festzusetzen:

...

2. Berufshaftpflichtversicherungsprämie

2.1. für Ziviltechniker mit ausgeübter Befugnis gem. § 4 und § 5 Umlagenordnung

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR !!!

Bei unterjährigem Wechsel zwischen ruhender und ausgeübter Befugnis wird die Berufshaftpflichtversicherungsprämie in voller Höhe fällig (Ausnahme: Inanspruchnahme der WE-Pension).

2.2. für ZT-Gesellschaften mit eigener Ziviltechnikerbefugnis gem. § 55 Umlagenordnung

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR !!!

...

8. Fälligkeiten

Alle Umlagen und sonstigen Beiträge sowie die Berufshaftpflichtversicherungsprämie sind zu folgenden Terminen fällig:

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR !!!

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Zur Frage der Zulässigkeit der Verordnungsprüfungsverfahren stellte der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss die folgenden Erwägungen an:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerden zulässig sind und dass er bei der Überprüfung der bekämpften Bescheide ua. die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung und des als 'Kammerumlage 2002' bezeichneten Beschlusses, von deren Charakter als Verordnung iSd. Art 139 Abs 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof vorläufig ausgeht, anzuwenden hätte; diese Vorschriften dürften somit präjudiziell in der Bedeutung des Art 139 Abs 1 B-VG sein."

1.2. Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten äußerte sich dazu wie folgt:

"Gegen die Beurteilung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen als Rechtsverordnung im Sinne der hiezu bestehenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sowie gegen die Annahme der Präjudizialität dieser Bestimmungen für die Beschwerdeverfahren B832/02 ua wird kein Einwand erhoben."

1.3.1. Die zu den Zahlen B837/02, B854/02, B855/02, B859/02, B866/02, B867/02 sowie B869/02 protokollierten Beschwerden wurden von den beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsätzen vom 6. bzw. zurückgezogen. Der Verfassungsgerichtshof beschloss daraufhin am die Einstellung der genannten Beschwerdeverfahren.

Gemäß Art 139 Abs 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, sofern er "eine solche Verordnung in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen". Entfällt die Anwendbarkeit mangels weiterer Anhängigkeit der Rechtssache noch vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Verordnungsprüfungsverfahren, ist das Verordnungsprüfungsverfahren grundsätzlich (mit Ausnahme der Klaglosstellung im Anlassverfahren gemäß Art 139 Abs 2 B-VG) einzustellen.

Die Verordnungsprüfungsverfahren waren daher - insoweit sie aus Anlass der eingestellten Beschwerdeverfahren eingeleitet worden waren - einzustellen.

1.3.2. Im Übrigen ist in den - verbleibenden - Verordnungsprüfungsverfahren nicht hervorgekommen, dass die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der anlassgebenden Beschwerden und zur Präjudizialität der in Prüfung gezogenen - als Rechtsverordnungen zu qualifizierenden - Beschlüsse der Kammervollversammlung der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten unzutreffend wären. Was die Umlagenordnung anlangt, so geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass sie - ungeachtet ihrer nicht gehörigen Kundmachung (s. dazu unten Pkt. 2.1.3.) - im Hinblick auf den sie betreffenden Beschluss der Kammervollversammlung und den entsprechenden Hinweis in den Kammernachrichten Nr. 5/01 (Dezember 2001), S 9, immerhin in Geltung getreten ist (vgl. § 16 der Umlagenordnung). Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, sind die Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2.1.1. In der Sache äußerte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss zum einen das folgende Bedenken:

"Das ZiviltechnikerkammerG sieht hinsichtlich der von der Kammervollversammlung festzusetzenden Umlagen weder eine Kundmachungspflicht noch ein Kundmachungsorgan vor; ungeachtet dessen scheint es jedoch eine Voraussetzung für die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der - vorläufig als Rechtsverordnung qualifizierten - Umlagenordnung zu sein, dass sie in ausreichender bzw. in ortsüblicher Weise (vgl. VfSlg. 3714/1960, 4865/1964, 6843/1972, 12.346/1990, 15.948/2000) - wofür hier die Publikation,

u. zw. des Textes der Verordnung selbst und nicht bloß eines Hinweises auf die Möglichkeit des 'downloaden[s]' oder der postalischen Zusendung, in den KammerNachrichten in Betracht käme - kundgemacht wurde. Eine solche Publikation, die übrigens § 16 der Umlagenordnung als Voraussetzung für ihr Inkrafttreten ausdrücklich vorsieht, wurde aber anscheinend unterlassen."

2.1.2. Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten hielt dem in ihrer Äußerung Folgendes entgegen:

"a) In der Anfang November 2001 herausgegebenen Ausgabe 4/01 der Kammernachrichten veröffentlichte die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten (im folgenden Ingenieurkammer) sowohl den vollen Wortlaut der Umlagenordnung als auch den vollen Text des 'Umlagenbeschlusses 2002', der die Berechnung der Kammerumlage im einzelnen darstellt. Diese Veröffentlichung erfolgte zeitlich gesehen vor der Kammervollversammlung vom .

Nach der Beschlussfassung am wurde in den Kammernachrichten Nr. 5/01 der als 'Kammerumlage 2002' bezeichnete Beschluss neuerlich und zwar auf den Seiten 10 und 11 veröffentlicht. Auf Seite 9 ist der Hinweis auf die Beschlussfassung über die Umlagenordnung 2002 ersichtlich sowie die Angaben der Internetadresse www.aikammer.org, über welche der Volltext der Umlagenordnung eingesehen werden kann, sowie die weitere Zusicherung, diesen Text |ber Anforderung dem Interessenten zuzusenden.

b) Das von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit abgeleitete Mindestmaß an Publizität ist damit für beide hier in Prüfung stehenden Rechtsvorschriften erfüllt. Für die Kundmachung von Beschlüssen der Kammervollversammlung enthält das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 keine besonderen Vorschriften. Das ZTKG erwähnt jedoch für die Kundmachung bestimmter genereller Normen 'Nachrichten der Länderkammern', so zB für die Kundmachung des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen (§31 Abs 1 ZTKG), der Standesregeln (§32 Abs 3 ZTKG), der Honorarleitlinien (§33 Abs 1 ZTKG). Die Kammernachrichten sind daher das zur Kundmachung genereller Beschlüsse der Kammerorgane, deren Befolgung gem. § 6 ZTKG Pflicht der Mitglieder ist, übliche Medium.

Der Inhalt der Kammernachrichten wird ferner im Internet unter http://www.aikammer.org veröffentlicht. Die Kammernachrichten wie auch die Beschlüsse der Vollversammlung stehen den Mitgliedern überdies in den Räumen des Kammeramtes zur Einsicht zur Verfügung.

Dass sich das Internet grundsätzlich zur Kundmachung von Rechtsvorschriften eignet, kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. So sieht auch der Entwurf eines Kundmachungsreformgesetzes (1280 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP) vor, das Bundesgesetzblatt im Internet unter der Adresse www.ris.bka.gv.at zur Abfrage bereit zu halten."

2.1.3. Diese Ausführungen sind jedoch auf Grund der nachstehenden Erwägungen nicht geeignet, das oben wiedergegebene, im Prüfungsbeschluss geäußerte Bedenken zu zerstreuen.

Es liegt auf der Hand, dass die Publikation des "Wortlaut[es] der Umlagenordnung" in der Anfang November 2001 erschienenen Ausgabe der Kammernachrichten, somit vor der Beschlussfassung durch die Kammervollversammlung, die erst am erfolgte, die Kundmachung des gefassten Beschlusses - und nur auf diesen kommt es im vorliegenden Fall an - keinesfalls ersetzen kann, u. zw. selbst dann nicht, wenn die in Rede stehenden Texte identisch wären.

In seinem erst vor kurzem ergangenen Erkenntnis VfSlg. 15.948/2000 vertrat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, dass die Veröffentlichung einer Rechtsverordnung im Internet das für die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung maßgebliche Erfordernis der ausreichenden bzw. ortsüblichen Kundmachung nicht erfülle. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Rechtsauffassung.

Der Hinweis der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten auf die Regierungsvorlage eines Kundmachungsreformgesetzes 2003, 1280 BlgNR

21. GP, ändert daran nichts. Im Gegenteil: Der Gesetzesentwurf hält vielmehr, "[u]m die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine elektronische Kundmachung zu schaffen, ... die Änderung all jener Bestimmungen des B-VG [für] erforderlich, die an die Herausgabe und Versendung des [gedruckten] Bundesgesetzblattes Rechtsfolgen knüpfen" (Erläuterungen 4).

Auch der Verfassungsgerichtshof erachtet die elektronische Kundmachung von Rechtsvorschriften ohne eine entsprechende bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung nicht für zulässig.

2.2.1. Zum anderen führte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss Folgendes aus:

"Des Weiteren vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, auf welche gesetzliche Vorschrift, insbesondere des ZiviltechnikerkammerG, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung sowie des als 'Kammerumlage 2002' bezeichneten Beschlusses gestützt werden könnten. Insbesondere scheinen die allgemeinen, auf die von den Kammermitgliedern zu leistenden Umlagen und sonstigen Beiträge Bezug nehmenden Regelungen des ZiviltechnikerkammerG dafür keine ausreichende gesetzliche Grundlage iSd. Art 18 Abs 2 B-VG zu bieten."

2.2.2. Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten hält dem in ihrer Äußerung Folgendes entgegen:

a) Die Zuständigkeit der Kammervollversammlung zur Festsetzung der von den Kammermitgliedern zu leistenden Umlagen und sonstigen Beiträge ergibt sich aus § 11 Abs 4 Zl 4 ZTKG 1993.

b) Einer gesonderten gesetzlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Umlagenordnung, in der die Grundsätze für die Festsetzung der Umlagen und sonstigen Beiträge geregelt wird, bedarf es nicht, da gemäß Art 18 Abs 2 BVG dieses Recht generell jeder Verwaltungsbehörde zusteht und weil die in § 52 Abs 1 ZTKG vorgesehene 'Festsetzung der Umlage' ihrer Rechtsnatur nach zwangsläufig Verordnungscharakter aufweisen muss.

c) Die Grundsätze, die die Kammern bei der Festsetzung der Umlagen und sonstigen Beiträge zu beachten haben, sind in § 52 Abs 1 - 3 ZTKG geregelt. Danach sind Umlagen und sonstige Beiträge unter Bedachtnahme auf den Jahresvoranschlag und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesamtheit der Kammermitglieder in angemessener Höhe festzusetzen. Diesem vom Gesetzgeber nicht näher ausgeführten Grundsatz entspricht ohne weiteres eine Aufgliederung der Kammerumlage in Mindestumlage, Umsatzumlage sowie Umlagenkomponenten für die von der Ingenieurkammer eingegangene Haftpflichtversicherung sowie die unter besonderen Umständen einzuhebenden Verspätungs-, Mahn- und Malusumlagen, da auf diese Weise der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mitglieder und dem Gebot der Angemessenheit am besten entsprochen wird.

d) Mit den in Prüfung gezogenen Beschlüssen wird auch die Versicherungsprämie für den von der Ingenieurkammer für ihre Mitglieder abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag auf die Kammermitglieder überwälzt. Bei diesem Versicherungsvertrag handelt es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung. Der Abschluss dieses Versicherungsvertrages ist ein Akt der Privatwirtschaftsverwaltung. Die Ingenieurkammer ist als Körperschaft öffentlichen Rechts (§1 Abs 3 ZTKG) uneingeschränkt privatrechtsfähig. In privatrechtlicher Hinsicht ist dieser Versicherungsvertrag daher rechtswirksam, selbst wenn die Ingenieurkammer bei Abschluss dieses Vertrages ihren durch § 2 ZTKG umschriebenen gesetzlichen Wirkungsbereich überschritten haben sollte, zumal dieser Wirkungsbereich keine Einschränkung der Privatrechtsfähigkeit bedeutet und die Ultravireslehre für die österreichische Rechtsordnung nach herrschender Auffassung abgelehnt wird (zB Bydlinski, JBl 1968, 48; Koziol-Welser5 I 63 ua).

Tatsächlich hat die Ingenieurkammer bei Abschluss dieses Versicherungsvertrages den gesetzlichen Wirkungsbereich jedoch nicht überschritten, da ihr gemäß § 2 Abs 1 ZTKG ua die Aufgabe zukommt, die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Ziviltechniker wahrzunehmen und zu fördern.

Auch hier überlässt der Gesetzgeber der Ingenieurkammer durch die Umschreibung ihres Wirkungsbereiches einen weiten Spielraum. Offensichtlich verzichtete der Gesetzgeber auf eine nähere Determinierung der Wendung 'Wahrnehmung der beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen', um den Angehörigen des Berufsstandes im Rahmen der beruflichen Selbstverwaltung die Bestimmung dessen, was zu ihren beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen zählt, selbst zu überlassen. Daher bestimmt § 2 Abs 2 ZTKG, dass die in Abs 1 umschriebenen Aufgaben solche des selbstständigen Wirkungsbereiches sind. Die nähere

Aufzählung von Aufgaben, zu deren Erfüllung die Länderkammern im selbstständigen Wirkungsbereich insbesondere berufen sind, ist nur demonstrativ und hindert die Erfüllung weiterer Aufgaben, deren Wahrnehmung im beruflichen, sozialen oder wirtschaftlichen Interesse der Ziviltechniker liegt, keineswegs. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung zugunsten ihrer Mitglieder zu Bedingungen, die der einzelne Ziviltechniker auf dem Versicherungsmarkt nicht erzielen könnte, liegt zweifellos im Interesse jedes einzelnen Ziviltechnikers und der Ziviltechnikerschaft in ihrer Gesamtheit.

Auf die mit dem Kammervertrag verbundenen erheblichen Verbesserungen gegenüber den allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen wurde bereits in der Gegenschrift im Beschwerdeverfahren B832/02 hingewiesen und seien die wichtigsten Punkte hier wiederholt:

Unbegrenzte Nachhaftung, Kündigungsverzicht gegenüber einzelnen Ziviltechnikern,

Prämienfreie Zusatzdeckung für Pensionisten, Mitversicherung der freien Mitarbeiter,

Deckung von Schäden aus Skontoverlusten,

Deckung von Schäden aus Nachbarrecht,

Anerkennung von Schiedssprüchen,

Deckung von nicht bekannten Schäden, die vor Vertragsschluss

verursacht worden waren.

Weiters wurde in der Gegenschrift bereits darauf hingewiesen, dass der Abschluss des für alle Ziviltechniker geltenden Haftpflichtversicherungsvertrages auch einen Bonus für den gesamten Ziviltechnikerstand, der immerhin im Wettbewerb mit Gewerbetreibenden steht, darstellt, da er auch von potentiellen Auftraggebern als feststehende Größe und Vorteil berücksichtigt werden kann.

In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, dass die Ziviltechnikerschaft selbst den Abschluss eines solchen Versicherungsvertrages schon im Jahre 1980 mit großer Mehrheit beschlossen und seither den Kammerversicherungsvertrag unangefochten aufrechterhalten bzw verlängert hat, sodass daraus abzuleiten ist, dass die Ziviltechnikerschaft selbst das berufliche und wirtschaftliche Interesse an diesem Versicherungsvertrag bisher anerkannt hat und es auch weiterhin mehrheitlich anerkennt.

e) Mit den hier verfahrensgegenständlichen Beschlüssen überwälzt die Ingenieurkammer allerdings jenen Aufwand, der ihr durch die Versicherungsprämie des vorgenannten Haftpflichtversicherungsvertrages erwächst, im Wege hoheitlicher Umlagenbestimmungen auf ihre Mitglieder. Es ist unstrittig, dass diese Maßnahme einer gesetzlichen Grundlage bedarf.

§ 52 Abs 1 ZTKG ermächtigt die Ingenieurkammern, zur Bestreitung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehenen, durch besondere Einnahmen nicht bedeckten eigenen Kosten ... von ihren Mitgliedern Umlagen und sonstige Beiträge einzuheben. Rückständige Umlagen und Beiträge können gemäß § 52 Abs 4 ZTKG im Wege der Verwaltungsvollstreckung hereingebracht werden.

Eine nähere Umschreibung des Begriffes 'Kosten' enthält das Gesetz nicht, außer dass die auf die Mitglieder umgelegten Kosten in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehen sein müssen. Gemäß § 51 ZTKG hat der Kammervorstand den Jahresvoranschlag für das nächste Jahr der Kammervollversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen. Mit der Genehmigung des Jahresvoranschlages werden von der Kammervollversammlung sohin jährlich auch die Kosten, die der Ingenieurkammer erwachsen und die auf die Mitglieder umgelegt werden dürfen, bestimmt.

In der Kammervollversammlung vom wurde der Jahresvoranschlag 2002 unter Tagesordnungspunkt 6 mit nur 9 Gegenstimmen genehmigt. Von dieser Genehmigung umfasst waren somit auch die Kosten für die Berufshaftpflichtversicherung in Höhe der der Uniqua Sachversicherungs AG geschuldeten Versicherungsprämie.

Der Jahresvoranschlag 2002 war gleichfalls in den Kammernachrichten 4/01 veröffentlicht worden (ab Seite 20).

f) Steht das Recht der Kammer, die Versicherungsprämie auf ihre Mitglieder im Wege der Kammerumlage zu überwälzen, dem Grunde nach fest, bleibt noch zu prüfen, ob der konkrete Umlagenbeschluss vom diese Überwälzung in gesetzeskonformer Weise bewerkstelligt. Zur Frage, wie der der Kammer erwachsene Aufwand auf die Mitglieder umgelegt werden soll, enthält das ZTKG in § 52 die Anordnung, dass dabei auf den Kammervoranschlag und auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitglieder Bedacht zu nehmen und die Umlage in angemessener Höhe festzusetzen ist. Aus der Berücksichtigung des Kammervoranschlages ergibt sich, dass die gesamte von der Kammer an die Haftpflichtversicherung abzuführende Prämie auf die Mitglieder aufzuteilen ist. Die Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitglieder und die Angemessenheit der Umlage rechtfertigt sowohl die Bildung von Risikogruppen innerhalb der Gesamtheit der Mitglieder als auch das Abstellen auf den Umsatz, den die Mitglieder im Rahmen ihrer Berufsausübung erzielen, wobei natürlich auch der in der Rechtsform von Ziviltechnikergesellschaften erwirtschaftete Umsatz zu berücksichtigen ist. Die Anordnung in § 52 ZTKG, wonach der durch die Ziviltechnikergesellschaften der Kammer erwachsene zusätzliche Aufwand durch Pauschalbeträge abzudecken ist, hindert eine umsatzbezogene Kammerumlage, mit welcher der mit der Berufshaftpflichtversicherung verbundene Aufwand auf sämtliche Mitglieder überwälzt wird, nicht, da es sich dabei um einen allgemeinen Aufwand der Kammer und nicht um einen durch die Ziviltechnikergesellschaften speziell verursachten zusätzlichen Aufwand handelt.

Die Bildung von Risikogruppen innerhalb der Gesamtheit der Ziviltechniker berücksichtigt die Unterschiede, die der einzelne Ziviltechniker aufgrund des zwischen den verschiedenen Fachgruppen bestehenden unterschiedlichen Haftungsrisikos bei Abschluss von Einzel-Versicherungsverträgen auf dem Versicherungsmarkt vorfindet. Diese Differenzierung findet ohne weiteres im Gesetz ihre Deckung, da es auch eine Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Kammermitgliedes und der Angemessenheit der Umlage darstellt, ob es auf dem Versicherungsmarkt günstigere Alternativen für eine Haftpflichtversicherung gibt.

Das Abstellen der Kammerumlage auf den vom Mitglied erzielten Umsatz wurde vom Verfassungsgerichtshof grundsätzlich für verfassungskonform erachtet (, , B3503/95). Der erzielte Umsatz ist sowohl ein Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch für das Ausmaß des Haftpflichtrisikos eines Ziviltechnikers, da naturgemäß der Umfang der Geschäftstätigkeit in der Regel auch mit einem höheren Haftungsrisiko verbunden ist."

2.2.3. Auf Grund der nachstehenden Erwägungen sind diese Argumente nicht geeignet, das oben dargelegte Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung und des Umlagenbeschlusses 2002 entbehrten der ausreichenden gesetzlichen Grundlage iSd. Art 18 Abs 2 B-VG, zu zerstreuen.

Das in Art 18 B-VG zum Ausdruck kommende Legalitätsprinzip verlangt u.a. eine ausreichende Determinierung des Inhaltes einer Verordnung durch das Gesetz. Damit eine Verordnung als ausreichend determiniert angesehen werden kann, muss ihr Inhalt im Gesetz hinreichend bestimmt sein, d.h. es müssen schon aus dem Gesetz selbst alle wesentlichen Merkmale der Verordnungsregelung ersehen werden können (vgl. zB VfSlg. 2294/1952, 4662/1964, 7945/1976, 10.899/1986, 11.938/1988); eine Verordnung hat nur zu präzisieren, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes: VfSlg. 7945/1976, 9226/1981 u.a.). Auch Organe der Selbstverwaltungskörper sind zur Erlassung von Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" iSd. Art 18 Abs 2 B-VG befugt (vgl. VfSlg. 3993/1961, 4886/1964, 13.464/ 1993, ; vgl. explizit ablehnend zum Gedanken eines "gelockerten Legalitätsprinzipes" für autonome Satzungen bereits VfSlg. 7903/1976).

Wie die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten in ihrer Äußerung zutreffend dartut, sehen die in Prüfung gezogenen (Verordnungs-)Bestimmungen der Umlagenordnung und des Umlagenbeschlusses 2002 iW Folgendes vor: Die Versicherungsprämie für den von der Kammer "für ihre Mitglieder abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag [wird] auf die Kammermitglieder überwälzt. Bei diesem Versicherungsvertrag handelt es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung. Der Abschluss des Versicherungsvertrages ist ein Akt der Privatwirtschaftsverwaltung. ... Mit den hier verfahrensgegenständlichen Beschlüssen überwälzt die Ingenieurkammer allerdings jenen Aufwand, der ihr durch die Versicherungsprämie des vorgenannten Haftpflichtversicherungsvertrages erwächst, im Wege hoheitlicher Umlagenbestimmungen auf ihre Mitglieder."

Für eine derartige Regelung auf Verordnungsstufe bedürfte es einer spezifischen gesetzlichen Ermächtigung. Das ZiviltechnikerkammerG 1993 sieht jedoch nichts Derartiges vor. Die allgemein gehaltene Bestimmung des § 52 Abs 1 ZiviltechnikerkammerG 1993, der zu Folge die Länderkammern "[z]ur Bestreitung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehenen, durch besondere

Einnahmen nicht bedeckten eigenen Kosten ... von ihren Mitgliedern

Umlagen ... einzuheben [haben]", genügt den oben genannten, aus Art 18

B-VG abzuleitenden Anforderungen nicht. Dazu kommt, dass bei den im Rahmen eines - von der Kammer (für ihre Mitglieder) abgeschlossenen - Versicherungsvertrages für fremde Rechnung anfallenden Prämien von "eigenen Kosten" der Kammer nicht die Rede sein kann. Dass die anderen auf Umlagen Bezug nehmenden Bestimmungen des ZiviltechnikerkammerG 1993 (§6 und § 11 Abs 4 Z 3) eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen böten, behauptet auch die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten nicht.

2.3. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung sowie des Umlagenbeschlusses 2002 widersprechen daher dem Art 18 B-VG und sind folglich (schon) aus diesem Grunde als gesetzwidrig aufzuheben.

Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Umlagenordnung erweisen sich zudem auf Grund der in Pkt. 2.1.3. angestellten Erwägungen mangels ausreichender Kundmachung als gesetzwidrig. Da dieser Kundmachungsmangel nicht nur jene Bestimmungen der Umlagenordnung betrifft, die dem Verordnungsprüfungsverfahren unterliegen, sondern vielmehr die gesamte Umlagenordnung, war diese Verordnung gemäß Art 139 Abs 3 litc B-VG zur Gänze aufzuheben.

3. Der Ausspruch über die Kundmachung stützt sich auf Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG iVm. § 2 Abs 3 BGBlG.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.