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VfGH vom 27.06.2017, V19/2017

VfGH vom 27.06.2017, V19/2017

Leitsatz

Abweisung des - zulässigen - Antrags des Bundesverwaltungsgerichtes auf Aufhebung von Verordnungsbestimmungen über die Einhebung eines Kostenbeitrags im Zuge des Aufnahmeverfahrens für die Studienrichtungen Human- und Zahnmedizin für das Studienjahr 2014/15; ausschließlich Bedenken im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot auf Grund der sozialen Herkunft geltend gemacht; neu in das Universitätsgesetz aufgenommene, mit Jänner 2016 in Kraft getretene gesetzliche Vorschrift für die Prüfung der in ihrem zeitlichen Geltungsbereich beschränkten Zulassungsbeschränkungsverordnung nicht maßgeblich

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, (Teile von) Bestimmungen der Verordnung über die Zulassungsbeschränkung zu den Diplomstudien Human- und Zahnmedizin, Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien, Studienjahr 2013/14, , 9. Stück, Nr 11 (im Folgenden: Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15) als gesetzwidrig aufzuheben.

II.Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1.Die Beschwerdeführerin im Anlassverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nahm an dem für die Diplomstudien Humanmedizin und Zahnmedizin an der Medizinischen Universität Wien durchgeführten Aufnahmeverfahren für das Studienjahr 2014/15 teil und entrichtete im Zuge dessen einen Kostenbeitrag in Höhe von € 110,–. Auf Grund ihres erzielten Testergebnisses wurde sie in der Folge zum Studium zugelassen. Im September 2015 beantragte sie beim Rektorat der Medizinischen Universität Wien die Rückerstattung des Kostenbeitrages bzw. eventualiter die Feststellung des Nichtbestehens einer Kostenbeitragspflicht.

1.2.Mit Bescheid vom wies das Rektorat der Medizinischen Universität Wien den Antrag auf Rückerstattung im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Entrichtung des nicht erstattungsfähigen Kostenbeitrages in Höhe von € 110,– in der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 vorgesehen sei. Ergänzend führte das Rektorat der Medizinischen Universität Wien mit Verweis auf VfSlg 20.016/2015 aus, die Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 finde ihre Deckung in § 124b Abs 1 UG idF BGBl I 45/2014. Der von der Medizinischen Universität Wien einmalig bei der Registrierung für das Zulassungsverfahren eingehobene Beitrag sei – wie schon der vom Verfassungsgerichtshof in eben dieser Entscheidung als gesetzes- und verfassungskonform beurteilte Kostenbeitrag im Rahmen des Aufnahmeverfahrens für die Lehramtsstudien – erfahrungsgemäß geeignet, den Ordnungszweck des vorgesehenen Registrierungsverfahrens sicherzustellen und darüber hinaus einen in der Höhe angemessenen Beitrag zu den der Universität erwachsenden Kosten zu leisten. Dabei habe sich die Universität an den tatsächlich anfallenden Kosten orientiert, ohne jedoch Kostendeckung zu erreichen. Den Kosten für die Durchführung des Aufnahmeverfahrens für das Studienjahr 2014/15 von insgesamt € 768.541,– stünden Einnahmen aus den eingehobenen Beiträgen von € 656.909,– gegenüber. Das Eventualbegehren wies die Behörde zurück, da es für die Erlassung eines Feststellungsbescheides an der gesetzlichen Grundlage und nach der bereits erfolgten Zulassung zum Studium auch am Feststellungsinteresse hinsichtlich der lediglich einmaligen Leistungspflicht im Rahmen des Aufnahmeverfahrens fehle.

2.Aus Anlass der dagegen gerichteten Beschwerde stellt das Bundes-verwaltungsgericht den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge näher bezeichnete Bestimmungen und Wortfolgen in der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15, die den Kostenbeitrag im Zulassungsverfahren regeln, als gesetzwidrig aufheben.

2.1.Zur Zulässigkeit des Antrages führt das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführerin auf Grund von § 7 Abs 1 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 einen Kostenbeitrag in Höhe von € 110,– entrichtet habe. Der beim Bundesverwaltungsgericht angefochtene Bescheid stütze sich auf diese Bestimmung. Da das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Verwaltungshandelns zu überprüfen habe, habe es bei seiner Entscheidung § 7 Abs 1 der Zulassungsbeschränkungs-verordnung 2014/15 anzuwenden. Zwar habe die Zulassungsbeschränkungs-verordnung 2014/15 nur bis gegolten. Der Umstand, dass eine Norm bereits außer Kraft getreten sei, schließe die Zulässigkeit des Antrages eines Gerichtes, die betreffende Norm als gesetzwidrig aufzuheben, jedoch nicht aus.

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes könne die behauptete Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung des § 5 Abs 3, der Wortfolge "sowie die fristgerechte Einzahlung des Kostenbeitrages (§7)" in § 6 Abs 2 Satz 2, des § 6 Abs 3 Satz 2, der Wortfolge "und wird erst mit fristgerechtem Einlangen des Kostenbeitrages (§7) gültig" in § 6 Abs 4 Satz 3 sowie des § 7 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 beseitigt werden. Der verbleibende Verordnungsteil erhalte dadurch einen sachlich begründeten und mit dem Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes vereinbaren Inhalt. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelange, dass durch die Aufhebung dieser Bestimmungen bzw. Wortfolgen mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden werde, als Voraussetzung für den Anlassfall bilde, verweist das Bundesverwaltungsgericht auf jene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach eine zu weite Fassung eines Antrages nach Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG diesen nicht in jedem Fall unzulässig mache.

2.2.Die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, legt das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst wie folgt dar:

Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem – auszugsweise zitierten – Erkenntnis VfSlg 20.016/2015 festgestellt, dass die Regelung eines im Zuge der Registrierung zum Aufnahmeverfahren vor Zulassung zu entrichtenden Kostenbeitrages in Höhe von € 50,– auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung des Rektorats, all jene ablauftechnischen Maßnahmen vorzusehen, die ein geordnetes und effizientes Aufnahme- bzw. Auswahlverfahren gewährleisten, gesetzlich gedeckt sei, weil ein von seiner Höhe her dem Zweck der Sicherstellung der Ernsthaftigkeit von Registrierungen für ein Aufnahmeverfahren angemessener Kostenbeitrag eine solche ablauftechnische Maßnahme sei und in Höhe von € 50,– innerhalb der gesetzlichen Vorgaben liege.

Anders als in jenem Fall überschreite die Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 der Medizinischen Universität Wien jedoch den dem Verordnungsgeber "durch § 71d Abs 4 iVm 71c Abs 6 UG" eingeräumten Spielraum. § 71c Abs 6 Z 2 zweiter Satz UG idF BGBl I 131/2015 normiere ein Diskriminierungsverbot auf Grund der sozialen Herkunft, die im Allgemeinen über die sozioökonomische Stellung und somit auch über die schulische und berufliche Bildung der Eltern erfasst werde. Der Gesetzgeber nehme im Allgemeinen Teil der Erläut. zur RV 797 BlgNR 25. GP auf die Ergebnisse der Evaluierungsstudie des Instituts für Höhere Studien zu § 124b UG Bezug. Diese zeige eine negative Tendenz im Bereich der Zusammensetzung der Studierenden nach der sozialen Herkunft. Der "Anteil von inländischen StudienanfängerInnen mit höherem Bildungshintergrund der Eltern" sei der Studie zufolge insbesondere seit der Einführung des Kostenbeitrages nochmals gestiegen. Im Unterschied zur früheren Datenerhebung schließe die Studie eine diesbezüglich zufällige Verteilung nun aus. Zudem hätten Befragte als Grund für ein Zögern bei der Studienwahl u.a. die Kosten von Zulassungstests genannt. Allein in die Vorbereitung auf das Zulassungsverfahren zum Medizinstudium habe über ein Drittel der Befragten mehr als € 500,– investiert.

Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das Gebot der Nichtdiskriminierung auf Grund der sozialen Herkunft u.a. als Antwort auf diese Entwicklungen in § 71c Abs 6 Z 2 UG aufgenommen habe. Die undifferenzierte Einhebung eines nicht erstattungsfähigen Kostenbeitrages in Höhe von € 110,– stehe diesem Gebot entgegen und sei daher "gemäß Art 18 B-VG i.V.m. [§] 71c Abs 6 Z 2 zweiter Satz UG nicht zulässig".

3.Das Rektorat der Medizinischen Universität Wien hat als verordnungserlassende Behörde eine Äußerung erstattet, in der es den im Antrag erhobenen Bedenken zusammengefasst wie folgt entgegentritt:

Die Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 trage den Anforderungen an das Aufnahmeverfahren gemäß § 71c Abs 6 Z 2 UG Rechnung und führe zu keiner Diskriminierung auf Grund der sozialen Herkunft. Das Bundesverwaltungsgericht übersehe, dass sich die angefochtenen Bestimmungen der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 auf Studienwerber beziehen würden, während die Studie, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht stütze, auf Zahlen betreffend Studienanfänger beruhe und zudem die Zahlen der Medizinischen Universität Wien mit jenen aus Graz und Innsbruck zusammenfasse. Die Medizinische Universität Wien erhebe unmittelbar nach den Aufnahmetests in einer freiwilligen Befragung Daten zur sozialen Herkunft der Studienwerber. Da sich die angefochtenen Bestimmungen der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 gleichlautend auch in den jährlich nachfolgenden Zulassungsbeschränkungsverordnungen finden würden, seien die aktuellen Daten auch für das vorliegende Verfahren von Bedeutung. Der im Studienjahr 2011/12 eingeführte Kostenbeitrag habe bis heute keinen Einfluss auf die soziale Verteilung (in Bezug auf die soziodemographische Herkunft) der Studienwerber. Der Anteil von Studienwerbern mit Eltern aus bildungsferner Schicht sei von 25,2% im Jahr 2014 auf 31,1% im Jahr 2017 gestiegen. Im Vergleich dazu sei der Anteil der Studienwerber, deren Eltern eine hohe Schulbildung aufweisen würden, von 32,4% im Jahr 2014 auf 31,9% im Jahr 2017 gesunken. Dies belege, dass die Chancengleichheit im Hinblick auf den Zugang zum Studium an der Medizinischen Universität Wien unabhängig vom Bildungshintergrund der Eltern gegeben sei und die Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 somit die Anforderungen des § 71c Abs 6 Z 2 UG erfülle.

Auch der Aufnahmetest führe einer Evaluierung (Arendasy/Sommer/Felberhammer-Kahr, MedAT Kurzzusammenfassung 2013-2016, verfügbar auf der Homepage der Medizinischen Universität Wien) zufolge zu keinerlei Diskriminierung auf Grund der sozialen Herkunft.

Richtig sei, dass bildungsferne Schichten im Hochschulsystem generell und in den Diplomstudien der Human- und Zahnmedizin im Besonderen immer noch – und im Medizinstudium seit mehreren Jahren konstant – unterrepräsentiert seien. Grund dafür sei aber nicht der einmalig zu leistende Kostenbeitrag in Höhe von € 110,–, sondern hauptsächlich das vergleichsweise lange Studium, das nur wenig Zeit für Erwerbstätigkeit neben dem Studium lasse. Grundsätzlich gelte, je strukturierter, kürzer sowie berufsbezogener ein Studium sei und je leichter es mit einer Erwerbstätigkeit zu vereinbaren sei, desto attraktiver sei es für Studierende aus bildungsfernen Elternhäusern. Hinzu komme, dass AHS-Maturanten, die am häufigsten aus bildungsnaher Schicht stammen würden, überproportional häufig ein Medizinstudium wählen würden.

4.Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat eine Äußerung erstattet, in der er den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt entgegentritt:

Die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, dass der Kostenbeitrag die soziale Herkunft der Studierenden maßgeblich beeinflusse, sei nicht nachzuvollziehen. Zwar gebe es empirische Befunde in Richtung einer mangelnden sozialen Durchmischung der Studierenden an Medizinischen Universitäten, doch sei keiner Studie zu entnehmen, dass die einmalige Entrichtung eines Betrages von € 110,– den Zugang zum Studium behindere oder tatsächlich erschwere. Die Entwicklung von Studienanfängern mit Vätern mit akademischer Bildung zeige kontinuierliche Steigerungen und Rückgänge, aber "keinen sprunghaften Anstieg ab dem Studienjahr 2010/11". Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Einführung von Kostenbeiträgen in diesem Studienjahr sei daher nicht zu erkennen. Die soziale Zusammensetzung der Studierenden – gemessen an der Bildung des Vaters seien im Studienjahr 2014/15 40,7% der Studienanfänger aus nicht-akademischem Elternhaus gekommen – werde im Wesentlichen von mit dem Studienwahlverhalten generell zusammenhängenden Faktoren beeinflusst. Human- und Zahnmedizin seien lange Vollzeitstudien, die eine Nebenerwerbstätigkeit nicht zulassen würden. Diese Begleitumstände würden Studierende aus bildungsfernen Schichten deutlich stärker demotivieren. Unterdessen habe sich seit 2005 das für Studierende aus bildungsfernen Familien attraktivere Studienangebot an Bachelor- und FH-Studien deutlich verbreitert.

Der höhere Studierendenanteil mit akademischem Hintergrund sei auch eine Folge der hochkompetitiven Aufnahmesituation. Während vor Einführung der Zugangsregelungen 2005 in Österreich jährlich ca. 2.000 Personen ein Medizinstudium begonnen hätten, seien für das im Juli 2017 stattfindende Auswahlverfahren österreichweit 15.991 Registrierungen gemeldet. Die Evaluierung zu § 124b UG habe ergeben, dass mit den Zugangsregelungen die Studienabschlüsse in Regelstudienzeit deutlich angestiegen seien, die Studiendauer sich verkürzt habe und die Abbruchsquote gesunken sei.

Die ungleiche soziale Zusammensetzung im Medizinstudium sei zudem kein österreichisches Phänomen. Zu Beginn des Studiums kämen in Deutschland 68% und in der Schweiz 57% der Studierenden aus Akademikerhaushalten.

5.Die Partei des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes insbesondere mit folgenden Argumenten anschließt:

Im Lichte des Diskriminierungsverbots auf Grund der sozialen Herkunft gemäß § 71c Abs 6 Z 2 UG sei der Kostenbeitrag in Höhe von € 110,– gesetzwidrig: einerseits auf Grund seiner absoluten Höhe (in etwa der Hälfte der monatlichen Familienbeihilfe), andererseits auf Grund der Tatsache, dass er – anders als etwa der Studienbeitrag oder die Kostenbeiträge nach dem ehemaligen Hochschultaxengesetz 1972 – nie aus sozialen Gründen erstattungsfähig sei.

Verfassungskonform interpretiert ergebe sich aus § 71d UG auch implizit keine Ermächtigung zur Einhebung des Kostenbeitrages in Höhe von € 110,–. Insbesondere die seit geltende Rechtslage erhelle dessen Rechtswidrigkeit. Nach § 71d Abs 3 UG sei in den Leistungsvereinbarungen nicht nur die Anzahl der Studienplätze festzulegen, sondern zusätzlich die Schutzinteressen "öffentliche Gesundheit", "hohes Niveau der medizinischen Versorgung der Bevölkerung" und "Homogenität des Bildungssystems" sicherzustellen. Daraus folge, dass der Bund die Kosten für die Aufnahmeverfahren durch die Leistungsvereinbarungen abdecken müsse. Die zusätzliche Einhebung der Kostenbeiträge in dieser Höhe führe zu einer rechtswidrigen Doppelfinanzierung durch den Bund und die betroffenen Studienwerber.

Ein Kostenbeitrag sei nach der neuen Rechtslage auch deshalb nicht mehr zulässig, weil § 71c Abs 6 Z 3 UG idF BGBl I 131/2015 nicht nur von der rechtzeitigen, sondern von der rechtzeitigen und kostenlosen Zurverfügungstellung des Prüfungsstoffes spreche.

III.Rechtslage

1.Die Bestimmungen der §§71c Abs 6 und 71d des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG), BGBl I 120/2002 idF BGBl I 131/2015, die seit in Kraft stehen, und auf die das Bundesverwaltungsgericht seine Bedenken stützt, lauten im hier maßgeblichen Kontext:

"Zugang zu besonders stark nachgefragten Studien

§71c […]

(6) Das Aufnahme- oder Auswahlverfahren ist durch die Universität so zu gestalten, dass insbesondere folgende Vorgaben maßgebend sind:

1. Überprüfung der für das den Ausbildungserfordernissen des jeweiligen Studiums entsprechenden leistungsbezogenen Kriterien;

2. Sicherung der Zugänglichkeit für nichttraditionelle Studienwerberinnen und -werber; Sicherstellung, dass das Aufnahme- oder Auswahlverfahren zu keinerlei Diskriminierung auf Grund des Geschlechts sowie der sozialen Herkunft führt;

3. rechtzeitige und kostenlose Zurverfügungstellung des Prüfungsstoffes auf der Homepage der Universität (bei Aufnahmeverfahren vor der Zulassung spätestens vier Monate vor dem Prüfungstermin, bei Auswahlverfahren nach der Zulassung spätestens zu Beginn des betreffenden Semesters) und

4. eine mehrstufige Gestaltung der Aufnahme- oder Auswahlverfahren. Allfällige mündliche Komponenten können nur ein Teil der Aufnahme- oder Auswahlverfahren sein und dürfen nicht zu Beginn des Aufnahme- oder Auswahlverfahrens stattfinden. Weiters dürfen die mündlichen Komponenten nicht das alleinige Kriterium für das Bestehen des Aufnahme- oder Auswahlverfahrens sein.

Auf die Durchführung der Aufnahme- oder Auswahlverfahren ist § 41 B-GlBG anzuwenden.

Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien

§71d. (1) Das Rektorat kann in den Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktoratsstudien, die von den deutschen bundesweiten Numerus-Clausus-Studien Medizin, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin betroffen sind, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von sechs Wochen erstattet werden muss. Die Festlegung samt allfälliger Stellungnahme des Senats hat das Rektorat dem Universitätsrat zur Genehmigung vorzulegen. Entscheidet der Universitätsrat nicht innerhalb von vier Wochen ab Vorlage, gilt die Festlegung als genehmigt.

(2) In den Studien Human- und Zahnmedizin, Psychologie sowie Veterinärmedizin muss im Sinne einer bedarfsgerechten Studienplatzentwicklung folgende Anzahl an Studienplätzen für Studienanfängerinnen und -anfänger pro Studienjahr und Studium österreichweit ansteigend zur Verfügung gestellt werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Studium
Gesamt
Human- und Zahnmedizin
bis zu 2.000
Psychologie
bis zu 2.300
Veterinärmedizin
bis zu 250

(3) In den Studien gemäß Abs 2 erfolgt in der Leistungsvereinbarung jener Universitäten, an denen die betreffenden Studien angeboten werden, eine Festlegung der Anzahl an Studienplätzen für Studienanfängerinnen und -anfänger im Sinne einer bedarfsgerechten Studienplatzentwicklung und unter Berücksichtigung der bisherigen Studierendenzahlen. In den Studien Human- und Zahnmedizin ist zusätzlich die Wahrung der in Abs 5 geregelten Schutzinteressen sicherzustellen.

(4) § 71c Abs 6 ist mit Ausnahme der Z 4 anzuwenden.

(5) In den Studien Human- und Zahnmedizin ist das Recht auf Bildung und Zugang zur Hochschulbildung der Inhaberinnen und Inhaber in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse durch erhöhten Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse stark beschränkt und die öffentliche Gesundheit einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt. Unbeschadet der Aufnahmeverfahren gemäß Abs 1 sind zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems in den genannten Studien 95 vH der jeweiligen Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger den EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellte Personen vorbehalten. 75 vH der jeweiligen Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger stehen den Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse zur Verfügung.

(6) Das Rektorat ist berechtigt, in den sonstigen Medizinischen sowie Veterinärmedizinischen Studien die Zulassung zu diesen Studien durch Verordnung entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens ein Semester nach der Zulassung zu regeln. § 71c Abs 6 ist mit Ausnahme der Z 4 anzuwenden.

(7) Sofern in den Auswahlverfahren Prüfungen vorgesehen sind, gelten für die Wiederholungen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Auch die Wiederholung positiv beurteilter Prüfungen ist zulässig. Prüfungstermine sind grundsätzlich einmal im Semester anzubieten. § 54 Abs 8 ist nicht anzuwenden."

2.Die weiteren, für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des UG in ihren am jeweils geltenden Fassungen BGBl I 120/2002 (§12 Abs 1 und § 13. Abs 1), BGBl I 81/2009 (§124b) bzw. BGBl I 124/2013 (§13 Abs 2), lauten auszugsweise wie folgt:

"§12. (1) Die Universitäten sind vom Bund zu finanzieren. Dabei sind die finanziellen Leistungsmöglichkeiten des Bundes, seine Anforderungen an die Universitäten und die Aufgabenerfüllung der Universitäten zu berücksichtigen.

[…]

§13. (1) Die Leistungsvereinbarung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag. Sie ist zwischen den einzelnen Universitäten und dem Bund im Rahmen der Gesetze für jeweils drei Jahre abzuschließen.

(2) Inhalt der Leistungsvereinbarung ist insbesondere:

1. die von der Universität zu erbringenden Leistungen, die entsprechend den Zielen, leitenden Grundsätzen und Aufgaben der Universität in folgenden Bereichen festzulegen sind:

[…]

k) an den Medizinischen Universitäten: In den Studien Humanmedizin und Zahnmedizin die Festlegung der Anzahl der Studienplätze im Sinne einer bedarfsgerechten Studienplatzentwicklung, sodass unter Wahrung der in § 124b Abs 5 geregelten Schutzinteressen sichergestellt ist, dass bis zum Wintersemester 2015/16 bis zu 2.000 Studienanfängerinnen und -anfängern die Aufnahme des Studiums möglich ist; bei der Aufteilung der Studierenden zwischen den Universitäten sind die bisherigen Studierendenzahlen zu berücksichtigen. Die Aufteilung der Studierenden auf die Studien Humanmedizin und Zahnmedizin ist zu regeln.

[…]

Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien

§124b. (1) Das Rektorat kann in den Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktoratsstudien, die von den deutschen bundesweiten Numerus-Clausus-Studien Medizin, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin betroffen sind, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen erstattet werden muss. Die Festlegung samt allfälliger Stellungnahme des Senats hat das Rektorat dem Universitätsrat zur Genehmigung vorzulegen. Entscheidet der Universitätsrat nicht innerhalb von vier Wochen ab Vorlage, gilt die Festlegung als genehmigt.

(Anm.: Abs 2 aufgehoben durch BGBl I Nr 81/2009)

[…]

(4) § 124b Abs 1 gilt für alle Studierenden der Humanmedizin, Zahnmedizin, der Medizinischen Studien und Veterinärmedizinischen Studien und des Studiums Psychologie unabhängig von der Staatsangehörigkeit, die ab dem Beginn der Zulassungsfrist für das Wintersemester 2009/2010 zum Studium zugelassen werden.

(5) In den Studien Human- und Zahnmedizin ist das Recht auf Bildung und Zugang zur Hochschulbildung der Inhaberinnen und Inhaber in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse durch erhöhten Zustrom von Inhaberinnen und Inhabern nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse stark beschränkt und die öffentliche Gesundheit einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt. Unbeschadet der Aufnahmeverfahren gemäß Abs 1 sind zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems in den genannten Studien 95 vH der jeweiligen Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger den EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern und ihnen im Hinblick auf den Studienzugang gleichgestellte Personen vorbehalten. 75 vH der jeweiligen Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und Studienanfänger stehen den Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse zur Verfügung.

(6) Die Bundesregierung kann auf Vorschlag der Bundesministerin oder des Bundesministers in einem Studium, das von einem am bestehenden deutschen Numerus-Clausus-Studium betroffen ist, auf Antrag aller Universitäten, an denen das betreffende Studium angeboten wird, durch Verordnung eine Zahl an Studienplätzen für Studienanfängerinnen und Studienanfänger festsetzen und die Rektorate ermächtigen, ein qualitatives Aufnahmeverfahren festzulegen, wenn durch die erhöhte Nachfrage ausländischer Staatsangehöriger die Studienbedingungen in diesen Studien unvertretbar sind. Vor dem Antrag des Rektorates der jeweiligen Universität ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen erstattet werden muss. Die Mindestzahl an Studienplätzen darf die durchschnittliche Anzahl der Studierenden dieses Studiums der drei Jahre vor der Festsetzung nicht unterschreiten."

3.Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Rektorats der Medizinischen Universität Wien über die Zulassungsbeschränkung zu den Diplomstudien Humanmedizin und Zahnmedizin, Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien, Studienjahr 2013/2014, , 9. Stück, Nr 11 (im Folgenden: Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15), lauten auszugsweise wie folgt (die vom Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Wortfolgen und Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Präambel

Die Medizinische Universität Wien führt seit dem Kalenderjahr 2013 gemeinsam mit der Medizinischen Universität Innsbruck und der Medizinischen Universität Graz auf Basis des § 124b UG eine kapazitätsorientierte Studienplatzvergabe für die StudienwerberInnen der Diplomstudien Human- und Zahnmedizin durch. […]

I. Regelungsinhalt

§1. Diese Verordnung regelt die Beschränkung des Zugangs für die Diplomstudien der Humanmedizin (N 202) und Zahnmedizin (N 203) aufgrund eines Aufnahmeverfahrens vor der Zulassung zum Studium gem. § 124b UG.

II. Geltungsbereich

§2. Die Regelung über Zugangsbeschränkungen gilt für alle StudienwerberInnen für die Diplomstudien Human- und Zahnmedizin an der Medizinischen Universität Wien für das Studienjahr 2014/2015. Die Aufnahme von StudienwerberInnen erfolgt ausschließlich zu Beginn des Studienjahres.

[…]

IV. Aufnahmeverfahren für die Studienrichtungen

Humanmedizin und Zahnmedizin

§5. (1) Die Aufnahme von StudienwerberInnen für das Diplomstudium der Humanmedizin und für das Diplomstudium der Zahnmedizin richtet sich nach dem Aufnahmeverfahren gemäß §§6ff. Die Vergabe der Studienplätze (§4) für die Diplomstudien Human- und Zahnmedizin erfolgt im Rahmen des Aufnahmeverfahrens mittels der für das jeweilige Studium vorgesehenen Aufnahmetests (Aufnahmetest Humanmedizin – MedAT-H, Aufnahmetest Zahnmedizin – MedAT-Z), die der Abklärung der Studieneignung und einer objektiven und transparenten Auswahl von StudienwerberInnen dienen.

[…]

(3) Die den StudienwerberInnen im Zuge des Aufnahmeverfahrens gemäß §§6 ff erwachsenden Kosten sind nicht erstattungsfähig.

[…]

Internet-Anmeldung

§6. (1) Die StudienwerberInnen haben sich innerhalb des von den Rektoraten der Medizinischen Universitäten Wien, Innsbruck und Graz einvernehmlich festgelegten Anmeldezeitraums von bis für den jeweiligen Aufnahmetest online mittels Web-Formular anzumelden.

(2) Bei der Internet-Anmeldung sind neben allgemeinen (persönlichen) Daten die Wahl der Studienrichtung (Humanmedizin / Zahnmedizin), die Wahl des Studienortes (Wien, Innsbruck oder Graz) sowie das maßgebliche Kontingent (§4 Abs 2) anzugeben. Eine gültige Internet-Anmeldung setzt die Anmeldung sowie die fristgerechte Einzahlung des Kostenbeitrages (§7) voraus.

(3) Die Angabe der gewünschten Studienrichtung und des gewünschten Studienortes, für den die Zulassung erfolgen soll, ist verbindlich. Eine Änderung nach Einzahlung des Kostenbeitrages (§7) ist nicht möglich.

(4) Die gültige Internet-Anmeldung ist Voraussetzung für die Testteilnahme. Eine Internet-Anmeldung nach Ende des Anmeldezeitraums (Abs1) oder eine Fristerstreckung für die Anmeldung sind nicht möglich. Die Internet-Anmeldung ist ausschließlich innerhalb des festgesetzten Anmeldezeitraums (Abs1) möglich und wird erst mit fristgerechtem Einlangen des Kostenbeitrages (§7) gültig.

(5) Die Website, über welche die Internet-Anmeldung erfolgt, wird bis spätestens Mitte Februar des jeweiligen Jahres im Internet auf den Webseiten der Medizinischen Universitäten Wien, Innsbruck und Graz veröffentlicht. Eine unvollständig ausgefüllte, wahrheitswidrige, nicht den Formvorschriften (insbes. Abs 1 – 3) entsprechende oder nicht fristgerechte Internet-Anmeldung (Abs1 – 4) ist ungültig und bleibt unberücksichtigt. Aufträge zur Verbesserung haben nicht zu erfolgen.

Kostenbeteiligung

§7. (1) Die StudienwerberInnen haben sich mit einem vom Rektorat der Medizinischen Universität Wien jährlich anhand der Anmeldezahlen festzusetzenden Beitrag an den Kosten der Durchführung des Tests zu beteiligen. Die Höhe des Kostenbeitrages beträgt Euro 110,-.

(2) Der Kostenbeitrag muss innerhalb des festgelegten Anmeldezeitraums von bis auf dem bekannt gegebenen Konto an der Medizinischen Universität Wien vollständig einlangen. Die erforderlichen Informationen werden im Rahmen der Internet-Anmeldung (§6) bekanntgegeben. Die StudienwerberInnen haben die ausdrückliche Verpflichtung, die Verlautbarungen auf der Website der Medizinischen Universität Wien zu verfolgen und die Bezahlung des Kostenbeitrages so vorzunehmen, dass der Betrag rechtzeitig am bekannt gegebenen Bankkonto einlangt, sowie die gültige Einzahlung des Kostenbeitrages zu überprüfen.

(3) Eine Internet-Anmeldung ohne rechtzeitige Einzahlung des Kostenbeitrages innerhalb des festgelegten Anmeldezeitraums von bis berechtigt nicht zur Testteilnahme (§6 Abs 2 und 4). Kostenbeiträge, die außerhalb des festgelegten Anmeldezeitraums auf dem bekannt gegebenen Konto an der Medizinischen Universität Wien (Abs2) einlangen, sind rückzuerstatten.

(4) Erscheinen StudienwerberInnen trotz gültiger Internet-Anmeldung (§6 Abs 2) nicht zum Test, besteht kein Anspruch auf Rückerstattung des geleisteten Kostenbeitrages.

[…]

VIII. Zuständigkeit, In-Kraft-Treten

§21. Zuständig für die Durchführung des Aufnahmeverfahrens an der Medizinischen Universität Wien ist das Rektorat der Medizinischen Universität Wien.

§22. Diese Verordnung tritt am Tag der Kundmachung im Mitteilungsblatt der Medizinischen Universität Wien in Kraft und gilt bis ."

IV.Erwägungen

1.Der Antrag ist zulässig:

1.1.Das Rektorat der Medizinischen Universität Wien stützt sich in dem vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf § 7 Abs 1 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der mit diesem Bescheid erfolgten Abweisung eines Antrags auf Rückzahlung des im Rahmen der Registrierung zum Aufnahmeverfahren für die Zulassung zu den Diplomstudien Humanmedizin und Zahnmedizin entrichteten Kostenbeitrages jedenfalls § 7 Abs 1 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 anzuwenden. Diese (und die anderen vom Bundesverwaltungsgericht angefochtenen) Bestimmung(en) stand(en) zwar gemäß § 22 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 nur bis in Geltung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes schließt der Umstand, dass eine Norm bereits außer Kraft getreten ist, die Zulässigkeit eines Antrages eines Gerichtes aber nicht aus, wenn in ihm begehrt wird, die betreffende Norm als gesetz- bzw. verfassungswidrig aufzuheben (siehe nur VfSlg 16.124/2001, 16.407/2001, 19.559/2011).

1.2.Unter dem vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Maßstab (dazu, dass der Verfassungsgerichtshof einen Antrag im Sinne des Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückweisen darf, wenn es offenkundig unrichtig [denkunmöglich] ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet, siehe etwa VfSlg 10.640/1985, 16.245/2001 oder 16.927/2003) ist dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht entgegenzutreten, wenn es davon ausgeht, dass es auch § 5 Abs 3 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15, der festlegt, dass den Studienwerbern im Zuge des Aufnahmeverfahrens erwachsende Kosten nicht erstattungsfähig sind, anzuwenden hat.

1.3.Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach § 62 Abs 1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN ua.; vgl. auch ; , G103-104/2016 ua.). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, führt dies — liegen die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; ua.).

1.4.Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden, präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und mit denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; ; , G183/2016 ua.).

1.5.Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl. zB VfSlg 19.939/2014; ), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat (dazu, dass die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung notwendig so zu ziehen sind, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden, siehe nur VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).

1.6.Die vom Bundesverwaltungsgericht im Übrigen angefochtenen Bestimmungen der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 (im Einzelnen die Wortfolge "sowie die fristgerechte Einzahlung des Kostenbeitrages [§7]" in § 6 Abs 2 Satz 2, § 6 Abs 3 Satz 2, die Wortfolge "und wird erst mit fristgerechtem Einlangen des Kostenbeitrages [§7] gültig" in § 6 Abs 4 Satz 3 sowie die Absätze 2 bis 4 in § 7 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15) stehen mit der den Sitz seiner Bedenken bildenden Regelung des § 7 Abs 1 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15, wonach Studienwerber sich mit einem näher bestimmten Kostenbeitrag an den Kosten der Durchführung des Aufnahmetests zu beteiligen haben, und mit der Regelung des § 5 Abs 3 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15, der zufolge den Studienwerbern im Zuge des Aufnahmeverfahrens erwachsende Kosten nicht erstattungsfähig sind, in einem konkreten Regelungszusammenhang. Dieser ist, indem diese Bestimmungen auf den genannten Regelungen aufbauen und ohne diese zunächst ins Leere gehen, so gelagert, dass diese Bestimmungen voneinander nicht offensichtlich trennbar sind. Ob zwischen allen diesen vom Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes umfassten Bestimmungen tatsächlich ein untrennbarer Zusammenhang besteht, hat der Verfassungsgerichtshof, wie dargelegt, bei der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages nicht zu beurteilen.

1.7.Der Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes erweist sich damit, da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, insgesamt als zulässig.

2.Der Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes ist aber nicht begründet:

2.1.Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2.Das Bundesverwaltungsgericht hegt – ausschließlich – Bedenken in Bezug auf die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 des Rektorats der Medizinischen Universität Wien dahingehend, dass die Regelung eines im Zuge des Aufnahmeverfahrens für die Diplomstudien Humanmedizin und Zahnmedizin an der Medizinischen Universität Wien zu entrichtenden Kostenbeitrages dem in § 71c Abs 6 Z 2 zweiter Satz UG idF BGBl I 131/2015 normierten Diskriminierungsverbot auf Grund der sozialen Herkunft zuwiderlaufe. Das Aufnahmeverfahren ist gemäß dieser Bestimmung durch die Universität nach der Maßgabe zu gestalten, dass es "zu keinerlei Diskriminierung auf Grund des Geschlechts sowie der sozialen Herkunft führt".

2.3.Mit BGBl I 131/2015 sollten die komplexen und differenzierten Zugangsregelungen des UG, die den Universitäten ermöglichen, Aufnahme- und Auswahlverfahren in bestimmten stark nachgefragten Studien und in vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien durchzuführen, in einem neuen Abschnitt 3a. des UG zusammengefasst werden (vgl. die Erläut. zur RV 797 BlgNR 25. GP, 12 f.). Dabei stellt § 71c UG inhaltlich die Nachfolgeregelung zu § 14h UG idF BGBl I 21/2015 dar, während die für die medizinischen Studien bisher einschlägigen § 13 Abs 2 Z 1 litk UG idF BGBl I 124/2013 und § 124b UG idF BGBl I 81/2009 in § 71d UG übergeleitet wurden. § 71c Abs 6 UG enthält in den Z 1 bis 3 gemeinsame, gemäß § 71d Abs 4 UG auch für die Studien Human- und Zahnmedizin anzuwendende Qualitätskriterien sowie das in Frage stehende, mit BGBl I 131/2015 neu eingeführte Diskriminierungsverbot. Ein vergleichbares spezielles Diskriminierungsverbot war in den Vorgängerregelungen der §§13 Abs 2 Z 1 litk und 124b UG idF BGBl I 124/2013 bzw. BGBl I 81/2009 nicht enthalten. Vielmehr hat der Gesetzgeber – wie das Bundesverwaltungsgericht selbst ausführt – diese Regelung (erst) anlässlich der Neuordnung der Regelungen über Zulassungsverfahren zu bestimmten Studien an Universitäten mit der UG-Novelle BGBl I 131/2015 "in das Universitätsgesetz aufgenommen".

Die §§71c und 71d UG traten gemäß § 143 Abs 42 UG am in Kraft. Auf diese gesetzliche Grundlage stützte das Rektorat der Medizinischen Universität Wien seine jährlich neu erlassene Zulassungsbeschränkungsverordnung ab dem Studienjahr 2016/17. Nach wie vor ist darin ein Kostenbeitrag in Höhe von € 110,– vorgesehen.

2.4.Bei der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 handelt es sich, wie ihr § 22 besonders deutlich macht, um eine in dem Sinn zeitraumbezogene Rechtsvorschrift, die zwar über ihren zeitlichen Geltungsbereich hinaus für die von ihr erfassten Sachverhalte und Personen (Studienwerber für das Studienjahr 2014/15 gemäß § 2 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15) weiterhin Rechtswirkungen entfaltet und sohin anzuwenden ist, deren Gesetzmäßigkeit sich aber im Hinblick auf die während ihres zeitlichen Geltungsbereichs maßgebliche Rechtslage bestimmt (vgl. VfSlg 19.840/2013, 19.899/2014; ).

Die gesetzliche Grundlage für die Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 bildete – während ihres gesamten zeitlichen Geltungsbereichs von ihrem Inkrafttreten bis zum (siehe § 22 der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15) – insbesondere § 124b UG idF BGBl I 81/2009. Die erst durch BGBl I 131/2015 in das UG aufgenommene und mit in Kraft getretene gesetzliche Vorschrift des § 71c Abs 6 Z 2 iVm § 71d Abs 4 UG ist für die Prüfung der in ihrem Geltungsbereich bis beschränkten Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 nicht maßgeblich. Es fehlt auch jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber den genannten, mit BGBl I 131/2015 neu in das UG aufgenommenen Bestimmungen eine Bedeutung für nicht mehr in Geltung stehende Zulassungsbeschränkungsverordnungen und die auf ihrer Basis für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum eingehobenen Kostenbeiträge und insoweit Rückwirkung zuerkennen hätte wollen (vgl. auch VfSlg 19.840/2013).

2.5.Es ist daher von vorneherein ausgeschlossen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Bestimmungen der Zulassungsbeschränkungsverordnung 2014/15 wegen Verstoßes gegen § 71c Abs 6 Z 2 UG idF BGBl I 131/2015 gesetzwidrig sind, wie das Bundesverwaltungsgericht behauptet. Ob diese Bestimmung der Einhebung eines Kostenbeitrages in Höhe von € 110,– im Zuge des Aufnahmeverfahrens vor Zulassung zu den Diplomstudien Humanmedizin und Zahnmedizin auf Basis einer Zulassungsbeschränkungsverordnung des Rektorats der Medizinischen Universität Wien entgegensteht, ist im vorliegenden Verfahren daher vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen.

V.Ergebnis

1.Der Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher abzuweisen.

2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3.Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2017:V19.2017
Schlagworte:
Hochschulen, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Geltungsbereich Anwendbarkeit, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Bedenken, VfGH / Verwerfungsumfang

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