VfGH vom 24.09.2019, V14/2019

VfGH vom 24.09.2019, V14/2019

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer Halte- und Parkverbotsverordnung in Wien mangels Anhörung der Berufsgruppe der Rechtsanwälte und Notare; keine Verpflichtung zur Anhörung mangels Vorliegens einer spezifischen Interessenbetroffenheit

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien,

"der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Wortfolge '6.13.;' der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, gesetzwidrig war;

in eventu

aussprechen, dass die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, insoweit gesetzwidrig war, als damit Folgendes verordnet wurde:

'6.13.

In Wien 1., Rathausstraße ONr 19-21 ist das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art auf Objektslänge verboten. Ausgenommen davon sind Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. und 8. Bezirk sowie Behinderte (Symbol).'

in eventu

die Wortfolge '6.13.;' der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, als gesetzwidrig aufheben,

in eventu

die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, insoweit als gesetzwidrig aufheben, als damit Folgendes verordnet wird:

'6.13.

In Wien 1., Rathausstraße ONr 19-21 ist das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art auf Objektslänge verboten. Ausgenommen davon sind Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. und 8. Bezirk sowie Behinderte (Symbol).'"

II.Rechtslage

1.Die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , Z MA 46-DEF/1625708/2014, lautet – auszugsweise – wie folgt:

"VERORDNUNG

Gemäß § 43 Abs 1 litb StVO werden die in der bezughabenden Niederschrift vom festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote in Verbindung mit § 94 d StVO (Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich verordnet: 6.7.; 6.8.; 6.9.; 6.10.; 6.11.; 6.12.; 6.13.; 6.14.; 6.15.; 6.16.; 6.17.; 6.18.; 6.19.; 6.20.;

Die Kundmachung dieser Verordnung erfolgt gemäß § 44 StVO und tritt mit Anbringung bzw Entfernung der Straßenverkehrszeichen und/oder der Bodenmarkierungen in Kraft. […]"

2.Die Niederschrift des Magistrats der Stadt Wien, Büroverhandlung vom , lautet – auszugsweise – wie folgt:

"[…] 6.13.

In Wien 1., Rathausstraße ONr 19-21 ist das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art auf Objektslänge verboten. Ausgenommen davon sind Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. und 8. Bezirk sowie Behinderte (Symbol). […]"

3.Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom , mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§24. Halte- und Parkverbote.

(1) Das Halten und das Parken ist verboten:

a) im Bereich des Vorschriftszeichens 'Halten und Parken verboten' nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b,

b) – p) […]

(2) – (8) […]

§25. Kurzparkzonen

(1) Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.

(2) Verordnungen nach Abs 1 sind durch die Zeichen nach § 52 Z 13d und 13e kundzumachen; § 44 Abs 1 gilt hiefür sinngemäß. Zusätzlich können Kurzparkzonen mit Bodenmarkierungen in blauer Farbe auf der Fahrbahn oder auf dem Randstein sowie mit blauen Markierungsstreifen an den im Bereich einer Kurzparkzone vorhandenen Anbringungsvorrichtungen für Straßenverkehrszeichen, Beleuchtungsmasten oder dergleichen gekennzeichnet werden.

(3) Beim Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer Kurzparkzone hat der Lenker das zur Überwachung der Kurzparkdauer bestimmte Hilfsmittel bestimmungsgemäß zu handhaben.

(4) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung die Art der Überwachung der Kurzparkdauer und das hiefür notwendige Hilfsmittel zu bestimmen; er hat dabei auf den Zweck einer zeitlichen Parkbeschränkung sowie auf eine kostengünstige und einfache Handhabung des Hilfsmittels Bedacht zu nehmen.

(4a) Für Kurzparkzonen, in denen für das Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften eine Gebühr zu entrichten und für die Überwachung der Gebührenentrichtung die Verwendung eines technischen oder sonstigen Hilfsmittels vorgesehen ist, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Verordnung festlegen, unter welchen Voraussetzungen dieses Hilfsmittel zugleich auch als Hilfsmittel für die Überwachung der Kurzparkdauer gilt. Wenn für die Überwachung der Gebührenentrichtung die Anbringung des Hilfsmittels am Fahrzeug vorgesehen ist, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie weiters aus Gründen der Einheitlichkeit mit Verordnung auch die Art, das Aussehen und die Handhabung des Hilfsmittels bestimmen.

(5) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf den Zweck einer nach § 43 Abs 2a verordneten Regelung durch Verordnung das zur Kontrolle notwendige Hilfsmittel zu bestimmen.

[…]

§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) […]

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;

c) – d) […]

(1a) – (2) […]

(2a) 1. Um Erschwernisse für die Wohnbevölkerung auszugleichen, die durch Verkehrsbeschränkungen hervorgerufen werden, kann die Behörde durch Verordnung Gebiete bestimmen, deren Bewohner die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein zeitlich uneingeschränktes Parken in - in der Verordnung zu bezeichnenden - nahegelegenen Kurzparkzonen mit Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg gemäß § 45 Abs 4 beantragen können.

2. Wenn es in den nach Z 1 bestimmten Gebieten auf Grund der örtlichen Gegebenheiten möglich ist und eine Notwendigkeit dafür besteht, hat die Behörde durch Verordnung zu bestimmen, daß auch Angehörige bestimmter Personenkreise, die in diesen Gebieten ständig tätig sind, die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein auf das notwendige zeitliche Ausmaß eingeschränktes Parken in den in der Verordnung nach Z 1 bezeichneten nahegelegenen Kurzparkzonen mit Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg gemäß § 45 Abs 4a beantragen können.

(2b) – (11) […]

§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

(1a) – (5) […]

§45. Ausnahmen in Einzelfällen.

(1) – (3)

(4) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs 2a Z 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem gemäß dieser Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt und dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken und

1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder

2. nachweist, dass ihm ein arbeitgebereigenes oder von seinem Arbeitgeber geleastes Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen wird.

(4a) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs 2a Z 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren im notwendigen zeitlichen Ausmaß erteilt werden, wenn der Antragsteller zu dem in der Verordnung gemäß § 43 Abs 2a Z 2 umschriebenen Personenkreis gehört und

1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder nachweislich ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug beruflich benützt, und

2. entweder die Tätigkeit des Antragstellers ohne Bewilligung erheblich erschwert oder unmöglich wäre, oder die Erteilung der Bewilligung im Interesse der Nahversorgung liegt.

(5) […]

[…]

§52. Die Vorschriftszeichen

Die Vorschriftszeichen sind

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,

b) Gebotszeichen oder

c) Vorrangzeichen.

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen

Z1 – Z 12. […]

13a. 'PARKEN VERBOTEN'

[ZEICHEN]

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Folgende unter dem Zeichen angebrachte Zusatztafeln zeigen an:

a) Eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Stunden, dass das Verbot während der angegebenen Stunden gilt;

b) eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Tage, dass das Verbot an den angegebenen Tagen gilt; beginnt das Verbot nicht um 00 Uhr oder endet es nicht um 24 Uhr, so ist auf der Zusatztafel überdies auch noch der Zeitpunkt des Beginnes oder des Endes des Verbotes anzugeben;

c) eine Zusatztafel mit Pfeilen den Verlauf des Straßenabschnittes, in dem das Verbot gilt; solche Pfeile können statt auf einer Zusatztafel auch im Zeichen selbst angebracht werden, sind dort aber in weißer Farbe auszuführen. Wenn der Geltungsbereich des Verbotes auf diese Weise unmißverständlich zum Ausdruck gebracht werden kann, so genügt ein Vorschriftszeichen.

Die Anbringung weiterer Angaben auf den unter lita bis c angeführten Zusatztafeln sowie die Anbringung von Zusatztafeln mit anderen Angaben ist unbeschadet des § 51 Abs 3 zulässig.

13b. 'HALTEN UND PARKEN VERBOTEN'

[ZEICHEN

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN ZUSTELLDIENSTE' zeigt an, dass das rasche Auf- oder Abladen geringer Warenmengen vom Halteverbot ausgenommen ist.

Eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN LADETÄTIGKEIT' zeigt eine Ladezone an.

Hinsichtlich weiterer Zusatztafeln gelten die Bestimmungen der Z 13a sinngemäß.

Z13c – Z 25b […]

[…]

§54. Zusatztafeln.

(1) Unter den in den § 50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen sowie unter den in § 38 genannten Lichtzeichen können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.

(2) Die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein. Insbesondere kann auch durch Pfeile in die Richtung der Gefahr oder des verkehrswichtigen Umstandes gewiesen werden.

(3) Die Zusatztafeln sind Straßenverkehrszeichen. Sie sind, sofern sich aus den Bestimmungen des § 53 Z 6 nichts anderes ergibt, rechteckige, weiße Tafeln; sie dürfen das darüber befindliche Straßenverkehrszeichen seitlich nicht überragen.

(4) Zusatztafeln dürfen nicht verwendet werden, wenn ihre Bedeutung durch ein anderes Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) zum Ausdruck gebracht werden kann.

(5) Die nachstehenden Zusatztafeln bedeuten:

a) – g) […]

h) [Zeichen]

Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen „Halten und Parken verboten“ zeigt an, dass das Halte- und Parkverbot nicht für Fahrzeuge gilt, die nach der Bestimmung des § 29b Abs 4 gekennzeichnet sind.

i) – n) […]

[…]

§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. – 3a. […]

4. die Erlassung von Verordnungen nach § 43, mit denen

a) Beschränkungen für das Halten und Parken,

b) – d) […]

erlassen werden,

4a. -5. […]

6. die Bewilligung von Ausnahmen (§45) von den erlassenen Beschränkungen und Verboten,

7. – 21. […]

§94e. Verordnungen

Soweit Verordnungen nicht gemäß § 94 vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu erlassen sind, steht ihre Erlassung den Ländern zu.

§94f. Mitwirkung

(1) Vor Erlassung einer Verordnung ist, außer bei Gefahr im Verzuge und bei Verordnungen gemäß § 43 Abs 1a, die Autobahnen betreffen, anzuhören:

a) […]

b) von der Gemeinde (§94c und d):

1. […]

2. wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden, die gesetzliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppe.

(2) – (3) […]

[…]"

III.Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1.Beim Verwaltungsgericht Wien ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom anhängig, in dem der Beschwerdeführerin des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht zur Last gelegt wird, sie habe am , um 13:28 Uhr, in Wien 01, Rathausstraße 21, als Lenkerin eines Kraftfahrzeuges mit einem näher bezeichneten Kennzeichen das Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" mit dem Zusatz "ausgenommen Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. Bezirk sowie (Symbol)" (Anrainerzone) abgestellt, wobei weder ein Parkkleber für den 1. Bezirk noch ein Ausweis nach § 29b Abs 4 StVO 1960 im Fahrzeug angebracht gewesen sei. Dadurch sei die Rechtsvorschrift des § 24 Abs 1 lita StVO 1960 verletzt worden. Die Verwaltungsbehörde verhängte gemäß § 99 Abs 3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe von € 78,– (im Fall der Uneinbringlichkeit 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Der Beschwerdeführerin des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht wurde die Zahlung von € 10,– als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens aufgetragen.

2.Das Verwaltungsgericht Wien stellte aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens den unter Punkt I. wiedergegebenen Antrag beim Verfassungsgerichtshof und brachte darin die folgenden – auszugsweise wiedergegebenen – Bedenken vor:

"[…] IV. Bedenken

1. Das Verwaltungsgericht Wien hegt das Bedenken, dass die angefochtene Bestimmung nicht auf gesetzmäßige Weise zustande gekommen ist, weil entgegen § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO vor Erlassung der Verordnung die gesetzlichen Interessenvertretungen der Berufsgruppe der Rechtsanwälte sowie jener der Notare nicht gehört wurden, obwohl die Interessen von Mitgliedern dieser Berufsgruppen berührt wurden.

2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begründen nur Umstände, welche die Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe in "spezifischer Weise" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung berührt erscheinen lassen, die Anhörungspflicht gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN).

Eine solche "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nahm der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9818/1983 im Hinblick auf eine Halteverbotsverordnung vor dem Wiener Justizpalast an. Ebenso begründete eine Kurzparkzone in Innsbruck vor einem zahlreiche Justizbehörden beherbergenden Gebäude das Anhörungsrecht der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nach § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO (vgl VfSlg 13.783/1994). Auch bei einer Halte- und Parkverbotsverordnung in Wien 8., Florianigasse, nahm der Verfassungsgerichtshof auf Grund der "räumlichen Konzentration zentraler Justiz- und Behördengebäude" eine Pflicht zur Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung der Berufsgruppe der Rechtsanwälte an (vgl VfSlg 15.470/1999). Sind hingegen Mitglieder einer Berufsgruppe "ebenso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung betroffen, wird nicht bewirkt, dass ihre Interessen iSd § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO spezifisch berührt werden.

3. Der von der gegenständlichen Verordnungsbestimmung umfasste Teil der Rathausstraße (Nr 19-21) liegt in der Nähe zahlreicher Gerichte und Behörden, insbesondere des Landesgerichts für Strafsachen Wien, der Justizanstalt Josefstadt, der Österreichischen Notariatskammer sowie des Wiener Rathauses und mehrerer Magistratsabteilungen. Daher scheinen durch die gegenständliche Halte- und Parkverbotsverordnung die Interessen der Rechtsanwälte und der Notare, die die genannten Einrichtungen aufsuchen, im Sinne einer Erschwerung der Berufsausübung berührt zu werden (vgl insbesondere VfSlg 15.470/1999).

4. Soweit dies aus dem vorgelegten Verordnungsakt, insbesondere der darin enthaltenen „Anberaumung einer Verhandlung" vom , ersichtlich ist, wurden die gesetzlichen Interessenvertretungen der Berufs-gruppen der Rechtsanwälte und der Notare im Verordnungserlassungsverfahren nicht angehört. Die angefochtene Verordnungsbestimmung scheint daher nicht in 94f Abs 1 litb Z 2 StVO entsprechender Weise zustande gekommen zu sein.

[…]"

3.Der Magistrat der Stadt Wien hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt – auszugsweise – entgegengetreten wird:

"[…]

Das Verwaltungsgericht Wien hat auf die oben dargestellte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hingewiesen, ohne auf die konkreten Umstände des Beschwerdefalles, wie Lage und/oder Entfernungen der Justiz- und Behördengebäude zum Abstellort in Wien 1, Rathausstraße 21, näher einzugehen.

Bei genauerer Betrachtung kommt hervor, dass Verwaltungsbehörden, die im Rathaus und/oder in umliegenden Amtshäusern untergebracht sind, von unterschiedlichen Personengruppen aufgesucht werden, ohne dass Rechtsanwältinnen bzw Rechtsanwälten eine besondere Stellung — anders als etwa in Folge des Rechtsanwaltszwangs vor Gerichten -, zukommt. Der Sitz der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Wien 1, Landesgerichtsstraße 20, mag von deren Funktionärinnen bzw Funktionären frequentiert werden, von der weiters überwiegenden Mehrzahl der Notarinnen und Notare jedoch nur gelegentlich bzw sporadisch. Deswegen war/ist von einer 'spezifischen Interessenbetroffenheit' der Berufsgruppe der Notarinnen bzw Notare nicht auszugehen; somit eine Anhörungspflicht im Sinne des § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 nicht geboten.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien, das unbestritten in einem nicht unwesentlichen Umfang den Besuch des Gebäudes durch Rechtsanwältinnen bzw Rechtsanwälte erfordert, liegt nicht unmittelbar an der Rathausstraße. Denn der Begriff der 'Unmittelbarkeit', an den in den genannten Erkenntnissen angeknüpft wird, setzt voraus, dass eine Trennung durch einen räumlichen Abstand nicht besteht. Der Abstellort (konkret: Wien 1, Rathausstraße 21) ist aber nicht unmittelbar vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien gelegen, sondern durch einen großen Häuserblock und eine stark befahrene Verkehrsverbindung getrennt.

Auch eine 'räumliche Konzentration' von Behörden ist unmittelbar angrenzend in diesem Bereich nicht gegeben. Das Arbeits- und Sozialgericht hat einen neuen Standort (Anmerkung: die Übersiedlung erfolgte bereits im Jänner 2017 von der Wickenburggasse in der Josefstadt in die Althanstraße im 9. Wiener Gemeindebezirk) und das Bezirksgericht Josefstadt ist mehr als 500 m entfernt, das Rathaus beinahe 400 m.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass weder eine 'Behördenkonzentration' vorliegt, noch der Abstellplatz in Wien 1, Rathausstraße 21, unmittelbar vor dem Landesgericht für Strafsachen gelegen ist, daher die Interessen der Berufsgruppe der Rechtsanwältinnen bzw Rechts-anwälte nicht berührt waren/sind. Eine Anhörungspflicht der gesetzlichen Interessenvertretung der Rechtsanwältinnen bzw Rechtsanwälte, der Rechtsanwaltskammer Wien, bzw der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, als gesetzliche Interessenvertretung der Notarinnen bzw Notare, bestand daher nicht. Es kann daher auch ein gesetzwidriges Zustandekommen der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom , ZI. MA 46-DEF/1625708/2014, nicht erkannt werden.

Abschließend sei angemerkt, dass sich die Sach- und Rechtslage obiger Erkenntnisse mit dem nunmehr in die Straßenverkehrsordnung eingeführten und in der Stadt Wien ausgeprägten Regime der Parkraumbewirtschaftung nicht mehr vergleichen lässt. In der Straßenverkehrsordnung wird die gesetzgeberische Absicht offenbar, Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung zuzulassen (Raab, Anwohnerinnenparkzonen vor dem Verfassungsgerichtshof, ZVR 2017, 183)."

4.Die Beschwerdeführerin des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht hat eine Äußerung erstattet und sich den Bedenken des antragstellenden Gerichtes angeschlossen.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1.Der Verfassungsgerichtshof vertritt in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung zu Art 89 Abs 1 B-VG seit VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (vgl zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch , sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art 139 B-VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

1.2.Dem Verordnungsakt ist zu entnehmen, dass die entsprechenden Verkehrszeichen iSd § 52 lita Z 13b StVO 1960 aufgestellt wurden. Dadurch erlangte die angefochtene Verordnung jedenfalls ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist (vgl VfSlg 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch ).

1.3.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Der Beschwerdeführerin vor dem antragstellenden Gericht wird zur Last gelegt, am Ort der angefochtenen Verordnungsbestimmung ihr Kraftfahrzeug unberechtigterweise abgestellt zu haben. Daher ist es offenkundig, dass das antragstellende Gericht die angefochtene Verordnungsbestimmung anzuwenden hat.

1.3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist der Hauptantrag zulässig.

2.In der Sache

2.1.Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2.Der Antrag ist nicht begründet.

2.3.Das antragstellende Verwaltungsgericht behauptet die Gesetzwidrigkeit der Verordnung, weil die gesetzlichen Interessenvertretungen der Rechtsanwälte und jene der Notare vor der Erlassung der angefochtenen Verordnung nicht angehört worden seien, obwohl dies gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 geboten gewesen wäre.

2.4.Gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 ist – außer bei Gefahr im Verzug – vor Erlassung einer straßenpolizeilichen Verordnung die gesetzliche Interessenvertretung einer Berufsgruppe anzuhören, "wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden".

2.5.In VfSlg 5784/1968 hat der Verfassungsgerichtshof (zur seinerzeitigen, dem § 94f StVO 1960 entsprechenden Vorschrift des § 43 Abs 8 StVO 1960 idF vor der Novelle BGBl 209/1969) angenommen, dass "das Interesse einer Berufsgruppe jedenfalls dann berührt wird, wenn durch eine Verkehrsbeschränkung die Ausübung des betreffenden Gewerbes [...] erschwert oder gar unterbunden wird".

2.6.Jedoch begründen nur Umstände, welche die Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe in "spezifischer Weise" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung berührt erscheinen lassen, die Anhörungspflicht gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN).

2.7.Eine solche "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nahm der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9818/1983 im Hinblick auf eine Halteverbotsverordnung unmittelbar vor dem Wiener Justizpalast an. Ebenso begründete eine Kurzparkzone in Innsbruck vor einem zahlreiche Justizbehörden beherbergenden Gebäude das Anhörungsrecht der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nach § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO (vgl VfSlg 13.783/1994). Auch bei einer Halte- und Parkverbotsverordnung in Wien 8., Florianigasse, nahm der Verfassungsgerichtshof auf Grund der "räumlichen Konzentration zentraler Justiz- und Behördengebäude" eine Pflicht zur Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung der Berufsgruppe der Rechtsanwälte an (vgl VfSlg 15.470/1999).

2.8.Sind hingegen Mitglieder einer Berufsgruppe "ebenso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung betroffen, wird nicht bewirkt, dass ihre Interessen iSd § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO spezifisch berührt werden. Der Verfassungsgerichtshof begründete diese Auffassung folgendermaßen (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN):

"Wollte man das Gesetz anders auslegen, wäre schlechthin jedwede verkehrsbeschränkende Verordnung gemäß § 43 StVO 1960 erst nach vorhergehender Anhörung aller gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu erlassen, weil jede Verkehrsbeschränkung auch beliebige Angehörige gesetzlicher beruflicher Vertretungen (wie etwa auch Ärzte und Rechtsanwälte) betreffen kann, wenn diese als Kraftfahrer die verordneten Verkehrsbeschränkungen zu beachten haben. Hätte der Gesetzgeber eine derart weitreichende Beteiligung gesetzlicher Interessenvertretungen am Verfahren zur Erlassung verkehrsbeschränkender Verordnungen gewünscht, so hätte er dies durch Verzicht auf die Einschränkung zum Ausdruck gebracht, daß Voraussetzung des Anhörungsrechtes gesetzlicher Interessenvertretungen ist, daß Interessen von Mitgliedern der betreffenden Berufsgruppe 'berührt werden'."

2.9.Die mangelnde "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte hat der Gerichtshof etwa auch im Bereich des Gebäudes eines großen Versicherungsunternehmens angenommen (VfSlg 19.125/2010).

2.10.Im vorliegenden Fall liegt keine "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte vor, die eine Anhörungspflicht der gesetzlichen Interessenvertretung dieser Berufsgruppe begründet hätte, weil die Verkehrs- und Parkraumsituation im Bereich des verordneten Gebietes nicht mit der Situation zu vergleichen ist, die in den bereits zitierten Erkenntnissen VfSlg 9818/1983, 13.783/1994 und 15.470/1999 zu beurteilen war. Insbesondere zu VfSlg 15.470/1999 sind die Unterschiede der örtlichen Verhältnisse maßgeblich, kann von einer "Unmittelbarkeit" oder einer "unmittelbaren Nähe" zu den im dortigen Erkenntnis aufgezählten Justiz- und Behördengebäude auf Grund der vorliegenden Distanz und der Ortsgegebenheiten zwischen der verordneten Straße und diesen Justiz- und Behördengebäuden nicht mehr gesprochen werden. Die fehlende Interessenbetroffenheit lässt sich auch für die Berufsgruppe der Notare feststellen.

2.11. Der Verfassungsgerichtshof ist daher vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN) der Auffassung, dass durch die vorliegende Halte- und Parkverbotsverordnung die Interessen der Berufsgruppen der Rechtsanwälte und Notare nicht in einer "spezifischen Weise" berührt sind. Die Berufsgruppen der Rechtsanwälte und Notare sind vielmehr "ebenso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer" durch die Verordnung betroffen.

2.12.Daher war der Magistrat der Stadt Wien nicht verpflichtet, vor Erlassung der Verordnung die gesetzliche Interessenvertretung der Berufsgruppe der Rechtsanwälte und jener der Notare gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 anzuhören. Sie hat ein dieser Bestimmung entsprechendes Verfahren durchgeführt.

2.13.Der Antrag ist aus diesem Grund abzuweisen.

V.Ergebnis

1.Der Antrag, festzustellen, dass Punkt 6.13. der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , Z MA 46-DEF/1625708/2014, gesetzwidrig war, wird abgewiesen.

2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien,

"der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Wortfolge '6.13.;' der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, gesetzwidrig war;

in eventu

aussprechen, dass die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, insoweit gesetzwidrig war, als damit Folgendes verordnet wurde:

'6.13.

In Wien 1., Rathausstraße ONr 19-21 ist das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art auf Objektslänge verboten. Ausgenommen davon sind Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. und 8. Bezirk sowie Behinderte (Symbol).'

in eventu

die Wortfolge '6.13.;' der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, als gesetzwidrig aufheben,

in eventu

die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , MA 46 - DEF/1625708/2014, insoweit als gesetzwidrig aufheben, als damit Folgendes verordnet wird:

'6.13.

In Wien 1., Rathausstraße ONr 19-21 ist das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art auf Objektslänge verboten. Ausgenommen davon sind Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. und 8. Bezirk sowie Behinderte (Symbol).'"

II.Rechtslage

1.Die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , Z MA 46-DEF/1625708/2014, lautet – auszugsweise – wie folgt:

"VERORDNUNG

Gemäß § 43 Abs 1 litb StVO werden die in der bezughabenden Niederschrift vom festgehaltenen Verkehrsbeschränkungen, Ge- und Verbote in Verbindung mit § 94 d StVO (Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich verordnet: 6.7.; 6.8.; 6.9.; 6.10.; 6.11.; 6.12.; 6.13.; 6.14.; 6.15.; 6.16.; 6.17.; 6.18.; 6.19.; 6.20.;

Die Kundmachung dieser Verordnung erfolgt gemäß § 44 StVO und tritt mit Anbringung bzw Entfernung der Straßenverkehrszeichen und/oder der Bodenmarkierungen in Kraft. […]"

2.Die Niederschrift des Magistrats der Stadt Wien, Büroverhandlung vom , lautet – auszugsweise – wie folgt:

"[…] 6.13.

In Wien 1., Rathausstraße ONr 19-21 ist das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art auf Objektslänge verboten. Ausgenommen davon sind Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. und 8. Bezirk sowie Behinderte (Symbol). […]"

3.Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom , mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§24. Halte- und Parkverbote.

(1) Das Halten und das Parken ist verboten:

a) im Bereich des Vorschriftszeichens 'Halten und Parken verboten' nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b,

b) – p) […]

(2) – (8) […]

§25. Kurzparkzonen

(1) Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.

(2) Verordnungen nach Abs 1 sind durch die Zeichen nach § 52 Z 13d und 13e kundzumachen; § 44 Abs 1 gilt hiefür sinngemäß. Zusätzlich können Kurzparkzonen mit Bodenmarkierungen in blauer Farbe auf der Fahrbahn oder auf dem Randstein sowie mit blauen Markierungsstreifen an den im Bereich einer Kurzparkzone vorhandenen Anbringungsvorrichtungen für Straßenverkehrszeichen, Beleuchtungsmasten oder dergleichen gekennzeichnet werden.

(3) Beim Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer Kurzparkzone hat der Lenker das zur Überwachung der Kurzparkdauer bestimmte Hilfsmittel bestimmungsgemäß zu handhaben.

(4) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung die Art der Überwachung der Kurzparkdauer und das hiefür notwendige Hilfsmittel zu bestimmen; er hat dabei auf den Zweck einer zeitlichen Parkbeschränkung sowie auf eine kostengünstige und einfache Handhabung des Hilfsmittels Bedacht zu nehmen.

(4a) Für Kurzparkzonen, in denen für das Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften eine Gebühr zu entrichten und für die Überwachung der Gebührenentrichtung die Verwendung eines technischen oder sonstigen Hilfsmittels vorgesehen ist, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Verordnung festlegen, unter welchen Voraussetzungen dieses Hilfsmittel zugleich auch als Hilfsmittel für die Überwachung der Kurzparkdauer gilt. Wenn für die Überwachung der Gebührenentrichtung die Anbringung des Hilfsmittels am Fahrzeug vorgesehen ist, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie weiters aus Gründen der Einheitlichkeit mit Verordnung auch die Art, das Aussehen und die Handhabung des Hilfsmittels bestimmen.

(5) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf den Zweck einer nach § 43 Abs 2a verordneten Regelung durch Verordnung das zur Kontrolle notwendige Hilfsmittel zu bestimmen.

[…]

§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) […]

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;

c) – d) […]

(1a) – (2) […]

(2a) 1. Um Erschwernisse für die Wohnbevölkerung auszugleichen, die durch Verkehrsbeschränkungen hervorgerufen werden, kann die Behörde durch Verordnung Gebiete bestimmen, deren Bewohner die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein zeitlich uneingeschränktes Parken in - in der Verordnung zu bezeichnenden - nahegelegenen Kurzparkzonen mit Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg gemäß § 45 Abs 4 beantragen können.

2. Wenn es in den nach Z 1 bestimmten Gebieten auf Grund der örtlichen Gegebenheiten möglich ist und eine Notwendigkeit dafür besteht, hat die Behörde durch Verordnung zu bestimmen, daß auch Angehörige bestimmter Personenkreise, die in diesen Gebieten ständig tätig sind, die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein auf das notwendige zeitliche Ausmaß eingeschränktes Parken in den in der Verordnung nach Z 1 bezeichneten nahegelegenen Kurzparkzonen mit Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg gemäß § 45 Abs 4a beantragen können.

(2b) – (11) […]

§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

(1a) – (5) […]

§45. Ausnahmen in Einzelfällen.

(1) – (3)

(4) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs 2a Z 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem gemäß dieser Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt und dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken und

1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder

2. nachweist, dass ihm ein arbeitgebereigenes oder von seinem Arbeitgeber geleastes Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen wird.

(4a) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs 2a Z 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren im notwendigen zeitlichen Ausmaß erteilt werden, wenn der Antragsteller zu dem in der Verordnung gemäß § 43 Abs 2a Z 2 umschriebenen Personenkreis gehört und

1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder nachweislich ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug beruflich benützt, und

2. entweder die Tätigkeit des Antragstellers ohne Bewilligung erheblich erschwert oder unmöglich wäre, oder die Erteilung der Bewilligung im Interesse der Nahversorgung liegt.

(5) […]

[…]

§52. Die Vorschriftszeichen

Die Vorschriftszeichen sind

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,

b) Gebotszeichen oder

c) Vorrangzeichen.

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen

Z1 – Z 12. […]

13a. 'PARKEN VERBOTEN'

[ZEICHEN]

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Folgende unter dem Zeichen angebrachte Zusatztafeln zeigen an:

a) Eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Stunden, dass das Verbot während der angegebenen Stunden gilt;

b) eine Zusatztafel mit der Angabe bestimmter Tage, dass das Verbot an den angegebenen Tagen gilt; beginnt das Verbot nicht um 00 Uhr oder endet es nicht um 24 Uhr, so ist auf der Zusatztafel überdies auch noch der Zeitpunkt des Beginnes oder des Endes des Verbotes anzugeben;

c) eine Zusatztafel mit Pfeilen den Verlauf des Straßenabschnittes, in dem das Verbot gilt; solche Pfeile können statt auf einer Zusatztafel auch im Zeichen selbst angebracht werden, sind dort aber in weißer Farbe auszuführen. Wenn der Geltungsbereich des Verbotes auf diese Weise unmißverständlich zum Ausdruck gebracht werden kann, so genügt ein Vorschriftszeichen.

Die Anbringung weiterer Angaben auf den unter lita bis c angeführten Zusatztafeln sowie die Anbringung von Zusatztafeln mit anderen Angaben ist unbeschadet des § 51 Abs 3 zulässig.

13b. 'HALTEN UND PARKEN VERBOTEN'

[ZEICHEN

Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

Eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN ZUSTELLDIENSTE' zeigt an, dass das rasche Auf- oder Abladen geringer Warenmengen vom Halteverbot ausgenommen ist.

Eine Zusatztafel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN LADETÄTIGKEIT' zeigt eine Ladezone an.

Hinsichtlich weiterer Zusatztafeln gelten die Bestimmungen der Z 13a sinngemäß.

Z13c – Z 25b […]

[…]

§54. Zusatztafeln.

(1) Unter den in den § 50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen sowie unter den in § 38 genannten Lichtzeichen können auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen erläuternde oder wichtige, sich auf das Straßenverkehrszeichen oder Lichtzeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden.

(2) Die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein. Insbesondere kann auch durch Pfeile in die Richtung der Gefahr oder des verkehrswichtigen Umstandes gewiesen werden.

(3) Die Zusatztafeln sind Straßenverkehrszeichen. Sie sind, sofern sich aus den Bestimmungen des § 53 Z 6 nichts anderes ergibt, rechteckige, weiße Tafeln; sie dürfen das darüber befindliche Straßenverkehrszeichen seitlich nicht überragen.

(4) Zusatztafeln dürfen nicht verwendet werden, wenn ihre Bedeutung durch ein anderes Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) zum Ausdruck gebracht werden kann.

(5) Die nachstehenden Zusatztafeln bedeuten:

a) – g) […]

h) [Zeichen]

Eine solche Zusatztafel unter dem Zeichen „Halten und Parken verboten“ zeigt an, dass das Halte- und Parkverbot nicht für Fahrzeuge gilt, die nach der Bestimmung des § 29b Abs 4 gekennzeichnet sind.

i) – n) […]

[…]

§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. – 3a. […]

4. die Erlassung von Verordnungen nach § 43, mit denen

a) Beschränkungen für das Halten und Parken,

b) – d) […]

erlassen werden,

4a. -5. […]

6. die Bewilligung von Ausnahmen (§45) von den erlassenen Beschränkungen und Verboten,

7. – 21. […]

§94e. Verordnungen

Soweit Verordnungen nicht gemäß § 94 vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu erlassen sind, steht ihre Erlassung den Ländern zu.

§94f. Mitwirkung

(1) Vor Erlassung einer Verordnung ist, außer bei Gefahr im Verzuge und bei Verordnungen gemäß § 43 Abs 1a, die Autobahnen betreffen, anzuhören:

a) […]

b) von der Gemeinde (§94c und d):

1. […]

2. wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden, die gesetzliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppe.

(2) – (3) […]

[…]"

III.Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1.Beim Verwaltungsgericht Wien ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom anhängig, in dem der Beschwerdeführerin des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht zur Last gelegt wird, sie habe am , um 13:28 Uhr, in Wien 01, Rathausstraße 21, als Lenkerin eines Kraftfahrzeuges mit einem näher bezeichneten Kennzeichen das Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" mit dem Zusatz "ausgenommen Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. Bezirk sowie (Symbol)" (Anrainerzone) abgestellt, wobei weder ein Parkkleber für den 1. Bezirk noch ein Ausweis nach § 29b Abs 4 StVO 1960 im Fahrzeug angebracht gewesen sei. Dadurch sei die Rechtsvorschrift des § 24 Abs 1 lita StVO 1960 verletzt worden. Die Verwaltungsbehörde verhängte gemäß § 99 Abs 3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe von € 78,– (im Fall der Uneinbringlichkeit 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Der Beschwerdeführerin des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht wurde die Zahlung von € 10,– als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens aufgetragen.

2.Das Verwaltungsgericht Wien stellte aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens den unter Punkt I. wiedergegebenen Antrag beim Verfassungsgerichtshof und brachte darin die folgenden – auszugsweise wiedergegebenen – Bedenken vor:

"[…] IV. Bedenken

1. Das Verwaltungsgericht Wien hegt das Bedenken, dass die angefochtene Bestimmung nicht auf gesetzmäßige Weise zustande gekommen ist, weil entgegen § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO vor Erlassung der Verordnung die gesetzlichen Interessenvertretungen der Berufsgruppe der Rechtsanwälte sowie jener der Notare nicht gehört wurden, obwohl die Interessen von Mitgliedern dieser Berufsgruppen berührt wurden.

2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begründen nur Umstände, welche die Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe in "spezifischer Weise" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung berührt erscheinen lassen, die Anhörungspflicht gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN).

Eine solche "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nahm der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9818/1983 im Hinblick auf eine Halteverbotsverordnung vor dem Wiener Justizpalast an. Ebenso begründete eine Kurzparkzone in Innsbruck vor einem zahlreiche Justizbehörden beherbergenden Gebäude das Anhörungsrecht der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nach § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO (vgl VfSlg 13.783/1994). Auch bei einer Halte- und Parkverbotsverordnung in Wien 8., Florianigasse, nahm der Verfassungsgerichtshof auf Grund der "räumlichen Konzentration zentraler Justiz- und Behördengebäude" eine Pflicht zur Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung der Berufsgruppe der Rechtsanwälte an (vgl VfSlg 15.470/1999). Sind hingegen Mitglieder einer Berufsgruppe "ebenso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung betroffen, wird nicht bewirkt, dass ihre Interessen iSd § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO spezifisch berührt werden.

3. Der von der gegenständlichen Verordnungsbestimmung umfasste Teil der Rathausstraße (Nr 19-21) liegt in der Nähe zahlreicher Gerichte und Behörden, insbesondere des Landesgerichts für Strafsachen Wien, der Justizanstalt Josefstadt, der Österreichischen Notariatskammer sowie des Wiener Rathauses und mehrerer Magistratsabteilungen. Daher scheinen durch die gegenständliche Halte- und Parkverbotsverordnung die Interessen der Rechtsanwälte und der Notare, die die genannten Einrichtungen aufsuchen, im Sinne einer Erschwerung der Berufsausübung berührt zu werden (vgl insbesondere VfSlg 15.470/1999).

4. Soweit dies aus dem vorgelegten Verordnungsakt, insbesondere der darin enthaltenen „Anberaumung einer Verhandlung" vom , ersichtlich ist, wurden die gesetzlichen Interessenvertretungen der Berufs-gruppen der Rechtsanwälte und der Notare im Verordnungserlassungsverfahren nicht angehört. Die angefochtene Verordnungsbestimmung scheint daher nicht in 94f Abs 1 litb Z 2 StVO entsprechender Weise zustande gekommen zu sein.

[…]"

3.Der Magistrat der Stadt Wien hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt – auszugsweise – entgegengetreten wird:

"[…]

Das Verwaltungsgericht Wien hat auf die oben dargestellte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hingewiesen, ohne auf die konkreten Umstände des Beschwerdefalles, wie Lage und/oder Entfernungen der Justiz- und Behördengebäude zum Abstellort in Wien 1, Rathausstraße 21, näher einzugehen.

Bei genauerer Betrachtung kommt hervor, dass Verwaltungsbehörden, die im Rathaus und/oder in umliegenden Amtshäusern untergebracht sind, von unterschiedlichen Personengruppen aufgesucht werden, ohne dass Rechtsanwältinnen bzw Rechtsanwälten eine besondere Stellung — anders als etwa in Folge des Rechtsanwaltszwangs vor Gerichten -, zukommt. Der Sitz der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Wien 1, Landesgerichtsstraße 20, mag von deren Funktionärinnen bzw Funktionären frequentiert werden, von der weiters überwiegenden Mehrzahl der Notarinnen und Notare jedoch nur gelegentlich bzw sporadisch. Deswegen war/ist von einer 'spezifischen Interessenbetroffenheit' der Berufsgruppe der Notarinnen bzw Notare nicht auszugehen; somit eine Anhörungspflicht im Sinne des § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 nicht geboten.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien, das unbestritten in einem nicht unwesentlichen Umfang den Besuch des Gebäudes durch Rechtsanwältinnen bzw Rechtsanwälte erfordert, liegt nicht unmittelbar an der Rathausstraße. Denn der Begriff der 'Unmittelbarkeit', an den in den genannten Erkenntnissen angeknüpft wird, setzt voraus, dass eine Trennung durch einen räumlichen Abstand nicht besteht. Der Abstellort (konkret: Wien 1, Rathausstraße 21) ist aber nicht unmittelbar vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien gelegen, sondern durch einen großen Häuserblock und eine stark befahrene Verkehrsverbindung getrennt.

Auch eine 'räumliche Konzentration' von Behörden ist unmittelbar angrenzend in diesem Bereich nicht gegeben. Das Arbeits- und Sozialgericht hat einen neuen Standort (Anmerkung: die Übersiedlung erfolgte bereits im Jänner 2017 von der Wickenburggasse in der Josefstadt in die Althanstraße im 9. Wiener Gemeindebezirk) und das Bezirksgericht Josefstadt ist mehr als 500 m entfernt, das Rathaus beinahe 400 m.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass weder eine 'Behördenkonzentration' vorliegt, noch der Abstellplatz in Wien 1, Rathausstraße 21, unmittelbar vor dem Landesgericht für Strafsachen gelegen ist, daher die Interessen der Berufsgruppe der Rechtsanwältinnen bzw Rechts-anwälte nicht berührt waren/sind. Eine Anhörungspflicht der gesetzlichen Interessenvertretung der Rechtsanwältinnen bzw Rechtsanwälte, der Rechtsanwaltskammer Wien, bzw der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, als gesetzliche Interessenvertretung der Notarinnen bzw Notare, bestand daher nicht. Es kann daher auch ein gesetzwidriges Zustandekommen der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom , ZI. MA 46-DEF/1625708/2014, nicht erkannt werden.

Abschließend sei angemerkt, dass sich die Sach- und Rechtslage obiger Erkenntnisse mit dem nunmehr in die Straßenverkehrsordnung eingeführten und in der Stadt Wien ausgeprägten Regime der Parkraumbewirtschaftung nicht mehr vergleichen lässt. In der Straßenverkehrsordnung wird die gesetzgeberische Absicht offenbar, Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung zuzulassen (Raab, Anwohnerinnenparkzonen vor dem Verfassungsgerichtshof, ZVR 2017, 183)."

4.Die Beschwerdeführerin des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht hat eine Äußerung erstattet und sich den Bedenken des antragstellenden Gerichtes angeschlossen.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1.Der Verfassungsgerichtshof vertritt in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung zu Art 89 Abs 1 B-VG seit VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (vgl zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch , sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art 139 B-VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

1.2.Dem Verordnungsakt ist zu entnehmen, dass die entsprechenden Verkehrszeichen iSd § 52 lita Z 13b StVO 1960 aufgestellt wurden. Dadurch erlangte die angefochtene Verordnung jedenfalls ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist (vgl VfSlg 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch ).

1.3.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Der Beschwerdeführerin vor dem antragstellenden Gericht wird zur Last gelegt, am Ort der angefochtenen Verordnungsbestimmung ihr Kraftfahrzeug unberechtigterweise abgestellt zu haben. Daher ist es offenkundig, dass das antragstellende Gericht die angefochtene Verordnungsbestimmung anzuwenden hat.

1.3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist der Hauptantrag zulässig.

2.In der Sache

2.1.Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2.Der Antrag ist nicht begründet.

2.3.Das antragstellende Verwaltungsgericht behauptet die Gesetzwidrigkeit der Verordnung, weil die gesetzlichen Interessenvertretungen der Rechtsanwälte und jene der Notare vor der Erlassung der angefochtenen Verordnung nicht angehört worden seien, obwohl dies gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 geboten gewesen wäre.

2.4.Gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 ist – außer bei Gefahr im Verzug – vor Erlassung einer straßenpolizeilichen Verordnung die gesetzliche Interessenvertretung einer Berufsgruppe anzuhören, "wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden".

2.5.In VfSlg 5784/1968 hat der Verfassungsgerichtshof (zur seinerzeitigen, dem § 94f StVO 1960 entsprechenden Vorschrift des § 43 Abs 8 StVO 1960 idF vor der Novelle BGBl 209/1969) angenommen, dass "das Interesse einer Berufsgruppe jedenfalls dann berührt wird, wenn durch eine Verkehrsbeschränkung die Ausübung des betreffenden Gewerbes [...] erschwert oder gar unterbunden wird".

2.6.Jedoch begründen nur Umstände, welche die Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe in "spezifischer Weise" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung berührt erscheinen lassen, die Anhörungspflicht gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN).

2.7.Eine solche "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nahm der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9818/1983 im Hinblick auf eine Halteverbotsverordnung unmittelbar vor dem Wiener Justizpalast an. Ebenso begründete eine Kurzparkzone in Innsbruck vor einem zahlreiche Justizbehörden beherbergenden Gebäude das Anhörungsrecht der Berufsgruppe der Rechtsanwälte nach § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO (vgl VfSlg 13.783/1994). Auch bei einer Halte- und Parkverbotsverordnung in Wien 8., Florianigasse, nahm der Verfassungsgerichtshof auf Grund der "räumlichen Konzentration zentraler Justiz- und Behördengebäude" eine Pflicht zur Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung der Berufsgruppe der Rechtsanwälte an (vgl VfSlg 15.470/1999).

2.8.Sind hingegen Mitglieder einer Berufsgruppe "ebenso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer" durch eine straßenpolizeiliche Verordnung betroffen, wird nicht bewirkt, dass ihre Interessen iSd § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO spezifisch berührt werden. Der Verfassungsgerichtshof begründete diese Auffassung folgendermaßen (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN):

"Wollte man das Gesetz anders auslegen, wäre schlechthin jedwede verkehrsbeschränkende Verordnung gemäß § 43 StVO 1960 erst nach vorhergehender Anhörung aller gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen zu erlassen, weil jede Verkehrsbeschränkung auch beliebige Angehörige gesetzlicher beruflicher Vertretungen (wie etwa auch Ärzte und Rechtsanwälte) betreffen kann, wenn diese als Kraftfahrer die verordneten Verkehrsbeschränkungen zu beachten haben. Hätte der Gesetzgeber eine derart weitreichende Beteiligung gesetzlicher Interessenvertretungen am Verfahren zur Erlassung verkehrsbeschränkender Verordnungen gewünscht, so hätte er dies durch Verzicht auf die Einschränkung zum Ausdruck gebracht, daß Voraussetzung des Anhörungsrechtes gesetzlicher Interessenvertretungen ist, daß Interessen von Mitgliedern der betreffenden Berufsgruppe 'berührt werden'."

2.9.Die mangelnde "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte hat der Gerichtshof etwa auch im Bereich des Gebäudes eines großen Versicherungsunternehmens angenommen (VfSlg 19.125/2010).

2.10.Im vorliegenden Fall liegt keine "spezifische Interessenbetroffenheit" der Berufsgruppe der Rechtsanwälte vor, die eine Anhörungspflicht der gesetzlichen Interessenvertretung dieser Berufsgruppe begründet hätte, weil die Verkehrs- und Parkraumsituation im Bereich des verordneten Gebietes nicht mit der Situation zu vergleichen ist, die in den bereits zitierten Erkenntnissen VfSlg 9818/1983, 13.783/1994 und 15.470/1999 zu beurteilen war. Insbesondere zu VfSlg 15.470/1999 sind die Unterschiede der örtlichen Verhältnisse maßgeblich, kann von einer "Unmittelbarkeit" oder einer "unmittelbaren Nähe" zu den im dortigen Erkenntnis aufgezählten Justiz- und Behördengebäude auf Grund der vorliegenden Distanz und der Ortsgegebenheiten zwischen der verordneten Straße und diesen Justiz- und Behördengebäuden nicht mehr gesprochen werden. Die fehlende Interessenbetroffenheit lässt sich auch für die Berufsgruppe der Notare feststellen.

2.11. Der Verfassungsgerichtshof ist daher vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung (vgl VfSlg 16.448/2002 mwN) der Auffassung, dass durch die vorliegende Halte- und Parkverbotsverordnung die Interessen der Berufsgruppen der Rechtsanwälte und Notare nicht in einer "spezifischen Weise" berührt sind. Die Berufsgruppen der Rechtsanwälte und Notare sind vielmehr "ebenso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer" durch die Verordnung betroffen.

2.12.Daher war der Magistrat der Stadt Wien nicht verpflichtet, vor Erlassung der Verordnung die gesetzliche Interessenvertretung der Berufsgruppe der Rechtsanwälte und jener der Notare gemäß § 94f Abs 1 litb Z 2 StVO 1960 anzuhören. Sie hat ein dieser Bestimmung entsprechendes Verfahren durchgeführt.

2.13.Der Antrag ist aus diesem Grund abzuweisen.

V.Ergebnis

1.Der Antrag, festzustellen, dass Punkt 6.13. der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom , Z MA 46-DEF/1625708/2014, gesetzwidrig war, wird abgewiesen.

2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2019:V14.2019
Schlagworte:
Verordnungserlassung, Anhörungsrecht, Rechtsanwälte, Notare, Halte(Park-)verbot, Straßenpolizei

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