VfGH vom 20.06.1989, V118/88

VfGH vom 20.06.1989, V118/88

Sammlungsnummer

12084

Leitsatz

Zulässige Individualanträge auf Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom , BGBl. 399/1981 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A9 Pyhrn Autobahn; ausreichende Wirtschaftlichkeitsüberlegungen vor Trassenfestlegung

Spruch

Den Anträgen wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die antragstellenden Landwirte sind Eigentümer von Liegenschaften der KG Mötschendorf.

Sie beantragen die gänzliche Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom , BGBl. 399/1981, in dem von der Verordnung BGBl. 354/1985 nicht abgeänderten Teil, also die Trassenfestlegung von Autobahnkilometer 155,300 bis Autobahnkilometer 164,400.

2.a) Die angefochtene Verordnung lautet:

"Auf Grund des § 4 Abs 1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 239/1975 und 294/1978 wird verordnet:

Der Straßenverlauf eines Abschnittes der A9 Pyhrn Autobahn wird im Bereich der Gemeinden Kammern im Liesingtal und Traboch wie folgt bestimmt:

Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei km 154,790 an der Gemeindegrenze Mautern/Kammern im Liesingtal, verläuft in östlicher Richtung, umfährt Kammern im Liesingtal, Pfaffendorf, Mötschendorf und Timmersdorf im Süden und endet bei km 164,4 im Anschluß an den mit Verordnung vom , BGBl. Nr. 484, bestimmten Abschnitt der A9 Pyhrn Autobahn.

Im einzelnen ist der Straßenverlauf aus der beim Bundesministerium für Bauten und Technik, beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung sowie bei den Gemeinden Kammern im Liesingtal und Traboch aufliegenden Planunterlage (Planzeichen A9/36; Maßstab 1 : 2 880) zu ersehen.

§ 15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf den vorangeführten Straßenabschnitt Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind der aufliegenden Planunterlage zu entnehmen."

b) Durch die Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A9 Pyhrn Autobahn und der B113 Schoberpaß Straße im Bereich der Gemeinden Kalwang, Mautern in Steiermark und Kammern im Liesingtal, BGBl. 354/1985, ist der angefochtenen Verordnung hinsichtlich der Bestimmung des Straßenverlaufs zwischen km 154,790 und km 155,300 materiell derogiert worden. In dieser Verordnung wurde nämlich u.a. bestimmt:

"Der Straßenverlauf eines Abschnittes der A9 Pyhrn Autobahn wird im Bereich der Gemeinden Kalwang, Mautern in Steiermark und Kammern im Liesingtal wie folgt bestimmt:

Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei km 141,90, führt in der Folge über die Anschlußstellen Kalwang und Mautern und schließt bei km 155,30 an den bereits verordneten Abschnitt 'Kammern' an."

c) Die angefochtene Verordnung steht daher nur mehr soweit in Geltung, als sie den Straßenverlauf der A9 Pyhrn Autobahn von km 155,300 bis 164,400 bestimmt.

3.a) Mit den dieses Verfahren bestimmenden Anträgen begehren die Antragsteller die Aufhebung der Verordnung BGBl. 399/1981 in ihrem nicht derogierten, noch in Geltung stehenden Teil zur Gänze.

b) Zur Legitimation bringen sie vor, daß durch die mit der bekämpften Verordnung festgelegte Trasse unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingegriffen werde, da die Trasse mehrere Grundstücke der Antragsteller durchquere. Die bekämpfte Verordnung werde daher ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für die Antragsteller unmittelbar wirksam. Es stehe den Antragstellern auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die Frage der Rechtmäßigkeit der bekämpften Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Sie seien daher zur Stellung eines Individualantrags hinsichtlich des noch in Geltung stehenden Teils der angefochtenen Verordnung legitimiert.

c) Die Trassenfestlegung erachten die Antragsteller für gesetzwidrig, weil sie ohne Bedachtnahme auf den tatsächlich zu erwartenden Bedarf, ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung und ohne Bedachtnahme auf die Belastung der Umwelt verordnet worden sei.

Dazu wird u.a. vorgebracht:

"Das Bundesstraßengesetz 1971 bestimmt im § 4, daß der Bundesminister vor dem Bau einer Bundesstraße, deren Verlauf durch Verordnung festzulegen hat; dabei ist unter anderem auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens Bedacht zu nehmen. . . .

Unter Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens ist in diesem Zusammenhang das geschätzte Kostenerfordernis der Gesamtbaumaßnahme des zu verordneten Straßenabschnittes im Vergleich mit anderen, in Erwägung gezogenen Varianten und in Gegenüberstellung zu den übrigen im § 4 Absatz 1 angeführten Kriterien zu verstehen.

Daraus folgert sich, daß das Bundesministerium Kosten-Nutzenüberlegungen anstellen muß. Diese Kosten-Nutzen-Analysen dürfen sich nicht alleine darauf beschränken, zu prüfen, welcher Trassenvariante der Vorzug gegeben werden soll, sondern insbesondere darauf, ob nicht andere Varianten, wie z.B. Ausbau des Schienenverkehrs, Ausbau der bestehenden Bundesstraße, wirtschaftlich nützlicher, schonender seien.

Gemäß § 4 Bundesstraßengesetz ist schließlich auch auf die funktionelle Bedeutung des Straßenzuges Bedacht zu nehmen, worunter sämtliche raumordnungs- und strukturpolitischen Gesichtspunkte verstanden werden.

Derartige Überlegungen und Analysen wurden vom Verordnungsgeber für die gegenständlichen Teilstücke und für die gegenständliche Verordnung nicht angestellt.

Der Verfassungsgerichtshof sieht die Gesetzwidrigkeit einer Verordnung dann als gegeben an, wenn die im Gesetz zur Gewinnung nach ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehene Vorgangsweise nicht eingehalten wurde und daher eine Aussage darüber, ob den vom Gesetz vorgegebenen Zielen entsprochen wird, nicht möglich erscheint. Nun ist dem Verordnungsgeber für eine Bundesstraße gemäß § 4 Bundesstraßengesetz u.a. wie erwähnt, die Beachtung der Wirtschaftlichkeit aufgetragen. Wirtschaftlichkeit, einfach definiert als Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen, beinhaltet auch ohne weitere gesetzliche Vorschreibungen eine bestimmte Vorgangsweise, nämlich die Vornahme von Rechenoperationen und Vergleichen. Liegen solche Rechenoperationen als Entscheidungshilfen für eine Trassenverordnung überhaupt nicht vor, müßte schon aufgrund dieser mangelhaften Vorgangsweise die Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung angezweifelt werden.

Bereits 1977 hat der Rechnungshof kritisiert (Nr. 76 Punkt 23 Punkt 1), daß es Aufgabe des Bundesministeriums für Bauten und Technik wäre, Kosten-Nutzen-Analysen als Entscheidungshilfen auszuarbeiten. Diese Kritik wurde vom Bundesministerium für Bauten und Technik vollkommen negiert, auch für den Bereich der Pyhrn-Autobahn A9 wurde keine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt. Diese Unterlassungen sind deswegen zu beanstanden, weil mangels ausreichender Entscheidungshilfen für Umfang und Zeitpunkt großer Investitionen kein Nachweis der wirtschaftlich bestmöglichen Verwendung der Mittel gegeben war und ist. . . .

Die Kosten-Nutzen-Analyse muß auch die sozialen und ökologischen Kosten berücksichtigen. Diese voraussehbaren ökologischen Folgekosten können an Hand der Erfahrung entlang der Tauern - und Brennerautobahn gesehen werden."

Weiters wird unter Hinweis auf die Ergebnisse einer nicht veröffentlichten Untersuchung des Instituts für Straßenbau und Verkehrswesen der Technischen Universität Wien dargelegt, daß nach Ansicht der Antragsteller ein Ausbau der A9 Pyhrn Autobahn weniger leistungsfähig, kostenungünstiger und umweltbelastender sei als Lösungsvarianten, die einen Ausbau der Bahntrasse über den Schoberpaß miteinbeziehen.

In dem zu V9/89 protokollierten Antrag werden weitere Gutachten zitiert, die ökonomische und ökologische Gründe dafür ins Treffen führen, zur Bewältigung des Verkehrsstroms auf der in Frage stehenden Route in verstärktem Maße die Bahn heranzuziehen und auf den Bau der A9 Pyhrn Autobahn zu verzichten.

4.a) Der Verfassungsgerichtshof forderte den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als den zur Vertretung der angefochtenen Verordnung gemäß § 2 Abs 1 Z 2 iVm Teil 2 der Anlage litC Z 21 BMG 1986 idF BGBl. 78/1987 zuständigen Bundesminister auf, eine schriftliche Äußerung zum Gegenstand zu erstatten und alle auf die angefochtene Verordnung bezughabenden Akten vorzulegen.

b) In Entsprechung dieser Aufforderung legte der Bundesminister im Verfahren V118/88 einige Aktenstücke vor und erstattete eine Äußerung, in der er die Abweisung des Antrags beantragte und u.a. ausführte:

"Die angefochtene Verordnung ist in der im Zeitpunkt der Erlassung gesetzlich vorgeschriebenen Weise ordnungsgemäß zustandegekommen (siehe Akt des BMBT Zl. 896.509/4-III/9-81). Da der Gesetzesauftrag nach dem Bundesstraßengesetz 1971 (in all seinen bisherigen Novellen unverändert) lautet, eine A9 Pyhrn Autobahn zu errichten - ohne allerdings über den Zeitpunkt der Realisierung etwas auszusagen - und zwar zusätzlich zum bestehenden Bundesstraßennetz, erscheinen die verlangten Gegenüberstellungen mit dem Bahnausbau bzw. dem Ausbau der B113 Schoberpaß Straße als relevant für den Baubeginn, nicht aber für die Trassenfestlegung der A9 Pyhrn Autobahn durch Verordnung gemäß § 4 Abs 1 BStG in Erfüllung des Gesetzesauftrages.

Die gegenständliche Verordnung ist wie sich aus der Art der Bestimmung des ArtII Z 4 der Bundesstraßengesetznovelle 1983 ergibt, auch nach Inkrafttreten dieser Novelle rechtswirksam geblieben. Eine Nutzen-Kostenuntersuchung war zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Verordnung nicht vorgeschrieben bzw. vorgesehen.

Es muß jedoch - im Hinblick auf die genannten Alternativen - betont werden, daß sich die Planungsüberlegungen für die Trassierung neuer Autobahnabschnitte im allgemeinen auf die Erfüllung des Gesetzesauftrages nach Errichtung einer Autobahntrasse beschränken. Alternativen, wie etwa der Ausbau des Schienennetzes oder des bestehenden Straßennetzes, werden dabei im allgemeinen nur insofern berücksichtigt, als derartige alternative Szenarien Eingang in die Verkehrsuntersuchungen des jeweiligen Straßenentwurfes finden.

Die Erteilung einer 'Unverträglichkeitsprüfung' ist nach den Bestimmungen des Bundesstraßengesetzes nicht unmittelbar vorgesehen. Die Beurteilung der im Bundesstraßengesetz normierten 'Umweltverträglichkeit' erfolgt im Rahmen des 'Anhanges Umwelt' zu den jeweiligen Straßenentwürfen. Das Detailprojekt l984 für den gegenständlichen Abschnitt 'Kammern' wurde mit Zl. 846.509/6-305-86 vom genehmigt und enthält bereits einen Umweltbericht.

Zur Frage eines möglichst sparsamen Ausbaues der Pyhrn Autobahn wird darauf hingewiesen, daß diese Überlegungen bereits im Jahre 1985/86 angestellt wurden. Nach eingehender Überprüfung derartiger Möglichkeiten durch die Bundesstraßenverwaltung-Steiermark wurde u. a. festgestellt, daß eine Umplanung bzw. Verlegung zur bestehenden Bundesstraße extrem hohe zusätzliche Kosten (Talquerung und Brückenobjekte) erfordern würde, und daher nicht gerechtfertigt ist. Auch wurde die Alternative einer Autobahntrassierung unter Mitverwendung der bestehenden B113 geprüft. Dabei hat sich herausgestellt, daß - abgesehen von der dabei nicht ausreichend geklärten künftigen Führung der im BStG enthaltenen B113 - diese Überlegungen zur Folge der Konflikte mit den bestehenden Entwicklungskonzepten der Gemeinden, problematischen Untergrundverhältnissen und der ungelösten Behandlung der im Verlauf der derzeitigen Bundesstraße befindlichen Einbindungen, Zufahrten und Betrieben wohl interessant, aber aus technischen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Gesichtspunkten nicht weiter zu verfolgen sind.

Der Gedanke einer Substitutionsmöglichkeit des Autobahnbaues durch forcierte Maßnahmen auf dem Gebiet des Schienenverkehrs ist bei näherer Betrachtung der realistischerweise tatsächlich verlagerbaren Verkehrsmengen letztendlich nicht aufrecht zu erhalten."

Weiters wies der Bundesminister in seiner Äußerung darauf hin, daß der Bedarf nach der in Rede stehenden Straßenverbindung größer sei als von den Antragstellern angenommen und daß der Streckenabschnitt der B113 über den Schoberpaß eine besonders hohe Unfallrate aufweise.

c) Da die vom Bundesminister vorgelegten Akten Wirtschaftlichkeitsüberlegungen des verordnungserlassenden Bundesministers nicht dokumentierten, wurde der Bundesminister neuerlich aufgefordert, alle jene Aktenstücke, aus denen sich erweisen läßt, daß eine Wirtschaftlichkeitsprüfung in bezug auf die verordnete Trasse vorgenommen wurde, insbesondere etwa im generellen Projekt enthaltene Wirtschaftlichkeitsüberlegungen, vorzulegen.

Daraufhin wurden dem Verfassungsgerichtshof am 16. Jänner und am 18. Feber 1989 jeweils einige - im gegebenen Zusammenhang irrelevante - Aktenstücke übermittelt. Mit Schriftsatz vom wurden dem Verfassungsgerichtshof weitere Aktenstücke vorgelegt, die dokumentieren, welche Wirtschaftlichkeitsüberlegungen vom verordnungserlassenden Bundesminister angestellt wurden. Weiters wurde eine unter der Projektleitung von Univ.Prof. Dr. W S erstellte "Untersuchung der regionalwirtschaftlichen und fiskalischen Auswirkungen sowie der gesamtwirtschaftlichen Rentabilität der Fertigstellung der A9 Pyhrnautobahn" vom vorgelegt.

d) In dem zu V9/89 protokollierten Verfahren erstattete der Bundesminister eine Äußerung, in der er u.a. unter Hinweis auf das Erk. d. ausführte, daß dem Bundesminister zur Prüfung der Frage, ob ein Bedarf nach Errichtung der Pyhrnautobahn besteht,

"keine Befugnis zustand, da nach dem einen Teil des Bundesstraßengesetzes bildenden Verzeichnis 1 die autobahnmäßig auszubildende Verbindung zwischen Selzthal und Draboch vorgeschrieben ist und die Festlegung einer Trasse nach § 4 Abs 1 BStG im Rahmen der Verzeichnisse zu erfolgen hat".

Weiters wies der Bundesminister darauf hin, daß Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bereits im Planungsprozeß einen Planungsgrundsatz bildeten, "da sämtliche Planungs-, Ausbau- und Erhaltungsmaßnahmen der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen".

In seiner Äußerung ging der Bundesminister insbesondere auch auf den Vorwurf mangelnder Einbeziehung ökologischer Überlegungen in die Kosten-Nutzenanalyse ein und legte dar, welche Erwägungen unter diesem Gesichtspunkt die Trassenfestlegung in autobahnmäßiger Gestaltung seiner Ansicht nach zu rechtfertigen geeignet sind.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat die beiden - zulässigen (vgl. VfSlg. 9823/1983) - Anträge zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

2. In der Sache wurde über die Verordnungsprüfungsanträge erwogen:

a) § 4 Abs 1 BundesstraßenG 1971 in der für die Erlassung der angefochtenen Verordnung maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. 63/1983 bestimmte, daß der Straßenverlauf durch Verordnung nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüberhinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges zu bestimmen ist. Durch die Verweisung auf die §§7 und 20 BundesstraßenG 1971 war zum Ausdruck gebracht, daß der Straßenverlauf auch eine sichere Benützbarkeit der Straße gewährleisten muß und daß vorzusorgen ist, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den künftigen Verkehr so weit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand ermöglicht werden kann sowie schließlich daß auch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprochen werden muß (VfSlg. 9823/1983 mit Hinweis auf VfSlg. 8200/1977).

Das die Bundesstraßen A(Bundesautobahnen) aufzählende Verzeichnis 1, das gemäß § 1 Abs 1 BStG einen Bestandteil des BStG bildet, nennt als eine der Bundesautobahnen die "A 9 Pyhrn Autobahn" und beschreibt deren Verlauf mit der Formulierung "Sattledt (A 1, A8) - Liezen - St. Michael bei Leoben - Graz - Staatsgrenze bei Spielfeld" (durch die BStG-Nov. BGBl. 63/1983 und BGBl. 165/1986 wurde die Streckenbeschreibung in Einzelheiten in einer für den vorliegenden Fall nicht maßgeblichen Weise geändert).

b) Die Antragsteller suchen darzutun, daß kein Bedarf nach Errichtung einer Autobahn auf der fraglichen Teilstrecke bestehe und daß einem Ausbau der Bahnstrecke über den Schoberpaß (allenfalls in Verbindung mit dem Ausbau der Bundesstraße) aus ökonomischen Erwägungen und unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes der Vorzug gegenüber dem Autobahnausbau zu geben sei. Sie meinen, daß aus diesen Gründen die verordnete Trasse gesetzwidrig sei. Dabei übersehen sie, daß dem Bundesminister zur Prüfung dieser Frage bei der Verordnungserlassung keine Befugnis zustand, da nach dem einen Teil des BStG bildenden "Verzeichnis 1" die autobahnmäßig auszubauende Verbindung vorgeschrieben ist und die Festlegung einer Trasse nach § 4 Abs 1 BStG "im Rahmen der Verzeichnisse" zu erfolgen hat (vgl. ). Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Aufnahme der A9 Pyhrn Autobahn in das "Verzeichnis 1" des BStG hat der Verfassungsgerichtshof - auch unter Bedachtnahme auf die von den Antragstellern vorgebrachten Argumente, denen verfassungsrechtliche Relevanz nicht zukommt - aber keine Bedenken.

c) Die Antragsteller erachten die angefochtene Verordnung aber auch deshalb für gesetzwidrig, weil der verordnungserlassende Bundesminister Wirtschaftlichkeitsüberlegungen überhaupt nicht angestellt habe.

Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg. 9823/1983 (vgl. die Berichtigung im 50. Band der amtlichen Sammlung, 1. Halbband, Seite

920) ausgeführt, daß dem zuständigen Bundesminister bei der Festlegung einer Bundesstraßen-Trasse ein Ermessensbereich eingeräumt ist, der nach der auch für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des BStG vor der Novelle 1983 durch verschiedene Kriterien determiniert ist: "Der Bundesminister hat die Trasse unter Abwägung der Kriterien der Verkehrserfordernisse, der Verkehrssicherheit, der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges und der Vermeidung unzumutbarer Belästigungen der Nachbarn . . . und der Wirtschaftlichkeit festzulegen."

Der Gerichtshof hat in der zitierten Entscheidung klargestellt, daß der Bundesminister die Trasse nach Bewertung und Abwägung der verschiedenen vom Gesetz als relevant erklärten Kriterien zu bestimmen hat. Da dies jedenfalls voraussetzt, daß er sich über die einzelnen, die Festlegung bestimmenden Kriterien Klarheit verschafft hat, sind die Antragsteller im Recht, wenn sie meinen, das Fehlen von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen würde eine Trassenfestlegung mit Gesetzwidrigkeit belasten.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat dem Verfassungsgerichtshof die maßgeblichen Akten zwar unvollständig und ungeordnet und mit teilweise erheblicher zeitlicher Verzögerung übermittelt. Immerhin geht aber aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus dem "Technischen Bericht" des der Trassenfestlegung auf Grund von Überarbeitungen letztlich zugrundliegenden "Generellen Projekts 1980", hervor, daß der verordnungserlassende Bundesminister Wirtschaftlichkeitserwägungen angestellt hat. Dabei wurde nicht nur eine Kostenübersicht erstellt, es wurden auch die im fraglichen Abschnitt erforderlichen besonderen Baumaßnahmen (wie Brücken, Unter- und Überführungen und Bachverlegungen) im einzelnen angeführt und in die Kostenschätzung miteinbezogen. Die Kostenschätzung ergab schließlich prognostizierte Gesamtkosten von S 58,6 Mio/km. Diese Kostenschätzung hat der Bundesminister in seine - zwar nicht eingehenden, aber nach Lage des Falles doch immerhin ausreichenden - Wirtschaftlichkeitsüberlegungen miteinbezogen; auf ihrer Grundlage wurde sodann die mit der angefochtenen Verordnung fixierte Trasse nach Abwägung mit den anderen vom Gesetz vorgegebenen Entscheidungskriterien festgelegt.

Da der Bundesminister diese Abwägung vor der Trassenfestlegung vorgenommen hat, brauchte der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob es für die Gesetzmäßigkeit der Verordnung ausreichen würde, wenn sich - wie der Bundesminister meint - die Wirtschaftlichkeit der Trasse aus der Festlegung nachfolgenden Untersuchungen erweisen ließe.

d) Die vorgebrachten Bedenken treffen daher nicht zu, weshalb den Anträgen keine Folge zu geben war.