zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 17.06.1993, V117/92

VfGH vom 17.06.1993, V117/92

Sammlungsnummer

13449

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 bzw 60 km/h für alle Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten in Tirol verfügenden Verordnung; keine Ermächtigung durch § 43 StVO 1960 zur Erlassung einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme global für die Straßen eines größeren Gebietes ohne Abstellen auf die spezifische Verkehrs- und Gefahrensituation auf den von der Verordnung im einzelnen erfaßten Straßen

Spruch

Die Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. Nr. 8, in der Fassung der Verordnung vom , LGBl. Nr. 20, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Tiroler Landesregierung hat mit Verordnung vom , LGBl. 8 idF LGBl. 20/1992, auf Grund des § 43 Abs 1 litb und Abs 2 lita StVO 1960 auf allen Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten in Tirol mit Ausnahme bestimmter, in § 2 dieser Verordnung aufgezählter Straßen und Straßenstrecken die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeuge und Sattelzugfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t mit 60 km/h und für die übrigen Kraftfahrzeuge mit 80 km/h festgelegt.

2. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B1055/91, B1056/91 und B1328/91 Beschwerden gemäß Art 144 B-VG gegen Bescheide der Tiroler Landesregierung anhängig, mit denen die Beschwerdeführer jeweils für schuldig erkannt wurden, die für PKW auf Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten zu haben. Die Beschwerdeführer machen in ihren Beschwerden ua. geltend, daß sie durch die Anwendung der - ihrer Meinung nach - gesetzwidrigen Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. 8, in ihren Rechten verletzt wurden.

3. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluß vom , B1055/91 ua., von der Präjudizialität der Verordnung der Tiroler Landesregierung LGBl. 8/1990 idF LGBl. 20/1992 bei seiner Entscheidung über die angeführten Beschwerden aus.

Mit Rücksicht auf folgende Bedenken beschloß er, die genannte Verordnung gemäß Art 139 Abs 1 B-VG auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen:

Der Verfassungsgerichtshof hielt es angesichts des von der ständigen Judikatur klargelegten Inhalts des § 43 StVO 1960 für ausgeschlossen, "eine verkehrsbeschränkende Maßnahme global für die Straßen eines größeren Gebietes zu erlassen, ohne auf die spezifische Verkehrs- und Gefahrensituation abzustellen, wie sie auf 'bestimmten' ... Gebieten, Straßen oder Straßenstrecken hinsichtlich der Verkehrs- und Gefahrensituation besteht". Er ging davon aus, daß in einem Rechtsstaat gemäß § 43 Abs 1 litb und § 43 Abs 2 lita StVO 1960 solche Maßnahmen nur erfolgen dürften, "wenn und insoweit eine besondere Gefahrensituation ... auf einer diesbezüglich bestimmten Straße oder Straßenstrecke oder Straße innerhalb eines bestimmten Gebietes zu belegen ist, die über die allgemeinen, der Umwelt aus dem Straßenverkehr erwachsenden sowie im Verkehrsgeschehen typischen Gefahren hinausreicht; wenn zum zweiten eine Interessenabwägung zwischen dem mit der Verordnung angestrebten Zweck einerseits und der Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse andererseits in bezug auf eine konkrete Straße oder die Straße eines bestimmten Gebietes stattfindet und wenn schließlich die Interessenabwägung ergibt, daß auch die Erlassung der betreffenden Verkehrsbeschränkung ein zur wirksamen Bekämpfung der festgestellten Gefahr ... geeignetes Mittel ist".

Eine überproportional hohe Unfalldichte rechtfertige sohin zwar zweifelsohne eine im Vergleich zu anderen Bundesländern größere Zahl verkehrssichernder und -beschränkender Maßnahmen auf Straßenstrecken mit einer hohen Unfallhäufigkeit, hingegen erteile § 43 Abs 1 StVO 1960 der Behörde nicht die - dem Gesetzgeber vorbehaltene - Ermächtigung, die höchstzulässigen Geschwindigkeiten undifferenziert für das gesamte Bundesland herabzusetzen.

Der Verfassungsgerichtshof hegte darüber hinaus das Bedenken, daß auch § 43 Abs 2 StVO 1960 keine gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung einer allgemeinen, landesweit geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung enthält. Die Ermächtigungen der Abs 1 und 2 des § 43 StVO 1960, die Höchstgeschwindigkeit weiter zu beschränken, dürften sich sohin - auch im Hinblick auf Art 18 Abs 2 B-VG - lediglich auf jene Straßenstrecken oder Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes beziehen, die sich hinsichtlich der Verkehrssicherheit und hinsichtlich der Umwelt so deutlich von allen anderen Straßen im Hinblick auf die allgemeinen, aus dem Straßenverkehr resultierenden Gefahren unterscheiden, daß das Abweichen von der generellen gesetzlichen Geschwindigkeitsbeschränkung - im Einzelfall - als "erforderlich" angesehen werden muß.

Der Verfassungsgerichtshof wies weiters darauf hin, daß er schon in seinem Erkenntnis VfSlg. 7523/1975 die Ermächtigung des § 43 Abs 1 litb StVO 1960 dahin gedeutet hat, daß sie der Verwaltungsbehörde nur gestattet, Einschränkungen zu verfügen, sie aber nicht ermächtigt, die Freiheit der Wahl der Fahrgeschwindigkeit generell zu beseitigen.

Der Verfassungsgerichtshof hegte zusätzlich das Bedenken, "daß auch mit Rücksicht auf die rechtsstaatlich gebotene Publizität die Verordnung der Tiroler Landesregierung LGBl. 8/1990 idF LGBl. 20/1992 nicht derart kundgemacht wurde und werden konnte, daß allen Verkehrsteilnehmern zumindest die Möglichkeit der ausreichenden Kenntnis der verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung auf den von ihnen jeweils benutzten Straßen verschafft wird", da sich "angesichts der Ausnahmen von der Verordnung, insbesondere ihrer schon aus Kompetenzgründen fehlenden Geltung für Gemeindestraßen, für den Verkehrsteilnehmer aus der Kundmachung im Landesgesetzblatt und den Hinweistafeln an der Landesgrenze keinesfalls entnehmen (läßt), ob die verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung auf der jeweils von ihm benutzten Straßenstrecke gilt oder nicht".

4. Beim Verwaltungsgerichtshof sind zu den Zahlen 93/03/0055 und 93/03/0071 Beschwerden betreffend Übertretungen der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. 8, anhängig. Die zur Zahl 93/03/0071 angefochtene Bestrafung betrifft den Lenker eines LKW (22 t). Aus Anlaß dieser Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof unter den zu V25/93 und V32/93 beim Verfassungsgerichtshof protokollierten Anträgen gemäß Art 139 Abs 1 B-VG beantragt, die Verordnung der Tiroler Landesregierung LGBl. 8/1990 idF LGBl. 20/1992 als gesetzwidrig aufzuheben. In seinen Anträgen verweist er darauf, daß auch er das Bedenken hegt, "daß die in Rede stehende Verordnung aus den im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom angeführten Gründen gesetzwidrig ist".

5. Die Tiroler Landesregierung erstattete Äußerungen, in denen sie beantragt, die in Prüfung gezogene Verordnung nicht aufzuheben, in eventu nach Art 139 Abs 5 B-VG eine Frist von sechs Monaten für das Inkrafttreten der Aufhebung zu setzen.

a. Die Tiroler Landesregierung vertritt in ihren Äußerungen die Ansicht, daß unter einem "bestimmten Gebiet" im Sinne des § 43 Abs 1 StVO 1960 auch das gesamte Gebiet eines Bundeslandes zu verstehen ist und daß es zulässig ist, "die gesetzlich festgelegte, allgemein geltende Höchstgeschwindigkeit auf Freilandstraßen in einem ganzen Bundesland im Verordnungswege abweichend zu bestimmen".

Daß auch das Landesgebiet ein bestimmtes Gebiet im Sinne des § 43 Abs 1 StVO 1960 sein kann, ergäbe sich schon aus der Textierung des § 44 Abs 2 a erster Satz StVO 1960 und aus dem in dieser Bestimmung enthaltenen, uneingeschränkten Verweis auf § 43 StVO 1960. Damit nehme der Gesetzgeber "eine Generalisierung und Vergröberung der verordnungsmäßigen Verkehrsregelung in Kauf, sodaß es nach Ansicht der Tiroler Landesregierung nicht notwendig sein dürfte, die Erforderlichkeit der Regelung in bezug auf jede einzelne Straße innerhalb eines bestimmten Gebietes beweisen zu müssen". Die Tiroler Landesregierung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß sie auch "nicht völlig undifferenziert vorgegangen ist, wie aus dem Vorhandensein des Ausnahmekataloges ersichtlich ist".

b. Anhand eines statistischen Vergleiches des Unfallgeschehens in Österreich mit jenem in Tirol und unter Darstellung der besonderen Situation Tirols als Haupttransitland Österreichs versucht die Tiroler Landesregierung aufzuzeigen, daß in dem "bestimmten Gebiet" Tirol eine besondere Gefahrensituation hinsichtlich der Verkehrssicherheit bestehe.

Daß die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der festgestellten Gefahren für die Verkehrssicherheit ist, ergäbe sich nicht nur aus den in der Äußerung dargestellten Erfahrungswerten, die man in Vorarlberg, in der Schweiz, in Italien und in Nordamerika gewonnen habe, sondern werde auch durch den "Zweijahresvergleich des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (Vergleich zwei Jahre vorher zu zwei Jahre nachher)" deutlich belegt. Danach zeige sich bei der Anzahl der Unfälle in Tirol ein Rückgang um - 6,60 % gegenüber einer Zunahme in Österreich (ohne Tirol und Vorarlberg) um + 3,22 %. Bei der Anzahl der Verunglückten sei eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Dem Rückgang in Tirol um - 5,90 % stand eine Zunahme in Österreich um + 3,32 % gegenüber. Der Vergleich für die Bundesstraßen allein fiele noch deutlicher aus (Unfälle:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
10,55 % in Tirol, + 3,28 % in Österreich; Verunglückte:
-
7,60 % in Tirol, + 3,97 % in Österreich).

Unabhängig von der Bedeutung der jeweiligen Straßenzüge seien mit der Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten keine negativen Auswirkungen auf deren Leistungsfähigkeit feststellbar. Außerdem seien im Interesse der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sechs Bundesstraßenabschnitte von den generellen Geschwindigkeitsbeschränkungen ausgenommen worden.

Seit der "Einführung von Tempo 80" könne daher insgesamt festgestellt werden, daß sich die Entwicklung in Tirol hinsichtlich der Verkehrssicherheit um etwa 10 % von der österreichweiten Entwicklung abgekoppelt hat.

c. Aber auch Gründe des Umweltschutzes rechtfertigten die Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnung.

Die Tiroler Landesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf die besonderen geografischen, topografischen und meteorologischen Bedingungen Tirols.

Insbesondere sei Tirol auf Grund der Verkehrsentwicklung einer ständig steigenden Stickoxidbelastung ausgesetzt. 88 % der Stickoxidemissionen in Tirol kämen aus dem Straßenverkehr. Stickoxide gehörten mit den Kohlenwasserstoffen, die ebenfalls aus dem Verkehr stammten, zu den Vorläufersubstanzen für die Ozonbildung, weshalb auf Grund der Verkehrsemissionen sehr hohe Ozonbelastungen entstehen. Unabhängig voneinander durchgeführte wissenschaftliche Studien über die Verteilung und die Verursachung der Ozonbildung im Alpenraum, und zwar die POLLUMET-Studie in der Schweiz sowie die MEMOSA-Studie in den Ländern Bayern, Nordtirol, Südtirol und Trentino, seien zur übereinstimmenden Aussage gekommen, daß die Höhe der Ozonbelastung in den ländlichen Gebieten des Nordalpenraumes hauptsächlich von der Belastung durch Stickoxide abhängt. Auch eine Modellrechnung in städtischen und ländlichen Regionen von CH. Monn, Zürich, ergäbe, daß in ländlichen Regionen die Senkung der Stickoxidemissionen die wirksamste Methode zur Senkung der Ozonbelastung darstellt. Eine Reduktion der Luftbelastung durch Stickoxide und Ozon sei insbesondere auch für die Schutzwälder in Tirol eine Existenzfrage, ohne die es in Tirol keine sicheren Siedlungen, aber auch vielfach keine sicheren Verkehrswege gäbe.

Wie in den Gegenschriften zu den Anlaßbeschwerdefällen legt die Tiroler Landesregierung erneut dar, daß gerade die Verringerung der mittleren Fahrgeschwindigkeiten um 10 km/h mit einer Verbesserung der NOx-Emissionen um rund 10 % gleichgesetzt werden könne. Dies zeige, daß die Reduzierung der Geschwindigkeit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zweckes, nämlich der Reduktion der Schadstoffemissionen zum Schutz der Umwelt, sei.

Neuere Untersuchungen hätten auch meßtechnisch belegbare, erhebliche Rückgänge der Stickstoffdioxidbelastung ergeben:

Innsbruck-Olympisches Dorf: - 38 %; Hall-Münzergasse (autobahnnah): - 31 %; Wörgl-Wohngebiet: - 32 %;

Innsbruck-Reichenau: - 26 %; Innsbruck-Zentrum: - 48 %. Der Rückgang der Stickstoffdioxidbelastung durch verkehrspolitische Maßnahmen habe dazu geführt, daß im Winter 1992/93 bei allen Nordtiroler Meßstellen nur einmal an einer Meßstelle (Innsbruck-Zentrum) für eine halbe Stunde die Vorsorgegrenzwerte überschritten wurden. In Osttirol dagegen seien diese Grenzwerte im gleichen Zeitraum mehrmals überschritten worden, wobei darauf hingewiesen wird, daß im Umland von Lienz auf größeren Bundesstraßenabschnitten Tempo 100 noch immer erlaubt ist.

Hinsichtlich der Ozonbelastung sei seit dem Sommer 1990 ein deutlicher Rückgang sowohl bei den städtischen als auch insbesondere bei den ländlichen Meßstellen festzustellen.

Auch das im Jahr 1992 erlassene Ozongesetz fordere bis zum Jahr 1996 eine Reduktion der NOx-Emissionen um 40 %, bis zum Jahr 2001 um 60 % und bis zum Jahr 2006 um 70 %. Die tatsächliche Entwicklung der NOx-Emissionen in Tirol weiche jedoch von dieser Zielvorstellung noch immer sehr deutlich nach oben ab. Daher könne nur "ein Bündel von mehreren Maßnahmen gleichzeitig angewandt werden, um die humanhygienisch und ökologisch wichtigen Emissionsreduktionen zu bewirken, wobei Tempo 80 auf Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten ein wichtiger Bestandteil dieses Bündels ist".

Zusammenfassend ergäbe sich, daß die gegenständliche Verordnung sowohl im § 43 Abs 1 litb als auch im § 43 Abs 2 lita StVO 1960 ihre gesetzliche Deckung findet.

d. Dem Bedenken, die Verordnung sei mit Rücksicht auf die rechtsstaatlich gebotene Publizität nicht derart kundgemacht worden, daß allen Verkehrsteilnehmern zumindest die Möglichkeit der ausreichenden Kenntnis der verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung auf den von ihnen jeweils benutzten Straßen verschafft worden sei, entgegnet die Tiroler Landesregierung, "daß der Kundmachungsnorm des § 44 Abs 2a StVO 1960 genau entsprochen worden ist". Der straßenrechtliche Rang der jeweils benutzten Straßen in Tirol ergäbe sich aus den Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 18, 19, 20 und 21 StVO 1960. Das Ortsgebiet (§2 Abs 1 Z 15 StVO 1960) sei durch die Hinweiszeichen nach § 53 Z 17 a und 17 b StVO 1960 erkennbar. Auf den im § 2 der in Prüfung gezogenen Verordnung angeführten Straßenstrecken seien entsprechende Verkehrszeichen angebracht worden, aus denen sich die Zulässigkeit einer höheren Fahrgeschwindigkeit ergibt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Da sowohl die Beschwerdeführer in den zu B1055/91, B1056/91 und B1328/91 protokollierten - zulässigen - Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof als auch in den vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerden zu den Zahlen 93/03/0055 und 93/03/0071 gegen Strafbescheide wegen Übertretung der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. 8, bestraft wurden, ist diese Verordnung in den genannten Beschwerdefällen präjudiziell. Ob diese Präjudizialität mit Rücksicht darauf, daß die bestraften Beschwerdeführer in den Anlaßfällen teils Lenker von PKW, teils Lenker von LKW waren, jeweils nur in beschränktem Umfang anzunehmen ist, kann unberücksichtigt bleiben, da die gesamte Verordnung gemäß Art 139 Abs 3 lita B-VG aufzuheben ist (vgl. u. 5.).

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Verordnungsprüfungsverfahren gemäß Art 139 Abs 1 B-VG zulässig.

2. Die Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. 8, lautet:

"Auf Grund des § 43 Abs 1 litb und Abs 2 lita der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. Nr. 562/1989, wird verordnet:

§1

Zur Sicherheit des Verkehrs und zur Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm und Schadstoffe, wird auf allen Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten in Tirol mit Ausnahme der im § 2 genannten Straßen und Straßenstrecken die höchstzulässige Geschwindigkeit

a) für Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeuge und Sattelzugfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t mit 60 km/h und

b) für die übrigen Kraftfahrzeuge mit 80 km/h festgelegt.

§2

Die Geschwindigkeitsbeschränkungen nach § 1 gelten nicht auf der


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
A 12 Inntalautobahn;
b)
A 13 Brennerautobahn;
c)
B 100 Drautalstraße von Straßenkilometer 92,00 in der Gemeinde Nikolsdorf bis Straßenkilometer 100,85 in der Gemeinde Dölsach;
d)
B 108 Felbertauernstraße von Straßenkilometer 2,00 in der Gemeinde Oberlienz bis Straßenkilometer 18,40 in der Gemeinde Kals a. Gr.;
e)
B 169 Zillertalstraße von Straßenkilometer 13,80 in der Gemeinde Stumm bis Straßenkilometer 21,30 in der Gemeinde Zell am Ziller;
f)
B 314 Fernpaßstraße von Straßenkilometer 51,91 in der Gemeinde Breitenwang bis Straßenkilometer 57,00 in der Gemeinde Musau;
g)
B 315 Reschenstraße von Straßenkilometer 13,20 in der Gemeinde Ried i. O. bis Straßenkilometer 27,75 in der Gemeinde Pfunds;
h)
S 16 Arlberg-Schnellstraße von Straßenkilometer 14,92 in der Gemeinde Flirsch bis Straßenkilometer 23,62 in der Gemeinde St. Anton a. A.

§3

Rechtsvorschriften, mit denen niedrigere als die nach § 1 höchstzulässigen Geschwindigkeiten festgelegt werden, bleiben unberührt.

§4

Diese Verordnung tritt mit in Kraft und mit dem Ablauf des außer Kraft."

Mit Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. 20, wurde der zweite Halbsatz des § 4 jener Verordnung ("und mit dem Ablauf des außer Kraft") gestrichen und damit der zeitliche Geltungsbereich der Verordnung LGBl. 8/1990 auf unbestimmte Zeit verlängert. Auf Grund der Verordnung LGBl. 20/1992 steht sohin die im vorliegenden Verfahren auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfende Verordnung LGBl. 8/1990 noch in Kraft.

3.a. Gemäß § 43 Abs 1 litb StVO 1960 hat die Behörde "für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes" durch Verordnung Verkehrsbeschränkungen, wie ua. auch Geschwindigkeitsbeschränkungen, zu erlassen, "wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden ... Verkehrs ... erfordert". Gemäß § 43 Abs 2 lita StVO 1960 hat die Behörde durch Verordnung "für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken" "zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe" derartige Verkehrsbeschränkungen zu erlassen, "wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist". Dem letzten Satz der zitierten Gesetzesbestimmung zufolge ist "bei der Erlassung solcher Verordnungen ... einerseits auf den angestrebten Zweck und andererseits auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen".

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seiner bisherigen Judikatur zu § 43 StVO 1960 (VfSlg. 8086/1977, 9089/1981, ua.) betont, daß die Behörde bei Erlassung verkehrsbeschränkender Verordnungen die im einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die tatsächliche Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen hat. Er ist weiters davon ausgegangen (zB. VfSlg. 11493/1987, 12485/1990, ua.), daß die gemäß § 43 Abs 2 StVO 1960 vorgeschriebene Interessenabwägung sowohl eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren für die oder der Belästigungen der Bevölkerung oder Umwelt, deren Schutz die Verkehrsbeschränkung dienen soll, als auch eine Untersuchung "der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse" notwendig macht. Er sprach schließlich (in VfSlg. 8984/1980) aus und wiederholte in seinem Erkenntnis vom , B1218/91, daß die bei einer "bestimmten Straße oder Straßenstrecke, für welche die Verordnung erlassen werden soll, anzutreffenden, für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen zu vergleichen sind, die für eine nicht unbedeutende Anzahl anderer Straßen zutreffen".

Zwar ist der Verfassungsgerichtshof, wie bereits seine bisherige Judikatur (insbesondere zu den Nachtfahrverboten auf bestimmten Straßen, vgl. VfSlg. 11493/1987, 12485/1990, aber auch zu einer damit in Zusammenhang stehenden Geschwindigkeitsbeschränkung auf einzelnen Autobahnstrecken, vgl. ) erkennen läßt, der Auffassung, daß das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung verkehrsbeschränkender Maßnahmen "für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes" (§43 Abs 1 StVO 1960) bzw. "für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken" (§43 Abs 2 lita StVO 1960) auch ohne metergenaue Untersuchung der Gefahrensituationen an den betreffenden Straßen dargetan werden kann. Vielmehr läßt der gesetzliche Hinweis auf die Verhältnisse an "bestimmten Straßen" oder an "Straßen eines bestimmten Gebietes" neben den für Verkehrsbeschränkungen in Betracht kommenden "Straßenstrecken" erkennen, daß in pauschalierender Betrachtungsweise auch für längere Straßen und für Gebiete, in denen mehrere Straßen verlaufen, Verkehrsbeschränkungen verfügt werden können, wenn diese "erforderlich" sind, um einer spezifischen Gefahrensituation zu begegnen. Diese Gefahrensituation muß sich für die betreffende Straße oder für das diesbezüglich abgegrenzte und deshalb "bestimmte" Gebiet deutlich von der allgemeinen, für den Straßenverkehr typischen Gefahrenlage unterscheiden.

b. Daher ist es dem Verordnungsgeber verwehrt, gestützt auf § 43 StVO 1960 eine verkehrsbeschränkende Maßnahme global für die Straßen eines größeren Gebietes, wie hier eines gesamten Landesgebietes, zu erlassen, ohne auf die spezifische Verkehrs- und Gefahrensituation auf den von der Verordnung im einzelnen erfaßten Straßen abzustellen. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung gemäß § 43 Abs 1 litb und § 43 Abs 2 lita StVO 1960 ist nur auf "bestimmten", - soll heißen: diesbezüglich von anderen Gebieten oder Straßen deutlich abgehobenen -, Gebieten, Straßen oder Straßenstrecken zulässig, "wenn und insoweit" eine besondere Gefahrensituation (sei es hinsichtlich der Verkehrssicherheit, sei es hinsichtlich der Umwelt) auf einer diesbezüglich bestimmten, - und somit von anderen deutlich unterschiedenen -, Straße oder Straßenstrecke oder Straße innerhalb eines bestimmten Gebietes vorliegt.

Daß sich die Erforderlichkeit einer Verkehrsbeschränkung nur anhand der Gefahrensituation auf einer "bestimmten" Straße oder Straßenstrecke bemessen kann, zeigt auch der letzte Satz des § 43 Abs 2 StVO 1960, wonach im Zuge der, der Verordnung zugrundezulegenden Interessenabwägung ua. "auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen" ist. Eine derartige Bedachtnahme kann nur für konkrete Straßen, Straßenstrecken oder entsprechend abgegrenzte Gebiete stattfinden, nicht hingegen - wie in der vorliegenden Verordnung - pauschal für die Bundes- und Landesstraßen des gesamten Landesgebietes.

c. An dieser Auslegung des Gesetzes kann auch der von der Tiroler Landesregierung (unter Hinweis auf Öhlinger, ZVR 1992,

S. 289 ff; ähnlich auch schon Stolzlechner, ZVR 1991, S. 259) vorgebrachte Hinweis auf § 44 Abs 2 a erster Satz StVO 1960 nichts ändern. Aus einer Vorschrift, welche wie § 44 Abs 2 a StVO 1960 lediglich die Form der Kundmachung einer Verordnung zum Gegenstand hat, darf nicht auf den von Gesetzes wegen zulässigen Inhalt der Verordnung rückgeschlossen werden. Der ausdrückliche Hinweis auf § 43 StVO 1960 in der für die Kundmachung von Verordnungen einer Landesregierung, die sich auf das ganze Landesgebiet beziehen, geltenden Bestimmung des § 44 Abs 2 a StVO 1960 ist nämlich nicht, wie die Tiroler Landesregierung meint, dahin zu verstehen, daß Verordnungen gemäß § 43 StVO 1960 schlechthin für das ganze Landesgebiet erlassen werden können. Vielmehr bedeutet jener Hinweis (auf § 43 StVO 1960), daß für verkehrsbeschränkende Verordnungen die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 43 StVO 1960 vorliegen müssen, damit von der Ermächtigung zur Kundmachung gemäß § 44 Abs 2 a StVO 1960 überhaupt Gebrauch gemacht werden kann.

Das ergibt sich nicht zuletzt auch aus § 44 Abs 2 StVO 1960, der Kundmachungsvorschrift für Verordnungen nach § 43 StVO 1960, die sich "auf das ganze Bundesgebiet" beziehen. Wäre diese Kundmachungsvorschrift gleichzeitig - wie die Tiroler Landesregierung für die gesetzliche Kundmachungsbestimmung des § 44 Abs 2 a StVO 1960 hinsichtlich der Verordnungen für das ganze Land meint - als Ermächtigung dahin zu verstehen, daß Geschwindigkeitsbeschränkungen nach § 43 StVO 1960 schlechthin für das ganze Bundesgebiet erlassen werden dürfen, so wäre die - nur - für bestimmte Straßen, Straßenstrecken und Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes vorgesehene gesetzliche Ermächtigung für die Erlassung von Verkehrsbeschränkungen, die ausnahmehaft unter bestimmten Voraussetzungen vom Gesetz (zB § 20 Abs 2 StVO 1960) abweichen, ihres diesbezüglichen Sinnes entkleidet (so schon VfSlg. 7523/1975). Vielmehr müßte § 43 StVO 1960 die ganz allgemeine und unbestimmte Ermächtigung entnommen werden, vom Gesetzgeber selbst nicht vorgesehene beliebige oder (wie hinsichtlich der Höchstgeschwindigkeit) über das Gesetz (§20 Abs 2 StVO 1960) hinausgehende Verkehrsbeschränkungen unter den Aspekten der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes zu verhängen. Eine derart weitgehende Verordnungsermächtigung würde aber Art 18 Abs 2 B-VG widersprechen, demzufolge Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze", sohin als Durchführungsverordnungen, vom Gesetzgeber vorgesehen und von der Verwaltung erlassen werden dürfen. Der ganz allgemeine Hinweis des Gesetzgebers auf die Verkehrssicherheit in § 43 Abs 1 litb StVO 1960 und auf den "Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt" durch "Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen" in § 43 Abs 2 StVO 1960 würde diesfalls nicht ausreichen, die kraft Art 18 Abs 2 B-VG notwendige gesetzliche Vorherbestimmung der Verordnungsbefugnis der Verwaltungsbehörden sicherzustellen.

d. Ausdrücklich betont sei, daß der Verfassungsgerichtshof keinen Zweifel hegt, daß die von der Tiroler Landesregierung in ihrer schriftlichen Äußerung und bei der mündlichen Verhandlung geschilderten Gefahren für die Verkehrssicherheit ebenso wie die Belastungen der Bevölkerung und der Umwelt tatsächlich vorliegen, die aus der - eine besondere Verkehrsbelastung bewirkenden - geographischen Lage und Gestalt Tirols resultieren. Gleichwohl dürfen im Rechtsstaat auch rechtspolitisch als notwendig erkannte Maßnahmen zur Abwehr oder zumindest Verringerung der Gefahren für die Verkehrssicherheit sowie für die Bevölkerung und die Umwelt nur vom zuständigen Gesetzgeber oder gemäß Art 18 Abs 1 und 2 B-VG von der Verwaltung nur auf Grund einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung verfügt werden.

Der Gesetzgeber legte aber in § 20 Abs 2 StVO 1960 die Höchstgeschwindigkeit auf Freilandstraßen mit 100 km/h für das gesamte Bundesgebiet verbindlich fest. Der in § 20 Abs 2 StVO 1960 angebrachte Vorbehalt, "sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt (§43 Abs 1)", ermächtigt die Behörde, aus Gründen der Verkehrssicherheit eine geringere Höchstgeschwindigkeit zu verordnen, wenn diese auf einer bestimmten Straße, Straßenstrecke oder auf den Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes zur Angleichung der dort besonders gefährdeten Verkehrssicherheit an die Verhältnisse im übrigen Bundesgebiet erforderlich ist. Daß ein Bundesland im Vergleich zu anderen eine überproportional hohe Unfalldichte aufweist, rechtfertigt und gebietet zwar zweifelsohne eine im Vergleich zu den anderen Bundesländern größere Zahl verkehrssichernder und -beschränkender Maßnahmen auf jenen Straßen und Straßenstrecken, die eine besonders hohe Unfallhäufigkeit aufweisen. § 43 Abs 1 StVO 1960 ermächtigt die Behörde aber nicht, die höchstzulässige Geschwindigkeit undifferenziert für das gesamte Bundesland herabzusetzen.

Eine allgemeine, von § 20 Abs 2 StVO 1960 abweichende Festsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit für das Gebiet eines ganzen Bundeslandes ist aber auch "zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe ... zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt" gemäß § 43 Abs 2 StVO 1960 nicht zulässig. Wenn der Gesetzgeber eine bestimmte Höchstgeschwindigkeit allgemein wie in § 20 Abs 2 StVO 1960 anordnet, geht er von der Notwendigkeit aus, Gefahren hintanzuhalten, die der Bevölkerung und der Umwelt aus einer höheren Geschwindigkeit im allgemeinen drohen. Diese Höchstgeschwindigkeit im Interesse der Umwelt herabzusetzen, ermächtigt § 43 StVO 1960 - verfassungskonform im Sinne des Art 18 Abs 2 B-VG gedeutet - nur insoweit, als sich die Geschwindigkeitsbeschränkung auf jene Straßenstrecken oder Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes bezieht, die sich hinsichtlich der Umweltbelastung so deutlich von allen anderen Straßen unterscheiden, daß das Abweichen von der generellen gesetzlichen Geschwindigkeitsbeschränkung im Einzelfall als "erforderlich" angesehen werden muß und gleichzeitig die gesetzlich gebotene Bedachtnahme "auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse" auf der oder den betreffenden Straße oder Straßen im Sinne des im letzten Satz des § 43 Abs 2 StVO 1960 aufgestellten gesetzlichen Gebotes noch möglich ist.

Die pauschal, für "alle Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten in Tirol" mit Ausnahme einiger Straßenstrecken durch die in Prüfung gezogene Verordnung der Tiroler Landesregierung vom , LGBl. 8 idF LGBl. 20/1992, verfügte Geschwindigkeitsbeschränkung widerspricht sohin § 43 Abs 1 litb und § 43 Abs 2 StVO 1960 und ist demgemäß als gesetzwidrig aufzuheben.

Angesichts dieses Verfahrensergebnisses erübrigt es sich, auf das vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß und vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Anträgen gemäß Art 139 B-VG zusätzlich aufgeworfene rechtliche Bedenken der für die Kenntnis der Verordnung durch die Verkehrsteilnehmer unzureichenden und daher mangelhaften Kundmachung der Verordnung näher einzugehen.

4. In Anbetracht der von der Tiroler Landesregierung überzeugend dargestellten, besonderen Verkehrs- und Umweltsituation in Tirol war für das Außerkrafttreten der in Prüfung gezogenen Verordnung eine Frist gemäß Art 139 Abs 5 B-VG zu setzen, um den zuständigen Behörden Gelegenheit zu geben, auf jenen Straßen und Straßenstrecken die erforderlichen Verkehrsbeschränkungen zu verordnen, auf denen dies gemäß § 43 Abs 1 und 2 StVO 1960 gerechtfertigt ist. Im Hinblick darauf, daß die Aufhebung aus technischen Gründen erst nach dem kundgemacht werden kann, wird die gesetzte Frist sechs Monate nicht übersteigen (vgl. die analoge Vorgangsweise in Gesetzesprüfungsverfahren, zB. VfSlg. 10730/1985, S. 854, und 10371/1985, S. 876).

5. Die Aufhebung der ganzen Verordnung stützt sich auf Art 139 Abs 3 lita B-VG, weil die Verordnung, wie den Ausführungen unter Punkt II. 3. zu entnehmen ist, insgesamt der gesetzlichen Grundlage entbehrt.

6. Die Verpflichtung der Tiroler Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Verordnung ergibt sich aus Art 139 Abs 5 B-VG.