VfGH vom 02.12.1988, V116/88

VfGH vom 02.12.1988, V116/88

Sammlungsnummer

11916

Leitsatz

TaxiV Schwechat, LGBl. 7001/5-0; wegen unzureichendem Ermittlungsverfahren iS des § 10 Abs 2 zweiter Satz GelegenheitsverkehrsG gesetzwidrig - insbesondere wegen ungeprüfter Übernahme der für die Festlegung der Verhältniszahl maßgebenden Umstände aus Mitteilungen der Interessenvertretung der Inhaber von (bestehenden) Taxikonzessionen

Spruch

Die V des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , LGBl. Nr. 7001/5-0, über die Höchstzahlen von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Schwechat, einschließlich Flughafen Wien-Schwechat, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. A.1. Beim VfGH ist zu Zl. B982/87 das Verfahren über eine auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung lehnte das Ansuchen des Bf. um Erteilung einer Konzession zum Betrieb des Taxigewerbes, beschränkt auf die Verwendung zweier Personenkraftwagen mit dem Standort in Schwechat, mit Bescheid vom ab.

Dagegen erhob der Bf. Berufung. Da der Landeshauptmann von Niederösterreich innerhalb der im § 73 Abs 1 AVG 1950 vorgesehenen sechsmonatigen Frist über dieses Rechtsmittel nicht entschied, brachte der Bf. einen Devolutionsantrag an den zuständigen Bundesminister ein.

Mit Bescheid vom gab der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr der Berufung keine Folge und verweigerte dem Bf. gemäß § 10 Abs 2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes, BGBl. 85/1952, (GelVerkG) idF der Nov. BGBl. 125/1987 (Nov. 1987) iVm der V des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , LGBl. 7001/5-0, über die Höchstzahlen von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Schwechat, einschließlich Flughafen Wien-Schwechat (TaxiV Schwechat), die beantragte Konzession mit der Begründung, daß die in dieser V festgesetzte Höchstzahl der für das Betreiben des Taxigewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeuge zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der V bereits erreicht gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid des Bundesministers wendet sich die eingangs erwähnte Beschwerde an den VfGH.

2. Der VfGH beschloß aus Anlaß dieser Beschwerde gemäß Art 139 Abs 1 B-VG, die Gesetzmäßigkeit der TaxiV Schwechat von amtswegen zu prüfen.

a) Die Rechtsgrundlagen

aa) Die TaxiV Schwechat stützt sich auf § 10 Abs 2 GelVerkG idF der Nov. 1987.

Der VfGH hatte mit Erkenntnis vom , G 14/86 u.a. Zlen., (kundgemacht im BGBl. 427/1986) eine Stelle im § 5 Abs 1 sowie den gesamten § 5 Abs 4 GelVerkG idF der Nov. BGBl. 486/1981 als verfassungswidrig aufgehoben; dies deshalb, weil die dort u.a. für die Erteilung einer Taxikonzession vorgesehene Bedarfsprüfung wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit (Art6 StGG) verfassungswidrig war. Für das Inkrafttreten der Aufhebung setzte der Gerichtshof eine Frist bis .

In der Folge wurde das GelVerkG mit der oben zitierten Nov. 1987 geändert.

Die hier in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des GelVerkG in der dzt. geltenden Fassung lauten:

"§3. (1) Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§2 Abs 1) dürfen nur erteilt werden für folgende Arten des gewerbsmäßigen Gelegenheitsverkehrs:

1. . . . . .

3. für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen,

die zu jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten

werden oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen

angefordert werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes

Platzfuhrwerks-Gewerbe (Taxi-Gewerbe)); oder

4. . . . . ."

"§5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn

die Voraussetzungen für die Ausübung eines konzessionierten

Gewerbes (§25 GewO 1973) erfüllt sind. Wenn es sich nicht um die

Erteilung einer Konzession für das Hotelwagen-Gewerbe handelt, muß

die Leistungsfähigkeit des Betriebes gegeben sein. . . . .

(2) Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des

Betriebes hat die Behörde darauf Bedacht zu nehmen, daß die

wirtschaftliche Lage des Bewerbers, insbesondere seine

Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die ordnungsgemäße

Gewerbeausübung erwarten läßt.

(3) . . . . ."

"§10. (1) Der Bundesminister für Verkehr (nunmehr Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) kann für die diesem BG unterliegenden Gewerbe mit V Vorschriften erlassen über

1. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst tätigen Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit;

2. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderliche Beschaffenheit, Ausrüstung und Kennzeichnung der bei der Gewerbeausübung verwendeten Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit und Eignung, insbesondere auch für Zwecke des Fremdenverkehrs;

3. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Betriebs- und Beförderungsbedingungen; im Platzfuhrwerks-Gewerbe kann Beförderungspflicht und die Anbringung eines Fahrpreisanzeigers ....... vorgeschrieben werden, ......

(2) Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung und im Interesse der die Leistungen des betreffenden Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weitere Vorschriften, insbesondere über ein Verbot oder eine Beschränkung des Auffahrens auf Standplätzen (§96 Abs 4 StVO 1960) einer Gemeinde mit Taxifahrzeugen, die auf Grund von Konzessionen mit einem Standort außerhalb der betreffenden Gemeinde eingesetzt werden, über eine bestimmte Reihenfolge im Auffahren auf Standplätzen, über die Entgegennahme von Fahrtaufträgen mittels Standplatztelefon oder Funk sowie über den Nachtdienst durch V festzulegen.

(Verfassungsbestimmung) Weiters hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung sowie unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unter Berücksichtigung der Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze (§96 Abs 4 StVO) sowie der Anzahl und Dauer der durchschnittlich durchgeführten Fahrten für jeweils drei Jahre durch V festzulegen, daß in Gemeinden, in denen Standplätze eingerichtet sind und für deren Gebiet ein verbindlicher Tarif gemäß § 10a Abs 1 oder 2 verordnet wurde, Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes nur bis zu jener Höchstzahl erteilt werden dürfen, die einer in der V bestimmten Verhältniszahl, bezogen auf die Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen, entspricht; die sich so ergebenden Höchstzahlen von für das Betreiben des Platzfuhrwerk-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen sind entsprechend kundzumachen.

(3) . . . . ."

Der im § 10 Abs 2 GelVerkG bezogene § 96 Abs 4 StVO

1960 bestimmt:

"§96. (1) . . . . .

(4) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf die

Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Antrag

der gesetzlichen Interessenvertretung die Standplätze von

Fahrzeugen des Platzfuhrwerks-Gewerbes (Taxi-Gewerbes) sowie des

Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-)Gewerbes festzusetzen. Dabei hat

sie unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden

Abstellflächen und deren beste Ausnützung für diese Standplätze

entweder nur das Parken oder für den ganzen Bereich des Standplatzes

oder nur für einen Teil desselben auch das Halten zu verbieten. Die

Standplätze sind durch die Vorschriftszeichen nach § 52 Z. 13a bzw.

13b mit den entsprechenden Zusatztafeln, zum Beispiel mit der

Aufschrift 'Ausgenommen . . . . Taxi', zu kennzeichnen. . . . . .".

bb) Aufgrund des § 10 Abs 2 (letzter Satz) GelVerkG idF der Nov. 1987 erließ der Landeshauptmann von Niederösterreich die oben (I.1.) näher zitierte TaxiV Schwechat:

"Die Zahl der Auffahrmöglichkeiten zur Anzahl der Taxifahrzeuge hat sich wie 1:6 zu verhalten; hieraus ergibt sich eine Höchstzahl von 96.

Diese V tritt drei Jahre nach dem Inkrafttreten außer Kraft."

b) Die verfassungsrechtlichen Bedenken

Der VfGH ging im Einleitungsbeschluß vorläufig davon aus, daß die TaxiV Schwechat im Anlaßverfahren präjudiziell sei.

Er äußerte ob deren Gesetzmäßigkeit die folgenden Bedenken:

"a) Der letzte Satz des § 10 Abs 2 GelVerkG wurde durch ArtI Z 9 der Nov. 1987 als Verfassungsbestimmung eingefügt. Diese beruht auf einem Initiativantrag (14/A), der - nach einem Hinweis auf das Erkenntnis des auszugsweise wie folgt begründet ist:

'Die vorliegende Nov. soll nunmehr dem VfGH-Erkenntnis entsprechend alle Bestimmungen über die Bedarfsprüfung eliminieren, gleichzeitig aber mit straßenpolizeilichen bzw. gewerbepolizeilichen Vorschriften sicherstellen, daß es im Bereich der Gelegenheitsverkehrsgewerbe zu keiner unkontrollierten Entwicklung kommt.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Ziffer 1: . . . . . .

Zu Ziffer 9' (betrifft den dem § 10 Abs 2 GelVerkG angefügten Satz)

'Durch die Festlegung einer Verhältniszahl, bezogen auf die in einer Gemeinde vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen für Taxis, soll bewirkt werden, daß jene Taxis, die nicht gerade eine Beförderung durchführen oder sich auf der Fahrt zu einem Kunden befinden, Auffahrmöglichkeiten vorfinden und nicht durch Umherfahren den Verkehr behindern und die Umwelt unnötigerweise belasten. In Großstädten ist wegen der in der Regel geringen zur Verfügung stehenden Anzahl von Standplätzen eine analoge Regelung auch für das Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-)Gewerbe sowie für die Fiaker unentbehrlich.

Zu Ziffer 10: . . . . ."

Dem Bericht des Verkehrsausschusses (43 BlgNR XVII. GP) zufolge wurde dieser Initiativantrag am behandelt. Bei der Abstimmung im Ausschuß wurde der im Initiativantrag enthaltene Gesetzesvorschlag einstimmig angenommen. Weitere Erläuterungen finden sich im Ausschußbericht nicht; insbesondere wird nicht erörtert, weshalb vorgeschlagen wird, ArtI Z 9 der Nov. 1987 als Verfassungsbestimmung zu erlassen.

b) Diesen parlamentarischen Materialien ist - so nimmt der VfGH vorläufig an - die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, eine dem wiederholt zitierten Erkenntnis des VfGH entsprechende Neuregelung u.a. für die Verleihung von Taxikonzessionen zu treffen. Die Verfassungsbestimmung intendierte also anscheinend gerade nicht, dieses Erkenntnis zu unterlaufen; ArtI Z 9 der Nov. 1987 (mit der § 10 Abs 2 GelVerkG ergänzt wurde) ist anscheinend nicht etwa deshalb als Verfassungsbestimmung erlassen worden, um dadurch eine Aufhebung auch der neuen Bestimmungen wegen Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch den VfGH zu verhindern.

Unabhängig davon, was einzelne Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften persönlich gemeint haben mögen, scheint sich diese objektiv erkennbare Absicht des Verfassungsgesetzgebers zum einen aus der oben wiedergegebenen Begründung des Initiativantrages zu ergeben, mit der sich der Ausschußbericht identifiziert haben dürfte. Zum anderen geht diese Absicht - so meint der VfGH vorläufig - daraus hervor, daß im Zweifel einer Norm (auch einer Verfassungsbestimmung) kein Inhalt beigemessen werden darf, der sie rechtswidrig erscheinen läßt. Daher wäre es wohl unzulässig, dem Verfassungsgesetzgeber zu unterstellen, es sei ihm darum gegangen, im gegebenen Zusammenhang die Gesetzesprüfungskompetenz des VfGH einzuschränken und die Grundrechtsordnung zu durchlöchern, weil solche wenngleich hier bloß partiell wirkende Maßnahmen - gehäuft vorgenommen - anscheinend zu einer Gesamtänderung der Bundesverfassung führen könnten, die nur nach Durchführung einer Volksabstimmung zulässig wäre.

c) Auf dem Boden der vorläufigen Annahme, daß die wiederholt zitierte Verfassungsbestimmung auf eine mit der Erwerbsausübungsfreiheit harmonisierende Weise auszulegen ist, hegt der VfGH ob der Gesetzmäßigkeit der zu prüfenden V die folgenden Bedenken:

Anscheinend beruht die in der V erfolgte Festlegung der Verhältniszahl zumindest primär darauf, daß die Anzahl der zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung in der betreffenden Gemeinde bestehenden Taxistandplätze und Taxis festgestellt und sodann die Zahl der konzessionierten Taxis durch jene der Standplätze dividiert wurde. Dies aber führt dazu, daß die nach der V künftig zulässige Höchstzahl von Taxis ident mit der Zahl der dzt. tatsächlich betriebenen Taxis ist. Wie immer § 10 Abs 2 zweiter Satz GelVerkG idF der Nov. 1987 im Detail auszulegen sein mag, scheint diese auf eine Versteinerung der Zahl der Taxikonzessionen hinauslaufende Anwendung des Gesetzes dem Gesetzessinn geradezu diametral entgegenzulaufen. Wie oben dargetan wurde, liegt dieser nämlich darin, dem Erkenntnis des Rechnung tragend die Erwerbsausübungsfreiheit weitestmöglich zu sichern und sie im gegebenen Zusammenhang nur aus schwerwiegenden, nachgewiesenen öffentlichen Interessen - hier vor allem jenen der Straßenpolizei - einzuschränken. Entsprechend detailliert belegte Feststellungen scheinen jedoch hier unterlassen worden zu sein."

c) Die Äußerung des Landeshauptmannes von Niederösterreich und des zuständigen Bundesministers

aa) Der Landeshauptmann von Niederösterreich erstattete im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung. Er hält den vom VfGH im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken folgendes entgegen:

"Im Gebiet der Stadtgemeinde Schwechat sind 4 Standplätze vorhanden, und zwar


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-
ein Standplatz in der Wiener Straße mit 3 Auffahrmöglichkeiten


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-
ein Standplatz am Flughafen Wien-Schwechat Abflughalle mit 2 Auffahrmöglichkeiten


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-
ein Standplatz am Flughafen Wien-Schwechat Ankunftshalle mit 7 Auffahrmöglichkeiten und


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-
ein weiterer Standplatz am Flughafen Wien-Schwechat Ankunftshalle mit 4 Auffahrmöglichkeiten.

Die Nachfrage nach Taxis ist weitgehend durch den Flugplan des Flughafens Wien-Schwechat vorgegeben und es folgt daraus, daß durchschnittlich 18 Stunden pro Tag und zwar von 5,00 bis 23,00 Uhr Taxis benötigt werden. Entsprechend dieser Nachfragestruktur werden übrigens die Taxistandplätze am Flughafen nach einer von allen Schwechater Taxiunternehmungen freiwillig akzeptierten Turnusordnung angefahren, wodurch gewährleistet wird, daß auch zu Nachfragespitzen genügend Fahrzeuge angeboten werden.

Geht man also von einer durchschnittlichen Einsatzzeit eines Taxis von 18 Stunden pro Tag aus, so stehen insgesamt 1080 Minuten pro Auffahrtsmöglichkeit zur Verfügung.

Bei einer Gesamteinsatzzeit von 18 Stunden werden pro Fahrzeug durchschnittlich 6 Fahrten mit einer durchschnittlichen Dauer von 50 Minuten durchgeführt, woraus sich eine Gesamtfahrzeit 300 Minuten ergibt. Diese Angaben beruhen auf stichprobenartigen Untersuchungen der Handelskammer Niederösterreich, Sektion Verkehr, Fachgruppe für die Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen bei insgesamt 8 Schwechater Taxiunternehmungen in einem mehrmonatigen Zeitraum im Frühjahr 1987, wobei ca. 500 Fahrten untersucht wurden.

Aus einer Gesamtfahrzeit von 300 Minuten resultiert eine durchschnittliche Wartezeit von 780 Minuten. Zwischen den durchschnittlich 6 Fahrten fällt somit eine durchschnittliche Wartezeit von jeweils 130 Minuten an. Umgelegt auf 13 Auffahrtsmöglichkeiten am Flughafen Wien-Schwechat rückt somit ein Fahrzeug durchschnittlich alle 10 Minuten um einen Platz vor. Das bedeutet, daß eine Auffahrtsmöglichkeit mit 6 Fahrzeugen pro Stunde voll ausgelastet ist.

Die Verhältniszahl im Sinne des § 10 Abs 2 Gelegenheitsverkehrsgesetz beträgt somit unter Zugrundelegung einer höchstmöglichen Auslastung der vorhandenen Auffahrtsmöglichkeiten 1:6. Bei insgesamt 16 Auffahrtsmöglichkeiten in der Gemeinde Schwechat ergibt dies eine Höchstzahl von 96 Fahrzeugen.

Der Umstand, daß diese Höchstzahl der Anzahl der bereits vorhandenen Taxifahrzeuge entspricht, ist darauf zurückzuführen, daß die relativ geringe Anzahl der Auffahrtsmöglichkeiten am Areal des Flughafens Wien-Schwechat mit den bereits vorhandenen Fahrzeugen voll ausgelastet ist. Überdies muß berücksichtigt werden, daß den obigen Berechnungen Durchschnittszahlen zugrunde gelegt worden sind, wobei in nachfrageschwächeren Zeiten noch längere Wartezeiten anfallen. Eine Erweiterung der Anzahl der Taxifahrzeuge würde somit unweigerlich zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Verkehrssituation führen. Die Verkehrssituation im Bereich des Flughafens ist nämlich durch ein starkes Verkehrsaufkommen und einen Mangel an Parkmöglichkeiten gekennzeichnet. Fahrzeuge, die keine Auffahrmöglichkeiten vorfinden und also gezwungen sind umherzufahren, beeinträchtigen daher geradezu notwendigerweise die Leichtigkeit und Flüssigkeit aber auch die Sicherheit des Verkehrs in diesem Bereich. Da für zusätzliche Fahrzeuge keine Auffahrtsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, war es somit die Aufgabe des Verordnungsgebers, eine derartige Entwicklung durch die Höchstzahlenverordnung zu verhindern, was auch in der Absicht des Gesetzgebers lag."

Der Landeshauptmann stellt den Antrag, der VfGH wolle die in Prüfung gezogene V nicht als gesetzwidrig aufheben, in eventu, gemäß Art 139 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten der V eine Frist von sechs Monaten setzen.

bb) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erstattete gleichfalls eine Äußerung, in der er sich darauf beschränkt, auf die (vorstehende) Stellungnahme des Landeshauptmannes zu verweisen.

B.1. Der VwGH stellt zu Zlen. A45/88 und A50/88 gemäß Art 139 Abs 1 B-VG an den VfGH die Anträge, die TaxiV Schwechat als gesetzwidrig aufzuheben.

Anlaß für diese (hg. unter V97/88 und V116/88 protokollierten) Verordnungsprüfungsanträge sind zwei beim VwGH über Beschwerden anhängige Verfahren. Diese Beschwerden wenden sich jeweils gegen einen vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (gemäß § 73 AVG) und gegen einen vom Landeshauptmann von Niederösterreich im Instanzenzug ergangenen Bescheid. Damit wurden dem einen Bf. die von ihm beantragte Erweiterung, dem anderen Bf. die von ihm begehrte Erteilung einer Konzession zur Ausübung des Taxigewerbes mit einem näher bezeichneten Standort in Schwechat unter Hinweis auf die TaxiV Schwechat verweigert.

Der VwGH äußert ob der Gesetzmäßigkeit der TaxiV Schwechat die gleichen Bedenken wie jene, die den VfGH dazu bestimmt haben, von amtswegen ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten (s.o. I.A.2.b).

2. Der Landeshauptmann von Niederösterreich äußerte sich hier ähnlich wie in dem von amtswegen eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahren (s.o. I.A.2.c).

C.1. Aus Anlaß der vorhin erwähnten Verordnungsprüfungsverfahren beschloß der VfGH am ,

a) gemäß Art 140 Abs 1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Worte "auf Antrag der gesetzlichen Interessenvertretung" im ersten Satz des § 96 Abs 4 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. Nr. 174/1983, sowie

b) gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit

aa) der Worte "sowie 'Halten und Parken verboten' (gem. § 52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Anfang' und 'Ausgenommen 2 NÖ-Taxi'" bei Position 116 und der Worte "'Halten und Parken verboten' (gem. § 52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ende' und 'Ausgenommen 2 NÖ Taxi' sowie" bei Position 117 der V des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat vom , Zahl Abt. II/2-1440-8472/86 E, und

bb) der Worte "1004 'Halten verboten' (gemäß § 52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ausgenommen NÖ Taxi' und 'Doppelpfeil' (nach beiden Seiten weisender Pfeil)", der Worte "1005 'Halten verboten' (gemäß § 52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ausgenommen NÖ Taxi' und 'Ende'." sowie der Worte "'Halten verboten' (gemäß § 52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ausgenommen NÖ Taxi' und 'Anfang'." bei Position 1009 der V des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat vom , Zahl Abt. II/2-1440-9098/86 E, von amtswegen zu prüfen.

2. Mit Beschluß vom G214-216/88, V183-188/88 stellte er (mangels Präjudizialität) diese Normenprüfungsverfahren ein.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Verordnungsprüfungsverfahren ist auf die Begründung des soeben zitierten Beschlusses zu verweisen.

2. Die geäußerten Bedenken haben sich als zutreffend erwiesen; sie wurden durch die Äußerung des Landeshauptmannes nicht zerstreut:

a) Gegen die vorläufige Annahme des Einleitungsbeschlusses, daß § 10 Abs 2 zweiter Satz GelVerkG idF der Nov. 1987 (auf den die TaxiV Schwechat gegründet wird) im Sinne einer weitestmöglichen Erwerbsausübungsfreiheit auszulegen ist und daß diese nur aus schwerwiegenden - durch detaillierte Feststellungen belegten - öffentlichen Interessen (vor allem jenen der Straßenpolizei) eingeschränkt werden darf, wurde in den Verordnungsprüfungsverfahren nichts vorgebracht. Die vorläufige Annahme hat sich als zutreffend herausgestellt.

Aus dem vom Landeshauptmann vorgelegten Verordnungsakt, Zl. V/1-A-266/1-Sch, geht hervor, daß die TaxiV Schwechat auf einem Schreiben ("Antrag") der Fachgruppe für das Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen für Niederösterreich vom beruht. Die in den Verordnungsprüfungsverfahren erstattete Äußerung des Landeshauptmannes (s.o. I.A.2.c) gibt den Inhalt dieses Schreibens wieder.

b) Dem § 10 Abs 2 zweiter Satz GelVerkG idF der Nov. 1987 zufolge ist bei Bestimmung der Verhältniszahl auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

o das Interesse an einer geordneten Gewerbeausübung

o die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des

Verkehrs

o die Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vor

handenen Auffahrmöglichkeiten auf Taxistandplätzen

o die Anzahl und Dauer der durchschnittlich

durchgeführten Fahrten.

Schon deshalb, weil - wie dargetan - hiebei im Sinne der weitestmöglichen Wahrung der Erwerbsausübungsfreiheit vorzugehen ist, ist der Verordnungsgeber verhalten, diese Umstände sorgfältig und detailliert festzustellen und dies - um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit zu ermöglichen - auch aktenkundig zu machen (vgl. , 102/88; V36-43/88, V96/88; V44-72/88, V101/88).

Dieser Verpflichtung kam der Verordnungsgeber hier nicht nach:

Der verordnungsgebende Landeshauptmann ging von einer völlig verfehlten Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Taxistandplätzen aus. Bei den gemäß § 10 Abs 2 zweiter Satz GelVerkG vom Landeshauptmann zu berücksichtigenden Standplätzen (§96 Abs 4 StVO) handelt es sich um für Taxis bestimmte Stellplätze, die in Verordnungen iS der zitierten Bestimmung der StVO festgelegt sind. Der Landeshauptmann ging nun - verleitet durch die Angaben im "Antrag" der Fachgruppe - u.a. davon aus, am Flughafen Wien-Schwechat bestünden bei der Ankunftshalle zwei derartige Standplätze mit insgesamt 11 Auffahrmöglichkeiten. In den zu V183-188/88 geführten und mit Beschluß vom beendeten Verordnungsprüfungsverfahren (s.o. I.C.) stellte sich aber heraus, daß bei der Ankunftshalle keine durch V nach § 96 Abs 4 StVO eingerichteten Standplätze bestanden.

Der Landeshauptmann verließ sich auch hinsichtlich der übrigen maßgebenden Umstände auf die Mitteilung der Interessenvertretung der Inhaber von (bestehenden) Taxikonzessionen, ohne eine Überprüfung auch nur zu versuchen.

Besonders ins Gewicht fällt hiebei, daß der Landeshauptmann die den Angaben der Fachgruppe zugrunde liegende Ausgangsposition übernahm, es seien jeweils alle zugelassenen Taxis gleichzeitig im Einsatz, ohne zu prüfen, ob diese Prämisse bei einer Durchschnittsbetrachtung zutrifft. Das ist zumindest bei jenen Taxis offenkundig nicht der Fall, für die kein Turnusdienst eingerichtet ist (etwa bei solchen, deren Konzessionsinhaber keine angestellten Fahrer beschäftigen).

Schließlich berücksichtigte der Verordnungsgeber bei Bestimmung der Verhältniszahl auch nicht, ob Funktaxis überhaupt auf Standplätze angewiesen sind oder ob dies nicht der Fall ist, weil sie nach Erledigung eines Auftrages häufig nicht Standplätze anfahren, sondern unmittelbar den nächsten Auftraggeber abholen.

Die TaxiV Schwechat ist daher schon aus den dargelegten Gründen gesetzwidrig, sodaß nicht weiter darauf einzugehen ist, ob und inwieweit die gewählten Berechnungsmethoden (sonst) mit dem Gesetz in Einklang stehen.

c) Die TaxiV Schwechat ist aus den geschilderten Gründen gesetzwidrig und daher aufzuheben.

Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art 139 Abs 5 B-VG.