VfGH vom 06.03.2012, V116/11

VfGH vom 06.03.2012, V116/11

(V116/11-17)

19627

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung betreffend die Umwidmung einer Grundfläche von Wohngebiet in gemischtes Baugebiet; keine Auseinandersetzung mit den neuen, nicht einschränkbaren Nutzungsmöglichkeiten und der Verletzung von Interessen der Nachbarn

Spruch

I. Der Flächenwidmungsplan Nr. 3, Änderung Nr. 17, der Gemeinde Langenstein, Beschluss des Gemeinderates vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom und kundgemacht an der Amtstafel in der Zeit vom bis , wird, soweit dieser für die als Grundstück Nr. 1484/22 bezeichnete Fläche die Widmung als "gemischtes Baugebiet" ausweist, als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine zu B1270/09 protokollierte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

2. Mag. Ing. G. L. (in der Folge: Bauwerber) ist u.a. Eigentümer der Parzelle 1484/22, KG Langenstein, auf der ein Planungsbüro (L-Bau-Engineering GmbH) betrieben wird. Mit Bescheid vom wurde ihm ein Bürozubau sowie die Errichtung von Carports auf der Parzelle 1484/22 baubehördlich bewilligt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3.1. In der Folge erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Langenstein dem Bauwerber mit Bescheid vom die Baubewilligung für die Änderung des Verwendungszweckes des auf dem Grundstück 1484/22 errichteten Zubaus von Wohnnutzung auf Büronutzung.

3.2. Gegen diesen Bescheid erhoben die nunmehrigen Beschwerdeführer - sie sind Eigentümer der an das Grundstück des Bauwerbers angrenzenden Liegenschaft 1484/21 - als Nachbarn Berufung.

3.3. Der Gemeinderat der Gemeinde Langenstein wies die Berufung mit Berufungsbescheid vom ab.

3.4. Die Beschwerdeführer brachten gegen diese Entscheidung Vorstellung ein, welche mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung abgewiesen wurde.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, die die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (Flächenwidmungsplan Nr. 3, Änderung Nr. 17, der Gemeinde Langenstein) behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

5. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes Nr. 3, Änderung Nr. 17, der Gemeinde Langenstein, Beschluss des Gemeinderates vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom und kundgemacht an der Amtstafel in der Zeit vom bis , soweit dieser für die als Grundstück Nr. 1484/22 bezeichnete Fläche die Widmung als "gemischtes Baugebiet" ausweist, von Amts wegen zu prüfen.

5.1. Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist und er bei seiner Entscheidung darüber die in Prüfung gezogene Verordnung anzuwenden hätte.

5.2. Der Verfassungsgerichtshof hegte gegen die in Prüfung gezogene Verordnung folgende Bedenken:

"[...] Die vorgenommene Flächenwidmungsplanänderung dürfte sich nicht auf § 36 Abs 2 OÖ ROG 1994 stützen können:

Gemäß § 36 Abs 1 OÖ ROG 1994 sind Flächenwidmungspläne bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder wenn es das Gemeinwohl erfordert, zu ändern. Nach Abs 2 der eben zitierten Bestimmung können Flächenwidmungspläne geändert werden, wenn öffentliche Interessen, die nach dem OÖ ROG 1994 zu berücksichtigen sind, dafür sprechen (Z1) oder diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht (Z2) und Interessen Dritter nicht verletzt werden (Z3).

Nach den Verordnungsunterlagen dürfte die verordnungserlassende Gemeinde die Umwidmung der Parzellen von 'Wohngebiet' in 'gemischtes Baugebiet' in erster Linie auf das Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Betriebsstandortes des Planungsbüros in Langenstein gestützt haben; dies insbesondere vor dem Hintergrund des mangelhaften Angebotes an Arbeitsplätzen in der Gemeinde. Wie jedoch aus einer Stellungnahme des Betreibers des Planungsbüros hervorgeht, hat das Planungsbüro vor der Errichtung des Bürozubaues Arbeitsplätze für 22 Personen bereitgestellt; nach dem erfolgten Umbau sollten - laut Angaben des Betreibers - nur mehr 17 Personen am Bürostandort in Langenstein tätig sein; die Verringerung der Anzahl der Mitarbeiter sei mit der Verlagerung von Firmenteilen nach Linz in Verbindung zu bringen.

Vor diesem Hintergrund hegt der Verfassungsgerichthof vorläufig das Bedenken, dass das von der verordnungserlassenden Gemeinde als Voraussetzung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes angeführte öffentliche Interesse der Betriebsstandortsicherung nicht in jenem Ausmaß - wie von § 36 Abs 1 OÖ ROG 1994 im Rahmen einer Interessenabwägung für eine zulässige Flächenwidmungsplanänderung gefordert - vorgelegen haben dürfte, dass es das Interesse an der Aufrechterhaltung der davor bestehenden Widmung überwiegt.

Schließlich geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig auch davon aus, dass [...] die Widersprüchlichkeiten im Planungsverfahren nicht aufgeklärt und dadurch die Interessen Dritter im Sinne des § 36 Abs 2 Z 3 [leg.cit.], nämlich jene der Nachbarn, verletzt worden sein dürften.

[...] Der Verfassungsgerichtshof hegt auch das Bedenken, dass die präjudiziellen Bestimmungen, die durch die Flächenwidmungsplanänderung erlassen wurden, nicht den Erfordernissen des § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 genügen dürften:

Gemäß der obzitierten Bestimmung ist die Änderung

eines Flächenwidmungsplanes durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muss der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein.

Bereits während der Stellungnahmefrist zur Änderung des Flächenwidmungsplans haben die Beschwerdeführer Einwendungen mit der Begründung erhoben, die nunmehrige Flächenwidmungsplanung als 'gemischtes Baugebiet' würde beispielsweise die Errichtung eines Fleischverarbeitungsbetriebes zulassen. Der Raumplaner hat dem diesbezüglichen Vorbringen entgegnet, dass wesentlich störende Betriebe, wie etwa ein Fleischverarbeitungsbetrieb mit industriellem Produktionscharakter, ohnehin der Widmung 'Betriebsbaugebiet' bedürften und deren Errichtung bei Vorliegen der Widmung als 'gemischtes Baugebiet' daher ausgeschlossen sei. Im Übrigen gab er zu erkennen, dass bei einer allfälligen Nutzungsänderung der derzeitigen Büronutzung zur Vermeidung anderer betrieblicher Nutzungen als der Büronutzung, der Flächenwidmungsplan neuerlich überarbeitet werden sollte und zwar derart, dass die Parzellen allenfalls wieder mit der Widmung als 'Wohngebiet' ausgewiesen würden.

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass durch die im Rahmen der bekämpften Flächenwidmungsplanänderung verfügte Widmung als 'gemischtes Baugebiet' nun sämtliche von der Anlage zur OÖ BetriebstypenV 1997 im 'gemischten Baugebiet' für zulässig erklärten Betriebe errichtet werden dürfen. Dadurch dürften die Interessen Dritter, nämlich jene der Nachbarn, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem von der Umwidmung betroffenen Gebiet um eine ausschließliche Wohngebietssiedlung ('Stacherlsiedlung') handelt, verletzt werden. Die Ausführungen des Raumplaners erscheinen in diesem Zusammenhang unschlüssig. Der Hinweis, dass Fleischverarbeitungsbetriebe mit industriellem Produktionscharakter ohnehin der Widmung 'Betriebsbaugebiet' bedürften, dürfte insoweit ins Leere gehen, als er nicht auf die Einwendung eingeht, dass Fleischverarbeitungsbetriebe ohne industriellen Charakter (wie auch alle anderen Betriebe, die von der Anlage zur OÖ BetriebstypenV 1997 im 'gemischten Baugebiet' erfasst werden) in dieser Widmungskategorie zulässig sind. Diese in der OÖ BetriebstypenV 1997 erfassten Betriebe im 'gemischten Baugebiet' sind von den im Wohngebiet zulässigen Bauten, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken, zu unterscheiden. Der Umstand, dass der Raumplaner überdies auf eine ganz konkrete Nutzung, die mit der Umwidmung herbeigeführt werden soll, abstellt und hinsichtlich anderer Nutzungsmöglichkeiten in dieser Widmungsart anmerkt, dass dann eine neuerliche Rückwidmung stattfinden soll, dürfte eher darauf hindeuten, dass der Sachverständige eine vollumfängliche Inanspruchnahme der in Aussicht genommenen Widmung für unzulässig hält. Vielmehr dürfte dies nach den Ausführungen des Raumplaners nicht der Fall sein. Die Angaben zur Vereinbarkeit der vorgenommenen Umwidmung mit den gesetzlichen Vorgaben erscheinen daher in diesem Punkt widersprüchlich, weil sie offensichtlich nicht berücksichtigen dürften, dass die Umwidmung eine Anzahl neuer Nutzungsmöglichkeiten eröffnet, die auch nicht eingeschränkt werden können, auch wenn der Stellungnahme des Sachverständigen dies offenbar bei der Bejahung der Zulässigkeit der beabsichtigten konkreten Nutzung vor Augen gestanden sein dürfte. Diese Widersprüchlichkeiten dürften im Verordnungserlassungsverfahren, soweit ersichtlich, nicht aufgeklärt worden sein. Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass die Flächenwidmungsplanänderung gegen die Erfordernisse des § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 verstößt."

6. Der Bauwerber nahm in seiner Äußerung

folgendermaßen Stellung:

"[...] Die Argumentation lt. Punkt III Punkt 4.1 ist, dass wir die Mitarbeiter von 22 auf 17 reduzieren, das ist nur eine entsprechende Zahl zum damaligen Zeitpunkt.

Wir sind ja ein international tätiges Unternehmen und haben hier den Firmensitz mit Adresse Langenstein W[.]straße

[...].

Die Personen[,] die hier in der Zentrale arbeiten[,] schwanken ja von Jahr zu Jahr.

In der Firmengruppe selbst, deren Hauptverwaltungssitz in Langenstein ist, haben wir ca. 65 Mitarbeiter auf verschiedenen Standorten im In- und Ausland beschäftigt.

[...] Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen bei einem Bürobetrieb ist meiner Meinung nach auch nicht aufrecht zu halten, da der Firmenparkplatz ca. 100 m östlich[...] nicht mehr direkt im Wohngebiet situiert ist und über einen eigenen Güterweg, der nicht durch das Wohngebiet führt, aufgeschlossen wird (max. für 10 PKW, da ich auch 3 Garagen auf den Parzellen und eine Tiefgarage für 8 PKWs habe).

[...] Die Thematik laut Punkt 2, dass im gemischten Baugebiet Produktionsbetriebe wie Fleischverarbeitungsbetriebe sein könnten, ist eigentlich nur von jemandem aufrecht zu halten, der die verkehrstechnische und topographische Lage der gesamten Siedlung nicht kennt, da ein An- und Abtransport mit LKW, bedingt durch die enge (einspurige) steile, kurvenreiche Zufahrt[,] nur ganz bedingt und eingeschränkt möglich ist.

Eine Anzahl neuer Nutzungsmöglichkeiten ist alleine durch die Größe des gemischten Baugebietes, die Größe der Grundstücke ca. 800 m2 pro Parzelle, d[i]e[...] Verkehrslage, d[i]e[...] Ver- und Entsorgungsproblematik und d[i]e[...] Versorgung mit Energie usw. nahezu unmöglich, wenn man sich vor Ort die Gegebenheiten anschaut.

[...] Berücksichtigen muss man, dass ein Bürogebäude, das die Größenordnung eines größeren Einfamilienhauses hat und auch so gebaut ist, auch 3 - 4 Wohnungen beinhalten könnte, zumindest das gleiche Verkehrsaufkommen wie ein 4-Familienhaus hat.

Ein Vorteil des Bürogebäudes ist, dass nach 17 Uhr, Freitag nach 13 Uhr[,] sowie an Samstagen und Sonntagen kein Verkehr oder nur ein ganz geringer Verkehr und keine Benützung des Objektes gegeben ist.

Wenn hier viele Jungfamilien mit einer Anzahl von

Kindern wohnen würden, wäre ein Vielfaches an Lärm und Verkehr für den Nachbarn zu ertragen.

[...] Diese Punkte waren dem Sachverständigen, entgegen den Ausführungen in diesem Beschluss laut Punkt 4.2. letzter Absatz, sehr wohl vor Augen gestanden, da ja eine andere Nutzung, wenn man mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut ist, im gemischten Baugebiet technisch und organisatorisch kaum oder nicht möglich ist."

7. Der Gemeinderat der Gemeinde Langenstein teilte in seiner Äußerung mit, dass seiner Meinung nach die Änderung Nr. 17 des Flächenwidmungsplanes Nr. 3 gesetzesgemäß erfolgt sei und somit den gesetzlichen Bestimmungen entspreche, was auch durch die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Oberösterreichische Landesregierung untermauert werde. Die diesbezüglichen Beschlüsse des Gemeinderates der Gemeinde Langenstein vom und vom seien daher in seiner Sitzung vom vollinhaltlich bestätigt worden.

In der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Langenstein vom heißt es auszugsweise wie folgt:

"Vom Ortsplaner DI L[.] wurde am folgende Stellungnahme zu den Bedenken des VfGH abgegeben:

Pkt. III 4.1 öffentliches Interesse

Auch wenn die Anzahl der Arbeitsplätze von 22 auf 17 reduziert wird, ist im gegenständlichen Fall die Erhaltung des bestehenden Betriebes in der Gemeinde Langenstein vor dem Hintergrund des mangelnden Angebotes an Arbeitsplätzen von besonderem öffentlichen Interesse. Die Verlagerung von Firmenteilen nach Linz dokumentiert, dass die Gefahr besteht, dass auch der gesamte Betriebsstandort Langenstein verlagert wird, falls die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gewährleistet sind, und damit noch mehr Arbeitsplätze verloren gehen.

Pkt. III 4.2 Widersprüchlichkeiten Widmung

Die Widmungsfestlegung Gemischtes Baugebiet geht grundsätzlich von einer zulässigen Nutzungsmischung von Wohnnutzung und von betrieblichen Nutzungen, die gemäß Oö. BTypVO 1997 im Gemischten Baugebiet zulässig sind, aus. Dementsprechend entspricht auch das Aneinandergrenzen von Wohngebiet und Gemischtem Baugebiet einer zulässigen Widmungszonierung, die nicht an die Einhaltung eines Schutzabstandes oder einer Schutzzone, wie an der Schnittstelle zwischen Betriebsbaugebiet und [...] Widmungen, die eine Wohnnutzung zulassen, gebunden ist. Dies ist auch aus der Widmungslogik des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Langenstein ersichtlich, in dem bei Aneinandertreffen von Wohngebiet und Betriebsbaugebiet entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen sind, während dies beim Aneinandertreffen von Wohngebiet und Gemischtem Baugebiet nicht erfolgte. Die Nutzung durch wesentlich störende Betriebe ist gemäß Oö. BTypVO 1997 im Gemischten Baugebiet ausgeschlossen.

Im Örtlichen Entwicklungskonzept Nr. 1 / Strukturplan der Gemeinde Langenstein ist der übergreifende Bereich des gegenständlichen Planungsraumes als Vorrangbereich / Wohnnutzung ausgewiesen.

Gemäß Erläuterungsbericht zum Örtlichen Entwicklungskonzept Pkt. 3.8 / S. 7 wird festgehalten, dass durch die Festlegung der Vorrangfunktionen keine monofunktionalen Siedlungsbereiche geschaffen werden sollen und eine kleinräumige Nutzungsmischung zulässig ist, sofern Nutzungskonflikte nicht eine klare Trennung der Nutzungsarten erfordern. Die gegenständliche Widmungsänderung entspricht damit den Festlegungen des Örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr. 1.

Die angeführte Option, bei einer Änderung der Büronutzung die Fläche wieder als Wohngebiet zu widmen, soll festhalten, dass die Widmung aufgrund des öffentlichen Interesses der Erhaltung des bestehenden Planungsbüros erfolgte. Vor dem Hintergrund der nicht einschränkbaren Nutzungsmöglichkeiten (ausgenommen Wohnnutzung) bei der Widmungskategorie Gemischtes Baugebiet[...] soll durch die Absichtserklärung der Gemeinde eine von einer Büronutzung abweichende Folgenutzung[...] gesteuert werden.

Auch wurde vo[m Bauwerber] an den VfGH eine Stellungnahme abgegeben[...].

Die Angelegenheit wurde in der Sitzung des Ausschusses für Bau- und Raumordnungsangelegenheiten vom umfassend beraten und diskutiert. Der Ausschuss hat daraufhin dem Gemeinderat folgende Vorgangsweise einstimmig empfohlen:

'Der Bauausschuss empfiehlt dem Gemeinderat eine umfassende Diskussion, warum die Umwidmung erfolgt ist, unter Berücksichtigung der vorliegenden Stellungnahmen von Ortsplaner DI L[.] und von Besitzer L[.]. Es muss nachvollziehbar behandelt werden, warum die Widmung damals erfolgt ist (Betriebsstandortsicherung) und es keine Beeinträchtigung der Nachbarn durch diesen Betrieb gibt.

Es soll zum Ausdruck kommen, dass der Gemeinderat

nach wie vor das [ö]ffentliche Interesse vertritt und hinter dem steht, was damals entschieden und beschlossen wurde. Es soll seitens der Gemeinde kein Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Dem [Bauwerber] soll empfohlen werden, ebenfalls eine Stellungnahme an den VfGH abzugeben.

[...]'

Das öffentliche Interesse an der Flächenwidmungsplanänderung ist gegeben und wird damit begründet, dass der Ausbau des Bürogebäudes zum Widmungszeitpunkt und auch nach wie vor[...] für den Bestand und die Weiterentwicklung der Firma L[.] in der Gemeinde Langenstein unumgänglich ist bzw. war.

Durch den Fortbestand dieser international tätigen Firma ist die Erhaltung zahlreiche[r] Arbeitsplätze in Langenstein gegeben. Einige Mitarbeiter dieser Firma stammen aus dem unmittelbaren Siedlungsbereich. Durch die Landschafts- und Siedlungsstrukturen der Gemeinde Langenstein ist es ohnehin nicht leicht, geeignete Flächen für Betriebsansiedelungen zu finden. Deshalb ist der Erhalt jedes Betriebes und somit auch der Firma L[.] zur Arbeitsplatzschaffung und -sicherung für die Gemeinde Langenstein von größter Wichtigkeit.

Durch die Option [eine]r Rückwidmung des Bürogebäudes in ein Wohngebäude wird dargelegt, dass eine andere Nutzung dieses Gebäudes bzw. des Grundstückes, wie vom [Erstbeschwerdeführer im Anlassverfahren] befürchtet, nicht beabsichtigt ist.

Durch die Größe der Parzelle und des bestehenden Gebäudes[...] wäre die Errichtung einer Produktionsstätte mit negativen Auswirkungen auf die Nachbarschaft überdies [auch deshalb ]nicht möglich[...], weil eine geeignete Zufahrtsmöglichkeit über die einspurige in Serpentinen angelegte zur betreffenden Parzelle führende Straße[...] aber auch durch den Güterweg[...] für eine wirtschaftliche Zu- und Ablieferung für LKW sehr eingeschränkt gegeben ist. Des Weiteren würde die Gemeinde als Baubehörde für eine[...] sich auf die Nachbarschaft negativ auswirkende[...] Produktionsstätte[...] keine baurechtliche Bewilligung erteilen[...] bzw. im gewerberechtlichen Verfahren dazu eine negative Stellungnahme abgeben."

8. Die Oberösterreichische Landesregierung legte

weitere Unterlagen betreffend das Zustandekommen der in Prüfung gezogenen Verordnung vor und erstattete eine Äußerung, in der sie die Feststellung beantragt, dass die in Prüfung gezogene Verordnung nicht gesetzwidrig ist.

Im Wesentlichen lautet diese Äußerung wie folgt (Hervorhebungen nicht übernommen):

"a) Voraussetzungen zur Änderung eines Flächenwidmungsplanes gemäß § 36 Abs 2 Oö. ROG 1994

Der Verfassungsgerichtshof hegt zunächst das Bedenken, dass das von der Verordnungserlassung der Gemeinde als Voraussetzung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes angeführte öffentliche Interesse der Betriebsstandortsicherung nicht in jenem Ausmaß - wie vom § 36 Abs 1 Oö. ROG 1994 im Rahmen einer Interessenabwägung für eine zulässige Flächenwidmungsplanänderung gefordert - vorgelegen haben dürfte, dass es das Interesse an der Aufrechterhaltung der davor bestehenden Widmung überwiegt. Soweit der Verfassungsgerichtshof diese Bedenken daraus ableitet, dass aus einer Stellungnahme des Betreibers des Planungsbüros hervorgehe, dass das Planungsbüro vor der Errichtung des Bürozubaues Arbeitsplätze für 22 Personen bereit stellt, nach dem erfolgten Umbau sollten - laut Angaben des Betreibers - aber nur mehr 17 Personen am Bürostandort in Langenstein tätig sein, ist zu bemerken, dass es der verordnungserlassenden Gemeinde nicht primär um die Erhöhung der Anzahl der zu schaffenden oder zu erhaltenden Arbeitsplätze gegangen ist, sondern um die Erhaltung des Betriebsstandortes in der Gemeinde insgesamt. Wie nämlich aus der Niederschrift der Gemeinderatssitzung vom hervorgeht, war der Gemeinderat offenbar mit durchaus konkreten Bestrebungen konfrontiert[,] den Betrieb zur Gänze an einen anderen Standort (z.B. in der Stadtgemeinde Ansfelden) abzusiedeln. Nach Auffassung der zur Vertretung der Verordnung berufenen Behörde war damit im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung dem öffentlichen Interesse an einer Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Gemeinde durchaus eine entsprechende höhere Gewichtung beizumessen.

b) § 36 Abs 6 Oö. ROG 1994 - Grundlagenforschung - Interessenabwägung

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass durch die im Rahmen der bekämpften Flächenwidmungsplanänderung verfügte Widmung als 'gemischtes Baugebiet' nun sämtliche von der Anlage zur Oö. Betriebstypenverordnung 1997 im 'gemischten Baugebiet' für zulässig erklärten Betriebe errichtet werden dürfen und dadurch die Interessen Dritter, nämlich jene der Nachbarn, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem von der Umwidmung betroffenen Gebiet um eine ausschließliche Wohngebietssiedlung ('Stacherlsiedlung') handelt, verletzt werden. Soweit der Verfassungsgerichtshof die in diesem Zusammenhang getroffenen Ausführungen des Raumplaners als unschlüssig ansieht, als er nicht auf die Einw[e]ndung eingehe, dass (beispielsweise) Fleischverarbeitungsbetriebe ohne industriellen Charakter in dieser Widmungskategorie zulässig seien und diese aber von den im Wohngebiet zulässigen Bauten, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken zu unterscheiden seien, darf folgendes bemerkt werden:

Es mag zwar im Prinzip zutreffen, dass jeder

beliebige sonstige Betrieb, der 'als nicht wesentlich störend' die Kriterien für das in § 22 Abs 5 [OÖ ROG 1994] festgelegte 'gemischte Baugebiet' insbesondere auch im Sinne des Betriebstypenkatalogs der Anlage 1 zur Oö. Betriebstypenverordnung 1997 (Oö. BTypVO 1997, LGBl. Nr. 111/1997 i.d.F. 72/2001) erfüllt, angesiedelt werden könnte, doch wurde[n] in der von der Gemeinde vorgenommene[n] Interessenabwägung bereits die besonderen Umstände des konkreten Falles mitberücksichtigt. Wie aus der Aktenlage hervorgeht[,] ist eines der beiden betroffenen Grundstücke bereits mit dem Wohnhaus des Betriebsinhabers des Planungsbüros bebaut und sollte mit der in Prüfung stehenden Flächenwidmungsplanänderung lediglich die Möglichkeit einer Ausweitung einer bislang zulässigen (und nicht wesentlich störenden) Büronutzung geschaffen werden. Die Gemeinde hat sich in [i]hrer Abwägung durchaus mit der Problematik der Nutzung durch andere, im gemischten Baugebiet zulässige Betriebe auseinander gesetzt und ist bei der Beurteilung der in Frage kommenden Nutzungsmöglichkeiten offenbar davon ausgegangen, dass diese Nutzungsmöglichkeiten unverändert[...] wie bisher an den rechtskräftigen Bebauungsplan sowie die entsprechenden baugesetzlichen Rahmenbedingungen gebunden sind. Im Zusammenhang mit den Angaben des Betriebsinhabers (Nutzung des Standortes als persönlichen Hauptwohnsitz) und den festgestellten baurechtlichen Rahmenbedingungen ist es nachvollziehbar, dass als mögliche Nachnutzung realistischerweise wohl nur wiederum eine Wohnnutzung und allenfalls (untergeordnete) Büronutzung in Frage kommt.

In Anbetracht dessen, dass durch die in Prüfung

gezogene Flächenwidmungsplanänderung letztendlich keine erhebliche zusätzliche Beeinträchtigung der Interessen der beschwerdeführenden Nachbarn durch die Ausweitung der bisher bereits zulässigen Büronutzung zu erwarten war, wird nicht gesehen, dass der in Prüfung gezogene Flächenwidmungsplan gegen die Erfordernisse des § 36 Abs 6 Oö. ROG 1994 verstößt."

9. Die Beschwerdeführer im Anlassverfahren wiesen in ihrer Äußerung darauf hin, dass mit keiner der abgegebenen Stellungnahmen die im Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes geäußerten Bedenken entkräftet hätten werden können. Die Einhaltung eines formalgesetzlichen Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes bedeute - entgegen der Darstellung der Gemeinde Langenstein - noch nicht, dass damit auch zwangsläufig die Verordnung gesetzeskonform sein müsse. Auch die Argumente des Liegenschaftseigentümers würden an den Gegebenheiten nichts ändern. Tatsache sei, dass seinerzeit mit der vorgenommenen Umwidmung lediglich der bereits vom Eigentümer geschaffene Zustand der Nutzung saniert werden sollte, wobei nunmehr im Nachhinein versucht werde, alle möglichen Argumente für diese rechtswidrige Vorgangsweise ins Treffen zu führen.

Auch aus der Stellungnahme der Oberösterreichischen Landesregierung sei in letzter Konsequenz kein sachgerechtes Argument abzuleiten, welches im konkreten Fall die Änderung der Flächenwidmung begründen könnte. Wenn mit der - nicht näher konkretisierten - Gefahr des Verlustes von Arbeitsplätzen argumentiert werde, könne dies ebenso wenig ein gesetzeskonformes Verfahren ersetzen, wie die Annahme des Gemeinderates, dass auf Grund der bisherigen Nutzung der Liegenschaft auch nach der Umwidmung eine Änderung dieser Nutzung nicht eintreten werde. Die Oberösterreichische Landesregierung führe richtig aus, dass im "gemischten Baugebiet" nach erfolgter Widmung alle dort zulässigen Betriebe auch auf der Liegenschaft des Bauwerbers errichtet und betrieben werden dürften. Mit der Umwidmung erwerbe der Liegenschaftseigentümer ein uneingeschränktes Recht zur Nutzung seiner Liegenschaft im Sinne der geschaffenen Widmungskategorie. Bei der Frage, ob eine Änderung des Flächenwidmungsplanes gesetzeskonform sei, gehe es auch nicht darum, in welcher Form die zur Umwidmung anstehende Liegenschaft voraussichtlich genutzt werde und welche Angaben in diesem Zusammenhang der Eigentümer mache, sondern es gehe ausschließlich um objektive Kriterien der Nutzungsmöglichkeiten, welche durch die Umwidmung auf Grund der bestehenden Widmungskategorie geschaffen würden.

Mit den Ausführungen der Verfahrensbeteiligten und insbesondere der Oberösterreichischen Landesregierung würden in letzter Konsequenz die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes bestätigt, nicht aber widerlegt werden.

II. Rechtslage

1. § 22 und § 36 des Landesgesetzes vom über die Raumordnung im Land Oberösterreich (Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz 1994 - in der Folge: OÖ ROG 1994), LGBl. 114/1993 idF LGBl. 73/2011, lauten auszugsweise:

"§22

Widmungen im Bauland

(1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; Büros und Kanzleien sind in Wohngebieten darüber hinaus zulässig, soweit die einzelnen Bauten nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden. Flächen für Wohngebiete können auch als reine Wohngebiete vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen neben Wohngebäuden nur solche in Wohngebieten zulässige Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken. Weiters können Flächen für förderbare mehrgeschoßige (mindestens drei Geschoße über dem Erdboden) Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise (§2 Z. 41 Oö. Bautechnikgesetz) vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen nur förderbare mehrgescho[ß]ige Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise sowie Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken.

[...]

(4) Als Kerngebiete sind solche Flächen mit

überwiegend städtischer oder typisch zentrumsbildender Struktur vorzusehen, die vorrangig für öffentliche Bauten, Büro- und Verwaltungsgebäude, Gebäude für Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Veranstaltungsgebäude und Wohngebäude, jeweils einschließlich der dazugehörigen Bauten und Anlagen, bestimmt sind. Sonstige Bauten und Anlagen, die erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die im Kerngebiet wohnhafte oder anwesende Bevölkerung bedingen, dürfen in Kerngebieten nicht errichtet werden. Solche Bauten und Anlagen können im Zuge der Widmung näher umschrieben werden.

(5) Als gemischte Baugebiete sind solche Flächen vorzusehen, die vorrangig dazu dienen,

1. Klein- und Mittelbetriebe aufzunehmen, die auf

Grund ihrer Betriebstype die Umgebung nicht wesentlich stören;

2. Lagerplätze zu errichten, die nicht wesentlich

stören;

3. sonstige Bauten und Anlagen aufzunehmen, die in Wohngebieten (Abs1) oder, soweit es sich um Betriebe im Sinn der Z. 1 handelt, in Kerngebieten (Abs4) errichtet werden dürfen.

Zur funktionalen Gliederung kann in gemischten

Baugebieten die Zulässigkeit von Bauten und Anlagen, die in Wohngebieten errichtet werden dürfen, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Dies gilt nicht für die den Betrieben zugeordneten Wohngebäude.

[...]

§36

Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes

(1) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne sind

1. bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder

2. wenn es das Gemeinwohl erfordert,

zu ändern.

(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn

1. öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, insbesondere Interessen einer ökologischen Energienutzung, dafür sprechen oder

2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde

nicht widerspricht und

3. Interessen Dritter nicht verletzt werden.

[...]

(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder

eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein."

2. § 1 Abs 1 und 3, § 3 sowie die Anlage 1 zur Verordnung der o.ö. Landesregierung vom über die Einordnung von Betrieben nach ihrer Betriebstype (Oberösterreichische Betriebstypenverordnung 1997 - in der Folge: OÖ BetriebstypenV 1997), LGBl. 111 idF LGBl. 72/2001, lauten (Anlage 1 auszugsweise):

"§1

Einordnung von Betrieben nach ihrer Betriebstype

(1) Zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen von bestimmten Baulandgebieten und zur Erzielung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes sowie zur leichteren Einordnung von Betrieben in die jeweiligen Widmungskategorien sind in der Anlage 1 bestimmte Arten von Betrieben angeführt, die auf Grund ihrer Betriebstype (§21 Abs 3 letzter Satz Oö. ROG 1994) in den Widmungskategorien gemischtes Baugebiet, Betriebsbaugebiet und Industriegebiet (§22 Abs 5 bis 7 Oö. ROG 1994) jedenfalls zulässig sind.

[...]

(3) Die im Abs 1 und 2 vorgenommene Einordnung von Betrieben in die jeweiligen Widmungskategorien erfolgt nach Maßgabe der für diese Betriebe herkömmlichen baulichen Anlagen und maschinellen Einrichtungen sowie nach Maßgabe der von diesen Betrieben üblicherweise ausgehenden Emissionen wie Lärm, Ruß, Staub, Geruch, Dämpfe, Gase, Explosivstoffe oder Erschütterungen.

[...]

§3

Gemischte Baugebiete

In 'Gemischten Baugebieten' dürfen die in der Anlage 1 mit dem Buchstaben 'M' gekennzeichneten Betriebe errichtet werden.

Anlage 1

zur O.Ö. Betriebstypenverordnung 1997

Folgende Betriebe sind auf Grund ihrer Betriebstype den Widmungskategorien gemischtes Baugebiet (M), Betriebsbaugebiet (B) und Industriegebiet (I) zuzuordnen.

Betriebe, die den Widmungskategorien B/M zugeordnet sind, sind im gemischten Baugebiet (M) nur dann zulässig, wenn sie keinen industriellen Produktionscharakter aufweisen.

1. Betriebe zur Erzeugung von Nahrungs- und Genussmitteln sowie von Tiefkühlprodukten

[...]

B/M - Fleischverarbeitung

M - Fleischhauerei ohne Schlachtbetrieb

[...]

B/M - Obst- und Gemüseverwertung ohne Abfüllanlagen

[...]

B/M - Erzeugung von Back- und Zuckerbäckerwaren

B/M - Erzeugung von Back- und Puddingpulver

B/M - Erzeugung von Süßwaren und Speiseeis

[...]

B/M - Erzeugung von Tiefkühlprodukten

2. Betriebe zur Erzeugung von Getränken und Tabakwaren

[...]

M - Hausbrauerei

B/M - Erzeugung von Spiritus, Spirituosen und

sonstigen alkoholischen Getränken

B/M - Erzeugung von nichtalkoholischen Getränken und Fruchtsäften

[...]

3. Betriebe zur Erzeugung von Textilien, Textilwaren und Bekleidung

[...]

B/M - Textildruckerei

B/M - Färberei

[...]

B/M - Erzeugung von Watte- und Verbandstoffen

B/M - Erzeugung von Bekleidung

B/M - Erzeugung von Bettwaren, Haus- und Tischwäsche

B/M - Erzeugung von Knöpfen

B/M - Erzeugung von Schirmen

B/M - Erzeugung von Seilen

4. Betriebe zur Erzeugung und Verarbeitung von Leder und die Verarbeitung von Pelzen, Taschnerei

[...]

M - Zurichtung von Leder

[...]

M - Erzeugung von Sattlerwaren

B/M - Erzeugung von Lederbekleidung, Taschen und Handschuhen

B/M - Erzeugung von Schuhen

M - Reparatur von Schuhen: Schuster

M - Kürschner

5. Betriebe zur Be- und Verarbeitung von Holz

[...]

M - Holzbildhauerei

M - Modelltischlerei

[...]

M - Erzeugung von Korb-, Flecht-, Kork- und Bürstenwaren

6. Betriebe zur Erzeugung und Verarbeitung von Papier und Pappe

[...]

B/M - Erzeugung von Verpackungen

[...]

M - Buchbinderei und Prägerei

7. Druckerei und Vervielfältigung

[...]

M - Offsetdruckerei und Lithografische Anstalt

B/M - Filmentwicklungsanstalt

M - Kopieranstalt

[...]

9. Betriebe zur Erzeugung und Verarbeitung von

Chemikalien und chemischen Produkten

[...]

B/M - Erzeugung von Wachswaren

[...]

B/M - Erzeugung von brennbaren Flüssigkeiten mit

einem Flammpunkt über 55°C

B/M - Erzeugung von Schmiermitteln

[...]

10. Betriebe zur Erzeugung von Waren aus Steinen und Erden

[...]

B/M - Erzeugung von feinkeramischen Waren

M - Töpferei

[...]

11. Betriebe zur Erzeugung, Ver- und Bearbeitung von Glas

[...]

B/M - Ver- und Bearbeitung von Glas

M - Glaserei

12. Betriebe zur Erzeugung von Eisen und Nichteisen-Metallen; Be- und Verarbeitung von Metallen

[...]

B/M - Erzeugung von Büromaschinen

[...]

B/M - Erzeugung von Pumpen

[...]

B/M - Erzeugung von feinmechanischen und optischen Geräten

[...]

B/M - Erzeugung von Bauartikeln und -teilen

[...]

B/M - Erzeugung von Sportartikeln und Spielwaren

[...]

13. Betriebe zur Erzeugung von elektrotechnischen

Anlagen und Geräten

[...]

M - Reparatur von Elektroanlagen und -geräten

14. Betriebe zur Erzeugung und Reparatur von Transportmitteln

[...]

M - Service- und Wartungsbetrieb

[...]

M - Reparatur von Fahrrädern

15. Bau- und Bauinstallationsbetriebe

M - Bauhof für Hoch- und Tiefbau, beschränkt auf eine nicht wesentlich störende Lagernutzung

[...]

M - Dachdeckerei

Malerei:

M - Anstreicherei

[...]

M - Fußboden-, Platten- und Fliesenlegerei

M - Ofensetzerei

[...]

M - Stukkaturgewerbe

M - Brunnenbau

M - Isoliergewerbe

M - Gebäude- und Fassadenreinigung

M - Gas-, Wasser- und Sanitärinstallation

M - Heizungs- und Lüftungsinstallation

M - Elektroinstallation

16. Personen-, Güterbeförderungs- und Lagerbetriebe

[...]

M - Mietwagen- und Taxiunternehmen

[...]"

III. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

1.1. Die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes, dass die zu B1270/09 protokollierte Beschwerde zulässig ist und dass die in Prüfung gezogene Verordnung bei der Behandlung der Beschwerde präjudiziell ist, haben sich als zutreffend erwiesen.

1.2. Da auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken treffen zu:

2.1.1. Gegen die in Prüfung gezogene Verordnung hegte der Verfassungsgerichtshof zunächst das Bedenken, dass sich die vorgenommene Flächenwidmungsplanänderung nicht auf § 36 Abs 2 OÖ ROG 1994 stützen können dürfte, weil das vom verordnungserlassenden Gemeinderat als Voraussetzung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes angeführte öffentliche Interesse der Betriebsstandortsicherung nicht in jenem Ausmaß - wie von § 36 Abs 1 OÖ ROG 1994 im Rahmen einer Interessenabwägung für eine zulässige Flächenwidmungsplanänderung gefordert - vorgelegen haben dürfte, dass es das Interesse an der Aufrechterhaltung der davor bestehenden Widmung überwiegt.

2.1.2. Darüber hinaus hegte der Verfassungsgerichtshof auch das Bedenken, dass die präjudiziellen Bestimmungen, die durch die Flächenwidmungsplanänderung erlassen wurden, nicht den Erfordernissen des § 36 Abs 6 OÖ ROG 1994 genügen dürften, weil Widersprüchlichkeiten hinsichtlich der durch die vorgenommene Umwidmung eröffneten neuen und nicht einschränkbaren Nutzungsmöglichkeiten im Verordnungserlassungsverfahren nicht aufgeklärt worden sein dürften, wodurch die Interessen Dritter iSd § 36 Abs 2 Z 3 leg.cit., nämlich jene der Nachbarn, verletzt worden sein dürften.

2.2.1. Der Bauwerber führt in seiner Äußerung aus, dass die Zahl der Mitarbeiter seines international tätigen Unternehmens in der Zentrale in Langenstein von Jahr zu Jahr schwanke und es sich bei der Reduktion von 22 auf

17 Mitarbeiter lediglich um eine Zahl zum damaligen Zeitpunkt gehandelt habe.

2.2.2. Die örtlichen Gegebenheiten (Größe des

"gemischten Baugebietes", Größe der Grundstücke, Verkehrslage, problematische Ver- und Entsorgung sowie die Versorgung mit Energie) würden neue Nutzungsmöglichkeiten (wie zB die Errichtung eines Fleischverarbeitungsbetriebes) nahezu unmöglich machen, was dem Sachverständigen sehr wohl vor Augen gestanden sei.

2.3.1. In der in der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Langenstein vom wiedergegebenen Stellungnahme des Ortsplaners wird auf die Gefahr hingewiesen, dass der gesamte Betriebsstandort Langenstein verlagert werde, wenn die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gewährleistet seien, wodurch noch mehr Arbeitsplätze verloren gehen würden.

2.3.2. Außerdem würden vor dem Hintergrund der -

abgesehen von Wohnnutzung - nicht einschränkbaren Nutzungsmöglichkeiten im "gemischten Baugebiet" durch die Absichtserklärung der Gemeinde, bei einer Änderung der Büronutzung die Fläche wieder als Wohngebiet zu widmen, von einer Büronutzung abweichende Folgenutzungen gesteuert werden. Darüber hinaus ist dieser Niederschrift zu entnehmen, dass die Errichtung einer mit negativen Auswirkungen auf die Nachbarschaft verbundenen Produktionsstätte - abgesehen davon, dass dies nicht beabsichtigt sei und die Gemeinde dafür keine Baubewilligung erteilen bzw. im gewerberechtlichen Verfahren eine negative Stellungnahme abgeben würde - auf Grund der örtlichen Gegebenheiten (Größe der Parzelle und des bestehenden Gebäudes sowie sehr eingeschränkte Eignung der einspurigen, in Serpentinen angelegten Zufahrtsstraße und des Güterweges für eine wirtschaftliche Zu- und Ablieferung mit LKWs) gar nicht möglich sei.

2.4.1. Die Oberösterreichische Landesregierung

vertritt in ihrer Äußerung die Auffassung, dass im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung dem öffentlichen Interesse an einer Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Gemeinde durchaus eine entsprechend höhere Gewichtung beizumessen sei, da es der verordnungserlassenden Gemeinde primär um die Erhaltung des Betriebsstandortes in der Gemeinde gegangen sei, zumal sie mit konkreten Bestrebungen einer gänzlichen Absiedelung konfrontiert gewesen sei.

2.4.2. Sie gesteht zu, dass nach der Umwidmung in "gemischtes Baugebiet" jeder beliebige sonstige Betrieb, der als nicht wesentlich störend die Kriterien des § 22 Abs 5 OÖ ROG 1994 bzw. der Anlage 1 zur OÖ BetriebstypenV 1997 erfülle, angesiedelt werden könnte. Die Gemeinde habe jedoch in der von ihr vorgenommenen Interessenabwägung die besonderen Umstände des konkreten Falles insofern mitberücksichtigt, als sie von unveränderten Nutzungsmöglichkeiten ausgegangen sei, da eine Bindung an den rechtskräftigen Bebauungsplan und an die baugesetzlichen Rahmenbedingungen bestehe, sodass realistischerweise wiederum eine Wohnnutzung und allenfalls eine (untergeordnete) Büronutzung in Frage komme.

2.5. Die Beschwerdeführer im Anlassverfahren sehen in den erstatteten Äußerungen die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes bestätigt und nicht widerlegt, da es bei der Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes nicht darum gehe, in welcher Form die umgewidmete Liegenschaft voraussichtlich genutzt werde, sondern dafür ausschließlich objektive Kriterien der durch die Umwidmung neu geschaffenen Nutzungsmöglichkeiten ausschlaggebend seien.

2.6. Die wiedergegebenen Äußerungen sind nicht

geeignet, die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die in Prüfung gezogene Verordnung zu zerstreuen:

Die Oberösterreichische Landesregierung gesteht

selbst zu, dass durch die Umwidmung u.a. des Grundstückes Nr. 1484/22 in "gemischtes Baugebiet" jeder beliebige Betrieb, der die Umgebung nicht iSd § 22 Abs 5 Z 1 OÖ ROG 1994 wesentlich stört bzw. der in der Anlage 1 zur OÖ BetriebstypenV 1997 auf Grund seiner Betriebstype der Widmungskategorie "M" ("gemischtes Baugebiet") oder "B/M" ("Betriebsbaugebiet/gemischtes Baugebiet"; Betriebe in dieser Widmungskategorie sind im "gemischten Baugebiet" nur dann zulässig, wenn sie keinen industriellen Produktionscharakter aufweisen) zugeordnet ist (das trifft - wie die auszugsweise Wiedergabe der Anlage 1 zur OÖ BetriebstypenV 1997 deutlich zeigt - bei weitem nicht nur auf Fleischverarbeitungsbetriebe mit nicht industriellem Produktionscharakter zu), nunmehr dort angesiedelt werden kann. Damit sind gerade nicht - im Vergleich zur vorhergehenden Widmung als "Wohngebiet" - unveränderte, sondern - aus dem allein maßgeblichen abstrakten Betrachtungswinkel - erheblich darüber hinausgehende Nutzungsmöglichkeiten gegeben (der Hinweis auf die konkrete Nutzung ist insofern verfehlt), die geeignet sind, die Interessen der Nachbarn zu verletzen. Der Grundlagenforschung mangelt es an einer Auseinandersetzung mit diesen Widersprüchlichkeiten.

Der Verweis auf den bestehenden Bebauungsplan und die baugesetzlichen Rahmenbedingungen geht schon insofern ins Leere, als die Eröffnung eines im "gemischten Baugebiet" zulässigen Betriebes nicht zwangsläufig bewilligungs- oder anzeigepflichtige Bauvorhaben voraussetzt. Auch die Absichtserklärung der Gemeinde, eine "Rückwidmung" in "Wohngebiet" vornehmen zu wollen, wenn eine Änderung der Büronutzung eintreten sollte, vermag nichts an der Gesetzwidrigkeit der vorgenommenen Umwidmung zu ändern, da auf eine solche Flächenwidmungsplanänderung kein Rechtsanspruch (beispielsweise der Nachbarn) besteht (vgl. , und die dort zitierte Vorjudikatur) und diese überdies wiederum davon abhängig wäre, ob zu einem späteren Zeitpunkt die dafür maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Das gleiche gilt schließlich für die Ankündigung der Gemeinde, keine Baubewilligung für Produktionsstätten erteilen oder negative Stellungnahmen in gewerberechtlichen Verfahren abgeben zu wollen, da einem Bewilligungswerber - bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen - ein Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Bau- und/oder gewerberechtlichen Bewilligung zukommt (vgl. VwSlg. 9748 A/1979) und die Ankündigung der Verweigerung oder Behinderung einer solchen trotz Rechtsanspruches darauf aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten höchst bedenklich ist.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Flächenwidmungsplan Nr. 3, Änderung Nr. 17, der Gemeinde Langenstein, Beschluss des Gemeinderates vom , aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom und kundgemacht an der Amtstafel in der Zeit vom bis , war daher, soweit dieser für die als Grundstück Nr. 1484/22 bezeichnete Fläche die Widmung als "gemischtes Baugebiet" ausweist, wegen Verstoßes gegen § 36 OÖ ROG 1994 als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 OÖ KundmachungsG.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.