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VfGH vom 03.03.2003, v1/02

VfGH vom 03.03.2003, v1/02

Sammlungsnummer

16821

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit von Teilen der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds hinsichtlich des Ausschlusses einer Verpfändung, Veräußerung oder Rückgabe der Anteile sowie der Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplanes auch bei geänderter Geschäftsgrundlage im Hinblick auf den Pensionsvorsorgezweck der gesetzlichen Grundlage; keine über die Sorgfaltspflicht nach dem BankwesenG und dem Aktiengesetz hinausgehende Verpflichtung der depotführenden Banken

Spruch

I. Die Hauptbegehren werden hinsichtlich der Wortfolgen "auch bei geänderter Geschäftsgrundlage", "Verpfändung, Veräußerung, Rückgabe" in § 1 Abs 2 sowie hinsichtlich des § 1 Abs 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds, BGBl. II 447/1999, abgewiesen.

II. Die darüber hinausgehenden Hauptbegehren und die Eventualanträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

Die Verordnungsprüfungsanträge

I. 1. Beim Handelsgericht Wien ist zu 10 Cg 169/01k eine Klage anhängig, mit der der Kläger als Eigentümer von Anteilen an Pensionsinvestmentfonds (PIF), von der Beklagten als anteilsdepotführende Bank die Durchführung der Rücklösung annähernd der Hälfte seines PIF-Depotbestandes und die Durchführung des Depotübertrages hinsichtlich des Restes seines PIF-Depotbestandes begehrt und zudem die Feststellung anstrebt, dass ihm die beklagte Partei für alle aus der verweigerten Durchführung entstehenden zukünftigen Schäden haftet. Der Kläger billigt zu, einen unwiderruflichen Auszahlungsplan im Sinne der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds, BGBl. II 447/1999 (im Folgenden: PIF-VO), unterschrieben zu haben, behauptet allerdings, dass diese Verordnungsstelle gesetzwidrig sei und dass ohne diese Verordnungsstelle die beklagte Partei zivilrechtlich nicht nur verpflichtet, sondern auch bereit sei, den gewünschten Dispositionen zu entsprechen. Das Handelsgericht Wien führt dann in seinem hg. zu V1/02 protokollierten Antrag aus:

"Als Grund, ja geradezu Notwendigkeit für die gewünschten und verlangten Dispositionen führt der Kläger Geldbedarf zur Finanzierung eines Grundstückskaufes an, worin das antragstellende Gericht, nicht zuletzt mangels Bestreitung durch die beklagte Partei durchaus eine geänderte Geschäftsgrundlage und jedenfalls einen gewichtigen Grund sieht."

Das antragstellende Gericht führt ferner aus, dass die beklagte Partei den Angaben in der Klage nicht widersprochen habe, aber unter Berufung auf die Rechtslage, insbesondere die Absätze 2 und 3 des § 1 PIF-VO, als anteilsdepotführende Bank weder berechtigt noch verpflichtet sei, dem Klagebegehren zu entsprechen.

2. Ferner ist beim Handelsgericht Wien zu 27 Cg 195/01a ein Verfahren einer Klägerin, die Eigentümerin von Anteilen an Pensionsinvestmentfonds ist, gegen die depotführenden Bank anhängig. Auch in diesem Verfahren stellte das Handelsgericht Wien einen hg. zu V3/02 protokollierten Antrag auf Prüfung von Bestimmungen der genannten Verordnung. Der Antrag ist nahezu wortgleich mit jenem zu V1/02. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Klägerin im Verfahren 27 Cg 195/01a die von ihr gewünschten Dispositionen, nämlich die Verpfändung der Fondsanteile, mit der Notwendigkeit der Aufnahme eines Wohnungssanierungsdarlehens begründete, das sie besichern müsse.

3. Das Handelsgericht Wien stellte im Verfahren 10 Cg 169/01k (V1/02) folgende Anträge:

"der VfGH möge in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds BGBl II 1999/447 als gesetzwidrig aufheben


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a)
§1 Abs 2 und Abs 3, in eventu,
b)
nur § 1 Abs 2,
c)
in eventu wie unter a) bzw. unter b) beantragt, jeweils ohne den zweiten Untersatz des Abs 2, in eventu,
d)
im § 1 Abs 2 lediglich die Wortfolge 'auch bei geänderter Geschäftsgrundlage' in eventu
e)
im § 1 Abs 2 die Wortfolge, 'Veräußerung, Rückgabe' in der Z 2 des Abs 2, in eventu,
f)
das unter d) und e) Beantragte gemeinsam, in eventu
g)
das unter d) Beantragte gemeinsam mit § 1 Abs 3 der PIF VO, in eventu
h)
das unter e) Beantragte gemeinsam mit § 1 Abs 3 der PIF VO oder
i)
das unter g) Beantragte gemeinsam mit § 1 Abs 3 der PIF VO,
j)
das unter d) bzw unter Bezug auf d) Beantragte jeweils auch zusätzlich mit der weiteren Wortfolge des § 1 Abs 2 der PIF VO '1. den Auszahlungsplan nicht zu ändern und 2.', in eventu
k)
nur § 1 Abs 3".

Im Verfahren 27 Cg 195/01a (V3/02) stellte das Handelsgericht nahezu wortgleiche Anträge. Sie lauten:

"der VfGH möge in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds BGBl II 1999/447 als gesetzwidrig aufheben


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a)
§1 Abs 2 und Abs 3, in eventu
b)
nur § 1 Abs 2, in eventu
c)
nur § 1 Abs 3,
d)
in eventu, wie unter a) bzw unter b) beantragt, ohne den zweiten Untersatz des Abs 2, in eventu
e)
im § 1 Abs 2 lediglich die Wortfolge 'auch bei geänderter Geschäftsgrundlage' in eventu
f)
im § 1 Abs 2 die Wortfolge 'Verpfändung' in der Z 2 des Abs 2, in eventu
g)
das unter e) und f) Beantragte gemeinsam, in eventu
g)
das unter e) Beantragte gemeinsam mit § 1 Abs 3 der PIF VO, in eventu
h)
das unter f) Beantragte gemeinsam mit § 1 Abs 3 der PIF VO oder
i)
das unter g) Beantragte gemeinsam mit § 1 Abs 3 der PIF VO anzuregen,
j)
das unter e) bzw unter Bezug auf e) Beantragte jeweils auch zusätzlich mit der weiteren Wortfolge des § 1 Abs 2 der PIF VO '1. den Auszahlungsplan nicht zu ändern und 2'".


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[Die litg) kommt im Antrag zu V3/02 zweimal vor. Die Unterschiede beider Anträge sind hervorgehoben.]

Ferner regt das Handelsgericht Wien an, von Amts wegen gemäß Art 140 Abs 1 B-VG hinsichtlich des Wortes "unwiderruflich" in § 23g Abs 1 Investmentfondsgesetz 1993 (InvFG 1993 - BGBl. 532/1993) das Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.

4. Zu diesen Anträgen erstattete sowohl der Bundesminister für Finanzen als auch die beklagte Partei in den beiden anhängigen Verfahren Äußerungen. Die Begründung der Anträge und der Gegenschriften wird bei Behandlung der Zulässigkeit der Anträge und der Bedenken des Handelsgerichtes Wien wiedergegeben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat beschlossen, die Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden (§§187, 404 ZPO iVm § 35 VfGG) und hat über die Anträge erwogen:

Zur einfachgesetzlichen Rechtslage

1. Die Anträge stehen in folgendem rechtlichem Zusammenhang:

Ein Kapitalanlagefonds (Investmentfonds) ist ein überwiegend aus Wertpapieren bestehendes Sondervermögen, das in gleiche, in Wertpapieren verkörperte Anteile zerfällt, im Miteigentum der Anteilsinhaber steht und nach den Bestimmungen des Investmentfondsgesetzes 1993 (InvFG 1993) gebildet wird. Das Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I 106/1999, fügte dem Einkommensteuergesetz 1988 einen § 108b ein, der die Pensionszusatzversicherung und prämienbegünstigte Pensionsinvestmentfonds regelt. Diese Einfügung erfolgte auf Grund folgender Überlegungen (BlgNR 1766, XX. GB, S 59):

"Eines der Ziele des prämienbegünstigten Aufbaus einer dritten Säule der Pensionsvorsorge ist es, die prämienbegünstigten Vorsorgeprodukte weitgehend an die erste und zweite Säule der Pensionsvorsorge anzulehnen. Dies ist im Bereich der Pensionskassen sowie der freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung auf Grund der derzeitigen Vorsorgeprodukte 'automatisch' der Fall. Neu zu schaffen sind diese Produktkriterien für die Pensionsvorsorge bei Versicherungsunternehmen und bei Pensionsinvestmentfonds. Diese Produktkonstruktion wird in § 108b vorgenommen."

Während sich der erste Absatz des § 108b mit Pensionszusatzversicherung beschäftigt, werden prämienbegünstigte Pensionsinvestmentfonds in Abs 2 wie folgt definiert:

"Ein prämienbegünstigter Pensionsinvestmentfonds liegt vor, wenn

1. der Investmentfonds die Voraussetzungen des Abschnittes I.a. des Investmentfondsgesetzes 1993 erfüllt und

2. ein unwiderruflicher Auszahlungsplan gemäß § 23g Abs 2 Z 2 des Investmentfondsgesetzes 1993 abgeschlossen wird, der zum Anfallszeitpunkt im Sinne des Abs 1 Z 2 lita eine Einmalprämie zu einer Pensionszusatzversicherung im Sinne des Abs 1 vorsieht."

2. Im selben Bundesgesetz wurden auch Bestimmungen des Investmentfondsgesetzes 1993 geändert (ArtXIII) und unter anderem § 23g eingeführt und § 41 geändert. Diese Bestimmungen des InvFG 1993 in der Fassung des BGBl. I 106/1999 lauten wie folgt:

"§23g. (1) In den Fondsbestimmungen ist vorzusehen, daß die Ausgabe von Anteilen nur zulässig ist


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-
an unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1998, die zuvor einen unwiderruflichen Auszahlungsplan für die auszugebenden Anteile mit dem depotführenden Kreditinstitut abgeschlossen haben sowie
-
an Versicherungsunternehmen für die Veranlagung des Deckungsstockes einer Pensionszusatzversicherung und
-
an Pensionskassen im Rahmen der Veranlagung des einer Veranlagungs- und Risikogemeinschaft zugeordneten Vermögens.

(2) Der Auszahlungsplan hat vorzusehen, daß eine Auszahlung von Anteilen des Pensionsinvestmentfonds nur unter folgenden Voraussetzungen erfolgen kann:

1. Wenn beim Anteilinhaber die Voraussetzungen für Leistungen gemäß § 108b Abs 1 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 eingetreten sind und

2. der Anteilinhaber das depotführende Kreditinstitut beauftragt, den Gegenwert der zum Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen gemäß Z 1 vorhandenen Anteile, oder die Anteile selbst, an ein Versicherungsunternehmen seiner Wahl als Einmalprämie für eine vom Anteilinhaber nachweislich abgeschlossene Pensionszusatzversicherung (§108b des Einkommensteuergesetzes 1988) zu überweisen."

"§41. (1) Für Anteile an Pensionsinvestmentfonds, auf welche die Voraussetzungen des Abschnittes I.a. zutreffen, gilt folgendes:

1. Ausschüttungsgleiche Erträge sind von der Einkommensteuer einschließlich der Kapitalertragsteuer und der Spekulationsertragsteuer befreit.

2. Nachweislich einbehaltene inländische Kapitalertragsteuer von Gewinnausschüttungen (Dividenden), die dem Pensionsinvestmentfonds zugehen, können auf Antrag der Kapitalanlagegesellschaft erstattet werden. Der Antrag ist spätestens am 15. Tag nach Ablauf des folgenden Kalendermonats zu stellen, in dem die Dividenden zugegangen sind.

3. Der Umtausch von Anteilen in Anteile an anderen Kapitalanlagefonds im Sinne des Abschnittes I.a. sowie die Rückgabe von Anteilscheinen zum Zwecke der Erfüllung des Auszahlungsplanes gelten nicht als Veräußerung oder Anschaffung im Sinne des § 40 Abs 3.

(2) Wird der Auszahlungsplan nach § 23g Abs 2 Z 2 nicht erfüllt, so fällt die Einkommensteuer, die nach Abs 1 nicht einbehaltene oder erstattete Kapitalertragsteuer sowie die Spekulationsertragsteuer in dem dem Anteilsrecht entsprechenden Ausmaß nachträglich an (Nachversteuerung). Weiters entfällt nachträglich die Befreiung gemäß § 15 Abs 1 Z 17 letzter Halbsatz des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes 1955. Eine Nachversteuerung unterbleibt, wenn an die Stelle des nicht erfüllten Auszahlungsplanes nachweislich ein anderer Auszahlungsplan im Sinne des § 23g Abs 2 tritt. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Erhebung der nachzuversteuernden Erträge und Erwerbe mit Verordnung pauschal festzusetzen."

Gestützt auf § 108b Abs 2 Z 1 und 5 EStG 1988 und §§23g und 41 InvFG 1993 erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung über Anteile an PIF (BGBl. II 447/1999), dessen § 1 wie folgt lautet (Jene angefochtenen Worte, deren Anfechtung zulässig ist, sind hervorgehoben):

"§1. (1) Die Prämie gemäß § 108a des Einkommensteuergesetzes 1988, die Steuerbefreiung und Erstattung gemäß § 41 Abs 1 des Investmentfondsgesetzes 1993 sowie die Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs 1 Z 17 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 stehen nur dann zu, wenn ein unwiderruflicher Auszahlungsplan gemäß § 23g des Investmentfondsgesetzes 1993 vorliegt.

(2) Ein Auszahlungsplan ist nur dann unwiderruflich, wenn der Erwerber eines Anteiles an einem Pensionsinvestmentfonds sich darin verpflichtet, auch bei geänderter Geschäftsgrundlage

1. den Auszahlungsplan nicht zu ändern und

2. auf eine Verfügung des Anteiles durch Verpfändung, Veräußerung, Rückgabe und Schenkung zu verzichten.

Diese Beschränkung muß sich nicht auf Handlungen im Sinne des § 41 Abs 1 Z 3 des Investmentfondsgesetzes 1993 erstrecken.

(3) Kreditinstitute haben im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht gemäß § 39 Bankwesengesetz alle zulässigen Veranlassungen zu treffen, um eine Missachtung des unwiderruflichen Auszahlungsplans durch Inhaber von Pensionsinvestmentfonds hintanzuhalten."

§ 39 des Bankwesengesetzes (BWG), BGBl. 532/1993, idF BGBl. 445/1996 und BGBl. 753/1996, auf den § 1 Abs 3 PIF-VO Bezug nimmt, lautet:

"§39. (1) Die Geschäftsleiter eines Kreditinstitutes haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 84 Abs 1 AktG anzuwenden. Dabei haben sie sich insbesondere über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu informieren, diese angemessen zu begrenzen und Risikogleichläufe zu beachten. Weiters haben sie auf die Gesamtertragslage des Kreditinstitutes Bedacht zu nehmen. Bei neuartigen Geschäften, über deren Risikogehalt keine Erfahrungswerte vorliegen, ist insbesondere beim Ausmaß solcher neuartiger Geschäfte auf die Sicherheit der dem Kreditinstitut anvertrauten fremden Gelder und die Erhaltung der Eigenmittel Bedacht zu nehmen. Als Risikogleichlauf gelten jene möglichen nachteiligen Folgen, die sich aus Konzentrationen oder Wechselwirkungen gleichartiger und verschiedenartiger Risikoarten ergeben können.

(2) Die Kreditinstitute haben jene Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren einzurichten, die für die Erfassung und Beurteilung der bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken des Kreditinstitutes, die weitestmögliche Erfassung und Beurteilung der sich aus neuartigen Geschäften möglicherweise ergebenden Risiken sowie von Risikogleichläufen erforderlich sind. Die Zweckmäßigkeit dieser Verfahren und deren Anwendung ist von der internen Revision mindestens einmal jährlich zu prüfen.

(3) Die Kreditinstitute und Unternehmen, die Geschäfte gemäß § 1 Abs 2 gewerbsmäßig betreiben, haben jede Transaktion besonders sorgfältig zu prüfen, deren Art ihres Erachtens besonders nahe legt, daß sie mit Geldwäscherei (§§165 und 278a Abs 2 StGB) zusammenhängen könnte.

(4) Kreditinstitute, die § 22b Abs 2 nicht anwenden, haben sicherzustellen, daß

1. die Risikopositionen des Wertpapier-Handelsbuches jederzeit ermittelt werden können,

2. bei Anwendung interner Modelle die Dokumentation nachvollziehbar aufbereitet ist und die Erprobung von Testfällen zuläßt und

3. die Überprüfung der Ermittlung der Risikopositionen des Wertpapier-Handelsbuches durch den Bankprüfer und durch Prüfer gemäß § 70 Abs 1 Z 3 jederzeit möglich ist."

Zur Zulässigkeit der Anträge

III. 1. Das Handelsgericht Wien meint in beiden Verfahren, dass § 1 Abs 2 und 3 PIF-VO für seine Entscheidungsfindung präjudiziell sei. Nach den übereinstimmenden Vorbringen der Parteien in den Verfahren vor dem Handelsgericht Wien wäre die beklagte Depotbank ohne diese Verordnungsbestimmungen bereit - nach dem Klagevorbringen sogar verpflichtet -, die klagsgegenständlichen Dispositionen durchzuführen, nämlich die Rücklösung annähernd der Hälfte des PIF-Depotbestandes des Klägers im Verfahren 10 Cg 169/01k (V1/02) bzw. die Verpfändung des PIF-Bestandes der Klägerin im Verfahren 27 Cg 195/01a (V3/02).

2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (zB VfSlg. 9811/1983, 10.296/1984, 11.565/1987, 12.189/1989).

Weder der Bundesminister für Finanzen noch die beklagte Partei im Anlassverfahren bestreiten die Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen. Auch der Verfassungsgerichtshof vermag im Rahmen seiner Prüfung der Ansicht des Gerichtes nicht entgegenzutreten, dass es bei Entscheidung der bei ihm anhängigen Verfahren § 1 Abs 2 Z 2 und Abs 3 anzuwenden hat. Im Verfahren 10 Cg 169/01k begehrt der Kläger die Rücklösung eines Teiles seines Depotbestandes sowie die Depotübertragung des restlichen Bestandes, sodass schon nach dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes die Worte "Verpfändung" und "und Schenkung" denkmöglich nicht präjudiziell sein können. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass das antragstellende Gericht unter "Depotübertragung" einen Veräußerungsvorgang versteht und nicht eine nach § 23g Abs 2 Z 2 InvFG 1993 zulässige Übertragung des Gegenwertes der Anteile an ein Versicherungsunternehmen als Einmalprämie. In diesem Fall bekäme der Kläger kein Geld, mit dem er einen Grundstücksankauf finanzieren könnte.

Im Verfahren 27 Cg 195/01a ist hingegen auch das Wort "Verpfändung" präjudiziell, da die Klägerin im Anlassverfahren eine Verpfändung ihrer Fondsanteile anstrebt.

Das antragstellende Gericht äußert Bedenken gegen die Regelung, die eine Verfügung über die Fondsanteile selbst bei geänderter Geschäftsgrundlage ausschließt, also auch eine außerordentliche Kündigung nicht zulässt. Demgemäß sind im Einleitungssatz des § 1 Abs 2 PIF-VO auch im Zusammenhang mit der Z 1 leg.cit. nur die Worte "auch bei geänderter Geschäftsgrundlage" präjudiziell.

Insgesamt sind somit die in der Wiedergabe der Verordnungsstelle hervorgehobenen Wortfolgen des § 1 Abs 2 PIF-VO präjudiziell.

Zur Präjudizialität des § 1 Abs 3 führt das Handelsgericht Wien aus (S. 15 bzw. 12 der Anträge):

"Dass die Antragstellung des Gerichtes auch die zuletzt behandelte Verordnungsstelle umfasst, ist deshalb geboten, weil das Gericht für seine Entscheidung wissen muss, ob die beklagte Partei als anteilsdepotführende Stelle durch diese Verordnungsstelle rechtmäßig in die Pflicht genommen ist."

Wenn das Handelsgericht Wien in diesem Zusammenhang vermeint, dass diese Bestimmung in gesetzwidriger Weise der beklagten Partei in beiden Verfahren Pflichten auferlege und das Gericht daher gehindert sei, dem Klagsbegehren stattzugeben, ferner dass mit den angefochtenen steuerrechtlichen Verordnungsbestimmungen auch zivilrechtliche Folgen verbunden seien, so vermag der Verfassungsgerichtshof dem Gericht nicht entgegenzutreten. Die Rechtsansicht des antragstellenden Gerichtes ist denkmöglich.

Bei diesem Ergebnis waren der Hauptantrag, soweit er über die präjudiziellen Wortfolgen hinausgeht, sowie sämtliche Eventualanträge, von denen keiner diesen Anfechtungsumfang korrekt beschreibt, zurückzuweisen.

In der Sache

IV. 1. a) Das antragstellende Gericht hat zunächst das Bedenken, dass der Verordnungsgeber in § 1 Abs 2 PIF-VO den Begriff des unwiderruflichen Auszahlungsplanes, der in § 23g Abs 1 InvFG 1993 genannt ist, in einer Weise neu definiert hat, die über den Gesetzesinhalt hinausgeht. Im Einzelnen begründete das antragstellende Gericht dieses Bedenken wie folgt:

"Als gesetzliche Grundlage für die Verordnung sieht das antragstellende Gericht vorerst den § 41 Abs 2 InvFG 1993 an, der ausdrücklich den Fall regelt, dass der unwiderrufliche Auszahlungsplan nicht erfüllt wird. Die vom Gesetzgeber hiefür vorgesehene Konsequenz ist die, dass die zuvor steuerfrei gestellten Fondserträge nachzuversteuern sind und, dass es zu einer Rückzahlung der erhaltenen Prämien kommt (besonders eindrucksvoll bringt dies auch § 41 Abs 2 Satz 3 InvFG 1993 zum Ausdruck, wenn es dort heißt 'eine Nachversteuerung unterbleibt, wenn an die Stelle des nichterfüllten Auszahlungsplanes nachweislich ein anderer Auszahlungsplan iSd § 23g Abs 2 (scilicet InvFG 1993) tritt'. Gerade aber § 23g InvFG 1993 ist es, der (in Abs 1 Teilstrich 1) von einem 'unwiderruflichen Auszahlungsplan' spricht und der hinsichtlich dieses Auszahlungsplanes (in Abs 2) Fälle anführt, wo eine Auszahlung von Anteilen des Pensionsinvestmentfonds erfolgen kann.

Solcherart ist das gesetzliche Verständnis des Gesetzgebers zum Tatbestandselement 'unwiderruflicher Auszahlungsplan' vorgegeben. Die Widerrufbarkeit ist zivilrechtlich sehr wohl gegeben, der Widerruf führt aber zu abgabenrechtlichen Nachteilen.

Mit diesem Begriffsverständnis ist nach Ansicht des Gerichtes auch § 1 Abs 1 PIF VO nicht zu beanstanden, wenn dort (ohne erkennbaren eigenständigen normativen Inhalt gleichsam referierend) festgehalten wird, dass die Prämie gem § 108a EStG 1988 die Steuerbefreiung und Erstattung gem § 41 Abs 1 InvFG 1993 sowie die Steuerbefreiung gem § 15 Abs 1 Z 17 ErbStG 1955 nur dann zustehen, 'wenn ein unwiderruflicher Auszahlungsplan gem § 23g InvFG 1993 vorliegt'.

Mit dem durch den vorliegenden Antrag in Prüfung gezogenen Abs 2 des § 1 der PIF VO schafft nun der Verordnungsgeber eine eigenständige, durch das Gesetz nicht gedeckte, vielmehr über das Gesetz hinausgehende und daher gesetzwidrige Begriffsbestimmung, wann ein Auszahlungsplan 'nur ... unwiderruflich' ist. Diese stringenten Beschränkungen verlieren nichts an ihrer Gesetzwidrigkeit, wenn sie sich nach dem zweiten Unterabsatz des § 1 Abs 2 PIF VO 'nicht auf Handlungen iS § 41 Abs 1 Z 3 InvFG 1993 (Umtausch von Anteilen in Anteile an anderen Kapitalanlagefonds, sowie Rückgabe von Anteilsscheinen zum Zwecke der Erfüllung des Auszahlungsplanes) erstrecken. Dort werden nämlich - ungeachtet der irreführenden (im Zuge einer Gesetzesnovellierung irrigerweise beibehaltenen) Überschrift 'Kapitalverkehrssteuern' - nur einkommensteuerrechtliche Sonderregelungen für Spekulationsgeschäfte bzw. die Rückverkäufe zu Zwecken der Erfüllung des Auszahlungsplanes, als für Fälle, die mit dem Auszahlungsplan gar nicht in Konflikt kommen können, getroffen.

§ 23g Abs 2 InvFG idF SteuerreformG 2000 verlangt (für die Fondsbestimmungen), dass vor der Ausgabe von Anteilen 'ein unwiderruflicher Auszahlungsplan' abgeschlossen wurde und legt im Abs 2 fest, dass dieser (unwiderrufliche) Auszahlungsplan vorzusehen hat, dass eine 'Auszahlung von Anteilen des Pensionsinvestmentfonds' nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann.

§ 23g Abs 2 InvFG hat bloß diese Auszahlung zum Regelungsinhalt und besagt überhaupt nichts zum Problemkreis der Unwiderruflichkeit. Er beschränkt auch nicht andere Dispositionen, die nicht in der Auszahlung bestehen.

* Wenn eine Auszahlung von Anteilen des Pensionsinvestmentfonds nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann, so darf die 'Rückgabe' (sofern man unter dieser unpräzisen Formulierung einen Schritt verstehen will, der zu einem Auszahlungsanspruch - als Gegenleistung für die Rückgabe - führt), nur unter eben diesen Voraussetzungen erfolgen.

* Bei (entgeltlicher) 'Veräußerung' bzw. 'Schenkung' steht eine Auszahlung von Anteilen nicht zur Debatte, zumal im ersten Fall der Veräußerer sein Geld vom Erwerber erhält und im zweiten Fall ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt.

* Eine 'Verpfändung' des Anteils an einem Pensionsinvestmentfonds hat mit der Frage der Unwiderruflichkeit (lässt man wie hier Fragen der Verwertung des Pfandgegenstandes beiseite) absolut nichts zu tun (sodass es auch verständlich ist, dass das Gesetz hier keine Vorgaben enthält und geradezu ein Argumentum e contrario zur vergleichbaren Regelung im § 108 EStG betreffend Bausparen auf der Hand liegt). Eine Verpfändung stellt auch keine Veräußerung dar.

Die Verordnung schafft also über die gesetzliche Verpflichtung hinaus, einen unwiderruflichen Auszahlungsplan abzuschließen, ohne gesetzliche Deckung neues Recht, indem sie zusätzlich verlangt, dass sich der Erwerber eines Anteiles eines Pensionsinvestmentfonds verpflichtet, auf eine Verfügung des über seinen Anteil 'durch Verpfändung, Veräußerung, Rückgabe und Schenkung zu verzichten'. All das hat mit Fragen der Unwiderruflichkeit eines Auszahlungsplanes nichts zu tun und kann die fehlende gesetzliche Deckung nicht dadurch erreicht werden, dass der Verordnungsgeber bedingt, dass dieser Verzicht im Auszahlungsplan abgegeben wird (auch ein Verzicht, Zigaretten zu rauchen hat mit der Frage der Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplanes nichts zu tun und ändert sich nichts an diesem Befund, wenn dieser Verzicht im Auszahlungsplan abgegeben werden muss).

Für die Verordnung verbleibt gesetzwidrigerweise eine einzige Möglichkeit der Nichterfüllung des Auszahlungsplanes, die zu einer Nacherhebung der gem § 41 Abs 1 InvFG, § 108a EStG und § 15 Abs 1 Z 17 ErbStG 1955 befreiten oder erstatteten Steuer führt, nämlich eine Übertragung von Todes wegen iS § 2 der Verordnung."

Das Handelsgericht Wien weist in diesem Zusammenhang auf einen Aufsatz des Klägers im Verfahren 10 Cg 169/01k (Macher, Verordnung zu Pensionsinvestmentfonds, ÖStZ 2000/6), der die Meinung des Gerichtes unterstützt. Ferner wird auf einen Beitrag von Heinz Mayer hingewiesen (Unauflösliche Verträge und Eigentumsschutz, ecolex 2000, 455), in dem der Autor meint, dass das Erfordernis eines unwiderruflichen Auszahlungsplanes im Sinne des § 23g Abs 1 InvFG 1993 und § 108b Abs 2 Z 2 EStG 1988 in verfassungskonformer Auslegung lediglich bedeutet, dass eine ordentliche Kündigung des betreffenden Vertrages ausgeschlossen sei. Ein solcher Ausschluss, würde er vertraglich vorgesehen sein, sei zivilrechtlich als sittenwidrig zu betrachten. Hätten die genannten gesetzlichen Bestimmungen diesen Inhalt, so wären sie verfassungswidrig, doch sei eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes möglich, was aber zur Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsstellen führen würde.

§1 Abs 2 der PIF-VO schließe ein ordentliches Kündigungsrecht aus. Diese Verordnungsbestimmung sei in zweifacher Hinsicht gesetzwidrig; zum einem wegen Verstoßes gegen einfachgesetzliche Bestimmungen zum anderen aber auch wegen eines Eingriffes in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Das antragstellende Gericht schloss sich der Argumentation Mayers, die es in den Anträgen darlegt, ausdrücklich an und machte sie zum Inhalt seiner Anträge.

b) Der Bundesminister für Finanzen führt in seiner Äußerung Folgendes aus:

"Die PIF-VO geht nicht, wie vom antragstellenden Gericht dargelegt wird, über das Gesetz hinaus. Eine Verordnung kann sowohl auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung oder aber auf Grund des Art 18 Abs 2 B-VG direkt ergehen. Bei der PIF-VO liegt beides vor. Es trifft zu, dass in § 41 Abs 2 InvFG 1993 der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, mittels Verordnung die pauschale Nachversteuerung sowie die Erhebung dieser Nachversteuerung zu regeln. Die konkrete Ausgestaltung des Auszahlungsplanes durch Verordnung näher zu regeln, kann aus dieser Ermächtigung nicht abgeleitet werden. In dieser Hinsicht ist dem antragstellenden Gericht recht zu geben.

Es übersieht jedoch, dass die zur Vollziehung der gesetzlichen Vorschriften zuständigen Verwaltungsbehören generell ermächtigt sind, Durchführungsverordnungen zu erlassen. Die Ermächtigung dazu findet sich direkt in Art 18 Abs 2 B-VG. Solche Durchführungsverordnungen dürfen zwar Gesetze nur näher konkretisieren; nicht anderes tut aber die PIF-VO bezüglich des Auszahlungsplanes.

§ 23g InvFG 1993 fasst den Auszahlungsplan nur sehr global. Hinsichtlich der Ausgestaltung sieht das Gesetz lediglich vor, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt (§23g Abs 2 Z 1) eine bestimmte Verwendung (§23g Abs 2 Z 2) vorzusehen ist. Vorschriften über eine nähere Ausgestaltung sind nicht enthalten. Dies ist daher einer näheren Regelung durch Verordnung zugänglich.

Die PIF-VO verfolgt den Zweck, den Auszahlungsplan möglichst effizient auszugestalten und auch Umgehungsformen einzuschränken. Dies geschieht jedoch alles um den in § 23g Abs 2 Z 2 InvFG 1993 Verwendungszweck zu erreichen. Dieser Verwendungszweck besteht darin, Beträge anzusparen und für eine spätere Pension zu verwenden. Diese Beschränkung war sogar notwendig. § 41 Abs 1 InvFG 1993 sieht nämlich die Steuerfreiheit für sämtliche Erträge eines Pensionsinvestmentfonds vor. Diese Befreiung bedarf einer sachlichen Rechtfertigung, da sie ansonsten im Sinne des Gleichheitssatzes verfassungsrechtlich bedenklich erscheint. Die Rechtfertigung liegt im Umstand, dass PIF-Anteile nicht als bloße Sparform, sondern als echte Pensionsvorsorge gedacht sind. Andere Pensionsvorsorgen sehen ebenfalls eine Steuerfreiheit in der Ansparphase vor. Der PIF zieht hier lediglich gleich, was als sachliche Rechtfertigung für diese Befreiung dient. Es muss eine Gleichbehandlung aber in anderen Bereichen bestehen und es darf nicht dazu führen dass der Pensionsinvestmentfonds begünstigt wird.

Hiezu ist festzustellen, dass sämtliche anderen privaten Vorsorgemodelle als auch die gesetzliche Pensionsvorsorge im Prinzip ebenfalls die Bindung von einmal einbezahlten Beträgen für die späteren Pensionsleistungen vorsieht, und - von wenigen Ausnahmen im Bagatellfall (z.B. § 1 Abs 2 Z 1 PKG) abgesehen - die vorzeitige Rückzahlung ausschließt. Würde der Pensionsinvestmentfonds diese vorzeitige Rückzahlung prinzipiell ermöglichen, hätte dies ein nicht zu unterschätzendes Verkaufsargument und damit einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil zur Folge.

Nach Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen wäre diese Ungleichbehandlung, welche diesen Wettbewerbsvorteil begründet, ungleich schwerer zu rechtfertigen. Eine strenge Auffassung bezüglich der Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplanes erscheint daher bereits aus diesen Gleichheitserwägungen in verfassungskonformer Auslegung vom § 23g InvFG 1993 erfasst, die Durchführung mittels der streitgegenständlichen Teile der PIF-VO geradezu geboten.

Die Verordnung erging letztlich ausschließlich zur Erreichung dieses gebotenen Zieles. Dazu ist es allerdings ebenso erforderlich, auch bestimmte Umgehungsgeschäfte zu verhindern. So kann das gesetzlich normierte Ziel etwa auch dadurch vereitelt werden, dass die PIF-Anteile nicht veräußert, sondern bloß verpfändet werden. Es darf aber dabei nicht übersehen werden, dass am Ende einer möglichen Verpfändung die (zwangsweise) Veräußerung steht. Bei einer solchen Veräußerung wäre jedoch der bestimmungsgemäße Zweck (Ansparen für den Erwerb einer späteren Rente) vereitelt. So wäre aber plötzlich eine Veräußerung im Rahmen eines Pfandrechtes möglich, während sonst eine Veräußerung außerhalb der bestimmungsgemäßen Verwendung nicht möglich wäre.

Noch stärker tritt die Umgehungsmöglichkeit bei einer unentgeltlichen Verfügung zu Tage.

Nicht geteilt werden auch die vom antragstellenden Gericht zitierten, von einer der klagenden Parteien in ÖStZ 2000, 2/6 geäußerten Bedenken hinsichtlich des durch die enge Zweckwidmung hervorgerufenen Eingriffs in das Eigentumsrecht. Abgesehen vom Umstand, dass dabei der Eingriff ins Eigentumsrecht im Antrag nicht näher ausgeführt wird, treffen diese Bedenken auch nicht zu. Der Eingriff ins Eigentum ist nur insoweit geschützt als staatliche Maßnahmen direkt dafür ursächlich sind, und sich der Eigentümer diesem Eingriff nicht entziehen kann. Dies trifft jedoch beim Erwerb von PIF-Anteilen nicht zu.

Dies beginnt bereits beim Erwerb derartiger Anteile, der noch immer in der freien Dispositionsentscheidung des Anlegers liegt. Es liegt also kein gesetzlicher Zwang zum Erwerb vor. Der Anleger hat jederzeit die Möglichkeit in eine andere Sparform zu investieren, um das angesparte Kapital später als Zusatzpension zu nützen. Er hat allerdings dann nicht die dafür vorgesehenen steuerlichen Begünstigungen; wohl besteht allerdings dann die Möglichkeit jederzeit auf die Ersparnisse zurückzugreifen.

Außerdem wird durch einen Erwerb von PIF-Anteilen Eigentum nicht gänzlich entzogen. Es ist sehr wohl vorgesehen diese Anteile später zum Erwerb einer Rente zu verwenden. Über diese spätere Rente erhält er seine Sache wieder zurück. Lediglich die staatliche Prämie wird nicht zugestanden. Es kann dem Verordnungsgeber nicht verwehrt sein, diese staatliche Prämie an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Von einem Eigentumsentzug kann daher keine Rede sein."

c) Die Anteile an PIF sind in mehrfacher Weise steuerlich begünstigt (vgl. § 41 Abs 1 InvFG 1993). Der Verfassungsgerichtshof teilt die Ansicht des Bundesministers für Finanzen, dass diese Begünstigungen der sachlichen Rechtfertigung bedürfen und dass diese im Umstand liegt, dass der Erwerb von PIF-Anteilen nicht bloß eine von vielen Sparformen ist, sondern dass diese zweckgebunden sind, da sie der weiteren Pensionsvorsorge dienen sollen. Diese Rechtfertigung ergibt sich auch aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage. Der Gesetzgeber wollte ein neues Produkt für die Pensionsvorsorge neben der staatlichen Pension und den Pensionskassen schaffen und verband dieses neue Produkt mit steuerlichen Anreizen. Es ist daher unter diesem Gesichtspunkt auch sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber diese steuerlichen Anreize mit Verpflichtungen verbindet, die sicherstellen sollen, dass die angesparten Beträge auch tatsächlich der Pensionsvorsorge dienen. Welche konkreten Maßnahmen nun der Gesetzgeber einsetzt, um den Pensionsvorsorgezweck zu erreichen, liegt in seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit.

Die vom Bundesminister für Finanzen dargelegte sachliche Rechtfertigung sowohl des Gesetzes als auch der in Durchführung des Gesetzes ergangenen PIF-VO enthebt den Verfassungsgerichtshof jedoch nicht zu prüfen, ob der Verordnungsgeber in seiner Durchführungsverordnung Bedingungen nicht enger gefasst hat als das Gesetz. Dem Verordnungsgeber steht nur jener Gestaltungsfreiraum zur Verfügung, den ihm der Gesetzgeber überlässt.

Um den Zweck des Pensionsinvestmentfonds zu sichern, sollte er ein thesaurierender Fonds sein (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I, 7. Auflage, S. 290). § 108b Abs 2 EStG 1988 nennt den Abschluss eines "unwiderruflichen Auszahlungsplanes" als eines der unerlässlichen Kriterien für prämienbegünstigte Pensionsinvestitionsfonds. Er verweist in diesem Zusammenhang auf § 23g Abs 2 Z 2 InvFG 1993, welcher bestimmt, dass die Ausgabe von Anteilen unter anderem nur zulässig ist, wenn der Anteilserwerber zuvor einen unwiderruflichen Auszahlungsplan mit dem depotführenden Kreditinstitut abgeschlossen hat. Nach dem verwiesenen Abs 2 dieser Bestimmung hat der Auszahlungsplan vorzusehen, dass die Auszahlung von Anteilen nur unter der Voraussetzung erfolgen kann, dass beim Anteilinhaber die Voraussetzungen des § 108b Abs 1 Z 2 EStG 1988 eingetreten sind (Z1) und dass der Anteilinhaber das depotführende Kreditinstitut beauftragt, den Gegenwert der zum Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen gemäß Z 1 vorhandenen Anteile oder die Anteile selbst an ein Versicherungsunternehmen als Einmalprämie für eine Pensionszusatzversicherung (§108b EStG 1988) zu überweisen (Z2). Der Gesetzgeber hat damit ein Vorsorgemodell geschaffen, das auf die persönlichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Steuerpflichtigen Bedacht nimmt und den Auszahlungsplan in Verbindung mit der abzuschließenden Pensionszusatzversicherung auf diese Verhältnisse und Bedürfnisse abstimmt (vgl. § 108b Abs 1 Z 2 EStG 1988). Vor dem Hintergrund dieses Konzeptes ist aber § 23g Abs 2 Z 2 InvFG 1993 jedenfalls so zu verstehen, dass der Auszahlungsplan für den betreffenden Steuerpflichtigen selbst zwingend in eine Pensionszusatzversicherung zu münden hat und Übertragungen und sonstige Verfügungen, die diesen höchstpersönlichen Charakter des Vorsorgemodells verändern (können), ausgeschlossen sein sollen. Der Nachversteuerungstatbestand des § 41 Abs 1 leg.cit. bezieht sich bei diesem Verhältnis daher auf jene Fälle, bei denen der Auszahlungsplan wegen des Todes des ursprünglichen Vertragspartners nicht erfüllt wird.

Wenn der Verordnungsgeber die Verpfändung, Veräußerung und Rückgabe ausdrücklich ausschließt, präzisiert er nur die gesetzgeberische Absicht, sodass § 1 Abs 2 Z 2 PIF-VO nicht gesetzwidrig ist.

2. a) Das antragstellende Gericht äußerte - wie oben ausgeführt - das weitere Bedenken, dass eine Bestimmung verfassungswidrig sei, wonach der Auszahlungsplan auch dann unwiderruflich sei, wenn sich die Geschäftsgrundlage geändert habe. Das antragstellende Gericht meint, dass der Gesetzgeber eine dauernde, auch durch außerordentliche Kündigung nicht beendbare Vertragsbindung verlangt. Dies stehe in einem "gravierenden Gegensatz zu den allgemeinen Grundsätzen zivilrechtlicher Rechtsgestaltung". Eine Bestimmung in einem Vertrag, die eine solche Bindung vorsähe, wäre gemäß § 879 ABGB sittenwidrig. Das Gesetz sei verfassungskonform so auszulegen, dass eine außerordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen sei. Anderenfalls sei das Gesetz, das eine langfristige unkündbare Bindung vorsähe, verfassungswidrig. Bei verfassungskonformer Auslegung seien jedenfalls die Worte "auch bei geänderter Geschäftsgrundlage" in § 1 Abs 2 der PIF-VO gesetzwidrig, da der Gesetzgeber damit die im Gesetz ohnehin nicht ausgeschlossene außerordentliche Kündigung verhindere.

b) Die mitbeteiligte Partei unterstützt in ihrer Äußerung die Anregung des Gerichtes auf Gesetzesprüfung für den Fall, dass eine (einschränkende) verfassungskonforme Auslegung nicht möglich sei.

c) Der Bundesminister für Finanzen entgegnete, dass die normierte Unwiderruflichkeit auch außerordentliche Kündigungen ausschlösse, was im Sonderfall einer Pensionsvorsorge abweichend von anderen Verträgen zulässig sein müsse. Der Bundesminister meint, dass dies sogar aus Gleichheitsgründen geboten erscheine. Des Weiteren meint der Bundesminister, dass eine Regelung eines Gesetzes oder einer Verordnung gar nicht sittenwidrig im Sinne des Zivilrechtes sein könne. § 879 ABGB würde zunächst Vereinbarungen, die gegen ein Gesetz verstoßen, als nichtig betrachten, sodass jene Bestimmung, die Nichtigkeit auch bei Verstoß gegen die guten Sitten vorsieht, nur subsidiäre Bedeutung habe. Vorweg sei zu prüfen, ob gegen ein Gesetz verstoßen wird. Der Bundesminister zieht daraus unter Hinweis auf oberstgerichtliche Judikatur (vgl. EvBl. 1967, 368) den Schluss, dass etwas, was in einem Gesetz oder in einer Verordnung ausdrücklich erlaubt oder gar angeordnet ist, nicht gegen die guten Sitten verstoßen könne. Er führt dann Folgendes aus:

"Aus einem anderen Grund kann eine Bindung in einem Auszahlungsplan für einen Pensionsinvestmentfonds nicht den guten Sitten widersprechen. Der Verstoß einer Vereinbarung eines länger laufenden Vertrages gegen die guten Sitten wird insbesonders mit dem Schutz vor wirtschaftlicher Übervorteilung begründet. Dies ergibt sich bereits aus der Natur eines Vertrages, der letztendlich eine Willensübereinstimmung der beiden Vertragsteile ist und anzunehmen ist, dass zu einer solchen Übervorteilung freiwillig eine Zustimmung erteilt wird. Bei Pensionsvorsorgen sind jedoch zusätzlich Beurteilungsgrundsätze miteinzubeziehen. Pensionsvorsorgeprodukte sind Produkte, die grundsätzlich einem ganz bestimmten Zweck dienen. Dies liegt darin, Kapital anzusparen und für eine spätere Rente zu widmen. Es ist jedoch bei Vertragsabschluss bekannt, dass diese Widmung eine endgültige ist.

Dafür bestehen für sie sowohl steuerliche Anreize als auch besonders Aufsichtspflichten durch den Staat. Die steuerlichen Anreize, sollen dazu dienen, ein bestimmtes Lenkungsziel zu erreichen, was letztendlich auch auf eine Entlastung des öffentlichen Haushaltes hinausläuft. Es muss aber umgekehrt möglich sein, Maßnahmen zu schaffen, um dieses Lenkungsziel zu erreichen. Dies besteht bei allen Pensionsvorsorgeprodukten einschließlich der gesetzlichen Pensionsvorsorge darin, dass ein Anspruch auf eine Pension - von der Auszahlung eines Anspruches unter einem Bagatellbetrag unter Vorliegen ganz bestimmter Umstände bei einer Pensionskasse abgesehen - erworben wird. Ein Erwerber eines solchen Vorsorgemodells weiß somit, dass er über den einbezahlten Betrag nur durch den Bezug einer Rente verfügen kann. Dies ist ihm auch schon vor der Einzahlung bekannt. Unbestritten ist sicher, dass er sich dabei des Rechtes auf freie Verfügbarkeit begibt und somit eine Einschränkung seines Eigentumsrechtes vornimmt. Diese Einschränkung geschieht jedoch in einer Weise, die nicht mit verfassungsgesetzlich garantiertem Schutz des Eigentumsrechtes in Konflikt steht. Ein solcher Eingriff setzt eine hoheitliche Maßnahme in ein bestehendes Eigentumsrecht, wogegen sich der Eigentümer nicht wehren kann. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Einschränkungen waren schon bei Eingehen des Vertrages (Kauf des PIF-Anteiles) bekannt. Wenn der Erwerber nach erfolgtem Kauf nur noch eingeschränkt über seinen einbezahlten Betrag verfügen kann, so ist dies die Folge der ursprünglichen Anlageentscheidung, somit einer freien Entscheidung des Anlegers und nicht Folge eines unmittelbaren hoheitlichen Eingriffs. Schon gar nicht ist es die Folge eines Eingriffs, wogegen keine Handhabe besteht. Dem Anleger steht es frei eine andere Anlageentscheidung zu treffen. Er kann dabei ein Produkt wählen, über das er sowohl jederzeit verfügen als auch im späteren Alter frei verrenten kann. Es wird ihm nur dann allerdings weder der steuerliche Vorteil noch ein Anspruch auf staatliche Prämie zuteil, noch unterliegt dieses Produkt einer besonderen Aufsichts- und Veranlagungspflicht.

Weiters ist zu beachten, dass es - wie oben bereits dargelegt - neben dem Pensionsinvestmentfonds noch andere Pensionsvorsorgen gibt, mit denen der Pensionsinvestmentfonds in Konkurrenz tritt. Bei diesen anderen Pensionsvorsorgen ist grundsätzlich keine vorzeitige Abfindung vorgesehen. Es kann nicht als sittenwidrig gelten, wenn für einen PIF-Anteil die selbe Regelung vorgesehen wird. Anderenfalls wären auch Versicherungsprodukte bzw. der Anspruch aus Pensionskassen sittenwidrig.

Drittens darf festgehalten werden, dass der Verfassungsgerichtshof nicht befugt ist, eine Überprüfung einer Norm nach dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit vorzunehmen. Abgesehen davon, dass - wie oben bereits dargestellt - gesetzliche Erlaubtheit Sittenwidrigkeit überhaupt ausschließt, überprüft der Verfassungsgerichtshof Gesetze oder Verordnungen nur nach den in den Bundesverfassungsgesetzen festgelegten vorgesehenen Anforderungen. Nun mag zwar der Begriff der guten Sitten mit fundamentalen Rechtsgrundsätzen umschrieben werden. Im Bereich des Verfassungsrechtes sind diese fundamentalen Rechtsgrundsätze jedoch konkret ausgestaltet. Diese Grundsätze sind in der Bundesverfassung und ihren Grundprinzipien festgelegt. Nicht die Sittenwidrigkeit ist ein Maßstab für die Verfassung, sondern die Verfassung hat vielmehr Auswirkung auf die Auslegung des Begriffes der Sittenwidrigkeit (Drittwirkung von Grundrechten).

Dies übersieht das antragstellende Gericht, wenn es meint, es wäre eine Verordnung deshalb gesetzwidrig, weil sie sittenwidrig ist."

d) Wie bereits erwähnt, dient die Ansparung in einem Pensionsinvestmentfonds der Pensionsvorsorge, die der Gesetzgeber steuerlich begünstigt. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht des Bundesministers für Finanzen, dass es diesem Gesetzeszweck dient, wenn vorzeitige Auszahlungen durch die Festlegung eines unwiderruflichen Auszahlungsplanes verhindert werden sollen. Berücksichtigt man diesen klar erkennbaren Zweck des Gesetzes, so verbietet sich eine einschränkende Interpretation des Begriffes "unwiderruflicher Auszahlungsplan" auf das bloße Verbot einer ordentlichen Kündigung. Auf Grund der erwähnten sachlichen Rechtfertigung ergibt sich auch keine Notwendigkeit, aus verfassungsrechtlichen Gründen, etwa dem Schutz des Eigentums oder der Gleichheit, den Begriff "unwiderruflicher Auszahlungsplan" einschränkend auszulegen. Der Sinn des Gesetzes besteht darin, das angesparte Kapital zu thesaurieren, also so lange zu binden, bis es zur Auszahlung von Pensionsleistungen kommt oder durch andere Maßnahmen der Erhalt des Kapitals für spätere Pensionsauszahlungen gesichert ist (vgl. § 23g Abs 2 InvFG 1993). Wenn der Verordnungsgeber daher in § 1 Abs 2 PIF-VO Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplans auch für den Fall der geänderten Geschäftsgrundlage vorsieht, so präzisiert er damit nur die schon aus dem Gesetzestext hervorleuchtende Absicht des Gesetzgebers.

Im Gegensatz zur Meinung des Bundesministers für Finanzen ist der Verfassungsgerichtshof der Ansicht, dass die zivilrechtliche Sittenwidrigkeit sehr wohl ein Indiz dafür sein kann, dass eine gesetzliche Bestimmung, die zum Abschluss zivilrechtlich sittenwidriger Verträge zwingt, unsachlich und damit verfassungswidrig sein könnte. Andererseits ist Sittenwidrigkeit nicht mit Unsachlichkeit (Verfassungswidrigkeit) gleichzusetzen. Der Verfassungsgerichtshof vermag aber keine Unsachlichkeit darin zu erblicken, wenn der Gesetzgeber bei einer - noch dazu steuerbegünstigten - Sparform für einen bestimmten Zweck (Pensionsvorsorge), der naturgemäß erst langfristig erreicht werden kann, eine langfristige Bindung des eingesetzten Kapitals vorsieht.

Die Worte "auch bei geänderter Geschäftsgrundlage" sind daher nicht gesetzwidrig.

e) Aus den angeführten Gründen hegt der Verfassungsgerichtshof auch keine Bedenken gegen das Erfordernis eines unwiderruflichen Zahlungsplanes und vermag daher der Anregung des antragstellenden Gerichtes, ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich jener Bestimmung einzuleiten, die dies vorsieht, nicht zu folgen.

3. a) Weiters vermeint das antragstellende Gericht, dass das "Ministerexemplar" der PIF-VO, das die Unterschrift des Bundesministers trägt, nicht den Abs 3 des § 1 der Verordnung enthält und § 1 Abs 3 der genannten Verordnung daher schon deshalb gesetzwidrig sei.

b) Der Bundesminister für Finanzen hat den Verordnungsakt vorgelegt. Das in diesem Akt liegende Ministerexemplar vom , unterschrieben vom damaligen Bundesminister für Finanzen, enthält jedoch § 1 Abs 3 der genannten Verordnung. Die Bedenken des antragstellenden Gerichtes sind somit ausgeräumt.

4. a) Das antragstellende Gericht hält ferner § 1 Abs 3 PIF-VO für gesetzwidrig und begründet dies wie folgt:

"bb) Sollte § 1 Abs 3 PIF VO jedoch aus irgendwelchen, dem antragstellenden Gericht nicht bekannten Gründen mit dem aufgezeigten Formalverstoß nicht behaftet sein, so ist der Rückgriff des Verordnungsgebers auf § 39 BWG für das antragstellende Gericht fürs erste ein Indiz, dass die Kreditinstitute aufgrund der Gesetzeslage nicht verpflichtet wären, den unwiderruflichen Auszahlungsplan als unwiderruflich (im Sinn der Verordnung) zu behandeln und sich sämtlichen Abänderungswünschen des Erwerbers auf alle Zukunft zu widersetzen. Ein zwischen dem depotführenden Kreditinstitut einerseits und dem unbeschränkt Steuerpflichtigen anderseits abgeschlossener unwiderruflicher Vertrag (Auszahlungsplan) kann nach Zivilrecht einvernehmlich jederzeit geändert werden. Diesfalls treffen den Erwerber (aber eben nur den Erwerber und nicht auch die Depotstelle) abgabenrechtliche Nachteile. Durch § 1 Abs 3 der Verordnung soll aber ganz offenkundig auch das Kreditinstitut in die Pflicht genommen werden.

Eine gesetzliche Grundlage hiefür ist für das antragstellende Gericht nicht zu erkennen.

§ 1 Abs 3 der Verordnung bezieht sich auf § 39 BWG (eine Bestimmung, die im X. Abschnitt des BWG enthalten ist, der nur zwei Paragraphe enthält und unter der Überschrift 'Sorgfaltspflicht und Geldwäscherei' steht). Nach Ansicht des antragstellenden Gerichtes kann § 39 BWG nicht Grundlage für eine (gegenüber der Finanzverwaltung sanktionslos verletzbare und nur anderweits sanktionierte) Pflicht gelten, 'eine Missachtung des unwiderruflichen Auszahlungsplanes durch Inhaber von Pensionsinvestmentfonds hintanzuhalten'.

* § 39 Abs 3 BWG betrifft - um pointiert mit einem besonders auffälligen Fall zu beginnen - die 'besonders sorgfältige' Prüfungspflicht hinsichtlich jeder Transaktion, deren Art besonders nahe legt, dass sie mit Geldwäscherei zusammenhängen könnte.

Ein Zusammenhang mit Pensionsinvestmentfondsanteilen ist nicht zu erkennen.

* § 39 Abs 4 betrifft Risikopositionen des Wertpapier-Handelsbuches etc.

Ein Zusammenhang mit Pensionsinvestmentfondsanteilen ist auch hier nicht zu erkennen.

* § 39 Abs 2 BWG betrifft die Verpflichtung der Kreditinstitute, jene Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren einzurichten, die für die Erfassung und Beurteilung der bankgeschäftlichen oder bankbetrieblichen Risiken eines Kreditinstitutes etc. erforderlich sind.

Auch mit Risken der im § 39 Abs 2 BWG umschriebenen Art hat der rechtsgeschäftliche Kontakt mit einem Erwerber eines Anteiles an einem Pensionsinvestmentfonds nichts zu tun.

* Was verbleibt, ist der Abs 1 des § 39 BWG. Dieser legt den Geschäftsleitern eines Kreditinstitutes eine Sorgfaltspflicht (§84 Abs 1 AktG) auf und verpflichtet sie hiebei, sich 'insbesondere über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken zu informieren, diese angemessen zu begrenzen und Risikogleichkäufe zu beachten. Weiters haben sie auf die gesamte Ertragslage des Kreditinstitutes Bedacht zu nehmen. Besondere Sorgfalt ist bei 'neuartigen Geschäften', über deren Risikogehalt keine Erfahrungswerte bestehen, geboten.

Auch insoweit ist kein Zusammenhang mit dem hier behandelten Problem zu erkennen.

Keiner der Absätze des § 39 BWG kann demzufolge diese Verpflichtung lt. § 1 Abs 3 der Verordnung tragen.

Es ist auch nicht zu erkennen, welche konkreten außerabgabenrechtlichen Sanktionen der Verordnungsgeber im Auge hat, wenn die Kreditinstitute die ihnen im § 1 Abs 3 der Verordnung auferlegten Pflichten nicht erfüllen. Davon hängt es aber letztlich ab, ob eine Außerachtlassung dieser Norm der beklagten Depotbank zumutbar ist.

cc) Unter alleiniger Anwendung des wie immer auszulegenden § 39 BWG können die Kreditinstitute keineswegs im Hinblick auf die dort genannte Sorgfaltspflicht gesetzlich als verpflichtet angesehen werden, alle zulässigen Veranlassungen zu treffen, um eine 'Missachtung' des unwiderruflichen Auszahlungsplanes durch Inhaber von Pensionsinvestmentfonds hintanzuhalten. Die dort genannte(n) Sorgfaltspflicht(en) betrifft/betreffen ganz andere Bereiche und erfordert/erfordern zur Erfüllung der insoweit gesetzlich angesprochenen Bereiche keineswegs Veranlassungen, um die schon mehrfach erwähnte 'Missachtung' (durch Dritte!) hintanzuhalten.

Sollte die Verordnung meinen, eine solche Pflicht aus einer allgemeinen Sorgfaltspflicht ableiten zu können, so ist dem entgegenzuhalten, dass weder die besondere Sorgfaltspflicht des § 39 BWG noch eine allgemeine Sorgfaltspflicht diese spezielle Verpflichtung gesetzeskonform tragen kann.

Die Verordnung ist formell auch als solche gar nicht (was bloß einen illustrativen Hinweis darstellt und für sich allein wohl keine Gesetzwidrigkeit beweisen könnte) auf § 39 BWG gestützt (siehe die Präambel der Verordnung).

Die bereits dargestellte Verpflichtung (Inpflichtnahme) besteht daher allein auf Grund der Verordnung, wobei die aufgezeigten Argumente dafür sprechen, dass die Verordnung diese Pflicht in gesetzwidriger Weise auferlegt.

Dass die Antragstellung des Gerichtes auch die zuletzt behandelte Verordnungsstelle umfasst, ist deshalb geboten, weil das Gericht für seine Entscheidung wissen muss, ob die beklagte Partei als anteilsdepotführende Stelle durch diese Verordnungsstelle rechtmäßig in die Pflicht genommen ist."

b) Hiezu führt der Bundesminister für Finanzen in seiner Äußerung Folgendes aus:

"§39 BWG enthält Bestimmungen über die Sorgfaltspflicht, die im Bankgeschäft zu beachten sind. Im ersten Satz des § 39 Abs 1 BWG findet sich zunächst eine allgemeine Verpflichtung, hinsichtlich der Sorgfaltspflicht. Erst in weiterer Folge finden sich genauere Konkretisierungen, welche das antragstellende Gericht auch erwähnt. Diese Konkretisierungen sind jedoch keinesfalls als erschöpfend, sondern nur als beispielhaft zu sehen.

§ 39 Abs 1 erster Satz BWG normiert die allgemeine Grundregelung durch einen Verweis auf § 84 Abs 1 AktG. Durch diesen Verweis wird die für die im Aktienrecht geltende Sorgfaltspflicht auf alle Kreditinstitute, unabhängig von ihrer Rechtsform übertragen. Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der Sorgfalt ist daher zunächst vom Aktiengesetz auszugehen.

§ 84 Abs 1 erster Satz AktG besagt jedoch lediglich, dass die Vorstandsmitglieder bei Ihrer Geschäftsleitung die 'Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters' anzuwenden haben. Was darunter zu verstehen ist, wird in den folgenden Bestimmungen des Aktiengesetzes dargelegt. Diese Darlegung ist jedoch ebenfalls nur beispielhaft und nicht als erschöpfende Aufzählung anzusehen. Der eigentliche Maßstab der Sorgfalt wird somit durch eine Generalklausel bezeichnet, die zugleich ein normativer Begriff ist. Was diese konkretisierungsbedürftige Generalklausel im Einzelnen bedeutet, ist im jeweiligen Anlassfall zu bestimmen (siehe Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 84 RZ 95).

Für den Bereich der Kreditinstitute nimmt - wie das antragstellende Gericht auch darlegt - eine entsprechende Konkretisierung der § 39 BWG in weiterer Folge selbst vor. Diese Konkretisierungen sind jedoch ebenso wie die dem § 84 Abs 1 AktG folgenden Bestimmungen keineswegs erschöpfende Aufzählungen. Der vom antragstellenden Gericht angesprochene Abs 3 des § 39 BWG zeigt hingegen klar, wie weit diese Sorgfaltspflicht bei Banken geht. ... Dieser Gesamtzusammenhang ergibt entsprechende Rückschlüsse wie weit die Generalklausel auszulegen ist, muss doch diese Konkretisierung dann auch in der generellen Norm Deckung finden. Aus dieser Verpflichtung in Bezug auf Geldwäsche wird zunächst die besondere Bedeutung der Banken im öffentlichen Wirtschaftsleben untermauert. Diese besondere Bedeutung bringt allerdings auch besondere Verantwortung mit sich. Diese besondere Verantwortung schlägt sich auch in einer besonderen Sorgfaltspflicht nieder, welche öffentlichrechtlichen Verpflichtungen schon sehr nahe kommt.

Eine entsprechende weitere Konkretisierung einer allgemein gehaltenen Bestimmung kann allerdings auch im Wege einer Verordnung erfolgen. Wie bereits ad I dargelegt, steht es den zur Vollziehung des jeweiligen Gesetzes zuständigen Behörden zu, derartige Konkretisierungen mittels Verordnung vorzunehmen. Eine derartige Verordnung darf aber ein bestehendes Gesetz lediglich konkretisieren. Gesetzeswidrig wäre die Verordnung nur dann, wenn sie über das Gesetz hinausgeht. Angesichts der weit auszulegenden Sorgfaltspflicht des § 39 BWG liegt dies hinsichtlich des § 1 Abs 3 PIF-VO nicht vor."

c) § 39 BWG verpflichtet die Geschäftsleiter eines Kreditinstitutes, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 84 Abs 1 Aktiengesetz (AktG) anzuwenden. Die nachfolgenden Absätze ergänzen die im ersten Absatz enthaltene Generalklausel.

§ 84 Abs 1 AktG, auf den in § 39 Abs 1 BWG verwiesen wird, lautet:

"§84. Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der

Vorstandsmitglieder

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Über vertrauliche Angaben haben sie Stillschweigen zu bewahren."

Der Verfassungsgerichtshof vermag die Ansicht des antragstellenden Gerichtes, das depotführende Kreditinstitut werde durch § 1 Abs 3 PIF-VO in die Pflicht genommen, ohne dass es hiefür eine gesetzliche Grundlage gäbe, nicht zu teilen. Die in den Anlassverfahren beklagte depotführende Bank ist eine Aktiengesellschaft, die bereits nach dem § 39 Abs 1 BWG und iVm § 84 AktG verpflichtet ist, die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (vgl. auch § 23 Abs 4 InvFG 1993) und sich daher auch nicht an rechtswidrigen Handlungen ihrer Kunden zu beteiligen. Eine solche rechtswidrige Handlung wäre aber die Missachtung der Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplanes. Eine depotführende Bank eines Pensionsfonds, die die unwiderruflichen Auszahlungspläne einvernehmlich mit Kunden abändern würde, würde den rechtlichen Charakter des Pensionsinvestmentfonds, der nach den gesetzlichen Vorgaben zur Thesaurierung des Vermögens der Kunden verpflichtet, rechtlich in Frage stellen und damit ihre Sorgfalt verletzen.

Depotführenden Banken werden also durch den § 1 Abs 3 PIF-VO keine Verpflichtungen auferlegt, die sie nicht ohnehin schon auf Grund ihrer Sorgfaltspflicht hätten. Daher wiederholt die angefochtene Bestimmung nur, was das Gesetz ohnehin, wenngleich in Generalklauseln und nicht in einzelnen detaillierten Spezialbestimmungen, vorsieht.

Der dritte Absatz des § 1 PIF-VO war daher nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

V. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.