VfGH vom 01.07.2015, UA6/2015 ua
Leitsatz
Keine Verpflichtung der Finanzmarktbeteiligung AG zur Vorlage von Akten und Unterlagen an den Hypo-Untersuchungsausschuss; keine Informationspflicht ausgegliederter Rechtsträger ohne hoheitliche Befugnisse
Spruch
I. Die Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes ist nicht verpflichtet, dem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria Akten und Unterlagen vorzulegen.
II. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anträge
1. Mit ihrem zu UA6/2015 protokollierten Antrag begehren die Erstantragsteller,
"[d]er Verfassungsgerichtshof möge über die aufgezeigten Meinungsverschiedenheiten gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG entscheiden und
a. feststellen, dass die Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes der Verpflichtung zur Vorlage von Beweismitteln an den Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo Untersuchungsausschuss) aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nachzukommen und alle Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsausschusses ohne Vornahme von Abdeckungen an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln hat;
b. in eventu feststellen, dass die Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes verpflichtet ist, dem Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo Untersuchungsausschuss) folgende Akten und Unterlagen nunmehr unabgedeckt vorzulegen:
E-Mail der Hypo Alpe Adria an die FIMBAG vom betreffend 'HAA: Ausübung der Informationspflicht gem. vertraglicher Vereinbarungen. Informationen betreffend Insolvenzfall S[.] D[.]' samt aller Beilagen
c. in eventu der Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes die Vorlage des unter b. genannten Aktenstückes ohne Abdeckungen auftragen."
2. Mit ihrem auf Art 138b Abs 1 Z 4 B VG gestützten, zu UA7/2015 protokollierten Antrag begehrt die Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes (in der Folge: FIMBAG),
"der Verfassungsgerichtshof möge,
i) […] über die aus dem Antrag und dem Beharrungsbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses hervortretende Meinungsverschiedenheit erkennen; und
ii) insbesondere feststellen, dass
a) es dem vorlagepflichtigen Organ im Zuge der Beweisanforderung eines Untersuchungsausschusses obliegt vorab zu prüfen und festzulegen, in welchem Umfang Akten und Unterlagen des vorlagepflichtigen Organs vom Untersuchungsgegenstand gedeckt und daher dem Untersuchungsausschuss vorzulegen sind;
b) ein vorlagepflichtiges Organ Informationen, welche vom Untersuchungsgegenstand nicht umfasst sind und bezüglich derer daher kein Sachzusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand besteht, dem Untersuchungsausschuss nicht vorlegen darf, und das vorlagepflichtige Organ daher berechtigt ist, derartige Informationen durch Nichtvorlage bzw Abdecken oder Schwärzen von der Offenlegung auszunehmen;
c) ein vorlagepflichtiges Organ jene Informationen in Akten und Unterlagen, welche aufgrund des Bankgeheimnisses gemäß § 38 BWG einer Geheimhaltungspflicht unterliegen, dem Untersuchungsausschuss nicht vorlegen darf, sodass derartige Informationen durch Nichtvorlage, Abdecken oder Schwärzen von der Offenlegung auszunehmen sind;
d) FIMBAG bei der Vorlage der im Beharrungsbeschluss gemäß § 27 Abs 4 VO-UA des Hypo-Untersuchungsausschusses vom genannten Akten und Unterlagen rechtskonform gehandelt hat."
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Art 53 und Art 138b Abs 1 Z 4 B VG, BGBl 1/1930 idF BGBl I 101/2014, lauten:
"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.
(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.
(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 gefährden würde.
(4) Die Verpflichtung gemäß Abs 3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.
(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann.
Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über
[…]
4. Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs;
[…]"
2. § 56f Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl 85 idF BGBl I 101/2014, (in der Folge: VfGG) lautet:
"d) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen
§56f. (1) Ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel der Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß § 27 Abs 4 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates: 'Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse' zwei Wochen vergangen sind.
(2) Bis zur Verkündung bzw. Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.
(3) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde."
3. § 27 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse), BGBl 410/1975 idF BGBl I 99/2014, (in der Folge: VO-UA), lautet:
"Vorlage von Beweismitteln
§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß § 24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß § 25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß § 24 Abs 4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß § 26 Abs 2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.
(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.
(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.
(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs 1 oder Abs 3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.
(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs 4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs 4 beschließt.
(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."
4. § 2 Abs 1 und 2 sowie § 3 des Bundesgesetzes über Maßnahmen zur Sicherung der Stabilität des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilitätsgesetz – in der Folge: FinStaG), BGBl I 136/2008 idF BGBl I 37/2015, lautet:
"Instrumente
§2. (1) Dem Bundesminister für Finanzen stehen nachstehende Instrumente zum Zwecke der Rekapitalisierung zur Verfügung:
1. die Übernahme von Haftungen (insbesondere Garantien, Bürgschaften, Schuldbeitritt) für Verbindlichkeiten des betroffenen Rechtsträgers;
2. die Übernahme von Haftungen (insbesondere Garantien, Bürgschaften, Schuldbeitritt) für Verbindlichkeiten gegenüber dem betroffenen Rechtsträger;
3. die Gewährung von Darlehen sowie Zuführung von Eigenmitteln (Teil 2 der Verordnung (EU) Nr 575/2013) an Kreditinstitute und von Kapital gemäß § 73b VAG an Versicherungsunternehmen;
4. der Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder Wandelanleihen in Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen;
5. der Erwerb von bestehenden Gesellschaftsanteilen durch Rechtsgeschäft;
6. die Übernahme des Gesellschaftsvermögens im Wege der Verschmelzung nach § 235 Aktiengesetz (AktG), BGBl Nr 98/1965.
Für Maßnahmen gemäß Z 1 bis 6 sind ein marktkonformes Entgelt und Zinsen vorzusehen. Bei der Ausübung der Instrumente gemäß Z 1 bis 6 ist mit dem Bundeskanzler das Einvernehmen herzustellen.
(2) Bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens gegenüber ihren Gläubigern steht dem Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, sofern mit den Instrumenten des Abs 1 nicht das Auslangen gefunden werden kann oder diese nicht oder nicht rechtzeitig eingesetzt werden können, zur Abwendung eines schweren volkswirtschaftlichen Schadens weiters das Instrument der Übernahme von Eigentumsrechten des betroffenen Rechtsträgers zur Verfügung. Die Übernahme von Eigentumsrechten erfolgt durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung werden die Eigentümerrechte verbriefende Wertpapiere gegenstandslos. Die Verordnung hat die näheren Einzelheiten für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen zu bestimmen. Für die Anteilseigner ist über Antrag durch Bescheid des Bundesministers für Finanzen eine angemessene Entschädigung festzusetzen. Gegen diesen Bescheid ist kein Rechtsmittel zulässig. Er tritt jedoch außer Kraft, wenn binnen vier Wochen ab Zustellung beim zuständigen Gericht ein Antrag auf Neufestsetzung der Entschädigung gestellt wird. Auf das Neufestsetzungsverfahren sind die diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes (EisbEG), BGBl Nr 71/1954, sinngemäß anzuwenden.
[…]
Abwicklung
§3. (1) Die Haftungsübernahmen nach § 2 Abs 1 Z 1 und 2 können nur durch schriftliche Vereinbarung erfolgen.
(2) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Durchführung konkreter Maßnahmen nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 und 6 an die ÖBIB als Bevollmächtigte des Bundes nach §§1002 ff ABGB zu übertragen. Die näheren Grundsätze für die Ausgestaltung der Maßnahmen, insbesondere Bestimmungen über ein Entgelt, sind vom Bundesminister für Finanzen mit der Übertragung der Durchführung der Maßnahme zu bestimmen. In diesen Vereinbarungen sind von § 66 BHG abweichende Regelungen zulässig; Rechte im Sinne des § 66 Abs 2 Z 1 BHG sind jedenfalls vorzusehen.
(3) Ebenso können Maßnahmen nach § 2 Abs 1 Z 4 und 5 durch die Erteilung entsprechender Aufträge an die ÖBIB umgesetzt werden; diesfalls erwirbt die ÖBIB die Gesellschaftsanteile in eigenem Namen und auf eigene Rechnung.
(4) Die vom Bund nach § 2 Abs 2 übernommenen Gesellschaftsanteile können an die ÖBIB übertragen werden.
(5) Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen hat die ÖBIB eine Gesellschaft nach den Bestimmungen des AktG zu gründen und zu errichten, deren Stammkapital zur Gänze im Eigentum der ÖBIB steht. Der Unternehmensgegenstand hat ausschließlich die Durchführung von Maßnahmen zu umfassen, die der ÖBIB nach den Abs 2 bis 4 übertragen werden können. Bei dieser Gesellschaft ist ein Aufsichtsrat einzurichten. Der nicht auf die Arbeitnehmer entfallende Teil der Mitglieder des Aufsichtsrates und die Vorstände sind nach Vorschlag der Bundesregierung zu bestellen. Sofern in diesem Bundesgesetz auf die ÖBIB Bezug genommen wird, ist darunter auch diese Tochtergesellschaft zu verstehen.
(6) Im Fall eines auf dieses Bundesgesetz gestützten Beteiligungserwerbs an Kreditinstituten oder Versicherungsunternehmen gelten die Anforderungen an Eigentümer und deren Verpflichtungen nach § 20 BWG und § 11b VAG als erfüllt.
(7) In jenen Fällen, in denen ein Mitglied eines Organs der FIMBAG Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes (FIMBAG) in Ausübung der ihm obliegenden Tätigkeiten einer vom Bund und der FIMBAG verschiedenen Rechtsperson rechtswidrig und schuldhaft einen Schaden zugefügt hat und dieses dem Geschädigten gegenüber haften würde, haftet gegenüber dem Geschädigten, ausgenommen bei vorsätzlicher Schädigung, nicht das Mitglied des Organs, sondern unmittelbar der Bund nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Dieser kann beim verantwortlichen Mitglied des Organs Rückersatz nehmen. Auf den Rückersatz kommen die Bestimmungen über den Regress nach dem Bundesgesetz, womit die Haftung des Bundes, der Länder, der Bezirke, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für den in Vollziehung der Gesetze zugefügten Schaden geregelt wird, (AHG), BGBl Nr 20/1949, sinngemäß zur Anwendung. Die Rückersatznahme ist im Falle der groben Fahrlässigkeit auf einen Betrag in Höhe des 225-fachen des Monatsgehalts eines Beamten der allgemeinen Verwaltung der Funktionsgruppe A 1/9, Gehaltsstufe 1, je Mitglied des Organs begrenzt."
5. § 10 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Festlegung näherer Bestimmungen über die Bedingungen und Auflagen für Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz und dem Interbankmarktstärkungsgesetz, BGBl II 382/2008, (in der Folge: FinStaG-VO) lautet:
"Information
§10. Der Begünstigte hat dem Bundesminister für Finanzen oder einem von ihm Beauftragten, insbesondere der Gesellschaft gemäß § 3 Abs 5 FinStaG, jederzeit Auskünfte zu erteilen, Buch- und Betriebsprüfung zu ermöglichen und sämtliche Unterlagen vorzulegen. Auskünfte sind an den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler zu erteilen."
III. Antragsvorbringen
1. Den Anträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Der Nationalrat hat in seiner Sitzung vom einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (in der Folge: Hypo-Untersuchungsausschuss) eingesetzt, dessen Gegenstand "die Vollziehung des Bundes im Zusammenhang mit der Hypo Group Alpe-Adria bzw. deren Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger in den Jahren 2000 bis inklusive 2014" ist.
1.2. In seinem grundsätzlichen Beweisbeschluss (Anlage 2 zu AB 484 BlgNR 25. GP) bezeichnet der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates unter Punkt 23. die "Finanzmarktbeteiligungs-AG (FIMBAG)" als vom Untersuchungsgegenstand betroffenes Organ, welches gemäß § 24 VO-UA "ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes" binnen vier Wochen vorzulegen habe. Im Speziellen werde darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der in den Punkten 22. bis 24. genannten Organe "die Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen nur für jene Bereiche besteht, bezüglich derer sie Bundes- bzw. Landesgesetze vollzogen haben oder sonst hoheitlich [t]ätig waren."
1.3. Mit Schreiben vom ersuchte die Präsidentin des Nationalrates als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses die FIMBAG unter Bezugnahme auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss "um vollständige, unverzügliche Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes" spätestens binnen vier Wochen.
1.4. Die FIMBAG übermittelte zwei elektronische Datenträger und 14 Ordner, wies in einem Schreiben vom jedoch u.a. darauf hin, dass "Daten, die im Sinne des BWG Bankgeheimnis-relevante Informationen enthalten, […] zur Wahrung dieser Verpflichtung unkenntlich gemacht [wurden]."
1.5. In seiner Sitzung vom fasste der Hypo-Untersuchungsausschuss den (näher begründeten) Beschluss, "[d]ie Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes [aufzufordern], innerhalb einer Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur Vorlage von Beweismitteln an den [Hypo-Untersuchungsausschuss] nachzukommen und dem Untersuchungsausschuss im Umfang des Untersuchungsgegenstandes insbesondere folgende [']Akten und Unterlagen['], die auf Grund des § 38 Abs 1 BWG abgedeckt wurden, nunmehr unabgedeckt vorzulegen:
E-Mail der Hypo Alpe Adria an die FIMBAG vom betreffend 'HAA: Ausübung der Informationspflicht gem. vertraglicher Vereinbarungen. Informationen betreffend Insolvenzfall S[.] D[.]'"
1.6. Dieser Beschluss wurde der FIMBAG am zugestellt. In ihrem Schreiben vom teilte die Zweitantragstellerin dem Parlamentsdirektor u.a. mit, dass sich die FIMBAG auf Grund der zwingenden Rechtslage (der bei Verletzung des Gebotes der Einhaltung des Bankgeheimnisses gemäß dem Bundesgesetz über das Bankwesen [Bankwesengesetz – BWG] zu gewärtigenden Sanktionen) genötigt sehe, mitzuteilen, dass die im Beschluss ausgewiesene rechtliche Begründung nicht geteilt werde. Auf Grund der dargelegten Rechtsmeinung sehe sich die FIMBAG nicht imstande, der Aufforderung gemäß Beschluss vom Folge zu leisten.
2. Zu ihrer Antragslegitimation führt die FIMBAG aus, sie werde gemäß dem grundsätzlichen Beweisbeschluss ausdrücklich in Z 23 des Unterabschnittes "Bezeichnung der betroffenen Organe" als ein zur vollständigen Aktenvorlage iSd § 24 VO-UA verpflichtetes Organ angeführt. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG setze einen Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organes voraus. Der Begriff des "informationspflichtigen Organes" werde im Gesetz nicht näher definiert. Ausdrücklich geklärt sei in Art 53 Abs 3 B VG lediglich, dass alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen des Untersuchungsausschusses Folge zu leisten haben. Aus den Gesetzesmaterialien gehe hervor, dass es der Wille des Gesetzgebers gewesen sei, die bisherige Regelung des Art 53 Abs 3 B VG (idF BGBl I 100/2003), der bislang nur eine Verpflichtung für Gerichte, alle anderen Behörden und öffentliche Ämter vorsah, auszudehnen. Art 53 Abs 3 B VG sollte über die bisher Verpflichteten auch Beliehene treffen, soweit diese Angelegenheiten besorgen würden, die in die Vollziehung des Bundes fielen. Nicht zuletzt der Verfassungsgerichtshof habe durch seine Stellungnahme im Begutachtungsverfahren aufgezeigt, dass sich der Organbegriff des Art 138b Abs 1 Z 4 B VG von jenem des Art 53 Abs 3 B VG unterscheide und eine vom Gesetzgeber letztlich nicht aufgegriffene Klarstellung angeregt. Daher bestehe diesbezüglich ein Klärungsbedarf. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Organstellung der FIMBAG iSd Art 138b Abs 1 Z 4 B VG in Frage zu stellen sei. Dies hätte zur Konsequenz, dass der FIMBAG mangels Organstellung keine Aktivlegitimation zur Stellung des zu UA7/2015 protokollierten Antrages zukäme. Diesfalls wäre freilich auch dem Vorwurf, dass die FIMBAG ihrer Aktenvorlagepflicht nicht im ausreichenden Maße nachgekommen sei, die Grundlage entzogen.
3. Die Erstantragsteller gehen in ihrem Antrag auf diese Frage nicht ein.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit der in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge
1.1. Gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs.
1.2. Nach Art 53 Abs 3 erster Satz B VG haben u.a. alle Organe des Bundes einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung u.a. ihre Akten und Unterlagen vorzulegen. Gemäß § 27 Abs 1 erster Satz und Abs 3 VO-UA haben u.a. Organe des Bundes Beweisbeschlüssen iSd § 24 leg.cit. und ergänzenden Beweisanforderungen iSd § 25 leg.cit. unverzüglich zu entsprechen, bei einem Nicht- oder teilweisem Entsprechen ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten. Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß § 27 Abs 1 oder 3 VO-UA nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ gemäß § 27 Abs 4 leg.cit. (schriftlich begründet) auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Nach § 27 Abs 5 leg.cit. entscheidet der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist des § 27 Abs 4 VO-UA anruft oder der Ausschuss eine Anrufung auf Grund eines schriftlichen Antrages nach Ablauf der Frist des § 27 Abs 4 leg.cit. beschließt. Ein solcher Antrag ist nach § 56f Abs 1 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß § 27 Abs 4 VO-UA zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach § 56f Abs 3 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.
1.3. Im vorliegenden Fall fasste der Hypo-Untersuchungsausschuss am den (schriftlich begründeten) Beschluss, die FIMBAG gemäß § 27 Abs 4 VO UA aufzufordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ein näher bezeichnetes Aktenstück unabgedeckt vorzulegen. Dieser Beschluss wurde am als "Kommuniqué des Hypo-Untersuchungsausschusses" gemäß § 20 Abs 2 VO-UA in sinngemäßer Anwendung des § 39 des Bundesgesetzes vom über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR) veröffentlicht und am der FIMBAG zugestellt.
1.4. Nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach-)Frist des § 27 Abs 4 VO-UA können binnen zwei Wochen von allen dazu Berechtigten Anträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden (vgl. § 27 Abs 5 leg.cit. und § 56f Abs 1 VfGG). Sowohl der zu UA6/2015 protokollierte Antrag eines Viertels der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses als auch der zu UA7/2015 protokollierte Antrag der FIMBAG sind am beim Verfassungsgerichtshof eingebracht worden.
1.5. Der nach dem Antrag "im Wege der Präsidentin des Nationalrats gem. § 106 GOG-NR [eingebrachte]", jedoch nicht von dieser, sondern mit einem Schreiben des Parlamentsdirektors an den Verfassungsgerichtshof übermittelte Antrag eines Viertels der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses ist (wie der am gleichen Tag eingebrachte Antrag der FIMBAG) innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der (Nach-)Frist des § 27 Abs 4 VO-UA eingelangt. Die Einhaltung der Bestimmung des § 106 GOG-NR bildet keine Prozessvoraussetzung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg 16.752/2002 zu einem Verfahren nach [nunmehr] Art 140 Abs 1 Z 2 B VG).
1.6. Der Begriff der Meinungsverschiedenheit wird für Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG – anders als für jene nach Art 126a B VG (vgl. § 36a Abs 1 VfGG) – nicht definiert. Das Konzept des (Verfassungs-)Gesetzgebers, das Art 53 Abs 3 und Art 138b Abs 1 Z 4 B VG zugrunde liegt und das in § 27 VO-UA sowie in § 56f VfGG näher ausgestaltet wird, lässt jedoch deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof angerufen werden kann, um die Klärung einer konkreten Meinungsverschiedenheit, im vorliegenden Fall der unterschiedlichen Auffassung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der unabgedeckten Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss, herbeizuführen. Einem solchen Antrag hat zwingend die an das Organ gerichtete (schriftlich begründete) Aufforderung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder voranzugehen, innerhalb einer (Nach-)Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur unverzüglichen Entsprechung von Beweisbeschlüssen nachzukommen, wenn das Organ dieser (im Beschluss näher zu umschreibenden) Verpflichtung nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder bis dahin nicht oder ungenügend nachgekommen ist. Dieser Beschluss gemäß § 27 Abs 4 VO-UA stellt den äußersten Rahmen eines möglichen Gegenstandes des Verfahrens nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG dar. Ein Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs an den Verfassungsgerichtshof konkretisiert schließlich das Vorliegen und den Umfang der Meinungsverschiedenheit und damit den Prozessgegenstand des Verfassungsgerichtshofes. Das Thema seiner Entscheidung ist jedenfalls durch den Umfang der Meinungsverschiedenheit begrenzt ( ua. mwN).
1.7. Dem am vom Hypo-Untersuchungsausschuss gefassten Beschluss gemäß § 27 Abs 4 VO-UA ist zu entnehmen, dass die FIMBAG zur unabgedeckten Vorlage eines näher bezeichneten Aktenstückes binnen einer Frist von zwei Wochen aufgefordert wurde.
1.8. Mit dem zu UA6/2015 protokollierten Antrag begehrt ein Viertel der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses, "[d]er Verfassungsgerichtshof möge über die aufgezeigten Meinungsverschiedenheiten gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG entscheiden und […] feststellen, dass die Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes der Verpflichtung zur Vorlage von Beweismitteln an den [Hypo- Untersuchungsausschuss] aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nachzukommen und alle Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsausschusses ohne Vornahme von Abdeckungen an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln hat[…] in eventu feststellen, dass die Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes verpflichtet ist, dem [Hypo-Untersuchungsausschuss ein in dessen Beschluss vom näher bezeichnetes Aktenstück] nunmehr unabgedeckt vorzulegen[…]".
1.9. In ihrem Hauptantrag nehmen die Erstantragsteller auf den grundsätzlichen Beweisbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses gemäß § 24 VO-UA und auf "alle Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsausschusses" Bezug. Damit überschreiten die Antragsteller den Beschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses vom gemäß § 27 Abs 4 VO-UA und somit den äußersten Rahmen eines Antrages nach Art 138b Abs 1 Z 4 B VG.
1.10. Der Hauptantrag des zu UA6/2015 protokollierten Antrages eines Viertels der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsausschusses ist daher unzulässig.
1.11. Mit dem ersten Eventualantrag begehren die Erstantragsteller die Feststellung der Verpflichtung der FIMBAG zur unabgedeckten Vorlage eines in dem gemäß § 27 Abs 4 VO-UA gefassten Beschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses vom konkret bezeichneten Aktenstückes. Damit wird – in Verbindung mit der Begründung des Antrages – in hinreichend konkreter Weise die Meinungsverschiedenheit umschrieben, zu deren Entscheidung der Verfassungsgerichtshof angerufen wird.
1.12. Der erste Eventualantrag des zu UA6/2015 protokollierten Antrages der Erstantragsteller ist daher zulässig.
1.13. Mit dem zu UA7/2015 protokollierten Antrag begehrt die FIMBAG in sehr allgemeiner Form, "der Verfassungsgerichtshof möge[…] gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG über die aus dem Antrag und dem Beharrungsbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses hervortretende Meinungsverschiedenheit erkennen".
1.14. Durch die Bezugnahme auf den "Beharrungsbeschluss" (damit ist die am beschlossene, an die FIMBAG gerichtete Aufforderung des Hypo-Untersuchungsausschusses gemäß § 27 Abs 4 VO-UA gemeint), der ein Aktenstück genau bezeichnet sowie die Verpflichtung konkret benennt, der die FIMBAG nach Auffassung des Untersuchungsausschusses ungenügend nachgekommen ist, in Verbindung mit der Begründung des Antrages zu UA7/2015 – ungeachtet der darin verwendeten Formulierung "insbesondere" – wird in hinreichend konkreter Weise dargetan, dass sich dieser Antrag gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG lediglich auf die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung durch die FIMBAG bezieht, das in der Aufforderung des Untersuchungsausschusses vom genannte Aktenstück unabgedeckt vorzulegen.
1.15. Insoweit ist der zu UA7/2015 protokollierte Antrag der FIMBAG zulässig.
1.16. Die darüber hinaus gestellten Feststellungsanträge der FIMBAG, welche (näher umschriebene) Prüfung ein vorlagepflichtiges Organ im Zuge der Beweisanforderung eines Untersuchungsausschusses vorzunehmen habe, welche Informationen ein vorlagepflichtiges Organ dem Untersuchungsausschuss (aus verschiedenen Gründen) nicht vorlegen dürfe, und dass die FIMBAG mit der (teilweise abgedeckten) Vorlage des im Beharrungsbeschluss des Hypo-Untersuchungsausschusses genannten Aktenstückes rechtskonform gehandelt habe, finden in den einschlägigen Bestimmungen des B VG und des VfGG keine Rechtsgrundlage.
1.17. Insoweit ist der zu UA7/2015 protokollierte Antrag der FIMBAG unzulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die FIMBAG ein vorlagepflichtiges Organ iSd Art 53 Abs 3 B VG ist und ob die abgedeckte Vorlage eines näher bezeichneten Aktenstückes aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen zu Recht erfolgt ist oder nicht.
2.2. Die FIMBAG bezweifelt zunächst ihre Organstellung iSd Art 53 Abs 3 B VG. Außerdem finde die Vorlagepflicht nach der zitierten Bestimmung ihre Begrenzung im Umfang des Untersuchungsgegenstandes. Es obliege der pflichtgemäßen Sondierung des vorlagepflichtigen Organes selbst, welche Akten und Unterlagen vom Untersuchungsgegenstand umfasst und daher vorzulegen seien. Schließlich vertritt die FIMBAG die Meinung, das in § 38 Abs 1 BWG geregelte Bankgeheimnis sei als lex specialis zu den Bestimmungen über die Vorlagepflicht von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes auf Grund eines grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß VO-UA zu beurteilen (es liege auch kein Ausnahmefall des § 38 Abs 2 BWG zur Durchbrechung des Bankgeheimnisses vor). Eine Klassifizierung der relevanten Informationen nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz) stelle keine adäquate Maßnahme zur Wahrung des Bankgeheimnisses dar.
2.3. Das antragstellende Viertel der Mitglieder des Hypo-Untersuchungsaus-schusses vertritt demgegenüber zusammengefasst die Meinung, dass Art 53 Abs 3 erster Satz B VG eine umfassende Übermittlungsverpflichtung für alle Akten im Umfang des Untersuchungsgegenstandes vorsehe, um eine effektive Kontrolle gemäß dem verfassungsgesetzlich vorgesehenen Auftrag eines Unter-suchungsausschusses, der jeweils durch den Untersuchungsgegenstand der Einsetzung konkretisiert werde, zu gewährleisten (Ausnahmen seien lediglich die in Art 53 Abs 3 letzter Satz und Abs 4 B VG abschließend geregelten Fälle). Den Schutzinteressen des Art 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) und des § 1 des Bundesgesetzes über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000) werde dadurch Rechnung getragen, dass der Untersuchungsausschuss selbst die erforderliche Geheimhaltung beachte und die entsprechenden Interessenabwägungen vornehme. Zu diesem Zweck seien eine Reihe von gesetzlichen Bestimmungen für alle Stadien des Verfahrens neu beschlossen worden (so seien besonders schutzwürdige Informationen – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – zu klassifizieren).
2.4. Nach Art 53 Abs 3 erster Satz B VG haben alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung u.a. ihre Akten und Unterlagen vorzulegen. Den Materialien zu Art 53 Abs 3 leg.cit. zufolge führte die "bisherige Wendung 'alle öffentlichen Ämter' in Art 53 Abs 3 B VG (alte Fassung) […] in den Untersuchungsausschüssen der XXIII. GP zu Auslegungsschwierigkeiten", weil sie sich in der Praxis – insbesondere hinsichtlich ausgegliederter Rechtsträger – als zu eng erwiesen habe. Sie sollte daher in Anpassung an die Neuregelung des Untersuchungsgegenstandes durch die Formulierung "alle Organe" ersetzt werden (vgl. AB 439 BlgNR 25. GP, 5 f.).
2.5. Der Begriff "Organ" in Art 53 Abs 3 B VG erfasst die FIMBAG jedoch nicht:
2.6. Die FIMBAG wurde am über Auftrag des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3 Abs 5 FinStaG gegründet. Alleineigentümerin ist die Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (in der Folge: ÖBIB). Der Unternehmensgegenstand der FIMBAG hat gemäß § 3 Abs 5 leg.cit. ausschließlich die Durchführung von Maßnahmen zu umfassen, die der ÖBIB gemäß § 3 Abs 2 bis 4 leg.cit. übertragen werden können. Der ÖBIB kann gemäß § 3 Abs 2 erster Satz leg.cit. die Durchführung konkreter Maßnahmen nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 und 6 leg.cit. (Übernahme von Haftungen [insbesondere Garantien, Bürgschaften, Schuldbeitritt] für Verbindlichkeiten des betroffenen Rechtsträgers [Z1] und gegenüber dem betroffenen Rechtsträger [Z2], Gewährung von Darlehen sowie Zuführung von Eigenmitteln iSd Teiles 2 der Verordnung [EU] Nr 575/2013 an Kreditinstitute und von Kapital gemäß § 73b Versicherungsaufsichtsgesetz an Versicherungsunternehmen [Z3] und Übernahme des Gesellschaftsvermögens im Wege der Verschmelzung nach § 235 Aktiengesetz [Z6]) als Bevollmächtigte des Bundes gemäß §§1002 ff. ABGB übertragen werden. Ebenso können gemäß § 3 Abs 3 FinStaG Maßnahmen nach § 2 Abs 1 Z 4 und 5 leg.cit. (Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder Wandelschuldverschreibungen in Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen [Z4] und Erwerb von bestehenden Gesellschaftsanteilen durch Rechtsgeschäft [Z5]) durch Erteilung entsprechender Aufträge an die ÖBIB umgesetzt werden. Schließlich können gemäß § 3 Abs 4 leg.cit. der ÖBIB vom Bund nach § 2 Abs 2 leg.cit. übernommene Gesellschaftsanteile übertragen werden. Der Bund hat der FIMBAG durch Treuhandvereinbarungen das von ihm gezeichnete Partizipationskapital und übernommene Aktienkapital übertragen. Damit einher ging auch die Übertragung der Wahrnehmung der dem Bund aus den mit den einzelnen Kreditinstituten abgeschlossenen Verträgen zustehenden Überwachungs- und Kontrollrechte und pflichten (vgl. § 10 FinStaG-VO) sowie der dem Bund aus der Übernahme von Aktien zustehenden Eigentümerrechte.
2.7. Art 53 Abs 3 B VG bezieht sich auf "alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper". Die Informationspflicht erfasst jedenfalls auch Organe von Rechtsträgern, die aus der staatlichen Verwaltungsorganisation ausgegliedert sind, wenn diese hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Dieses Verständnis kommt in den Gesetzesmaterialien insoweit zum Ausdruck, als dort ausdrücklich auf die Verpflichtungen Beliehener Bezug genommen wird (AB 439 BlgNR 25. GP, 5: "Die Verpflichtungen des Abs 3 treffen auch Beliehene, soweit diese Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes besorgen."). Der Verfassungsgerichtshof vermag jedoch nicht zu erkennen, dass der FIMBAG hoheitliche Befugnisse übertragen worden wären (vgl. § 2 Abs 1 und 2 sowie § 3 Abs 2 bis 5 FinStaG). Entsprechendes wurde auch in den Anträgen nicht behauptet. Die Übertragung der privatwirtschaftlichen Angelegenheiten einer Gebietskörperschaft auf einen Rechtsträger privaten Rechts (Aktiengesellschaft), der seine Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt, hat aber zur Konsequenz, dass es sich bei dessen Aufgabenerfüllung nicht mehr um staatliche Verwaltung handelt (vgl. Holoubek , Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Konsequenzen der Ausgliederung, Privatisierung und Beleihung, ÖZW 2000, 33 [34 f.]; Korinek , Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 46 [46]; Kucsko-Stadlmayer , Grenzen der Ausgliederung, Verhandlungen des Fünfzehnten Österreichischen Juristentages I/1, 2003, 67 ff.; Horner , Ausgliederung und Ingerenz, 2004, 35; Adamovich/Funk/Holzinger/Frank , Österreichisches Staatsrecht 2 3 , 2014, Rz 26.020; Wimmer , Leistungserbringung durch Private, in: Fuchs/Merli/Pöschl/Sturn/Wiederin/Wimmer [Hrsg.], Staatliche Aufgaben, private Akteure I, 2015, 117 [127]; in diesem Sinne auch AB 439 BlgNR 25. GP, 3: "Privatwirtschaftliche Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger unterliegt hingegen nicht dem Untersuchungsrecht, zumal es sich dabei nicht mehr um Verwaltung des Bundes handelt."). Hätte der Verfassungsgesetzgeber auch jene ausgegliederten Rechtsträger, die – wenn auch öffentliche – Aufgaben in den Formen des Privatrechts besorgen, erfassen wollen, hätte er dies ausdrücklich anordnen müssen.
2.8. Die FIMBAG ist somit nicht als "Organ" im Sinne des Art 53 Abs 3 B VG zu qualifizieren.
2.9. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die abgedeckte Vorlage eines näher bezeichneten Aktenstückes aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen zu Recht erfolgt ist oder nicht.
V. Ergebnis
1. Die FIMBAG ist nicht verpflichtet, dem Hypo-Untersuchungsausschuss das in dessen Beschluss vom näher bezeichnete Aktenstück vorzulegen.
2. Im Übrigen sind die Anträge als unzulässig zurückzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2015:UA6.2015