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VfGH vom 29.06.2022, UA4/2022

VfGH vom 29.06.2022, UA4/2022

Leitsatz

Abweisung des Antrags eines Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit (mit der Mehrheit) betreffend die Vorlage von Akten und Urkunden der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft; uneingeschränkte Vorlage aller "Usermail" Accounts der WKStA nicht vom Umfang des Gegenstandes der Untersuchung gedeckt; Verpflichtung zur Vorlage einer vollständigen Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands zu weit und undifferenziert; hinreichende Begründung des Mehrheitsbeschlusses durch Darlegung der fehlenden potentiellen abstrakten Relevanz des Verlangens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses; keine hinreichende Darlegung von Anhaltspunkten hinsichtlich relevanter Informationen zum Untersuchungsgegenstand in der ergänzenden Beweisanforderung im Vorlagebegehren

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit ihrem auf Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,

"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass der Beschluss des Untersuchungsausschusses 'betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder' (4/US XXVII.GP) vom , mit dem der Zusammenhang des Verlangens des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderung Blg. VII mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde, rechtswidrig ist".

II. Rechtslage

1. Art 53 und Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:

"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.

(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 gefährden würde.

(4) Die Verpflichtung gemäß Abs 3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann.

[…]

Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über

[…]

3. die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder;

[…]"

2. § 56e des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 (in der Folge: VfGG), BGBl 85/1953, idF BGBl I 101/2014 lautet:

"c) Bei einem Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird

§56e. (1) Der Antrag im Sinne des Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG hat die Feststellung zu begehren, dass der Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, rechtswidrig ist.

(2) Der Antrag hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des Verlangens;

2. die Bezeichnung des Beschlusses;

3. den Sachverhalt;

4. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;

5. die erforderlichen Beweise;

6. die Angaben und Unterlagen, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig gestellt wurde.

(3) Dem Antrag ist eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie des Verlangens der Antragsteller, der gegenständlichen Teile des Protokolls der Ausschusssitzung sowie des Beschlusses des Untersuchungsausschusses anzuschließen.

(4) Ein Antrag ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind.

(5) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.

(6) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

(7) Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit des Beschlusses wird das Verlangen auf Erhebung weiterer Beweise wirksam."

3. § 24 und § 25 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO-UA) zum Bundesgesetz vom über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR), BGBl 410/1975, idF BGBl I 99/2014 lauten:

"

Grundsätzlicher Beweisbeschluss

§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 B-VG gefährden würde.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs 1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von § 58 vorzugehen.

(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß § 1 Abs 2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 2 B-VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs 5.

(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß § 56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß § 39 GOG bekannt zu geben.

(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs 5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß § 56d Abs 7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß § 39 GOG bekannt zu geben.

Ergänzende Beweisanforderungen

§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.

(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß § 24 Abs 1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von § 58 vorzugehen.

(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs 2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs 2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs 2 wirksam."

III. Sachverhalt und Antragsvorbringen

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mitglieder des Nationalrates haben am ein Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (in der Folge: ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) mit folgendem Untersuchungsgegenstand im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von bis sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden.

Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands

1. Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren

Aufklärung über Vorwürfe der parteipolitischen Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung einschließlich Eventmanagement sowie von Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von 40.000 Euro oder mehr zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen und den dem Bund daraus entstandenen Kosten, und insbesondere über

Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politisch nahestehender Unternehmen mit dem mutmaßlichen Ziel, indirekte Parteienfinanzierung zu tätigen, insbesondere in Hinblick auf die Vergabe von Kommunikations- und Meinungsforschungsaufträgen und sonstigen wahlkampfrelevanten Dienstleistungen;

Beauftragung von Studien und Umfragen zu mutmaßlichen Gunsten politischer Entscheidungsträger der ÖVP durch Bundesministerien sowie durch Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist;

Beauftragung von Unternehmen, die auch für die ÖVP oder verbundene Personen tätig sind, insbesondere das Campaigning Bureau, die Blink Werbeagentur, die GPK GmbH, die Media Contacta GmbH, Schütze Positionierung, Research Affairs und das tatsächliche Erbringen der gewünschten Leistungen; allfällige Mängel in der Dokumentation der Leistungserbringung; die mögliche Umgehungskonstruktion, diese Unternehmen als Subunternehmer zu tarnen;

Buchungen von Inseraten, insbesondere den sprunghaften Anstieg der Inseratenausgaben im Jahr 2017 im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, des Bundeskanzleramts im Jahr 2020 sowie Einflussnahme auf die Vergabe von Media-Agenturleistungen im Ausmaß von insgesamt 180 Millionen Euro und der Vergabe dieses Auftrags an die Unternehmen mediacom, Wavemaker und Group M sowie eines korrespondierenden Werbeetats im Ausmaß von 30 Mio. Euro über die Bundes-Beschaffungsgesellschaft an ua Jung von Matt im Jahr 2021; Buchung von Inseraten im Zusammenhang mit dem sogenannten 'B[.] ÖSTERREICH Tool' im Bundesministerium für Finanzen und ab 2018 im Bundeskanzleramt sowie parteipolitisch motivierte Tätigkeiten der 'Stabsstelle Medien' im Bundeskanzleramt, insbesondere die Einflussnahme auf Inseratevergaben von Organen des Bundes;

mögliche Kick-Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten durch das Verlangen eines Überpreises gegenüber Organen des Bundes bei Auftragsvergaben, insbesondere bei Aufträgen des Bundesministeriums für Inneres an Werbeagenturen in der Amtszeit von Wolfgang Sobotka;

mögliche Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen, insbesondere im Wege von Rahmenverträgen der Bundes-Beschaffungsgesellschaft sowie von Aufträgen an das Bundesrechenzentrum;

Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen der Bundesministerien auf bestimmte mit der ÖVP verbundene AnbieterInnen und allfällige außergerichtliche Absprachen (zB Verzicht auf Rechtsmittel) mit den unterlegenen BieterInnen;

Vergabe von Förderungen der Bundesministerien und mit Förderzwecken des Bundes betrauten Einrichtungen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische, insbesondere über die Rechtfertigung des Förderzwecks und über die Erbringung der erforderlichen Nachweise durch die FördernehmerInnen sowie die Angemessenheit der Förderhöhe im Vergleich zu gleich gelagerten Förderanträgen;

Ausmaß und Einsatz der im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel für Werbemaßnahmen in ÖVP-geführten Bundesministerien, insbesondere im Vorfeld und in Zusammenhang mit Wahlkämpfen;

Schaffung und Gestaltung von Finanzierungsprogrammen des Bundes für Unternehmen spezifisch in Hinblick auf eine spätere Gegenleistung in Form einer Begünstigung von politischen Parteien oder WahlwerberInnen einschließlich von damit zusammenhängenden gesetzlichen Änderungen wie etwa im Falle des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetzes.

2. Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, einschließlich der Bestellung der jeweiligen Organe, dem Zusammenwirken mit weiteren EigentümerInnen und jeweiligen OrganwalterInnen sowie der Ausübung von Aufsichtsrechten durch Mitglieder des Zusammenschlusses mit dem mutmaßlichen Ziel, die Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen im Sinne der ÖVP zu steuern, und insbesondere über

(vorzeitige) Abberufung von Organen ausgegliederter Gesellschaften, insbesondere in Hinblick auf die Bestellung von B[.] G[.]-K[.] als ÖVP-Kandidatin in den Vorstand der Casinos Austria AG und das Bestehen eines politischen Hintergrunddeals für diese Bestellung; den durch vorzeitige Abberufungen entstandene Schaden für die Republik;

den Informationsfluss in Angelegenheiten des Beteiligungsmanagements zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und den Bundesministern Blümel, Löger sowie Bundeskanzler Kurz, insbesondere in Hinblick auf die Auswahl von Organen der ÖBIB und ÖBAG und der Entstehung der Vorschläge für die Besetzung des Aufsichtsrats der ÖBAG sowie den Vorstand der ÖBAG;

Motive für Vorbereitungen für einen Verkauf (Privatisierung) von Anteilen an Beteiligungen des Bundes sowie entsprechende Szenarienentwicklung und Analyse, insbesondere von Anteilen der Austrian Real Estate als Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft, und das Zusammenwirken mit ParteispenderInnen der ÖVP aus dem Immobiliensektor sowie die Rolle von R[.] B[.] in Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der BIG und der ARE, insbesondere die Hintergründe des 99-jährigen Mietvertrags mit der BIG für das Gebäude der Postsparkasse.

3. Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf die Führung von straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren und die Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens von mit der ÖVP verbundenen Amtsträgern sowie über den Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten zum mutmaßlichen Zweck der Behinderung der Aufklärungsarbeit im parteipolitischen Interesse der ÖVP, und insbesondere über

Einflussnahme durch Justiz- bzw InnenministerInnen, deren jeweilige Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.] sowie A[.] H andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des 'Ibiza'-Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie Josef Pröll und Hartwig Löger; Vorwürfe der politisch motivierten Einflussnahme auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP verbundenen Personen wie (potentielle) SpenderInnen, insbesondere Ermittlungen gegen R[.] B[.] in der Causa Chalet N;

Informationsflüsse über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische EntscheidungsträgerInnen und deren MitarbeiterInnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex; Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei Hartwig Löger, Gernot Blümel, T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;

Pläne von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA, den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler Kurz;

Einflussnahme auf aus der Veranlagung von Parteispenden an die ÖVP oder ihr nahestehende Organisationen resultierende Finanzstrafverfahren bzw die mögliche Verhinderung der Einleitung solcher Verfahren; Einflussnahme auf gegen (potentielle) SpenderInnen der ÖVP geführte Finanzstrafverfahren;

die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.], und die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA in für die ÖVP politisch relevanten Fällen;

Vorwürfe der Behinderung der Beweiserhebungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses, insbesondere die interne Vorbereitung und Kommunikation zur Frage der Erfüllung der Beweisanforderungen und Erhebungsersuchen des Ausschusses im Bundesministerium für Finanzen einschließlich der Einbindung des Bundesministers für Finanzen und der Finanzprokuratur in diese Angelegenheiten zum mutmaßlichen Zwecke des Schutzes von mit der ÖVP verbundenen Personen einschließlich des Bundesministers Blümel selbst.

4. Begünstigung bei der Personalauswahl

Aufklärung über Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes oder Ausübung von Nominierungsrechten des Bundes abseits jener in Beteiligungen des Bundes sowie Aufnahme von Personen in Beratungsgremien (insbesondere Think Austria) oder Delegationen mit dem mutmaßlichen Ziel, einen kontrollierenden Einfluss für mit der ÖVP verbundene Personen auf die Tätigkeiten dieser Organe zu erreichen, oder Bestellungen als mutmaßliche Folge oder in Erwartung einer Begünstigung der ÖVP, und insbesondere über

Einhaltung der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes bei der Vergabe von Leitungsfunktionen in ÖVP-geführten Bundesministerien;

Interventionen für (ehemalige) PolitikerInnen der ÖVP und deren Versorgung mit Beschäftigungsverhältnissen; möglichen Schaden für den Bund durch Ermöglichung solcher Begünstigung insbesondere durch frühzeitige Abberufung anderer OrganwalterInnen oder die Schaffung neuer Funktionen;

Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen von Leitungsfunktionen auf parteipolitisch loyale KandidatInnen durch Mitglieder des ÖVP-Zusammenschlusses;

Einhaltung der Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Planstellen durch mit der ÖVP verbundene Personen, insbesondere durch MitarbeiterInnen politischer Büros von ÖVP-Regierungsmitgliedern.

[…]"

1.2. Der vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am (mit näherer Begründung) gefasste grundsätzliche Beweisbeschluss lautet auszugsweise wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Gemäß § 24 Abs 1 VO-UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.

Unter dem Begriff 'Akten und Unterlagen' versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, 'Handakten', Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung. Gleichzeitig sind die für die Auslesbarkeit erforderlichen Programme, Passwörter, Verfahren und dergleichen mitvorzulegen, sofern diese nicht in der Parlamentsdirektion verfügbar sind.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, dass solche Akten und Unterlagen abstrakt für die Untersuchung von Relevanz sein könnten.

Die Übermittlung hat (auf Grund der dazwischenliegenden Feiertage) binnen sechs Wochen, spätestens jedoch am zu erfolgen.

Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1-4 zu erfolgen.

Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 'EINGESCHRÄNKT' gemäß Informationsordnungsgesetz in elektronischer Form (im Originaldateiformat oder ansonsten mit 300dpi texterfasst gescannt) auf Datenträgern (nicht per E-Mail – mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.

Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 'VERTRAULICH', der Klassifizierungsstufe 3 'GEHEIM' und der Klassifizierungsstufe 4 'STRENG GEHEIM' gemäß InfOG sind ausschließlich in Papierform (sofern dies nicht auf Grund ihrer Beschaffenheit ausscheidet wie insb. bei Video- und Audiodateien bzw Augenscheingegenständen) und jeweils in zweifacher (Stufe 2) bzw sechsfacher (Stufe 3 und 4) Ausfertigung anzuliefern.

Klassifizierungen gemäß InfOG sind nur in dem Ausmaß und Umfang vorzunehmen, als dies unbedingt notwendig ist. Zu schützende Aktenteile sind exakt zu kennzeichnen, gegebenenfalls zu trennen und jedenfalls nicht pauschal zu klassifizieren. Klassifizierungen sind im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen, insbesondere in Hinblick auf die drohende Schädigung gemäß § 4 Abs 1 InfOG (§27 Abs 6 VO-UA, § 5 Abs 2 InfOG). Es wird außerdem auf § 27 Abs 3 VO-UA und § 5 Abs 2 InfOG hingewiesen.

Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen.

Akten und Unterlagen sind fortlaufend für die Dauer der Untersuchung zu übermitteln, selbst wenn diese erst nach Wirksamwerden dieses Beschlusses entstehen oder hervorkommen. Die Übermittlung hat alle zwei Monate jeweils zum Monatsletzten gesammelt zu erfolgen (somit erstmals mit ) bzw auf Grund ergänzender Beweisanforderungen (§25 VO-UA) in der in diesen enthaltenen Fristen.

Wird die Vorlage von Akten- und Unterlagen (teilweise) abgelehnt, ist im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Akten- und Unterlagenbestand zu umschreiben und die Gründe für die Ablehnung im Einzelnen und substantiiert zu begründen.

Der Wortlaut des Untersuchungsgegenstands und der Beweisthemen ist der Beilage zu entnehmen.

Bezeichnung der betroffenen Organe

Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß § 24 Abs 3 VO-UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß § 24 Abs 1 VO-UA unter Bedachtnahme auf § 24 Abs 3 letzter Satz und § 27 VO-UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:

[…]

3.Die Mitglieder der Bundesregierung jeweils samt aller nachgeordneten
Organe und sonstige ihnen unterstehenden Einrichtungen sowie ihrer
etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und -einrichtungen.

[…]"

1.3. In der 19. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am richtete das (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses gemäß § 25 Abs 2 VO-UA folgendes Verlangen an den Untersuchungsausschuss:

"Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß § 25 Abs 2 VO-UA verpflichtet, dem Untersuchungsausschuss eine vollständige Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands des WKStA 'Usermail' Accounts (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), insbesondere Emails mit Bezug auf vorgesetzte Dienststellen, vorzulegen.

Zusätzlich ist auch die persönliche Zuordnung der Computer von welchen die jeweiligen Nachrichten versendet wurden, zu erheben und zu ermitteln.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom (vgl Anlage 1 zu 1215 Blg NR XXVII.GP) sind anzuwenden. Die Vorlagefrist beträgt zwei Wochen.

Begründung

Die karenzierte WKStA-Oberstaatsanwältin Mag L[.] P*[.] berichtete in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss am , dass 'per Usermail an alle anderen in der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet wurden, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt wurden.'

Der Untersuchungsausschuss beschäftigt sich intensiv mit der Frage der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht auf die WKStA – über die Hälfte der befragten Auskunftspersonen waren bislang (ehemalige) Angehörige des Justizressorts. Korrespondenzen unter Beteiligung des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Wien sowie des Sektionschefs für Straflegistik waren ein zentraler Gegenstand der bisherigen Aufklärungsarbeit.

Nach den nun dargelegten Wahrnehmungen der ehemaligen Oberstaatsanwältin enthält die per Usermail versendete Kritik an Vorgesetzte relevante Informationen zum Untersuchungsgegenstand. Dies vor dem Hintergrund, dass bei mehreren Auskunftspersonen (und) ehemaligen Angehörigen der WKStA wie der übergeordneten Dienststellen offenbar ein 'Naheverhältnis' zur ÖVP angenommen wird (neben Mag. P*[.] insbesondere SC P[.] und LOStA F[.]), sodass der Bezug zum Untersuchungsgegenstand in diesem Punkt auf der Hand liegt. Darüber hinaus liegt aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung und der Aussage der Auskunftsperson Mag. P*[.] die Vermutung nahe, dass weitere Usermail-Nachrichten existieren, die abstrakt relevante Informationen zu eben diesem Untersuchungsgegenstand enthalten.

Auf die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Behauptungs- und Begründungspflichten bei Nichtvorlage bestimmter Akten und Unterlagen wird ausdrücklich hingewiesen".

1.4. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungssauschuss fasste am mehrheitlich den Beschluss, den sachlichen Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten. Die beschlussfassende Mehrheit des Untersuchungsausschusses begründete diesen Beschluss wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Zum gegenständlichen Verlangen ist folgendes festzuhalten:

Der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ist nicht offenkundig. Denn die im Verlangen angesprochenen, angeblich vorhandenen 'abschätzigen Äußerungen' der Mitglieder der WKStA über Vorgesetzte sind für sich allein ohne nähere Begründung nicht geeignet, einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen.

Die Aufforderung der Vorlage einer 'vollständigen Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands des WKStA 'Usermail' Accounts' ist außerdem sehr weit gefasst, da innerhalb der Behörde per 'Usermail' zweifelsohne vieles ohne jeglichen Bezug zum Untersuchungsgegenstand versendet wird.

Es ist auch unklar, welche mit der ÖVP verbundenen Personen überhaupt begünstigt worden sein könnten.

Gleichzeitig geht die Begründung des Verlangens (selbst unter Anerkennung der Möglichkeit, ein solches Verlangen auf Grund der unzureichenden Informations-lage umfassender zu formulieren) nicht über bloße Behauptungen ohne konkreten Bezug zum Untersuchungsgegenstand hinaus. Die Ausführungen im Verlangen, wonach 'Nach den nun dargelegten Wahrnehmungen der ehemaligen Oberstaatsanwältin [enthält] die per Usermail versendete Kritik an Vorgesetzte relevante Informationen zum Untersuchungsgegenstand […] und darüber hinaus die Vermutung nahelegt, dass weitere Usermail-Nachrichten existieren, die abstrakt relevante Informationen enthalten. Dies vor dem Hintergrund, dass bei mehreren Auskunftspersonen und (ehemaligen) Angehörigen der WKStA wie der übergeordneten Dienststellen offenbar ein 'Naheverhältnis' zur ÖVP angenommen wird (neben Mag. P*[.] insbesondere SC P[.] und LOStA F[.]), sodass der Bezug zum Untersuchungsgegenstand in diesem Punkt auf der Hand liegt.' Ist als Begründung untauglich. Mit einer solchen Begründung wäre jeder erdenkliche Datenbestand vorzulegen und jegliche Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands ad absurdum geführt.

Es besteht auf Grund der mangelnden Begründung des Verlangens der Abg. Hanger, Kolleginnen und Kollegen, für den Untersuchungsausschuss auch keine Grundlage, auf der er einen ausreichenden sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand bewerten könnte. An keinem Punkt sind Anhaltspunkte dafür enthalten, dass es sich bei den genannten Usermails um Handlungen von der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung etc. handeln könnte oder durch solche mit der ÖVP verbundene Personen begünstigt hätten werden können. Die bloße Behauptung eines nicht näher bestimmten Naheverhältnisses nicht näher bestimmter Personen zur ÖVP vermag die geschilderten Begründungsmängel in keiner Weise zu beheben. Nachdem es wie ausgeführt nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses sein kann, die Begründung selbst anstelle der verlangenden Abgeordneten zu geben, kann der Untersuchungsausschuss nur den mangelnden sachlichen Zusammenhang feststellen. Er hat diesen vielmehr in einem solchen Fall zu bestreiten, um auch seinen aus der Verfahrensordnung entspringenden Pflichten zur Überprüfung eines Verlangens gemäß § 25 Abs 2 VO-UA nachzukommen.

Zwar steht es jedem möglichen Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses zu, seine eigenen politischen Anliegen mit den ihm eingeräumten Rechten wahrzunehmen, da der Untersuchungsausschuss einer umfassenden Aufklärung nach allen politischen Gesichtspunkten verpflichtet ist. Die Mehrheit im Untersuchungsausschuss ist in diesem Sinne nicht berechtigt, die Rechte eines verlangenden Viertels der Mitglieder des Ausschusses durch die Vornahme einer eigenen politischen Wertung zu beschneiden (vgl VfGH UA1/2020, ).

Im Wege der Wahrnehmung solcher Rechte kann sich ein (potentiell) einsetzungsberechtigtes Viertel der Abgeordneten zum Nationalrat jedoch nicht die Einsetzung eines eigenen Untersuchungsausschusses mit dem von ihm selbst umschriebenen Untersuchungsgegenstand ersparen. Insbesondere dürfen vor dem Hintergrund der befristeten Dauer eines Untersuchungsausschusses auf diese Art keine über die im Einsetzungsverlangen des Untersuchungsausschusses festgelegten Beweisthemen hinausgehenden Themen der Untersuchung hinzugefügt werden, da dies eine unzulässige Verwässerung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrags zur Folge hätte. Schließlich sollten die dem Untersuchungsausschuss vom Verfassungsgesetzgeber übertragenen Befugnisse eine wirksame parlamentarische Kontrolle durch den Nationalrat ermöglichen."

2. Am stellte das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses den vorliegenden, auf Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG gestützten Antrag und begründete diesen wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Im antragsgegenständlichen Beschluss kam die Mehrheit dieser sie treffenden verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nicht bzw nicht ausreichend nach, weshalb sie den Beschluss mit Rechtswidrigkeit belastet hat. Die Minderheit hat ihr Verlangen auf ergänzende Beweisanforderungen gem. § 25 Abs 3 VO-UA hingegen gesetzeskonform begründet. Das Verlangen steht zudem gem. § 25 Abs 2 VO-UA im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses. Um die Wirksamkeit des Verlangens zu erreichen, stellt die Minderheit daher den gegenständlichen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Mehrheit. […]

Dazu im Detail:

3.1. Sachlicher Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben/ausreichende Begründung des Verlangens

Im Beschluss der Mehrheit vom bestreitet diese den sachlichen Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand und behauptet zudem, das Verlangen der Minderheit enthalte keine ausreichende Begründung und ginge nicht über bloße Behauptungen ohne konkreten Bezug zum Untersuchungsgegenstand hinaus.

Das Gegenteil ist der Fall: Die Beweisanforderung lautet auf eine vollständige Kopie des Datenbestandes des WKStA 'Usermail' Accounts. In der Begründung referenziert die Minderheit auf die Aussagen der ehemaligen WKStA-Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P*[.], die wiederum als Auskunftsperson vor dem Untersuchungsausschuss am befragt wurde, und aussagte, dass 'per Usermail an alle anderen bei der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet wurden, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt wurden.'

Vorgesetzte einer (ehemals) bei der WKStA tätigen Oberstaatsanwältin sind unter anderem der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, die zuständige Fachaufsicht, d.h. der zuständige Sektionschef, sowie schlussendlich auch die zuständige Bundesministerin. Mag. C[.] P[.] war[en] als Sektionschef und Mag. J[.] F[.] als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Vorgesetzte von Mag. P*[.].

Der Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum vom bis . Im Laufe des Untersuchungsausschusses war immer wieder Thema, ob Sektionschef Mag. P[.] oder auch LOStA Mag. F[.] Wahrnehmungen betreffend Einflussnahmen auf Verfahren der WKStA aus sachfremden Motiven hatten. Wenn nun nach Angaben der Auskunftsperson in E-Mails Aussagen über 'Vorgesetze' getätigt wurden, ist davon auszugehen, dass diese beiden Personen, die bereits im Untersuchungsausschuss befragt wurden, gemeint sind. Dass diese selbst wiederum in einem erheblichen Fokus des Untersuchungsausschusses stehen, liegt auf der Hand; beide wurden ja schon vor den Untersuchungsausschuss geladen und befragt; der Untersuchungsgegenstand erwähnt sie namentlich. Insoweit ergibt sich der sachliche Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand bereits aus diesem Faktum.

Dies wird vor dem Hintergrund des 3. Beweisthemas des Einsetzungsverlangen[s] noch deutlicher. Dieses lautet: 'Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit'. Dabei steht die 'Einflussnahme durch ... C[.] P[.] ... auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz' und weiters 'die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.]' im Zentrum. Die Minderheit hat das Verlangen völlig hinreichend präzisiert. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Untersuchungsausschuss sich bereits intensiv mit der Frage der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht auf die WKStA befasste. Wenn laut Aussage von Mag. P*[.] per Usermail versendete Nachrichten existieren, die Kritik an Vorgesetzten enthielten, liegt die Vermutung nahe, dass solche per Usermail versendete Nachrichten Hinweise enthalten, die abstrakt relevante Informationen insbesondere zum 3. Beweisthema enthalten und Auskunft darüber [geben] können, ob die im Untersuchungsgegenstand umschriebenen Vorgänge stattgefunden haben. Gerade Informationen zur und über die Kritik an Vorgesetzten können Aufschluss darüber geben, ob sich diese Kritik auf die Einflussnahme auf Verfahren der WKStA aus unsachlichen Motiven bezieht. Die Mitglieder der das in Rede stehende Verlangen bestreitenden Mehrheit haben selbst behauptet, dass auf Verfahren der WKStA Einfluss zu Gunsten mit der ÖVP verbundene[r] Personen genommen wurde, weshalb der Untersuchungsausschuss allen diesbezüglichen Hinweisen nachgehen und alle zur Verfügung stehenden Akten und Unterlagen selbst prüfen können muss. Unter 'Akten und Unterlagen', die nach Art 53 Abs 3 B-VG sind Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails zu verstehen. […] Der angeforderte Datenbestand [ist] für den Untersuchungsgegenstand abstrakt relevant und ist daher von der Vorlagepflicht umfasst.

3.2. Keine substantiierte Begründung der Bestreitung

Der Beschluss der Mehrheit erweist sich außerdem aus einem weiteren Grund als mit Rechtswidrigkeit belastet: Die Mehrheit trifft im Fall des Bestreitens eines Verlangens gem. § 25 Abs 2 VO-UA eine verfassungsrechtliche Begründungspflicht. Es bedarf daher nicht nur der Behauptung eines fehlenden sachlichen Zusammenhangs des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand, sondern einer substantiierten Begründung für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der verlangten nicht vorgelegten einzelnen Akten und Unterlagen. Der pauschale Verweis allein darauf, dass bestimmte Akten und Unterlagen nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, kann das Zurückhalten von Informationen nicht rechtfertigen und belastet den Beschluss mit Rechtswidrigkeit.

Die Mehrheit kam dieser sie treffenden verfassungsrechtliche[n] Begründungspflicht nicht nach: Sie hat im gegenständlichen Beschluss nicht dargelegt, warum den verlangten Akten und Unterlagen keine potentielle abstrakte Relevanz zukommt. Stattdessen behauptet sie pauschal, es fehle der Bezug zum Untersuchungsgegenstand. Die Mehrheit hätte im Beschluss begründen müssen, warum der lokal wie serverseitig erfasste Datenbestand des WKStA 'Usermail' Accounts (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten, insbesondere Emails mit Bezug auf vorgesetzte Dienststellen), für den Untersuchungsgegenstand und konkret für das dritte Beweisthema 'Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit' ... über keine potentielle abstrakte Relevanz zukommt. Dies vor dem Hintergrund, dass die karenzierte WKStA-Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P*[.] aussagte, dass 'per Usermail an alle anderen bei der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet wurden, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt wurden.'

Statt ihrer verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nachzukommen, unterstellt die Mehrheit der Minderheit[,] keine 'Anhaltspunkte' geliefert zu haben, dass es sich bei den genannten Usermails um Handlungen von der ÖVP zuzurechnender Mitgliedern der Bundesregierung etc. handeln könnte oder durch solche mit der ÖVP verbundene Personen begünstigt hätten werden können. Sie verlangt damit von der Minderheit ihr Verlangen mit Tatsachen zu begründen, die sich erst definitiv durch Kenntnis der verlangten Akten und Unterlagen ergeben und deren Ermittlung alleinige Aufgabe des Untersuchungsausschusses im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes ist.

Weiters geht das Verlangen keineswegs über die im Einsetzungsverlangen festgelegten Beweisthemen hinaus oder fügt ein weiteres Beweisthema hinzu, wie dies von der Mehrheit im Beschluss behauptet wird. Zusammenfassend ist aus dem Beschluss der Mehrheit an keiner Stelle ersichtlich, auf welche Gründe sie ihre Beschlussfassung stützt. Sie ist ihrer gegenüber dem Untersuchungsausschuss bestehenden verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nicht nachgekommen und hat den Beschluss auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit belastet."

3. Mit Verfügung vom forderte der Verfassungsgerichtshof die Einschreiter gemäß § 18 VfGG unter Hinweis auf die Säumnisfolgen auf, ehestmöglich, spätestens aber bis zum beim Verfassungsgerichtshof einlangend, eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie der maßgeblichen Teile des Protokolls der Ausschusssitzung (§56e Abs 3 VfGG) vorzulegen. Dieser Aufforderung kamen die Einschreiter fristgerecht nach.

4. Dem Präsidenten des Nationalrates wurde die Möglichkeit eingeräumt, bis zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom , beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am , übermittelte die Parlamentsdirektion eine vom ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am auf der Grundlage des § 39 Abs 1 GOG-NR beschlossene Äußerung.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder.

1.2. Gemäß Art 53 Abs 1 zweiter Satz B-VG ist ein Untersuchungsausschuss auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates einzusetzen (vgl auch § 1 Abs 2 erster Satz VO-UA: "mindestens 46 […] Mitglieder"). Nähere Bestimmungen trifft nach Art 53 Abs 5 erster Satz B-VG das GOG-NR. Insbesondere fasst der Geschäftsordnungsausschuss den grundsätzlichen Beweisbeschluss gemäß § 24 VO-UA. Dieser verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Die vorlagepflichtigen Organe können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden.

1.3. Gemäß § 25 Abs 2 VO-UA kann ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß § 24 Abs 1 und 2 VO-UA im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen (§25 Abs 3 VO-UA). Die Beweisanforderung ist zu begründen.

Ein solches Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht mit Beschluss bestreitet (§25 Abs 2 VO-UA). Erfolgt eine solche Bestreitung, kann das verlangende Viertel der Mitglieder nach § 25 Abs 4 VO-UA den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses nach § 25 Abs 2 VO-UA anrufen. Ein solcher Antrag ist gemäß § 56e Abs 4 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach § 56e Abs 6 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

1.4. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss hat mit (Mehrheits-)Beschluss vom den sachlichen Zusammenhang des Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder auf ergänzende Beweisanforderungen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten.

1.5. Der am von vier – das Verlangen gemäß § 25 Abs 2 VO-UA vom unterstützenden – Mitgliedern des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG erweist sich als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses eingebracht.

1.6. Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG spricht seinem Wortlaut nach nur davon, dass nach dieser Bestimmung die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, mit Antrag an den Verfassungsgerichtshof überprüft werden kann.

Trotz dieses einschränkenden Wortlautes kann nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes auch ein Mehrheitsbeschluss, mit dem der sachliche Zusammenhang eines Verlangens auf Vorlage von Akten und Unterlagen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, vor dem Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogen werden. Dies ergibt sich einerseits in systematischer Interpretation aus Art 138b Abs 1 Z 2 B-VG und andererseits aus dem – gleichzeitig mit Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG geschaffenen – § 25 (Abs2, 3 und 4) VO-UA, aus dem hervorgeht, dass auch solche Beschlüsse nach Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG überprüft werden können (vgl dazu allgemein VfSlg 20.370/2020 sowie VfSlg 20.191/2017 mwN).

1.7. Da auch sonst keine Prozesshindernisse vorliegen, erweist sich der Antrag als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Gegenstand des Verfahrens nach Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG ist der (Mehrheits-)Beschluss eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird. Der Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens wird durch den angefochtenen Umfang der Entscheidung des Untersuchungsausschusses begrenzt.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob der (Mehrheits-)Beschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom , mit dem der sachliche Zusammenhang des Verlangens des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom mit dem Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses zur Gänze bestritten wurde, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig ist oder nicht.

2.2. Nach der Begründung des auf Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG gestützten Antrages des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses zielt die ergänzende Beweisanforderung darauf ab, "dem Untersuchungsausschuss eine vollständige Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands des WKStA 'Usermail' Accounts (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), insbesondere Emails mit Bezug auf vorgesetzte Dienststellen, vorzulegen". Zudem solle die persönliche Zuordnung der Computer, von welchen die jeweiligen Nachrichten versendet worden seien, erhoben werden.

Der "Zusammenhang" mit dem Untersuchungsgegenstand ergebe sich aus der im Untersuchungsausschuss am getätigten Aussage der ehemaligen WKStA-Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P*[.] zu den Usermail-Accounts, nämlich dass "per Usermail an alle anderen bei der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet wurden, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt wurden".

Untersuchungsgegenstand sei das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum vom bis . Im Laufe des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses sei immer wieder "Thema" gewesen, ob Sektionschef Mag. P[.] oder auch LOStA Mag. F[.] Wahrnehmungen betreffend Einflussnahmen auf Verfahren der WKStA aus sachfremden Motiven hatten. Die genannten Personen seien Vorgesetzte von Mag. P*[.] gewesen. Wenn laut Mag. P*[.] in E-Mails Aussagen über Vorgesetzte enthalten seien, sei davon auszugehen, dass damit auch Mag. P[.]und LOStA Mag. F[.] gemeint seien. Diese seien schon vor den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss geladen und befragt worden. Im Untersuchungsgegenstand seien beide namentlich erwähnt. Der "sachliche Zusammenhang" zum Untersuchungsgegenstand ergebe sich bereits aus diesem Faktum.

Laut Einsetzungsverlangen stehe beim dritten Beweisthema "Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit" im Zentrum die "Einflussnahme durch ... C[.] P[.] ... auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz" und weiters "die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.]".

Vor diesem Hintergrund habe die Minderheit ihr Verlangen hinreichend präzisiert. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss habe sich bereits intensiv mit der Frage der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht gegenüber der WKStA befasst. Wenn laut Aussage von Mag. P*[.] per Usermail versendete Nachrichten existierten, die Kritik an Vorgesetzten enthielten, liege die Vermutung nahe, dass diese Nachrichten relevante Informationen insbesondere zum 3. Beweisthema enthalten und darüber Auskunft geben könnten, ob die im Untersuchungsgegenstand umschriebenen Vorgänge tatsächlich stattgefunden haben.

Gerade Informationen zu und über die Kritik an Vorgesetzten könnten Aufschluss darüber geben, ob sich diese Kritik auf die Einflussnahme auf Verfahren der WKStA aus unsachlichen Motiven beziehe. Die Mitglieder der beschlussfassenden Mehrheit des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses hätten in der Vergangenheit selbst behauptet, dass auf Verfahren der WKStA Einfluss zu Gunsten mit der ÖVP verbundener Personen genommen worden sei, weshalb der Untersuchungsausschuss allen diesbezüglichen Hinweisen nachgehen und alle zur Verfügung stehenden Akten und Unterlagen selbst prüfen können müsse. Der angeforderte Datenbestand sei daher für den Untersuchungsgegenstand abstrakt relevant und von der Vorlagepflicht umfasst.

Darüber hinaus sei die Mehrheit auch ihrer verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Der fehlende sachliche Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand dürfe nicht nur behauptet, sondern müsse substantiiert begründet werden. Der pauschale Verweis darauf, dass bestimmte Akten und Unterlagen nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, könne das Zurückhalten von Informationen nicht rechtfertigen. Eine solche substantiierte Begründung enthalte der Beschluss der Mehrheit nicht. Der Minderheit werde vielmehr unterstellt, keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt zu haben, dass die begehrten Akten und Unterlagen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünden. Entsprechende Tatsachen könnten sich aber erst durch Kenntnis der verlangten Akten und Unterlagen ergeben. Weiters gehe das Verlangen keineswegs über die im Einsetzungsverfahren festgelegten Beweisthemen hinaus oder füge ein weiteres Beweisthema hinzu.

2.3. Der angefochtene (Mehrheits-)Beschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom erweist sich aus den folgenden Gründen als rechtmäßig:

2.3.1. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss fasste am mehrheitlich den Beschluss, den sachlichen Zusammenhang des auf § 25 Abs 2 VO-UA gestützten Verlangens des (vor dem Verfassungsgerichtshof) einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten. Dies begründete der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss wie folgt:

"Der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ist nicht offenkundig. Denn die im Verlangen angesprochenen, angeblich vorhandenen 'abschätzigen Äußerungen' der Mitglieder der WKStA über Vorgesetzte sind für sich allein ohne nähere Begründung nicht geeignet, einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen.

Die Aufforderung der Vorlage einer 'vollständigen Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands des WKStA 'Usermail' Accounts' ist außerdem sehr weit gefasst, da innerhalb der Behörde per 'Usermail' zweifelsohne vieles ohne jeglichen Bezug zum Untersuchungsgegenstand versendet wird.

Es ist auch unklar, welche mit der ÖVP verbundenen Personen überhaupt begünstigt worden sein könnten.

Gleichzeitig geht die Begründung des Verlangens (selbst unter Anerkennung der Möglichkeit, ein solches Verlangen auf Grund der unzureichenden Informations-lage umfassender zu formulieren) nicht über bloße Behauptungen ohne konkreten Bezug zum Untersuchungsgegenstand hinaus. Die Ausführungen im Verlangen, wonach 'Nach den nun dargelegten Wahrnehmungen der ehemaligen Oberstaatsanwältin [enthält] die per Usermail versendete Kritik an Vorgesetzte relevante Informationen zum Untersuchungsgegenstand […] und darüber hinaus die Vermutung nahelegt, dass weitere Usermail-Nachrichten existieren, die abstrakt relevante Informationen enthalten. Dies vor dem Hintergrund, dass bei mehreren Auskunftspersonen und (ehemaligen) Angehörigen der WKStA wie der übergeordneten Dienststellen offenbar ein 'Naheverhältnis' zur ÖVP angenommen wird (neben Mag. P*[.] insbesondere SC P[.] und LOStA F[.]), sodass der Bezug zum Untersuchungsgegenstand in diesem Punkt auf der Hand liegt.' Ist als Begründung untauglich. Mit einer solchen Begründung wäre jeder erdenkliche Datenbestand vorzulegen und jegliche Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands ad absurdum geführt.

Es besteht auf Grund der mangelnden Begründung des Verlangens der Abg. Hanger, Kolleginnen und Kollegen, für den Untersuchungsausschuss auch keine Grundlage, auf der er einen ausreichenden sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand bewerten könnte. An keinem Punkt sind Anhaltspunkte dafür enthalten, dass es sich bei den genannten Usermails um Handlungen von der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung etc. handeln könnte oder durch solche mit der ÖVP verbundene Personen begünstigt hätten werden können. Die bloße Behauptung eines nicht näher bestimmten Naheverhältnisses nicht näher bestimmter Personen zur ÖVP vermag die geschilderten Begründungsmängel in keiner Weise zu beheben. Nachdem es wie ausgeführt nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses sein kann, die Begründung selbst anstelle der verlangenden Abgeordneten zu geben, kann der Untersuchungsausschuss nur den mangelnden sachlichen Zusammenhang feststellen. Er hat diesen vielmehr in einem solchen Fall zu bestreiten, um auch seinen aus der Verfahrensordnung entspringenden Pflichten zur Überprüfung eines Verlangens gemäß § 25 Abs 2 VO-UA nachzukommen.

Zwar steht es jedem möglichen Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses zu, seine eigenen politischen Anliegen mit den ihm eingeräumten Rechten wahrzunehmen, da der Untersuchungsausschuss einer umfassenden Aufklärung nach allen politischen Gesichtspunkten verpflichtet ist. Die Mehrheit im Untersuchungsausschuss ist in diesem Sinne nicht berechtigt, die Rechte eines verlangenden Viertels der Mitglieder des Ausschusses durch die Vornahme einer eigenen politischen Wertung zu beschneiden (vgl VfGH UA1/2020, ).

Im Wege der Wahrnehmung solcher Rechte kann sich ein (potentiell) einsetzungsberechtigtes Viertel der Abgeordneten zum Nationalrat jedoch nicht die Einsetzung eines eigenen Untersuchungsausschusses mit dem von ihm selbst umschriebenen Untersuchungsgegenstand ersparen. Insbesondere dürfen vor dem Hintergrund der befristeten Dauer eines Untersuchungsausschusses auf diese Art keine über die im Einsetzungsverlangen des Untersuchungsausschusses festgelegten Beweisthemen hinausgehenden Themen der Untersuchung hinzugefügt werden, da dies eine unzulässige Verwässerung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrags zur Folge hätte. Schließlich sollten die dem Untersuchungsausschuss vom Verfassungsgesetzgeber übertragenen Befugnisse eine wirksame parlamentarische Kontrolle durch den Nationalrat ermöglichen."

2.3.2. Das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses hatte am das Verlangen gestellt, dass die Bundesministerin für Justiz gemäß § 25 Abs 2 VO-UA verpflichtet sei, "dem Untersuchungsausschuss eine vollständige Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands des WKStA 'Usermail' Accounts (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), insbesondere Emails mit Bezug auf vorgesetzte Dienststellen, vorzulegen".

2.3.3. Art 53 Abs 3 B-VG verpflichtet unter anderem die Organe des Bundes, somit auch die Bundesministerin für Justiz, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen (vgl auch § 25 Abs 3 VO-UA).

Ein solches Verlangen kann gemäß § 25 Abs 2 VO-UA ein Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses im Rahmen ergänzender Beweisanforderungen stellen, wobei das Verlangen erst dann wirksam wird, wenn die Mehrheit der Mitglieder "in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet". Die ergänzende Beweisanforderung, welche ein Organ gemäß § 24 Abs 1 und 2 VO-UA im Umfang des Untersuchungsgegenstandes ua zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten hat, ist entsprechend der ausdrücklichen Regelung in § 25 Abs 3 zweiter Satz VO-UA zu begründen.

Dieser Behauptungs- und Begründungspflicht seitens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses steht eine korrespondierende Behauptungs- und Begründungspflicht des Untersuchungsausschusses gegenüber, wenn und insoweit dieser das Verlangen nach einer ergänzenden Beweisanforderung mit (Mehrheits-)Beschluss gemäß § 25 Abs 2 (letzter Satz) VO-UA bestreitet:

Im Hinblick darauf, dass der den sachlichen Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestreitende Beschluss des Untersuchungsausschusses im Rahmen eines Verfahrens gemäß Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden kann, ist es der Mehrheit übertragen, ihre Entscheidung substantiiert und nachvollziehbar zu begründen (vgl sinngemäß UA4/2020 mwN):

Vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes gemäß § 56e Abs 6 VfGG, über einen Antrag iSd Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub (tunlichst binnen vier Wochen) zu entscheiden, sowie im Hinblick auf die befristete Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl § 53 VO-UA) und auch angesichts der mangelnden Parteistellung der beschlussfassenden Mehrheit im Untersuchungsausschuss (vgl aber § 56c Abs 4 VfGG zu Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 1 B-VG) hat diese Mehrheit ihren Beschluss mit hinreichender Deutlichkeit auf eine nachvollziehbare Begründung zu stützen, um dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen der im Untersuchungsausschuss vorgebrachten Argumente eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Untersuchungsausschusses im Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG zu ermöglichen (vgl sinngemäß UA4/2020). Diese Begründung muss aus dem Abstimmungsvorgang bzw dem Beschluss im Untersuchungsausschuss ersichtlich sein. Es kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein, aus den Wortmeldungen einzelner Ausschussmitglieder eine Mutmaßung zu treffen, ob und welche der in der Sitzung vorgebrachten Gründe die beschlussfassende Mehrheit zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht haben könnte (vgl UA4/2020).

Die beschlussfassende Mehrheit im Untersuchungsausschuss kann somit mit einem pauschalen Bestreiten des Bestehens eines sachlichen Zusammenhanges des Begehrens eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen nicht verhindern. Sie trifft eine substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz des Verlangens des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses für den Untersuchungsgegenstand.

2.3.4. Prüfungsgegenstand nach Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof ist nicht das Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, sondern der Beschluss des Untersuchungsausschusses, mit dem der sachliche Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird.

Der Verfassungsgerichtshof prüft die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Untersuchungsausschusses im Umfang und im Hinblick auf die seitens der Mehrheit des Untersuchungsausschusses und seitens des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vorgebrachten Gründe.

2.3.5. Die Begründungspflicht der im parlamentarischen Organstreitverfahren verfangenen Parteien darf allerdings nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht überspannt werden. Es obliegt den Organstreitparteien, die wesentlichen Gründe anzugeben, die dafür oder dagegen sprechen, dass das Verlangen des antragstellenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt – und damit von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand – ist.

Die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß § 25 Abs 2 und 3 VO-UA und andererseits einer Bestreitung, dass das Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist, ist unterschiedlich danach zu beurteilen, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist oder ob dies eben nicht der Fall ist. Dementsprechend sind die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs-)Beschlusses unterschiedlich.

2.3.6. Der Verfassungsgerichtshof hat sohin zu prüfen, ob der Beschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom , mit dem das Verlangen der einschreitenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses bestritten wurde, aus den im Antrag an den Verfassungsgerichtshof genannten Gründen rechtmäßig ist oder nicht.

Zuvorderst ist festzuhalten, dass das antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses in seinem Verlangen nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß § 25 Abs 2 und 3 VO-UA die Vorlage von Akten und Unterlagen – und nicht Beweiserhebungen – durch die Bundesministerin für Justiz verlangt hat. Im Unterschied zum Ersuchen um Beweiserhebungen, bei denen "ein Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" ausreicht, statuiert Art 53 Abs 3 B-VG für Verlangen auf Vorlage von Akten und Unterlagen – restriktiver als für Ersuchen um Beweiserhebungen (vgl AB 439 BlgNR 25. GP, 5) –, dass diese "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" stehen (vgl Pkt. 2.3.3.).

Wenngleich § 25 Abs 2 (und 4) VO-UA, aber auch Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG undifferenziert von der Bestreitung des "sachlichen Zusammenhang[es] mit dem Untersuchungsgegenstand" sprechen, ist vor dem Hintergrund des Verlangens des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses im Sinne des Art 53 Abs 3 B-VG die Frage zu beantworten, ob der mehrheitliche (Bestreitungs-)Beschluss zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Verlangen des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderung nicht "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" liegt (vgl auch § 25 Abs 3 VO-UA, der im Sinne des Art 53 Abs 3 B-VG zwischen der Vorlage von Akten und Unterlagen und zusätzlichen Beweiserhebungen differenziert) und ihm damit keine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand zukommt.

2.3.7. Für den Verfassungsgerichtshof ist es nicht offenkundig, dass das Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes des Untersuchungsausschusses gedeckt ist. (Auch) Aus diesem Grund dürfen – wie unter Pkt. 2.3.5. ausgeführt – die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs-)Beschlusses nicht überspannt werden.

2.3.8. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes legt der mehrheitliche (Bestreitungs-)Beschluss hinreichend deutlich und nachvollziehbar dar, das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses habe es unterlassen, in seinem Verlangen hinreichend zu begründen, dass die begehrten Unterlagen "im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung" liegen und damit von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind.

2.3.8.1. In der Begründung des (Bestreitungs-)Beschlusses wird insbesondere ausgeführt, das Verlangen, dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss "eine vollständige Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands des WKStA 'Usermail' Accounts (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), insbesondere Emails mit Bezug auf vorgesetzte Dienststellen, vorzulegen", sei derart weit und undifferenziert, dass davon auch vieles erfasst sei, das keinerlei Bezug zum Untersuchungsgegenstand habe.

Der Verfassungsgerichtshof stimmt dieser Beurteilung zu. Insbesondere enthält das Verlangen keinerlei Einschränkungen, etwa dahingehend, dass nur jene Akten und Unterlagen vorzulegen sind, die von abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind. Bei einem derart weit gefassten Verlangen hätte das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses durch nachvollziehbare Behauptungen darzulegen und auf Grundlage dieser zu begründen gehabt, warum der (gesamte) "Usermail"-Account der WKStA im Umfang des Untersuchungsgegenstandes liegen sollte (vgl sinngemäß VfSlg 19.910/2014).

2.3.8.2. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss hat in seinem (Bestreitungs-)Beschluss vom zudem hinreichend deutlich und nachvollziehbar dargelegt, dass das einschreitende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses eine hinreichende Begründung für sein Verlangen unterlassen hat. Die Begründung des Verlangens enthalte nämlich lediglich bloße Behauptungen dahingehend, dass die (bzw Teile der) E-Mail-Kommunikation innerhalb der WKStA von Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sein könnte. Dies sei als Begründung untauglich, weil demnach jeder erdenkliche Datenbestand vorzulegen sei und jegliche Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ad absurdum geführt werde.

Auch nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes beschränken sich die diesbezüglichen Ausführungen des Verlangens auf die Behauptung bzw Vermutung, dass die per Usermail versendeten Nachrichten Kritik an Vorgesetzten und damit relevante Informationen zum Untersuchungsgegenstand enthalten könnten. Es kann aber nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß § 25 Abs 2 und 3 VO-UA sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es muss vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden soll.

2.3.9. Da somit der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss in seinem (Bestreitungs-)Beschluss vom hinreichend deutlich und nachvollziehbar dargetan hat, warum das Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nicht vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes des Untersuchungsausschusses gedeckt ist, erweist sich der Beschluss der Mehrheit des Untersuchungsausschusses, mit dem das auf § 25 Abs 2 und 3 VO-UA gestützte Verlangen des (im verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellenden Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses bestritten wurde, als rechtmäßig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2022:UA4.2022
Schlagworte:
Untersuchungsausschuss, Nationalrat, Bundesminister, Beweise, email, Auslegung systematische, VfGH / Untersuchungsausschuss

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