VfGH vom 10.05.2021, UA4/2021
Leitsatz
Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Vorlage näher bezeichneter E-Mailpostfächer an den Ibiza-Untersuchungsausschuss; Vorlageverpflichtung des Bundeskanzlers mangels Begründung der fehlenden (potentiellen) abstrakten Relevanz der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen gegenüber dem Untersuchungsausschuss; kein Nachschieben von Begründungen durch Parteien im verfassungsgerichtlichen Verfahren betreffend die Meinungsverschiedenheit möglich
Spruch
Der Bundeskanzler ist verpflichtet, dem Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) folgende Akten und Unterlagen unverzüglich vorzulegen:
1)vollständige E-Mailpostfächer der BundeskanzlerInnen und BundesministerInnen im Bundeskanzleramt, insbesondere sebastian.kurz@bka.gv.at sowie
gernot.bluemel@bka.gv.at, aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt wurden,
b) abgespeichert wurden,
c) veraktet wurden,
d) empfangen wurden,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
2)vollständige E-Mailpostfächer zu kabhbk@bka.gv.at und
kanzlei.kabinett@bka.gv.at sowie gleichartige, nicht angeführte Postfächer von Kanzleien der Regierungsmitglieder oder Kabinette aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt wurden,
b) abgespeichert wurden,
c) veraktet wurden,
d) empfangen wurden,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
3)vollständige E-Mailpostfächer der BKA-Bediensteten *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, ***** und ***** aus dem Untersuchungszeitraum sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt wurden,
b) abgespeichert wurden,
c) veraktet wurden,
d) empfangen wurden,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
4)lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien der unter 1) und 3) genannten Personen;
soweit diese dem Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht bereits vorgelegt worden sind.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit ihrem auf Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,
"der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass der Bundeskanzler verpflichtet ist, dem Ibiza-Untersuchungsausschuss unverzüglich die folgenden Akten und Unterlagen vorzulegen:
1)Vollständige E-Mailpostfächer der BundeskanzlerInnen und BundesministerInnen im Bundeskanzleramt; insbesondere sebastian.kurz@bka.gv.at sowie
gernot.bluemel@bka.gv.at, aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt,
b) abgespeichert,
c) veraktet,
d) empfangen,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
2)Vollständige E-Mailpostfächer zu kabhbk@bka.gv.at und
kanzlei.kabinett@bka.gv.at sowie gleichartige, nicht angeführte Postfächer von Kanzleien der Regierungsmitglieder oder Kabinette aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt,
b) abgespeichert,
c) veraktet,
d) empfangen,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
3)Vollständige E-Mailpostfächer der BKA-Bediensteten *****, ***** und *****; *****; *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, ***** aus dem Untersuchungszeitraum sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt,
b) abgespeichert,
c) veraktet,
d) empfangen,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
4)Lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien der unter 1 und 3 genannten Personen;
sofern diese nicht bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden."
II. Rechtslage
1. Art 53 und Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:
"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.
(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.
(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungs-ausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 gefährden würde.
(4) Die Verpflichtung gemäß Abs 3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.
(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volks-anwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann."
"Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über
[...]
4. Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs;
[…]"
2. § 56f Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (in der Folge: VfGG), BGBl 85, idF BGBl I 101/2014 lautet:
"d) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen
§56f. (1) Ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel der Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß § 27 Abs 4 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates: 'Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse' zwei Wochen vergangen sind.
(2) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.
(3) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde."
3. § 106 des Bundesgesetzes vom über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR), BGBl 410, idF BGBl I 99/2014 lautet:
"§106. Verlangen eines Drittels der Mitglieder des Immunitätsausschusses auf Einholung einer Entscheidung des Nationalrates im Sinne des § 10 Abs 3, Verlangen auf Einberufung einer außerordentlichen Tagung gemäß § 46 Abs 2, Verlangen auf Durchführung einer Volksabstimmung gemäß § 84 Abs 1 oder 85 sowie Anträge und Anfechtungen in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nach den Bestimmungen dieser Geschäftsordnung sind schriftlich mit den eigenhändigen Unterschriften der Abgeordneten an den Präsidenten zur weiteren verfassungsmäßigen Behandlung zu richten."
4. § 24, § 25 und § 27 der Anlage 1 zum GOG-NR (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO-UA), BGBl 410/1975, idF BGBl I 99/2014 lauten:
"Grundsätzlicher Beweisbeschluss
§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Um-fang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art 52a Abs 2 B-VG gefährden würde.
(2) Die Verpflichtung gemäß Abs 1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.
(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von § 58 vorzugehen.
(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß § 1 Abs 2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 2 B-VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs 5.
(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß § 56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß § 39 GOG bekannt zu geben.
(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs 5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß § 56d Abs 7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß § 39 GOG bekannt zu geben."
"Ergänzende Beweisanforderungen
§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.
(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.
(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß § 24 Abs 1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von § 58 vorzugehen.
(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs 2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs 2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs 2 wirksam."
"Vorlage von Beweismitteln
§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß § 24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß § 25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß § 24 Abs 4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß § 26 Abs 2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.
(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.
(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.
(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs 1 oder Abs 3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.
(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs 4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs 4 beschließt.
(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."
III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mitglieder des Nationalrates haben am ein – zur Gänze zulässiges (vgl ) – Verlangen auf Einsetzung des Ibiza-Untersuchungsausschusses mit folgendem Untersuchungsgegenstand im Nationalrat eingebracht und dieses wie folgt begründet (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"Untersuchungsgegenstand
Untersuchungsgegenstand ist die mutmaßliche politische Absprache über das Gewähren ungebührlicher Vorteile im Bereich der Vollziehung des Bundes durch Mitglieder der Bundesregierung oder Staatssekretäre und diesen jeweils unterstellte leitende Bedienstete an natürliche oder juristische Personen, die politische Parteien direkt oder indirekt begünstigten, im Zuge der
a) Vollziehung der § 12a, 14 bis 16, 18 bis 24a, 30, 31, 31b Abs 1 und 6 bis 9, sowie 57 bis 59 Glücksspielgesetz idjgF;
b) Einflussnahme auf die Casinos Austria AG, ihre direkten oder indirekten EigentümerInnen sowie ihre Tochterunternehmen und jeweiligen OrganwalterInnen;
c) Vorbereitung von Gesetzgebungsverfahren auf Grundlage der Art 10 Abs 1 Z 1, 4-6 und 8-12, Art 11 Abs 1 Z 3 und 7, Art 12 Abs 1 Z 1 und 5 sowie Art 14b Abs 1 B-VG idjgF;
d) Vollziehung der § 121a BAO sowie Art 1 § 49a FinStrG idjgF in Bezug auf die in litb genannten Personen;
e) Umstrukturierung der Finanzaufsicht (BMF, Österreichische Nationalbank und Finanzmarktaufsicht) sowie der ÖBIB zur ÖBAG einschließlich der Bestellung der jeweiligen Organe;
f) Bestellung von Organen (einschließlich Vorstände, Aufsichtsräte und Geschäftsführungen) von Unternehmungen, an denen der Bund mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist;
g) straf- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen in Folge des Ibiza-Videos und gegen die Casinos Austria AG, ihre direkten und indirekten EigentümerInnen sowie Tochterunternehmen und jeweiligen OrganwalterInnen
einschließlich von Vorbereitungs- und Verdunkelungshandlungen im Zeitraum von bis
Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands
1. Managementscheidungen bei der Casinos Austria AG
Aufklärung über die Strategie, die Beweggründe und die Verfahren zur Besetzung von Funktionen in der Casinos Austria AG und ihren Tochterunternehmen sowie die Kommunikation zwischen den Eigentümern der CASAG bzw Mitgliedern der Gesellschaftsgremien sowie Amtsträgern. Dazu zählt die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen, die Willensbildung sowie die Überprüfung der jeweiligen persönlichen Eignung bei der Bestellung der GeschäftsleiterInnen (insbesondere Peter Sidlo) sowie des Aufsichtsrates der CASAG, die Wahrnehmung der Eigentümerinteressen der Republik sowie die in Folge des Bekanntwerdens der Ermittlungen der WKStA getroffenen Maßnahmen.
2. Reform und Vollziehung bestimmter Teile des Glücksspielgesetzes
Aufklärung über die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt, die Vorgangsweise und die politische Einflussnahme auf die Vollziehung des Glücksspielgesetzes sowie die Vorbereitung möglicher Gesetze im Glücksspielbereich einschließlich der Bemühungen von Dritten um bestimmte Handlungen seitens der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder ('Hintergrunddeals').
3. Begünstigung von Dritten
Aufklärung über die Einflussnahme von politischen FunktionsträgerInnen, leitenden Bediensteten sowie deren jeweiligen Büros auf die Vollziehung von Angelegenheiten betreffend Personen, die direkt oder indirekt Parteien oder WahlwerberInnen begünstigten einschließlich diese betreffende behördliche Ermittlungen sowie der Umgang mit Ansuchen um privilegierte Behandlung durch diesen Personenkreis.
4. Neustrukturierung der Finanzaufsicht
Aufklärung über die Strategie, die Beweggründe und die Verfahren in Zusammenhang mit der Reform der Finanzaufsicht, insbesondere den Kompetenzverschiebungen zwischen BMF, FMA und OeNB und die Neubesetzung der jeweiligen Organe. Dazu zählt auch die (versuchte) Einflussnahme Dritter auf die Reformüberlegungen.
5. Ermittlungen in der Ibiza-Affäre
Aufklärung über die politische Einflussnahme auf den Zeitablauf, die Vorgangs-weise, Kommunikation und Strategie der behördlichen Ermittlungen in Folge des Bekanntwerdens des Ibiza-Videos einschließlich der Tätigkeiten und Zusammensetzung der SOKO Ibiza.
6. Beteiligungsmanagement des Bundes
Aufklärung über die Einflussnahme der Bundesregierung auf die ÖBIB bzw ÖBAG, die Hintergründe, Strategien und Motive der Umstrukturierung der ÖBIB zur ÖBAG und die verwaltungsseitige Vorbereitung der entsprechenden Gesetzesnovellen sowie Aufklärung über das Funktionieren des Beteiligungsmanagements des Bundes.
7. Personalpolitik in staatsnahen Unternehmen
Aufklärung über die Beeinflussung von Personalentscheidungen in Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, einschließlich der Bestellung von Thomas Schmid zum Vorstand der ÖBAG, sowie von Mitgliedern von Aufsichtsräten als mögliche Gegenleistung oder Belohnung für die direkte oder indirekte Begünstigung politischer Parteien oder WahlwerberInnen.
8. Verdacht des Gesetzeskaufs
Aufklärung über die Einräumung von Einflussnahmemöglichkeiten an Dritte auf das Gesetzgebungsverfahren – sofern es der Vollziehung zuzurechnen ist - einschließlich Regierungsakten, als Folge der Begünstigung bestimmter politischer Parteien oder WahlwerberInnen.
[…]
Begründung
'Die Novomatic zahlt alle' – Es ist dieser Satz, gesprochen vom damaligen FPÖ-Parteichef Heinz Christian Strache im Ibiza-Video, der im Zentrum des Untersuchungsgegenstands steht. Der Verdacht steht im Raum, dass damals in der Theorie formuliert wurde, was später, als die FPÖ in die Regierung kam, gemeinsam mit der ÖVP umgesetzt werden sollte. Gegenwärtig ermittelt nach dem Ende einer türkis-blauen Regierung die Staatsanwaltschaft – wegen des Verdachtes von Korruption, Untreue und Amtsmissbrauch.
Die Verdachtslage erhärtete sich bei der Bestellung des FPÖ-Bezirksrates Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria AG. Laut Medienberichten und veröffentlichten Chatprotokollen steht der Verdacht im Raum, dass der Novomatic gegen Geld (Spende an FPÖ-Mandatar) und Postenvergabe (Einsatz für Sidlo) bessere gesetzliche Rahmenbedingungen (Casinokonzessionen) in Aussicht gestellt wurden – hier besteht also der Verdacht des Gesetzeskaufs.
Die Causa Casinos könnte aber nur die Spitze des Eisbergs sein. Der nun verlangte Untersuchungsausschuss hat zum Ziel, die politische Verantwortung der türkis-blauen Bundesregierung zu klären. Vor allem muss im Sinne demokratischer Kontrolle geklärt werden, ob neben den bislang bekannten Fällen noch weitere Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Maßnahmen der türkis-blauen Bundesregierung nur deswegen getroffen wurden, weil illegale Geldflüsse und/oder Postenvergaben versprochen wurden.
Zum Untersuchungsgegenstand im Besonderen:
Zum bestimmten, abgeschlossenen Vorgang:
Ziel eines Untersuchungsausschusses ist es, komplexe und umfassende Sachverhalte aufzuklären[…]. Der hier zu untersuchende Vorgang besteht in seinem Kern aus der politischen Absprache über eine ungebührliche Bevorteilung von Dritten in ausgewählten Bereichen der Vollziehung des Bundes. Eine solche Absprache zur Bevorteilung erfolgt auf Grund einer bestimmten politischen Motivlage, ohne deren Kenntnis gewisse Sachverhalte nicht hinreichend erklärt oder überhaupt als Bestandteil eines inhaltlichen Komplexes erkannt werden können. Erst durch die Offenlegung der Motivlage – im konkreten Fall das Erbringen einer Gegenleistung für die vorausgegangene Begünstigung politischer Parteien - erhalten diese Vollziehungshandlungen ihren größeren Sinn und werden als Teile eines gemeinsamen Vorgangs erkennbar. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Existenz einer solchen Motivlage nicht freiwillig offenbart wird, sondern im Gegenteil erst durch entsprechende Untersuchungen aufgeklärt werden muss.
Zu diesem Zweck ist der Untersuchungsgegenstand zunächst mit dem Verdacht der politischen Absprache zum Zweck der ungebührlichen Vorteilsgewährung bestimmt und wird sodann auf Grund der bestehenden Informationen auf einzelne Vollziehungsbereiche eingegrenzt. Diese in den lita bis g genannten Bereiche geben die zum Zeitpunkt der Einbringung des gegenständlichen Verlangens öffentlich bekannten Verdachtsmomente wieder. Das Verlangen umschreibt so jene Bereiche der Vollziehung, in denen sich die abgesprochene Vorteilsgewährung manifestiert haben soll. Es handelt sich dabei um Angelegenheiten, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind (insb. Art 10 Abs 1 Z 1 B-VG) bzw Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes darstellen.
Politische Absprache erfasst die Kommunikation und die Abstimmung von Handlungen von Mitgliedern der Bundesregierung, ihren Büros und unterstellten Bediensteten mit dem Ziel, ein gewisses Ergebnis zu erzielen. Die Feststellung der tatsächlichen Existenz der Absprache zur ungebührlichen Vorteilsgewährung ist Teil der Untersuchung und obliegt daher ausschließlich dem Untersuchungsausschuss selbst. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Ergründung der Motivlage im Bereich der Aufklärung über die politische Verantwortung zu verorten ist. Im Zuge der Vorlage von Beweismitteln ist von den vorlagepflichtigen Organen somit in Einklang mit der Judikatur des VfGH lediglich zu prüfen, ob Akten und Unterlagen eine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand haben könnten.
Die Wendung 'ungebührliche Vorteile' stellt einen Überbegriff für verschiedene Formen der Privilegierung dar. Der für die Untersuchung relevante Bereich kann sich daher von der Übernahme bestimmter Inhalte in der Vorbereitung der Gesetzgebung, der Auswahl bestimmter Personen für Funktionen, dem Verzögern oder Beschleunigen gewisser Verfahren bis zur Weitergabe von Informationen aus Strafverfahren erstrecken. Entscheidend ist die Eignung, bestimmte natürliche oder juristische Personen im Vergleich mit anderen zu privilegieren. Tatsächliche Unsachlichkeit der unterschiedlichen Behandlung oder Rechtswidrigkeit ist nicht erforderlich, um vom Untersuchungsgegenstand erfasst zu sein.
Entscheidende Akteure sind auf Seite der Verwaltung die Mitglieder der Bundesregierung sowie Staatssekretäre in der Zeit der Regierung Kurz sowie deren KabinettsmitarbeiterInnen und Generalsekretäre. Hier gilt es zu klären, ob sie zusammengewirkt haben, um ein gewisses, Dritte begünstigendes Ergebnis zu erzielen.
Auf Grund der bisherigen Berichterstattung kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass diesen unterstellte leitende Bedienstete bei der Vorteilsgewährung eine wesentliche Rolle einnahmen. Ihnen muss zumindest eine gewisse lngerenz auf das Verwaltungshandeln zukommen, da sonst jedenfalls eine abstrakte Eignung fehlt, um zum untersuchenden Vorgang beizutragen. Leitende Bedienstete werden daher ausdrücklich miteinbezogen. Nicht-leitende Bedienstete sind vom jeweils zuständigen Organ nichtsdestotrotz im Rahmen der Beweisanforderung aufzufordern, ihre Akten und Unterlagen vorzulegen (siehe dazu VfgH UA1/2018 und UA3/2018).
Akteure auf dritter Seite sind natürliche oder juristische Personen, die eine politische Partei oder WahlwerberInnen direkt oder indirekt begünstigten. Sie sind mögliche Nutznießer einer Privilegierung. In der Regel wird in diesem Zusammenhang eine wirtschaftliche Betrachtungsweise der Situation erforderlich sein. In der Zielgerichtetheit der Vorteilszuwendung liegt die Abgrenzung zu normalem politischem Handeln.
Die zeitliche Abgrenzung erfolgt mit der Angelobung der Regierung Kurz am und endet mit . Das ist jener Tag, an dem eine außerordentliche Hauptversammlung der CASAG zur Abberufung von Peter Sidlo anberaumt war und der Verkauf der CASAG-Anteile der Novomatic an die Sazka Gruppe bekannt gegeben wurde. Der Vorgang ist somit abgeschlossen.
Vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind auch Vorbereitungs- sowie Verdunkelungshandlungen. Die Festlegung einer fortlaufenden Beweisvorlagepflicht im grundsätzlichen Beweisbeschluss wird in diesem Zusammenhang vorgeschlagen.
Zu lita:
Diese Formulierung schafft die Grundlage für die Aufklärung zu den Beweisthemen 1 und 2.
Die Vollziehung der genannten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes umfasst insbesondere die Wahrnehmung der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen in Hinblick auf die Vergabe von Konzessionen, die Beteiligungsverhältnisse und die fachlichen Anforderungen an Geschäftsleiter und Aufsichtsräte sowie die abgabenrechtlichen Bestimmungen. Es sind in der Aufzählung all jene Bestimmungen genannt, die in Zusammenhang mit der Berichterstattung zu den Ermittlungen der WKStA genannt sind. Nicht umfasst ist unter anderem die Vollziehung der Strafbestimmungen, da bezirksverwaltungsbehördliche Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz von vornherein dem Austauschverhältnis unzugänglich sind, das dem Untersuchungsgegenstand zu Grunde liegt. Die (versuchte) Beeinflussung des Bundesministers für Finanzen wäre wiederum über den Verweis auf § 19 leg cit sehr wohl erfasst.
Zu litb:
Mit politischer Einflussnahme auf die CASAG sowie die in wirtschaftlicher Beziehung zu ihr stehenden Unternehmen ist in einem weiteren Sinne die Verwaltung des Glücksspielsektors zu verstehen, einschließlich der Kommunikation von Organen des Bundes mit am Glücksspielsektor Interessierten und umgekehrt sowie das Beteiligungsmanagement des Bundes in diesem Bereich.
Unter direkte oder indirekte EigentümerInnen sind sowohl natürliche als auch juristische Personen zu verstehen, die im Untersuchungszeitraum entweder direkt Anteile an der CASAG hielten oder dies über zwischengeschaltete Personen – selbst wenn über mehrere Ebenen - taten (Mutter-Tochter- und Schachtel-Konstruktionen). Also auch jene Personen, die EigentümerInnen der EigentümerInnen usw waren. Tochterunternehmen sind jene der CASAG, also insbesondere die Casinos Austria International und die Österreichischen Lotterien, aber auch die Medial Beteiligungs-Gesellschaft m.b.H. ('MEDIAL'). OrganwalterInnen sind alle Vorstände, Aufsichtsräte, GeschäftsführerInnen, usw, je nach Rechtsform, über die Dauer des Untersuchungszeitraumes. Die Eigenschaft als EigentümerIn oder OrganwalterIn zu einem beliebigen Zeitpunkt während des Untersuchungszeitraumes genügt.
Zu litc:
Diese Formulierung dient als Grundlage für die Aufklärung über den Vorwurf des Gesetzeskaufs. Zur Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens zählt insbesondere die ressortinterne legistische Vorbereitung von der entsprechenden Kommunikation zwischen BundesministerIn, dem Kabinett bzw Generalsekretär und der zuständigen Abteilung bis hin zum Ministerialentwurf, die Kommunikation innerhalb der Bundesregierung und zwischen unterschiedlichen Ressorts sowie mit Dritten zum jeweiligen Gesetzesvorhaben, die Einholung von externer Expertise und die weitere Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens.
Es sind nur jene Gesetzgebungsverfahren erfasst, die unter die angegebenen Kompetenztatbestände fallen. Es handelt sich um jene Gesetzgebungskompetenzen, bei denen auf Grund der bisherigen Berichterstattung bzw auf Grund der mit dem jeweiligen Regelungsbereich zwangsläufig verbundenen wirtschaftlichen Interessen das Bestehen des im Untersuchungsgegenstand beschriebenen Austauschverhältnisses denkmöglich ist. Ausgenommen sind demgegenüber alle sicherheitspolitischen Gesetzgebungskompetenzen, das Bildungswesen, das Dienstrecht sowie auswärtige Angelegenheiten.
Von den 117 Regierungsvorlagen der XXVI.GP sind daher geschätzt 60% vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Sehr wohl umfasst sind ReferentInnen- und Ministerialentwürfe, selbst wenn diese schlussendlich niemals der Bundesregierung zur Beschlussfassung vorgelegt wurden.
Zu litd:
Die genannten Bestimmungen der BAO bzw des FinStrG regeln die Meldung von Schenkungen ab gewissen Wertgrenzen an das zuständige Finanzamt bzw die Sanktionen bei Verstößen gegen diese Meldepflicht. Schenkungen an Personen in oder im Umfeld von politischen Parteien bilden eine mögliche Umgehung der gesetzlichen Spendenverbote bzw vorgeschriebenen Transparenzbestimmungen. Auf Grund der Verdachtsmomente in Hinblick auf in Angelegenheiten des Glücksspiels involvierte Personen soll die Vollziehung der Schenkungsmeldungen für diesen beschränkten Personenkreis Teil der Untersuchung sein.
Zu lite:
Ab ihrer Angelobung bereitete die türkis-blaue Bundesregierung eine Reform der Finanzaufsicht vor. Dabei sollte es zu Kompetenzverschiebungen zwischen der Finanzmarktaufsicht, dem BMF und der Oesterreichischen Nationalbank kommen. Außerdem wurden die Organe der Oesterreichischen Nationalbank und der FMA neu bestellt. Der medialen Berichterstattung war in diesem Zeitraum zu entnehmen, dass zwischen den Regierungsparteien Vereinbarungen getroffen wurden, die jenen bei der Casinos Austria AG stark ähneln. Daher wird dieser Bereich ausdrücklich in den Untersuchungsgegenstand einbezogen und als Beweisthema 4 geführt. Umfasst sind alle Vorarbeiten, Verfahren und Entscheidungen für die Reform der Finanzaufsicht sowie für die Bestellung der Organe.
Zu litf:
Der Bund ist neben der Casinos Austria AG an einer Vielzahl von Unternehmungen direkt oder indirekt beteiligt. Mehrere Personalentscheidungen der türkis-blauen Bundesregierung erweckten den Eindruck, dass diese als Gegenleistung für die Begünstigung politischer Parteien erfolgten. Die Formulierung beschränkt sich absichtlich nicht auf die tatsächliche Ausübung der Eigentümerrechte, sondern umfasst auch informelles Vorgehen von Organen des Bundes, insbesondere dort, wo keine direkte Beteiligung des Bundes besteht. Die Einflussnahme von Organen des Bundes auf die ÖBAG ist in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse. Von der Formulierung nicht erfasst sind Anstalten, Stiftungen und Fonds des Bundes.
Zu litg:
Ziel der Untersuchungen zu diesem Beweisthema ist es, festzustellen, ob die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft oder anderer Behörden in solchen Verfahren von politischer Seite beeinflusst wurden, um etwa die politische Absprache der ungebührlichen Begünstigung zu verdunkeln.
Diese Formulierung umfasst zwei Fälle: einerseits all jene straf- und disziplinar-rechtlichen Ermittlungen, einschließlich verwaltungsstrafrechtlicher Ermittlungen, die egal aus welchem Grund (von Amts wegen, auf Grund von Anzeigen oder Privatanklagen) in Folge des Ibiza-Videos geführt werden, unabhängig davon, ob diese bereits eingestellt oder auf andere Art erledigt wurden oder nicht. Exemplarisch zu nennen sind die Verfahren gegen Hartwig Löger, Heinz-Christian Strache, Markus Tschank, Johann Gudenus sowie die 'Drahtzieher' des Ibiza-Videos. Andererseits sind Fälle von Ermittlungen umfasst, die gegen die Casinos Austria und deren direkte oder indirekte EigentümerInnen (insbesondere Medial, ÖBAG, Novomatic) sowie OrganwalterInnen geführt werden. Entscheidender Zeitrahmen für die Eigenschaft als EigentümerIn oder OrganwalterIn ist jeder beliebige Zeitpunkt innerhalb des Untersuchungszeitraums. Somit sind auch die EigentümerInnen der EigentümerInnen sowie die OrganwalterInnen der Eigentümergesellschaften und so weiter sowie Personen umfasst, die zwar am EigentümerIn oder OrganwalterIn waren, jedoch nicht mehr am . Nur durch die Kenntnis dieser Verfahren kann die Aufklärung darüber gelingen, ob es politische Einflussnahmeversuche gab."
1.2. In dem vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am gefassten und dem Bundeskanzler am zugestellten grundsätzlichen Beweisbeschluss werden ua die Mitglieder der Bundesregierung (und damit auch der Bundeskanzler) als zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des (damals eingeschränkten) Untersuchungsgegenstandes "grundsätzlich" binnen vier Wochen verpflichtet genannt.
1.3. Infolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , UA1/2020, fasste der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am einen ergänzenden grundsätzlichen Beweisbeschluss, der dem Bundeskanzler am zugestellt wurde und ihn (wiederum als Mitglied der Bundesregierung) als zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des (nunmehr dem Einsetzungsverlangen uneingeschränkt entsprechenden) Untersuchungsgegenstandes "grundsätzlich" binnen vier Wochen verpflichtet nennt.
1.4. Der Bundeskanzler hat dem Ibiza-Untersuchungsausschuss auf Grund des grundsätzlichen und des ergänzenden grundsätzlichen Beweisbeschlusses wiederholt Akten und Unterlagen vorgelegt.
1.5. Mit Verlangen vom wurde der Bundeskanzler (näher begründet) aufgefordert, binnen zwei Wochen näher bezeichnete Akten und Unterlagen vorzulegen.
1.6. Mit Schreiben vom hat der Bundeskanzler mitgeteilt, seiner Vorlagepflicht sowohl auf Grund des grundsätzlichen als auch auf Grund des ergänzenden grundsätzlichen Beweisbeschlusses vollumfänglich nachgekommen zu sein, weshalb keine weiteren Unterlagen übermittelt werden könnten.
1.7. Mit Verlangen vom wurde der Bundeskanzler (näher begründet) aufgefordert, binnen zwei Wochen bestimmte andere als davor verlangte Akten und Unterlagen vorzulegen.
1.8. Mit Schreiben vom hat der Bundeskanzler wiederum mitgeteilt, seiner Vorlagepflicht in näher bezeichneten Lieferungen bereits nachgekommen zu sein.
1.9. Mit Verlangen vom wurde der Bundeskanzler (näher begründet) aufgefordert, binnen zwei Wochen bestimmte andere als davor verlangte Akten und Unterlagen vorzulegen.
1.10. In seinem Schreiben vom hat der Bundeskanzler sein Schreiben vom in Bezug auf die nunmehr angeforderten Akten und Unterlagen wortgleich wiederholt.
1.11. Mit weiterem Verlangen vom wurde der Bundeskanzler (näher begründet) aufgefordert, binnen zwei Wochen bestimmte weitere Akten und Unterlagen vorzulegen.
1.12. In seinem Schreiben vom hat der Bundeskanzler seine Schreiben vom 11. und auch in Bezug auf diese angeforderten Akten und Unterlagen nahezu wortgleich wiederholt.
1.13. In der 38. Sitzung des Ibiza-Untersuchungsausschusses am wurde der Bundeskanzler gemäß § 27 Abs 4 VO-UA aufgefordert (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),
"binnen zwei Wochen seiner Verpflichtung zur Vorlage folgender Akten und Unterlagen nachzukommen:
1)Vollständige E-Mailpostfächer der BundeskanzlerInnen und BundesministerInnen im Bundeskanzleramt; insbesondere sebastian.kurz@bka.gv.at
sowie gernot.bluemel@bka.gv.at, aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a)ausgedruckt,
b)abgespeichert,
c)veraktet,
d)empfangen,
e)in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
2)Vollständige E-Mailpostfächer zu kabhbk@bka.gv.at und
kanzlei.kabinett@bka.gv.at sowie gleichartige, nicht angeführte Postfächer von Kanzleien der Regierungsmitglieder oder Kabinette aus dem Untersuchungszeitraum sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a)ausgedruckt,
b)abgespeichert,
c)veraktet,
d)empfangen,
e)in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
3)Vollständige E-Mailpostfächer der BKA-Bediensteten *****, ***** und *****; *****; *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, ***** aus dem Untersuchungszeitraum sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a)ausgedruckt,
b)abgespeichert,
c)veraktet,
d)empfangen,
e)in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
4)Vollständige E-Mailnachrichten von Mailaccounts der Domain 'oevp.at' und der Sub-Domain 'wien.oevp.at' aus dem Untersuchungszeitraum, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts empfangen, gespeichert, ausgedruckt, veraktet oder in an diese weitergeleiteten E-Mails enthalten sind sowie an solche Domains gesendet wurden;
5)Kalendereinträge von BundeskanzlerInnen sowie BundesministerInnen im Bundeskanzleramt, unabhängig der Form der Führung des Kalenders sowie sonstige Aufzeichnungen oder Dokumentation (wie etwa Buchungsbelege, Catering-Rechnungen), mit deren Hilfe Termine nachvollzogen werden können, mit Bezug zum Untersuchungszeitraum;
6)Korrespondenz mittels SMS, WhatsApp, Telegram, Signal, iMessage und dergleichen, von Mitgliedern der Bundesregierung mit deren KabinenettsmitarbeiterInnen bzw von KabinettsmitarbeiterInnen mit Bediensteten des Bundeskanzleramts aus dem Untersuchungszeitraum, unabhängig davon ob diese direkt empfangen, weitergeleitet oder an diese gesendet wurden;
7)Lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien der unter 1 und 3 genannten Personen.
Erfasst sind jeweils auch lokale oder serverseitige Sicherungen, Backups, automatische Redundanzen auf Mailservern, Time Capsules und vergleichbare technische Vorkehrungen zur Verhinderung von Datenverlusten. Ebenfalls erfasst sind Akten und Unterlagen, die auf privaten Geräten gespeichert, verarbeitet oder verwendet wurden, einschließlich elektronischer Kommunikation auf solchen Geräten sowie private Speichermöglichkeiten wie Cloud-Lösungen, sofern es sich nicht ausschließlich um private Dateien und Kommunikation ohne jeglichen Bezug zu Vollziehungshandlungen handelt. Die Vorlage vollständiger E-Mailpostfächer umfasst auch die in diesen E-Mailprofilen gespeicherten Kalendereinträge, Attachements und Kontakte.
Begründung
Der Bundeskanzler wurde mit dem grundsätzlichen Beweisbeschluss sowie dem ergänzenden grundsätzlichen Beweisbeschluss zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet
Der Bundeskanzler wurde außerdem durch ergänzende Beweisanforderungen zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen verpflichtet und zwar ua:
-von an MitarbeiterInnen der Kabinette Kurz und Löger gesendete E-Mails, Punktationen, Aktenvermerke und dergleichen;
-von MitarbeiterInnen dieser Kabinette erstelle E-Mails, Punktationen, Aktenvermerke, ELAKs und dergleichen;
-die E-Mailkorrespondenzen der Postfächer sebastian.kurz@bka.gv.at;
gernot.bluemel@bka.gv.at, kabhbk@bka.gv.at,
kanzlei.kabinett@bka.gv.at;
-empfangene oder weitergeleitete Nachrichten sowie in Nachrichten wiederum enthaltene Nachrichten (Mailverlauf) von Mailaccounts der Domain 'oevp.at' bzw 'wien.oevp.at';
-Korrespondenz mittels SMS, WhatsApp, Telegram, Signal, iMessage und dergleichen, von Mitgliedern der Bundesregierung sowie deren KabinettsmitarbeiterInnen bzw von sonstigen Bediensteten des Ressorts mit KabinettsmitarbeiterInnen.
Der Bundeskanzler hat zwar eine Vielzahl an Akten und Unterlagen, insbesondere des Verfassungsdienstes übermittelt, jedoch kein einziges E-Mail von ihm selbst der seinen KabinettsmitarbeiterInnen aus dem Untersuchungszeitraum. Auch solche Nachrichten nicht, die an andere Bedienstete des Ressorts versendet wurde. Ebensowenig liegen dem Untersuchungsausschuss Akten und Unterlagen zu Terminen des Bundeskanzlers vor. Auch aus den jeweiligen Kanzleien der Kabinette liegen dem Untersuchungsausschuss keine Akten und Unterlagen vor.
Der Bundeskanzler hat in den zu den gesamten ergänzenden Beweisanforderungen ergangenen Antwortschreiben insbesondere nicht dargelegt
-warum tatsächlich von der Vielzahl der MitarbeiterInnen der Kabinette der genannten Mitglieder der Bundesregierung im Untersuchungszeitraum kein einziges E-Mail oder sonstiges Dokument an irgendeinen Bediensteten des BKA ergangen ist, diesem weitergeleitet oder umgekehrt gesendet wurde. Er hat genauso wenig dargelegt, warum solche Korrespondenz – sofern sie wie anzunehmen ist sehr wohl vorliegt – nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst sein soll;
-warum keine Kalendereinträge oder sonstige Unterlagen zu Terminen von BundeskanzlerInnen oder BundesministerInnen existieren sollen, insbesondere da solche Termine regelmäßig mit sonstigen organisatorischen Vorkehrungen einhergehen;
-warum Korrespondenz mittels SMS, WhatsApp und dergleichen nicht vorgelegt wurde;
-warum trotz angeblicher Löschung einer Vielzahl von E-Mailpostfächern weiterhin Daten aus diesen Postfächern bestehen oder diese unwiederbringlich gelöscht sein sollen.
Der Bundeskanzler hat außerdem durch unzulässige, einschränkende Interpretation der Beweisanforderung die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses behindert.
Eine faktische Unmöglichkeit ändert nichts an der rechtlichen Verpflichtung zur Vorlage (vgl )
Der Bundeskanzler ist zur vollständigen Vorlage aller vom Untersuchungsausschuss als relevant betrachteten Akten und Unterlagen verpflichtet. Er hat die tatsächliche Relevanz dieser Akten und Unterlagen zunächst selbst zu überprüfen, wobei es genügt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Akten und Unterlagen für die Untersuchung relevant sein könnten (abstrakte Relevanz).
Den Bundeskanzler trifft gegenüber dem Untersuchungsausschuss eine Behauptungs- und Begründungspflicht (vgl ). Die pauschale Behauptung, es seien keine Akten und Unterlagen vorhanden oder diese wären nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst, genügt nicht. Die Verweigerung der Vorlage ist im Einzelnen auf einen verfassungsrechtlich anerkannten Grund zu stützen (Behauptungspflicht) und im Einzelnen zu begründen (Begründungspflicht). Nur dadurch wird es dem Untersuchungsausschuss ermöglicht, die Argumentation des Bundeskanzlers zu überprüfen und gegebenenfalls zu bestreiten (vgl mwN).
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass auf Grund der Rechtsprechung des OGH die Nicht-Vorlage von Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss den Nationalrat in seinem konkreten Recht auf richtige und vollständige Information sowie Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit gesetzter Behördenakte zu schädigen vermag.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Abspeichern von Informationen auf privaten Geräten nichts an deren dienstlicher Qualität zu ändern vermag. Auch auf privaten Geräten abgespeicherte Akten und Unterlagen unterliegen daher der Vorlagepflicht. Genauso sind jegliche Art der Sicherungen solcher Akten und Unterlagen etwa in Cloud-Speichermöglichkeiten oder auf externen Festplatten vorzulegen, da auch diese als Akten und Unterlagen im Sinne der Beweisbeschlüsse gelten.
Zu den Akten und Unterlagen im Einzelnen:
Zu 1:
Die Relevanz der Korrespondenz von Mitgliedern der Bundesregierung für den Untersuchungsgegenstand ist evident. In der täglichen Verwaltungspraxis kommt dem Kommunikationsmittel E-Mail weiterhin eine entscheidende Rolle zu. Nachdem offizielle Kommunikation über die genannten E-Mailpostfächer abgewickelt wurde, sind diese vorzulegen. Schließlich benötigt der Untersuchungsausschuss zur Erfüllung seines ihm vom Nationalrat übertragenen Kontrollauftrags eine möglichst vollständige Kenntnis über den Informationsstand von Mitgliedern der Bundesregierung, zumal diese ausdrücklich im Untersuchungsgegenstand genannt sind. Dies gilt gleichermaßen für Dritte, deren Kommunikation somit ebenfalls umfasst ist.
Bei der Vorlage soll es nicht darauf ankommen, ob die E-Mailnachrichten tatsächlich in den genannten Postfächern vorliegen oder etwa auf Grund von Weiterleitungen, Beantwortungen, Ausdrucken, Veraktungen, usw an anderer Stelle im Bundeskanzleramt verfügbar sind.
Zu 2:
Nachdem nicht davon auszugehen ist, dass Alltagsgeschäfte über die E-Mailpostfächer der Regierungsmitglieder abgewickelt wurden, sind auch die Postfächer der jeweiligen Kanzleien der Regierungsmitglieder und Kabinette vorzulegen. Dies ist außerdem erforderlich, da diese Postfächer im Gegensatz zu anderen E-Mailpostfächern bei Amtswechsel nicht zu löschen waren. Zur Sicherheit sollen dennoch auch Nachrichten dieser E-Mailpostfächer, die an anderen Stellen des Bundeskanzleramts vorliegen oder beschaffbar sind, erfasst sein.
Zu 3:
KabinettsmitarbeiterInnen kommt eine entscheidende Rolle bei der Weitergabe von Wünschen des jeweiligen Regierungsmitglieds an die Verwaltung zu. Ihre Kommunikation ist daher von besonderem Interesse für den Untersuchungsausschuss. Die bisherige Tätigkeit des Untersuchungsausschusses hat außerdem gezeigt, dass wesentliche Informationen ganz besonders aus solchen E-Mailnachrichten zu gewinnen sind, die von KabinettsmitarbeiterInnen verfasst wurden. Nachdem auch hier von breitflächigen Löschungen auszugehen ist (sofern keine Back-Ups bestanden, die uU wieder eingespielt wurden), sind auch hier alle anderen Bediensteten des BKA ebenfalls zur Vorlage aufgefordert.
Zu 4:
Im Kern des Untersuchungsgegenstandes steht die Begünstigung von Dritten als Gegenleistung für Zuwendungen an ÖVP oder FPÖ. Nachdem das Bundeskanzleramt mit Ausnahme der Regierung Bierlein von Mitgliedern der ÖVP besetzt war, kommt E-Mailnachrichten von Servern der ÖVP besondere Relevanz für die Untersuchung zu.
Zu 5:
Kalendereinträge sind ohnehin bereits mit der Vorlage der vollständigen E-Mailpostfächer von der Vorlagepflicht umfasst. Jedoch ist es auch denkbar, dass solche Kalender in anderen Postfächern, analog oder ausgedruckt vorliegen bzw Auszüge aus dem Kalender an KabinettsmitarbeiterInnen oder andere Bedienstete des Ressorts weitergeleitet wurden. Die Kenntnis zu Terminen ist jedoch wesentlich, um Informationsflüsse nachvollziehen zu können.
Zu 6:
Elektronischer Kommunikation jenseits von E-Mail, sondern mittels Messenger-Diensten, kommt zunehmende Bedeutung im modernen Alltag zu. Nachdem die Vorlagepflicht für E-Mails weitgehend unbestritten ist, wurden Nachrichten über Messenger-Dienste bislang nicht in die Übermittlung aufgenommen. Es besteht jedoch kein Unterschied, ob Nachrichten per E-Mail oder per Messenger-Diensten übermittelt werden. Dies gilt auch unabhängig von der konkreten Anwendung (WhatsApp, SMS, Signal, Telegram, iMessage, etc.). Es gilt auch unabhängig davon, ob diese Kommunikation mittels privaten oder dienstlichen Mobiltelefon geführt wird, da lediglich der Inhalt der jeweiligen Nachrichten für die Qualifikation als privat oder dienstlich entscheidend ist.
Auch hier ist es auf Grund weit verbreiteter Löschungen erforderlich, auch auf die Empfängerseite der Nachrichten zuzugreifen und daher alle Bediensteten des BKA zur Vorlage solcher Nachrichten an den Untersuchungsausschuss zu verpflichten.
Zu 7:
Lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien gelten ebenfalls als Akten und Unterlagen im Sinne des grundsätzlichen Beweisbeschlusses. Erfasst sind jene Personen, die auch im Untersuchungsgegenstand benannt sind."
1.14. Mit Schreiben vom hat der Bundeskanzler mitgeteilt, er habe – zusätzlich zu den umfangreichen Lieferungen auf Grund des grundsätzlichen und ergänzenden grundsätzlichen Beweisbeschlusses – bislang alle vom Untersuchungsausschuss gestellten Verlangen in umfangreichen ressortinternen Erhebungen auf das Vorliegen von abstrakt relevanten Akten, Unterlagen und sonstigen Informationen geprüft und dem Untersuchungsausschuss das Ergebnis mitgeteilt. Sofern entsprechende, abstrakt relevante Unterlagen vorhanden seien, seien diese an den Untersuchungsausschuss übermittelt worden. Auch für die vorliegende Aufforderung seien wiederum umfangreiche Erhebungen getätigt worden:
Die Aufforderung sei sämtlichen zum Bundeskanzleramt ressortierenden Regierungsmitgliedern und Bediensteten per E-Mail zur Kenntnis gebracht worden; die Adressaten seien angewiesen worden, entsprechend der beigeschlossenen Anleitung ihre Unterlagen systematisch und nachvollziehbar zu prüfen und das Ergebnis rückzumelden. In dieser Anleitung sei der genannte Personenkreis neben der dargestellten Prüfung angewiesen worden, die Suche zu erweitern, um eine möglichst genaue Prüfung zu gewährleisten. Der Prüfvorgang sei in der beigeschlossenen Anleitung dargestellt.
Das Ergebnis dieser Erhebungen durch sämtliche Bedienstete des Bundeskanzleramts decke sich mit jenem der bisherigen Rückmeldungen zu den Vorverlangen.
Im Bundeskanzleramt lägen nach der Einschätzung durch die zum Bundeskanzleramt ressortierenden Regierungsmitglieder und der Bediensteten keine weiteren Unterlagen vor, die von abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sein könnten. Eine Übermittlung von Unterlagen an den Untersuchungsausschuss ohne Berücksichtigung der abstrakten Relevanz scheide jedoch aus, weil eine Vorlage – auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – nur in diesen Grenzen zulässig sei (, Rz 172). Die Verwaltung dürfe nichts übermitteln, was für den Untersuchungsgegenstand nicht erforderlich sei (Lienbacher, Datenschutz und Staatsorganisation, ÖJT 2012, I/2, 34).
In der diesem Schreiben beigeschlossenen Anleitung heißt es wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"[…]
I. Welche Mails sind zu durchsuchen?
1. Zu durchsuchen sind sämtliche Mails, die Sie von einer der folgenden Adressen bzw Absendern empfangen haben:
mit der Domain oevp.at oder wien.oevp.at
Das Ersuchen bezieht sich auch auf gleichartige, nicht angeführte Postfächer von Kanzleien der Regierungsmitglieder oder Kabinette aus dem Untersuchungszeitraum.
2. Zu durchsuchen sind weiters sämtliche Mails, die Sie von folgenden Absendern empfangen haben:
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
*****
Inhaber der genannten Postfächer haben ihr gesamtes Postfach nach denselben Kriterien zu durchsuchen, wie die übrigen Bediensteten des Bundeskanzleramts.
3. Dieses Ersuchen bezieht sich auch auf sämtliche Mails, von den genannten Adressen oder Absendern, welche sich in an Sie weitergeleiteten Mails befinden.
4. Sollten Sie derartige Mails (s oben 1-3) ausgedruckt, abgespeichert oder veraktet haben, sind diese ebenfalls zu durchsuchen.
II. Welcher Zeitraum ist zu durchsuchen?
Der Untersuchungszeitraum reicht von bis . Somit sind sämtliche Nachrichten aus diesem Zeitraum zu durchsuchen aber auch sämtliche Nachrichten, die sich auf diesen Zeitraum beziehen und abstrakt relevant für den Untersuchungsgegenstand sein können (vgl ).
III. Nach welchen Kriterien ist zu durchsuchen?
Grundsätzlich sind – wie schon nach den Vorverlangen – sämtliche Nachrichten vorzulegen, die abstrakt relevant für den Untersuchungsgegenstand sein können.
Folgende Schlagwörter sind dem Untersuchungsgegenstand entnommen und sollten der Suche zu Grunde gelegt werden:
Glücksspielgesetz, Casinos Austria AG, Gesetzgebungsverfahren, BAO, FinStrG, Finanzaufsicht, BMF, Österreichische Nationalbank, Finanzmarktaufsicht, ÖBIB, ÖBAG, Bestellung, Organe, Vorstände, Aufsichtsräte, Geschäftsführungen, strafrechtlich, disziplinarrechtlich, Ermittlung, Ibiza, EigentümerInnen, Tochterunternehmen, OrganwalterInnen
Eine Erweiterung der Suche iZm der abstrakten Relevanz ist zulässig und erforderlichenfalls geboten.
IV. Die Verpflichtung gilt für sämtliche anderen Unterlagen
Dieselbe Vorgangsweise ist für allfällige sonst vorhandene Unterlagen, wie sie in den Punkten 5 bis 7 des Verlangens dargestellt sind, einzuhalten. Davon umfasst sind insbesondere
1. Kalendereinträge oder sonstige Aufzeichnungen zur Terminrekonstruktion (vgl Punkt 5 des Verlangens)
2. Korrespondenz über andere Nachrichtenformen, beispielsweise SMS, WhatsApp, Telegram, Signal, iMessage und dergleichen
von Mitgliedern der Bundesregierung mit deren Kabinettsmitarbeiterinnen oder –mitarbeitern
von Kabinettsmitarbeiterinnen oder –mitarbeitern mit Bediensteten des Bundeskanzleramts
und zwar dann, wenn diese empfangen, weitergeleitet oder an die genannten sonst gesendet wurden (vgl Punkt 6 des Verlangens).
3. Lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien jenes Personenkreises, der in den Punkten 1 bis 3 des Verlangens genannt ist.
V. Wie sind die gefundenen Nachrichten bzw sonstigen Unterlagen vorzulegen?
Es sind drei Varianten denkbar
1. abstrakt relevantes Material ist vorhanden:
Wenn sie im Rahmen der dargestellten Suche für den Untersuchungsgegenstand abstrakt relevante Nachrichten oder sonstige Unterlagen gefunden haben, sind diese in ein pdf umzuwandeln und per Mail zu senden an
untersuchungsausschuss@bka.gv.at
Erforderlich ist in diesem Fall eine begründete Klassifizierung der übermittelten Dokumente.
2. Nachrichten oder Unterlagen wurden in der Suche gefunden, sind aber nicht abstrakt relevant
Wenn Sie Mails oder sonstige Unterlagen gefunden haben, diese aus ihrer Sicht aber nicht für den Untersuchungsgegenstand abstrakt relevant sind, ist dies mit kurzer Begründung für jede einzelne Nachricht oder Unterlagen ebenfalls an untersuchungsausschuss@bka.gv.at zu übermitteln.
3. Keine Nachrichten oder Unterlagen gefunden
Sollten Sie in der dargestellten Suche keine abstrakt relevanten Nachrichten oder sonstige Unterlagen aufgefunden haben, teilen Sie das bitte ebenfalls an
untersuchungsausschuss@bka.gv.at mit.
Selbiges gilt, wenn sie aus anderen Gründen keine abstrakt relevanten Nachrichten oder Unterlagen haben, etwa weil Sie im relevanten Zeitraum noch nicht im Bundeskanzleramt tätig waren.
[…]"
2. Die Einschreiter begründen ihren auf Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG gestützten Antrag wie folgt:
2.1. Zur Zulässigkeit:
2.1.1. Die antragstellenden Abgeordneten seien Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses und würden gemeinsam mehr als ein Viertel seiner 13 Mitglieder verkörpern. Der Antrag werde am und somit nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach-)Frist des § 27 Abs 4 VO-UA am gestellt. Die zweiwöchige Frist des § 56f Abs 1 VfGG habe somit am zu laufen begonnen und ende mit . Sie sei am noch nicht abgelaufen.
2.1.2. Die Einhaltung der Bestimmung des § 106 GOG-NR bilde keine Prozessvoraussetzung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl mwN; vgl auch VfSlg 16.752/2002 zu einem Verfahren nach [nunmehr] Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG).
2.2. In der Sache begründen die Einschreiter ihren Antrag wie folgt:
2.2.1. Die grundsätzliche Verpflichtung des Bundeskanzlers, dem Ibiza-Untersuchungsausschuss Akten und Unterlagen vorzulegen, sei unbestritten. Der Bundeskanzler bringe in seinen Schreiben lediglich vor, dass über die bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen hinaus keine weiteren Akten und Unterlagen vorhanden seien, die von abstrakter Relevanz für die Untersuchung sein könnten und nicht bereits vorgelegt worden seien.
Der Verfassungsgerichtshof habe sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er habe sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die teilweise oder gänzliche Ablehnung der Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen aus dem genannten Grund zu Recht erfolgt sei oder nicht.
2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass das Vorbringen, Akten und Unterlagen seien nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst, hinreichend detailliert zu begründen sei und eine entsprechende bloße Behauptung nicht ausreiche (vgl VfSlg 19.973/2015, 20.304/2018; ; , UA1/2021). Er habe diesbezüglich wiederholt ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes gemäß § 56f Abs 3 VfGG, über eine Meinungsverschiedenheit ua zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates und einem informationspflichtigen Organ über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Grund der Aktenlage und ohne unnötigen Aufschub (tunlichst binnen vier Wochen nach vollständiger Einbringung des Antrages) zu entscheiden, sowie der befristeten Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl § 53 VO-UA) das vorlagepflichtige Organ seiner bestehenden Behauptungs- und Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der zurückgehaltenen Akten und Unterlagen für den Untersuchungsgegenstand bereits gegenüber dem Untersuchungsausschuss und nicht erst im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof diesem gegenüber nachzukommen habe, um zunächst dem Untersuchungsausschuss eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen und diese einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterziehen zu können.
2.2.3. Eine Ablehnung der Vorlage erfordere vom vorlagepflichtigen Organ die Behauptung, dass der sachliche Geltungsbereich von Art 53 Abs 3 B-VG mangels Vorliegens eines Zusammenhanges mit dem Untersuchungsgegenstand nicht gegeben sei. Der pauschale Verweis allein darauf, dass bestimmte Akten und Unterlagen nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, könne das Zurückhalten von Informationen allerdings nicht rechtfertigen. Neben der Behauptungspflicht treffe das Organ auch eine auf die einzelnen – von der sonst bestehenden Vorlagepflicht des Art 53 Abs 3 B-VG erfassten – Akten und Unterlagen näher bezogene, substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der zurückgehaltenen Akten und Unterlagen (vgl mwN).
2.2.4. Das Schreiben des Bundeskanzlers lasse erkennen, dass ihm nicht etwa überhaupt keine Akten und Unterlagen vorliegen würden, die von der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA erfasst seien; vielmehr seien von ihm keine als (potentiell) abstrakt relevant für die Untersuchung identifiziert und somit Akten und Unterlagen zurückgehalten worden.
Der Bundeskanzler führe in der Beilage zu seinem Schreiben zwar aus, nach welchen Kriterien die Suche im Aktenbestand des Bundeskanzleramts erfolgt sei. Das Schreiben enthalte für jene Akten und Unterlagen, die zurückgehalten worden seien, jedoch keinerlei Begründung, aus der hervorginge, um welche Art von Akten und Unterlagen es sich dabei handle, und an Hand derer sich die Feststellung der mangelnden (potentiellen) abstrakten Relevanz für den Untersuchungsgegenstand nachvollziehen ließe. Im Gegenteil erfolge lediglich die pauschale Behauptung, dass über die bereits vorgelegten Akten und Unterlagen hinaus keine von (potentiell) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsausschuss seien.
Auch die Behauptung, dass alle identifizierten Akten und Unterlagen bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegt worden seien, könne vom Untersuchungsausschuss nicht nachgeprüft werden, weil diese nicht näher bezeichnet seien. Nach Durchsicht der vom Bundeskanzler an den Untersuchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen treffe diese Behauptung für die von der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA umfassten Akten und Unterlagen mit Ausnahme vereinzelter Akten und Unterlagen nicht zu.
2.2.5. Soweit der Bundeskanzler darlege, nach welchen Kriterien (vielmehr: Suchbegriffen) die von der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA umfassten Akten und Unterlagen identifiziert worden seien, genüge dies nicht, um seiner Begründungspflicht nachzukommen. Die Auflistung solcher als Suchbegriffe verwendeter Schlagwörter enthalte keinerlei Informationsgehalt über die tatsächlichen Gründe der Ablehnung der Vorlage an den Untersuchungsausschuss. Der Bundeskanzler führe selbst aus, dass diese Suchbegriffe gegebenenfalls zu erweitern seien.
Es gehe aus seinem Schreiben nicht hervor, ob die Vorlage lediglich jener Akten und Unterlagen abgelehnt worden sei, die keines der genannten Schlagwörter enthielten, oder darüber hinaus – so der Eindruck – weitere Kriterien angewandt worden seien, um die (potentielle) abstrakte Relevanz im Einzelnen zu beurteilen. Das Schreiben des Bundeskanzlers enthalte zu den tatsächlichen Gründen der Ablehnung der Aktenvorlage keinerlei Ausführungen. Insofern sei dem Untersuchungsausschuss auch keine Bestreitung und Nachprüfung dieser Argumentation möglich.
Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die Antragsteller bereits die Eignung der verwendeten Suchbegriffe für die Feststellung einer (potentiellen) abstrakten Relevanz bezweifeln würden. Einerseits deckten diese den Untersuchungsgegenstand nur unzureichend ab. Andererseits vermöge diese Methode nicht nachvollziehbar und plausibel jene Akten und Unterlagen zu identifizieren, die von (potentiell) abstrakter Relevanz sein könnten; dies allein schon deshalb, weil eine elektronische Suche bei ebenfalls von der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA erfassten nicht-elektronischen Akten und Unterlagen keine Ergebnisse erzielen könne.
Darüber hinaus würden E-Mails, die von anderen vorlagepflichtigen Stellen stammten, belegen, dass das vom Bundeskanzler angewandte Schema zur Feststellung einer (potentiell) abstrakten Relevanz von vornherein ungeeignet sei.
2.2.6. Der Verfassungsgerichtshof habe bereits ausgesprochen, aus den Bestimmtheitsanforderungen an den Untersuchungsgegenstand ergebe sich, dass es nicht ins Belieben der betroffenen Organe gestellt sei, welche Beweismittel sie dem Untersuchungsausschuss vorlegen würden (vgl ).
2.2.7. Ob und inwieweit der Bundeskanzler aus faktischen Gründen nicht in der Lage sein sollte, seiner Verpflichtung nach Art 53 Abs 3 B-VG iVm § 27 VO-UA nachzukommen, ändere nichts an der grundlegenden Verpflichtung, auch diese Akten und Unterlagen dem Ibiza-Untersuchungsausschuss vorzulegen (vgl ).
2.2.8. Der Bundeskanzler habe alle Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes vorzulegen, ungeachtet dessen, ob diese auch von einem anderen vorlagepflichtigen Organ vorzulegen seien (vgl VfSlg 20.304/2018).
2.2.9. Aus all dem ergebe sich, dass der Bundeskanzler verpflichtet sei, dem Ibiza-Untersuchungsausschuss die von den Antragstellern begehrten Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen, weil er gegen seine Begründungspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss verstoßen habe.
3. Der Bundeskanzler hat dem Verfassungsgerichtshof seine Rückmeldungen auf Verlangen und Aufforderungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses vorgelegt sowie eine Äußerung erstattet, in der er die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung beantragt:
3.1. Zum Begründungsmangel des Antragsvorbringens:
Die Antragsteller hätten ihre Begründungspflicht weder im Untersuchungsausschuss noch im vorliegenden Antrag erfüllt.
3.1.1. In keinem der in den Beilagen ./E bis ./N vorgelegten Verlangen oder Aufforderungen hätten die Antragsteller dargelegt, welche Unterlagen (der Begriff werde in dieser Stellungnahme im weiten Sinne des Untersuchungsausschusses verstanden) sie konkret verlangten. Die Ausführungen der vorliegenden Aufforderung stellten einige pauschale Behauptungen auf. Konkrete Unterlagen und Darlegungen zu deren Relevanz ließen sie jedoch vermissen. Diesen Behauptungen dürfte das unten dargestellte Verständnis potentiell abstrakter Relevanz zugrunde liegen. Derart unsubstantiierte Behauptungen reichten jedoch nicht aus, um eine Vorlageverpflichtung auszulösen.
3.1.2. In diesem Zusammenhang werde angemerkt, dass § 27 Abs 4 VO-UA und § 25 Abs 3 VO-UA eine Begründung ebenso forderten wie § 27 Abs 3 VO-UA. Die Konsequenzen der fehlenden Begründung habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , UA1/2021, zur Begründungspflicht von Organen zuletzt klar festgehalten. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei es nicht die Aufgabe des (beschleunigten) Gerichtsverfahrens über Meinungsverschiedenheiten, fehlende Begründungen nachzuholen; vielmehr sei der Begründungspflicht im Rahmen des Untersuchungsausschusses nachzukommen, was dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen von an ihn herangetragenen Meinungsverschiedenheiten dann die entsprechende Würdigung ermögliche. Aus all diesen Gründen könne die Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA nicht für einen Antrag gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG iVm § 27 Abs 5 VO-UA als Grundlage dienen. Der Antrag sei daher zurückzuweisen.
3.1.3. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Antragsteller ihrer in § 25 Abs 3 VO-UA sowie in § 27 Abs 4 VO-UA gesetzlich verankerten Begründungspflicht erst im Antrag an den Verfassungsgerichtshof nachkommen könnten – was bestritten werde –, wäre für sie dadurch nichts gewonnen. Auch im vorliegenden Antrag legten die Einschreiter nicht dar, worin sie den Begründungsmangel sähen, ihre Behauptungen blieben unsubstantiiert, was die Abweisung des Begehrens zur Folge haben müsse.
3.2. Zu den bisherigen Übermittlungen:
3.2.1. Bislang seien neben dem grundsätzlichen Beweisbeschluss und dem ergänzenden grundsätzlichen Beweisbeschluss 28 ergänzende Beweisanforderungen und Aufforderungen an den Bundeskanzler gerichtet worden.
Alle diese Verlangen bzw Aufforderungen seien beantwortet worden; die Antworten seien den Ergebnissen der durchgeführten Erhebungen entsprechend begründet worden.
3.2.2. Der Bundeskanzler habe sämtliche Verlangen und Aufforderungen der Antragsteller sowie des Untersuchungsausschusses an alle im Verfügungsbereich des Bundeskanzleramts Bediensteten und auf Wunsch des Ausschusses sogar darüber hinaus an ehemalige Bedienstete des Bundeskanzleramts und an ehemalige Mitglieder der Bundesregierung mit der Aufforderung bzw dem Ersuchen übermittelt, den Verlangen des Untersuchungsausschusses nachzukommen.
3.2.3. Darüber hinaus seien die ehemaligen Mitglieder der Bundesregierung aus dem Untersuchungszeitraum im Wege des Staatsarchivs mehrfach aufgefordert worden, ihre dort verwahrten Kabinettsakten auf Übereinstimmungen mit dem Untersuchungsgegenstand zu durchsuchen und etwaige relevante Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vorzulegen.
3.2.4. In speziellen Fällen, etwa wenn Anfragen an den Bundeskanzler gestellt worden seien, die eigentlich einer parlamentarischen Anfrage gleichen würden, seien diese unabhängig von der Zulässigkeit dieser Fragestellung im Rahmen eines Untersuchungsausschusses inhaltlich beantwortet worden. Auch Revisionsberichte seien umgehend übermittelt worden.
3.2.5. Aber auch wenn der Bundeskanzler zu umfassenden Erhebungen außerhalb des Wirkungsbereichs des Bundeskanzleramts ersucht worden sei, sei diesem Verlangen umgehend und in vollem Umfang nachgekommen worden. So seien etwa im Verlangen vom Erhebungen auch bei allen Führungskräften gefordert worden, die vom Untersuchungszeitraum umfasst gewesen seien. Dieser Aufforderung sei der Bundeskanzler durch Nachfrage an sämtliche der genannten Personen nachgekommen. Die Antworten hätten durchgehend Leermeldungen umfasst.
3.2.6. Durch die pauschale Behauptung im Antragsvorbringen, dass Prüfungen durch die Bediensteten und ehemaligen Führungskräfte des Bundeskanzleramts sowie durch die ehemaligen Mitglieder der Bundesregierung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien, unterstelle das Antragsvorbringen diesen Personen, dem Untersuchungsausschuss Unterlagen vorzuenthalten.
Diese Unterstellung werde zurückgewiesen.
3.2.7. Vielmehr zeige sich, dass der Bundeskanzler allen bisherigen Verlangen umfassend nachgekommen sei – somit auch jenen, die diesem Verfahren zugrunde lägen. Die dabei hervorgekommenen Unterlagen seien dem Untersuchungsausschuss übermittelt worden. Wenn dies nicht möglich gewesen sei, weil keine Unterlagen gefunden worden seien, sei dies dem Untersuchungsausschuss mitgeteilt worden; im Fall der vorliegenden Aufforderung mit umfassender Begründung und unter Anschluss der Anleitung der Erhebungsschritte, um das Handeln des Bundeskanzlers nachvollziehbar zu machen.
3.2.8. Dass sich die Ergebnisse dieser Erhebungen nicht mit der Erwartungshaltung der Einschreiter deckten, mache weder die Erhebungen durch den Bundeskanzler noch die Übermittlung der Erhebungsergebnisse samt Begründung mangelhaft.
3.3. Zu den Erhebungen für das vorliegende Verlangen:
Die Antragsteller würden offenbar den Vorgang der Suche durch den Bundeskanzler, die Ressortminister und die Bediensteten im Bundeskanzleramt verkennen.
3.3.1. Erstens hätten sämtliche Akten und Unterlagen durchsucht werden müssen, unabhängig vom Medium, auf dem sie gespeichert, gedruckt, geschrieben oder sonst aufgebracht gewesen seien.
3.3.2. Zweitens seien die Stichwörter dem Untersuchungsgegenstand entnommen worden, sie entsprächen somit zwangsläufig dem Verständnis des Untersuchungsausschusses. Inwiefern der den Untersuchungsausschuss konstituierende Untersuchungsgegenstand und dessen Begrifflichkeiten nicht geeignet sein sollten, die Relevanz für den Untersuchungsgegenstand wiederzugeben, begründeten die Antragsteller nicht weiter.
3.3.3. Drittens würden die Einschreiter aus der Anforderung, die Suche gegebenenfalls zu erweitern, einen falschen Schluss ziehen. Diese habe genau dazu gedient, die Suche noch mehr auszuweiten, damit alle abstrakt relevanten Unterlagen erfasst würden und diese nicht nur auf Grund der aus dem Untersuchungsgegenstand entnommenen Suchworte erfolge. Inwiefern darin eine Unzulänglichkeit der Suchkriterien liegen solle, erhelle vor dem Hintergrund dieser Suchlogik nicht.
3.3.4. Die Antragsteller würden daraus, dass in der Suche keine abstrakt relevanten Unterlagen gefunden worden seien, den (falschen) Schluss ziehen, dass deshalb das Prüfsystem unrichtig wäre. Sie gäben aber nicht an, inwiefern und weshalb das Prüfsystem für die Zwecke der Suche und der anschließenden Vorlage ungeeignet sein solle. Sie würden auch nicht vorbringen, wie das System ausgestaltet sein müsste, um ihren Vorstellungen bzw Kriterien zu entsprechen.
3.3.5. Inwiefern die von den Einschreitern ihrem Antrag beigelegten E-Mails etwas Gegenteiliges nachwiesen, sei nicht nachvollziehbar. Die Antragsteller würden dazu auch nichts vorbringen. Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, aus dem Umstand, dass dritte Personen bzw Stellen E-Mails oder sonstige Unterlagen hätten, ergebe sich nicht, dass diese im Bundeskanzleramt vorhanden seien.
3.4. Zur verpflichtenden Vorlage potentiell abstrakt relevanter Unterlagen:
3.4.1. Der Verfassungsgerichtshof halte in ständiger Rechtsprechung fest, dass der Untersuchungsgegenstand den Umfang der Aufgaben des Untersuchungsausschusses begrenze. Nur in diesem Umfang stünden der Übermittlung der vom Untersuchungsausschuss angeforderten Akten und Unterlagen weder die Bestimmung des § 1 DSG 2000 noch jene des Art 8 EMRK (sowie des Art 8 GRC) entgegen (VfSlg 19.973/2015).
3.4.2. Damit sei es dem Bundeskanzler auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht ins Belieben gestellt, nicht abstrakt relevante Unterlagen vorzulegen (, Rz 172). Es sei somit auch nicht möglich, den Überlegungen der Antragsteller zu potentiell abstrakt relevanten Unterlagen nachzukommen. Entgegen der von den Einschreitern offenbar vertretenen Auffassung komme dem Bundeskanzler hier auch kein Auslegungsspielraum zu. Unterlagen ohne abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand dürften nicht vorgelegt werden (Lienbacher, Datenschutz und Staatsorganisation, ÖJT 2012, I/2, 34).
3.4.3. Die Wortwahl der Antragsteller, nach der potentiell abstrakt relevante Unterlagen vorgelegt werden müssten, deute auf ein falsches Verständnis der (Verfassungs-)Rechtslage hin: Dieses Verständnis weite die umfassende Vorlageverpflichtung der angesprochenen Organe, die ihre Grenzen im Untersuchungsgegenstand habe, unzulässig aus.
3.4.4. Das Antragsvorbringen lege auch nicht dar, worin die potentielle abstrakte Relevanz begründet sein solle, an welchen Kriterien sich diese festmachen lasse und wo deren Grenzen seien. Die Vorlageverpflichtung korrespondiere nach der eindeutigen Rechtslage mit dem Untersuchungsgegenstand. Eine einseitige Ausweitung der Wirkbefugnis des Untersuchungsausschusses sei nicht vorgesehen. Zu einer derartigen Kompetenzerweiterung käme es aber, wenn die Einschreiter durch ihre Behauptung potentiell abstrakter Relevanz die Vorlageverpflichtung nachträglich einseitig ausdehnen könnten. Da die Vorlageverpflichtung nach ständiger Rechtsprechung mit dem Untersuchungsgegenstand korrespondiere, käme dies im Ergebnis einer nachträglichen Änderung des Untersuchungsgegenstandes durch die Minderheit gleich. Ein solches Vorgehen sei gesetzlich nicht vorgesehen und daher unzulässig. Vielmehr habe sich der Untersuchungsausschuss als Ganzes im Rahmen der ihm durch den Untersuchungsgegenstand gegebenen Grenzen zu bewegen.
3.4.5. Schließlich verkenne das Antragsvorbringen die Rechtslage auch im möglichen Umfang: Art 53 B-VG fordere anders als Art 52 B-VG einen bestimmten, abgeschlossenen Vorgang der Vollziehung des Bundes. In diesem Rahmen könne der Untersuchungsgegenstand beschlossen werden. Daran anknüpfend müssten sich auch die ergänzenden Beweisanforderungen und Übermittlungen im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes halten. Eine Kontrollmöglichkeit der gesamten Geschäftsführung der Bundesregierung wie in Art 52 B-VG sehe Art 53 B-VG gerade nicht vor. Eine Ausweitung der Kontrollbefugnisse der Antragsteller auf von diesen als potentiell abstrakt relevant angesehene Unterlagen, die im Ergebnis zur diskretionären Überprüfung der Geschäftsführung der Bundesregierung außerhalb des Untersuchungsgegenstandes führe, sei von Art 53 B-VG nicht umfasst.
3.4.6. Durch die Aufforderung zur Vorlage potentiell abstrakt relevanter Unterlagen unterstellten die Einschreiter den Vorlageverpflichtungen der § 24 Abs 1 und 27 Abs 1 VO-UA einen verfassungswidrigen Inhalt. Der Antrag sei auch aus diesem Grund abzuweisen.
3.5. Zum unzulässigen Versuch, die Beweislast zu überbinden:
3.5.1. Im Ergebnis wollten die Antragsteller dem Bundeskanzler die Beweislast für ihre Vermutungen in unzulässiger Art und Weise übertragen. Sie hätten offenbar selbst keine Hinweise auf abstrakt relevante Unterlagen und würden auch nichts vorbringen, was ihre Behauptung untermauern würde. In Verkennung ihrer Behauptungs- und Begründungspflicht versuchten sie, ihre Verpflichtungen auf den Bundeskanzler zu überlagern. Dies sei aber weder im Gesetz vorgesehen noch aus allgemeinen Grundsätzen des Beweismittelrechts ableitbar. Vielmehr habe die anspruchsbehauptende Seite das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen). Selbst wenn man für die Einschreiter im Untersuchungsausschuss diesen Standard absenke, indem eine begründete Behauptung zur Begründung der Vorlagepflicht ausreiche, ergebe sich aus den verfassungsgesetzlichen Grundlagen keine Überlagerung des Freibeweises auf den Bundeskanzler. Dies wäre systematisch und teleologisch auch nicht zielführend, müsse die damit begründete probatio diabolica doch logisch immer scheitern. Wie sollte man auch beweisen, was nicht sei?
3.5.2. Abschließend werde bestritten, dass der Bundeskanzler verpflichtet sei, faktisch unmögliche Handlungen zu setzen. Diese Aufforderung untermauere vielmehr die oben dargestellte, fehlgeleitete Annahme der Antragsteller, nach der die Nichterfüllung von faktisch unmöglichen Handlungen dem Bundeskanzler zum Nachteil gereichen solle. Das sei in Bezug auf die Behauptungs- und Beweislast ebenso falsch wie generell.
3.6. Zur aufgetragenen Vorlage gemäß § 20 Abs 3 VfGG:
3.6.1. Eine Nachschau bei allen Bediensteten im Wirkungsbereich des Bundeskanzleramts ohne begründeten Anlassfall und ohne Hinweis auf abstrakt relevante Unterlagen sei dem Bundeskanzler nicht möglich (vgl § 45 Abs 3 BDG sowie § 109 Abs 1 BDG). Der Bundeskanzler dürfe gemäß § 79e ff. BDG auch nicht ohne Weiteres auf die E-Mails und Dateien der Bediensteten zugreifen. Von den beiden in § 79e Abs 2 BDG genannten Voraussetzungen liege keine vor.
3.6.2. Hinweise, die dem Bundeskanzler eine gezielte Nachschau nach physischen oder anderen Unterlagen ermöglicht hätten, enthielten weder die ergänzenden Beweisanforderungen, die bisherigen Aufforderungen oder das vorliegende Antragsvorbringen.
3.6.3. Daher habe der Bundeskanzler nur die Möglichkeit gehabt, die Ressortminister sowie die Bediensteten im Rahmen ihrer Dienstpflicht zur Vorlage ihrer abstrakt relevanten Unterlagen anzuweisen. Diese Verpflichtung erstrecke sich jedoch – weil es sich um eine Vorlage an den Untersuchungsausschuss handle – nur auf jene Unterlagen, die abstrakt für diesen relevant seien.
3.6.4. Die Rückmeldungen der Ressortminister und der Bediensteten des Bundeskanzleramts hätten keine Hinweise ergeben, auf Grund derer eine gezielte Nachschau erforderlich gewesen wäre. Es habe sich durchgehend um Leermeldungen bzw Rückmeldungen gehandelt, in denen darauf hingewiesen worden sei, dass keine abstrakt relevanten Unterlagen vorlägen. Dieses Ergebnis sei dem Untersuchungsausschuss mit Schreiben vom mitgeteilt worden.
3.6.5. Auf Grund der durchgeführten und dem Untersuchungsausschuss dargelegten Erhebungen lägen keine weiteren Unterlagen vor, die vorgelegt werden könnten.
4. Über erneute Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes hat der Bundeskanzler ua 692 Rückmeldungen von Bediensteten des Bundeskanzleramts auf die Aufforderung zur Suche nach abstrakt für den Untersuchungsgegenstand relevanten Akten und Unterlagen vorgelegt sowie sich wie folgt geäußert:
4.1. Geforderte E-Mailpostfächer:
Die geforderten E-Mailpostfächer seien mit dem Ausscheiden der Genannten aus der Regierung gelöscht worden, weshalb keine Daten dieser Postfächer aus dem Untersuchungszeitraum vorhanden seien. Es handle sich dabei um einen üblichen Standardprozess, der im Bundeskanzleramt bereits seit vielen Jahren so gepflegt werde und auch auf Vorgängerregierungen zur Anwendung gelangt sei.
4.2. Akten, Unterlagen, Dateien und sonstigen Aufzeichnungen:
Alle Ressortminister und Bediensteten des Bundeskanzleramts seien in einem umfassenden Suchprozess verpflichtet worden, nach genau definierten Kriterien abstrakt für den Untersuchungsgegenstand relevante Akten und Unterlagen zu suchen:
Es hätten sämtliche Akten und Unterlagen sowie Dateien und sonstige Aufzeichnungen durchsucht werden müssen, unabhängig vom Medium, auf dem sie gespeichert, gedruckt, geschrieben oder sonst aufgebracht gewesen seien.
Die Bediensteten hätten ihre gesamten Akten, Unterlagen, Dateien und sonstigen Aufzeichnungen nach den gewünschten Personen sowie nach Stichwörtern durchsuchen müssen, die dem Untersuchungsgegenstand entnommen worden seien. Die Bediensteten seien darüber hinaus angewiesen gewesen, alle ihnen sonst abstrakt relevant erscheinenden Akten und Unterlagen vorzulegen.
Daraufhin seien 692 Rückmeldungen erstattet worden. Von keinem Bediensteten seien im Rahmen dieses detaillierten und nachvollziehbar dargestellten Prüfprozesses abstrakt relevante Akten und Unterlagen aufgefunden worden. Dieses Ergebnis sei dem Untersuchungsausschuss dargelegt worden.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs.
1.2. Nach Art 53 Abs 3 erster Satz B-VG haben ua alle Organe des Bundes einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ua ihre Akten und Unterlagen vorzulegen. Gemäß § 27 Abs 1 erster Satz und Abs 3 VO-UA haben ua Organe des Bundes Beweisbeschlüssen iSd § 24 leg cit und ergänzenden Beweisanforderungen iSd § 25 leg cit unverzüglich zu entsprechen, andernfalls ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten. Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß § 27 Abs 1 oder 3 VO-UA nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ gemäß § 27 Abs 4 leg cit (schriftlich begründet) auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen.
Nach § 27 Abs 5 leg cit entscheidet der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist des § 27 Abs 4 VO-UA anruft oder der Ausschuss eine Anrufung auf Grund eines schriftlichen Antrages nach Ablauf der Frist des § 27 Abs 4 leg cit beschließt. Ein solcher Antrag ist nach § 56f Abs 1 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß § 27 Abs 4 VO-UA zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach § 56f Abs 3 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.
1.3. In der 38. Sitzung des Ibiza-Untersuchungsausschusses am wurde der Bundeskanzler gemäß § 27 Abs 4 VO-UA (näher begründet) aufgefordert, binnen zwei Wochen näher bezeichnete Akten und Unterlagen vorzulegen. Diese Aufforderung wurde dem Bundeskanzler am Folgetag zugestellt, sodass die zweiwöchige (Nach-)Frist des § 27 Abs 4 VO-UA am geendet hat.
1.4. Nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach-)Frist des § 27 Abs 4 VO-UA können binnen zwei Wochen von allen dazu Berechtigten Anträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden (vgl § 27 Abs 5 leg cit und § 56f Abs 1 VfGG). Der nicht im Wege des Präsidenten des Nationalrates gemäß § 106 GOG-NR am eingebrachte, auf Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG gestützte Antrag von fünf Mitgliedern des aus 13 Mitgliedern bestehenden Ibiza-Untersuchungsausschusses erweist sich somit als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses gestellt. Die Einhaltung der Bestimmung des § 106 GOG-NR bildet keine Prozessvoraussetzung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ( mwN).
1.5. Der Begriff der Meinungsverschiedenheit wird für Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG – anders als für jene nach Art 126a B-VG (vgl § 36a Abs 1 VfGG) – nicht definiert. Das Konzept des (Verfassungs-)Gesetzgebers, das Art 53 Abs 3 und Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG zugrunde liegt und das in § 27 VO-UA sowie in § 56f VfGG näher ausgestaltet wird, lässt jedoch deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof auf Antrag über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung erkennt, dem Untersuchungsausschuss Informationen vorzulegen, im konkreten Fall näher bezeichnete Akten und Unterlagen. Einem solchen Antrag hat zwingend die an das Organ gerichtete (schriftlich begründete) Aufforderung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder voranzugehen, innerhalb einer (Nach-)Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur unverzüglichen Entsprechung von Beweisbeschlüssen und/oder ergänzenden Beweisanforderungen nachzukommen, wenn das Organ dieser (in der Aufforderung näher zu umschreibenden) Verpflichtung nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder bis dahin nicht oder ungenügend nachgekommen ist. Diese Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA stellt den äußersten Rahmen eines möglichen Gegenstandes des Verfahrens nach Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG dar. Ein Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs an den Verfassungsgerichtshof konkretisiert schließlich das Vorliegen und den Umfang der Meinungsverschiedenheit und damit den Prozessgegenstand des Verfassungsgerichtshofes. Der Gegenstand seiner Entscheidung ist jedenfalls durch den Umfang der Meinungsverschiedenheit begrenzt (vgl mwN).
1.6. Sein Begehren formuliert das einschreitende Viertel der Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses folgendermaßen:
"Da der Bundeskanzler seine Verpflichtung gemäß Art 53 Abs 3 B-VG zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss im Umfang des Gegenstands der Untersuchung teilweise abgelehnt hat, stellen wir gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG binnen offener Frist den
Antrag,
der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass der Bundeskanzler verpflichtet ist, dem Ibiza-Untersuchungsausschuss unverzüglich die folgenden Akten und Unterlagen vorzulegen:
1)Vollständige E-Mailpostfächer der BundeskanzlerInnen und BundesministerInnen im Bundeskanzleramt; insbesondere sebastian.kurz@bka.gv.at
sowie gernot.bluemel@bka.gv.at, aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt,
b) abgespeichert,
c) veraktet,
d) empfangen,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
2)Vollständige E-Mailpostfächer zu kabhbk@bka.gv.at und
kanzlei.kabinett@bka.gv.at sowie gleichartige, nicht angeführte Postfächer von Kanzleien der Regierungsmitglieder oder Kabinette aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt,
b) abgespeichert,
c) veraktet,
d) empfangen,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
3)Vollständige E-Mailpostfächer der BKA-Bediensteten *****, ***** und *****; *****; *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, ***** aus dem Untersuchungszeitraum sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt,
b) abgespeichert,
c) veraktet,
d) empfangen,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
4)Lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien der unter 1 und 3 genannten Personen;
sofern diese nicht bereits dem Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden."
1.7. Das antragstellende Viertel der Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses führt in seinem Antrag aus, dass der Bundeskanzler dem Untersuchungsausschuss sowohl auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses als auch auf Grund des ergänzenden grundsätzlichen Beweisbeschlusses wiederholt Akten und Unterlagen vorgelegt habe. Die von der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA erfassten Akten und Unterlagen seien dem Antrag beigelegt. Diese Beilage wurde im Rahmen des verfassungsgerichtlichen Vorverfahrens dem Bundeskanzler übermittelt. Seitens des Bundeskanzlers wurde nicht bestritten, dass es sich dabei um die Gesamtheit der von ihm an den Untersuchungsausschuss übermittelten Akten und Unterlagen im Zusammenhang mit der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA handle, sodass insoweit keine Meinungsverschiedenheit besteht, über die der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden hat.
1.8. Sowohl aus dem Verlangen gemäß § 27 Abs 4 VO-UA (vgl insbesondere die oben zitierte Begründung dieses Verlangens) als auch aus der Begründung des vorliegenden Antrages (samt dem soeben wiedergegebenen Begehren) geht in hinreichend konkreter Weise hervor, dass sich der Antrag gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG lediglich auf die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Begründung für die teilweise oder gänzliche Ablehnung der Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss im Rahmen seines Untersuchungsgegenstandes bezieht (vgl mwN).
Der Antrag erweist sich somit als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die teilweise oder gänzliche Ablehnung der Vorlage von Akten und Unterlagen aus den gegenüber dem Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgebrachten Gründen zu Recht erfolgt ist oder nicht.
2.2. Die einschreitenden Mitglieder des Ibiza-Untersuchungsausschusses vertreten zusammengefasst die Meinung, der Bundeskanzler führe in der Beilage zu seinem Schreiben zwar aus, nach welchen Kriterien die Suche im Aktenbestand des Bundeskanzleramts erfolgt sei. Das Schreiben enthalte jedoch für die zurückgehaltenen Akten und Unterlagen keinerlei Begründung, aus der hervorginge, um welche Akten und Unterlagen es sich dabei handle, und an Hand derer sich die Feststellung der mangelnden (potentiellen) abstrakten Relevanz für den Untersuchungsausschuss nachvollziehen ließe; es erfolge lediglich die pauschale Behauptung, dass über die bereits vorgelegten Akten und Unterlagen hinaus keine von (potentiell) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsausschuss seien.
Die Darlegung des Bundeskanzlers, nach welchen Suchbegriffen die von der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA umfassten Akten und Unterlagen identifiziert worden seien, genüge nicht, um seiner Begründungspflicht nachzukommen, weil eine solche Auflistung keinerlei Informationsgehalt über die tatsächlichen Gründe der Ablehnung der Vorlage an den Untersuchungsausschuss enthalte, sodass diesem keine Bestreitung und Nachprüfung dieser Argumentation möglich sei. Die Antragsteller würden bereits die Eignung der verwendeten Suchbegriffe für die Feststellung einer (potentiellen) abstrakten Relevanz bezweifeln; von anderen vorlagepflichtigen Stellen übermittelte E-Mails würden belegen, dass das vom Bundeskanzler angewandte Schema von vornherein ungeeignet sei.
2.3. Demgegenüber vertritt der Bundeskanzler zusammengefasst die Ansicht, die Einschreiter würden im vorliegenden Antrag nicht darlegen, worin sie den Begründungsmangel sähen; ihre Behauptungen blieben unsubstantiiert.
Der Bundeskanzler sei allen bisherigen Verlangen – somit auch jenen, die dem vorliegenden Verfahren zugrunde lägen – umfassend nachgekommen. Die dabei hervorgekommenen Akten und Unterlagen seien dem Untersuchungsausschuss übermittelt worden. Wenn dies mangels Auffindens von Akten und Unterlagen nicht möglich gewesen sei, sei dies dem Untersuchungsausschuss mitgeteilt worden; im vorliegenden Fall sei eine umfassende Begründung unter Anschluss der Anleitung der Erhebungsschritte abgegeben worden, um das Handeln des Bundeskanzlers nachvollziehbar zu machen.
Es hätten sämtliche Akten und Unterlagen durchsucht werden müssen, unabhängig vom Medium, auf dem sie gespeichert, gedruckt, geschrieben oder sonst aufgebracht gewesen seien. Die Stichwörter seien dem Untersuchungsgegenstand entnommen worden; die Antragsteller würden nicht begründen, inwiefern der den Untersuchungsausschuss konstituierende Untersuchungsgegenstand und dessen Begrifflichkeiten nicht geeignet sein sollten, die Relevanz für den Untersuchungsgegenstand wiederzugeben. Die Aufforderung, die Suche gegebenenfalls zu erweitern, habe dazu gedient, die Suche noch mehr auszuweiten, um alle abstrakt relevanten Akten und Unterlagen zu erfassen. Die Einschreiter gäben nicht an, inwiefern und weshalb das Prüfsystem für die Zwecke der Suche und der anschließenden Vorlage ungeeignet sein solle. Sie würden auch nicht vorbringen, wie das System ausgestaltet sein müsse, um ihren Vorstellungen bzw Kriterien zu entsprechen.
Der Bundeskanzler dürfe dem Untersuchungsausschuss Akten und Unterlagen ohne abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand nicht vorlegen. Die Antragsteller legten nicht dar, worin die potentiell abstrakte Relevanz begründet sein solle, an welchen Kriterien sich diese festmachen lasse und wo deren Grenzen seien. Die Vorlageverpflichtung korrespondiere nach der eindeutigen Rechtslage und der ständigen Rechtsprechung mit dem Untersuchungsgegenstand; eine einseitige Ausweitung der Wirkbefugnis des Untersuchungsausschusses sei nicht vorgesehen und daher unzulässig. Der Untersuchungsausschuss habe sich als Ganzes im Rahmen der ihm durch den Untersuchungsgegenstand gegebenen Grenzen zu bewegen. Eine Kontrollmöglichkeit der gesamten Geschäftsführung der Bundesregierung wie in Art 52 B-VG sehe Art 53 B-VG gerade nicht vor. Eine Ausweitung der Kontrollbefugnisse der Einschreiter auf von diesen als potentiell abstrakt relevant angesehene Unterlagen, die im Ergebnis zur diskretionären Überprüfung der Geschäftsführung der Bundesregierung außerhalb des Untersuchungsgegenstandes führe, sei von Art 53 B-VG nicht umfasst. Durch die Aufforderung zur Vorlage potentiell abstrakt relevanter Unterlagen unterstellten die Antragsteller den Vorlageverpflichtungen der § 24 Abs 1 und 27 Abs 1 VO-UA einen verfassungswidrigen Inhalt.
Im Ergebnis wollten die Einschreiter dem Bundeskanzler die Beweislast für ihre Vermutungen in unzulässiger Art und Weise übertragen, obwohl sie selbst offenbar keine Hinweise auf abstrakt relevante Akten und Unterlagen hätten; sie würden auch nichts vorbringen, was ihre Behauptung untermauern würde. Der Bundeskanzler sei zudem nicht verpflichtet, faktisch unmögliche Handlungen zu setzen.
Schließlich seien die geforderten E-Mailpostfächer der Genannten mit dem Ausscheiden aus der Regierung gelöscht worden, weshalb keine Daten dieser Postfächer aus dem Untersuchungszeitraum vorhanden seien.
2.4. Art 53 Abs 3 B-VG verpflichtet ua die Organe des Bundes, einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen.
Die Einschreiter legen in ihrem Antrag dar, der Bundeskanzler sei seiner aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes abgeleiteten Begründungspflicht im Hinblick auf die von ihnen begehrten Akten und Unterlagen nicht hinreichend nachgekommen, weshalb er zur Vorlage der in Rede stehenden Akten und Unterlagen verpflichtet sei.
Die Beurteilung der Vorlageverpflichtung und damit der Frage, ob für den Untersuchungsausschuss angeforderte Akten und Unterlagen gemäß Art 53 Abs 3 B-VG vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind, obliegt zunächst dem informationspflichtigen Organ. Eine Ablehnung der Vorlage erfordert vom vorlagepflichtigen Organ die Behauptung, dass der sachliche Geltungsbereich von Art 53 Abs 3 B-VG mangels Vorliegens eines Zusammenhanges mit dem Untersuchungsgegenstand nicht gegeben ist. Der pauschale Verweis allein darauf, dass bestimmte Akten und Unterlagen nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, kann das Zurückhalten von Informationen allerdings nicht rechtfertigen. Neben der Behauptungspflicht trifft das Organ auch eine auf die einzelnen – von der sonst bestehenden Vorlagepflicht des Art 53 Abs 3 B-VG erfassten – Akten und Unterlagen näher bezogene, substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen (vgl mwN).
Wie oben dargestellt, lässt das Art 53 Abs 3 und Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG zugrunde liegende und in § 27 VO-UA sowie in § 56f VfGG näher ausgestaltete Konzept des (Verfassungs-)Gesetzgebers – trotz fehlender Definition des Begriffes Meinungsverschiedenheit für Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG – deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof angerufen werden kann, um die Klärung einer konkreten Meinungsverschiedenheit, im vorliegenden Fall der unterschiedlichen Auffassung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der gegenüber dem Untersuchungsausschuss vorgebrachten Begründung für die teilweise oder gänzliche Ablehnung der Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen an einen Untersuchungsausschuss, herbeizuführen. Vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes gemäß § 56f Abs 3 VfGG, über eine Meinungsverschiedenheit ua zwischen einem Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates und einem informationspflichtigen Organ über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Grund der Aktenlage und ohne unnötigen Aufschub (tunlichst binnen vier Wochen nach vollständiger Einbringung des Antrages) zu entscheiden, sowie der befristeten Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl § 53 VO-UA) hat das vorlagepflichtige Organ seiner bestehenden Behauptungs- und Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen für den Untersuchungsgegenstand bereits gegenüber dem Untersuchungsausschuss und nicht erst im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof diesem gegenüber nachzukommen, um zunächst dem Untersuchungsausschuss eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen und diese einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterziehen zu können (vgl mwN). Das bewirkt auch, dass das vorlagepflichtige Organ die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses nicht dadurch verzögern kann, dass es Gründe für die Verweigerung der Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen ohne jede Einschränkung auch nach einer bereits vom Verfassungsgerichtshof ausgesprochenen Vorlageverpflichtung (erstmals) gegenüber dem Untersuchungsausschuss vorbringt.
2.5. Der Bundeskanzler hat seiner Begründungspflicht hinsichtlich der Ablehnung der Vorlage angeforderter Akten und Unterlagen gegenüber dem Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht hinreichend entsprochen:
2.6. Der Bundeskanzler ist im vorliegenden Fall als vorlagepflichtiges Organ grundsätzlich zur Vorlage aller vom einschreitenden Viertel des Untersuchungsausschusses begehrten Akten und Unterlagen verpflichtet, außer er legt mit hinreichender Begründung dar, warum bestimmte Akten und Unterlagen nicht von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind. Da der Bundeskanzler lediglich seiner diesbezüglichen Behauptungs-, nicht aber auch seiner Begründungspflicht gegenüber dem Ibiza-Untersuchungsausschuss entsprochen hat, ist er verpflichtet, diesem sämtliche von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses begehrten Akten und Unterlagen vorzulegen (vgl ; , UA1/2021).
Hat der Verfassungsgerichtshof im Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG einmal die Verpflichtung zur Vorlage der genannten Akten und Unterlagen ausgesprochen, kann das vorlagepflichtige Organ, hier der Bundeskanzler, die Vorlage dieser Akten und Unterlagen nicht mehr unter Berufung auf Ausnahmetatbestände verweigern, die ihre Grundlage in Art 53 B-VG haben, soweit er deren Vorliegen gegenüber dem Untersuchungsausschuss bis zum Ende der gemäß § 27 Abs 4 VO-UA gesetzten Frist nicht behauptet und hinreichend begründet hat (vgl aber die nachstehenden Ausführungen zum Ausnahmetatbestand des Art 53 Abs 4 B-VG). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat das vorlagepflichtige Organ seiner Begründungspflicht nämlich bereits gegenüber dem Untersuchungsausschuss, und zwar spätestens bis zum Ende der gemäß § 27 Abs 4 VO-UA gesetzten Frist, (vollständig) nachzukommen (). Nach Ablauf dieser Frist und einer durch den Verfassungsgerichtshof im Verfahren nach Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG ausgesprochenen Vorlageverpflichtung kann lediglich der in Art 53 Abs 4 B-VG normierte Ausnahmetatbestand der Beeinträchtigung der rechtmäßigen Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihrer unmittelbaren Vorbereitung dem vorlagepflichtigen Organ bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall (etwa weil Sachverhalte, die das Vorliegen der rechtmäßigen Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung betreffen, neuen Entwicklungen seit dem Ende der Frist gemäß § 27 Abs 4 VO-UA unterliegen können) die Möglichkeit einräumen, die Vorlage von Akten und Unterlagen an den Untersuchungsausschuss abzulehnen (vgl VfSlg 20.304/2018 zu den Voraussetzungen der Verweigerung der Vorlage der begehrten Akten und Unterlagen unter Berufung auf Art 53 Abs 4 B-VG). Das vorlagepflichtige Organ hat dies unverzüglich, spätestens aber bis zum Ablauf der Leistungsfrist zur Vorlage der vom Spruch des Verfassungsgerichtshofes umfassten Akten und Unterlagen gegenüber dem Untersuchungsausschuss begründet vorzubringen. Ob das vorlagepflichtige Organ in diesem Fall insoweit seiner verfassungsrechtlichen Vorlageverpflichtung nachkommt, kann erneut zum Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof nach Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG gemacht werden (vgl abermals VfSlg 20.304/2018).
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes setzt voraus, dass das zuständige vorlagepflichtige Organ und der Untersuchungsausschuss bzw das verlangende Viertel seiner Mitglieder in einen vorherigen wechselseitigen Kommunikationsprozess eintreten. Da ein Nachschieben von Begründungen im verfassungsgerichtlichen Verfahren weder für den Untersuchungsausschuss bzw das Viertel seiner Mitglieder noch für das vorlagepflichtige Organ möglich ist (vgl VfSlg 20.304/2018; ), prüft der Verfassungsgerichtshof lediglich, ob und inwieweit den sich so ergebenden Begründungspflichten in der Kommunikation zwischen den Parteien der Meinungsverschiedenheit spätestens bis zum Ende der (Nach-)Frist gemäß § 27 Abs 4 VO-UA entsprochen worden ist.
Lehnt das vorlagepflichtige Organ die Vorlage von Akten und Unterlagen ab, so müssen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen können, welche Akten und Unterlagen aus welchen Gründen nicht vorgelegt werden. Es bedarf daher einer Umschreibung des Akten- und Unterlagenbestandes und einer darauf bezogenen substantiierten Begründung. Erweisen sich die angeforderten Akten und Unterlagen – wie im vorliegenden Fall – als sehr umfangreich, so kann es sich als zweckmäßig erweisen, diesfalls Dokumente, die in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen, zu Kategorien zusammenzufassen und die Ablehnung ihrer Vorlage unter Bezugnahme auf die jeweilige Kategorie zu begründen. Die geforderte Begründungstiefe ist dabei in der Regel vom Gegenstand und Umfang der angeforderten Akten und Unterlagen abhängig.
2.7. Soweit der Bundeskanzler in seiner Stellungnahme Argumente anführt – Begründungsmängel der Verlangen und Aufforderungen; Ausweitung der Kontrollbefugnisse der Antragsteller, die im Ergebnis zur diskretionären Überprüfung der Geschäftsführung der Bundesregierung außerhalb des Untersuchungsgegenstandes führe; unzulässige Überbindung der Beweislast auf den Bundeskanzler; Löschung der geforderten E-Mailpostfächer der "Genannten" nach dem Ausscheiden aus der Regierung –, ist darauf zu verweisen, dass dieses Vorbringen erstmals im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof erstattet wird. Aus diesem Grund ist auf das diesbezügliche Vorbringen des Bundeskanzlers nicht weiter einzugehen. Ob und inwieweit der Bundeskanzler aus faktischen Gründen nicht in der Lage sein sollte, seiner Verpflichtung nach Art 53 Abs 3 B-VG iVm § 27 VO-UA nachzukommen, ändert im Übrigen nichts an der grundlegenden Verpflichtung, auch diese Akten und Unterlagen einem Untersuchungsausschuss vorzulegen (vgl , Rz 106). Die Frage, ob E-Mails unwiederherstellbar gelöscht sind, wäre im Rahmen einer allfälligen Exekution gemäß Art 146 Abs 2 B-VG zu klären.
2.8. Zudem hat der Bundeskanzler in Reaktion auf (zahlreiche) ergänzende Beweisanforderungen gemäß § 25 Abs 2 VO-UA des Untersuchungsausschusses zwar Dokumente übermittelt, es aber verabsäumt, hinsichtlich der nicht vorgelegten Akten und Unterlagen eine Begründung zu liefern, aus der hervorginge, um welche Art von Akten und Unterlagen es sich dabei handelte, und an Hand der sich die Feststellung der Nichtzugehörigkeit zum Untersuchungsgegenstand für das verlangende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen ließe.
2.9. Damit hat der Bundeskanzler lediglich seiner Behauptungs-, nicht aber auch seiner diesbezüglichen Begründungspflicht gegenüber dem Ibiza-Untersuchungsausschuss entsprochen.
2.10. Im Schreiben vom , das in Beantwortung der Aufforderung gemäß § 27 Abs 4 VO-UA ergangen ist, hat der Bundeskanzler zusätzlich darauf hingewiesen, dass alle zum Bundeskanzleramt ressortierenden Regierungsmitglieder und Bediensteten angewiesen worden seien, "entsprechend der beigeschlossenen Anleitung ihre Unterlagen systematisch und nachvollziehbar zu prüfen und das Ergebnis rückzumelden. In dieser Anleitung wurde der genannte Personenkreis neben der dargestellten Prüfung angewiesen, die Suche zu erweitern, um eine möglichst genaue Prüfung zu gewährleisten."
In der angesprochenen "Anleitung" wurde darauf hingewiesen, dass
"[g]rundsätzlich […] sämtliche Nachrichten vorzulegen [sind], die abstrakt relevant für den Untersuchungsgegenstand sein können.
Folgende Schlagwörter sind dem Untersuchungsgegenstand entnommen und sollten der Suche zu Grunde gelegt werden:
Glücksspielgesetz, Casinos Austria AG, Gesetzgebungsverfahren, BAO, FinStrG, Finanzaufsicht, BMF, Österreichische Nationalbank, Finanzmarktaufsicht, ÖBIB, ÖBAG, Bestellung, Organe, Vorstände, Aufsichtsräte, Geschäftsführungen, strafrechtlich, disziplinarrechtlich, Ermittlung, Ibiza, EigentümerInnen, Tochterunternehmen, OrganwalterInnen
Eine Erweiterung der Suche iZm der abstrakten Relevanz ist zulässig und erforderlichenfalls geboten."
In diesem Schreiben wird schließlich darauf hingewiesen, dass sich "[d]as Ergebnis dieser Erhebungen durch sämtliche Bedienstete des Bundeskanzleramtes […] mit jenem der bisherigen Rückmeldungen zu den Vorverlangen [deckt]". Es lägen daher keine weiteren Unterlagen vor, die von abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sein könnten.
Es ist den Antragstellern Recht zu geben, wenn sie darauf hinweisen, dass die Darlegung der Kriterien, nach denen die Suche erfolgt ist, nicht genügt, um der beschriebenen Begründungspflicht nachzukommen. Es trifft zu, dass das Schreiben des Bundeskanzlers zu den tatsächlichen Gründen der Ablehnung der Aktenvorlage keinerlei Ausführungen enthält. Bei diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob eine Suche mit Schlagwörtern an sich oder mit den konkret gewählten Schlagwörtern überhaupt geeignet gewesen wäre, eine umfassende Erhebung aller Akten und Unterlagen zu gewährleisten, die eine (potentielle) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufweisen.
2.11. Unzutreffend ist die Auffassung des Bundeskanzlers, (auch) gegenüber dem Verfassungsgerichtshof nicht zur Vorlage der Bezug habenden Akten und Unterlagen verpflichtet zu sein.
2.11.1. Zweck eines Verfahrens gemäß Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG ist es, über eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Untersuchungsausschuss bzw einem Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses und einem vorlagepflichtigen Organ über die Verpflichtung zu entscheiden, dem Untersuchungsausschuss Informationen vorzulegen, im konkreten Fall näher bezeichnete Akten und Unterlagen. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, dass das vorlagepflichtige Organ dem Verfassungsgerichtshof nicht nur jene Akten und Unterlagen vollständig vorlegt, die nach seiner Auffassung für den Untersuchungsgegenstand von (potentieller) abstrakter Relevanz sind, sondern auch jene Akten und Unterlagen, die es nach seiner Prüfung als nicht (potentiell) abstrakt relevant eingestuft hat. Erst durch eine solche (umfassende) Aktenvorlage wird der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt, die Rechtmäßigkeit der Begründung für die Ablehnung durch das vorlagepflichtige Organ zu überprüfen .
Dieser Verpflichtung des Bundeskanzlers zur Vorlage der Akten und Unterlagen an den Verfassungsgerichtshof stehen – entgegen der Auffassung des Bundeskanzlers in seiner Stellungnahme an den Verfassungsgerichtshof – auch die § 79e ff. BDG nicht entgegen. Allfällige dienstrechtliche Vorgaben – etwa auch die Regelungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 – entbinden das vorlagepflichtige Organ nämlich nicht von seiner Verpflichtung gemäß Art 53 B-VG sowie § 20 Abs 3 VfGG, die angeforderten Akten und Unterlagen dem Verfassungsgerichtshof (vollständig) vorzulegen, damit dieser seiner sich aus Art 138b Abs 1 Z 4 B-VG ergebenden Entscheidungspflicht nachkommen kann.
2.11.2. Im vorliegenden Verfahren war allerdings die Nichtvorlage aller Bezug habenden Akten und Unterlagen für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes schon deswegen nicht von Bedeutung, weil der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung bereits auf Grund des Vorbringens der Parteien sowie der sonstigen Aktenlage treffen konnte. Da der Bundeskanzler nämlich seiner Begründungspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss nicht nachgekommen ist, erübrigt sich eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Begründung unter Bezugnahme auf die begehrten Akten und Unterlagen durch den Verfassungsgerichtshof.
2.11.3. Die nur dem Verfassungsgerichtshof – letztlich – vorgelegten 692 Rückmeldungen von Bediensteten des Bundeskanzleramts auf die Aufforderung zur Suche nach abstrakt für den Untersuchungsgegenstand relevanten Akten und Unterlagen sind das Ergebnis des Suchprozesses innerhalb des Bundeskanzleramts; sie entsprechen bei weitem nicht dem Anspruch an eine umfassende Aktenvorlage.
2.11.4. Darüber hinaus hält der Verfassungsgerichtshof zur Klarstellung fest, dass die Unterlassung der (vollständigen) Vorlage der Akten und Unterlagen durch das vorlagepflichtige Organ an den Verfassungsgerichtshof bewirkt, dass dieser auch nur auf Grund des Vorbringens der Antragsteller erkennen kann.
2.12. Kommt das vorlagepflichtige Organ nur seiner Behauptungspflicht nach, begründet es aber die Ablehnung der geforderten Akten und Unterlagen gegenüber dem Untersuchungsausschuss nicht oder in ungenügender Weise, gelten die von der antragstellenden Minderheit angeforderten Akten und Unterlagen als vom Untersuchungsgegenstand erfasst, weswegen auszusprechen ist, dass alle in Rede stehenden Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss vorzulegen sind.
2.13. Da der Bundeskanzler somit seiner diesbezüglichen Begründungspflicht gegenüber dem Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht hinreichend entsprochen hat, ist er verpflichtet, diesem die in Rede stehenden Akten und Unterlagen vorzulegen (vgl mwN).
V. Ergebnis
1. Der Bundeskanzler ist verpflichtet, dem Ibiza-Untersuchungsausschuss folgende Akten und Unterlagen unverzüglich vorzulegen:
1) vollständige E-Mailpostfächer der BundeskanzlerInnen und BundesministerInnen im Bundeskanzleramt, insbesondere sebastian.kurz@bka.gv.at sowie gernot.bluemel@bka.gv.at, aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt wurden,
b) abgespeichert wurden,
c) veraktet wurden,
d) empfangen wurden,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
2) vollständige E-Mailpostfächer zu kabhbk@bka.gv.at und
kanzlei.kabinett@bka.gv.at sowie gleichartige, nicht angeführte Postfächer von Kanzleien der Regierungsmitglieder oder Kabinette aus dem Untersuchungszeitraum, sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt wurden,
b) abgespeichert wurden,
c) veraktet wurden,
d) empfangen wurden,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
3) vollständige E-Mailpostfächer der BKA-Bediensteten *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, *****, ***** und ***** aus dem Untersuchungszeitraum sowie E-Mailnachrichten dieser Absender, die von Bediensteten des Bundeskanzleramts in dieser Zeit
a) ausgedruckt wurden,
b) abgespeichert wurden,
c) veraktet wurden,
d) empfangen wurden,
e) in an sie weitergeleiteten E-Mails enthalten sind,
oder von diesen an die genannten E-Mailpostfächer gesendet wurden;
4) lokal oder serverseitig gespeicherte Dateien der unter 1) und 3) genannten Personen;
soweit diese dem Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht bereits vorgelegt worden sind.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2021:UA4.2021 |
Schlagworte: | VfGH / Untersuchungsausschuss, email, Amtsverschwiegenheit, Verschwiegenheitspflicht |
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