VfGH vom 21.06.2022, UA1/2022 ua
Leitsatz
Abweisung des Antrags auf Feststellung der Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz zur vollständigen Vorlage der Ergebnisse zweier ergänzender Beweisanforderungen an den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder; Hemmung der Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz während eines laufenden Konsultationsverfahrens für längstens drei Monate, den ergänzenden Beweisanforderungen zur Akten- und Unterlagenvorlage (Chatprotokolle) nachzukommen
Spruch
I.Der Antrag wird zurückgewiesen, soweit er sich auf die Feststellung der Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz zur vollständigen Vorlage der Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen vom an den Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) bezieht.
II.Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,
"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, die Bundesministerin für Justiz ist verpflichtet, den beiden ergänzenden Beweisanforderungen zum Untersuchungsausschuss 4/US XXVII.GP vom , und zwar
•Beilage VI. und
•Beilage VII.
unverzüglich nachzukommen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss vollständig vorzulegen."
II. Rechtslage
1. Art53 sowie Art138b Abs1 Z4 und 6 B-VG, BGBl 1/1930, idF BGBl I 101/2014 lauten:
"Artikel 53. (1) Der Nationalrat kann durch Beschluss Untersuchungsausschüsse einsetzen. Darüber hinaus ist auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder ein Untersuchungsausschuss einzusetzen.
(2) Gegenstand der Untersuchung ist ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes. Das schließt alle Tätigkeiten von Organen des Bundes, durch die der Bund, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, wirtschaftliche Beteiligungs- und Aufsichtsrechte wahrnimmt, ein. Eine Überprüfung der Rechtsprechung ist ausgeschlossen.
(3) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 gefährden würde.
(4) Die Verpflichtung gemäß Abs3 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.
(5) Nähere Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates. In diesem können eine Mitwirkung der Mitglieder der Volksanwaltschaft sowie besondere Bestimmungen über die Vertretung des Vorsitzenden und die Vorsitzführung vorgesehen werden. Es hat auch vorzusehen, in welchem Umfang der Untersuchungsausschuss Zwangsmaßnahmen beschließen und um deren Anordnung oder Durchführung ersuchen kann."
"Artikel 138b. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über
[…]
4. Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs;
[…]
6. Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates und dem Bundesminister für Justiz über das Erfordernis und die Auslegung einer Vereinbarung über die Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden auf Antrag des Untersuchungsausschusses oder des Bundesministers für Justiz;
[…]"
2. §56f und §56h Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (in der Folge: VfGG), BGBl 85, idF BGBl I 101/2014 lauten:
"d) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen
§56f. (1) Ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel der Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates: 'Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse' zwei Wochen vergangen sind.
(2) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.
(3) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde."
"f) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss
des Nationalrates und dem Bundesminister für Justiz über das Erfordernis und die Auslegung einer Vereinbarung über die Rücksichtnahme
auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden
§56h. (1) Ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates und dem Bundesminister für Justiz über das Erfordernis und die Auslegung einer Vereinbarung über die Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden ist nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §58 Abs5 der Anlage 1 zum Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates: 'Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse' zwei Wochen vergangen sind.
(2) Bis zur Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes dürfen nur solche Handlungen vorgenommen oder Anordnungen und Entscheidungen getroffen werden, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten."
3. §24, §25, §27 und §58 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO-UA) zum Bundesgesetz vom über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR), BGBl 410, idF BGBl I 99/2014 lauten:
"Grundsätzlicher Beweisbeschluss
§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 B-VG gefährden würde.
(2) Die Verpflichtung gemäß Abs1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.
(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.
(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß §1 Abs2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z2 B-VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5.
(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß §56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.
(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß §56d Abs7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben."
"Ergänzende Beweisanforderungen
§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.
(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.
(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.
(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."
"Vorlage von Beweismitteln
§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß §24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §24 Abs4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß §26 Abs2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.
(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.
(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.
(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 oder Abs3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.
(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 beschließt.
(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."
"Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden
§58. (1) Der Vorsitzende übermittelt dem Bundesminister für Justiz den grundsätzlichen Beweisbeschluss gemäß §24, ergänzende Beweisanforderungen gemäß §25 sowie Ladungen von Auskunftspersonen.
(2) Ist der Bundesminister für Justiz der Auffassung, dass Anforderungen von Akten und Unterlagen, Ersuchen um Beweiserhebungen oder die Ladung von Auskunftspersonen die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berühren, kann er beim Vorsitzenden die Aufnahme des Konsultationsverfahrens verlangen. Der Vorsitzende hat das Konsultationsverfahren unverzüglich einzuleiten.
(3) Das Konsultationsverfahren wird vom Vorsitzenden mit Unterstützung des Verfahrensrichters geführt. Die Fraktionen sind am Konsultationsverfahren zu beteiligen. Sie können dafür jeweils ein Mitglied namhaft machen.
(4) Der Vorsitzende und der Bundesminister für Justiz können im Rahmen des Konsultationsverfahrens schriftlich vereinbaren, dass bei der Festlegung des Arbeitsplans, der Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Ergebnissen von Erhebungen, der Befragung von Auskunftspersonen und bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren durch geeignete Maßnahmen Rücksicht genommen wird. Dabei sind die Interessen der Strafverfolgung gegenüber den Interessen der parlamentarischen Kontrolle abzuwägen.
(5) Entstehen zwischen dem Untersuchungsausschuss und dem Bundesminister für Justiz Meinungsverschiedenheiten über das Erfordernis oder die Auslegung einer solchen Vereinbarung, kann der Ausschuss den Bundesminister für Justiz auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen.
(6) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art138b Abs1 Z6 B-VG über das Erfordernis oder die Auslegung einer solchen Vereinbarung, wenn ihn der Untersuchungsausschuss oder der Bundesminister für Justiz nach Ablauf der Frist gemäß Abs5 anruft."
III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mitglieder des Nationalrates haben am (mit näherer Begründung) folgendes Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) im Nationalrat eingebracht (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"Der 'Ibiza'-Untersuchungsausschuss hat ein Sittenbild türkiser Politik offenbart, das ansonsten hinter einer teuren PR-Fassade versteckt geblieben wäre. Die Realität türkiser Politik ist eine, wo es um 'Kriegst eh alles, was du willst', um die türkisen 'Aufsichtsratssammler', um 'Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung', um Millionenaufträge aus türkisen Ministerien an eng mit der ÖVP verbundene Unternehmen und zuallererst um die Frage geht: Gehörst du zur Familie?
Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe und die von ihr vorgelegten Belege für ein System des parteipolitischen Missbrauchs öffentlicher Gelder und Strukturen unter der Führung von Sebastian Kurz und seinen Gefolgsleuten übertreffen sämtliche Befürchtungen. Das bisher Bekannte ist womöglich nur die Spitze des Eisbergs.
Damit klar wird, wer die politische Verantwortung dafür trägt, dass in unserem Land in den letzten Jahren ein mutmaßliches System der Korruption und des Machtmissbrauchs zum zentralen Instrument von Regierungspolitik werden konnte, muss die Aufklärung dort fortgesetzt werden, wo der 'Ibiza'-Untersuchungsausschuss aufhören musste. Der Kontrollauftrag, den die Bundesverfassung dem Nationalrat überträgt, gebietet dies.
Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen daher gemäß Art53 Abs1 2. Satz B-VG sowie §33 Abs1 2. Satz GOG-NR die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit folgendem
Untersuchungsgegenstand
Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von bis sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden.
Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Untersuchungsgegenstands
1.Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren
Aufklärung über Vorwürfe der parteipolitischen Beeinflussung der Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung einschließlich Eventmanagement sowie von Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von 40.000 Euro oder mehr zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen und den dem Bund daraus entstandenen Kosten, und insbesondere über
-Einflussnahme auf Vergabeverfahren zu Gunsten politisch nahestehender
Unternehmen mit dem mutmaßlichen Ziel, indirekte Parteienfinanzierung zu
tätigen, insbesondere in Hinblick auf die Vergabe von Kommunikations- und
Meinungsforschungsaufträgen und sonstigen wahlkampfrelevanten
Dienstleistungen;
-Beauftragung von Studien und Umfragen zu mutmaßlichen Gunsten
politischer Entscheidungsträger der ÖVP durch Bundesministerien sowie durch Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist;
-Beauftragung von Unternehmen, die auch für die ÖVP oder verbundene
Personen tätig sind, insbesondere das Campaigning Bureau, die Blink
Werbeagentur, die GPK GmbH, die Media Contacta GmbH, Schütze
Positionierung, Research Affairs und das tatsächliche Erbringen der
gewünschten Leistungen; allfällige Mängel in der Dokumentation der
Leistungserbringung; die mögliche Umgehungskonstruktion, diese
Unternehmen als Subunternehmer zu tarnen;
-Buchungen von Inseraten, insbesondere den sprunghaften Anstieg der
Inseratenausgaben im Jahr 2017 im Bundesministerium für Europa,
Integration und Äußeres, des Bundeskanzleramts im Jahr 2020 sowie
Einflussnahme auf die Vergabe von Media-Agenturleistungen im Ausmaß von insgesamt 180 Millionen Euro und der Vergabe dieses Auftrags an die
Unternehmen mediacom, Wavemaker und Group M sowie eines
korrespondierenden Werbeetats im Ausmaß von 30 Mio. Euro über die
Bundes-Beschaffungsgesellschaft an ua Jung von Matt im Jahr 2021;
Buchung von Inseraten im Zusammenhang mit dem sogenannten
'B[.] ÖSTERREICH Tool' im Bundesministerium für Finanzen und ab 2018 im
Bundeskanzleramt sowie parteipolitisch motivierte Tätigkeiten der
'Stabsstelle Medien' im Bundeskanzleramt, insbesondere die Einflussnahme auf Inseratevergaben von Organen des Bundes;
-mögliche Kick-Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in
Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten durch das Verlangen eines Überpreises gegenüber Organen des Bundes bei
Auftragsvergaben, insbesondere bei Aufträgen des Bundesministeriums für Inneres an Werbeagenturen in der Amtszeit von Wolfgang Sobotka;
-mögliche Umgehung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen, insbesondere im Wege von
Rahmenverträgen der Bundes-Beschaffungsgesellschaft sowie von Aufträgen an das Bundesrechenzentrum;
-Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen der Bundesministerien auf bestimmte mit der ÖVP verbundene AnbieterInnen und allfällige
außergerichtliche Absprachen (zB Verzicht auf Rechtsmittel) mit den
unterlegenen BieterInnen;
-Vergabe von Förderungen der Bundesministerien und mit Förderzwecken des Bundes betrauten Einrichtungen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische, insbesondere über die Rechtfertigung des Förderzwecks und über die Erbringung der erforderlichen Nachweise durch die FördernehmerInnen sowie die Angemessenheit der Förderhöhe im Vergleich zu gleich gelagerten Förderanträgen;
-Ausmaß und Einsatz der im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel für
Werbemaßnahmen in ÖVP-geführten Bundesministerien, insbesondere im Vorfeld und in Zusammenhang mit Wahlkämpfen;
-Schaffung und Gestaltung von Finanzierungsprogrammen des Bundes für
Unternehmen spezifisch in Hinblick auf eine spätere Gegenleistung in Form einer Begünstigung von politischen Parteien oder WahlwerberInnen
einschließlich von damit zusammenhängenden gesetzlichen Änderungen wie etwa im Falle des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetzes.
2.Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes
Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf Unternehmen, an denen der Bund direkt oder indirekt beteiligt ist, einschließlich der Bestellung der jeweiligen
Organe, dem Zusammenwirken mit weiteren EigentümerInnen und jeweiligen
OrganwalterInnen sowie der Ausübung von Aufsichtsrechten durch Mitglieder des Zusammenschlusses mit dem mutmaßlichen Ziel, die Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen im Sinne der ÖVP zu steuern, und insbesondere über
-(vorzeitige) Abberufung von Organen ausgegliederter Gesellschaften,
insbesondere in Hinblick auf die Bestellung von B[.] G[.]-K[.] als
ÖVP-Kandidatin in den Vorstand der Casinos Austria AG und das Bestehen
eines politischen Hintergrunddeals für diese Bestellung; den durch vorzeitige Abberufungen entstandene Schaden für die Republik;
-den Informationsfluss in Angelegenheiten des Beteiligungsmanagements
zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und den Bundesministern
Blümel, Löger sowie Bundeskanzler Kurz, insbesondere in Hinblick auf die
Auswahl von Organen der ÖBIB und ÖBAG und der Entstehung der Vorschläge für die Besetzung des Aufsichtsrats der ÖBAG sowie den Vorstand der ÖBAG;
-Motive für Vorbereitungen für einen Verkauf (Privatisierung) von Anteilen an Beteiligungen des Bundes sowie entsprechende Szenarienentwicklung und Analyse, insbesondere von Anteilen der Austrian Real Estate als Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft, und das Zusammenwirken mit
ParteispenderInnen der ÖVP aus dem Immobiliensektor sowie die Rolle von
R[.] B[.] in Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der BIG und der ARE,
insbesondere die Hintergründe des 99-jährigen Mietvertrags mit der BIG für das Gebäude der Postsparkasse.
3.Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit
Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf die Führung von straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren und die Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens von mit der ÖVP verbundenen Amtsträgern sowie über den Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten zum mutmaßlichen Zweck der Behinderung der Aufklärungsarbeit im parteipolitischen Interesse der ÖVP, und insbesondere über
-Einflussnahme durch Justiz- bzw InnenministerInnen, deren jeweilige
Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.]
sowie A[.] H[.] andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer
Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des 'Ibiza'-
Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie Josef Pröll und Hartwig Löger; Vorwürfe der politisch motivierten Einflussnahme auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP verbundenen Personen wie (potentielle) SpenderInnen, insbesondere Ermittlungen gegen
R[.] B[.] in der Causa Chalet N;
-Informationsflüsse über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten
Verfahren an politische EntscheidungsträgerInnen und deren
MitarbeiterInnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für
Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex;
Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei Hartwig Löger, Gernot Blümel, T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;
-Pläne von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA, den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler Kurz;
-Einflussnahme auf aus der Veranlagung von Parteispenden an die ÖVP oder ihr nahestehende Organisationen resultierende Finanzstrafverfahren bzw die mögliche Verhinderung der Einleitung solcher Verfahren; Einflussnahme auf gegen (potentielle) SpenderInnen der ÖVP geführte Finanzstrafverfahren;
-die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA,
insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter
J[.] F[.], und die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA in für die ÖVP politisch relevanten Fällen;
-Vorwürfe der Behinderung der Beweiserhebungen des Ibiza-
Untersuchungsausschusses, insbesondere die interne Vorbereitung und
Kommunikation zur Frage der Erfüllung der Beweisanforderungen und
Erhebungsersuchen des Ausschusses im Bundesministerium für Finanzen
einschließlich der Einbindung des Bundesministers für Finanzen und der
Finanzprokuratur in diese Angelegenheiten zum mutmaßlichen Zwecke des Schutzes von mit der ÖVP verbundenen Personen einschließlich des
Bundesministers Blümel selbst.
4.Begünstigung bei der Personalauswahl
Aufklärung über Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes oder Ausübung von Nominierungsrechten des Bundes abseits jener in Beteiligungen des Bundes sowie Aufnahme von Personen in Beratungsgremien (insbesondere Think Austria) oder Delegationen mit dem mutmaßlichen Ziel, einen kontrollierenden Einfluss für mit der ÖVP verbundene Personen auf die Tätigkeiten dieser Organe zu erreichen, oder Bestellungen als mutmaßliche Folge oder in Erwartung einer Begünstigung der ÖVP, und insbesondere über
-Einhaltung der Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes bei der Vergabe von Leitungsfunktionen in ÖVP-geführten Bundesministerien;
-Interventionen für (ehemalige) PolitikerInnen der ÖVP und deren Versorgung mit Beschäftigungsverhältnissen; möglichen Schaden für den Bund durch
Ermöglichung solcher Begünstigung insbesondere durch frühzeitige
Abberufung anderer OrganwalterInnen oder die Schaffung neuer Funktionen;
-Vorwürfe des 'Maßschneiderns' von Ausschreibungen von Leitungsfunktionen auf parteipolitisch loyale KandidatInnen durch Mitglieder des
ÖVP-Zusammenschlusses;
-Einhaltung der Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Planstellen durch mit der ÖVP verbundene Personen, insbesondere durch
MitarbeiterInnen politischer Büros von ÖVP-Regierungsmitgliedern.
[…]"
1.2. Der vom Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates am (mit näherer Begründung) gefasste grundsätzliche Beweisbeschluss lautet auszugsweise wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"Gemäß §24 Abs1 VO-UA hat der Geschäftsordnungsausschuss in einem grundsätzlichen Beweisbeschluss Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zu bezeichnen, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen und daher zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes verpflichtet sind.
Unter dem Begriff 'Akten und Unterlagen' versteht der Geschäftsordnungsausschuss nicht nur Akten im formellen Sinn, sondern sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, 'Handakten', Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Gedächtnisprotokolle, Notizen, Inhalte elektronischer Aktenführung und dergleichen, unabhängig von Art und Ort der Aufbewahrung oder Speicherung. Gleichzeitig sind die für die Auslesbarkeit erforderlichen Programme, Passwörter, Verfahren und dergleichen mitvorzulegen, sofern diese nicht in der Parlamentsdirektion verfügbar sind.
Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genügt es, dass solche Akten und Unterlagen abstrakt für die Untersuchung von Relevanz sein könnten.
Die Übermittlung hat (auf Grund der dazwischenliegenden Feiertage) binnen sechs Wochen, spätestens jedoch am zu erfolgen.
Die Übermittlung der Akten und Unterlagen hat soweit möglich geordnet nach den Beweisthemen 1-4 zu erfolgen.
Darüber hinaus sind alle öffentlichen und nicht öffentlichen Dokumente sowie alle Dokumente der Klassifizierungsstufe 1 'EINGESCHRÄNKT' gemäß Informationsordnungsgesetz in elektronischer Form (im Originaldateiformat oder ansonsten mit 300dpi texterfasst gescannt) auf Datenträgern (nicht per E-Mail – mit Ausnahme von Leermeldungen) zu übermitteln.
Akten und Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 'VERTRAULICH', der Klassifizierungsstufe 3 'GEHEIM' und der Klassifizierungsstufe 4 'STRENG GEHEIM' gemäß InfOG sind ausschließlich in Papierform (sofern dies nicht auf Grund ihrer Beschaffenheit ausscheidet wie insb. bei Video- und Audiodateien bzw Augenscheingegenständen) und jeweils in zweifacher (Stufe 2) bzw sechsfacher (Stufe 3 und 4) Ausfertigung anzuliefern.
Klassifizierungen gemäß InfOG sind nur in dem Ausmaß und Umfang vorzunehmen, als dies unbedingt notwendig ist. Zu schützende Aktenteile sind exakt zu kennzeichnen, gegebenenfalls zu trennen und jedenfalls nicht pauschal zu klassifizieren. Klassifizierungen sind im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen, insbesondere in Hinblick auf die drohende Schädigung gemäß §4 Abs1 InfOG (§27 Abs6 VO-UA, §5 Abs2 InfOG). Es wird außerdem auf §27 Abs3 VO-UA und §5 Abs2 InfOG hingewiesen.
Jeder Vorlage ist ein Inhaltsverzeichnis beizufügen. Für die Abwicklung der Vorlage trifft die Parlamentsdirektion entsprechende Vorkehrungen und übermittelt nähere technische Anforderungen. Diese werden der Beschlussausfertigung beigeschlossen.
Akten und Unterlagen sind fortlaufend für die Dauer der Untersuchung zu übermitteln, selbst wenn diese erst nach Wirksamwerden dieses Beschlusses entstehen oder hervorkommen. Die Übermittlung hat alle zwei Monate jeweils zum Monatsletzten gesammelt zu erfolgen (somit erstmals mit ) bzw auf Grund ergänzender Beweisanforderungen (§25 VO-UA) in der in diesen enthaltenen Fristen.
Wird die Vorlage von Akten- und Unterlagen (teilweise) abgelehnt, ist im Sine der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Akten- und Unterlagenbestand zu umschreiben und die Gründe für die Ablehnung im Einzelnen und substantiiert zu begründen.
Der Wortlaut des Untersuchungsgegenstands und der Beweisthemen ist der Beilage zu entnehmen.
Bezeichnung der betroffenen Organe
Folgende Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper sind gemäß §24 Abs3 VO-UA vom Untersuchungsgegenstand betroffen und haben daher gemäß §24 Abs1 VO-UA unter Bedachtnahme auf §24 Abs3 letzter Satz und §27 VO-UA ihre Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Sinne der Anforderungen an die Vorlage von Akten und Unterlagen vollständig vorzulegen:
[…]
3.Die Mitglieder der Bundesregierung jeweils samt aller nachgeordneten
Organe und sonstige ihnen unterstehenden Einrichtungen sowie ihrer
etwaigen Vorgänger- und Nachfolgeorgane und –einrichtungen.
[…]"
1.3. Am wurden zwei an die Bundesministerin für Justiz adressierte Verlangen wirksam, die im vorliegenden Antrag als "Beilage VI." und "Beilage VII." bezeichnet werden und wie folgt lauten (ohne die in den Originalen enthaltenen Hervorhebungen):
"'Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO-UA ersucht, durch die WKStA für den Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand folgende Erhebungen in der angegebenen Reihenfolge durchzuführen:
1.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen mit Bezug zu H[.]-C[.] S[.], C[.] H[.], MA, H[.] K[.], M[.] K[.], Mag. B[.] H[.]-K[.], Ing. N[.] H[.], Mag. J[.] G[.] M.A.I.S, Dr. K[.] K[.];
2.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von H[.]-C[.] S[.];
3.Auswertung der Handychats (SMS, Whatsapp, Telegram, Signal, i Message, etc.) sowie E-Mails von H[.]-C[.] S[.];
4.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von C[.] H[.], MA;
5.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von H[.] K[.];
6.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von M[.] K[.];
7.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Mag. B[.] H[.]-K[.];
8.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Ing. N[.] H[.];
9.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Mag. J[.] G[.] M.A.I.S;
10.Auswertung der Handychats (SMS, Whatsapp, Telegram, Signal, i Message, etc.) sowie E-Mails von Mag. J[.] G[.] M.A.I.S;
11.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Dr. K[.] K[.].
12.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen mit Bezug
zu Mag. C[.] K[.], Dr. P[.] R[.]-W[.], Mag. H[.] P[.] D[.], A[.] S[.], diplômé,
Mag. J[.] L[.], Mag. Dr. S[.] H[.], MAS, Mag. T[.] D[.];
13.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Mag. C[.] K[.];
14.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Dr. P[.] R[.]-W[.];
15.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Mag. H[.] P[.] D[.];
16.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von A[.] S[.], diplômé;
17.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Mag. J[.] L[.];
18.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Mag. Dr. S[.] H[.];
19.Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung von Mag. T[.] D[.]'
Begründung
Der Untersuchungsausschuss 4/US XXVII.GP kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B-VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein.
Die WKStA hat im Zuge der Ermittlungen, die im Zusammenhang mit der sogenannten Ibiza-Affäre geführt wurden und werden, einen umfangreichen Bestand an elektronischer Kommunikation sichergestellt. Bislang ist weder die gesamte Kommunikation noch alle teilnehmenden Personen dem Untersuchungsausschuss bekannt. Allerdings ist zu erwarten, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation Informationen enthält, die es ermöglicht, gegebenenfalls die politische Verantwortung für die im Einsetzungsverlangen 4/US XXVII. GP behaupteten und näher umschriebenen Missstände abschließend klären zu können.
Daher ist es für den Untersuchungsausschuss unerlässlich, dass die seitens der WKStA sichergestellte elektronischen Kommunikation dahingehend ausgewertet wird, ob die im gegenständlichen Verlangen genannten Personen, die allesamt Spitzenpolitikerinnen bzw -politiker der Republik Österreich sind oder waren und denen ein entsprechender mittelbarer oder unmittelbarer Einfluss zukommt, an der Kommunikation teilgenommen haben.
Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation, an der die im Verlangen genannten Personen beteiligt sind, Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand 4/US näher beschriebenen Handlungen ('[...] Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes [...] auf Betreiben [...] von in Organen des Bundes tätigen Personen [...]', enthält.
Die gegenständliche Beweisanforderung zielt aus Gründen der Rücksichtnahme auf laufende Ermittlungsverfahren nicht auf die vollständige Übermittlung dieser Kommunikation, sondern ersucht die WKStA um Beweiserhebung in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand.
Keinen Grund für eine Nicht-Übermittlung stellt die mangelnde Relevanz der Kommunikation im Zuge des Strafverfahrens dar. Der Untersuchungsausschuss führt gerade eben kein Strafverfahren. Er zielt nicht auf die Feststellung von Schuld oder Unschuld, sondern auf die Klärung politischer Verantwortung. In diesem Sinne ist das einzig relevante Kriterium für eine Vorlage an den Untersuchungsausschuss der Untersuchungsgegenstand.
Es wird davon ausgegangen, dass die Bundesministerin für Justiz zur Festlegung der weiteren Vorgangsweise ein Konsultationsverfahren anregt."
"Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO-UA ersucht, durch die WKStA für den Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand folgende Erhebung durchzuführen:
Auswertung des vorliegenden Datenbestands von MMag. T[.] S[.] auf Korrespondenzen mit Bezug zu
Mag. M[.] R[.]; Mag. R[.] S[.], MAS; W[.] K[.]; Hon.-Prof. Dr. C[.] K[.]; Dr. H[.] P[.] H[.]; Mag. B[.] E[.]; Mag. C[.] K[.]; Mag. T[.] D[.]; Dr. J[.] O[.]; Komm.-Rat Dr. G[.] G[.]; J[.] K[.]; G[.] S[.]; Ing. Mag. (FH) A[.] M[.]; Mag. N[.] B[.]; Mag. E[.] C[.] S[.]-F[.]; Mag. E[.] M[.] S[.]-W[.]; Mag. A[.] H[.]; S[.] K[.]; Mag. M[.] K[.]; Mag. S[.] M[.]; Dr. A[.] K[.]; Mag. C[.] P[.]; Mag. E[.] W[.]; Mag. P[.] G[.]-Z[.]; Mag. S[.] S[.]-M[.]; Mag. F[.] F[.], MSc; Mag. C[.] B[.]; Dr. J[.] V[.]; S[.] G[.], LL.B.; MMag. J[.] F[.]; Mag. G[.] H[.]; Mag. Dr. K[.] S[.]; H[.] P[.] D[.]; Mag. R[.] R[.], MA; Mag. H[.] O[.]; Dr. M[.] L[.]; Dr. E[.] H[.]; Dr. P[.] K[.]; Mag. Dr. D[.] P[.], MAS; MMag. DDr. M[.] M[.], MAS MBA MPA; Dr. G[.] A[.]; L[.] M[.]; D[.] S[.]; M[.] B[.].
Begründung
Der Untersuchungsausschuss 4/US XXVII.GP kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B-VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein.
Die WKStA hat im Zuge der Ermittlungen, die im Zusammenhang mit der sogenannten Ibiza-Affäre geführt wurden und werden, einen umfangreichen Bestand an elektronischer Kommunikation von MMag. T[.] S[.] sichergestellt. Bislang ist weder die gesamte Kommunikation noch alle teilnehmenden Personen dem Untersuchungsausschuss bekannt. Allerdings ist zu erwarten, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation von MMag. T[.] S[.] Informationen enthält, die es ermöglicht, gegebenenfalls die politische Verantwortung für die im Einsetzungsverlangen 4/US XXVII. GP behaupteten und näher umschriebenen Missstände abschließend klären zu können.
Daher ist es für den Untersuchungsausschuss unerlässlich, dass die seitens der WKStA sichergestellte elektronischen Kommunikation dahingehend ausgewertet wird, ob die im gegenständlichen Verlangen genannten Personen, die allesamt Spitzenpolitikerinnen bzw politiker der Republik Österreich sind oder waren und denen ein entsprechender mittelbarer oder unmittelbarer Einfluss zukommt, an der Kommunikation mit MMag. T[.] S[.] teilgenommen haben.
Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation von MMag. T[.] S[.], an der die im Verlangen genannten Personen beteiligt sind, Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand 4/US näher beschriebenen Handlungen ('[...] Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes [...] auf Betreiben [...] von in Organen des Bundes tätigen Personen [...]', enthält.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zB W[.] K[.] sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T[.] S[.] zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt hat (vgl AB 1040 BIgNR XXVII. GP).
Die gegenständliche Beweisanforderung zielt aus Gründen der Rücksichtnahme auf laufende Ermittlungsverfahren nicht auf die vollständige Übermittlung dieser Kommunikation, sondern ersucht die WKStA um Beweiserhebung in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand.
Keinen Grund für eine Nicht-Übermittlung stellt die mangelnde Relevanz der Kommunikation im Zuge des Strafverfahrens dar. Der Untersuchungsausschuss führt gerade eben kein Strafverfahren. Er zielt nicht auf die Feststellung von Schuld oder Unschuld, sondern auf die Klärung politischer Verantwortung. In diesem Sinne ist das einzig relevante Kriterium für eine Vorlage an den Untersuchungsausschuss der Untersuchungsgegenstand.
Es wird davon ausgegangen, dass die Bundesministerin für Justiz zur Festlegung der weiteren Vorgangsweise ein Konsultationsverfahren anregt."
1.4. Mit Schreiben vom hat die Bundesministerin für Justiz dem Präsidenten des Nationalrates zu den beiden soeben wiedergegebenen Verlangen informativ mitgeteilt, eine erste, grobe, oberflächliche Sichtung (nur) des Datenbestandes von MMag. T. S. habe laut Bericht der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (in der Folge: WKStA) vom ergeben, dass dieser im relevanten Zeitraum von den in den zwei ergänzenden Verlangen angeführten Personen möglicherweise nur mit Mag. T. D. gechattet haben dürfte. Da der Aufwand für die gleichzeitige Auswertung in diesem Fall bezüglich der in Rede stehenden Chats nur geringfügig größer sein dürfte, erschiene es nach Ansicht der WKStA zweckmäßig, diese Chats in die Auswertung einzubeziehen. Falls sich der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss mit der Parallelauswertung der ergänzenden Beweisverlangen vom und einverstanden erkläre, könne das Bundesministerium für Justiz – unter Hinweis auf den zu diesem Punkt nach wie vor bestehenden, dringenden Konsultationsbedarf – einen dementsprechenden Entwurf einer Konsultationsvereinbarung übermitteln.
1.5. Mit Schreiben vom hat die Bundesministerin für Justiz dem Präsidenten des Nationalrates den aktualisierten Entwurf einer Konsultationsvereinbarung "auf Grundlage des derzeit bestehenden und umsetzbaren Konsenses" übermittelt und mitgeteilt, eine inzwischen durchgeführte, eingehendere Prüfung des Datenbestandes von MMag. T. S. habe ergeben, dass deutlich mehr Chat-Nachrichten zu den in den Verlangen vom angeführten Personen vorlägen als ursprünglich ersichtlich.
Eine von der WKStA inzwischen vorgenommene Detailprüfung habe ergeben, dass MMag. T. S. zu 16 der in den ergänzenden Verlangen vom namentlich genannten Personen (zumindest einmal) Chat-Kontakt gehabt habe und in diesem Zusammenhang insgesamt rund 1.800 Nachrichten auszuwerten wären. Im Hinblick auf den mit der Prüfung auf eine Relevanz für den Untersuchungsgegenstand verbundenen Zeitaufwand von mehreren Wochen allein für diese Chats könne die Entsprechung der Verlangen vom – anders als zunächst erhofft – nicht "nebenbei eingeschoben" werden.
Im Hinblick auf die geänderte Ausgangslage, die eine Parallelauswertung der Verlangen vom und vom ohne erheblichen zeitlichen Mehraufwand bedauerlicherweise nicht zulasse, bestehe daher zur Frage der Reihenfolge der von der WKStA durchzuführenden Chat-Auswertung weiterhin dringender Konsultationsbedarf.
1.6. Laut einem Ergebnisprotokoll der Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vom hat der Vorsitzende abschließend festgehalten, dass die Sitzung ohne ein Ergebnis geschlossen werde und man sich auf Referentenebene um eine Lösung bemühen solle.
1.7. In der 11. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am wurde die Bundesministerin für Justiz gemäß §27 Abs4 VO-UA aufgefordert (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),
"binnen zwei Wochen den beiden ergänzende Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP vom (Beilage VI. und VII.) um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu entsprechen.[…]
Begründung
1.Gemäß §27 Abs1 VO-UA haben Organe des Bundes ergänzenden Beweisanforderungen unverzüglich zu entsprechen. Wird einer ergänzenden Beweisanforderung nicht entsprochen, ist gemäß Abs3 leg cit der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten. Abs4 leg cit normiert, dass der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern kann, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen, wobei die Aufforderung schriftlich zu begründen ist, wenn ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 leg cit nicht nachgekommen ist.
2.Mit zwei am wirksam gewordenen Verlangen ersuchte ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Frau Bundesminister für Justiz durch die WKStA für den Untersuchungsausschuss 4/US im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand folgende Erhebung durchzuführen:
Erstens Auswertung des vorliegenden Datenbestands von MMag. T[.] S[.] auf Korrespondenzen mit Bezug zu näher beschriebenen Personen sowie zweitens Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen mit Bezug zu näher bezeichneten Personen bzw Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung näher bezeichneter Personen.
Mit Schreiben vom teilte die Frau Bundesminister für Justiz mit, dass eine erste grobe oberflächliche Sichtung des Datenbestandes ergeben hätte, dass MMag. T[.] S[.] im relevanten Zeitraum von den in den zwei Verlangen angeführten Personen möglicherweise nur mit einer Person Nachrichten ausgetauscht haben dürfte. Da der Aufwand für die gleichzeitige Auswertung (im Verhältnis zu einem Verlangen auf Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses vom ) nur geringfügig größer sein dürfte, erschiene es zweckmäßig, diese Nachrichten in die Auswertung einzubeziehen. Schließlich wies die Frau Bundesminister darauf hin, dass es hinsichtlich der Durchführung der Erhebungen entsprechend der ergänzenden Beweisverlangen vom und vom dringender Konsultationsbedarf besteht.
In weiterer Folge teilte die Frau Bundesminister für Justiz mit Schreiben vom mit, dass eine neuerliche Prüfung des Datenbestandes ergeben hätte, dass deutlich mehr Nachrichten zu den in den Verlangen vom angeführten Personen vorliegen würden als ursprünglich ersichtlich gewesen wäre. Eine Parallelauswertung der Verlangen vom und vom wäre ohne erheblichen zeitlichen Mehraufwand nun nicht möglich, weshalb weiterhin dringender Konsultationsbedarf zur Frage der Reihenfolge der durchzuführenden Auswertungen bestünde.
Am fand eine Besprechung betreffend Konsultationsverfahren zu den ergänzenden Beweisverlagen vom und vom statt, an dem Vertreter des Bundesministeriums für Justiz und Mitglieder des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP. teilnahmen. Zusammengefasst brachten die Vertreter des Bundesministeriums für Justiz vor, dass aufgrund des immensen Umfanges bzw der großen Datenmenge der den Institutionen des Bundesministeriums für Justiz vorliegenden Nachrichten es nicht möglich sei, diese gleichzeitig auszuwerten, weshalb ein Konsultationsverfahren einzuleiten gewesen wäre. Es sei notwendig, dass die Fraktionen des Untersuchungsausschusses dem Bundesministerium für Justiz einen Auftrag übermitteln würden, in welcher Reihenfolge auszuwerten sei. Das Bundesministerium habe seiner Hauptaufgabe, der Ermittlungstätigkeit im Sinne des Beschleunigungsgebots, nachzukommen und könne nicht alle seine Ressourcen für den Untersuchungsausschuss aufbringen.
Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses einigten sich anlässlich dieser Sitzung nicht darauf, dem Bundesministerium für Justiz einen Auftrag zu übermitteln, in welcher Reihenfolge die Nachrichten auszuwerten sind, weshalb der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses die Sitzung ohne Ergebnis schloss.
3.Die Frau Bundesminister für Justiz entsprach dem ergänzenden Beweisanforderung vom mit Lieferung vom . Den ergänzenden Beweisanforderungen vom hat sie bis zum heutigen Tag nicht entsprochen. Auch wurde bis zum heutigen Tag zu dieser Frage keine Konsultationsvereinbarung zwischen dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP und der Frau Bundesminister für Justiz abgeschlossen.
4.Gemäß §58 Abs2 VO-UA kann der Bundesminister für Justiz beim Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses die Aufnahme des Konsultationsverfahrens verlangen, wenn er der Auffassung ist, dass Anforderungen von Akten und Unterlagen, Ersuchen um Beweiserhebungen oder die Ladung von Auskunftspersonen die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berühren.
Als Beispiele, bei Vorliegen welcher Umstände die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berührt werden könnten, sind zu nennen: Strafsachen bzw Sachverhaltskomplexe, in denen gemäß §35c StPO erst das Vorliegen eines Anfangsverdachts geprüft wird; Akten, in denen aktuell ein staatsanwaltschaftlicher Vorhabensbericht bei der Oberstaatsanwaltschaft oder im Bundesministerium für Justiz in Bearbeitung steht; Ergebnisse von Rechtshilfehandlungen durch Justizbehörden anderer Staaten; Vorbereitung von Ermittlungsmaßnahmen, die Betroffenen gegenüber geheim zu halten sind (vgl Handbuch zum Recht der Untersuchungsausschüsse im Nationalrat, Parlamentsdirektion, Wien 2019, RZ293)
5.Die Frau Bundesminister für Justiz hat bis heute nicht ausreichend begründet, warum sie den ergänzenden Beweisanforderungen vom nicht entsprochen hat. Die seitens der Frau Bundesminister ins Treffen geführte Argumente, warum den ergänzenden Beweisanforderungen vom nicht entsprochen wurde, nämlich dass aufgrund des immensen Umfanges bzw der großen Datenmenge der den Institutionen des Bundesministeriums für Justiz vorliegenden Nachrichten es nicht möglich sei, die ergänzenden Beweisanforderungen vom und vom gleichzeitig auszuwerten, sind weder geeignet, das Erfordernis der Einleitung eines Konsultationsverfahrens und den Abschluss einer Konsultationsvereinbarung zu begründen, zumal die seitens der Frau Bundesminister für Justiz ins Treffen geführten Herausforderungen gemäß §58 Abs2 VO UA nicht dahingehend verstanden werden können, dass ein Ersuchen um Beweiserhebungen die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berührt, noch geeignet, die nicht erfolgte Durchführung der Erhebung zu begründen.
Im Gegenteil: Die Frau Bundesminister für Justiz hat die ausreichenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie ihren verfassungsgesetzlich angeordneten Verpflichtungen gemäß Art53 Abs3 B-VG nachkommen kann. Ob und inwieweit ein vorlagepflichtiges Organ aus faktischen Gründen nicht in der Lage ist, seiner Verpflichtung nach Art53 Abs3 BVG iVm §27 VO-UA nachzukommen, ändert nichts an der grundlegenden Verpflichtung, Ersuchen um Beweiserhebungen nachzukommen (vgl zur vergleichbaren Frage, unter welchen Umständen Akten und Unterlagen vorzulegen sind: VfGH 03.03/2021, UA1/2021; UA4/2021).
Das bedeutet aber, dass die Frau Bundesminister ihrer Begründungspflicht gemäß §25 Abs3 VO-UA nicht ausreichend nachgekommen ist.
Es existiert auch keine Konsultationsvereinbarung, die einer unverzüglichen Durchführung der Erhebungen entgegenstehen könnte. Außerdem – wie bereits ausgeführt – rechtfertigen die seitens der Frau Bundesminister für Justiz angeführten Umstände nicht den Anschluss einer Konsultationsvereinbarung.
Die Frau Bundesminister ist als vorlagepflichtiges Organ grundsätzlich zur Entsprechung aller von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses begehrten Ersuchen um Beweiserhebung unverzüglich (§27 Abs1 VO-UA) verpflichtet, außer sie legt mit hinreichender Begründung dar, warum bestimmte Ersuchen um Beweiserhebung nicht von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind oder sie sonst durch andere rechtliche Gründe an der Entsprechung gehindert wäre.
Ist seitens eines vorlagepflichtigen Organs beabsichtigt, die Vornahme von Beweiserhebungen abzulehnen, so müssen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen können, welchen Ersuchen um Beweiserhebungen aus welchen Gründen nicht entsprochen wird. Es bedarf daher einer substantiierten Begründung.
Bisher hat die Frau Bundesminister für Justiz ihrer Begründungspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP nicht entsprochen, weshalb sie verpflichtet ist, den von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in den beiden Verlangen vom begehrten Ersuchen um Beweiserhebung unverzüglich zu entsprechen."
1.8. Laut einem Ergebnisprotokoll der Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vom hat die Vorsitzende abschließend festgehalten, dass die Sitzung ohne ein Ergebnis geschlossen werde und eine Einigung auf Reihung der Auswertung zwischen den Fraktionen, vertreten durch ihre ReferentInnen, nicht möglich sei; zwischen den Fraktionsführern sollten weiterhin Gespräche über die Reihung der Auswertung stattfinden.
1.9. Mit Schreiben vom hat die Bundesministerin für Justiz mitgeteilt, dass der oben wiedergegebenen Aufforderung vom aus folgenden Gründen nicht entsprochen werden könne:
Das Bundesministerium für Justiz habe bereits mit Schreiben vom ausdrücklich erklärt, dass es den Verlangen vom nachkommen wolle, gleichzeitig Konsultationsbedarf gemäß §58 Abs2 VO-UA angemeldet und begründet, weshalb eine unverzügliche Vorlage der geforderten Datenauswertungen nicht möglich sei (es werde noch einmal ausdrücklich auf dieses Schreiben verwiesen). In der Folge sei seitens des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses auch ein entsprechendes Konsultationsverfahren eingeleitet worden.
In den einschlägigen Besprechungen vom und insbesondere vom hätten sich die im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen nicht auf eine Reihenfolge der Datenauswertung einigen können, weshalb die Sitzung ohne Ergebnis geschlossen worden sei. Es sei besprochen worden, dass das Thema zunächst parlamentsintern weiter diskutiert und das Bundesministerium für Justiz über die Ergebnisse dieses parlamentsinternen Diskussionsprozesses informiert werden würde.
Da die Verlangen vom folglich nach wie vor Gegenstand offener Konsultationen seien, sei aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz eine darauf bezogene Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA zum damaligen Zeitpunkt weder berechtigt noch zulässig.
Zur grundsätzlichen Problematik der (auch schon mit einem Verlangen vom angeforderten) Datenauswertungen sei mit Schreiben vom bereits darauf hingewiesen worden, dass allein die bereits entschlüsselten Daten einen enormen Umfang aufwiesen, wobei nach abgeschlossener Auswertung eine Prüfung der Daten auf Relevanz für die strafrechtlichen Ermittlungen notwendig sei (es werde noch einmal ausdrücklich auf dieses Schreiben verwiesen). Ohne den Inhalt der Daten zu kennen, könne nicht abschließend beurteilt werden, inwiefern eine Vorlage der Daten zu einer Gefährdung der Ermittlungsarbeit führen würde. Es sei weiters darauf hingewiesen worden, dass die Übermittlung der vorlagepflichtigen Unterlagen an den Untersuchungsausschuss besondere Anforderungen sowohl hinsichtlich des Umfanges des angeforderten Materials als auch hinsichtlich der für die Auswertung erforderlichen Qualifikationen der MitarbeiterInnen mit sich bringe.
Um der Vorlagepflicht an den Untersuchungsausschuss unter der gebotenen Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen dennoch in angemessener Frist nachkommen zu können, sei seitens des Bundesministeriums für Justiz bereits eine Aufstockung des (Hilfs-)Personals veranlasst worden. Da aber das Ergebnis der Prüfung der Chats einerseits auf deren strafrechtliche Relevanz, andererseits auf deren abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand von den zuständigen Sachbearbeitern (den mit der Führung der Ermittlungen befassten Oberstaatsanwälten) begleitet bzw überprüft werden müsse, weil nur sie die nötige Kenntnis der Sachzusammenhänge hätten, könne das Problem durch eine Personalaufstockung allein nicht vollends gelöst werden ("Flaschenhalseffekt").
Hervorzuheben sei, dass es sich bei den verlangten Datenauswertungen nicht schlichtweg um die Vorlage bereits bestehender Akten oder Unterlagen handle, sondern vielmehr um Daten, die zu einem Großteil erst verschriftlicht und ausgewertet werden müssten. Die Auswertung habe sich an zwei Bezugspunkten zu orientieren; einerseits an der strafrechtlichen Relevanz und andererseits an der (zumindest abstrakten) Relevanz für den Untersuchungsgegenstand. Daten, die noch nicht einmal gesichtet worden seien und deren Inhalt den Strafverfolgungsbehörden daher noch nicht bekannt sei, könnten naturgemäß durchaus Informationen enthalten, die die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden berührten. Sie könnten daher sehr wohl auch Gegenstand eines Konsultationsverfahrens sein.
Seitens des Bundesministeriums für Justiz habe die Bereitschaft bestanden, die angeforderten Daten vollständig zu liefern; diese Bereitschaft bestehe selbstverständlich nach wie vor. Es sei aber auch unmissverständlich dargelegt worden, dass und weshalb eine gleichzeitige Auswertung der Verlangen vom und vom nicht möglich sei und daher die Reihenfolge der von der WKStA durchzuführenden Chat-Auswertungen im Konsultationswege geklärt werden müsste.
Eine entsprechende Vorgabe durch den Untersuchungsausschuss liege bislang nicht vor; ohne diese werde eine Auswertung – wie von Seiten des Bundesministeriums für Justiz bereits in der Konsultationssitzung am mitgeteilt worden sei – nach dem objektiven Kriterium des zeitlichen Einlangens der Beweisverlangen erfolgen.
Würde das Bundesministerium für Justiz von diesem – im Übrigen auch in der Vergangenheit in derartigen Konstellationen herangezogenen – objektiven Kriterium des zeitlichen Einlangens abweichen und bei der Auswertung aus Eigenem eine "Vorreihung" und damit eine (sachlich nicht begründete) Bevorzugung der Behandlung später eingelangter Verlangen (hier: jener vom ) gegenüber einem früher eingelangten Verlangen (hier: jenem vom ) vornehmen, würde es sich dem Vorwurf aussetzen, seiner rechtlichen Verpflichtung der Entsprechung des früheren Verlangens nicht ordnungsgemäß nachzukommen.
Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass dem Verlangen vom , Beilage VII., inhaltlich bereits durch Entsprechung des Verlangens vom , Beilage XVII., Punkt 11., nachgekommen werden werde. Sofern nämlich im Zuge der Auswertung des vorliegenden Datenbestandes von MMag. T. S. Korrespondenzen aufgefunden würden, die für den Untersuchungsgegenstand von Relevanz seien, würden diese – ungeachtet, mit wem sie geführt worden seien (und folglich auch mit Bezug zu den im Verlangen vom , Beilage VII., angeführten Personen) – bereits auf Grundlage des Verlangens vom vorgelegt werden.
Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass dem Bundesministerium für Justiz in den in Rede stehenden Verlangen vom keine Frist zur Vorlage gesetzt worden sei. Eine Aufforderung nach §27 Abs4 VO-UA bedürfe allerdings einer Verletzung der Leistungspflicht des vorlagepflichtigen Organs. Diese liege – mangels Vorgabe einer konkreten Frist zur Aktenlieferung – nicht vor, weshalb die Aufforderung nach §27 Abs4 leg cit an sich schon unzulässig sei.
2. Die Einschreiter begründen ihren auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag wie folgt:
2.1. Zur Zulässigkeit:
Es lägen alle formalen Voraussetzungen für eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vor: Ein "informationspflichtiges Organ [ist] nach Auffassung [...] eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 und Abs3 nicht oder ungenügend nach[gekommen] [...]". Nach der Literatur könne eine Aufforderung gestellt werden, wenn entweder die im Verlangen gesetzte Frist abgelaufen sei oder das informationspflichtige Organ mitgeteilt habe, seiner Verpflichtung nicht nachzukommen.
Letzteres sei hier der Fall. Die Bundesministerin für Justiz habe ua bereits mit Schreiben vom mitgeteilt, dass den beiden Verlangen vom nicht entsprochen werde, weil Konsultationsbedarf bestünde. Diese Weigerung sei in der Besprechung am wiederholt worden. Die Minderheit habe daher iSv §27 Abs4 VO-UA zur Auffassung gelangen müssen, dass die Bundesministerin für Justiz den beiden Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung nicht nachkommen werde. Sie habe daher an die Bundesministerin für Justiz zulässigerweise die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vom gerichtet, den beiden ergänzenden Beweisanforderungen vom zu entsprechen.
Der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA sei bis zum Ablauf der Frist am nicht entsprochen worden, weshalb eine Nichterfüllung der Aufforderung zur Nachbesserung nach der genannten Bestimmung vorliege.
Das Schreiben der Bundesministerin für Justiz vom enthalte keine Information, wann ihr die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vom zugegangen sei. Da somit nicht feststellbar sei, wann die Frist gemäß §27 Abs4 leg cit begonnen habe, werde sicherheitshalber davon ausgegangen, dass die Frist gemäß §27 Abs4 VO-UA mit zu laufen begonnen habe und sie gemäß §56f Abs1 VfGG frühestens am ende. Somit seien die an diesem Tage im Wege des Präsidenten des Nationalrates eingebrachten "Anträge" rechtzeitig.
Die Meinungsverschiedenheit bestehe darin, dass die Bundesministerin für Justiz in rechtswidriger Weise ihrer Pflicht aus den beiden Verlangen vom zur unverzüglichen Durchführung von Erhebungen nicht entsprochen habe.
2.2. In der Sache begründen die Einschreiter ihren Antrag wie folgt:
2.2.1. Die Verweigerung einer Vorlage sei im Einzelnen auf einen verfassungsrechtlich anerkannten Grund zu stützen (Behauptungspflicht) und im Einzelnen zu begründen (Begründungspflicht).
Der Verfassungsgerichtshof habe bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 19.973/2015 ausgesprochen, dass die einzigen beiden Ausnahmen von der Vorlageverpflichtung in Art53 Abs3 letzter Satz und Abs4 B-VG selbst normiert seien. So bestehe insbesondere nur dann keine Verpflichtung, dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung dadurch beeinträchtigt werde (Art53 Abs4 B-VG) oder wenn die Vorlage von Akten und Unterlagen das Bekanntwerden von Quellen iSd Art52a Abs2 B-VG gefährden würde (Art53 Abs3 letzter Satz B-VG).
Außerdem könne ein vorlagepflichtiges Organ die Vorlage dann verweigern, wenn es mit hinreichender Begründung darlege, warum die verlangten Akten und Unterlagen oder die ersuchten Erhebungen nicht von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand seien.
Schließlich könne der Bundesminister für Justiz beim Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses die Aufnahme des Konsultationsverfahrens verlangen, wenn er der Auffassung sei, dass Anforderungen von Akten und Unterlagen, Ersuchen um Beweiserhebungen oder die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berührten, woraufhin der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses das Konsultationsverfahren unverzüglich einzuleiten habe (§58 Abs2 VO-UA).
Der Vorsitzende eines Untersuchungsausschusses und der Bundesminister für Justiz könnten im Rahmen eines Konsultationsverfahrens schriftlich vereinbaren (Konsultationsvereinbarung), dass bei der Vorlage von Ergebnissen von Erhebungen auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren durch geeignete Maßnahmen Rücksicht genommen werde (§58 Abs4 VO-UA).
Komme ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung, ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 VO-UA unverzüglich zu entsprechen (§27 Abs1 VO-UA), oder der Verpflichtung, einen Untersuchungsausschuss über die Gründe darüber, warum einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen werde, zu unterrichten (§27 Abs3 VO-UA), nicht nach, könne ein Untersuchungsausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Diese Aufforderung sei zu begründen und bilde den "äußersten Rahmen eines möglichen Gegenstandes des Verfahrens" nach Art138b Abs1 Z4 B-VG. Die Meinungsverschiedenheit müsse demnach "konkret" und durch eine Aufforderung zur Nachbesserung in ihrem äußersten Rahmen begrenzt sein. Der Beharrungsbeschluss finde seine Grenze wiederum im Umfang des Untersuchungsgegenstandes.
In der vorliegenden Rechtssache habe ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesministerin für Justiz zur Nachbesserung gemäß §27 Abs4 VO-UA aufgefordert, nachdem sie ua mit Schreiben vom bereits mitgeteilt habe, dass eine unverzügliche Erfüllung der beiden Verlangen vom nicht erfolgen werde und bis heute überdies nicht mitgeteilt worden sei, bis wann den Beweisanforderungen entsprochen werden könne. Die Minderheit sei auf Grund dessen iSv §27 Abs4 VO-UA zur Auffassung gelangt, dass die Bundesministerin für Justiz ihrer Vorlagepflicht nicht nachkommen werde. Eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA sei daher zweifellos zulässig gewesen. Die Minderheit begründe die Aufforderung auch näher und zeige darin die konkrete Meinungsverschiedenheit auf.
Die Weigerung, den ergänzenden Beweisanforderungen vom unverzüglich nachzukommen, sei rechtswidrig, weil sie ohne substantiierte Begründung erfolgt sei. Ressourcenknappheit und eine fehlende Angabe zur Reihenfolge betreffend die Entsprechung von Erhebungsersuchen durch den Untersuchungsausschuss (oder durch die in diesem vertretenen Fraktionen) würden keinen Grund für die Annahme eines Konsultationsbedarfs gemäß §58 Abs2 VO-UA darstellen. Es sei zudem keine Konsultationsvereinbarung zwischen der Bundesministerin für Justiz und dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP abgeschlossen worden, die einer unverzüglichen Entsprechung der Beweiserhebungsersuchen entgegenstünde. Darüber hinaus sei weder das Vorliegen einer der in Art53 Abs3 letzter Satz und Abs4 B-VG genannten Ausnahmen vorgebracht noch bestritten worden, dass die beiden Erhebungsersuchen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünden.
2.2.2. Zu den seitens der Bundesministerin für Justiz ins Treffen geführten Argumenten im Detail:
2.2.2.1. Konsultationsverfahren – mangelnde Ressourcen:
Die Bundesministerin für Justiz habe mehrmals (in ihren Schreiben vom 9. und sowie zuletzt im Schreiben vom ) vorgebracht, es bestünde auf Grund der großen Menge an auszuwertenden Daten und einer bestehenden Ressourcenknappheit betreffend das Personal ein Konsultationsbedarf gemäß §58 VO-UA. Es sei zudem notwendig, dass die Fraktionen des Untersuchungsausschusses ihr mitteilten, in welcher Reihenfolge die Auswertung erfolgen solle.
Gemäß §58 Abs2 VO-UA könne die Bundesministerin für Justiz beim Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses die Aufnahme des Konsultationsverfahrens (nur) verlangen, wenn sie der Auffassung sei, dass ua "Ersuchen um Beweiserhebungen [...] die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berühren". Gemäß §58 Abs4 leg cit könne eine schriftliche Konsultationsvereinbarung darüber abgeschlossen werden, dass "bei der Vorlage von [...] Ergebnissen von Erhebungen auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren durch geeignete Maßnahmen Rücksicht genommen wird."
Als Beispiele, bei Vorliegen welcher Umstände die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berührt werden könnte, seien zu nennen:
– Strafsachen bzw Sachverhaltskomplexe, in denen gemäß §35c StPO erst das Vorliegen eines Anfangsverdachts geprüft werde;
– Akten, in denen aktuell ein staatsanwaltschaftlicher Vorhabensbericht bei der Oberstaatsanwaltschaft oder im Bundesministerium für Justiz in Bearbeitung stehe;
– Ergebnisse von Rechtshilfehandlungen durch Justizbehörden anderer Staaten;
– Vorbereitung von Ermittlungsmaßnahmen, die Betroffenen gegenüber geheim zu halten seien.
Keinen dieser Gründe habe die Bundesministerin für Justiz geltend gemacht. Vielmehr vermeine sie lediglich, ein Konsultationsverfahren sei angezeigt, weil wegen mangelnder Ressourcen eine gleichzeitige Auswertung der Verlangen vom und vom nicht möglich sei.
Nun sei Ressourcenknappheit nach dem eindeutigen Wortlaut von §58 VO-UA kein gesetzlicher Grund, der Konsultationsbedarf auszulösen vermöge. Würde man §58 VO-UA in diese Richtung verstehen, wäre es für die Bundesministerin für Justiz leicht möglich, sich ihrer Pflicht, Akten und Unterlagen vorzulegen oder Erhebungsersuchen zu entsprechen, durch "Hinausschieben" zu entziehen – im äußersten Fall bis zum Ende des Untersuchungsausschusses. Auf diesem Wege könnte so das Selbstinformationsrecht des Untersuchungsausschusses ausgehebelt werden.
Selbst wenn "Ressourcenknappheit" ein Grund für die Auslösung des Konsultationsverfahrens bzw für die Nichtvorlage von Akten und Unterlagen wäre, habe es die Bundesministerin für Justiz unterlassen, die von ihr vorgebrachten Gründe (mangelnde Ressourcen), die der fristgerechten Entsprechung der Erhebungsverlangen entgegenstünden, so detailliert – etwa unter der Nennung des konkreten Arbeitsaufwandes oder der konkreten Gründe, warum der Einsatz der zusätzlich notwendigen Sach- und Personalressourcen nicht möglich sein solle – auszuführen, dass die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen könnten, aus welchen Gründen den in Rede stehenden Erhebungsverlangen nicht entsprochen werden könne.
Alle vorlagepflichtigen Organe hätten ihren Pflichten gemäß Art53 Abs3 B-VG zu entsprechen. Die seitens der Bundesministerin für Justiz gewählte Interpretation des §58 VO-UA würde aber dazu führen, dass sie gegenüber allen anderen vorlagepflichtigen Organen aus unsachlichen Gründen privilegiert wäre. Dem Gesetzgeber könne aber nicht unterstellt werden, mit der Einführung des Konsultationsmechanismus in §58 VO-UA ein solches Ergebnis ermöglichen zu wollen. Jedenfalls fänden sich weder im Normtext noch in den Erläuterungen dahingehende Hinweise.
Auch sei darauf hinzuweisen, dass eine faktische Unmöglichkeit nichts an der rechtlichen Verpflichtung zur Entsprechung von ergänzenden Beweisanforderungen ändere.
Darüber hinaus sei auch nicht zu erwarten, Inhalt einer Konsultationsvereinbarung könnte sein, dass die Bundesministerin für Justiz bestimmten Ermittlungsersuchen nicht oder später zu entsprechen habe. Als Beispiele für "geeignete Maßnahmen" gemäß §58 Abs4 VO-UA würden in den Gesetzesmaterialien genannt: Vereinbarung, bestimmte Akten und Unterlagen erst nach Beendigung des Ermittlungsverfahrens vorzulegen oder bestimmte Auskunftspersonen erst zu einem späteren Zeitpunkt anzuhören. In der Literatur werde zusätzlich genannt, dass in einer Vereinbarung gemäß §58 VO-UA auch das Absehen von der Veröffentlichung von Namen oder Aussagen zum Stand von Ermittlungen vorgesehen werden könne. Der Aufschub von Erhebungsersuchen auf Grund von Ressourcenknappheit werde nicht als "geeignete Maßnahme" genannt.
Schließlich verkenne die Bundesministerin für Justiz auch die Rechtslage, wenn sie meine, dass eine Konsultationsvereinbarung der Entsprechung eines Erhebungsersuchens entgegenstehen könnte, weil mangels Auswertung noch gar nicht feststellbar sei, ob durch Ersuchen um Beweiserhebungen die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berührt werde. Vielmehr spreche §58 Abs4 VO-UA ausdrücklich davon, dass der Vorsitzende eines Untersuchungsausschusses und der Bundesminister für Justiz im Rahmen des Konsultationsverfahrens schriftlich vereinbaren könnten, dass bei der Vorlage von Ergebnissen von Erhebungen auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren durch geeignete Maßnahmen Rücksicht genommen werde. Die Durchführung der Erhebungen sei davon aber expressis verbis nicht erfasst und müsse unverzüglich erfolgen. Mit anderen Worten: Erst nachdem die Bundesministerin für Justiz die vom Viertel beantragten Erhebungen durchgeführt habe, könne man an ein Konsultationsverfahren überhaupt denken.
Zusammenfassend sei auszuführen, dass die seitens der Bundesministerin für Justiz ins Treffen geführten Argumente, warum den ergänzenden Beweisanforderungen vom nicht entsprochen werden könne, nicht geeignet seien, die Einleitung eines Konsultationsverfahrens und den Abschluss einer Konsultationsvereinbarung zu rechtfertigen. Die beiden in Rede stehenden Ersuchen um Beweiserhebungen berührten die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren nicht. Vielmehr sei es die Aufgabe der Bundesministerin für Justiz als oberstes Organ iSd Art19, 20 und 69 B-VG, dafür Sorge zu tragen, in Wahrnehmung ihrer umfassenden Leitungsverantwortung für ausreichende Ressourcen zu sorgen, damit das ihr unterstellte Ministerium samt den ihr unterstellten Behörden und Dienststellen seinen Verpflichtungen nachkommen könne.
2.2.2.2. Reihenfolge der Beweisverlangen und Pflicht des Untersuchungsausschusses, sich auf eine Reihenfolge der Bearbeitung von ergänzenden Beweisanforderungen zu einigen:
Es bestehe zudem keine gesetzliche Regelung, nach der zeitlich früher wirksam gewordenen Beweisanforderungen vor später wirksam gewordenen zu entsprechen sei. Auch könne die Frage betreffend eine mögliche Reihung von sich überschneidenden ergänzenden Beweisanforderungen nicht Gegenstand eines Konsultationsverfahrens oder einer Konsultationsvereinbarung sein. Die Bundesministerin für Justiz könne somit ihre Weigerung der Entsprechung der beiden in Rede stehenden Beweiserhebungsersuchen nicht damit begründen, dass zuerst dem Verlangen vom nachzukommen sei und eine parallele Auswertung der in den Verlangen vom bezeichneten Akten und Unterlagen auf Grund von Ressourcenknappheit nicht möglich wäre. Die Bundesministerin für Justiz sei unabhängig davon, welchen anderen Beweisanforderungen sie nachkommen müsse, zur vollständigen und fristgerechten Entsprechung der beiden Beweiserhebungsersuchen vom verpflichtet.
Würde man dem Gedanken der Bundesministerin für Justiz folgen, käme man zum Ergebnis, die Mehrheit in einem Untersuchungsausschuss oder eine Minderheit könnte verhindern, dass eine andere Minderheit mittels ergänzenden Beweisanforderungen Beweismittel erlangen könnte, indem die Mehrheit oder eine Minderheit möglichst rasch umfassende ergänzende Beweisanforderungen an möglichst viele vorlagepflichtige Organe richte, um andere Minderheiten zu blockieren. Schließlich dürfe nicht übersehen werden, dass sich Minderheiten im Untersuchungsausschuss ad hoc zu einzelnen Vorhaben bildeten. Jeder Minderheit solle aber die Möglichkeit gegeben sein, auch über die Beweiserhebung den Gang des Verfahrens mitzubestimmen.
Im Übrigen hätten solche sich ad hoc bildende Minderheiten – dabei sei jede Konstellation aus fünf der 13 Mitglieder des Untersuchungsausschusses denkbar (so sei es möglich, dass ein einzelner Abgeordneter alle Beweisverlangen unterstütze, ein anderer nur einzelne und wiederum ein anderer keines) – keine Vertretung nach außen. Das Ansinnen der Bundesministerin für Justiz, der Untersuchungsausschuss bzw die darin vertretenen Fraktionen mögen sich auf eine Reihung der an sie gestellten Erhebungsersuchen einigen, scheitere schon alleine daran, dass die Abgeordneten, die einzelne unterschiedliche Erhebungsersuchen unterstützten, keine Vertretung nach außen hätten. Nach Beendigung der jeweiligen Sitzung des Untersuchungsausschusses, in der das Verlangen eingebracht werde, existiere die konkret dieses Verlangen einbringende Minderheit nicht mehr.
Außerdem kenne weder das B-VG, noch das GOG-NR (samt VO-UA) Regelungen, dass die Mitglieder eines Untersuchungsausschusses verpflichtet wären, sich im Falle zeitlich oder inhaltlich überschneidender Beweisanforderungen einvernehmlich auf eine Reihung der Bearbeitung zu einigen. Würde man der VO-UA derartiges unterstellen, käme man wiederum zum Ergebnis, dass eine Minderheit daran gehindert werden könnte, über die Beweiserhebung den Gang des Verfahrens mitzubestimmen, indem eine Einigung über eine Reihung von ergänzenden Beweisanforderungen, die von unterschiedlichen Minderheiten verlangt worden seien, durch Mitglieder des Untersuchungsausschusses bewusst verhindert werde.
Zusammenfassend könne daher ausgeführt werden, dass die Bundesministerin für Justiz ihrer Vorlagepflicht gemäß Art53 Abs3 B-VG und §27 Abs1 VO-UA nachkommen und den beiden Verlangen gänzlich fristgerecht entsprechen müsse. Die Verlangen seien am wirksam geworden. Der bis zur Aufforderung am bzw mit Ende der Frist zur Nachbesserung am vergangene Zeitraum sei ausreichend bzw angemessen gewesen, um den Verlangen vollständig entsprechen zu können.
2.2.2.3. Behauptung, die Bundesministerin für Justiz sei nicht säumig:
Entgegen der seitens der Bundesministerin für Justiz vertretenen Meinung sei eine Fristsetzung betreffend ein ergänzendes Beweisverlangen nicht zwingend. §24 Abs3 VO-UA spreche lediglich davon, dass die Setzung einer angemessenen Frist zulässig sei. Werde jedoch keine Frist gesetzt, hätten gemäß §27 Abs1 VO-UA vorlagepflichtige Organe ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 VO-UA unverzüglich zu entsprechen. Jedenfalls sei aber der seit den erstmaligen Verlangen () verstrichene Zeitraum von über einem Vierteljahr mehr als nur angemessen zur Erledigung der beiden in Rede stehenden Verlangen; dies umso mehr, als es nach Mitteilung der Bundesministerin für Justiz vom um gerade einmal 1.800 identifizierte und damit auszuwertende Nachrichten gehe (insgesamt seien in der betreffenden Causa durch die Anklagebehörden ca 385.000 Chatnachrichten und 774.000 E-Mails auszuwerten). Die für die Auswertung von 1.800 Nachrichten erforderlichen Ressourcen wären in der genannten Frist jedenfalls aufzubringen gewesen.
2.2.2.4. Zusammenfassung:
Die Einleitung eines Konsultationsverfahrens oder der Abschluss einer Konsultationsvereinbarung sei aus den seitens der Bundesministerin für Justiz vorgebrachten Gründen unzulässig. Eine Konsultationsvereinbarung gemäß §58 Abs4 VO-UA sei bis dato nicht abgeschlossen worden, weshalb die Vorlagepflicht auch aus diesem Grund nicht verweigert werden könne. Auch habe die Bundesministerin für Justiz selbst nicht den Verfassungsgerichtshof mit der Begründung angerufen, dass zwischen dem Untersuchungsausschuss und ihr eine Meinungsverschiedenheit über das Erfordernis einer Konsultationsvereinbarung gegeben sei (Art138b Abs1 Z6 B-VG iVm §58 Abs6 VO-UA).
Weiters habe sie es unterlassen, zu überprüfen und dem Untersuchungsausschuss mitzuteilen, in welchem Zeitraum den beiden Beweiserhebungsersuchen entsprochen werden könnte, wobei noch einmal darauf hinzuweisen sei, dass es sich laut Schreiben des Bundesministeriums für Justiz vom um lediglich rund 1.800 auszuwertende Nachrichten handle.
Mangels Bestehens eines gesetzlichen Ausnahmegrundes habe es die Bundesministerin für Justiz daher rechtswidrig unterlassen, den beiden Erhebungsverlangen fristgerecht zu entsprechen; sie wäre längst zur Durchführung der Erhebungen und Übermittlung der Erhebungsergebnisse verpflichtet gewesen.
Die Bundesministerin für Justiz habe es außerdem unterlassen, substantiiert zu begründen, aus welchen – für die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehbaren – Gründen den beiden ergänzenden Beweisanforderungen nicht fristgerecht entsprochen werde.
3. Die Bundesministerin für Justiz hat dem Verfassungsgerichtshof mehrere Schriftstücke im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Konsultationsverfahren zu den relevanten ergänzenden Beweisanforderungen vorgelegt sowie eine Äußerung erstattet, in der sie die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung beantragt:
3.1. Keine Meinungsverschiedenheiten iSd Art138b Abs1 Z4 B-VG:
Das Eilverfahren nach §56f VfGG könne seinen Zweck der raschen Abklärung bestehender Meinungsverschiedenheiten nur dann erfüllen, wenn eine solche Meinungsverschiedenheit überhaupt bestehe. Dazu gehöre, dass sich die beiden Verfahrensparteien über einen in diesem Verfahren justiziablen Umstand uneins seien, etwa indem eine Vorlagepflicht für konkret bestehende und bekannte Unterlagen bestritten werde.
Eine Meinungsverschiedenheit über die Verpflichtung eines Organs, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, liege vor, wenn der Untersuchungsausschuss die Vorlage bestimmter oder bestimmbarer Akten und Unterlagen verlange und das informationspflichtige Organ diese Vorlage verweigert habe (VfSlg 19.973/2015).
Im vorliegenden Fall sei eine Meinungsverschiedenheit über die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz (als "informationspflichtiges Organ"), dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, zu deren Klärung der Verfassungsgerichtshof angerufen werden könne, mit Ablauf der (Nach-)Frist des §27 Abs4 VO-UA jedoch nicht entstanden.
Richtig sei, dass ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses am zwei ergänzende Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO-UA, die auf die Durchführung von Erhebungen (Auswertungen von in Ermittlungsverfahren sichergestellten Daten) abzielten, an die Bundesministerin für Justiz gerichtet habe. Das in Beilage VI. formulierte Verlangen sei auf eine von der WKStA vorzunehmende Auswertung des ihr vorliegenden Datenbestandes von MMag. T. S. auf Korrespondenzen mit Bezug zu bzw unter Beteiligung von 44 namentlich angeführten Personen gerichtet gewesen. Mit dem Verlangen nach Beilage VII. sei um "Auswertung des vorliegenden Datenbestands" mit Bezug zu bzw unter Beteiligung von weiteren namentlich angeführten Personen durch die WKStA ersucht worden.
Die Bundesministerin für Justiz habe ihre Verpflichtung, diesen Beweisanforderungen nachzukommen, zu keinem Zeitpunkt bestritten. Entgegen dem Antragsvorbringen habe sie sich auch zu keinem Zeitpunkt geweigert, den Beweisanforderungen nachzukommen. Ganz im Gegenteil: Die Bundesministerin für Justiz habe stets ausdrücklich ihre Verpflichtung anerkannt und ihre Bereitschaft erklärt, allen Beweisanforderungen nachzukommen. Tatsächlich liefere sie in Entsprechung der an sie gerichteten Beweisverlangen nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens fortlaufend die verlangten Informationen an den Untersuchungsausschuss und habe das dafür notwendige Personal verstärkt.
Da Gegenstand eines Verfahrens gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG eine Meinungsverschiedenheit über die Verpflichtung sei, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, eine solche Verpflichtung aber von Seiten der Bundesministerin für Justiz nicht bestritten werde, liege eine Meinungsverschiedenheit iSd Art138b Abs1 Z4 B-VG nicht vor. Die vorliegenden Anträge seien daher bereits aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.
3.2. Unbestimmter Prozessgegenstand:
Selbst wenn nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes eine Meinungsverschiedenheit vorliegen sollte, seien die gegenständlichen Anträge weder ausreichend bestimmt noch bestimmbar.
Die antragstellende Partei verkenne in ihren Ausführungen den Umfang der verlangten Auswertungen. Inhaltlich gehe sie lediglich auf jene ca 1.800 Chats ein, die auf dem Handy des MMag. T. S. festgestellt und zwischen ihm und 16 der in den am wirksam gewordenen ergänzenden Verlangen namentlich genannten Personen geführt worden seien.
Im Verlangen vom , Beilage VI., werde die Bundesministerin für Justiz allerdings ersucht, durch die WKStA für den Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand Erhebungen im Sinne von Auswertungen des ihr vorliegenden Datenbestandes durchzuführen. In diesem Verlangen sei weder dargelegt worden, welche Datenträger gemeint seien, noch um in welchen Verfahren sichergestellte Datenträger es sich handle. Um der ergänzenden Beweisanforderung zu entsprechen, müsste die WKStA somit alle bei ihr anhängigen Verfahren und sämtliche darin befindlichen Datenträger auf relevante Nachrichten überprüfen.
In der ergänzenden Beweisanforderung werde sogar ausgeführt, dass der der WKStA vorliegende Bestand an elektronischer Kommunikation umfangreich sei und nicht alle teilnehmenden Personen bekannt seien. Begründend sei hingegen lediglich ausgeführt worden, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation, an der die im Verlangen genannten Personen beteiligt seien, Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand 4/US näher beschriebenen Handlungen ("[...] Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes [...] auf Betreiben [...] von in Organen des Bundes tätigen Personen [...]") enthalte.
Nach den der Bundesministerin für Justiz auf Grundlage von Berichten der WKStA vorliegenden Informationen hätten mehrere im Rahmen des "Ibiza-Komplexes" sichergestellte Mobiltelefone bis zum heutigen Tag noch nicht entschlüsselt bzw entsperrt werden können. Das Datenvolumen der bereits lesbaren bzw lesbar gemachten Rohdaten betrage etwa 16 TB, wobei bislang nicht erhoben werden habe können, wie viele Nachrichten sich in dem im "Ibiza-Komplex" vorhandenen Datenbestand befänden. Schätzungsweise lägen in Summe mindestens 385.000 Chatnachrichten allein von S. W., Mag. G. B., Dr. H. L. und MMag. T. S. sowie jedenfalls 774.000 E-Mails vor.
Es sei somit zum derzeitigen Zeitpunkt nicht erkennbar, wie viele und welche Daten von den vorliegenden Anträgen überhaupt erfasst seien. Es wäre folglich auch dem Verfassungsgerichtshof nicht möglich, in zukünftigen Verfahren zu erkennen, ob er über diesen Datenbestand bereits abgesprochen habe oder nicht. Nachdem aus einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art138 Abs1 Z4 B-VG auch eine Leistungspflicht folge, wäre es zudem im weiteren Verlauf nicht mehr möglich, Daten, die nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst seien oder für die eine sonstige Ausnahme von der Vorlageverpflichtung bestehe, gegenüber dem Untersuchungsausschuss zurückzuhalten.
3.3. Keine Ablehnung der Vorlage:
§27 Abs5 VO-UA bestimme, dass der Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung entscheide. Die Bundesministerin für Justiz habe ihre Vorlagepflicht stets anerkannt; auch ansonsten sei die Vorlage nicht abgelehnt worden:
Die im vorliegenden Fall relevanten, in der 3. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am wirksam gewordenen Beweisanforderungen enthielten keine Lieferfrist, weshalb auch keine Leistungspflichtverletzung durch die Bundesministerin für Justiz vorliege.
Eine Vorreihung der in der 3. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am wirksam gewordenen Verlangen würde eine Leistungspflichtverletzung der Bundesministerin für Justiz im Hinblick auf das in der 2. Sitzung dieses Untersuchungsausschusses am wirksam gewordene Verlangen bedeuten, das eine Leistungsfrist enthalte ("jeweils zum Monatsletzten, erstmalig mit Ende Jänner 2022"). Würde die Bundesministerin für Justiz von diesem – im Übrigen auch in der Vergangenheit in derartigen Konstellationen herangezogenen – objektiven Kriterium des zeitlichen Einlangens abweichen und bei der Auswertung aus Eigenem eine "Vorreihung" und damit eine (sachlich nicht begründete) Bevorzugung der Behandlung später eingelangter Verlangen (hier: jener vom ) gegenüber einem früher eingelangten Verlangen (hier: jenem vom ) vornehmen, würde sie sich der Gefahr aussetzen, ihren Verpflichtungen auf Grund der Beweisanforderung vom nicht oder nur ungenügend nachzukommen. Müsste die Bundesministerin für Justiz den Beweisanforderungen vom auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vorrangig nachkommen, würde dies gleichzeitig zu einer Verletzung der Verpflichtung auf Grund der Beweisanforderung vom führen, weil diese eine genaue Priorisierung der Auswertungen sowie eine Lieferfrist enthalte. Widerstreitende Beweisanforderungen eines Untersuchungsausschusses könnten jedoch nicht zu Lasten eines vorlagepflichtigen Organs gehen.
3.4. Offenes Konsultationsverfahren gemäß §58 Abs2 VO-UA:
Die beiden Verlangen vom (Beilagen VI. und VII.) seien nach wie vor Gegenstand offener Konsultationen, zumal hierüber zwischen den Fraktionen noch keine Einigung erzielt werden habe können.
Dass aus diesem (bei den Fraktionen des Untersuchungsausschusses liegenden) Grund bis dato noch keine Konsultationsvereinbarung zur Frage der Reihenfolge der Datenauswertungen abgeschlossen werden habe können, könne freilich nicht dazu führen, dass die Bundesministerin für Justiz – trotz weiterhin bestehender Konsultationsgründe iSd §58 Abs2 VO-UA – Akten und Unterlagen ungeprüft vorlegen müsse. Wäre dies der Fall, könnte eine Minderheit des Untersuchungsausschusses den Zweck des §58 VO-UA, der eine Rücksichtnahme auf die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden ausdrücklich vorsehe, durch die schlichte Verweigerung ihrer Zustimmung zum Abschluss einer Vereinbarung unterlaufen.
Der zu den durch die WKStA durchzuführenden Datenauswertungen bestehende Konsultationsbedarf sei in mehreren Schreiben an den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses sowie in Konsultationsgesprächen mit den Fraktionen des Untersuchungsausschusses eingehend begründet worden.
Zu den Gründen für den (nach wie vor bestehenden) Konsultationsbedarf werde im Einzelnen ausgeführt:
Es entspreche nicht den Tatsachen, dass der Konsultationsbedarf – wie die Antragsteller vermeinten – "lediglich" mit mangelnden Ressourcen begründet worden sei bzw werde.
Vielmehr seien dem Untersuchungsausschuss gegenüber die Gründe für den bestehenden Konsultationsbedarf im Zusammenhang mit den Datenauswertungen sowohl in mehreren Schreiben als auch in den Konsultationssitzungen am und am ausführlich erläutert worden.
Richtig sei, dass die im "Ibiza-Komplex" sichergestellten und nunmehr auszuwertenden Daten einen enormen Umfang aufwiesen. Anzumerken sei, dass es sich bei den verlangten Datenauswertungen aber nicht schlichtweg um die Vorlage bereits bestehender Akten oder Unterlagen handle, sondern tatsächlich um Daten, die zu einem Großteil erst verschriftlicht und ausgewertet werden müssten.
Die Bundesministerin für Justiz sei damit konfrontiert, dass diese Daten – nachdem sie in ein lesbares Format gebracht worden seien – nicht nur auf eine Relevanz für den Untersuchungsgegenstand, sondern auch auf eine Relevanz für die strafrechtlichen Ermittlungen geprüft werden müssten. Daten, die noch nicht einmal gesichtet worden seien und deren Inhalt den Strafverfolgungsbehörden daher noch nicht bekannt sei, könnten naturgemäß durchaus auch Informationen beinhalten, die die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden berührten. Das Vorgehen bei (von den Staatsanwaltschaften in Entsprechung von Erhebungsersuchen parlamentarischer Untersuchungsausschüsse durchzuführenden) Datenauswertungen könne daher sehr wohl auch Gegenstand eines Konsultationsverfahrens sein; davon seien auch die Antragsteller selbst noch in ihren ergänzenden Beweisanforderungen vom – zutreffend – ausgegangen.
Dafür spreche im Übrigen auch die Tatsache, dass im Rahmen des "Ibiza-Untersuchungsausschusses" genau zu diesem Thema – konkret zum Vorgehen bei der Auswertung der Chats des MMag. T. S. – am eine Konsultationsvereinbarung folgenden Inhalts abgeschlossen worden sei:
"Auf Grund der hohen Anzahl der Chats des MMag. T[.] S[.] ist eine Auswertung durch die WKStA und somit eine Einschätzung, ob durch eine Vorlage an den Untersuchungsausschuss Ermittlungen beeinträchtigt werden könnten, nur fortlaufend möglich. Es wird aus diesem Grund vereinbart, dass die Vorlage der jeweiligen Auswertungsergebnisse im Umfang des Untersuchungsgegenstandes gesammelt zum letzten Tag des Monats erfolgt. Für den Fall, dass die Vorlage der Auswertungsergebnisse zu einer konkreten Gefährdung der Ermittlungsarbeit führen würde, wird seitens der Bundesministerin für Justiz jeweils die Einleitung eines Konsultationsverfahrens angeregt werden."
Um der Vorlagepflicht an den Untersuchungsausschuss unter der gebotenen Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen dennoch in angemessener Frist nachkommen zu können, sei seitens der Bundesministerin für Justiz eine Aufstockung des (Hilfs-)Personals veranlasst worden. Da aber das Ergebnis der Prüfung der Chats einerseits auf deren strafrechtliche Relevanz, anderseits auf deren abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand von den zuständigen SachbearbeiterInnen (nämlich den mit der Führung der Ermittlungen befassten OberstaatsanwältInnen) begleitet bzw überprüft werden müsse, weil nur sie die nötige Kenntnis der Sachzusammenhänge hätten, könne das Problem durch eine Personalaufstockung allein nicht vollends gelöst werden ("Flaschenhalseffekt").
Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass und weshalb den drei auf Datenauswertungen gerichteten ergänzenden Beweisanforderungen vom und vom nicht gleichzeitig entsprochen werden könne: Nur die mit den Ermittlungen im "Ibiza-Komplex" betrauten SachbearbeiterInnen der WKStA könnten beurteilen, ob durch das Bekanntwerden einzelner Chat-Nachrichten die laufenden Ermittlungen berührt würden. Die Anzahl der mit den Ermittlungen befassten (Ober-)StaatsanwältInnen sei aber naturgemäß begrenzt und könne auch nicht beliebig vergrößert werden. Zudem würde eine noch stärkere Bindung von (für die Auswertung erforderlichen) StaatsanwältInnen zur Auswertung von Chats für den Untersuchungsausschuss dazu führen, dass die durch die für den Untersuchungsausschuss vorzunehmenden Auswertungen bereits jetzt sehr stark belasteten StaatsanwältInnen ihrer verfassungsrechtlich verankerten Funktion, als Organe der Gerichtsbarkeit Ermittlungsverfahren unter Beachtung des Beschleunigungsgebots bzw des Art6 EMRK zu führen, nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen könnten.
Wie wichtig aber eine sorgfältige Prüfung des vorhandenen Datenmaterials – sowohl auf eine Relevanz für den Untersuchungsausschuss als auch auf eine allfällige strafrechtliche Relevanz – vor einer Übermittlung der Auswertungsergebnisse an den Untersuchungsausschuss sei, könne an zwei Ereignissen exemplarisch aufgezeigt werden:
– Im Mai 2021 seien die mit Datenauswertungen für den Ibiza-Untersuchungsausschuss befassten MitarbeiterInnen der WKStA von zwei Abgeordneten zum Nationalrat angezeigt worden, weil sie dem Ibiza-Untersuchungsausschuss einige inhaltlich für den Untersuchungsgegenstand vermeintlich nicht relevante Chatprotokolle vorgelegt und dadurch §310 Abs1 StGB verwirklicht haben sollten.
– Die WKStA sei im Rahmen der erforderlichen Chat-Auswertungen erst kürzlich auf Nachrichten gestoßen, die eine potentielle Ermittlungsgefährdung mit sich bringen und daher noch nicht vorgelegt werden könnten.
Zusammengefasst ergebe sich für die Justizbehörden daher im Zusammenhang mit den verlangten Datenauswertungen folgende Sachlage:
– In den noch anhängigen, zum "Ibiza-Komplex" gehörenden Verfahren seien auf Grund von Zwangsmaßnahmen nach der StPO Datenmengen in außerordentlichem Umfang sichergestellt worden. Diese Daten sollten im Sinne der ergänzenden Beweisanforderungen vom und vom ausgewertet und die Auswertungsergebnisse dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vorgelegt werden.
– Würden die Justizbehörden die ihnen vorliegenden, im Rahmen von Zwangsmaßnahmen nach der StPO sichergestellten Datenbestände ungeprüft an den Untersuchungsausschuss übermitteln, würden sie sich potentiell dem Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §310 StGB aussetzen.
– Eine Weitergabe noch nicht gesichteter, in einem Ermittlungsverfahren nach der StPO sichergestellter Daten berge außerdem die konkrete Gefahr, dass dadurch die Ermittlungen in den relevanten Verfahren berührt würden.
– Für eine sorgfältige Prüfung der Daten auf deren Relevanz für den Untersuchungsgegenstand und das Ermittlungsverfahren bedürfe es notwendigerweise eines/einer mit den (teils durchaus komplexen) Sachzusammenhängen vertrauten, folglich eines/einer mit dem Ermittlungsverfahren befassten (Ober-)Staatsanwaltes/-anwältin der WKStA. Diese stünden nur in einer begrenzten Zahl zur Verfügung.
– Die WKStA habe gleichzeitig auch die bei ihr anhängigen Ermittlungsverfahren zügig weiterzuführen, um nicht Grundsätze des Strafverfahrens (Beschleunigungsgebot) und Rechte der Beschuldigten (Art6 EMRK) zu verletzen.
Seitens der Bundesministerin für Justiz habe die Bereitschaft bestanden (diese bestehe nach wie vor), die angeforderten Daten vollständig zu liefern. Aus den genannten, dem Untersuchungsausschuss auch entsprechend kommunizierten Gründen sei eine gleichzeitige Auswertung der ergänzenden Beweisanforderungen vom und vom aber nicht möglich, weshalb die Reihenfolge der von der WKStA durchzuführenden Chat-Auswertungen im Konsultationswege geklärt werden müsse.
Eine entsprechende Vorgabe durch den Untersuchungsausschuss liege bislang nicht vor. Ohne entsprechende Vorgabe werde eine Auswertung – wie von Seiten des Bundesministeriums für Justiz bereits in der Konsultationssitzung am mitgeteilt worden sei – nach dem objektiven Kriterium des zeitlichen Einlangens der Beweisanforderungen erfolgen.
Da die in der 3. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses wirksam gewordenen Beweisanforderungen vom Gegenstand eines offenen Konsultationsverfahrens seien, seien die Anträge nach Art138b Abs1 Z4 B-VG als unzulässig zurückzuweisen.
3.5. Fehlen der formalen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Art138b Abs1 Z4 B-VG:
Da eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA den äußersten Rahmen des durch einen etwaigen Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG konkretisierten Prozessgegenstandes des Verfassungsgerichtshofes bilde, habe sie hinreichend bestimmt zu sein, um einerseits dem vorlagepflichtigen Organ die Erfüllung seiner Vorlageverpflichtung bzw seiner Behauptungs- und Begründungspflicht im Falle der Nicht- oder teilweisen Vorlage von angeforderten Akten und Unterlagen sowie andererseits dem Verfassungsgerichtshof die Nachprüfung zu ermöglichen, ob sich ein nachfolgender Antrag innerhalb dieses Rahmens halte ( UA 5/2021).
Der den vorliegenden "Anträgen" gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG zugrunde liegenden, in der 11. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am wirksam gewordenen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA fehle es jedoch an ausreichender Bestimmtheit.
Die Aufforderung betreffe "beide ergänzende Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP vom (Beilage VI. und VII.)". Es werde nicht konkret dargelegt, inwiefern die Bundesministerin für Justiz ihren Verpflichtungen auf Grund der ergänzenden Beweisanforderungen nicht nachgekommen sei. Vielmehr begnügten sich die Antragsteller mit der pauschalen Behauptung, die Bundesministerin für Justiz hätte die Durchführung der verlangten Erhebungen verweigert.
Diese Behauptung werde jedoch ausdrücklich bestritten.
Der Untersuchungsausschuss sei am von der Bundesministerin für Justiz darüber informiert worden, dass MMag. T. S. zu 16 der in den ergänzenden Beweisanforderungen vom namentlich genannten Personen (zumindest einmal) Chat-Kontakt gehabt habe und in diesem Zusammenhang insgesamt rund 1.800 Nachrichten entstanden seien.
Im AB 439 BlgNR 25. GP, 5 heiße es:
"Bei 'Erhebungen' handelt es sich grundsätzlich und in Entsprechung mit dem bisherigen Verständnis in der österreichischen Rechtsordnung um mehr allgemein gehaltene Aufklärungen und Informationen, die ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Form oder Art eines Beweises in der Regel schriftlich von einer anderen Stelle eingeholt werden. Die ersuchten Organe haben die Pflicht, dem Untersuchungsausschuss auf sein Ersuchen zu antworten. Sie können in diesem Zusammenhang auch Akten und Unterlagen übermitteln. Sie sind dazu aber nicht unmittelbar verpflichtet, sondern können dem Ersuchen auch auf andere Weise entsprechen. […] Bei der Ausgestaltung des Verfahrens des Untersuchungsausschusses und in der Praxis des Untersuchungsausschusses soll dabei auf Problemstellungen, die sich im Zusammenhang mit Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden ergeben, durch ein Konsultationsverfahren Bedacht genommen werden."
Da auf Erhebungsersuchen insofern keine bestimmte Art einer Antwort geschuldet werde, werde darauf hingewiesen, dass dem Untersuchungsausschuss sehr wohl geantwortet worden sei. Die Aufforderung nach §27 Abs4 VO-UA sei somit unzulässig, weil der zugrunde liegenden ergänzenden Beweisanforderung vom (Beilage VII.) in diesem Sinne tatsächlich entsprochen worden sei. Da dem Verfassungsgerichtshof eine (einschränkende) Interpretation der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA verwehrt sei und diese auch nicht näher darlege, welche Teile der beiden umfassten ergänzenden Beweisanforderungen unerfüllt seien, sei der äußerste Rahmen des verfassungsgerichtlichen Verfahrens und somit dessen Prozessgegenstand nicht hinreichend bestimmt und erwiesen sich die Anträge insofern als unzulässig (vgl KR1/2017).
Die vorliegenden ergänzenden Beweisanforderungen und die vorliegende Aufforderung nach §27 Abs4 VO-UA bestimmten zudem auch keinen Zeitraum, aus welchem die Daten geliefert werden sollten. Die ergänzende Beweisanforderung zu Beilage VI. umfasse zudem jeglichen vorliegenden Datenbestand. Mangels Konkretisierung in zeitlicher und sachlicher Hinsicht seien die Beweisanforderungen und die auf ihnen aufbauende Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA weder genau bestimmt, noch genau bestimmbaren Umfangs (vgl VfSlg 19.910/2014; KR1/2017).
Die vorliegenden "Anträge" gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG erwiesen sich daher auch aus diesem Grund als unzulässig.
4. Der Präsident des Nationalrates hat auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes drei Ergebnisprotokolle der Besprechungen im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vom 28. Jänner, 24. März und sowie eine Konsultationsvereinbarung vom vorgelegt und Folgendes mitgeteilt:
4.1. Die Bundesministerin für Justiz habe in ihren Schreiben vom 9. und einen dringenden Konsultationsbedarf zur Frage der Reihenfolge der von der WKStA durchzuführenden Chatauswertung aufgezeigt. Demnach sei eine Parallelauswertung des Verlangens vom und jener vom ohne erheblichen zeitlichen Mehraufwand nicht möglich. Seitens des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses sei folglich ein entsprechendes Konsultationsverfahren eingeleitet worden.
4.2. Bereits zuvor, am , habe eine Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens mit Vertretern des Bundesministeriums für Justiz, der Fraktionen, des Büros des Präsidenten des Nationalrates und dem Verfahrensrichter stattgefunden. Neben anderem sei darin die Reihenfolge der Auswertung des Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung vom im Hinblick auf die weiteren Verlangen vom thematisiert worden. Am sei zwischen dem Vorsitzenden des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses und der Bundesministerin für Justiz eine Konsultationsvereinbarung geschlossen worden, in der jedoch nicht auf die Reihenfolge der Chatauswertungen eingegangen worden sei.
4.3. Eine weitere Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens habe am mit der Bundesministerin für Justiz, den FraktionsführerInnen und deren Vertretern, der stellvertretenden Verfahrensrichterin, der Verfahrensanwältin und dem Präsidenten des Nationalrates stattgefunden. Die Vertreter des Bundesministeriums für Justiz hätten darin ausgeführt, dass es auf Grund der großen Datenmenge an Chats nicht möglich sei, die ergänzenden Beweisanforderungen vom und vom gleichzeitig auszuwerten. Daher sei aus Sicht der Vertreter der Justiz ein Auftrag der Fraktionen des Untersuchungsausschusses mit einer Reihenfolge zur Auswertung erforderlich. Im Sinne des Beschleunigungsgebots habe das Bundesministerium für Justiz seiner Hauptaufgabe (der Ermittlungstätigkeit) nachzukommen und könne nicht alle seine Ressourcen für den Untersuchungsausschuss aufbringen. Unter den Fraktionen habe auch in dieser Besprechung keine Einigung zu einer Reihung der Datenauswertung erzielt werden können. Abschließend sei vom Vorsitz festgehalten worden, dass man sich auf Referentenebene im Untersuchungsausschuss um eine Lösung bemühen möge.
4.4. Eine Einigung zwischen den Fraktionen des Untersuchungsausschusses über die Reihenfolge der Auswertungen der ergänzenden Beweisanforderungen habe auch im Rahmen einer Besprechung vom auf Referentenebene nicht erzielt werden können.
5. In ihrer ergänzenden Äußerung vom hat die Bundesministerin für Justiz darauf hingewiesen, aus dem vom Präsidenten des Nationalrates vorgelegten, im Bundesministerium für Justiz bis dato nicht bekannt gewesenen Ergebnisprotokoll der Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vom ergebe sich, dass die Konsultationen – entsprechend der Vereinbarung in der Sitzung am – parlamentsintern auf ReferentInnenebene weitergeführt worden seien. Als Ergebnis dieser Besprechung sei ausdrücklich festgehalten worden, dass eine Einigung auf eine Reihung der Auswertung zwischen den Fraktionen, vertreten durch ihre ReferentInnen, nicht erfolgt sei, Gespräche diesbezüglich aber zwischen den Fraktionsführern fortgesetzt werden sollten. Die Bundesministerin für Justiz sei weder über das Ergebnis der Besprechung vom noch über ein allfälliges Ergebnis von Gesprächen zwischen den Fraktionsführern verständigt worden. Das nunmehr vorgelegte Protokoll bestätige demnach, dass die Konsultationen iSd §58 Abs2 VO-UA betreffend die (Reihenfolge der) Datenauswertungen nach wie vor offen seien. Der dessen ungeachtet am eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG erweise sich daher – wie auch schon in der Äußerung vom im Einzelnen dargestellt – als unzulässig.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs.
1.2. Nach Art53 Abs3 erster Satz B-VG haben ua alle Organe des Bundes einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Gemäß §27 Abs1 erster Satz und Abs3 VO-UA haben ua Organe des Bundes Beweisbeschlüssen iSd §24 leg cit und ergänzenden Beweisanforderungen iSd §25 leg cit unverzüglich zu entsprechen, bei einem Nicht- oder teilweisem Entsprechen ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten. Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß §27 Abs1 oder 3 VO-UA nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ gemäß §27 Abs4 leg cit (schriftlich begründet) auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen.
Nach §27 Abs5 leg cit entscheidet der Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist des §27 Abs4 VO-UA anruft oder der Ausschuss eine Anrufung auf Grund eines schriftlichen Antrages nach Ablauf der Frist des §27 Abs4 leg cit beschließt. Ein solcher Antrag ist nach §56f Abs1 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 VO-UA zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach §56f Abs3 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.
1.3. In der 11. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am wurde die Bundesministerin für Justiz gemäß §27 Abs4 VO-UA (näher begründet) aufgefordert, binnen zwei Wochen den beiden ergänzenden Beweisanforderungen eines Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu entsprechen.
1.4. Nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach-)Frist des §27 Abs4 VO-UA können binnen zwei Wochen von allen dazu Berechtigten Anträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden (vgl §27 Abs5 leg cit und §56f Abs1 VfGG). Der am von zumindest vier (die Frage der Antragslegitimation der übrigen vier Einschreiter kann angesichts der Ausschussgröße von 13 Abgeordneten offen bleiben) Mitgliedern des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG erweist sich somit als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses eingebracht.
1.5. Der Begriff der Meinungsverschiedenheit wird für Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG – anders als für jene nach Art126a B-VG (vgl §36a Abs1 VfGG) – nicht definiert. Das Konzept des (Verfassungs-)Gesetzgebers, das Art53 Abs3 und Art138b Abs1 Z4 B-VG zugrunde liegt und das in §27 VO-UA sowie in §56f VfGG näher ausgestaltet wird, lässt jedoch deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof auf Antrag über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen ua über die Verpflichtung erkennt, Ersuchen um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nachzukommen, im konkreten Fall die Auswertung des vorliegenden Datenbestandes auf näher umschriebene Korrespondenzen. Einem solchen Antrag hat zwingend die an das Organ gerichtete (schriftlich begründete) Aufforderung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder voranzugehen, innerhalb einer (Nach-)Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur unverzüglichen Entsprechung von Beweisbeschlüssen und/oder ergänzenden Beweisanforderungen nachzukommen, wenn das Organ dieser (in der Aufforderung näher zu umschreibenden) Verpflichtung nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder bis dahin nicht oder ungenügend nachgekommen ist. Diese Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA stellt den äußersten Rahmen eines möglichen Gegenstandes des Verfahrens nach Art138b Abs1 Z4 B-VG dar. Ein Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs an den Verfassungsgerichtshof konkretisiert schließlich das Vorliegen und den Umfang der Meinungsverschiedenheit und damit den Prozessgegenstand im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Gegenstand seiner Entscheidung ist jedenfalls durch den Umfang der Meinungsverschiedenheit begrenzt (vgl zuletzt UA4/2021 mwN).
1.6. Mit seinem Antrag begehrt das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses,
"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, die Bundesministerin für Justiz ist verpflichtet, den beiden ergänzenden Beweisanforderungen zum Untersuchungsausschuss 4/US XXVII.GP vom , und zwar
•Beilage VI. und
•Beilage VII.
unverzüglich nachzukommen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss vollständig vorzulegen."
1.7. Sowohl aus dem Verlangen gemäß §27 Abs4 VO-UA (samt Begründung) als auch aus dem vorliegenden Antrag (samt Begründung) geht in hinreichend konkreter Weise hervor, dass sich der Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG jedenfalls auch auf die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Begründung für die nicht unverzüglich erfolgte Durchführung der mit den beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen vom ersuchten Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand bezieht.
Der Antrag erweist sich daher insoweit als zulässig.
1.8. Mit einem am wirksam gewordenen Verlangen wurde die Bundesministerin für Justiz aufgefordert, den beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen vom zu entsprechen, in denen sie wiederum in mehreren Punkten um die "Auswertung des vorliegenden Datenbestands" ersucht worden war. Nicht vom erwähnten Verlangen gemäß §27 Abs4 VO-UA umfasst – und damit außerhalb des äußersten Rahmens des vorliegenden Verfahrens gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG – ist das Begehren im vorliegenden Antrag, "die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss vollständig vorzulegen".
Der Antrag erweist sich daher insoweit schon aus diesem Grund als unzulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die nicht unverzüglich erfolgte Durchführung der mit den beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen vom ersuchten Erhebungen aus den gegenüber dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vorgebrachten Gründen zu Recht erfolgt ist oder nicht.
2.2. Die einschreitenden Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vertreten zusammengefasst die Meinung, ein Viertel der Mitglieder dieses Untersuchungsausschusses habe gegenüber der Bundesministerin für Justiz – nach dem sie ua mit Schreiben vom mitgeteilt habe, dass eine unverzügliche Erfüllung der beiden Verlangen vom nicht erfolgen werde – zulässigerweise eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA veranlasst; diese sei näher begründet worden; darin werde auch die konkrete Meinungsverschiedenheit aufgezeigt. Die Weigerung, den ergänzenden Beweisanforderungen vom unverzüglich nachzukommen, sei rechtswidrig, weil sie ohne substantiierte Begründung erfolgt sei (Ressourcenknappheit und die fehlende Angabe der Reihenfolge der Entsprechung von Erhebungsersuchen stellten keine Gründe für die Annahme eines Konsultationsbedarfes dar; es sei keine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen worden; Ausnahmen von der Vorlagepflicht gemäß Art53 Abs3 letzter Satz und Abs4 B-VG lägen auch nicht vor).
Die Bundesministerin für Justiz habe keinen der Umstände geltend gemacht, bei deren Vorliegen die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berührt werden könnte, sondern einen Konsultationsbedarf vermeint, weil eine gleichzeitige Auswertung der Verlangen vom und vom wegen mangelnder Ressourcen nicht möglich sei. Ressourcenknappheit sei nach dem eindeutigen Wortlaut des §58 Abs2 VO-UA kein gesetzlicher Grund, der einen Konsultationsbedarf auszulösen vermöge (würde man die genannte Bestimmung anders verstehen, könnte das Selbstinformationsrecht des Untersuchungsausschusses ausgehebelt werden, indem sich die Bundesministerin für Justiz ihrer Vorlageverpflichtung durch "Hinausschieben" entziehe). Selbst wenn Ressourcenknappheit ein Grund für die Auslösung des Konsultationsverfahrens bzw für die Nichtvorlage von Akten und Unterlagen wäre, habe es die Bundesministerin für Justiz unterlassen, die vorgebrachten Gründe so detailliert auszuführen, dass die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen könnten, aus welchen Gründen den in Rede stehenden Erhebungsersuchen nicht entsprochen werden könne. Alle vorlagepflichtigen Organe hätten ihren Pflichten gemäß Art53 Abs3 B-VG zu entsprechen (die von der Bundesministerin gewählte Interpretation des §58 VO-UA würde zu einer unsachlichen Privilegierung gegenüber allen anderen vorlagepflichtigen Organen führen); eine faktische Unmöglichkeit ändere nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nichts an der rechtlichen Verpflichtung zur Entsprechung von ergänzenden Beweisanforderungen. Erst nachdem die Bundesministerin für Justiz die beantragten Erhebungen durchgeführt habe, könne man an ein Konsultationsverfahren denken (eine Konsultationsvereinbarung könne sich auf die Vorlage von Ergebnissen von Erhebungen beziehen; die Durchführung der Erhebungen müsse unverzüglich erfolgen).
Es bestehe keine gesetzliche Regelung, nach der zeitlich früher wirksam gewordenen Beweisanforderungen vor später wirksam gewordenen zu entsprechen sei. Zudem könne die Frage einer möglichen Reihung von sich überschneidenden ergänzenden Beweisanforderungen nicht Gegenstand eines Konsultationsverfahrens sein. Die Mitglieder eines Untersuchungsausschusses seien auch rechtlich nicht dazu verpflichtet, sich auf eine Reihung der Bearbeitung von mehreren Beweisanforderungen zu einigen.
Entgegen der von der Bundesministerin für Justiz vertretenen Meinung sei eine Fristsetzung betreffend ein ergänzendes Beweisverlangen nicht zwingend; werde keine Frist gesetzt, sei ergänzenden Beweisanforderungen unverzüglich zu entsprechen. Jedenfalls sei der seit den Verlangen vom verstrichene Zeitraum mehr als nur angemessen, um 1.800 identifizierte Nachrichten auszuwerten.
2.3. Demgegenüber vertritt die Bundesministerin für Justiz zusammengefasst die Ansicht, es sei keine Meinungsverschiedenheit entstanden, zu deren Klärung der Verfassungsgerichtshof angerufen werden könne. Die Bundesministerin für Justiz habe zu keinem Zeitpunkt ihre Verpflichtung bestritten oder sich geweigert, den in Rede stehenden Beweisanforderungen nachzukommen, sondern habe diese Verpflichtung anerkannt und ihre Bereitschaft erklärt, allen Beweisanforderungen zu entsprechen. Tatsächlich liefere sie in Entsprechung der an sie gerichteten Beweisverlangen nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens fortlaufend die verlangten Informationen an den Untersuchungsausschuss.
Selbst wenn nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes eine Meinungsverschiedenheit vorliegen sollte, sei der vorliegende Antrag weder ausreichend bestimmt noch bestimmbar. In einem Verlangen vom werde die Bundesministerin für Justiz ersucht, durch die WKStA für den Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand Erhebungen im Sinne von Auswertungen des ihr vorliegenden Datenbestandes durchzuführen, ohne dass dargelegt werde, welche Datenträger gemeint seien oder um in welchen Verfahren sichergestellte Datenträger es sich handle. Schätzungsweise lägen in Summe mindestens 385.000 Chatnachrichten und jedenfalls 774.000 E-Mails vor. Es sei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht erkennbar, wie viele und welche Daten vom vorliegenden Antrag überhaupt erfasst seien.
Die im vorliegenden Fall relevanten Beweisanforderungen vom enthielten keine Lieferfrist, weshalb auch keine Leistungsverpflichtung durch die Bundesministerin für Justiz vorliege. Eine Vorreihung (das objektive Kriterium des zeitlichen Einlangens sei auch in der Vergangenheit in derartigen Konstellationen herangezogen worden) der am wirksam gewordenen Verlangen würde eine Leistungspflichtverletzung der Bundesministerin für Justiz im Hinblick auf das am wirksam gewordene Verlangen bedeuten, das eine Leistungsfrist enthalte ("jeweils zum Monatsletzten, erstmalig mit Ende Jänner 2022").
Die beiden in Rede stehenden Verlangen vom seien nach wie vor Gegenstand offener Konsultationen (das ergebe sich auch aus einem der Bundesministerin für Justiz erst im Laufe des verfassungsgerichtlichen Verfahrens bekannt gewordenen Ergebnisprotokoll der Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vom ); ein Konsultationsbedarf bestehe nach wie vor. Die im "Ibiza-Komplex" sichergestellten und nunmehr auszuwertenden Daten hätten einen enormen Umfang; die Verlangen würden sich zum Großteil nicht auf bestehende Akten und Unterlagen sondern auf Daten beziehen, die erst verschriftlicht und ausgewertet werden müssten. Diese Daten müssten nicht nur auf ihre Relevanz für den Untersuchungsgegenstand, sondern auch auf ihre Relevanz für die strafrechtlichen Ermittlungen geprüft werden; noch nicht gesichtete Daten könnten naturgemäß auch Informationen enthalten, die die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden berührten (zudem könnte eine ungeprüfte Übermittlung zum Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäß §310 StGB führen). Die Antragsteller selbst seien in ihren ergänzenden Beweisanforderungen – zutreffend – davon ausgegangen, dass das Vorgehen bei (von den Staatsanwaltschaften in Entsprechung von Erhebungsersuchen parlamentarischer Untersuchungsausschüsse durchzuführenden) Datenauswertungen sehr wohl Gegenstand eines Konsultationsverfahrens sein könne (genau zu diesem Thema sei im Rahmen des Ibiza-Untersuchungsausschusses eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen worden). Die vorgenommene Personalaufstockung könne das Problem nicht vollends lösen, weil das Ergebnis der Prüfung der Chats von den mit der Führung der Ermittlungen befassten OberstaatsanwältInnen begleitet bzw überprüft werden müsse ("Flaschenhalseffekt"). Eine noch stärkere Bindung von ohnedies durch die für den Untersuchungsausschuss vorzunehmenden Auswertungen bereits sehr stark belasteten StaatsanwältInnen würde dazu führen, dass diese ihrer verfassungsrechtlich verankerten Funktion, als Organe der Gerichtsbarkeit Ermittlungsverfahren unter Beachtung des Beschleunigungsgebotes bzw des Art6 EMRK zu führen, nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen könnten.
Der dem vorliegenden Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG zugrunde liegenden, am wirksam gewordenen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA fehle es an ausreichender Bestimmtheit, weil nicht konkret dargelegt werde, inwiefern die Bundesministerin für Justiz ihren Verpflichtungen auf Grund der ergänzenden Beweisanforderungen nicht nachgekommen sei. Die pauschale Behauptung, die Bundesministerin für Justiz habe die Durchführung der verlangten Erhebungen verweigert, werde ausdrücklich bestritten. Nach den Materialien (AB 439 BlgNR 25. GP, 5) werde keine bestimmte Art einer Antwort auf Erhebungsersuchen geschuldet. Da dem Untersuchungsausschuss geantwortet worden sei, sei die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA unzulässig, weil der zugrunde liegenden ergänzenden Beweisanforderung vom (Beilage VII.) in diesem Sinne tatsächlich entsprochen worden sei. Dem Verfassungsgerichtshof sei eine einschränkende Interpretation der genannten Aufforderung verwehrt; es werde auch nicht dargelegt, welche Teile der beiden umfassten ergänzenden Beweisanforderungen unerfüllt geblieben seien, sodass der äußerste Rahmen des verfassungsgerichtlichen Verfahrens und somit dessen Prozessgegenstand nicht hinreichend bestimmt sei, was den Antrag insofern unzulässig mache. Die in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen und die Aufforderung nach §27 Abs4 VO-UA bestimmten zudem auch keinen Zeitraum, aus dem die Daten geliefert werden sollten. Mangels Konkretisierung in zeitlicher und sachlicher Hinsicht seien die Beweisanforderungen und die auf ihnen aufbauende Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA weder bestimmt noch genau bestimmbaren Umfangs.
2.4. Gemäß Art138b Abs1 Z6 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates und dem Bundesminister für Justiz über das Erfordernis und die Auslegung einer Vereinbarung über die Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden auf Antrag des Untersuchungsausschusses oder des Bundesministers für Justiz. Anders als in Verfahren nach Art138b Abs1 Z1 bis 5 B-VG wird einer Minderheit kein Antragsrecht für ein Verfahren nach Art138b Abs1 Z6 B-VG eingeräumt.
Gemäß §58 Abs2 VO-UA kann der Bundesminister für Justiz beim Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses die Aufnahme des (vom Vorsitzenden unverzüglich einzuleitenden) Konsultationsverfahrens verlangen, wenn er der Auffassung ist, dass Anforderungen von Akten und Unterlagen, Ersuchen um Beweiserhebungen oder die Ladung von Auskunftspersonen die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berühren. In einer Konsultationsvereinbarung kann nach §58 Abs4 leg cit schriftlich vereinbart werden, dass bei der Festlegung des Arbeitsplanes, der Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Ergebnissen von Erhebungen, der Befragung von Auskunftspersonen und bei Veröffentlichungen des Untersuchungsausschusses auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren durch geeignete Maßnahmen Rücksicht genommen wird; dabei sind die Interessen der Strafverfolgung gegenüber den Interessen der parlamentarischen Kontrolle abzuwägen. Entstehen zwischen dem Untersuchungsausschuss und dem Bundesminister für Justiz Meinungsverschiedenheiten über das Erfordernis oder die Auslegung einer solchen Vereinbarung, kann der Ausschuss gemäß §58 Abs5 VO-UA den Bundesminister für Justiz auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen.
Nach §58 Abs6 VO-UA entscheidet der Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z6 B-VG über das Erfordernis oder die Auslegung einer solchen Vereinbarung, wenn ihn der Untersuchungsausschuss oder der Bundesminister für Justiz nach Ablauf der Frist des §58 Abs5 VO-UA anruft. Ein solcher Antrag ist nach §56h Abs1 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §58 Abs5 VO-UA zwei Wochen vergangen sind.
Wenngleich den Interessen der Strafverfolgung keine Vorrangstellung gegenüber den Aufgaben der wirksamen politischen Kontrolle durch einen Untersuchungsausschuss (vgl VfSlg 20.370/2020, S 183) eingeräumt wird, ergibt sich aus einer Zusammenschau der Kompetenzen des Verfassungsgerichtshofes nach Art138b Abs1 Z4 und 6 B-VG sowie aus den einfachgesetzlichen Regelungen der §§24, 25 und 27 VO-UA sowie §58 leg cit, dass der (Verfassungs-)Gesetzgeber mit den genannten Bestimmungen (unter einem) ein System geschaffen hat, in dem ua den Akten und Unterlagen sowie den Ergebnissen von Beweiserhebungen der Strafverfolgungsbehörden eine Sonderstellung zukommt. Der Bundesminister für Justiz kann – als einziges vorlagepflichtiges Organ – beim Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses die Aufnahme eines Konsultationsverfahrens verlangen, wenn er der Auffassung ist, dass ua Anforderungen von Akten und Unterlagen oder Ersuchen um Beweiserhebungen die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden in bestimmten Ermittlungsverfahren berühren.
Deutlich wird das Gewicht der Interessen der Strafverfolgung insbesondere dadurch, dass der Bundesminister für Justiz und der Untersuchungsausschuss gemäß Art138b Abs1 Z6 B-VG auch die Frage des Erfordernisses einer Vereinbarung an den Verfassungsgerichtshof herantragen können. Bestünde während eines laufenden Konsultationsverfahrens die Möglichkeit, ein Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG zur Durchsetzung von Verlangen oder Beschlüssen erfolgreich anzustrengen, die den Inhalt des Konsultationsverfahrens berühren, verlöre die Klärung des Erfordernisses einer Konsultationsvereinbarung im Rahmen eines Verfahrens gemäß Art138b Abs1 Z6 B-VG ihre eigenständige Bedeutung, weil dessen Zweck damit hinfällig würde.
Ein Konsultationsverfahren, das vom Vorsitzenden auf Verlangen des Bundesministers für Justiz unverzüglich einzuleiten ist, bewirkt grundsätzlich eine Hemmung der Verpflichtungen des Bundesministers für Justiz gemäß §27 Abs1 bis 3 VO-UA, ua diesbezüglichen ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 leg cit unverzüglich vollständig zu entsprechen (diese Verpflichtungen sind im Übrigen mit dem Umfang der sich aus den ergänzenden Beweisanforderungen ergebenden Erhebungen stets in Beziehung zu setzen) sowie seiner Behauptungs- und Begründungspflicht im Falle des Nicht-Entsprechens nachzukommen. Diese Hemmung bleibt in der Regel während eines laufenden Konsultationsverfahrens bestehen.
Mit der bestehenden Hemmung können zeitliche Beeinträchtigungen für die wirksame politische Kontrolle durch den Untersuchungsausschuss (vgl VfSlg 20.370/2020, S 183) verbunden sein; da Art138b Abs1 Z6 B-VG einer Minderheit kein Recht einräumt, eine Meinungsverschiedenheit über das Erfordernis einer Konsultationsvereinbarung zur Entscheidung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, die Rechte einer Minderheit, die Art53 Abs1 und Art138b Abs1 Z4 B-VG sowie die Bestimmungen der VO-UA dieser in Bezug auf Beweiserhebungen und den Gang des Verfahrens einräumen, jedoch ebenso beeinträchtigt werden können, sind derartige Verfahren zügig zu führen und verlieren – auch vor dem Hintergrund der befristeten Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl §53 VO-UA) – spätestens nach drei Monaten die erwähnte hemmende Wirkung (vgl aber Pkt. IV.2.5.).
Wird der Bundesminister für Justiz daher nach Einleitung eines Konsultationsverfahrens und vor Abschluss einer Konsultationsvereinbarung dennoch gemäß §27 Abs4 VO-UA aufgefordert, seinen Verpflichtungen zur Vorlage von Akten und Unterlagen bzw zur Durchführung von Erhebungen zu entsprechen, kann er sein Nicht- oder teilweises Entsprechen mit einem laufenden (eine Dauer von längstens drei Monaten nicht übersteigenden) Konsultationsverfahren begründen. Diesfalls ist einem etwaigen auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag, mit dem der Bundesminister für Justiz verpflichtet werden soll, einem Untersuchungsausschuss einem laufenden Konsultationsverfahren unterliegende Akten und Unterlagen vorzulegen bzw solche Beweiserhebungen durchzuführen, der Erfolg zu versagen.
Im vorliegenden Fall hat die Bundesministerin für Justiz in mehreren Schreiben nach Zustellung der beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen vom die Einleitung eines Konsultationsverfahrens verlangt; in mehreren Besprechungen im Rahmen dieses Verfahrens konnte im Hinblick auf die hier interessierenden Erhebungen (noch) kein Ergebnis erzielt werden, sodass diesbezüglich (noch) keine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen war. Auf diesen Umstand hat die Bundesministerin für Justiz insbesondere auch in ihrem Schreiben vom hingewiesen, das in Beantwortung der dem vorliegenden verfassungsgerichtlichen Verfahren vorangegangenen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA ergangen ist. Da die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz, den in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen vom vollständig zu entsprechen, auf Grund des Konsultationsverfahrens drei Monate lang gehemmt war und sie ihr Nicht-Entsprechen damit ausreichend begründet hat, ist der vorliegende Antrag abzuweisen.
2.5. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:
Der Bundesminister für Justiz ist unmittelbar auf Grund von Art138b Abs1 Z6 B-VG – der mit der darin eröffneten Möglichkeit, eine Meinungsverschiedenheit über das Erfordernis einer Konsultationsvereinbarung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, das Gewicht der Interessen der Strafverfolgung zum Ausdruck bringt – berechtigt, innerhalb der (längstens) dreimonatigen Hemmungsfrist einen Antrag auf Entscheidung über das Erfordernis einer Vereinbarung über die Rücksichtnahme auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, besteht die Hemmung, die mit einem laufenden Konsultationsverfahren verbunden ist, für die Dauer des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof weiter (vgl auch §56h Abs2 VfGG). §58 Abs5 und 6 VO-UA sowie §56h Abs1 VfGG stehen dem – bei verfassungskonformer Interpretation – nicht entgegen.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes: Da die angesprochene Frist von längstens drei Monaten bereits verstrichen ist, steht der Bundesministerin für Justiz nicht mehr die Möglichkeit offen, allein gestützt auf Art138b Abs1 Z6 B-VG ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anzustrengen. Sie trifft daher unverzüglich nach Zustellung des vorliegenden Erkenntnisses in Bezug auf die beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen gegenüber dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss die Verpflichtung, ihrer bestehenden Behauptungs- und Begründungspflicht für das Nicht-Entsprechen (vgl §27 Abs3 VO-UA) nachzukommen (vgl zuletzt UA 4/2021 mwN). Vor dem Hintergrund der von der Bundesministerin für Justiz im Konsultationsverfahren vorgebrachten Gründe hat sie die Verpflichtung, den Untersuchungsausschuss umfassend über den Fortschritt der Erhebungen zu informieren und eine Prognose des erforderlichen Zeitaufwandes nachvollziehbar zu begründen, die auch den Einsatz der Personalressourcen umfasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allfällige von der Bundesministerin für Justiz angenommene Ausnahmen von der Entsprechungsverpflichtung ihre Grundlage in Art53 B-VG haben müssen und entsprechend zu begründen sind; sollte die Bundesministerin für Justiz der Auffassung sein, Verlangen führten dazu, dass die Grenzen der Gewaltentrennung und Funktionsfähigkeit der Vollziehung überschritten werden, hätte sie diese Behauptung entsprechend zu begründen.
Die vorgebrachten Begründungen können bei Vorliegen einer neuen Meinungsverschiedenheit in einem Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG (nach einer neuerlichen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA) vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist zurückzuweisen, soweit er sich auf die Feststellung der Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz zur vollständigen Vorlage der Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen vom an den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss bezieht.
2. Im Übrigen ist der Antrag abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2022:UA1.2022 |
Schlagworte: | VfGH / Untersuchungsausschuss, Nationalrat, Bundesminister, Beweise, email |
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