VfGH vom 16.12.2009, U957/09

VfGH vom 16.12.2009, U957/09

Sammlungsnummer

18970

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Ausweisung des illegal eingereisten nigerianischen Ehemannes einer in Österreich niedergelassenen Unionsbürgerin infolge Anwendung einer den unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes offenkundig widersprechenden innerstaatlichen Regelung; im Übrigen Ablehnung der Beschwerdebehandlung

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung, soweit sie die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria anordnet, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die bekämpfte Entscheidung wird insoweit aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

II. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt, soweit sie sich gegen die Abweisung des Asylantrages und die Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, richtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein am geborener

nigerianischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (im Folgenden: AsylG 1997) der Asylantrag abgewiesen (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs 1 AsylG 1997 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II), und gemäß § 8 Abs 2 AsylG 1997 der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III).

2. Am heiratete der Beschwerdeführer eine in Österreich niedergelassene Staatsangehörige der Tschechischen Republik. Aus dieser Beziehung stammt ein bereits im Dezember 2007 geborenes Kind. Der Beschwerdeführer, seine Ehegattin und das gemeinsame Kind leben im gemeinsamen Haushalt in Österreich.

3. Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom erhobene Berufung (nun Beschwerde) wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom in allen Spruchpunkten abgewiesen. Hinsichtlich der Ausweisung des Beschwerdeführers führte der Asylgerichtshof wie folgt aus:

"... Auch in gemeinschaftsrechtlicher Hinsicht steht einer

Ausweisung des Beschwerdeführers nichts entgegen. Zwar ist unbestritten, dass seine Ehegattin eine in Österreich ansässige tschechische Staatsangehörige, somit EWR Bürgerin ist, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG Gebrauch gemacht hat, demnach korrespondierend zur jüngsten EuGH Judikatur auch dem Beschwerdeführer als Drittstaatsangehörigen, sofern er die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt, ein auf § 54 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) gestütztes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zukäme ( und vom , C-127/08).

In Asylverfahren ist jedoch die Frage der Ausweisung in erster Linie nach dem Asylgesetz der jeweils geltenden Fassung zu beurteilen. Gegenständlicher Antrag wurde am gestellt, demgemäß das AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, zur Anwendung kommt, und eine allfällige Ausweisung in Hinblick auf § 8 Abs 2 leg.cit. zu entscheiden ist. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut heißt es demnach, dass für den Fall einer Abweisung eines Asylantrages und der behördlich festgestellten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat, die Asylbehörde diese Entscheidung mit einer Ausweisung zu verbinden hat. Daraus ist auch aus Sicht des Verfassungsgerichtshofes unmissverständlich zu folgern, dass der Gesetzgeber durch diese zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern beabsichtigt hat, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern. Eine daraus resultierende unterschiedliche Behandlung zwischen Asylwerbern und anderen Fremden wird vom Gesetzgeber auf Grund dieser Besonderheit toleriert und kann dies daher einer positiven Ausweisungsentscheidung nicht entgegen gehalten werden. Daher ist selbst für den Fall, dass der Asylwerber, dessen Antrag abgewiesen wurde, über einen Aufenthaltstitel verfügt, nach § 8 Abs 2 AsylG jedenfalls die Ausweisung auszusprechen. Die Ausweisung ist dann jedoch bis auf weiters, nämlich so lange der Aufenthaltstitel besteht, nicht durchsetzbar, und der Betreffende kann nicht abgeschoben werden (vgl. ua.). ..."

4. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gemäß Art 2 (6. ZP-EMRK), 6 und 8 EMRK geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

5. Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie die Gerichtsakten vor, erstattete keine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II. Die maßgebliche Rechtslage lautet:

1. Die Art 2, 3, 7, 27 und 28 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. 2004

L 158, S 77, (im Folgenden: RL) lauten auszugsweise:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. 'Unionsbürger' jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt;

2. 'Familienangehöriger'

a) den Ehegatten;

b) den Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind;

c) die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird;

d) die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, denen von diesen Unterhalt gewährt wird;

3. 'Aufnahmemitgliedstaat' den Mitgliedstaat, in den sich der Unionsbürger begibt, um dort sein Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt auszuüben.

Artikel 3

Berechtigte

(1) Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinne von Artikel 2 Nummer 2, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.

(2) ...

...

Artikel 7

Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate

(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder

b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder

c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und

- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder

d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.

(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.

(3) - (4) ...

...

KAPITEL VI

Beschränkungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts aus Gründen
der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit

Artikel 27

Allgemeine Grundsätze

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen.

Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

(3) - (4) ...

Artikel 28

Schutz vor Ausweisung

(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) ... "

2. § 8 AsylG 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 101/2003, lautet auszugsweise:

"Subsidiärer Schutz

§8. (1) Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

(2) Ist ein Asylantrag abzuweisen und hat die Überprüfung gemäß Abs 1 ergeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden.

(3) - (4) ..."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde, soweit sie sich gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet richtet, erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie ).

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (vgl. zB. VfSlg. 15.910/2000).

Ein derartiger Widerspruch ist im vorliegenden Fall gegeben:

2.1. Gemäß Art 2 Z 2 der RL ist Familienangehöriger eines Unionsbürgers u.a. der Ehemann einer Unionsbürgerin. Gemäß Art 3 Abs 1 der RL gilt diese für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinn des Art 2 Z 2 der RL, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.

Gemäß Art 27 Abs 1 der RL dürfen die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen (im Sinn des Art 2 Z 2 der RL), ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, ausschließlich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränkt werden. Art 27 Abs 2 der RL legt fest, dass bei der Verhängung von (fremdenpolizeilichen) Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist und ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen berücksichtigt werden darf; strafrechtliche Verurteilungen des Betroffenen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Art 28 Abs 1 der RL normiert, dass der Aufnahmemitgliedstaat insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat berücksichtigt, bevor er eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt.

Schließlich kommt dem Familienangehörigen eines Unionsbürgers, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, gemäß des im vorliegenden Fall relevanten Art 7 Abs 2 der RL ein Aufenthaltsrecht in diesem Mitgliedsstaat zu, sofern er die in Art 7 Abs 1 der RL näher ausgeführten Voraussetzungen erfüllt und den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleitet oder ihm nachzieht.

2.2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein drittstaatszugehöriger Familienangehöriger eines Unionsbürgers auf die RL berufen kann, sprach der , Metock, Slg. 2008, I-06241, Folgendes aus: Ein Drittstaatsangehöriger, der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratet ist, muss sich vor seiner Einreise in den Aufnahmemitgliedstaat nicht rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten haben, um sich auf die Bestimmungen der RL berufen zu können. Vielmehr kann sich der Drittstaatsangehörige, der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratet ist und der diesen Unionsbürger begleitet oder ihm nachzieht, auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen, unabhängig davon, wo und wann die Ehe geschlossen wurde oder wie der betreffende Drittstaatsangehörige in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist ist.

Darüber hinaus präzisierte der , Sahin, die Voraussetzungen, unter denen sich ein Drittstaatsangehöriger auf die RL berufen kann, dahin gehend, dass die RL auch jene Familienangehörigen erfasst, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft erworben oder das Familienleben mit diesem Unionsbürger begründet haben, wobei es keine Rolle spielt, dass sich der Familienangehörige zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Eigenschaft oder der Begründung des Familienlebens nach den asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaates vorläufig in diesem Staat aufhält.

3.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein, stellte einen Asylantrag und heiratete in weiterer Folge eine in Österreich niedergelassene tschechische Staatsangehörige. Mit der angefochtenen Entscheidung wies der Asylgerichtshof in Anwendung des § 8 Abs 2 AsylG 1997 den Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet nach Nigeria aus, nachdem dessen Asylantrag abgewiesen und festgestellt worden war, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Der Asylgerichtshof begründete seine Entscheidung unter Verweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.516/2005 damit, dass gemäß § 8 Abs 2 AsylG 1997 die Ausweisung auch dann auszusprechen sei, wenn ein Asylwerber, dessen Asylantrag abgewiesen wurde, über ein Aufenthaltsrecht für Österreich verfüge, weil er mit einer EWR-Bürgerin, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, verheiratet sei. Jedoch sei die Ausweisung, so lange der Aufenthaltstitel bestehe, nicht durchsetzbar; der Betreffende könne nicht abgeschoben werden.

3.2. Wie sich aus der zitierten Judikatur des EuGH ergibt und wovon auch der Asylgerichtshof ausgeht, kann sich der Beschwerdeführer auf die RL berufen, deren Umsetzungsfrist zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung bereits abgelaufen war und die unmittelbar anwendbar ist (vgl. , van Duyn, Slg. 1974, 1337). Da ein Familienangehöriger einer EWR-Bürgerin, die durch die Wohnsitznahme in Österreich ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, nur unter den Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 der RL ausgewiesen werden darf, hat der Asylgerichtshof eine innerstaatliche gesetzliche Vorschrift (§8 Abs 2 AsylG 1997) angewendet, die offenkundig unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes widerspricht. Eine derartige Gesetzesanwendung steht in einem solchen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch, dass der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Fremden untereinander verletzt ist (vgl. VfSlg. 15.448/1999 und 15.910/2000).

Der Spruchpunkt III der angefochtenen Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

IV. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Asylantrages und die Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, richtet, wird ihre Behandlung abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art 144a B-VG ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144a Abs 2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die Beschwerde behauptet die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte.

Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte [s. etwa EGMR , Fall Soering, EuGRZ 1989, 314 (319); , Fall Vilvarajah ua., ÖJZ 1992, 309 (309); , Fall Hilal, ÖJZ 2002, 436 (436 f.)] davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuweisen - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl. VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997).

Der Asylgerichtshof hat weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen noch sind ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung des genannten Grundrechtes darstellen (vgl. VfSlg. 13.897/1994, 15.026/1997, 15.372/1998, 16.384/2001, 17.586/2005 sowie . Ob ihm sonstige Fehler bei der Rechtsanwendung unterlaufen sind, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen.

Auch ist das Asylverfahren nicht von Art 6 EMRK erfasst (vgl. VfSlg. 13.831/1994).

Die im Übrigen gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, insoweit sie die Abweisung des Asylantrages und die Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, betrifft, abzusehen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88 VfGG. Die

teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde kann dabei außer Betracht bleiben, weil dieser Teil keinen zusätzlichen Prozessaufwand verursacht hat. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- und Eingabegebühr in der Höhe von € 220,- enthalten (vgl. und , U1104/08).

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz und Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.