VfGH vom 18.06.2012, U713/11
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Leitsatz
Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Ausweisung eines nigerianischen Staatsangehörigen nach Nigeria infolge verfassungswidriger Interessenabwägung
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung insoweit, als damit der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK verletzt worden.
Die Entscheidung wird insoweit aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer, ein am geborener nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen und unter einem festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
2. Die dagegen erhobene Berufung wies der Asylgerichtshof nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen am und am ab.
Der Asylgerichtshof begründet seine Entscheidung hinsichtlich des (nicht angefochtenen) Spruchpunktes 1. mit der Unglaubwürdigkeit der vorgebrachten Fluchtgeschichte. In Bezug auf Spruchpunkt 2. wird begründet, dass keine Umstände amtsbekannt seien, dass in ganz Nigeria eine solche Gefahrenlage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Abgesehen von durchwegs lokal begrenzten Auseinandersetzungen sei die Situation in Nigeria jedoch ruhig, sodass eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers infolge von landesweiten Kämpfen nicht bestehe. Es könne auch keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Doppelbestrafung im Zusammenhang mit dem nigerianischen Dekret 33 aufgrund der Verurteilungen des Beschwerdeführers in Österreich erkannt werden. Die Ausweisung (Spruchpunkt 3.) stelle - insbesondere vor dem Hintergrund der strafgerichtlichen Verurteilung - keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Privat- und Familienleben nach Art 8 EMRK dar. Wörtlich führt der belangte Asylgerichtshof dazu aus:
"Der Asylwerber führt in Österreich seit nunmehr
knapp 5 Jahren ein Familienleben mit seiner Ehegattin, A K, geb. , wobei aus dieser Ehe eine nunmehr gemeinsame Tochter, A R, geb. , entstanden ist. Diesbezüglich ist zunächst anzumerken, dass die Ehe des Asylwerbers zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als dessen Asylverfahren in Österreich bereits erstinstanzlich negativ entschieden worden war, sodass ihm sowie seiner Ehegattin daher bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung klar gewesen sein musste, dass der gemeinsame Verbleib in Österreich sehr unsicher sein würde. Vor diesem Hintergrund konnte der Asylwerber nicht begründetermaßen erwarten, in Österreich ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erhalten. Zu berücksichtigen ist weiters, dass auch der Umstand, dass der Asylwerber Vater einer vierjährigen Tochter ist, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, für sich allein keinen Grund für ein Bleiberecht darzustellen vermag, dies umso weniger, als der EGMR im oben zitierten Urteil vom , Omoregie und andere v. Norwegen ausgeführt hat, dass die zum Zeitpunkt der Entscheidung des EGMR etwa einjährige Tochter des dortigen Erstbeschwerdeführers zum Zeitpunkt dessen geplanter Ausweisung in einem anpassungsfähigen Alter sei (siehe hierzu auch die oben zitierte Entscheidung des EGMR vom , Darren Omoregie und andere v. Norwegen), diese Überlegungen sohin in casu wohl auch für das erst vierjährige Kind des Antragstellers gelten müssen. Es wird nicht verkannt, dass der Ehegattin des Asylwerbers sowie den gemeinsamen Kind, welche beide die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und - außer der Beziehung zum Asylwerber als Ehegatten bzw. Vater - keine Anknüpfungspunkte zu Nigeria haben, eine Übersiedlung nach Nigeria nicht zuzumuten sein wird. Jedoch ist im konkreten Fall zu bedenken, dass es der Ehegattin und dem Kind des Asylwerbers zumutbar wäre, im Falle einer Überstellung des Asylwerbers nach Nigeria den familiären Kontakt mit diesem durch regelmäßige dortige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. auch Oz Useinov gg Niederlande, ÖJZ 2007/74).
Der Asylwerber ist nunmehr seit etwa 8 Jahren im Bundesgebiet aufhältig, dies ist ein Zeitraum, der über einen bloß kurzen Aufenthalt jedenfalls hinausgeht. Überdies wird das Gewicht seines Aufenthaltes dadurch gemindert, dass er letztlich wiederum lediglich aufgrund einer ungerechtfertigten Asylantragstellung zum bloß vorläufigen Aufenthalt berechtigt war und sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein musste. Zu seinen Lasten schlägt weiters aus, dass der Asylwerber in Österreich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und aufgrund von Verstößen gegen das SMG zu einer nicht unbeträchtlichen, nämlich einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Dem steht gegenüber, dass der Asylwerber in Österreich Deutschkurse absolviert hat, sich als Fußballspieler im Sportverein Lebring betätigt und in der Kirche 'Mission des Gebetes' engagiert ist. Sonstige Umstände, die eine besondere Integration des Asylwerbers indizieren könnten, sind nicht ersichtlich, sodass bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung insgesamt von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber dem privaten Interesse des Asylwerbers am weiteren Verbleib im Bundesgebiet auszugehen ist und letztlich, insbesondere vor dem Hintergrund der strafgerichtlichen Verurteilung nicht erkannt werden kann, dass die Ausweisung des Asylwerbers einen unverhältnismäßigen Eingriff in dessen Recht auf Privat- und Familienleben gem. Art 8 EMRK darstellen würde." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
3. In seiner Beschwerde gemäß Art 144a B-VG, mit der Spruchpunkt 2. und 3. der angefochtenen Entscheidung bekämpft werden, wird die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Der Beschwerdeführer bringt begründend im Wesentlichen vor, dass er "völlig integriert" sei und führt wörtlich in der Beschwerde aus:
"Der Beschwerdeführer ist völlig integriert. Er
spricht nahezu perfekt die deutsche Sprache, hat nahezu ausschließlich österreichische Staatsbürger als Freunde und hat in Nigeria keinerlei Existenzmöglichkeit mehr. Er führt seit über 5 Jahren ein Familienleben im Bundesgebiet. Seine Ehegattin K A ist österreichische Staatsbürgerin. Die Familie A wohnt gemeinsam in einer Wohnung. Am ist die noch mj R geboren. Eine Ausweisung würde bedeuten, der [M]j den Vater zu nehmen. Faktum ist, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich verurteilt wurde. Allerdings wurde lediglich auf eine teilbedingte Strafe erkannt, nämlich 3 Monate unbedingt und 9 Monate bedingt. Das Fehlverhalten soll nicht bagatellisiert werden, allerdings war Hauptgrund für die Straftaten, dass er selbst drogensüchtig war. Er bekämpft diese Drogensucht seit geraumer Zeit erfolgreich mittels Therapie. Verwiesen wird auf die unter einem vorgelegten Bestätigungen. Die Strafe reichte nicht aus, um ein Aufenthaltsverbot zu verhängen. Die Fremdenpolizei Graz hat kein derartiges Verfahren eingeleitet. Das Privatleben ist nämlich schützenswerter, bedenkt man, dass die 3-monatige unbedingte Freiheitsstrafe schon alleine in Untersuchungshaft verbüßt wurde. Deliktsende war der Juli 2010, sohin vor über 8 Monaten. Der Beschwerdeführer ist völlig drogenabstinent, weshalb kein weiteres strafbares Verhalten zu erwarten ist. Er bereut das seinerzeitige Verhalten. Er wird die ambulante Therapie, die ihm im Strafverfahren nahe gelegt wurde, auch weiter verrichten. Dies ist umso berücksichtigungswürdiger, als dass diese ihm nicht mittels Weisung auferlegt wurde, sondern macht er diese freiwillig. Die Asylbehörde hätte § 86 FPG anzuwenden gehabt. Eine strafrechtliche Verurteilung alleine kann aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht begründen, wenn der Betroffene Familienangehöriger eines Österreichers ist. Ebenso wenig kann eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr begründet werden, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies wäre beispielsweise bei Schlepperei der Fall, bei grenzüberschreitende[m] Menschenhandel[n] oder bei Handeln mit harten Drogen in großer Menge. Hier ging es um Cannabis, was eben darauf zurückzuführen war, dass der Beschwerdeführer selbst drogensüchtig war."
4. Der belangte Asylgerichtshof legte die Verwaltungsakten vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift unter Verweis auf die Begründung in der angefochtenen Entscheidung ab.
II. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
A. Die Beschwerde ist - soweit sie sich gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria richtet - begründet:
1.1. Ein Eingriff in das durch Art 8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Recht ist dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art 8 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn sie der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere einen dem Art 8 Abs 1 EMRK widersprechenden und durch Art 8 Abs 2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat (vgl. VfSlg. 11.638/1988, 15.051/1997, 15.400/1999, 16.657/2002).
1.2. Eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles kann zur Unzulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und somit zu einer Verletzung des Art 8 EMRK führen (vgl. EGMR , Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, newsletter 2006, 26 = ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562, sowie insbesondere jüngst EGMR , Fall Nunez, Appl. 55.597/09, newsletter 3/2011, 169).
2. Im Lichte dessen ist dem Asylgerichtshof bei der Begründung der angefochtenen Entscheidung ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen:
2.1. Wie der Asylgerichtshof zutreffend festgestellt hat, ist gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl. I 122/2009 eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit der Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§8 Abs 3a oder 9 Abs 2 vorliegt. Das Asylverfahren ist für den Beschwerdeführer negativ entschieden worden, seine Ausweisung ist auszusprechen, falls damit kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers verbunden ist. Dabei sind die in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Kriterien anzuwenden. Zutreffend ist auch die Feststellung des Asylgerichtshofes, dass nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR als besonders berücksichtigungswürdig hervorgestrichen wurde, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als die betroffene Person sich bewusst sein musste, dass sie nur über einen unsicheren Aufenthalt verfügte und nicht damit rechnen konnte, im Antragsstaat verbleiben zu können.
2.2. Im Ergebnis ist der Asylgerichtshof zur Auffassung gelangt, dass bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung insgesamt von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet auszugehen sei und letztlich - insbesondere vor dem Hintergrund der strafgerichtlichen Verurteilung - nicht erkannt werden könne, dass die Ausweisung einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers gemäß Art 8 EMRK darstellen würde.
Hinsichtlich des Integrationsgrades berücksichtigt der Asylgerichtshof die Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit nunmehr knapp 5 Jahren ein Familienleben mit seiner (österreichischen) Ehegattin führe und aus dieser Beziehung eine gemeinsame Tochter, welche die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, entstanden sei. Relativiert werde diese Tatsache jedoch durch den Umstand, dass die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als das Asylverfahren des Beschwerdeführers erstinstanzlich bereits negativ entschieden worden war. Nicht verkannt werde, dass der Ehefrau und der Tochter des Beschwerdeführers eine Übersiedlung nach Nigeria nicht zuzumuten sein werde, hingegen sei es wohl zumutbar, im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Nigeria den familiären Kontakt durch regelmäßige dortige Besuche aufrecht zu erhalten.
2.3. Im Lichte der Kriterien des Art 8 Abs 2 EMRK
erweist sich die vom Asylgerichtshof vorgenommene Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers - insbesondere mit Blick auf das Wohl des Kindes des Beschwerdeführers - jedoch aus folgenden Gründen als verfassungswidrig:
Der Asylgerichtshof geht zwar von einer gewissen Integration des Beschwerdeführers und daher davon aus, dass durch die Ausweisung in dessen Privat- und Familienleben eingegriffen werde. Er sieht aber den Effekt der Integration zunächst weitgehend dadurch gemindert, dass der Integrationsgrad im Bewusstsein des unsicheren Aufenthaltsstatus erreicht worden sei. Damit berücksichtigt der Asylgerichtshof aber nicht, dass - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus beruht (vgl. zB VfSlg. 19.086/2010; ferner ) - hier die Integration des Beschwerdeführers während seines einzigen Asylverfahrens in Österreich, welches für den Beschwerdeführer beinahe acht Jahre (in denen keine einzige rechtskräftige Entscheidung ergangen ist) dauerte, erfolgte. Dass dies auf eine schuldhafte Verzögerung durch den Beschwerdeführer zurückzuführen wäre, wurde vom Asylgerichtshof weder dargestellt noch ist es aus den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Akten ersichtlich. Der Umstand, dass zwei mündliche Verhandlungen am und am abgehalten wurden, vermag daran nichts zu ändern.
Wenn der Asylgerichtshof das Gewicht der Integration auf Grund des festgestellten stetigen unsicheren Aufenthaltes des Beschwerdeführers während der Dauer seines Asylverfahren derart gemindert erachtet, dass er eine Verletzung des Art 8 EMRK durch die Ausweisung ausschließt, übersieht er auch, dass es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzung zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung - ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass dem nunmehrigen Beschwerdeführer die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre - beinahe acht Jahre verstreichen (vgl. ).
2.4. Schließlich ist für den Asylgerichtshof die strafgerichtliche Verurteilung wegen §§27 Abs 1 (1., 2. und 8. Fall), 27 Abs 4 (1. Fall) und 28 Abs 1 (5. Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 9 Monate bedingt, ausschlaggebend für das Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Ausweisung des Beschwerdeführers gegenüber den privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet. Damit legt der Asylgerichtshof aber seiner Abwägung einen Maßstab zugrunde, der - vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles - hier mit Art 8 EMRK unvereinbar ist. Der Asylgerichtshof berücksichtigt nicht, dass der Beschwerdeführer, der mit seiner österreichischen Ehefrau eine gemeinsame Tochter hat, das gemeinsame Kind dauernd versorgt, während die Ehefrau berufstätig ist. Zudem hat das Landesgericht für Strafsachen Graz durch die Verhängung einer teilbedingten Strafe zu erkennen gegeben, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers von einer günstigen Prognose auszugehen ist. In den Verwaltungs- und Gerichtsakten sind - was für eine gute Integration des Beschwerdeführers spricht - auch intensive soziale Aktivitäten des Beschwerdeführers dokumentiert (nachhaltiges sportliches Engagement auf Vereinsniveau, eine Arbeitszusage im Falle der Erteilung einer Arbeitserlaubnis u.ä.).
Hiezu kommt zudem, dass der im Fall der Ausweisung drohenden Trennung des Beschwerdeführers von seinem von ihm im Alltag nachweislich versorgten österreichischen Kind, vom Asylgerichtshof nicht hinreichend Rechnung getragen wurde (vgl. dazu ).
Der Asylgerichtshof kommt daher angesichts aller für die Integration des Beschwerdeführers und die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens sprechenden Umstände, denen allein die einmalige strafgerichtliche Verurteilung - wobei das Gericht mit einer teilbedingten Strafe das Auslangen fand - gegenübersteht, mit einer verfassungsrechtlich nicht vertretbaren Abwägung zum Schluss, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung der fremdenpolizeilichen Vorschriften die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiege, was diesen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privatlebens gemäß Art 8 EMRK verletzt.
III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die
angefochtene Entscheidung, soweit damit die Abweisung seiner Beschwerde betreffend die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgesprochen wird, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht aus Art 8 EMRK verletzt worden. Die angefochtene Entscheidung ist daher insoweit aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88
VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
B. Soweit die Beschwerde im Übrigen die Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat bekämpft, wird ihre Behandlung aus folgenden Gründen abgelehnt:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art 144a B-VG ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144a Abs 2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (s. etwa EGMR , Fall Soering, EuGRZ 1989, 314 [319];
, Fall Vilvarajah ua., ÖJZ 1992, 309 [309];
, Fall Hilal, ÖJZ 2002, 436 [436 f.]) davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuweisen - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl. VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997).
Der Asylgerichtshof hat weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen noch sind ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung des genannten Grundrechtes darstellen (vgl. VfSlg. 13.897/1994, 15.026/1997, 15.372/1998, 16.384/2001, 17.586/2005; zu den krankheitsbedingten Gründen vgl. auch VfSlg. 18.407/2008 und ). Ob ihm sonstige Fehler bei der Rechtsanwendung unterlaufen sind, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen.
Die im Übrigen gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer damit die Abweisung die Feststellung der Zulässigkeit seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat bekämpft, abzusehen (§19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG).