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VfGH vom 11.10.2012, U677/12

VfGH vom 11.10.2012, U677/12

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Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan und Ausweisung mangels Auseinandersetzung mit der Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers; im Übrigen Ablehnung der Beschwerdebehandlung

Spruch

I.1. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan sowie gegen die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan durch den Bescheid des Bundesasylamtes vom , Z 11 11.796-BAG, abgewiesen wird, in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

2. Die bekämpfte Entscheidung wird insoweit aufgehoben.

3. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

II. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 38/2011 (im Folgenden: AsylG 2005), ab, gleichzeitig wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 leg.cit. nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

2. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom abgewiesen. Die abweisende Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründet der Asylgerichtshof im Wesentlichen wie folgt:

"3.1.4. Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und männlich. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst wie bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er nach eigenen Angaben bisher als Hilfsarbeiter bzw. Taxifahrer erwerbstätig war.

3.1.5. Es besteht kein reales Risiko, dass der BF im Herkunftsstaat einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen wird.

[...]

3.2. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen und mit

ihren Quellen in Punkt 2. dieses Erkenntnisses angeführten Feststellungen zur Lage in Afghanistan decken sich mit dem Amtswissen des Asylgerichtshofes und werden im Folgenden diesem Erkenntnis zugrunde gelegt. Diese Feststellungen gründen sich auf unbedenkliche, seriöse und aktuelle Quellen und sind schlüssig und widerspruchsfrei. Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Asylgerichtshof von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht fallrelevant wesentlich geändert haben.

Der BF hat diese Feststellungen nicht in

substantiierter Weise bestritten, die Einwände dagegen blieben allgemein, vage, unkonkret und unbelegt.

Dass der BF einem real bestehenden Risiko unterliegen würde, der Todesstrafe unterzogen zu werden, hat sich auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht ergeben und wurde vom BF auch nicht behauptet.

[...]

5. Rechtliche Beurteilung:

[...]

5.2.4.2. Zu § 8 AsylG (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

[...] Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG nicht gegeben sind:

Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Selbst wenn im Herkunftsstaat die Todesstrafe als gesetzliche Strafsanktion für besonders schwere Straftaten vorgesehen ist, so hat sich auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kein reales Risiko ergeben, dass der BF im Herkunftsstaat einer dem 6. bzw. 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen werden würde.

Aus den im Verfahren herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zwar, dass die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, doch variiert dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt.

Was die Sicherheitslage im Raum Kabul betrifft, ist festzuhalten, dass seit August 2008 die Sicherheitsverantwortung für den städtischen Bereich der Provinz Kabul nicht länger in den Händen von ISAF, sondern der afghanischen Armee und Polizei liegt. Diesen ist es nach anfänglichen Schwierigkeiten 2010 gelungen, Zahl und Schwere umgesetzter sicherheitsrelevanter Zwischenfälle deutlich zu reduzieren. Die positive Entwicklung der Sicherheitslage in Kabul erlaubt es mittlerweile sogar, in Abstimmung zwischen der Stadtverwaltung, nationalen und internationalen Sicherheitskräften mit dem Rückbau von Betonbarrieren und Verkehrsbeschränkungen zu beginnen. Die für die Bevölkerung deutlich spürbare Verbesserung der Sicherheitslage im Stadtbereich Kabuls geht weniger zurück auf eine Verminderung der Bedrohung (Anschlagsversuche, Eindringen von Aufständischen usw.), als vielmehr auf die Verbesserung vorbeugender Sicherheitsmaßnahmen. Medienwirksame Anschläge auf Einrichtungen mit Symbolcharakter sind dennoch auch künftig nicht auszuschließen (siehe deutsches Auswärtiges Amt, 'Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan' vom , S. 14).

Beim BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er hat über mehrere Jahre hinweg als Hilfsarbeiter (davon einige Zeit außerhalb Afghanistans) und zuletzt als Taxifahrer gearbeitet, weshalb anzunehmen ist, dass er im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich notfalls erneut mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen.

Hinsichtlich familiärer Anknüpfungspunkte in seiner Heimatprovinz ist auszuführen, dass der BF betreffend den aktuellen Aufenthalt seiner [Familienangehörigen] [...] vage Aussagen tätigte, um offenbar die Existenz von sich möglicherweise in seinem Heimatort nach wie vor aufhaltenden Verwandten zu verschleiern. Es ist daher anzunehmen, dass der BF nach wie vor über ein familiäres Netzwerk in seiner Heimatprovinz verfügt und somit davon ausgegangen werden kann, dass dem BF im Fall der Rückkehr in seinen Heimatort im Rahmen seines Familienverbandes jedenfalls eine wirtschaftliche und soziale Unterstützung (zunächst vor allem mit Wohnraum und Nahrung) zuteil wird. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der BF auch den Großteil seiner bisherigen Lebenszeit in seiner Heimatprovinz verbracht hat und somit mit den dortigen örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten vertraut ist.

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des BF und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde ( Zahl 98/21/0427; , Zahl 2002/18/0028; vgl. dazu auch Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom , Zahl BVerwG 10 C 10.09). Wie der EGMR in seinem Urteil vom , N. vs. Schweden, Zahl 23505/09, Rz 52, ausgeführt hat, stellt sich die Lage in Afghanistan trotz der verfügbaren Berichte über ernste Menschenrechtsverletzungen jedenfalls nicht so dar, dass gleichsam jede Rückkehr nach Afghanistan eine Verletzung der EMRK bedeuten würde, sondern es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob auf Grund der persönlichen Situation des Betroffenen die Rückkehr nach Afghanistan eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellen würde.

Auch wenn in Afghanistan die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, kann im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass es dem BF unter Berücksichtigung seiner oben dargelegten persönlichen Verhältnisse im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durchaus möglich und zumutbar ist, von der Hauptstadt Kabul aus in seinen Heimatort in der Provinz Kunar zu gelangen, wo er nach wie vor über ein soziales bzw. familiäres Netz verfügt. Letztlich steht dem BF ergänzend auch die Möglichkeit offen, sich unmittelbar nach erfolgter Ankunft an in Kabul ansä[ss]ige staatliche, nicht-staatliche oder internationale Hilfseinrichtungen, im Speziellen solche für Rückkehrer aus dem Ausland, zu wenden, wenngleich nicht verkannt wird, dass von diesen Einrichtungen individuelle Unterstützungsleistungen meist nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gewährt werden können.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG in der Fassung FrÄG 2009.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Art 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden. Weder droht dem BF im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG als unbegründet abzuweisen." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144 Abs 1 B-VG (gemeint: Art 144a B-VG) erhobenen Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art 2, 3 und 4 EMRK geltend gemacht, die angefochtene Entscheidung inhaltlich als Willkür gewertet und die kostenpflichtige Aufhebung der Entscheidung beantragt. Begründend wird unter anderem ausgeführt, dass sich die zur Einsicht dargelegten Länderfeststellungen mit einer allfälligen Gefährdungssituation unter Zugrundelegung des dargelegten Sachverhalts zur Gänze nicht auseinandersetzen würden.

4. Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand und beantragte die Beschwerde abzuweisen.

II. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

A. Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde an den Asylgerichtshof betreffend die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan sowie die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan richtet, begründet:

1.1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit.

gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

1.2. Derartige in die Verfassungssphäre reichende

Fehler sind dem Asylgerichtshof unterlaufen:

1.3. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden,

dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit der Versorgung im Zielstaat können unter dem Gesichtspunkt des Art 3 EMRK relevant sein (/2011 mwN).

1.4. Die in der angefochtenen Entscheidung

getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan stützen sich auf die Länderfeststellungen zu Afghanistan des Bundesasylamtes, die im Bescheid vom getroffen wurden. Darauf gestützt stellt der Asylgerichtshof fest, dass die Sicherheitslage von Provinz zu Provinz variiere; die Sicherheitslage im Raum Kabul habe sich gebessert. Feststellungen zur Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers, der im Osten von Afghanistan liegenden Provinz Kunar, trifft der Asylgerichtshof nicht.

1.5. Aus den im Bescheid des Bundesasylamtes

zitierten Quellen geht diesbezüglich lediglich hervor, dass der Anstieg von sicherheitsrelevanten Zwischenfällen zum Teil auf erhebliche Aktivitäten von bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen in den südöstlichen und östlichen Gebieten Afghanistans zurückzuführen sei. Das Gros der militärischen Operationen der ISAF konzentriere sich auf die Provinzen Kunar, Khost, Paktika und Paktia. Weiters ist den im Bescheid wiedergegebenen Länderberichten zu entnehmen, dass für mittellose Männer ohne persönliche Anknüpfungspunkte eine Ansiedlung in Kabul nur unter großen Schwierigkeiten möglich sei.

1.6. Der Asylgerichtshof gelangt in der angefochtenen Entscheidung bezogen auf den Beschwerdeführer zu der Auffassung, dass in Afghanistan zwar die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse nur sehr eingeschränkt möglich sei, es aber dem Beschwerdeführer durchaus möglich und zumutbar sei, von Kabul aus in seine Heimatprovinz Kunar zu gelangen, wo er über ein soziales Netz verfüge.

Die Entscheidung des Asylgerichtshofes ist insofern in sich widersprüchlich: Der Asylgerichtshof geht zwar davon aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimatprovinz Kunar leben könne, mit der dortigen Sicherheitslage - den im Bescheid des Bundesasylamtes abgedruckten Berichten ist zu entnehmen, dass diese nach wie vor kritisch ist und sich in diesem Gebiet auch das Gros militärischer Operationen der ISAF konzentriert - setzt er sich jedoch nicht auseinander. In der angefochtenen Entscheidung wird lediglich festgehalten, dass es dem Beschwerdeführer "durchaus möglich und zumutbar ist, von der Hauptstadt Kabul aus in seinen Heimatort in der Provinz Kunar zu gelangen, wo er nach wie vor über ein soziales bzw. familiäres Netz verfügt". Soweit der Asylgerichtshof die Situation in Kabul schildert, kommt diesen Ausführungen kein Begründungswert zu. Nachdem der Asylgerichtshof davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer in die Provinz Kunar zurückkehren könnte, hätte er sich mit den Länderberichten auseinandersetzen müssen, zumal die Sicherheitslage in Afghanistan, wie der Asylgerichtshof festgestellt hat, von Provinz zu Provinz variiert und sich die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers den im Bescheid des Bundesasylamts wiedergegebenen Berichten zufolge verschlechtert hat. Da der Asylgerichtshof somit jegliche Auseinandersetzung mit einem wesentlichen Aspekt für die Begründung seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vermissen lässt, wurde der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

2. Der Beschwerdeführer ist somit durch die Abweisung der Beschwerde an den Asylgerichtshof betreffend die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Da die Ausweisung aus dem Bundesgebiet die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten voraussetzt, ist die bekämpfte Entscheidung, soweit damit die Beschwerde gegen die verfügte Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan abgewiesen wird, aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

B. Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit damit die Abweisung der Beschwerde an den Asylgerichtshof gegen die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten bekämpft wird, aus folgenden Gründen abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art 144a B-VG ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144a Abs 2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit damit die Abweisung der Beschwerde an den Asylgerichtshof gegen die Abweisung des Asylantrages bekämpft wird, abzusehen (§19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88

VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.