VfGH vom 14.12.2011, U624/11
Sammlungsnummer
19603
Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines als Asylantrag gewerteten Antrags und Ausweisung der Beschwerdeführerin und ihres minderjährigen Sohnes in die Ukraine; völlige Außerachtlassung des Parteivorbringens und des konkreten Sachverhalts
Spruch
1. Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Entscheidungen in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Entscheidungen werden aufgehoben.
2. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 4.800,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien - es handelt sich um eine Frau und ihren minderjährigen (im März 2002 geborenen) Sohn - sind Staatsangehörige der Ukraine. Der (erste) Asylantrag der Mutter sowie der Asylerstreckungsantrag des Sohnes, jeweils gestellt am , wurden mit zwei Bescheiden des Bundesasylamtes vom negativ erledigt: Einerseits wurde der Asylantrag der Mutter abgewiesen, ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine für zulässig erklärt und ihre Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine verfügt. Andererseits wurde der Asylerstreckungsantrag des Sohnes abgewiesen. Rechtsgrundlage war das Asylgesetz 1997, BGBl. I 76/1997 (in näher bezeichneten Fassungen).
1.2. Der von der Mutter erhobenen Beschwerde an den Asylgerichtshof wurde von diesem mit Entscheidung vom hinsichtlich SpruchpunktIII. des an sie ergangenen Bescheides - nämlich hinsichtlich der Verfügung der Ausweisung - stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Die Aufhebung der Ausweisungsentscheidung wurde damit begründet, dass hinsichtlich des Sohnes (sowie hinsichtlich des Ehegatten) der Einschreiterin noch kein Ausspruch über deren Ausweisung getroffen worden sei, weshalb die Ausweisung (allein) der Beschwerdeführerin in deren durch Art 8 EMRK geschütztes Recht auf Familienleben eingreifen würde; für einen solchen Eingriff sei aber keine Rechtfertigung zu erkennen.
Gleichfalls mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom wurde die Beschwerde des Sohnes gegen den an ihn ergangenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.
1.3. In der Folge wurden von der zuständigen Fremdenpolizeibehörde Ausweisungsverfahren gegenüber den beiden beschwerdeführenden Parteien eingeleitet. Diese Verfahren endeten (laut Sachverhaltsschilderung in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof) mit der Erlassung von Ausweisungsbescheiden der Bundespolizeidirektion Wien vom (erste Instanz) bzw. der Sicherheitsdirektion Wien vom (Berufungsinstanz).
1.4.1. Mit Schriftsatz vom (also während der laufenden Berufungsverfahren über die Ausweisungsentscheidungen) stellten beide beschwerdeführende Parteien gemäß § 51 Fremdenpolizeigesetz 2005 idF vor BGBl. I 122/2009 bei der Bundespolizeidirektion Wien einen Antrag auf Feststellung, dass ihre Abschiebung in die Ukraine unzulässig sei. (Zum Wortlaut der Bestimmung s. unten, Pkt. II.)
Das ausdrücklich als "Antrag gemäß § 51 FPG"
bezeichnete Schreiben lautete:
"Die Antragsteller sind im Fall der Abschiebung in die Ukraine gemäß § 50 FPG bedroht.
Dies insbesondere, da der Ehemann bzw. Vater der Antragsteller nach seiner Abschiebung in die Ukraine dort gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt war, welche auch durch Fotos belegt werden können.
Beweis: [...]
Es wird daher der
Antrag
gestellt, festzustellen, dass die Abschiebung der Antragsteller in die Ukraine unzulässig ist."
1.4.2. Weder von der Bundespolizeidirektion Wien noch von anderen Behörden scheint dieser Antrag in den folgenden Monaten bearbeitet worden zu sein. Erst mit Datum ergingen an die beschwerdeführenden Parteien zwei (gleichlautende) Schreiben des Bundesasylamtes (Erstaufnahmestelle Ost), in denen es heißt:
"Ihr schriftlicher Antrag auf Unzulässigkeit der Abschiebung vom gilt gemäß § 51 Abs 2 FPG idgF (ab ) als Antrag auf internationalen Schutz und wurde zuständigkeitshalber an die Erstaufnahmestelle Ost des Bundesasylamtes weitergeleitet.
Der genannte Antrag ist jedoch gemäß § 25 Abs 1 Z 4
AsylG 2005 als gegenstandslos abzulegen, wenn er nicht bei der nächstgelegenen Erstaufnahmestelle persönlich eingebracht wird (der Ausnahmetatbestand des § 17 Abs 3 AsylG 2005 ist in Ihrem Fall nicht erfüllt).
Die persönliche Antragstellung ist bei folgenden Erstaufnahmestellen des Bundesasylamtes möglich:
Erstaufnahmestelle West [...]
Erstaufnahmestelle Ost [...]"
(Anmerkung: Das eben wiedergegebene Schreiben des Bundesasylamtes trägt auf jenen beiden Exemplaren, die im Verfahrensakt aufliegen, das Datum "", auf den zwei von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Exemplaren hingegen das Datum "". In weiterer Folge wird aus Vereinfachungsgründen nur das erstgenannte Datum angeführt.)
1.4.3. Am fand bei der Erstaufnahmestelle Ost (Polizeiinspektion Traiskirchen) eine Befragung der Erstbeschwerdeführerin statt (auf der diesbezüglichen Niederschrift bezeichnet als "Antrag auf internationalen Schutz - Erstbefragung 'Folgeantrag' nach AsylG-Nov durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes"). Der Rechtsvertreter der Einschreiterin war bei der Befragung nicht anwesend.
Laut Niederschrift wurden der Einschreiterin unter anderem folgende Fragen gestellt:
"6. Warum stellen Sie jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag? Was hat sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren (in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat) verändert?"
Die Erstbeschwerdeführerin antwortete darauf, dass ihr Mann am in die Ukraine abgeschoben und dort im Gefängnis schwer misshandelt worden sei. Im Fall ihrer Abschiebung bzw. jener ihres Sohnes habe sie Angst um ihr Leben sowie um jenes ihres Kindes.
Darauf folgt laut Niederschrift die nachstehende Belehrung:
"Belehrung: Ihr Verfahren zu Zl. [...] wurde bereits rechtskräftig entschieden.
In Österreich kann über eine Sache nur ein Mal entschieden werden.
Somit sind für den neuerlichen Asylantrag
ausschließlich neue Gründe entscheidend, die zwischen der Rechtskraft des Vorbescheides (= Abschluss Ihres Vorverfahrens) und dem heutigen Tag entstanden sind."
Frage 7. lautet:
"7. Haben Sie neue Gründe? Welche?"
Die Erstbeschwerdeführerin beruft sich nochmals auf die Abschiebung ihres Ehemannes und dessen behauptete Misshandlungen in der Ukraine.
Frage 12. lautet:
"12. Warum stellen Sie erst jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag?"
Die Einschreiterin antwortete darauf, sie stelle "nun einen neuerlichen Asylantrag", um eine Abschiebung in die Ukraine zu verhindern, da sie Angst um ihr eigenes Leben und um das ihres Kindes habe.
1.4.4. Am richteten die beschwerdeführenden Parteien - nunmehr durch ihren Rechtsvertreter - folgendes Schreiben an das Bundesasylamt:
"[...]
Die Erstantragstellerin wurde am niederschriftlich einvernommen. Diese Niederschrift wurde als Erstbefragung 'Folgeantrag' nach AsylG-Nov bezeichnet, die Erstantragstellerin hat eine 'Information Folgeantrag' erhalten und wurde unter 12. wörtlich gefragt: 'Warum stellen Sie erst jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag?' Auch die Frage 13. wurde missverständlich beantwortet, da kein neuer Antrag gestellt wurde.
Bereits vor dieser Niederschrift war den Antragstellern mitgeteilt worden, dass ihr schriftlicher Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung vom gemäß § 51 Abs 2 FPG als Antrag auf internationalen Schutz gilt und gemäß § 25 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 als gegenstandslos abzulegen ist, wenn er nicht bei der nächstgelegenen Erstaufnahmestelle persönlich eingebracht wird.
Da die Antragsteller am persönlich in der Erstaufnahmestelle Ost anwesend waren, kann dahingestellt bleiben, ob die schriftliche Information vom , wonach der Antrag gemäß § 51 Abs 2 FPG als Antrag auf internationalen Schutz gilt und gemäß § 25 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 als gegenstandslos abzulegen ist, wenn er nicht bei der nächstgelegenen Erstaufnahmestelle persönlich eingebracht wird, zutreffend ist.
Es kann nämlich kein Zweifel daran bestehen, dass gegenständlicher Antrag am formal richtig gestellt wurde und daher seit diesem Zeitpunkt ein Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung anhängig ist. Daran vermag auch das Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009, BGBl. I 122/2009 am nichts zu ändern. § 51 Abs 1 FPG idF BGBl. I 122/2009 trat gemäß § 126 Abs 7 FPG am in Kraft. Der Verweis auf § 25 Abs 1 AsylG geht ins Leere, da Fälle von vor Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009, BGBl. I 122/2009 am zulässiger Weise bei der Fremdenpolizei schriftlich gestellten Anträge[n] gemäß § 51 FPG in dieser Bestimmung nicht berücksichtigt werden.
Da auch eine rückwirkende Anwendung des § 17 Abs 2
AsylG 2005 nicht vorgesehen ist (und im übrigen auch unzulässig wäre) und Übergangsbestimmungen für am bei der Fremdenpolizeibehörde anhängige Verfahren über Anträge gemäß § 51 FPG fehlen, ist davon auszugehen, dass diese Anträge als anhängige Anträge auf internationalen Schutz gelten und von den Asylbehörden weiter zu behandeln sind. Keinesfalls ist aber vom Erfordernis der persönlichen Antragstellung gemäß § 17 AsylG 2005 auszugehen, da gemäß § 13 AVG ein zulässiger Antrag die Parteistellung begründet und die Entscheidungspflicht der Behörde auslöst. Ein rückwirkender Eingriff in bestehende Parteienrechte durch den Gesetzgeber ist unzulässig. Die mit dem Antrag vom vorgelegten Beweismittel sind zu berücksichtigen.
Es liegen daher auch die Voraussetzungen für eine Gebietsbeschränkung nicht vor.
Aus diesen Gründen wird ersucht, den verfahrensgegenständlichen Antrag als am rechtswirksam eingebracht und nicht als Folgeantrag zu behandeln."
1.4.5. Am fand eine neuerliche
Befragung der Erstbeschwerdeführerin beim Bundesasylamt statt, bei der das eben erwähnte Schreiben vom 16. April nicht zur Sprache kam.
Schließlich erließ das Bundesasylamt (gestützt auf das Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005) gegenüber der Erstbeschwerdeführerin einen mit datierten Bescheid. Mit ihm wurde der "Antrag auf internationalen Schutz vom " bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine (Spruchpunkt II.) abgewiesen und die Einschreiterin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Ein gleichartiger Bescheid des Bundesasylamtes vom selben Tag erging gegenüber dem Sohn.
1.5. Gegen diese Bescheide erhoben die
einschreitenden Parteien (mit gemeinsamem Schreiben vom ) Beschwerde an den Asylgerichtshof. In der Begründung wird (neben der Erhebung weiterer Bedenken) das Vorbringen im Schreiben an das Bundesasylamt (s. Wiedergabe oben, Pkt. 1.4.4.) weitgehend wörtlich wiederholt.
Schlussfolgernd heißt es dann in der Beschwerde:
"Es wäre damit von der Erstbehörde nicht über Anträge vom , sondern vom abzusprechen gewesen. Indem die Erstbehörde einen Antrag vom erledigt hat, wurde somit ein nicht existenter Antrag erledigt. Jedenfalls aber liegt ein Mangel des Spruchs vor, da nicht die in Verhandlung stehende Angelegenheit erledigt wurde.
Die angefochtenen Bescheide sind bereits aus diesem Grunde inhaltlich rechtswidrig."
1.6. Der Asylgerichtshof wies mit Entscheidungen vom die Beschwerden gemäß § 3 Abs 1,§ 8 Abs 1 Z 1 und § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 (idF BGBl. I 135/2009) als unbegründet ab.
Er kommt mit näherer Begründung zum Ergebnis, dass es der Erstbeschwerdeführerin (auch) mit ihrem zweiten Asylantrag nicht gelungen sei, glaubhaft, schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, in der Ukraine einer Verfolgung ausgesetzt bzw. ausgesetzt gewesen zu sein. Auch hinsichtlich des minderjährigen Sohnes komme daher eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nicht in Frage; ebenso seien für ihn keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht oder festgestellt worden.
Gleichfalls abgewiesen wurde die Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesasylamtes, soweit sie die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Ausweisung der beschwerdeführenden Parteien in die Ukraine betrifft.
2. Gegen die beiden Entscheidungen des Asylgerichtshofes richtet sich die auf Art 144a B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Die einschreitenden Parteien machen darin die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 390/1973), auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK) sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) geltend und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen.
3. Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor. Von der Erstattung einer Gegenschrift nahm er Abstand und verwies auf die Begründung in den angefochtenen Entscheidungen.
II. Rechtslage
1. Eine zentrale Rolle spielt im vorliegenden Fall § 51 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG 2005), BGBl. I 100/2005.
1.1. Diese Bestimmung lautete in der Fassung vor der Novellierung durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl. I 122, auszugsweise wie folgt:
"Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung
in einen bestimmten Staat
§51. (1) Auf Antrag eines Fremden hat die Fremdenpolizeibehörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 50 Abs 1 oder 2 bedroht ist. [...]
(2) Der Antrag kann nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.
(3) [...]"
1.2. Durch BGBl. I 122/2009 wurde § 51 FPG 2005 neu gefasst. Die Absätze 1 und 2 lauteten danach:
"§51. (1) Während eines Verfahrens zur Erlassung
einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbots, worüber der Fremde zu verständigen ist, ist auf Antrag des Fremden festzustellen, ob die Abschiebung in einen von ihm bezeichneten Staat, der nicht sein Herkunftsstaat ist, gemäß § 50 unzulässig ist.
(2) Bezieht sich ein Antrag gemäß Abs 1 auf den Herkunftsstaat des Fremden, gilt dieser Antrag als Antrag auf internationalen Schutz. Diesfalls ist gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen."
Die Neufassung trat am in Kraft (s. § 126 Abs 7 FPG 2005 idF BGBl. I 122/2009), also nach der Antragseinbringung durch die beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsatz vom .
2. Der im Schreiben des Bundesasylamtes vom erwähnte § 25 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 lautet:
"§25. (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als gegenstandslos abzulegen
1. [...]
4. wenn der Antrag, soweit dies nicht gemäß § 17 Abs 3 zulässig war, schriftlich gestellt wurde."
(§17 Abs 3 AsylG 2005 gestattet in einem bestimmten - in der vorliegenden Sache unbestritten nicht relevanten - Fall auch eine schriftliche Antragstellung.)
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. In der Sache
1.1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist. Eine Verletzung dieses Grundrechts liegt unter anderem vor, wenn die Behörde Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.
1.2. Ein solches willkürliches Verhalten ist dem belangten Asylgerichtshof vorzuwerfen:
1.2.1. Die beschwerdeführenden Parteien haben am - gestützt auf § 51 FPG in der damals geltenden Fassung - einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit ihrer Abschiebung in die Ukraine gestellt. In den Folgemonaten wurde dieser Antrag offensichtlich von keiner Behörde bearbeitet. Erst mit dem Schreiben des Bundesasylamtes vom (s. oben, I.1.4.2.) scheint erstmals darauf reagiert worden zu sein. Mittlerweile hatte sich per die Rechtslage infolge der Neufassung des § 51 FPG geändert, und das Bundesasylamt ging (ohne nähere Begründung) offenkundig davon aus, dass mit dem Antrag vom nach § 51 FPG in der neuen Fassung zu verfahren wäre.
Hinsichtlich der Befragung vom ging das Bundesasylamt davon aus, dass im Rahmen dieser Befragung von der Erstbeschwerdeführerin ein Antrag auf internationalen Schutz (nach der früheren Terminologie somit auch ein - neuerlicher - Asylantrag) gestellt worden sei (s. dazu schon allein die oben wiedergegebene Bezeichnung der Niederschrift als "Erstbefragung 'Folgeantrag' nach AsylG-Nov" sowie den Wortlaut einiger Fragen [wiedergegeben oben, Pkt. I.1.4.3.]).
Diese Auffassung behielten sowohl das Bundesasylamt in seinen beiden Bescheiden als auch der Asylgerichtshof in den zwei nunmehr angefochtenen Entscheidungen bei. Verwiesen sei beispielhaft auf folgende Aussage des Asylgerichtshofes in seiner gegenüber der Erstbeschwerdeführerin ergangenen Entscheidung:
"Am stellte die Beschwerdeführerin gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (in weiterer Folge auch als zweiter Asylantrag bezeichnet). [...]"
Völlig außer Acht gelassen wird vom Asylgerichtshof (wie schon zuvor vom Bundesasylamt) das von den beschwerdeführenden Parteien mehrfach erhobene Vorbringen, dass nicht über einen Antrag vom , sondern über den Antrag vom zu entscheiden (gewesen) wäre. Dies hatten die einschreitenden Parteien bereits umgehend nach der in Rede stehenden Befragung ausdrücklich releviert, nämlich mit ihrem Schreiben an das Bundesasylamt vom (s. oben Pkt. I.1.4.4.); neuerlich geschah dies in ihrer Beschwerde an den Asylgerichtshof gegen die Bescheide des Bundesasylamtes (s. Pkt. I.1.5.).
1.2.2. Dass es einen wesentlichen Unterschied macht, ob über den Antrag vom oder einen etwaigen Antrag vom entschieden wurde, bringen die einschreitenden Parteien auch in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zum Ausdruck, wenn sie schreiben, dass
"die Erstbeschwerdeführerin am [gemeint wohl: ] einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gestellt hat. Sie hat somit nicht versucht, ihren Angaben im gegenständlichen zweiten Asylverfahren offensichtlich erneut einen asylrelevanten Charakter zu verleihen, noch mit ihrer zweiten Asylantragsstellung versucht, einen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Die Vorsprache beim Bundesasylamt [Anm.: am ] erfolgte ausschließlich nach sorgfältiger Abwägung und dem dabei gezogenen Schluss, dass ohne weitere Einvernahme beim Bundesasylamt eine Behandlung der Anträge vom nicht zu erwirken sein wird. Somit ist aber auch offenkundig, dass die Beschwerdeführerin entgegen der unrichtigen Annahmen des Asylgerichtshofes gar nicht die Absicht hatte, einen zweiten Asylantrag zu stellen. Diese 'Antragstellung' ist ausschließlich eine Folge der von der Erstbehörde vertretenen, unrichtigen Rechtsansicht hinsichtlich der Gegenstandslosigkeit der Anträge vom ."
Grob fehlerhaft ist daher folgende Aussage des Asylgerichtshofes in seiner gegenüber der Erstbeschwerdeführerin ergangenen Entscheidung:
"Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer zweiten Asylantragstellung neuerlich versucht hat, ihren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, und diese die Ukraine nicht wegen einer tatsächlichen Gefährdung, sondern wegen des Wunsches nach Veränderung bzw. nach Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation verlassen hat. Die Beschwerdeführerin hat somit eine asylzweckbezogene 'Fluchtgeschichte' bzw. Bedrohungssituation ohne jeglichen Wahrheitsgehalt konstruiert."
Der Asylgerichtshof lässt damit bei seiner
Beurteilung außer Acht, dass sich die Erstbeschwerdeführerin am nicht aus eigener Initiative, sondern über entsprechenden Hinweis im Schreiben vom zur Erstaufnahmestelle Ost begeben hat; dass sie dort nicht von sich aus einen Asylantrag einbrachte, sondern lediglich Fragen beantwortete, die teilweise bereits suggerierten, dass die Befragung die Stellung eines neuerlichen Asylantrages beträfe (s. oben Pkt. I.1.4.3.); und dass in Anbetracht dessen einer rechtsunkundigen Einschreiterin, bei deren Befragung kein Rechtsvertreter anwesend war, auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass sie - in Unkenntnis der subtilen juristischen Abgrenzungskriterien - ihre Furcht vor einer Rückkehr in das Herkunftsland nicht (nur) als Abschiebungshindernis, sondern (auch) als Asylgrund deklarierte (vgl. etwa die Beantwortung von Frage 12: "Um eine Abschiebung in die Ukraine zu verhindern, stelle ich nun einen neuerlichen Asylantrag, da ich Angst um das Leben meines Kindes und mein eigenes habe.")
1.2.3. Damit hat der belangte Asylgerichtshof bei
seiner Entscheidung das Parteivorbringen sowie den konkreten Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt außer Acht gelassen und dadurch die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt. Im fortgesetzten Verfahren wird sich die zuständige Behörde jedenfalls mit dem Antrag vom zu befassen haben.
2. Ergebnis und damit in Zusammenhang stehende Ausführungen
2.1. Die angefochtenen Entscheidungen des Asylgerichtshofes sind daher schon aus diesem Grund zur Gänze aufzuheben.
2.2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§88 iVm 88a VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 800,-- enthalten.
2.3. Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 erster Satz VfGG).