VfGH vom 22.11.2012, U615/12
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Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch eine Entscheidung des Asylgerichtshofes;
keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, kein ausreichendes Ermittlungsverfahren; willkürliches Verhalten des Asylgerichtshofes
Spruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Entscheidung wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.400,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführerin, eine chinesische Staatsangehörige, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu ihren Fluchtgründen machte die Beschwerdeführerin geltend, dass sie nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahr 1999 im August 2001 zum zweiten Mal schwanger geworden sei. In der Folge seien am zwei Beamte der Familienplanungsbehörde zu ihrem Straßenstand gekommen und hätten ihr gesagt, dass sie mitgehen solle, um eine Schwangerschaftsuntersuchung zu machen. Am folgenden Tag sei sie dann von einem Beamten abgeholt worden und habe eine Untersuchung vornehmen lassen, bei der die Schwangerschaft festgestellt worden sei. Am seien zwei Beamte zu ihr nach Hause gekommen und hätten gesagt, dass sie einen Abtreibungstermin am habe. Am sei die Beschwerdeführerin daraufhin zu ihrer Tante nach Wenzhou gegangen; die Beamten hätten sie am folgenden Tag aufgesucht und ihrem Mann - da sie nicht zu Hause gewesen sei - mitgeteilt, dass sie sich innerhalb einer Woche bei der Behörde melden solle, was sie aber nicht getan habe. Am wären wieder zwei Beamte zu ihr nach Hause gekommen; ihr Mann habe RMB 5000 als Kaution zahlen müssen und ihm sei mitgeteilt worden, dass die Beschwerdeführerin bis spätestens Ende Februar 2002 die Abtreibung vornehmen lassen solle; sollte sie das Kind dennoch gebären, würde man ihr den Straßenstand wegnehmen und sie müsste RMB 50.000 bezahlen. Am sei die Beschwerdeführerin kurz bei ihrem Straßenstand gewesen, dort von Beamten festgenommen und sofort in ein Krankenhaus gebracht worden, wo man die Abtreibung vorgenommen habe. Sie sei gegen 14:30 Uhr zum Krankenhaus gebracht worden, habe dort jedoch versucht, wegzulaufen und dabei eine Beamtin an der Hand verletzt. Gegen 15:00 Uhr habe sie eine Spritze bekommen und sei am nächsten Tag entlassen worden.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin mangels Glaubwürdigkeit ihres Fluchtvorbringens gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Abschiebung nach China gemäß § 8 leg.cit. für zulässig erklärt. Dieser Bescheid wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom behoben und gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Bei einer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am gab die Beschwerdeführerin u.a. an, dass die Abtreibung zwischen dem sechsten und siebenten Schwangerschaftsmonat stattgefunden habe. Die Beamten der Familienplanungsbehörde hätten sie ins Krankenhaus gebracht und sie habe dort versucht, von der Toilette wegzulaufen; die Beamten hätten das vermutet und die WC-Türe offen gehalten, woraufhin die Beschwerdeführerin wütend geworden sei und die Türe zugeschlagen habe, wobei ein Beamter an der Hand verletzt worden sei. Von der Schwangerschaft habe sie irgendwann im August 2001 erfahren; sie habe dies selbst bemerkt. Jemand habe eine Anzeige bei der Behörde gemacht. Die Beamten hätten sie am an ihrem Verkaufsstand aufgesucht und sie aufgefordert, am nächsten Tag im Krankenhaus einen Schwangerschaftstest zu machen. Sie sei am nächsten Tag ins Krankenhaus gegangen und habe einen Test machen lassen; erst seit jenem Tag habe sie genau gewusst, dass sie schwanger gewesen sei. Der Arzt habe ihr gesagt, dass sie im vierten Monat sei, im August sei sie im ersten Monat gewesen. In China dürfe man kein zweites Kind auf die Welt bringen, sie habe aber gedacht, sie könne diese Sache mit einer Geldstrafe erledigen und habe das zweite Kind bekommen wollen. Sie wisse nicht genau, wie oft sie Kontakt mit den Organen der Familienplanungsbehörde gehabt habe, glaube aber, es sei sechs oder sieben Mal gewesen. Nach der behördlichen Feststellung der Schwangerschaft habe man ihr gesagt, dass sie die Abtreibung zulassen müsse, da sie ansonsten viel Geld zahlen müsse. Das sei glaublich Ende Jänner 2002, vor dem chinesischen Neujahr, gewesen und ihr von ihrem Mann mitgeteilt worden. Sie sei damals nicht zu Hause gewesen, die Beamten hätten dort aber ihren Mann angetroffen und ihm mitgeteilt, dass sie sich bis Ende Jänner 2002 im Büro der Familienplanungsbehörde melden solle und sie im Falle der Geburt des zweiten Kindes mindestens 50.000 Yuan bezahlen müsse. Mit der Ausreise habe sie drei Monate zugewartet, weil sie nicht auf die Idee gekommen sei, ihre Heimat zu verlassen und bereit gewesen sei, das Geld zu zahlen, da man oft verhandeln könne, bzw. weil sie gedacht habe, sie könne das Kind heimlich auf die Welt bringen. Von drei bis vier Beamten sei sie am Nachmittag des von ihrem Handelsstand weg und direkt in die Klinik gebracht worden, die sie glaublich am nächsten Tag wieder verlassen hätte. Sie hätte dort um 15:00 Uhr eine Spritze bekommen, bis sie das Baby bekommen habe, sei es Mitternacht gewesen. Abgesehen davon und von der Schwangerschaftsfeststellung sei sie einmal - glaublich im Jänner 2002 - von Beamten der Familienplanungsbehörde zuhause angetroffen und darüber informiert worden, dass sie abtreiben müsse und sich bald bei der Behörde melden solle.
In einer weiteren Einvernahme vom konkretisierte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahingehend, dass sie am um ca. 14:30 Uhr festgenommen worden sei und ihr um ca. 15:00 Uhr oder 15:30 Uhr im Stehen eine Spritze in den linken Arm und kurz danach eine Spritze in den Bauch gegeben worden sei. Danach sei sie aus dem Zimmer geschickt worden und hätte am Gang gewartet. Sie hätte dann Bauchschmerzen bekommen, die anwesende Beamtin habe jedoch gesagt, dass es noch dauern werde. Sie hätte immer stärkere Schmerzen bekommen, welche ca. zwei oder drei Stunden gedauert hätten, und ihr sei ganz schlecht gewesen. Später habe sie eine Ärztin untersucht, nämlich ihren Puls gemessen und ihren Bauch abgetastet, und gemeint, dass es noch nicht soweit sei, da das Becken noch nicht weit genug geöffnet sei. Die Schmerzen seien immer stärker geworden und alle zehn Minuten gekommen. Sie sei in der Folge im Liegen mit einem Gerät untersucht worden. Nach einiger Zeit habe sie noch eine Spritze bekommen und danach das Baby geboren, das sie nicht habe sehen dürfen und auch nicht schreien gehört habe. Danach sei sie in ein anderes Zimmer verlegt worden. Am nächsten Tag habe die Ärztin ihre Temperatur gemessen und sie gynäkologisch untersucht und gesagt, dass alles in Ordnung sei. Die Beschwerdeführerin habe eine Bestätigung über die vorgenommene Abtreibung erhalten, die sie bei der Behörde abgegeben habe, womit der Fall für diese erledigt gewesen sei. In der Folge habe sie noch ca. 20 Tage lang Blutungen gehabt.
3. Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin mangels Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens neuerlich gemäß § 7 AsylG 1997 ab, erklärte ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach China gemäß § 8 Abs 1 leg.cit. für zulässig und sprach gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 die Ausweisung der Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet aus. Im Zuge des Verfahrens gegen die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde führte der Asylgerichtshof am eine mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre Angaben vor dem Bundesasylamt wiederholte, wobei sich mehrere Abweichungen in Bezug auf die konkreten Daten der Besuche der Familienplanungsbehörde sowie die Anzahl der Kontakte mit dieser ergaben. Die Beschwerde wurde in der Folge mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom abgewiesen.
4. In ihrer gegen diese Entscheidung gerichteten, auf Art 144a B-VG gestützten Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin die Verletzung u.a. in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
5. Der belangte Asylgerichtshof legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II. Erwägungen
Die - zulässige - Beschwerde erweist sich als
begründet:
1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden,
nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit.
gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
2. Ein solcher in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem belangten Asylgerichtshof unterlaufen:
2.1. Der Asylgerichtshof führt in seiner
Beweiswürdigung zur Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der Beschwerdeführerin Folgendes aus:
"Die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihren Verfolgungsgründen müssen als vage und wenig detailreich bezeichnet werden. Sie stellte kein einziges Ereignis und keine einzige Verfolgungssituation näher dar und war nicht in der Lage[,] ihr Vorbringen plausibel darzulegen. Ihre Aussagen erschöpfen sich in Aufzählungen und ließen jene Detailgenauigkeit und Nachvollziehbarkeit vermissen, die Erzählungen über Ereignisse auszeichnen, welche tatsächlich erlebt wurden.
Die Beschwerdeführerin vermochte keine Ausführungen dahingehend zu treffen, wie die Familienplanungsbehörde von ihrer zweiten Schwangerschaft erfahren hat und ihre diesbezüglichen Erzählungen beschränkten sich darauf, dass sie jemand angezeigt haben müsse. Um wen es sich dabei gehandelt haben kann, konnte sie selbst nicht [...] sagen. Auch die Äußerungen, wann sie selbst von der Schwangerschaft gewusst hat, stellten sich als unstimmig dar. Während sie etwa vor dem Bundesasylamt erklärte, dies im August 2001 bemerkt, jedoch erst im Dezember bei der Untersuchung bestätigt bekommen zu haben, schilderte sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof, zwar im Oktober 2001 Magenschmerzen gehabt zu haben, aber im Dezember von der Schwangerschaft gewusst zu haben.
Ferner tätigte die Beschwerdeführerin wiederholt widersprüchliche Aussagen zu den Zusammentreffen mit den Beamten der Familienplanungsbehörde, welche im Verlauf des Verfahrens mehrfach abgeändert wurden, so dass der Ablauf der Geschehnisse nicht nachvollziehbar ist. Berichtete sie in der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt im Jahr 2002, dass sie am 24. und mit den Beamten Kontakt gehabt habe und dann erneut am , als man ihr den Termin für die Abtreibung mitgeteilt hätte, sowie am Tag der Abtreibung selbst im März 2002, erklärte sie in der zweiten Einvernahme im Jahr 2009 hingegen, 'sehr oft' mit den Beamten Kontakt gehabt zu haben und konkretisierte dies dahingehend, dass es sechs- bis siebenmal gewesen sei, ohne sich jedoch näher zu den Zwischenfällen zu äußern. Vor dem Asylgerichtshof nannte sie demgegenüber völlig unterschiedliche Daten und sprach davon, das erste Mal am zur Schwangerschaftskontrolle aufgefordert worden zu sein. Das
2. Mal wäre '2001 oder 2002' gewesen und sie glaube, es sei am gewesen, wobei sie bereits am 21.12. geflüchtet wäre. Nach Berichtigung gab sie hierzu an, es könnte auch im Jänner 2002 gewesen sein, als sie sich zur Abtreibung anmelden habe müssen. Im weiteren Verlauf der Verhandlung korrigierte sich die Beschwerdeführerin wiederum dahingehend, dass sie eigentlich nur dreimal Kontakt zu den Mitarbeitern des Familienplanungsbüros gehabt hätte, der Rest beruhe auf Erzählungen ihres Mannes. Zudem habe sie sich entgegen ihrer vorhergehenden Schilderung nicht zur Abtreibung angemeldet, sondern sei zuvor geflüchtet.
Gegen eine Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin spricht weiters der Umstand, dass sie sich trotz des ihr mitgeteilten Abtreibungstermins und der angedrohten Sanktionen (Geldstrafe, Wegnahme des Verkaufsstandes) bis zuletzt nicht veranlasst gesehen hat, die Flucht zu ergreifen und überdies trotz angeblicher Schwangerschaft im 6. Monat aus ihrem 'Versteck' bei ihrer Tante in Wenzhou wieder in ihren Heimatort gegangen ist, um nach dem Rechten auf dem von ihr und ihrem Mann betriebenen Verkaufsstand für Regenschirme zu sehen. Eine nachvollziehbare Erklärung für dieses Verhalten vermochte die Beschwerdeführerin in den Einvernahmen nicht zu geben und konnte sie überdies nicht plausibel darlegen, wie die Beamten der Familienplanungsbehörde von ihrer Rückkehr gewusst haben und sie festnehmen hätten können.
Weshalb es überhaupt zu einer zwangsweise
durchgeführten Abtreibung gekommen sein soll, obzwar die Beschwerdeführerin nach ihren Angaben zur Bezahlung eines Geldbetrages bereit gewesen sein soll, konnte sie nicht nachvollziehbar dartun. Darüber hinaus stellte sie den Grund für die Bezahlung von 5000 RMB an die Beamten der Behörde unterschiedlich dar, nämlich als Kaution in den Einvernahmen vom und vor dem Bundesasylamt und als Geldstrafe in der Verhandlung vom vor dem Asylgerichtshof, weil die Beschwerdeführerin 'nicht zu Hause gewesen sei'. Auf Vorhalt in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof bestritt die Beschwerdeführerin vielmehr diese Möglichkeit der Beilegung des Problems mit den Behörden. Dass man ihr schließlich auch mit Zwangssterilisation gedroht hat, brachte die Beschwerdeführerin erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof vor und ist dies als weitere Steigerung ihres Vorbringens zu werten. Ergänzend ist dabei anzumerken, dass es sich - entgegen den Aussagen der Beschwerdeführerin - bei der Verabreichung der 'Pille' bzw. dem Einsetzen der Spirale um Maßnahmen zur Geburtenkontrolle, jedoch nicht um eine Sterilisationsmaßnahme handelt.
Der Eindruck der Unglaubwürdigkeit der Aussagen der Beschwerdeführerin wurde weiters durch ihre Angaben in der Verhandlung vor dem Asylgerichtshof zu den Familienverhältnissen ihrer Geschwister verstärkt, wobei sie erklärte, dass sich diese in Qingtian aufhalten würden. Sie hätten alle mehr als ein Kind, so hätten ihre beiden Brüder jeweils zwei und ihre Schwester gar vier Kinder. Dass auch diese vor der chinesischen Familienpolitik fliehen hätten müssen und die Beschwerdeführerin nicht wisse, wo sie sich aufhalten würden, wie sie dies in weiterer Folge behauptete, ist nicht glaubhaft, deckt sich diese Aussage doch nicht mit den ursprünglichen Schilderungen, wonach die Beschwerdeführerin telefonischen Kontakt mit ihren Geschwistern hat. Zudem räumte sie ein, dass sie sich nunmehr alle in Qingtian aufhalten würden. Von Zwangsmaßnahmen oder sonstigen Übergriffen gegen ihre Geschwister erwähnte sie nichts. Es ist für den Asylgerichtshof vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, weshalb es der Beschwerdeführerin nicht auch möglich gewesen ist, mit ihrer Familie weiterhin in China zu leben. Dass eine Leistung einer allfälligen Strafzahlung in finanzieller Hinsicht möglich gewesen wäre, ist auch den Angaben der Beschwerdeführerin zu entnehmen, wonach ihr Bekannte Geld in der Höhe von 7000 bis 8000 Euro für die Ausreise geliehen haben und wohl davon auszugehen ist, dass sie dies auch zu ihrem weiteren Verbleib in ihrer Heimat getan hätten.
Hinsichtlich der Erzählung rund um die Verletzung der Polizistin, welche den eigentlichen Fluchtgrund darstellt, ist festzuhalten, dass es in einem derartigen Fall nicht realitätsnahe erscheint, dass die Beschwerdeführerin nach der Entlassung aus dem Krankenhaus unbehelligt einen weiteren Monat in China leben konnte, ohne dass die Sicherheitsbehörden nach ihr gefahndet oder sie sogleich nach dem Eingriff festgenommen haben. Zu unerwünschtem Kontakt zur Polizei ist es ihren Angaben zu Folge bis zu ihrer Ausreise nicht gekommen und konnte die Beschwerdeführerin auch unbehelligt über den Flughafen Peking das Land verlassen, wovon jedoch bei Zutreffen ihrer Aussagen nicht auszugehen gewesen wäre. Die Erklärung, wonach es in China nach einer Abtreibung einen Monat 'Schonfrist' für Frauen gebe, stellte sie lediglich in den Raum und erweist sich dies im Verhältnis zur Schwere der behaupteten Tat als unplausibel und realitätsfern. Schließlich zeigte sich die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof auch überrascht von der Frage nach einer Fahndung nach ihrer Person in China und verneinte sie explizit eine polizeiliche Suche nach ihr, so dass ihre Befürchtung nach einer mehrjährigen Gefängnisstrafe ins Leere geht. Vielmehr gab sie an, einer Rückkehr in ihre Heimat würde bloß die Tatsache entgegenstehen, dass sie sich bereits in Österreich eingelebt habe und nicht zurückkehren wolle.
Auch wenn der Asylgerichtshof nicht verkennt, dass sich die Beschwerdeführerin in Anbetracht der langen Verfahrensdauer nicht mehr an alle Details der Vorfälle rund um ihre Flucht erinnern kann, so ist doch davon auszugehen, dass sie die wesentlichen Elemente der Geschehnisse, die sich nach eigenen Angaben zum Verlassen ihrer Heimat bewogen haben, widerspruchsfrei und kohärent zu schildern vermag. Gesamthaft betrachtet ist daher davon auszugehen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen nicht den Tatsachen entspricht."
In der Folge gelangt der Asylgerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin keine Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht habe und ihr Antrag daher gemäß § 7 AsylG 1997 abzuweisen gewesen sei.
2.2. Der Asylgerichtshof stützt seine Auffassung über die mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens im Wesentlichen auf die "vagen und wenig detailreichen" Aussagen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Frage, wie die Familienplanungsbehörde von ihrer Schwangerschaft erfahren habe und ab wann sie selbst Kenntnis davon gehabt habe, sowie auf Widersprüche in den Aussagen der Beschwerdeführerin in Hinblick auf die genaue Zahl der Kontakte mit der Familienplanungsbehörde sowie deren genaue Zeitpunkte. Dabei übersieht der Asylgerichtshof, dass es sich lediglich um Abweichungen im Detail handelt. Angesichts bestehender Sprachbarrieren und des langen Zeitraumes zwischen den angeblich fluchtbegründenden Ereignissen (2001/2002), den Einvernahmen vor dem Bundesasylamt (2002 bzw. 2009) und der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof (2011) - wobei die fast zehn Jahre lange Verfahrensdauer im Wesentlichen auf die Aufhebung des ersten erstinstanzlichen Bescheides vom auf Grund von Feststellungsmängeln mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom zurückzuführen ist - ist es für den Verfassungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, wenn der Asylgerichtshof aus den - lediglich teilweise - abweichenden Angaben die mangelnde Glaubwürdigkeit des gesamten Fluchtvorbringens ableitet, ohne sich mit dem Kernvorbringen - nämlich der Abtreibung selbst sowie der behaupteten Verletzung einer Beamtin im Zuge eines Fluchtversuches - zu befassen (vgl. auch ) und dabei auf die Fragen einzugehen, ob die Angaben zur Abtreibung selbst mit den dafür eingesetzten medizinischen Methoden in Einklang zu bringen sind oder ob derartige Zwangsabtreibungen in China zum damaligen Zeitpunkt bekanntermaßen vorgenommen wurden.
In diesem Zusammenhang hat es der Asylgerichtshof insbesondere auch verabsäumt, sich mit den Länderfeststellungen des Bundesasylamtes auseinanderzusetzen, aus denen sich ergibt, dass "[d]ie Durchsetzung der staatlichen Familienplanungspolitik [...] immer wieder mit gravierenden Verletzungen der Menschenrechte bis hin zu Zwangsabtreibungen in fortgeschrittenen Schwangerschaftsmonaten verbunden" ist und den Verwaltungsbeamten der Regionen Quoten für die Bevölkerungszahl vorgegeben würden, bei deren Nichteinhaltung sie mit Konsequenzen rechnen müssten, weshalb es zu Menschenrechtsverletzungen im Zuge von Zwangsmaßnahmen der lokalen Verwaltungen komme, um die Quoten zu erfüllen; der Asylgerichtshof führt dazu lediglich aus, dass die Durchführung einer Zwangsabtreibung nicht nachvollziehbar sei, zumal die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben einer Strafzahlung zugestimmt hätte.
3. Damit erweist sich die ausschließlich auf geringfügige Abweichungen gestützte Beweiswürdigung des Asylgerichtshofes, die sich mit der Glaubwürdigkeit des Kernvorbringens in keiner Weise auseinandersetzt, als grob mangelhaft; der belangte Asylgerichtshof hat dadurch seine Entscheidung mit Willkür belastet (vgl. ; , U179/12).
III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch die angefochtene Entscheidung in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 iVm § 88a
VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.