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VfGH vom 12.06.2010, U614/10

VfGH vom 12.06.2010, U614/10

19086

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Asylantrags und Ausweisung der Beschwerdeführerin (und ihrer Familienangehörigen) in die Republik Kosovo; konkrete Bedrohungssituation im Fall der Rückkehr nicht geltend gemacht;

Ausweisung zulässig trotz Anpassungsstörung und Selbstmorddrohungen;

überwiegendes öffentliches Interesse an der Beendigung des rechtswidrigen Aufenthaltes trotz Integration

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die am geborene Beschwerdeführerin,

eine Staatsangehörige der Republik Kosovo, reiste am gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern illegal nach Österreich ein. Die Beschwerdeführerin stellte, vertreten durch ihre Mutter, am einen Asylerstreckungsantrag in Bezug auf ihren Vater, dessen Asylantrag am vom Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) in erster Instanz abgewiesen worden war. Das BAA wies den Asylerstreckungsantrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom gemäß § 10 iVm § 11 Abs 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I 76 idF BGBl. I 126/2002, (im Folgenden: AsylG 1997) ab. Der unabhängige Bundesasylsenat (im Folgenden: UBAS) gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung keine Folge. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.2. Am stellte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Mutter, erneut einen Asylerstreckungsantrag (wiederum in Bezug auf ihren Vater), welcher - nach Zurückweisung des zweiten Asylantrages des Vaters gemäß § 68 Abs 1 AVG - gemäß § 11 Abs 2 AsylG 1997 zurückgewiesen wurde. Mit Bescheid des UBAS vom wurde der zweite Asylantrag des Vaters der Beschwerdeführerin durch Abweisung der Berufung gemäß § 68 Abs 1 AVG rechtskräftig zurückgewiesen. Mit gegenüber der Beschwerdeführerin ergangenem Bescheid des UBAS vom wurde auch deren Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend zu lauten habe, dass der Asylerstreckungsantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werde.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom wurde die Beschwerdeführerin rechtskräftig ausgewiesen.

2. Am stellte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Mutter, erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am vom BAA gemäß §§3 Abs 1 und 8 Abs 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 29/2009, (im Folgenden: AsylG 2005) abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

Im Zuge ihrer Einvernahmen durch das BAA am , am , am sowie am brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie und ihre Familienangehörigen würden nicht in die Republik Kosovo zurückkehren wollen, da sie dort kein Zuhause hätten. Der Vater der Beschwerdeführerin habe die Familie verlassen und unterstütze sie nicht mehr. Sie habe in Österreich öffentlich schlecht über den Kosovo gesprochen und fürchte im Kosovo deshalb Probleme zu bekommen. Sie habe den Krieg erlebt und habe Angst vor einem neuerlichen Kriegsausbruch im Kosovo. Außerdem wolle sie in Österreich die Schule abschließen; auch habe sie hier Freunde und Verwandte. Die Beschwerdeführerin befürchte jedoch nicht im Falle einer Rückkehr in den Heimatstaat mit unmenschlicher Behandlung, unmenschlicher Strafe oder der Todesstrafe bedroht zu sein oder irgendwelchen Sanktionen ausgesetzt zu sein.

2.1. Die gegen den den Antrag auf internationalen Schutz abweisenden Bescheid des BAA vom erhobene Beschwerde wurde mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung des Asylgerichtshofes (im Folgenden: AsylGH) vom - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - gemäß §§3 Abs 1 und 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

In den Entscheidungsgründen des AsylGH werden einleitend der bisherige Verfahrensablauf unter zum Teil wörtlicher Wiedergabe der Protokolle der Einvernahmen dargestellt, das Fluchtvorbringen zusammengefasst und schließlich die auf Grundlage der Ergebnisse der beiden bisherigen rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, der erfolgten Einvernahmen sowie der eingeholten Gutachten und Befunde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, die der Entscheidung des AsylGH zu Grunde gelegt werden, wiedergegeben.

Dabei schließt sich der AsylGH im Wesentlichen den Beweisausführungen des BAA an und gelangt zu dem Ergebnis, dass die vorgebrachten Fluchtgründe nicht asylrelevant iSd Genfer Flüchtlingskonvention seien, zumal vorwiegend wirtschaftliche Gründe geltend gemacht worden seien. In Bezug auf die vorgebrachte Bedrohung durch den Vater der Beschwerdeführerin geht der AsylGH von der Unglaubwürdigkeit aus. Selbst bei hypothetischer Zugrundelegung des fluchtkausalen Vorbringens wären Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der kosovarischen Sicherheitseinrichtungen gegeben.

Im Falle einer Rückkehr in die Republik Kosovo könne nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin von derart außergewöhnlichen Umständen betroffen sein werde, die die hohe Eingriffsschwelle des Art 3 EMRK überstiegen. Zwar könne festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Zeiten erhöhter psychischer Belastung Ende des Jahres 2007 bzw. im Jahr 2008 an einer depressiven Störung mittelgradiger Verlaufsform gelitten habe, allerdings sei im Jahr 2009 keine behandlungsbedürftige psychische Störung mehr vorgelegen. Für den Fall der Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Republik Kosovo sei das Risiko der Begehung eines Suizidversuches nicht auszuschließen - dieses Risiko könne im Übrigen im Falle einer Abschiebesituation laut übereinstimmender Einschätzung der dem Asylverfahren beigezogenen sachverständigen Gutachter bei keiner Person ausgeschlossen werden -, wobei der AsylGH nicht verkenne, dass die drohende oder tatsächliche Abschiebung der Beschwerdeführerin eine Erhöhung des Risikos mit sich bringen könne. Vom Vorliegen der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Begehung eines Suizidversuches bzw. eines tatsächlich erfolgenden Suizids könne aber in Anbetracht der ausführlich dargelegten Umstände und Ermittlungsergebnisse, insbesondere auch auf Basis der Zusammenschau der vorgelegten Befunde und Gutachten, nicht ausgegangen werden. In Hinblick auf die diagnostizierte psychische Erkrankung der Beschwerdeführerin bestünden hinreichende Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat. Im Falle ihrer Abschiebung in den Kosovo habe sich der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung zu sorgen. Nach Auskunft des Bundesministeriums für Inneres sei es gängige Praxis, "dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei" seien; bei rechtzeitiger Bekanntgabe des Abschiebevorganges könne auch die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden.

Trotz guter Integration - welche unzulässigerweise nur deshalb erfolgen habe können, weil die Beschwerdeführerin trotz gegenüber ihr ergangener negativer asyl- und fremdenrechtlicher Entscheidungen im Bundesgebiet verblieben sei - führe die Ausweisung der Beschwerdeführerin zu keiner Verletzung des Art 8 EMRK, zumal die öffentlichen Interessen an der Einhaltung asyl- und fremdenrechtlicher Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung überwiegen würden. Sämtliche beim AslyGH beschwerdeführende Familienangehörige seien gleichermaßen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen.

Die Beschwerdeführerin sei im Zeitpunkt der Entscheidung durch den AsylGH etwa siebeneinhalb Jahre im Bundesgebiet aufhältig, davon entfielen allerdings lediglich etwa zwei Jahre auf einen rechtmäßigen Aufenthalt. Für den verbleibenden Zeitraum habe die Beschwerdeführerin über keinerlei rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich verfügt.

Die rechtlichen Erwägungen in der Entscheidung des AsylGH zur Ausweisung (Spruchpunkt III der Entscheidung) lauten wörtlich wie folgt:

"...

Im gegenständlichen Fall ist von einem Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin und ihrer Familienangehörigen auszugehen. Zu prüfen ist daher, die Frage der Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffes, wobei eine Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich und dem öffentlichen Interesse an einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Republik Kosovo vorzunehmen ist.

Anders als in Fällen, in denen gegenüber Asylwerbern seit ihrer Asylantragstellung mehrere Jahre keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, ohne dass dies der Sphäre der Asylwerber zuzurechen wäre, diese - auch wenn sie sich des unsicheren Aufenthaltes während eines solchen Verfahrens bewusst sein mussten - mit der Möglichkeit einer positiven Erledigung des Antrages rechnen durften und sie während dieses Zeitraumes rechtmäßig auf Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - oder einer anderen gesetzlichen Grundlage - im österreichischen Bundesgebiet aufhältig waren, was in Summe bei vorliegender Integration nicht auszuschließender Weise allenfalls zu einer anderen Beurteilung führen könnte, sind im gegenständlichen Fall gegenüber der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen [...]seit Ende des Jahres 2002, basierend auf teilweise sehr rasch durchgeführten Verfahren diverse rechtskräftige asylrechtliche und fremdenpolizeiliche Entscheidungen einschließlich einer rechtskräftigen Ausweisung [...] ergangen, die allesamt unbeachtet blieben bzw. zu weiteren Antragstellungen führten. Bereits seit rechtskräftigem negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom war der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet in weiterer Folge - jedenfalls zunächst bis zur nächsten Asylantragstellung am - unrechtmäßig und wäre sie auch dazu verpflichtet gewesen, es gemeinsam mit ihrer Familie freiwillig zu verlassen.

Was nun das in der Beschwerde geäußerte Argument, es könne jedenfalls den minderjährigen Beschwerdeführern nicht zum Vorwurf gemacht werden, im Jahr 2002 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein und versucht zu haben, sich hier zu integrieren, für die Entscheidungen des Vaters könnten die Kinder jedenfalls nicht zur Verantwortung gezogen werden, betrifft, das heißt auf den Punkt gebracht, minderjährige Kinder müssten sich das Fehlverhalten ihrer gesetzlichen Vertreter nicht zurechnen lassen, so vermag der Asylgerichtshof dieses Argument grundsätzlich nur in eingeschränkter Weise zu teilen:

Fehlt einem Beteiligten die Prozessfähigkeit - die Fähigkeit, durch eigene Handlungen prozessuale Rechte und Pflichten zu begründen - bzw. ist diese eingeschränkt, so kann er grundsätzlich nur - bzw. im Umfang der Einschränkung - durch seinen gesetzlichen Vertreter rechtswirksame Verfahrenshandlungen setzen. Die Institution der gesetzlichen Stellvertretung gleicht den Mangel der Selbstbestimmungsfähigkeit beim Vertretenen aus. Der Vertretene hat sich das Verhalten seines Vertreters grundsätzlich zurechnen zu lassen.

Dieser Grundsatz wird allerdings insbesondere nicht gelten für Fälle, in denen beispielsweise der Vater als gesetzlicher Vertreter außerhalb seiner gesetzlichen Vertretungsbefugnis liegende Handlungen setzt, etwa Straftaten begeht, die daher nicht mit prozessualen, in Vertretung der minderjährigen Kinder gesetzten Handlungen in Verbindung stehen, die ihm selbst aber im Rahmen der Interessenabwägung bei der Frage eines gerechtfertigten Eingriffes in das Privat- oder Familienleben nachteilig auszulegen sind. In solchen Fällen werden diese für den gesetzlichen Vertreter negativen Aspekte nicht auf die Kinder - deren Situation bei der Beurteilung aufenthaltsbeendender Maßnahmen einer individuellen Prüfung zu unterziehen ist - durchschlagen können und diesen daher nicht zurechenbar sein, was im Ergebnis bei Vorliegen eines Familienverfahrens allfälliger Weise dazu führen kann, dass in Bezug auf die minderjährigen Kinder - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - keine Ausweisung auszusprechen ist, was eventuell wiederum positiv auf den gesetzlichen Vertreter rückwirken kann.

Ähnliches wird nicht auszuschließender Weise auch angenommen werden können etwa in Fällen, in denen ein laufendes Verfahren bereits über einen längeren Zeitraum andauert und gegenüber den Minderjährigen und ihren gesetzlichen Vertretern noch keine rechtskräftigen negativen Entscheidungen ergangen sind; in solchen Fällen wird das - bei Volljährigen durchaus stichhaltige - Argument, der Minderjährige sei sein Privatleben zu einem Zeitpunkt eingegangen, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war bzw. sein musste, im Rahmen einer vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Minderjährigen an einem Verbleib im Bundesgebiet und dem öffentlichen Interesse an einer Außerlandesschaffung in wesentlich geringerem Umfang zu Lasten des Minderjährigen ausschlagen können als etwa bei seinen Eltern als gesetzliche Vertreter.

Zu dieser Frage der Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern im Verfahren minderjähriger Kinder ist nun zwar anzumerken, dass sich auch der EGMR mit dieser Frage- wenngleich nur in einem Nebenaspekt - auseinandergesetzt hat. In seiner Entscheidung vom , Mubilanzila Mayeka und Kaniki Mitunga v. Belgien vertrat der EGMR hinsichtlich der Frage der Verhältnismäßigkeit des in diesem Fall vorliegenden Eingriffes in das Familienleben der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin die Meinung, dass die Zweitbeschwerdeführerin angesichts ihres sehr geringen Alters keinerlei Verantwortung für den Versuch ihres Onkels die belgischen Behörden zu täuschen, indem er die damals fünfjährige Beschwerdeführerin als seine Tochter ausgab, übernehmen könne, was ebenso für das Verhalten der Mutter und der Familie der Zweitbeschwerdeführerin gelte; allerdings stellt sich der geschilderte Fall - in welchem der Onkel der Zweitbeschwerdeführerin tatsächlich allerdings nicht gesetzlicher Vertreter derselben war und die Frage der Zurechenbarkeit bzw. Vorwerfbarkeit seines Verhaltens der Zweitbeschwerdeführerin gegenüber schon insofern anders zu beurteilen ist - anders dar als der gegenständliche Beschwerdefall, in welchem gegenüber der Beschwerdeführerin selbst [...] eine Mehrzahl von rechtskräftigen negativen Entscheidungen der Asyl- bzw. Fremdenpolizeibehörden - welche auch von den Höchstgerichten, sofern angefochten, bestätigt wurden - ergangen sind.

Das bedeutet im Ergebnis, dass sich minderjährige Kinder das von ihren gesetzlichen Vertretern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsbefugnis gesetzte oder mit dieser Vertretungsbefugnis im Zusammenhang stehende Verhalten - wie etwa Antragstellungen in Vertretung der Kinder, Prozesshandlungen bzw. prozessuale Versäumnisse im Rahmen des Verfahrens, aber auch die Nichtbefolgung von gegenüber den gesetzlichen Vertretern und den minderjährigen Kindern ergangenen behördlichen Entscheidungen - grundsätzlich sehr wohl zu ihren Gunsten als auch zu ihren Lasten - unter Berücksichtigung der dargestellten möglichen Relativierungen - zurechnen lassen müssen. Dieser Grundsatz wird allerdings nicht gelten für von den gesetzlichen Vertretern außerhalb der Vertretungsbefugnis gesetztes Verhalten, oder nicht mit dieser Vertretungsbefugnis in Zusammenhang stehendem Verhalten; hier wird im Rahmen einer Interessenabwägung der einzelfallbezogenen Prüfung noch höhere Bedeutung zukommen müssen.

Diesem Lösungsansatz kommt im gegenständlichen Fall aber in Wahrheit bloß untergeordnete Entscheidungsrelevanz zu. Wesentlich erscheinen für den gegenständlichen Fall vielmehr folgende Überlegungen:

Die österreichische Rechtsordnung sieht für die verschiedensten Rechtsbereiche - wie andere Rechtsordnungen selbstverständlich auch - die Möglichkeit bzw. auch die Verpflichtung von gegenüber Minderjährigen zu ergehenden behördlichen Entscheidungen - dies in der Regel im Wege des gesetzlichen Vertreters - vor. Diese gegenüber Minderjährigen zu setzenden bzw. gesetzten Rechtsakte gehören mit Zustellung an den gesetzlichen Vertreter dem Rechtsbestand an und erwachsen, sofern kein Rechtsmittel erhoben wird bzw. wenn es sich um letztinstanzliche Entscheidungen handelt und sofern sie der Rechtskraft fähig sind, in Rechtskraft.

Eine allfällige Argumentation nun dahingehend, Minderjährige müssten sich bei ihnen gegenüber ergangenen rechtskräftigen behördlichen Entscheidungen das (Fehl)Verhalten ihrer gesetzlichen Vertreter während dieser Verfahren nicht zurechnen lassen, würde im Ergebnis bedeuten zu postulieren, dass diese dem Rechtsbeistand angehörigen, gegenüber den Minderjährigen gesetzten Rechtsakte - im gegenständlichem Fall zwei rechtskräftige negative Asylentscheidungen und vier rechtskräftige negative fremdenrechtliche Entscheidungen samt diesbezügliche höchstgerichtliche Entscheidungen - schlichtweg unbeachtlich seien oder eben nicht dem Rechtsbestand angehörten. Bezogen auf den Bereich des Asylrechts würde das beispielsweise bedeuten, dass sämtliche rechtskräftige negative - und in der Folge von den Höchstgerichten bestätigte - Entscheidungen der Asylbehörden über von Kinder gestellte Asylerstreckungsanträge unbeachtlich oder obsolet wären.

Solche Auffassungen können - ganz abgesehen davon, dass für diese keinerlei rechtliche Grundlage erkannt werden kann bzw. die Annahme, dass diese Akte etwa außerhalb des Fehlerkalküls liegen würden, nicht vertretbar erscheint - im Sinne einer auf ein Mindestmaß an Effektivität bedachten Rechtsordnung nicht in Erwägung gezogen werden. Im Falle von bereits gegenüber Minderjährigen ergangenen rechtskräftigen Rechtsakten sind diese den Minderjährigen daher auch zurechenbar und müssen Minderjährige diese daher auch gegen sich gelten lassen.

Schon unter diesem Gesichtspunkt vermag die in der Beschwerde geäußerte Argumentation, der Verfahrensablauf sei keinesfalls so gewesen, dass die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen bereits längere Zeit wussten bzw. wissen mussten, dass der Aufenthalt in Österreich nur ein vorübergehender sein werde, vor dem Hintergrund von insgesamt zwei rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren, vier (soweit der Rechtskraft fähig) rechtskräftig negativ abgeschlossenen fremdenpolizeilichen Verfahren (unter Einschluss einer nicht befolgten Ausweisungsentscheidung) und den diese Entscheidungen bestätigenden höchstgerichtlichen Entscheidungen - da es in diesem Zusammenhang nicht auf subjektive Kriterien der Zurechenbarkeit ankommen kann - schon vom Ansatz her nicht zu greifen. Zudem ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass der Aufenthalt der - illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereisten - Beschwerdeführerin in Österreich überwiegend - etwa fünfeinhalb Jahre - unrechtmäßig war. Die restlichen etwa zwei Jahre entfielen auf eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz; über einen darüber hinausgehenden Aufenthaltstitel verfügte die Beschwerdeführerin nie.

Der EGMR gelangte in seiner Entscheidung vom , Beschwerde Nr. 21878/06, Nnyanzi v. The United Kingdom Randnr. 76, im Ergebnis zu dem Schluss, dass ein lediglich auf wiederholte Antragstellungen gegründeter, auf Grund dieser Antragstellungen bloß vorübergehend berechtigter und somit unsicherer Aufenthalt in seiner Gewichtung geringer zu bewerten sei als ein Aufenthalt, welcher sich auf eine rechtmäßige, über den Status eines Asylwerbers während des Verfahrens hinausgehende Niederlassung gründe. Jegliches während eines solchen unsicheren Aufenthaltes begründetes Privatleben könne im Rahmen einer Interessenabwägung mit dem legitimen öffentlichen Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen, eine Außerlandesschaffung als unverhältnismäßigen Eingriff anzusehen. Daher sei es gar nicht erforderlich, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des Aufenthaltes im Gastsstaat überhaupt ein Privatleben iSd Art 8 EMRK entstanden sei.

Wenngleich der Asylgerichtshof diese Ausführungen des EGMR in dieser Schärfe nicht uneingeschränkt zu teilen vermag, so bleibt doch in Anbetracht dieser vorgegebenen Leitlinie für den gegenständlichen Fall festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin während der Dauer ihres Aufenthaltes in Österreich, lediglich - wie bereits ausgeführt - für den Zeitraum von etwa zwei Jahren zwar über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz, aber über keinen Aufenthalt verfügte, der über einen solchen vorübergehenden und somit unsicheren Aufenthalt hinausging, und dass sie überwiegend - für den Zeitraum von etwa fünfeinhalb Jahren - über gar keinen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügte. Zudem reiste sie - dies sei allerdings, da es wie bereits erwähnt auf Grund des Vorliegens rechtskräftiger, gegenüber der Beschwerdeführerin ergangener negativer asylbehördlicher und fremdenpolizeilicher Entscheidungen nicht mehr maßgeblich auf Fragen der subjektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens ankommt, lediglich unterstützend ausgeführt, zumal der Beschwerdeführerin dies auf Grund ihrer damaligen Minderjährigkeit nicht im selben Maße vorwerfbar ist wie ihrer Mutter - zu einem Zeitpunkt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, als das erste Asylverfahren ihres Vaters, dessen Fluchtgründe als unglaubwürdig erkannt worden waren, bereits in erster Instanz negativ abgeschlossen war.

Der Verwaltungsgerichtshof führte etwa in seinem Beschluss vom , Zl. AW 2009/18/0081, betreffend die Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen, welcher sich seit der illegalen Einreise im Jahr 1991 im österreichischen Bundesgebiet aufhielt und nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Jahr 1997 seinen Aufenthalt in Österreich fortsetzte, im Rahmen der Interessenabwägung aus, dass der für den Beschwerdeführer mit dem Vollzug der Ausweisung verbundene Nachteil im Wesentlichen darin bestehe, dass der ihm aus dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK zuzumutende Zustand wiederhergestellt werde, der vor seiner Einreise nach Österreich und seinem daran anschließenden rechtswidrigen Verbleib bestanden habe, und dass er die Folgen des Abbruchs der nur durch sein beharrliches, illegales Verhalten aufgebauten beruflichen Integration zu tragen habe (vgl. in diesem Sinne auch VwGH E vom , Zl. 2009/18/0429 und , Zl. 2003/18/0263).

Der überwiegend illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet und die Vielzahl der gegenüber der Beschwerdeführerin bereits ergangenen, aber nicht befolgten rechtskräftigen asylbehördlichen und fremdenpolizeilichen Entscheidungen können im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung daher im Lichte der dargestellten Rechtsprechung des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes selbst unter Annahme einer erfolgten Integration nicht für das private Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich ins Treffen geführt werden, vielmehr erscheint unter diesem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt der Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin im öffentlichen Interesse zur Erreichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten; dies nicht zuletzt auch auf Grund der - auch in der Beschwerde, wenngleich in anderem Zusammenhang, im Übrigen selbst angesprochenen - außergewöhnlichen Publizitätswirkung des gegenständlichen Falles.

In die Richtung obiger Überlegungen scheinen im Übrigen auch die Erwägungen des Verfassungsgerichthofes in seinem Beschluss vom , U 2511, 2512/09-3, zu deuten, welcher in einem vergleichbaren Fall einer Beschwerdeführerin, die im Jahr 2001 illegal in das österreichische[n] Bundesgebiet eingereist war, während dieses Zeitraumes bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres dritten Asylverfahrens mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes am sohin insgesamt - ebenso wie die nunmehrige Beschwerdeführerin nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens - drei negativ abgeschlossene Asylverfahren (aber keine fremdenrechtlichen Verfahren wie die nunmehrige Beschwerdeführerin) betrieben und zwischen diesen Verfahren unrechtmäßige Aufenthalte im Bundesgebiet zu verzeichnen hatte, die Behandlung der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom ablehnte mit der Begründung, dem Asylgerichtshof könne aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht entgegen getreten werden, wenn er auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgehe, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art 8 EMRK überwiege.

Dieses Ergebnis vermögen auch die weiteren im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung in Betracht zu ziehenden Kriterien nicht mehr entscheidend zu Gunsten der Beschwerdeführerin zu beeinflussen:

Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführerin, welche sich seit ihrem elften Lebensjahr und nunmehr seit etwa siebeneinhalb Jahren in Österreich befindet, zwar eine stattgefunden habende Integration grundsätzlich nicht abzusprechen. Die Beschwerdeführerin hat den Großteil ihrer Schulbildung in Österreich absolviert und besucht derzeit die zweite Klasse der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe, sie spricht ausgezeichnet Deutsch verfügt über einen großen Freundeskreis in Österreich und geht in ihrer Freizeit diversen außerschulischen Aktivitäten nach. In Österreich leben Verwandte der Beschwerdeführerin, die zum Teil die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und wurde der Beschwerdeführerin auch - wie sich aus der im erstinstanzlichen Verwaltungsakt aufliegen[den] Bestätigung entnehmen lässt - eine Lehrstelle als Friseurin angeboten. Die Integration der Beschwerdeführerin wird auch in den zahlreichen, sowohl im erstinstanzlichen als auch im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterstützungserklärungen ihres sozialen Umfeldes in Österreich bestätigt.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang noch einmal festzuhalten, dass die faktisch stattgefunden habende Integration der Beschwerdeführerin - welche vom erkennenden Gerichtshof auch gar nicht in Abrede gestellt wird - während ihres etwa siebeneinhalbjährigen Aufenthaltes in Österreich schon aus dem Blickwinkel des öffentlichen Interesses in ihrem Gewicht entscheidend dadurch gemindert wird, dass gegenüber der Beschwerdeführerin - wie bereits oben ausführlich erörtert wurde - seit Ende des Jahres 2002, basierend auf teilweise sehr rasch durchgeführten Verfahren, diverse rechtskräftige asylrechtliche und fremdenpolizeiliche Entscheidungen einschließlich einer rechtskräftigen Ausweisung - deren Vollzug sich die damals 15jährige Beschwerdeführerin allerdings in der Folge widersetzte - ergangen sind, die allesamt von der Beschwerdeführerin bzw. ihren gesetzlichen Vertretern unbeachtet blieben bzw. zu weiteren Antragstellungen führten. Die faktisch stattgefunden habende Integration der Beschwerdeführerin während ihres siebeneinhalbjährigen Aufenthaltes in Österreich, wovon lediglich etwa zwei Jahre auf einem rechtmäßigen Aufenthalt beruhen, konnte daher - rechtlich unzulässiger Weise - nur deshalb erfolgen, weil die gegenüber der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen ergangenen asylrechtlichen und fremdenpolizeilichen Entscheidungen unbefolgt blieben, die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen fortgesetzt ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkamen und die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen zum ganz überwiegenden Teil unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet verblieben.

Was nun - ohne dass es im gegenständlichen Fall im Lichte obiger Ausführungen noch entscheidungsrelevant auf Fragen der subjektiven Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführerin ankäme, weshalb dies nur der Vollständigkeit halber ausgeführt sei - den Umstand betrifft, dass die Beschwerdeführerin zu dem Zeitpunkt, als sie sich im September 2007 ihrer Abschiebung in den Herkunftsstaat widersetzte, erst 15 Jahre alt war, so ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin nach zivilrechtlichen Grundsätzen damals eine mündige Minderjährige und sohin beschränkt geschäftsfähig war; auch die Deliktsfähigkeit wird nach zivilrechtlichen Grundsätzen grundsätzlich mit dem 14. Lebensjahr erreicht. Auch nach strafrechtlichen Grundsätzen sind Jugendliche, also Personen vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr grundsätzlich schuldfähig. Das AsylG 2005 sieht in § 16 Abs 3 u. a. vor, dass ein mündiger Minderjähriger, dessen Interessen von seinem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, berechtigt ist, Anträge zu stellen und einzubringen. Diese Grundsätze zeigen, dass der Gesetzgeber ab dem vollendeten 14. Lebensjahr grundsätzlich von einer gewissen Einsichtsfähigkeit von Personen in das eigene Verhalten - wenn auch nicht im gleichen Umfang wie bei Volljährigen - ausgeht. Zudem führte etwa der sachverständige Gutachter Prim. Dr. Gerstl im Rahmen der Gutachtenserörterung vom auf die Frage, ob eine 15jährige bewusst einen Staat erpressen könne, aus, das sei möglich, er schließe das aber bei der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Reife aus. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zum damaligen Zeitpunkt ein ausreichendes Maß an Einsichtsfähigkeit in ihre Handlungen hatte, um die Unrechtmäßigkeit der Verhinderung der Umsetzung einer behördlichen Maßnahme zu erkennen und ist ihr dieses Verhalten daher auch - wenngleich auch nicht im selben Maße wie einer volljährigen Person - zurechenbar. Das aktive Widersetzen fremdenpolizeilicher Maßnahmen muss aber im legitimen öffentlichen Interesse an einer Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens grundsätzlich ganz erheblich zu Lasten der privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet ausschlagen.

Auch ist in diesem Zusammenhang zu Lasten der Beschwerdeführerin im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin jedenfalls (spätestens) ab dem. Zeitpunkt der Abschiebung ihres Vaters und ihrer Geschwister in den Kosovo, Ende September 2007 - die Beschwerdeführerin selbst widersetzte sich ja durch 'Untertauchen' ihrer Abschiebung - auch bewusst sein musste, dass ihr eigener Aufenthalt in Österreich ein unsicherer und zeitlich begrenzter sein würde; insbesondere wurde der Beschwerdeführerin auch mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom zur Kenntnis gebracht, dass sie sich unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufhält und das österreichische Bundesgebiet mit Ende des Schuljahres 2007/2008 zu verlassen hat. Die Beschwerdeführerin durfte daher (spätestens) ab dem Zeitpunkt der Abschiebung ihrer Familienangehörigen in den Herkunftsstaat nicht auf einen dauerhaften rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich vertrauen und wird daher die nach diesem Zeitpunkt allenfalls erfolgte weitere Integration der Beschwerdeführerin auch unter dem Aspekt der subjektiven Sicht der Beschwerdeführerin in ihrem Gewicht herabgemindert.

Für eine Aufenthaltsbeendigung der nunmehr volljährigen Beschwerdeführerin ist zudem ins Treffen zu führen, dass sie im Kosovo geboren wurde und sie bis zu ihrem elften Lebensjahr auch nahezu durchgehend im Herkunftsstaat lebte. Entgegen den Ausführungen im der Beschwerde beigelegten Rechtsgutachten von Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer vom - auf welches auch in der Beschwerde im Zusammenhang mit der Ausweisung verwiesen wird -, hat die Beschwerdeführerin eine Schulbildung im Kosovo genossen; die Beschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer gutachtlichen Untersuchung durch Prim. Dr. Gerstl selbst an, dass sie die Volksschule im Kosovo abgeschlossen und ihre Schulbildung mit der ersten Klasse Hauptschule in Österreich fortgesetzt habe; auch im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am brachte die Beschwerdeführerin vor, vier Klassen Volksschule in K. besucht zu haben und Albanisch zu sprechen. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin elf Jahre - sohin mehr als die Hälfte ihres Lebens - im Kosovo verbracht hat, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die albanische Sprache in Wort und Schrift ausreichend beherrscht, zumal dies von der Beschwerdeführerin selbst auch im Laufe des gesamten Verfahrens - insbesondere in den erstinstanzlichen Einvernahmen und in der Beschwerde - auch nicht bestritten wurde.

Bei der Beschwerdeführerin kann daher aufgrund des überwiegenden Lebens im Herkunftsstaat vor der illegalen Einreise nach Österreich und ihres noch sehr jungen, mit einer hohen Anpassungsfähigkeit verbundenen Alters (vgl. etwa EGMR Sarumi gegen United Kingdom vom , Nr. 43.279/98: In dieser Zulässigkeitsentscheidung attestierte der EGMR Kindern im Alter von 7 Jahren und 11 Jahren eine Anpassungsfähigkeit die eine Rückkehr mit ihren Eltern aus England, wo sie geboren wurden, nach Nigeria keine unbillige Härte erschienen ließ) davon ausgegangen werden, dass für sie der Übergang zu einem Leben im Herkunftsstaat nicht mit unzumutbaren Härten verbunden wäre, zumal ihre erstmalige - insbesondere sprachliche - Sozialisation (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom , Zl. 2005/21/0297 mwN) im Kosovo stattgefunden hat und dessen soziales Gefüge der Beschwerdeführerin - im Gegensatz etwa zu Fremden, die in Österreich geboren wurden und die den Großteil ihrer Kindheit in Österreich verbringen - auch nicht fremd ist.

Entsprechend den im gegenständlichen Fall gegenüber allen Familienangehörigen ergangenen Entscheidungen des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag sind alle Familienangehörigen gleicher Maßen von der Ausweisung betroffen und ist eine Rückverbringung der Beschwerdeführerin in den Kosovo nur gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren Geschwister in ihren Herkunftsstaat zulässig, wo nunmehr auch die volljährigen Brüder und weitere Verwandte sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits leben und wo die Beschwerdeführerin entsprechend den getroffenen Feststellungen daher auch ein - zum Teil aus wichtigen familiären Bezugspersonen bestehendes - soziales Umfeld vorfindet, durch welches ihr eine Reintegration in ihrem Herkunftsstaat, in welchem sie auch vor ihrer Ausreise auch nahezu durchgehend lebte, erleichtert wird. Im gegenständlichen Fall ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin trotz ihres relativ langen Aufenthaltes in Österreich nach wie vor über ausreichende Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat verfügt; dies wird letztlich auch mit dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer erstinstanzlichen Einvernahmen untermauert, wonach die Beschwerdeführerin mit ihren drei Tanten im Kosovo nach wie vor regelmäßig über das Internet in Kontakt steht.

Sofern in der Beschwerde ausgeführt wird, dass die Beschwerdeführerin unbescholten sei, allfällige strafrechtliche Vormerkungen anderer Familienmitglieder der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden dürften und das Prinzip der 'Sippenhaftung' in Österreich nicht gelte, wird festgehalten, dass die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin seitens des Asylgerichtshofes gar nicht in Abrede gestellt wird. Der Umstand jedoch, dass die Beschwerdeführerin nicht straffällig geworden ist, vermag insofern keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich zu bewirken, als mangelnde Straffälligkeit ja die Regel sein sollte und daher nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausgelegt werden kann; vielmehr stellen die Begehung von Straftaten - sowie im Übrigen auch das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel - eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen dar ().

Die Beschwerdeführerin verliert darüber hinaus die vorläufige Aufenthaltsberechtigung mit Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung; es ist für den erkennenden Gerichtshof derzeit nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin eine Möglichkeit hätte, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

Es ist daher im gegenständlichen Fall zusammenfassend festzuhalten, dass die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet zwar beachtlich sind, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, denen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des EGMR, ein hoher Stellenwert zukommt, allerdings erheblich in den Hintergrund treten. ...".

3. Gegen diese Entscheidung des AsylGH richtet sich die vorliegende, auf Art 144a B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK) und darauf, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Art3 EMRK) geltend gemacht werden sowie die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.

Begründend wird in der Beschwerde, die sich unter einem gegen die Entscheidungen des AsylGH in Bezug auf die Beschwerdeführerin selbst, deren Mutter und beiden Geschwister richtet, wörtlich vorgebracht:

"...

1. Der Asylgerichtshof hat den gegenständlichen Fall in der 'Rekordzeit' von nicht einmal vier Monaten abgeschlossen. Er hat weder eine mündliche Verhandlung durchgeführt, noch eine Verständigung zur Wahrung des Parteiengehörs vorgenommen, was in vergleichbaren Fällen durchaus üblich ist. Wir wurden durch die Entscheidung des Asylgerichtshofes überrascht und hatten keine Gelegenheit, ergänzende Argumente bzw. Argumente und Beweismittel zu unserer aktuellen Lebenssituation dem Gerichtshof vorzutragen.

2. Eine mündliche Verhandlung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, damit sich der Asylgerichtshof einen persönlichen Eindruck von uns Beschwerdeführern machen kann und damit eine unmittelbare Grundlage für seine Beweiswürdigung geschaffen wird. Gerade die im gegenständliche[n] Falle notwendige Integrationsprüfung im Lichte des Art 8 EMRK kann nur dann richtig und vollständig erfolgen, wenn die Integration im Rahmen einer mündlichen Verhandlung geklärt und überprüft wird. Eine mündliche Verhandlung wäre aber auch deshalb unbedingt erforderlich gewesen, da für die Entscheidung betreffend die Frage des subsidiären Schutzes die Auslegung verschiedener medizinischer Sachverständigengutachten und Befunde vorzunehmen ist, die in einem korrekten Verwaltungsverfahren konsequenterweise nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung abgeklärt und überprüft werden können. Durch das Unterlassen der Durchführung der von uns beantrag[t]en mündlichen Verhandlung hat der Asylgerichtshof Willkür geübt und sind wir schon aus diesem Grunde in unserem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung verletzt.

3. Die belangte Behörde hat sich mit den Integrationskriterien, die bei der Ausweisungsentscheidung zu prüfen sind, nur unzureichend auseinander gesetzt. [...]

4. Maßgebend für die Entscheidung des Asylgerichtshofes ist die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen - sinnvollerweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - zu sämtlichen maßgeblichen Integrationskriterien die aktuelle Situation zu erheben und ihre[r] Entscheidung zu Grunde zu legen. Die letzte Überprüfung dieser Kriterien hat durch das Bundesasylamt im Mai 2009 statt gefunden. Seither ist ein maßgeblicher Zeitraum vergangen, in dem sich die Verhältnisse [...] wesentlich zu unseren Gunsten verändert haben. Da es die belangte Behörde unterlassen hat [,] zu den Integrationskriterien (aber auch zum aktuellen Gesundheitszustand von mir, [Mutter der Beschwerdeführerin], und von mir, [Beschwerdeführerin]) den aktuell maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen, hat sie Willkür geübt und ist auch dadurch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

5. Die belangte Behörde hat jedwede eigenständige Beweisaufnahme zum maßgeblichen Sachverhalt unterlassen. Im gegenständlichen Falle liegen verschiedene medizinische Begutachtungen vor, die von der belangten Behörde - ohne entsprechenden medizinischen Sachverstand - gewürdigt und in Sachverhaltsfeststellungen gegossen werden. Durch diese Vorgangsweise übers[chr]eitet die belangte Behörde den rechtlich zulässigen Rahmen. Bei korrekter Vorgangsweise hätten die beteiligten Gutachter - wie von uns beantragt - zu einer Verhandlung vorgeladen werden müssen, um allfällige Widersprüche in den Gutachten aufzuklären und eine taugliche Entscheidungsbasis für die belangte Behörde zu schaffen. Darüber hinaus hätte eine Gutachtensergänzung insofern stattfinden müssen, als unsere aktuelle gesundheitliche Situation neuerlich befundet und begutachtet hätte werden müssen. Seit der letzten Befundaufnahme durch die Gutachter sind immerhin mittlerweile bereits ca. neun Monate vergangen. Wenn die belangte Behörde von Diskrepanzen zwischen den Gutachten [...] ausgeht, wäre ein Übergutachten einzuholen gewesen. Auch dies hat die belangte Behörde unterlassen. Auch aus diesen Gründen hat die belangte Behörde Willkür geübt und ist das Gleichbehandlungsgebot verletzt.

6. Die belangte Behörde trifft Sachverhaltsfeststellungen zur aktuellen Situation i[m] Kosovo. Sie hat uns diese Sachverhaltsfeststellungen bzw. die zu[r] Grunde liegenden Erkenntnisquellen nicht zur Stellungnahme übermittelt und damit unser Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt. Auch die Verletzung grundlegender Verfahrensgrundsätze durch die belangte Behörde zeigt deren willkürliche Vorgangsweise.

7. Wir haben in unserer Beschwerde umfangreiche Beweisanträge gestellt und zwar:

a) Einvernahme von ...

o) Einvernahme der Zeugin ...

Die Zeugen litI bis lito wurden zum Beweis unserer nachhaltigen Integration in Österreich beantragt.

Kein einziger dieser Beweisanträge wurde von der belangten Behörde berücksichtigt, ebenso wenig wurden die von uns der Beschwerde beigelegten Integrationsunterlagen entsprechend gewürdigt. Dies zeigt, dass die belangte Behörde offensichtlich nicht ernsthaft daran interessiert war, den maßgeblichen Sachverhalt korrekt und vollständig zu erheben und festzustellen. Die belangte Behörde hat Willkür geübt, wir sind in unserem Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

B. Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung

Gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär

Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen ... wenn eine ...

Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde.

Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sind gerade diese[r] Voraussetzungen im gegenständlichen Falle erfüllt, weshalb wir durch den Bescheid der belangten Behörde auch in unserem Menschenrecht nach Art 3 EMRK verletzt sind.

Der Asylgerichtshof hat in zahlreichen Fällen erkannt, dass dann, wenn aufgrund des schlechten psychischen Zustandes des Asylwerbers die Abschiebung eines Asylwerbers mit einer akuten Suizidgefahr verbunden wäre, subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Der Unabhängige Bundesasylsenat hat in zahlreichen Fällen bei viel geringeren gesundheitlichen Problemen subsidiären Schutz gewährt. Wir können uns des Eindrucks nicht erwähren, dass der Asylgerichtshof gerade in unserem Falle - angesichts der Publizität des Falles, der öffentlichen kontroversiellen Diskussion und des Medieninteresses - einen besonders strengen Maßstab anlegt.

Gerade bei mir, [Mutter der Beschwerdeführerin], wäre aufgrund der vorliegenden Gutachten die Abschiebung mit einer akuten und hochwahrscheinlichen Suizidgefahr verbunden. Weshalb in meinem Falle die Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK mit sich bringen würde, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Ich halte die Gutachtensergebnisse nochmals wie folgt fest:

Am hat vor dem Bundesasylamt eine Erörterung mit den Sachverständigen Dr. Stompe, Dr. Gerstl und Dr. Lindenbauer [stattgefunden]. Sowohl Dr. Stompe als auch Dr. Lindenbauer bestätigten, dass in meinem Falle die psychische Erkrankung nicht simuliert ist, sondern eindeutige Symptome vorliegen, die eine Simulation ausschließen. Dr. Stompe hat weiters ausgeführt, dass bei mir in der Abschiebesituation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sich eine Suizidalität ergeben würde und es auch denkbar wäre, dass es zu einem Mitnahmesuizid kommt. Dr. Lindenbauer ist diesen Ausführungen nicht entgegen getreten. Dr. Stompe hat bestätigt, dass er davon ausgeht, dass es zu einem Selbstmordversuch kommen würde, wenn ich erfahren würde, dass ich heute abgeschoben werden würde. Dr. Stompe hat auch bestätigt, dass Personen eher suizidgefährdet sind, wenn im Vorfeld bereits derartige Versuche oder Gedanken aufgetreten sind. Dies ist bei mir der Fall. Dr. Stompe bestätigt weiters, dass bei einer psychisch kranken Person die Wahrscheinlichkeit eines Suizidversuchs höher ist, als bei einem gesunden Menschen. Sowohl Dr. Stompe als auch Dr. Lindenbauer bestätigen, dass im Falle meiner Abschiebung sich die mittelgradige Depression zu einer schwergradigen entwickeln würde und sich in diesem Krankheitsbild auch die Suizid[]alität verstärken würde. Durch die Verstärkung meiner Depression würde im übrigen meine Handlungsfähigkeit gleich einem zu Besachwalternden ausgeschlossen, sodass ich auch vor diesem Hintergrund im Kosovo keine Existenzgrundlage hätte.

Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Gutachtensergebnisse kann kein Zweifel bestehen, dass in meinem Falle für den Fall der Abschiebung eine ernsthafte Gefahr für mein Leben und meine Gesundheit bestünde. Mir hätte daher subsidiärer Schutz gewährt werden müssen, die Verweigerung des subsidiären Schutzes verletzt mich in meinem Menschenrecht nach Art 3 EMRK.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass bereits durch den Abschiebevorgang bzw. dessen unmittelbare Ankündigung gravierende gesundheitliche Risiken und Probleme eintreten werden, sodass die Frage, ob und inwieweit eine Behandlungsmöglichkeit im Kosovo besteht, keine Rolle spielt. Dieses von den Sachverständigen als höchst wahrscheinlich bezeichnete Risiko, kann auch durch keine wie immer gearteten behördlichen Sicherheitsmaßnahmen vermieden werden.

In diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, ob bei mir eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt oder nicht, da auch der Sachverständige Dr. Lindenbauer von einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Selbstmordversuches spricht, obwohl er das Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms verneint.

Die belangte Behörde berücksichtigt auch nicht, dass nach den Sachverständig[t]engutachten davon auszugehen ist, dass ich durch die Abschiebung hochgradig depressiv würde und damit handlungsunfähig würde, genauso, als ob für mich ein Sachwalter zu bestellen wäre. Ich wäre dann nicht in der Lage, die Existenzgrundlage für meine Kinder und mich auch nur annähernd sicher zu stellen, sodass auch aus diesem Grunde von einer Verletzung von Art 3 EMRK auszugehen ist.

Verwiesen wird in diesem Zusammenhang nochmals auf das Gutachten von Dr. Stompe, der eine Studie von Hans Wolfgang Gierlich zitiert, nach welcher im Kosovo auf 8900 ernsthaft psychisch Erkrankte, nur ein einziger Facharzt für Psychiatrie kommt. Diesen Beweisergebnissen hat die belangte Behörde - auch mangels eigener Ermittlungen - überhaupt nichts Brauchbares entgegen gesetzt. Auch vor diesem Hintergrund muss ernsthaft bezweifelt werden, dass meine Erkrankung im Kosovo tatsächlich entsprechend behandelt werden könnte.

Prim. Dr. Gerstl hat bei mir, [Beschwerdeführerin], ebenfalls festgestellt, dass auch in meinem Falle im Falle einer Abschiebung mit gewisser Wahrscheinlichkeit Selbstmordgefahr besteht. Auch für mich gelten daher jene Kriterien, wie sie oben für meine Mutter [...] ausgeführt wurden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sowohl Dr. Gerstl als auch Dr. Lindenbauer bestätigen, dass in meinem Falle nicht davon gesprochen werden kann, dass ich mich theatralisch inszeniere, aber, was Suizidgedanken betrifft, nicht durchschaubar bin. Dr. Gerstl kann für den Fall, dass ich abgeschoben werden sollte, keinesfalls ausschließen, dass etwas Schlimmes passieren würde.

Vor dem Hintergrund dieser Beweisergebnisse ist jedenfalls auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR von 'aussergewöhnlichen Verhältnissen' auszugehen, weshalb bei richtiger rechtlicher Beurteilung subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Wir sind daher auch in unserem Menschenrecht nach Art 3 EMRK verletzt.

C. Recht auf Privat- und Familienleben

Bei richtiger Würdigung des Sachverhalts und bei korrekter Prüfung der Integrationskriterien des § 10 Abs 2 AsylG hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass unsere Integration in Österreich derartig verfestigt ist, dass unsere Ausweisung aus Österreich dauerhaft in unzulässiger Weise unser Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK verletzen würde.

Wir halten der gegenteiligen Argumentation der belangten Behörde insbesondere folgende Argumente entgegen:

1) Wir sind allesamt unbescholten. Allfällige strafrechtliche Vormerkungen anderer Familienmitgliede[r] dürfen uns nicht angelastet werden. Das Prinzip der 'Sippenhaftung' ist dem österreichischen Recht fremd.

2) Wir, [...] sprechen fließend Deutsch (mit Innviertler Akzent), unsere Deutschkenntnisse in Wort und Schrift sind wesentlich besser[,] als unsere Albanischkenntnisse. [...]

3) [...]

Ich, [Beschwerdeführerin], wollte nach Beendigung der Schulpflicht den Friseurberuf erlernen. Ich hatte bereits eine fix zugesagte Lehrstelle in Vöcklabruck. Aufgrund der fremdenrechtlichen Verfahren wurde mir die Beschäftigungsbewilligung verweigert, ich konnte die Lehrstelle nicht antreten und musste meine Schullaufbahn fortsetzen.

Wir legen Wert auf die Feststellung, dass wir immer bestrebt waren unseren Lebensunterhalt aus einer legaler Arbeit zu bestreiten und haben es niemals darauf angelegt durch öffentliche Unterstützung zu leben. Bis zum Jahr 2007 hat sowohl unser Vater/Ehegatte legal gearbeitet, ebenso ich [Mutter der Beschwerdefüherin]. Auch im laufenden Asylverfahren haben wir es nicht darauf angelegt, Taschengeld und Unterkunft aus der Grundversorgung in Anspruch zu nehmen, viel mehr haben wir unseren Lebensunterhalt aus privaten Quellen abgesichert.

4) Wir verfügen über ein funktionierendes soziales Netzwerk in Österreich. Durch dieses ist unser Lebensunterhalt ausreichend sichergestellt und war es nie ein Thema, dass wir in irgend einer Weise dem österreichischen Staat zur Last fallen könnten. Für uns haben sich namhafte Persönlichkeiten und Einrichtungen verbürgt, unter anderem der bekannte Künstler Alfons Haider, Herr Pfarrer [...], aber auch das Österreichische Rote Kreuz. Es wurden auch Internetplattformen eingerichtet, auf die wir in unserer Beschwerde verwiesen haben. Namhafte Politiker haben sich für unseren Verbleib in Österreich eingesetzt, unter anderem Herr Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, Herr Bundeskanzler [Mag.] Werner Faymann, sowie die Erste Präsidentin des Nationalrates, Frau Dr. Barbara Prammer. Auch all diese Umstände zeigen, dass in unserem Falle von einem besonderen Integrationsgrad auszugehen ist.

5) [...]

6) Wenn die belangte Behörde damit argumentiert, dass wir illegal in Österreich eingereist sind, trifft dies zwar zu. Diese Tatsache ist aber dahingehend zu relativieren, dass wir, [...] im Zeitpunkt unserer Einreise und auch während des nachfolgenden Aufenthalts in Österreich minderjährig waren und lediglich das getan haben, was unser Vater als Oberhaupt unserer Familie angeordnet hat. Dieser Umstand kann uns daher bei der Beurteilung des gegenständlichen Falles nicht zum Vorwurf gemacht werden. Wir hätten ja gar keine andere Möglichkeit gehabt, als den Anordnungen unseres Vaters Folge zu leisten. Gleiches gilt für die neuerliche Einreise von uns [mj. Geschwister der Beschwerdeführerin], im Jänner 2009. Wir haben aufgrund unserer aussichtslosen Lage im Kosovo mit Unterstützung unserer älteren Brüder den einzigen Ausweg gesucht, indem wir zu unserer Mutter reisten, nachdem sich unser Vater nicht um uns kümmerte. Auch ich, [Mutter der Beschwerdeführerin], bin lediglich den Vorgaben meines Ehegatten gefolgt und im Jahr 2002 in Österreich eingereist.

7) Aus dem Umstand, dass das Asylverfahren unseres Vaters/Ehegatten relativ rasch negativ ausgegangen ist, mussten wir nicht ableiten, dass wir nicht länger in Österreich bleiben können. Wir haben von den Behörden deutliche Signale erhalten, dass man versuchen werde, zu erreichen, dass uns ein humanitärer Aufenthaltstitel ausgestellt wird. Es gab eine eindeutige Unterstützung durch die Vertreter der Gemeinde [...], unter anderem lag eine einstimmige Resolution des Gemeinderates der Gemeinde [...] vor und bemühte sich sowohl die BH - Vöcklabruck als auch das zuständige Mitglied der Oö -Landesregierung, Herr Landesrat Dr. Josef Ackerl, [um eine] intensive Lösung unseres aufenthaltsrechtlichen Problems. Zu dieser Zeit arbeiteten sowohl ich, [Mutter der Beschwerdeführerin], als auch unser Vater/Ehegatte, wir Kinder besuchten die Schule. Wir durften darauf vertrauen, dass es den Behörden gelingen würde, einen humanitären Aufenthalt für uns sicher zu stellen. Vor diesem Hintergrund darf uns nicht vorgeworfen werden, dass wir in dieser Zeit alles getan haben, um uns bestmöglich in Österreich zu integrieren.

8) [...] Darüber hinaus kann aufgrund der Beweisergebnisse keinesfalls davon ausgegangen werden, dass wir für den Fall der Rückkehr in den Kosovo eine Unterkunftsmöglichkeit hätten, Unterstützung von Familienangehörige[n] erhalten würden und auch eine medizinische Betreuung verfügbar und finanzierbar wäre. Den Erhebungsberichten des 'Verbindungsbeamten' haben wir im Verfahren wiederholt und qualifiziert widersprochen. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde dieses Überprüfungsergebnis unreflektiert übernimmt und ihrer Entscheidung zur Grunde legt.

9) Wir haben zum Nachweis unserer Integration die Einvernahme zahlreicher Zeugen beantragt und Urkunden vorgelegt. Mit den Urkunden hat sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinander gesetzt, die Zeugen wurden nicht angehört. Wären diese Beweise aufgenommen worden und hätten sie Berücksichtigung gefunden, wäre die belangte Behörde zu einem für uns positiven Ergebnis gelangt.

10) Schließlich verweisen wir auf das Sachverständigengutachten von Herrn Univ. Prof. D[D]r. Heinz Mayer, Universität Wien, der bereits im Jänner 2008 auf der Basis der damals geltenden Rechtslage zu dem Ergebnis kommt, dass es dem Bundesminister für Inneres bereits damals freigestanden wäre seinen Ermessensspielraum dahingehend auszuüben, dass er der Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels zustimmt. Jene Kriterien, die damals maßgeblich waren, müssen auch jetzt noch gelten und bestätigt auch dieses Sachverständigengutachten, dass unsere Ausweisung aus Österreich dauerhaft in unser Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art 8 EMRK eingreift.

11) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine korrekte Prüfung der Integrationskriterien des § 10 Abs 2 AsylG zu dem Ergebnis führen muss, dass unsere Ausweisung dauerhaft unzulässig ist. Aus den dargelegten Gründen verletzten uns die Bescheide der belangten Behörde in unserem Menschrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art 8 EMRK. Unsere Ausweisung ist auch vor dem Hintergrund des Gesetzesvorbehaltes in Art 8 Abs 2 EMRK nicht zu rechtfertigen. Die Ausweisung ist keinesfalls dringend geboten, um auch nur ein einziges der in dieser Bestimmung schützenswerten öffentlichen Interesse[n] zu gewährleisten. Es liegt in unserem Falle ein klassischer Fall gelungener Integration vor. Der Asylgerichtshof hat in zahlreichen vergleichbaren Fällen die Ausweisung dauerhaft für unzulässig erklärt. Es wäre jedenfalls nicht sachgerecht in unserem Falle - allenfalls aufgrund der besonderen Publizität unsere[s] Falles - anders als in zahlreichen gleichgelagerten Fällen vorzugehen."

4. Der belangte AsylGH hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt sowie eine Gegenschrift erstattet, in der er dem Beschwerdevorbringen entgegen tritt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die §§3 Abs 1, 8 Abs 1 Z 1 und 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 lauten:

"Status des Asylberechtigten

§3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

...

Status des subsidiär Schutzberechtigten

§8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird [...]

2. ...

Verbindung mit der Ausweisung

§10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;
3.
...


Tabelle in neuem Fenster öffnen
..."


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2.
§34 AsylG 2005 lautet:

"Sonderbestimmungen für das Familienverfahren

Familienverfahren im Inland

§34. (1) Stellt ein Familienangehöriger (§2 Abs 1 Z 22) von


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
...
3.
einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes

...

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof.

..."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Vorerst ist festzuhalten, dass der AsylGH zu Recht im Wege eines Familienverfahrens iSd § 34 AsylG 2005 über die Anträge sämtlicher Familienangehöriger entschieden hat. Gemäß § 34 AsylG 2005 ist der Schutz eines Berechtigten auf alle Angehörige, denen die Familieneigenschaft iSd § 34 iVm § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 zukommt, auszudehnen, wobei das günstigste Verfahrensergebnis allen Familienangehörigen zu Gute kommt.

Für den verfahrensgegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:

Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 war die Beschwerdeführerin eine Familienangehörige iSd § 34 iVm § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005. Die inhaltliche Prüfung der gestellten Asylanträge ergab, dass kein Familienangehöriger die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und auch nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfüllt. Der AsylGH konnte somit zu Recht alle Anträge abweisen und gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 hinsichtlich sämtlicher Familienmitglieder die Ausweisung aussprechen.

Unter Bedachtnahme auf die Verfahrensvorschriften des § 34 AsylG 2005 sind dem belangten AsylGH keine in die Verfassungssphäre reichenden Fehler unterlaufen.

2. Vorauszuschicken ist auch, dass der belangte AsylGH hinsichtlich der Asylabweisung, der Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der Ausweisung der Beschwerdeführerin in die Republik Kosovo in der Begründung der angefochtenen Entscheidung die Ergebnisse des vom BAA ausführlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammengefasst und sich den diesbezüglichen bloß vier Monate zurückliegenden Ausführungen des BAA angeschlossen hat.

Auch die Feststellungen zum Herkunftsstaat, die allen Überlegungen zugrunde gelegt wurden, erwecken keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

3. Zur Nicht-Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB , 99/01/0280; , 98/29/0350; , 98/01/0262) sowie des Verfassungsgerichtshofes zur Prüfung der Flüchtlingseigenschaft eines Asylwerbers muss eine wohlbegründete Furcht vor staatlicher Verfolgung gewisser Intensität vorliegen, welche ihren Grund in der Rasse, Religion, Nationalität, Gruppenzugehörigkeit oder in der politischen Gesinnung des Asylwerbers hat.

Der AsylGH hat unter Darlegung der bereits auf Grundlage der Ergebnisse des Verfahrens vor dem BAA getroffenen Erwägungen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass weder den Angaben der Beschwerdeführerin noch jenen ihrer Familienangehörigen Anhaltspunkte für eine ihr bzw. ihrer Familie im Falle ihrer Rückkehr drohende Verfolgung aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention zu entnehmen seien.

Im Übrigen blieb die Annahme des Nicht-Vorliegens eines Asylgrundes in der vorliegenden Beschwerde unbeanstandet und auch sonst ist in der Beschwerde keine in Zusammenhang mit der Darlegung der Fluchtgründe konkrete, die Beschwerdeführerin individuell betreffende Bedrohungssituation geltend gemacht worden.

Der AsylGH konnte sohin - auch vor dem Hintergrund der aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandenden Länderfeststellungen durch das BAA - zutreffend vom Nicht-Vorliegen asylrelevanter Fluchtgründe ausgehen und die Beschwerde gemäß § 3 AsylG 2005 abweisen.

4. Zur Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005:

Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte [s. etwa EGMR , Fall Soering, EuGRZ 1989, 314 (319); , Fall Vilvarajah ua., ÖJZ 1992, 309 (309); , Fall Hilal, ÖJZ 2002, 436 (436 f.)] davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuweisen - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl. VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997).

Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte erkannte der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , B2400/07, dass kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwer zugänglich oder kostenintensiver als im fremden Aufenthaltsland ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Es hindern auch Selbstmorddrohungen eines ausgewiesenen Fremden den Staat nicht daran, die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass er konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes setzt.

In der angefochtenen Entscheidung geht der belangte AsylGH in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass eine medizinische Versorgung sowie grundsätzlich eine Behandlungsmöglichkeit der psychischen Krankheit der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat gewährleistet ist bzw. besteht. Auch das Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen, die der Abschiebung entgegenstehen könnten, verneint der AsylGH denkmöglich mit dem Argument, dass - generell in Österreich und so auch im vorliegenden Fall - während der Durchführung von Problemabschiebungen "vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen ist."

Dem AsylGH kann daher - unter Berücksichtigung des angeführten Erkenntnisses des Verfassungsgerichthofes sowie der dort genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte - nicht entgegengetreten werden, wenn er trotz einer diagnostizierten Anpassungsstörung der Beschwerdeführerin und bereits ausgesprochener Selbstmorddrohungen kein verfassungsrechtliches Hindernis für die Ausweisung in die Republik Kosovo und deren Vollzug erkennt.

Das Vorliegen sonstiger Gründe, die einer Rückkehr in den Herkunftsstaat unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK entgegenstünden, konnte vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen zutreffend nicht angenommen werden.

Die Beschwerdeführerin ist demnach nicht in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art 3 EMRK verletzt.

5. Zur Ausweisung in die Republik Kosovo gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005:

5.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Auszuweisenden verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art 8 EMRK ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. die in VfSlg. 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte).

Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.

Wie die zuständige Fremdenpolizeibehörde (vgl. die zur fremdenrechtlichen Ausweisung ergangene Judikatur zB VfSlg. 18.223/2007 ua.) ist aber auch der eine Ausweisung aussprechende AsylGH bzw. das BAA stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art 8 EMRK abzuwägen.

§ 10 Abs 2 AsylG normiert in diesem Sinne, dass Ausweisungen jedenfalls unzulässig sind, wenn dadurch Art 8 EMRK verletzt würde, und zählt beispielhaft jene Kriterien auf, die jedenfalls im Zuge der Abwägung zu berücksichtigen sind; dabei handelt es sich um


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
-
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
-
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
-
den Grad der Integration;
-
die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;
-
die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
-
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
-
die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

Dem AsylGH kann nicht vorgeworfen werden, er hätte sich mit der Frage der Gefährdung der Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht hinreichend auseinandergesetzt. Soweit die Beschwerdeführerin die unzureichende Auseinandersetzung mit den Integrationskriterien behauptet, ist ihr vorweg entgegenzuhalten, dass der AsylGH ohnehin von "einem hohen Maß an Integration" ausgeht.

Es ist ihm auch nicht vorzuwerfen, dass er die im persönlichen Interesse der Beschwerdeführerin liegenden Gründe, die für einen Verbleib in Österreich sprechen, nicht dargestellt und in die Abwägung einbezogen hätte.

Dem AsylGH kann aus verfassungsrechtlicher Sicht auch nicht entgegen getreten werden, wenn er mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom , Nnyanzi gegen United Kingdom, Nr. 21878/06, dem Umstand, dass die Integration - anders als in Fällen, in denen gegenüber den Asylwerbern seit ihrer Antragstellung über mehrere Jahre keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, ohne dass dies der Sphäre der Asylwerber zuzurechnen wäre - auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte, wesentliche Bedeutung beimisst.

Zutreffend berücksichtigt der AsylGH dabei nämlich, dass der Umstand eines nur bzw. überwiegend auf Folgeanträgen basierenden Aufenthaltes eines minderjährigen Kindes, wie es die Beschwerdeführerin vom Zeitpunkt ihrer Einreise bis zur Antragstellung am war, diesem grundsätzlich nicht in dem Maß angelastet werden kann, wie dem Obsorgeberechtigten; wenn der AsylGH letztlich aber zur Auffassung gelangt, dass diese geringere Verantwortlichkeit eines Minderjährigen dennoch die Rechtsfolgen seines rechtswidrigen Aufenthaltes nicht auszuschließen vermag und ergänzend ins Treffen führt, dass sich die Beschwerdeführerin auch selbst der unangefochten gebliebenen und daher rechtskräftigen fremdenrechtlichen Ausweisung widersetzt habe, ist ihm kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen.

Ausgehend von dieser Rechtsauffassung hat der AsylGH - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden - entschieden, dass bei Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführerin, das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin überwiegt.

Auch trifft die insbesondere in der Gegenschrift des AsylGH dargetane Auffassung zu, ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt könne keinen Rechtsanspruch aus Art 8 EMRK bewirken (vgl. idS VfSlg. 14.681/1996 sowie , wenn auch zu anderen Verwaltungsrechtsmaterien). Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

Auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles konnte der AsylGH davon ausgehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art 8 EMRK überwiegt.

Die Beschwerdeführerin ist daher auch nicht in ihrem Grundrecht nach Art 8 EMRK verletzt.

5.2. Abschließend ist festzuhalten, dass die vom AsylGH (in der Gegenschrift) vertretene Auffassung zutrifft, dass es "bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG

bzw. NAG ..." der Beschwerdeführerin nicht verwehrt ist, "... wieder

in das Bundesgebiet zurückzukehren" (vgl. Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, ÖJZ 2007/74, S 861, mwN).

6. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch nicht die Ansicht der Beschwerdeführerin hinsichtlich der behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung Fremder untereinander zu teilen:

6.1. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Für Entscheidungen des AsylGH gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

Ein solcher, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem AsylGH im vorliegenden Beschwerdefall aber nicht unterlaufen. Wenn der AsylGH vor dem Hintergrund des Umstandes, dass im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Erlassung des Bescheides des BAA wie auch die Beschwerde erst vier Monate zurück lagen, von einem geklärten Sachverhalt iSd § 41 Abs 7 AsylG 2005 ausgeht und daher von einer mündlichen Verhandlung Abstand nimmt, ist ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten, zumal das BAA den Sachverhalt im Zuge mehrerer Einvernahmen stets zum aktuellen Stand erhob. Der Verfassungsgerichtshof kann daher nicht finden, dass der AsylGH in verfassungsrechtlich nicht vertretbarer Weise von einer mündlichen Verhandlung absah; auch sind keine Bedenken gegen § 41 Abs 7 AsylG 2005 entstanden.

Soweit die Beschwerdeführerin den Vorwurf erhebt, ihre Beweisanträge - insbesondere die Zeugeneinvernahmen - seien vom AsylGH unberücksichtigt geblieben, ist ihr entgegenzuhalten, dass der AsylGH der Beschwerdeführerin die faktisch erfolgte Integration ohnedies nicht abspricht und diese auch in seiner Entscheidung wesentlich berücksichtigt (vgl. dazu vor allem Punkt III.3.).

7. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre; ebenso wenig entstanden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die der bekämpften Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Die Beschwerdeführerin wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtwidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

Ob die angefochtene Entscheidung in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen eine Entscheidung des Asylgerichtshofes richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zu Kollegialbehörden nach Art 133 Z 4 B-VG mwN).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

8. Dem Antrag des belangten AsylGH, dem Bund den gesetzlichen Kostenersatz zuzuerkennen, war schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (s. etwa VfSlg. 17.873/2006 mwN).

9. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.