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VfGH vom 12.06.2010, U613/10

VfGH vom 12.06.2010, U613/10

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Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Asylantrags und Ausweisung der Beschwerdeführerin (und ihrer Familienangehörigen) in die Republik Kosovo; konkrete Bedrohungssituation im Fall der Rückkehr nicht geltend gemacht;

Ausweisung zulässig trotz Anpassungsstörung und Selbstmorddrohungen;

überwiegendes öffentliches Interesse an der Beendigung des rechtswidrigen Aufenthaltes trotz Integration

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die am geborene Beschwerdeführerin, eine

Staatsangehörige der Republik Kosovo, reiste am gemeinsam mit ihren - damals allesamt noch minderjährigen - Kindern illegal nach Österreich ein. Sie stellte am für sich und ihre Kinder jeweils einen Asylerstreckungsantrag in Bezug auf ihren Ehemann, dessen Asylantrag am vom Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) in erster Instanz abgewiesen worden war. Das BAA wies den Asylerstreckungsantrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom gemäß § 10 iVm § 11 Abs 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I 76 idF BGBl. I 126/2002, (im Folgenden: AsylG 1997) ab. Der unabhängige Bundesasylsenat (im Folgenden: UBAS) gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung keine Folge. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.2. Am stellte die Beschwerdeführerin für sich und ihre Kinder erneut einen Asylerstreckungsantrag (wiederum in Bezug auf ihren Ehemann), welcher - nach Zurückweisung des zweiten Asylantrages des Ehemannes der Beschwerdeführerin gemäß § 68 Abs 1 AVG - gemäß § 11 Abs 2 AsylG 1997 zurückgewiesen wurde. Mit Bescheid des UBAS vom wurde der zweite Asylantrag des Ehemannes der Beschwerdeführerin durch Abweisung der Berufung gemäß § 68 Abs 1 AVG rechtskräftig zurückgewiesen. Mit gegenüber der Beschwerdeführerin ergangenem Bescheid des UBAS vom wurde auch deren Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend zu lauten habe, dass der Asylerstreckungsantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werde.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom wurde die Beschwerdeführerin rechtskräftig ausgewiesen.

2. Am stellte die Beschwerdeführerin erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am vom BAA gemäß §§3 Abs 1 und 8 Abs 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 29/2009, (im Folgenden: AsylG 2005) abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

Im Zuge ihrer Einvernahmen durch das BAA am , am , am sowie am brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie sei psychisch krank, befände sich in psychotherapeutischer Behandlung und nehme Medikamente. Im Kosovo würde es keine ausreichende Behandlung für ihre Krankheit geben. Sie habe im Kosovo kein zu Hause mehr und ihr Mann würde sie im Falle ihrer Rückkehr umbringen. Auch befürchte sie im Kosovo verfolgt und bedroht zu werden, weil sie in Österreich öffentlich schlecht über den Kosovo gesprochen habe.

2.1. Die gegen diesen, den Antrag auf internationalen Schutz abweisenden, Bescheid des BAA vom erhobene Beschwerde wurde mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung des Asylgerichtshofes (im Folgenden: AsylGH) vom - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - gemäß §§3 Abs 1 und 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen.

In den Entscheidungsgründen des AsylGH werden einleitend der bisherige Verfahrensablauf unter zum Teil wörtlicher Wiedergabe der Protokolle der Einvernahmen dargestellt, das Fluchtvorbringen zusammengefasst und schließlich die auf Grundlage der Ergebnisse der beiden bisherigen rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, der erfolgten Einvernahmen sowie der eingeholten Gutachten und Befunde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, die der Entscheidung des AsylGH zu Grunde gelegt werden, wiedergegeben.

Dabei schließt sich der AsylGH im Wesentlichen den Beweisausführungen des BAA an und gelangt zu dem Ergebnis, dass die vorgebrachten Fluchtgründe nicht asylrelevant iSd Genfer Flüchtlingskonvention seien, zumal vorwiegend wirtschaftliche Gründe geltend gemacht worden seien. In Bezug auf die vorgebrachte Bedrohung durch den Ehemann geht der AsylGH von der Unglaubwürdigkeit aus. Selbst bei hypothetischer Zugrundelegung des fluchtkausalen Vorbringens wären Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der kosovarischen Sicherheitseinrichtungen gegeben.

Im Falle einer Rückkehr in die Republik Kosovo könne zunächst nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen jegliche Existenzgrundlage entzogen sei und sie einer lebensbedrohenden Situation iSd Art 3 EMRK ausgesetzt wären.

Zwar könne nach ausführlicher Gewichtung der vorgelegten Gutachten und Befunde durch den AsylGH festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin an einer Anpassungsstörung mit mittelgradiger Depression leide, welche sich im Falle ihrer Abschiebung in den Herkunftsstaat wahrscheinlich zu einer schwergradigen Depression entwickeln würde. Dennoch sei vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen insbesondere auch in Hinblick auf eine grundsätzlich bestehende Behandlungsmöglichkeit der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin in der Republik Kosovo kein "reales Risiko" einer Verletzung der Art 2 oder Art 3 EMRK zu erkennen.

Selbstmorddrohungen würden für sich genommen einen Staat nicht daran hindern, im Fall der Ausweisung die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes getroffen werden. In Anbetracht des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin seien vom Staat für den Fall der Abschiebung in die Republik Kosovo geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines nicht auszuschließenden Suizidversuches zu ergreifen; im Rahmen der gesetzlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sei also Vorsorge zu treffen, dass bis zur tatsächlichen Übergabe der Beschwerdeführerin an die Behörden des Herkunftsstaates eine medizinische Betreuung in erforderlichem Ausmaß bereit- und sichergestellt ist. Im Übrigen würde die Beschwerdeführerin in Österreich keine über die Behandlung durch den Hausarzt hinausgehende therapeutische Behandlung in Anspruch nehmen.

Im konkreten Fall habe sich der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung der Beschwerdeführerin im Fall ihrer Abschiebung in die Republik Kosovo zu sorgen. Nach Auskunft des Bundesministeriums für Inneres sei es gängige Praxis, "dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei" seien; bei rechtzeitiger Bekanntgabe des Abschiebevorganges könne auch die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden.

Der Beschwerdeführerin könne ein gewisses Maß an Integration, welche zum Teil nur auf Grund beharrlichen unrechtmäßigen Verbleibes im Bundesgebiet möglich gewesen sei, nicht abgesprochen werden. Diese faktisch erfolgte Integration werde aber insbesondere deshalb relativiert, weil die gegenüber der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen ergangenen asyl- und fremdenrechtlichen Entscheidungen unbefolgt geblieben, die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen fortgesetzt ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen zum ganz überwiegenden Teil unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet verblieben seien.

Die Beschwerdeführerin sei im Zeitpunkt der Entscheidung des AsylGH etwa siebeneinhalb Jahre im Bundesgebiet aufhältig, davon würden allerdings lediglich etwa drei Jahre auf einen rechtmäßigen Aufenthalt entfallen. Für den verbleibenden Zeitraum habe die Beschwerdeführerin über keinerlei rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich verfügt.

Die rechtlichen Erwägungen in der Entscheidung des AsylGH zur Ausweisung (Spruchpunkt III der Entscheidung) lauten wörtlich wie folgt:

"...

Im gegenständlichen Fall ist von einem Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin und ihrer Familienangehörigen auszugehen. Zu prüfen ist daher die Frage der Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffes, wobei eine Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich und dem öffentlichen Interesse an einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in die Republik Kosovo vorzunehmen ist.

Anders als in Fällen, in denen gegenüber Asylwerbern seit ihrer Asylantragstellung mehrere Jahre keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, ohne dass dies der Sphäre der Asylwerber zuzurechen wäre, diese - auch wenn sie sich des unsicheren Aufenthaltes während eines solchen Verfahrens bewusst sein mussten - mit der Möglichkeit einer positiven Erledigung des Antrages rechnen durften und sie während dieses Zeitraumes rechtmäßig auf Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - oder einer anderen gesetzlichen Grundlage - im österreichischen Bundesgebiet aufhältig waren, was in Summe bei vorliegender Integration nicht auszuschließender Weise allenfalls zu einer anderen Beurteilung führen könnte, sind im gegenständlichen Fall gegenüber der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen [...] seit Ende des Jahres 2002, basierend auf teilweise sehr rasch durchgeführten Verfahren diverse rechtskräftige asylrechtliche und fremdenpolizeiliche Entscheidungen einschließlich einer rechtskräftigen Ausweisung[...] ergangen, die allesamt von der Beschwerdeführerin unbeachtet blieben bzw. zu weiteren Antragstellungen führten. Die Beschwerdeführerin erhielt sehr rasch Klarheit darüber, dass bei ihr keine asylrelevanten Gründe vorliegen. Bereits seit rechtskräftigem negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom musste sich die Beschwerdeführerin im übrigen nicht nur dessen bewusst sein, dass ihr Aufenthalt in Österreich ein unsicherer war, er war in weiterer Folge - jedenfalls zunächst bis zur nächsten Asylantragstellung am - unrechtmäßig und durfte die Beschwerdeführerin keineswegs mehr darauf vertrauen, im österreichischen Bundesgebiet verbleiben zu dürfen; vielmehr musste sie damit rechnen, das österreichische Bundesgebiet verlassen zu müssen und wäre auch dazu verpflichtet gewesen, es freiwillig zu verlassen.

Die in der Beschwerde geäußerte Ansicht, der Verfahrensablauf sei keinesfalls so gewesen, dass die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen bereits längere Zeit wussten bzw. wissen mussten, dass der Aufenthalt in Österreich nur ein vorübergehender sein werde, ist daher nicht zutreffend. Ganz abgesehen davon aber vermag diese Argumentation darüber hinaus vor dem Hintergrund von insgesamt zwei rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren, vier - soweit der Rechtskraft fähig - rechtskräftig negativ abgeschlossenen fremdenpolizeilichen Verfahren (unter Einschluss einer nicht befolgten Ausweisungsentscheidung) und den diese Entscheidungen bestätigenden höchstgerichtlichen Entscheidungen, welche alle dem Rechtsbestand angehören und welche die Beschwerdeführerin daher gegen sich gelten lassen muss, schon vom Ansatz her nicht zu greifen, da es in diesem Zusammenhang nicht auf subjektive Kriterien der Zurechenbarkeit ankommen kann. Zudem ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass der Aufenthalt der - illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereisten - Beschwerdeführerin in Österreich überwiegend - etwa viereinhalb Jahre - unrechtmäßig war. Die restlichen etwa drei Jahre entfielen auf eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz; über einen darüber hinausgehenden Aufenthaltstitel verfügte die Beschwerdeführerin nie.

Der EGMR gelangte in seiner Entscheidung vom , Beschwerde Nr. 21878/06, Nnyanzi v. The United Kingdom, Randnr. 76, im Ergebnis zu dem Schluss, dass ein lediglich auf wiederholte Antragstellungen gegründeter, auf Grund dieser Antragstellungen bloß vorübergehend berechtigter und somit unsicherer Aufenthalt in seiner Gewichtung geringer zu bewerten sei als ein Aufenthalt, welcher sich auf eine rechtmäßige, über den Status eines Asylwerbers während des Verfahrens hinausgehende Niederlassung gründe. Jegliches während eines solchen unsicheren Aufenthaltes begründete Privatleben könne im Rahmen einer Interessenabwägung mit dem legitimen öffentlichen Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen, eine Außerlandesschaffung als unverhältnismäßigen Eingriff anzusehen. Daher sei es gar nicht erforderlich, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des Aufenthaltes im Gastsstaat überhaupt ein Privatleben iSd Art 8 EMRK entstanden sei.

Wenngleich der Asylgerichtshof diese Ausführungen des EGMR in dieser Schärfe nicht uneingeschränkt zu teilen vermag, so bleibt doch in Anbetracht dieser vorgegebenen Leitlinie für den gegenständlichen Fall festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin während der Dauer ihres Aufenthaltes in Österreich lediglich [...] für den Zeitraum von etwa drei Jahren zwar über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz, aber über keinen Aufenthalt verfügte, der über einen solchen vorübergehenden und somit unsicheren Aufenthalt hinausging, und dass sie überwiegend - für den Zeitraum von etwa viereinhalb Jahren - über gar keinen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügte.

Zudem reiste die Beschwerdeführerin - dies sei allerdings, da es wie bereits erwähnt auf Grund des Vorliegens rechtskräftiger, gegenüber der Beschwerdeführerin ergangener negativer asylbehördlicher und fremdenpolizeilicher Entscheidungen nicht mehr maßgeblich auf Fragen der subjektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens ankommt, lediglich unterstützend ausgeführt - zu einem Zeitpunkt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, als das erste Asylverfahren ihres Ehemannes, dessen Fluchtgründe als unglaubwürdig erkannt worden waren, bereits in erster Instanz negativ abgeschlossen war. Weiters musste ihr bereits zwei Monate nach ihrer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet ab dem rechtskräftigen negativen Abschluss ihres ersten Asylverfahrens im November 2002 bewusst sein, dass sie das Bundesgebiet zu verlassen habe, was ihr in weiterer Folge durch mehrere weitere rechtskräftig negativ abgeschlossene asylrechtliche und fremdenpolizeiliche Verfahren immer wieder vor Augen geführt, von ihr aber offenkundig als unbeachtlich angesehen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof führte etwa in seinem Beschluss vom , Zl. AW 2009/18/0081, betreffend die Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen, welcher sich seit der illegalen Einreise im Jahr 1991 im österreichischen Bundesgebiet aufhielt und nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Jahr 1997 seinen Aufenthalt in Österreich fortsetzte, im Rahmen der Interessenabwägung aus, dass der für den Beschwerdeführer mit dem Vollzug der Ausweisung verbundene Nachteil im Wesentlichen darin bestehe, dass der ihm aus dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK zuzumutende Zustand wiederhergestellt werde, der vor seiner Einreise nach Österreich und seinem daran anschließenden rechtswidrigen Verbleib bestanden habe, und dass er die Folgen des Abbruchs der nur durch sein beharrliches, illegales Verhalten aufgebauten beruflichen Integration zu tragen habe (vgl. in diesem Sinne auch Zl. 2009/18/0429 und , Zl. 2003/18/0263).

Der überwiegend illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet und die Vielzahl der gegenüber der Beschwerdeführerin bereits ergangenen, aber nicht befolgten rechtskräftigen asylbehördlichen und fremdenpolizeilichen Entscheidungen können im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung daher im Lichte der dargestellten Rechtsprechung des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes selbst bei Annahme einer erfolgten Integration nicht für das private Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich ins Treffen geführt werden, vielmehr erscheint unter diesem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt der Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin im öffentlichen Interesse zur Erreichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten; dies nicht zuletzt auch auf Grund der - auch in der Beschwerde, wenngleich in anderem Zusammenhang, im Übrigen selbst angesprochenen - außergewöhnlichen Publizitätswirkung des gegenständlichen Falles.

Der Vollständigkeit halber soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Umstand, dass die Beschwerdeführerin über Jahre nicht bereit war, rechtskräftige Entscheidungen österreichischer Behörden zu akzeptieren und umzusetzen, indiziert, dass sich die Beschwerdeführerin den rechtlichen Werten der österreichischen Rechtsordnung nur in eingeschränktem Maße verbunden zu fühlen scheint, was ebenfalls nicht geeignet sein kann, im Rahmen einer Interessenabwägung zu ihren Gunsten auszuschlagen.

In die Richtung obiger Überlegungen scheinen im Übrigen auch die Erwägungen des Verfassungsgerichthofes in seinem Beschluss vom , U 2511, 2512/09-3, zu deuten, welcher in einem vergleichbaren Fall einer Beschwerdeführerin [...], die im Jahr 2001 illegal in das österreichische[n] Bundesgebiet eingereist war, während dieses Zeitraumes bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres dritten Asylverfahrens mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes am sohin insgesamt - ebenso wie die nunmehrige Beschwerdeführerin nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens - drei negativ abgeschlossene Asylverfahren (aber keine fremdenrechtlichen Verfahren wie die nunmehrige Beschwerdeführerin) betrieben und zwischen diesen Verfahren unrechtmäßige Aufenthalte im Bundesgebiet zu verzeichnen hatte, die Behandlung der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom ablehnte mit der Begründung, dem Asylgerichtshof könne aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht entgegen getreten werden, wenn er auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgehe, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art 8 EMRK überwiege.

Dieses Ergebnis vermögen auch die weiteren im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung in Betracht zu ziehenden Kriterien nicht mehr entscheidend zu Gunsten der Beschwerdeführerin zu beeinflussen:

Der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder

wird laut eigenem Vorbringen im Verfahren jedenfalls seit September

2007 nicht durch die Beschwerdeführerin selbst sondern durch

Unterstützung der Volkshilfe und Pfarrer [...] bestritten. Die an

einer psychischen Erkrankung leidende Beschwerdeführerin ist laut

eigenen Angaben derzeit nicht in der Lage, aus eigenen Kräften und

Mitteln den Lebensunterhalt ihrer in Österreich aufhältigen Familie

zu bestreiten und ist ihren Angaben im erstinstanzlichen Verfahren zu

Folge aktuell nicht arbeits- und selbsterhaltungsfähig ('Ich bin so

krank, dass ich für mich selbst nicht sorgen kann .... Auch in

Österreich bin ich meiste Zeit zuhause ich gehe selten außer Haus ...

meine Tochter passt auf die zwei Kinder auf, sie kocht uns sie macht

alles, ich bin so krank und so weit, dass ich mich selbst umbringen

möchte ... Ich besuche die nicht, aber die mich, sie nehmen auch

meine Kinder mit und gehen spazieren oder so. Ich gehe deswegen nicht fort, weil ich Angast habe, dass ich zu zittern anfange und deswegen bleibe ich zuhause, etc...'), was sie auch in der Beschwerde ausdrücklich bestätigt.

Zudem ist der Beschwerde ein Schreiben der Volkshilfe vom beigegeben, in welchem u.a. darauf hingewiesen wird, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer labilen Verfassung nicht allein in ihrer Wohnung aufhältig sein sollte; die Anwesenheit einer Betreuungsperson während der Nachtstunden werde dringend empfohlen. Im Rahmen der erstinstanzlichen Einvernahme am gab die Beschwerdeführerin an, sie sei derzeit nicht berufstätig, früher habe sie gearbeitet, seit zwei Jahren arbeite sie nicht mehr. Auch wurde weder im erstinstanzlichen Verfahren noch nunmehr im Beschwerdeverfahren vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin derzeit einer Beschäftigung nachgeht. Insofern vermag auch die im erstinstanzlichen Verwaltungsakt aufliegende Beschäftigungszusage einer näher genannten Firma als Brüterarbeiterin vom eine Arbeits- bzw. Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht darzulegen. Selbiges gilt für die von der Beschwerdeführerin selbst nicht erwähnte oder vorgelegte, aber vom Arbeitsmarktservice Vöcklabruck vorgelegte Beschäftigungsbewilligung vom , gültig vom bis , welche - dies sei lediglich der Vollständigkeit halber erwähnt - schon deshalb keinen rechtmäßigen Aufenthalt nach § 31 Abs 1 Z 6 FPG bzw. kein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht iSd § 10 Abs 2 Z 1 Asy1G 2005 zu begründen vermag, weil diese Beschäftigungsbewilligung für ein Jahr und sohin nicht nur für eine Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten erteilt wurde (vgl. diesbezüglich im Übrigen auch die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes vom , GZ. B1 259.329-2/2009/2E und vom , GZ. B7 407.685-1/2009/2E). Auch die von der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht vorgelegten, in den Jahren 2003 bis 2005 erteilten Beschäftigungsbewilligungen vermochten mangels Erwähnung von Beschäftigungsbewilligungen im damals in Geltung befindlichen § 31 Abs 1 FrG 1997 keinen 'rechtmäßigen Aufenthalt' im Sinne dieser Bestimmung zu begründen. Nicht unerwähnt bleiben soll in Anbetracht der für die Beschwerdeführerin am für ein Jahr erteilten Beschäftigungsbewilligung allerdings, dass eine allfälliger Weise tatsächlich doch vorliegende Arbeitsfähigkeit durchaus geeignet sein könnte, die Angaben der Beschwerdeführerin über ihren Gesundheitszustand und den Inhalt der von ihr diesbezüglich vorgelegten Privatgutachten in einem zweifelhaften Licht erscheinen zu lassen.

Sollte die Beschwerdeführerin nun aber tatsächlich - wie ein Versicherungsdatenauszug vom nahe legen würde, was aber von der Beschwerdeführerin im Asylverfahren (etwa im Rahmen einer Beschwerdeergänzung) ebenfalls nicht bekannt gegeben wurde - doch seit einer Beschäftigung als Arbeiterin in einem näher genannten Betrieb für Putenzucht nachgehen, so wäre naturgemäß von der Arbeits- und Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen. Dies würde nun einerseits das Vorbringen der Beschwerdeführerin, auf Grund ihres Gesundheitszustandes liege ein Abschiebungshindernis vor, weiter in Frage stellen und die unter Spruchpunkt II. getätigten Ausführungen des Asylgerichtshofes unterstreichen, andererseits wäre dieser Umstand im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand einer seit allenfalls vorliegenden Arbeits- und Selbsterhaltungsfähigkeit das oben an Hand der Rechtsprechung des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes ausführlich dargestellte öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art 8 EMRK nicht zu überwiegen vermag, zumal die allfällig erfolgte Integration am Arbeitsmarkt nur auf Grund des beharrlichen unrechtmäßigen Verbleibes im Bundesgebiet möglich war. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Zeiten der teilweisen Beschäftigung während der Jahre 2003 bis 2007.

Im gegenständlichen Fall sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, die auf besonders intensive Bindungen oder eine hinreichend starke gesellschaftliche Integration der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet schließen lassen könnten. Die Beschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer erstinstanzlichen Einvernahme vom selbst an, über keine besonderen Anknüpfungspunkte zu Österreich zu verfügen; sie besuche keinerlei Kurse und gehöre beispielsweise auch keinem Verein an. Sie bekomme zwar Besuch von österreichischen Bekannten darunter auch von ihrer ehemaligen Chefin, für welche die Beschwerdeführerin fünf Jahre gearbeitet habe, würde aber die meiste Zeit zu Hause verbringen und selten außer Haus gehen. Auch die Lehrerin der Kinder, welche alles für die Kinder kaufe, Schulsachen, Jause, Milch usw., besuche sie, die Beschwerdeführerin könne ihren Namen aber nicht angeben.

Ein gewisses Maß an Integration soll der Beschwerdeführerin nun nicht abgesprochen werden, jedoch kann eine hinreichend starke soziale Integration der Beschwerdeführerin in Österreich im gegenständlichen Fall nicht erkannt werden. Selbst wenn man aber entgegen der Ansicht des Asylgerichtshofes die Meinung vertreten sollte, bei der Beschwerdeführerin liege ein gewichtiges Maß an Integration vor, so hätten alle gesetzten faktischen Integrationsschritte der Beschwerdeführerin während ihres siebeneinhalbjährigen Aufenthaltes in Österreich, wovon lediglich etwa drei Jahre auf einem rechtmäßigen Aufenthalt beruhen, in rechtlich unzulässiger Weise nur deshalb erfolgen können, weil die gegenüber der Beschwerdeführerin und ihren Familienangehörigen ergangenen asylrechtlichen und fremdenpolizeilichen Entscheidungen unbefolgt blieben, die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen fortgesetzt ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkamen und die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen zum ganz überwiegenden Teil unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet verblieben, was eine allfälliger Weise faktisch stattgefunden habende Integration maßgeblich relativieren würde.

Für eine Aufenthaltsbeendigung ist zudem ins Treffen zu führen, dass die Beschwerdeführerin - entgegen ihren Angaben, wie oben aufgezeigt wurde - nach wie vor über ausreichende Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat verfügt. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass ihre beiden volljährigen Söhne [...] seit September 2007 - bis auf einen Zeitraum von mehreren Wochen, in welchem sie sich in Ungarn und Österreich aufhielten - wieder im Kosovo leben und sich auch drei Schwestern und weitere Verwandte der Beschwerdeführerin nach wie vor im Kosovo aufhalten, weshalb die Beschwerdeführerin nach ihrer Rückkehr in den Kosovo auch ein soziales Netzwerk im Heimatstaat vorfindet. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin - welche im Verfahren mehrmals den Wunsch geäußert hat, nur mit ihren Kindern zusammen sein zu wollen - nunmehr in Begleitung ihrer drei in Österreich aufhältigen Kinder zu ihren übrigen Familienangehörigen in den Kosovo zurückkehren würde und anzunehmen ist, dass der Beschwerdeführerin die Reintegration in ihrem Herkunftsstaat auch im Hinblick darauf, dass sie mit ihren Kindern wieder vereint wäre, erleichtert wird. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass die 47jährige Beschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2002 nahezu durchgehend [...]in ihrem Herkunftsstaat lebte und auch ihre fünf Kinder im Kosovo geboren wurden, ist im Lichte der bisherigen Ausführungen nicht davon auszugehen, dass im Falle der Beschwerdeführerin ein derart fortgeschrittenes Maß an Integration in Österreich im Verhältnis zu den Bindungen zum Herkunftsstaat erworben worden wäre, welches eine Rückkehr in den Herkunftsstaat unter dem Aspekt des geschützten Rechtes auf Privatleben als unzulässig erscheinen lassen würde.

Für einen Verbleib der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet würde im Rahmen der Interessenabwägung grundsätzlich sprechen, dass die Beschwerdeführerin auch über Verwandte in Österreich verfügt, die teilweise die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Wie die Beschwerdeführerin aber selbst angab, ist der Kontakt zu diesen Verwandten keineswegs so eng, dass er geeignet wäre, das ganz erhebliche Überwiegen der bisherigen, für eine Beendigung des Aufenthaltes sprechenden Argumente entscheidungserheblich zu mindern.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nicht straffällig geworden ist, vermag insofern keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich zu bewirken, als mangelnde Straffälligkeit ja die Regel sein sollte und daher nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausgelegt werden kann; vielmehr stellen die Begehung von Straftaten - sowie im Übrigen auch das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel - eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen dar ().

Die Beschwerdeführerin verliert darüber hinaus die vorläufige Aufenthaltsberechtigung mit Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung, es ist für den erkennenden Gerichtshof derzeit nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin eine Möglichkeit hätte, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist auch darauf hinzuweisen, dass im Hinblick auf die vorliegende psychische Erkrankung [...] durch die Ausweisung der Beschwerdeführerin kein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin vorliegt; wie bereits oben[ ] erwähnt[,] befindet sich die Beschwerdeführerin derzeit in keiner regelmäßigen medizinischen - fachärztlichen - Behandlung in Österreich, deren Abbruch zur Verschlechterung ihres Zustandes führen könnte (vgl. in diesem Zusammenhang EGMR , Fall Bensaid gegen Vereinigtes Königreich).

Es ist daher im gegenständlichen Fall zusammenfassend festzuhalten, dass die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet zwar nicht unbeachtlich sind, im Lichte obiger Ausführungen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, allerdings erheblich in den Hintergrund treten; insbesondere ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin trotz negativem Abschluss ihrer bisherigen Asylverfahren - unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet verblieben ist und auch mehreren rechtskräftigen fremdenpolizeilichen Entscheidungen bzw. Maßnahmen nicht Folge geleistet hat, was aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstellt. Die Verfügung der Ausweisung ist daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig, zumal für die Beschwerdeführerin in weiterer Folge keine Hindernisse dagegen bestehen, sich vom Ausland aus um einen Einreise- und Aufenthaltstitel für Österreich zu bemühen."

3. Gegen diese Entscheidung des Asylgerichthofes richtet sich die vorliegende auf Art 144a B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK) und darauf, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Art3 EMRK) geltend gemacht werden sowie die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.

3.1. Begründend wird in der Beschwerde, die sich unter einem gegen die Entscheidungen des AsylGH in Bezug auf die Beschwerdeführerin selbst, sowie deren Kinder richtet, wörtlich vorgebracht:

"...

1. Der Asylgerichtshof hat den gegenständlichen Fall in der 'Rekordzeit' von nicht einmal vier Monaten abgeschlossen. Er hat weder eine mündliche Verhandlung durchgeführt, noch eine Verständigung zur Wahrung des Parteiengehörs vorgenommen, was in vergleichbaren Fällen durchaus üblich ist. Wir wurden durch die Entscheidung des Asylgerichtshofes überrascht und hatten keine Gelegenheit, ergänzende Argumente bzw. Argumente und Beweismittel zu unserer aktuellen Lebenssituation dem Gerichtshof vorzutragen.

2. Eine mündliche Verhandlung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, damit sich der Asylgerichtshof einen persönlichen Eindruck von uns Beschwerdeführern machen kann und damit eine unmittelbare Grundlage für seine Beweiswürdigung geschaffen wird. Gerade die im gegenständliche[n] Falle notwendige Integrationsprüfung im Lichte des Art 8 EMRK kann nur dann richtig und vollständig erfolgen, wenn die Integration im Rahmen einer mündlichen Verhandlung geklärt und überprüft wird. Eine mündliche Verhandlung wäre aber auch deshalb unbedingt erforderlich gewesen, da für die Entscheidung betreffend die Frage des subsidiären Schutzes die Auslegung verschiedener medizinischer Sachverständigengutachten und Befunde vorzunehmen ist, die in einem korrekten Verwaltungsverfahren konsequenterweise nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung abgeklärt und überprüft werden können. Durch das Unterlassen der Durchführung der von uns beantrag[t]en mündlichen Verhandlung hat der Asylgerichtshof Willkür geübt und sind wir schon aus diesem Grunde in unserem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung verletzt.

3. Die belangte Behörde hat sich mit den Integrationskriterien, die bei der Ausweisungsentscheidung zu prüfen sind, nur unzureichend auseinander gesetzt. Dies zeigt schon der Umstand, dass der Asylgerichtshof nicht einmal überprüft hat, ob ich, [Beschwerdeführerin], einer legalen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe und daher meinen Lebensunterhalt aus eigenen Geldmitteln bestreiten kann. Die belangte Behörde stellt dazu - ohne nähere Überprüfung des Sachverhaltes und im übrigen unrichtig und aktenwidrig - fest, ich würde zumindest seit 2007 von Unterstützungen Dritter leben. Dies ist umso bedenklicher, als ich der belangten Behörde noch vor Bescheidzustellung am mitgeteilt habe, dass ich über eine aufrechte Beschäftigungsbewilligung verfüge und zur Firma P M GmbH in einem aufrechten Dienstverhältnis stehe. Noch vor Bescheidzustellung wurden der Behörde Kopien der Beschäftigungsbewilligung und der Arbeitsbestätigung übermittelt. Unabhängig von den von mir vorgebrachten Argumenten und vorgelegten Urkunden wäre die belangte Behörde ohnehin verpflichtet gewesen, von Amtswegen den entscheidungswesentlichen Sachverhalt von sich aus zu erheben und festzustellen. Dies ist aber nicht geschehen, weshalb von einer willkürlichen Vorgangsweise der Behörde auszugehen ist.

4. Maßgebend für die Entscheidung des Asylgerichtshofes ist die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen - sinnvollerweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - zu sämtlichen maßgeblichen Integrationskriterien die aktuelle Situation zu erheben und ihre[r] Entscheidung zu Grunde zu legen. Die letzte Überprüfung dieser Kriterien hat durch das Bundesasylamt im Mai 2009 statt gefunden. Seither ist ein maßgeblicher Zeitraum vergangen, in dem sich die Verhältnisse - wie schon meine Arbeitsaufnahme zeigt - wesentlich zu unseren Gunsten verändert haben. Da es die belangte Behörde unterlassen hat[,] zu den Integrationskriterien (aber auch zum aktuellen Gesundheitszustand von mir, [Beschwerdeführerin], und von mir, [Tochter der Beschwerdeführerin]) den aktuell maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen, hat sie Willkür geübt und ist auch dadurch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

5. Die belangte Behörde hat jedwede eigenständige Beweisaufnahme zum maßgeblichen Sachverhalt unterlassen. Im gegenständlichen Falle liegen verschiedene medizinische Begutachtungen vor, die von der belangten Behörde - ohne entsprechenden medizinischen Sachverstand - gewürdigt und in Sachverhaltsfeststellungen gegossen werden. Durch diese Vorgangsweise übers[chr]eitet die belangte Behörde den rechtlich zulässigen Rahmen. Bei korrekter Vorgangsweise hätten die beteiligten Gutachter - wie von uns beantragt - zu einer Verhandlung vorgeladen werden müssen, um allfällige Widersprüche in den Gutachten aufzuklären und eine taugliche Entscheidungsbasis für die belangte Behörde zu schaffen. Darüber hinaus hätte eine Gutachtensergänzung insofern stattfinden müssen, als unsere aktuelle gesundheitliche Situation neuerlich befundet und begutachtet hätte werden müssen. Seit der letzten Befundaufnahme durch die Gutachter sind immerhin mittlerweile bereits ca. neun Monate vergangen. Wenn die belangte Behörde von Diskrepanzen zwischen den Gutachten (beispielsweise was die Frage betrifft, ob bei mir, [Beschwerdeführerin], eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt) ausgeht, wäre ein Übergutachten einzuholen gewesen. Auch dies hat die belangte Behörde unterlassen. Auch aus diesen Gründen hat die belangte Behörde Willkür geübt und ist das Gleichbehandlungsgebot verletzt.

6. Die belangte Behörde trifft Sachverhaltsfeststellungen zur aktuellen Situation i[m] Kosovo. Sie hat uns diese Sachverhaltsfeststellungen bzw. die zu[r] Grunde liegenden Erkenntnisquellen nicht zur Stellungnahme übermittelt und damit unser Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt. Auch die Verletzung grundlegender Verfahrensgrundsätze durch die belangte Behörde zeigt deren willkürliche Vorgangsweise.

7. Wir haben in unserer Beschwerde umfangreiche Beweisanträge gestellt und zwar:

a) Einvernahme von ...

...

o) Einvernahme der Zeugin ...

Die Zeugen litI bis lito wurden zum Beweis unserer nachhaltigen Integration in Österreich beantragt.

Kein einziger dieser Beweisanträge wurde von der belangten Behörde berücksichtigt, ebenso wenig wurden die von uns der Beschwerde beigelegten Integrationsunterlagen entsprechend gewürdigt. Dies zeigt, dass die belangte Behörde offensichtlich nicht ernsthaft daran interessiert war, den maßgeblichen Sachverhalt korrekt und vollständig zu erheben und festzustellen. Die belangte Behörde hat Willkür geübt, wir sind in unserem Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

B. Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung

Gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär

Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen ... wenn eine ...

Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde.

Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sind gerade diese[r] Voraussetzungen im gegenständlichen Falle erfüllt, weshalb wir durch den Bescheid der belangten Behörde auch in unserem Menschenrecht nach Art 3 EMRK verletzt sind.

Der Asylgerichtshof hat in zahlreichen Fällen erkannt, dass dann, wenn aufgrund des schlechten psychischen Zustandes des Asylwerbers die Abschiebung eines Asylwerbers mit einer akuten Suizidgefahr verbunden wäre, subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Der Unabhängige Bundesasylsenat hat in zahlreichen Fällen bei viel geringeren gesundheitlichen Problemen subsidiären Schutz gewährt. Wir können uns des Eindrucks nicht erwähren, dass der Asylgerichtshof gerade in unserem Falle - angesichts der Publizität des Falles, der öffentlichen kontroversiellen Diskussion und des Medieninteresses - einen besonders strengen Maßstab anlegt.

Gerade bei mir, [Beschwerdeführerin], wäre aufgrund der vorliegenden Gutachten die Abschiebung mit einer akuten und hochwahrscheinlichen Suizidgefahr verbunden. Weshalb in meinem Falle die Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK mit sich bringen würde, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Ich halte die Gutachtensergebnisse nochmals wie folgt fest:

Am hat vor dem Bundesasylamt eine Erörterung mit den Sachverständigen Dr. Stompe, Dr. Gerstl und Dr. Lindenbauer [stattgefunden]. Sowohl Dr. Stompe als auch Dr. Lindenbauer bestätigten, dass in meinem Falle die psychische Erkrankung nicht simuliert ist, sondern eindeutige Symptome vorliegen, die eine Simulation ausschließen. Dr. Stompe hat weiters ausgeführt, dass bei mir in der Abschiebesituation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sich eine Suizidalität ergeben würde und es auch denkbar wäre, dass es zu einem Mitnahmesuizid kommt. Dr. Lindenbauer ist diesen Ausführungen nicht entgegen getreten. Dr. Stompe hat bestätigt, dass er davon ausgeht, dass es zu einem Selbstmordversuch kommen würde, wenn ich erfahren würde, dass ich heute abgeschoben werden würde. Dr. Stompe hat auch bestätigt, dass Personen eher suizidgefährdet sind, wenn im Vorfeld bereits derartige Versuche oder Gedanken aufgetreten sind. Dies ist bei mir der Fall. Dr. Stompe bestätigt weiters, dass bei einer psychisch kranken Person die Wahrscheinlichkeit eines Suizidversuchs höher ist, als bei einem gesunden Menschen. Sowohl Dr. Stompe als auch Dr. Lindenbauer bestätigen, dass im Falle meiner Abschiebung sich die mittelgradige Depression zu einer schwergradigen entwickeln würde und sich in diesem Krankheitsbild auch die Suizid[]alität verstärken würde. Durch die Verstärkung meiner Depression würde im [Ü]brigen meine Handlungsfähigkeit gleich einem zu Besachwalternden ausgeschlossen, sodass ich auch vor diesem Hintergrund im Kosovo keine Existenzgrundlage hätte.

Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Gutachtensergebnisse kann kein Zweifel bestehen, dass in meinem Falle für den Fall der Abschiebung eine ernsthafte Gefahr für mein Leben und meine Gesundheit bestünde. Mir hätte daher subsidiärer Schutz gewährt werden müssen, die Verweigerung des subsidiären Schutzes verletzt mich in meinem Menschenrecht nach Art 3 EMRK.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass bereits durch den Abschiebevorgang bzw. dessen unmittelbare Ankündigung gravierende gesundheitliche Risiken und Probleme eintreten werden, sodass die Frage, ob und inwieweit eine Behandlungsmöglichkeit im Kosovo besteht, keine Rolle spielt. Dieses von den Sachverständigen als höchst wahrscheinlich bezeichnete Risiko, kann auch durch keine wie immer gearteten behördlichen Sicherheitsmaßnahmen vermieden werden.

In diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, ob bei mir eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt oder nicht, da auch der Sachverständige Dr. Lindenbauer von einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Selbstmordversuches spricht, obwohl er das Vorliegen eines posttraumatischen Belastungssyndroms verneint.

Die belangte Behörde berücksichtigt auch nicht, dass nach den Sachverständig[t]engutachten davon auszugehen ist, dass ich durch die Abschiebung hochgradig depressiv würde und damit handlungsunfähig würde, genauso, als ob für mich ein Sachwalter zu bestellen wäre. Ich wäre dann nicht in der Lage, die Existenzgrundlage für meine Kinder und mich auch nur annähernd sicher zu stellen, sodass auch aus diesem Grunde von einer Verletzung von Art 3 EMRK auszugehen ist.

Verwiesen wird in diesem Zusammenhang nochmals auf das Gutachten von Dr. Stompe, der eine Studie von Hans Wolfgang Gierlich zitiert, nach welcher im Kosovo auf 8900 ernsthaft psychisch Erkrankte, nur ein einziger Facharzt für Psychiatrie kommt. Diesen Beweisergebnissen hat die belangte Behörde - auch mangels eigener Ermittlungen - überhaupt nichts Brauchbares entgegen gesetzt. Auch vor diesem Hintergrund muss ernsthaft bezweifelt werden, dass meine Erkrankung im Kosovo tatsächlich entsprechend behandelt werden könnte.

Prim. Dr. Gerstl hat bei mir, [Tochter der Beschwerdeführerin], ebenfalls festgestellt, dass auch in meinem Falle im Falle einer Abschiebung mit gewisser Wahrscheinlichkeit Selbstmordgefahr besteht. Auch für mich gelten daher jene Kriterien, wie sie oben für meine Mutter [Beschwerdeführerin] ausgeführt wurden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sowohl Dr. Gerstl als auch Dr. Lindenbauer bestätigen, dass in meinem Falle nicht davon gesprochen werden kann, dass ich mich theatralisch inszeniere, aber, was Suizidgedanken betrifft, nicht durchschaubar bin. Dr. Gerstl kann für den Fall, dass ich abgeschoben werden sollte, keinesfalls ausschließen, dass etwas Schlimmes passieren würde.

Vor dem Hintergrund dieser Beweisergebnisse ist jedenfalls auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR von 'aussergewöhnlichen Verhältnissen' auszugehen, weshalb bei richtiger rechtlicher Beurteilung subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Wir sind daher auch in unserem Menschenrecht nach Art 3 EMRK verletzt.

C. Recht auf Privat- und Familienleben

Bei richtiger Würdigung des Sachverhalts und bei korrekter Prüfung der Integrationskriterien des § 10 Abs 2 AsylG hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass unsere Integration in Österreich derartig verfestigt ist, dass unsere Ausweisung aus Österreich dauerhaft in unzulässiger Weise unser Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK verletzen würde.

Wir halten der gegenteiligen Argumentation der belangten Behörde insbesondere folgende Argumente entgegen:

1) Wir sind allesamt unbescholten. Allfällige strafrechtliche Vormerkungen anderer Familienmitgliede[r] dürfen uns nicht angelastet werden. Das Prinzip der 'Sippenhaftung' ist dem österreichischen Recht fremd.

2) Wir, [...] sprechen fließend Deutsch [...], unsere Deutschkenntnisse in Wort und Schrift sind wesentlich besser[,] als unsere Albanischkenntnisse. [...] Auch ich, [Beschwerdeführerin], spreche ausreichend Deutsch, um mich im täglichen Leben und auch bei der Arbeit, ausreichend verständigen zu können.

3) Ich, [Beschwerdeführerin], bin zum Jahre 2007 einer legalen Beschäftigung nachgegangen. Nach den dramatischen Ereignissen des Herbstes 2007 verschlechterte sich mein Gesundheitszustand dramatisch. Dennoch ist es mir mittlerweile gelungen, wiederum eine Beschäftigungsbewilligung zu erlangen und arbeite ich seit bei der Firma P M GmbH. Arbeitsbestätigung und Beschäftigungsbewilligung habe ich, [Beschwerdeführerin], der belangten Behörde vorgelegt. Der Umstand meiner beruflichen Integration wird von der belangten Behörde bei der Entscheidungsfindung überhaupt nicht berücksichtigt.

Ich, [Tochter der Beschwerdeführerin], wollte nach Beendigung der Schulpflicht den Friseurberuf erlernen. Ich hatte bereits eine fix zugesagte Lehrstelle in Vöcklabruck. Aufgrund der fremdenrechtlichen Verfahren wurde mir die Beschäftigungsbewilligung verweigert, ich konnte die Lehrstelle nicht antreten und musste meine Schullaufbahn fortsetzen.

Wir legen Wert auf die Feststellung, dass wir immer bestrebt waren unseren Lebensunterhalt aus einer legaler Arbeit zu bestreiten und haben es niemals darauf angelegt durch öffentliche Unterstützung zu leben. Bis zum Jahr 2007 hat sowohl unser Vater/Ehegatte legal gearbeitet, ebenso ich [Beschwerdeführerin]. Auch im laufenden Asylverfahren haben wir es nicht darauf angelegt, Taschengeld und Unterkunft aus der Grundversorgung in Anspruch zu nehmen, viel mehr haben wir unseren Lebensunterhalt aus privaten Quellen abgesichert.

4) Wir verfügen über ein funktionierendes soziales Netzwerk in Österreich. Durch dieses ist unser Lebensunterhalt ausreichend sichergestellt und war es nie ein Thema, dass wir in irgend einer Weise dem österreichischen Staat zur Last fallen könnten. Für uns haben sich namhafte Persönlichkeiten und Einrichtungen verbürgt, unter anderem der bekannte Künstler Alfons Haider, Herr Pfarrer [...], aber auch das Österreichische Rote Kreuz. Es wurden auch Internetplattformen eingerichtet, auf die wir in unserer Beschwerde verwiesen haben. Namhafte Politiker haben sich für unseren Verbleib in Österreich eingesetzt, unter anderem Herr Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, Herr Bundeskanzler [Mag.] Werner Faymann, sowie die Erste Präsidentin des Nationalrates, Frau Dr. Barbara Prammer. Auch all diese Umstände zeigen, dass in unserem Falle von einem besonderen Integrationsgrad auszugehen ist.

5) Nicht ausreichend berücksichtigt weiters, dass ich, [Beschwerdeführerin], über zahlreiche in Österreich lebende nahe Angehörige verfüge (Mutter und Geschwister), einige von ihnen besitzen die österreichische Staatsbürgerschaft.

6) Wenn die belangte Behörde damit argumentiert, dass wir illegal in Österreich eingereist sind, trifft dies zwar zu. Diese Tatsache ist aber dahingehend zu relativieren, dass wir, [...] im Zeitpunkt unserer Einreise und auch während des nachfolgenden Aufenthalts in Österreich minderjährig waren und lediglich das getan haben, was unser Vater als Oberhaupt unserer Familie angeordnet hat. Dieser Umstand kann uns daher bei der Beurteilung des gegenständlichen Falles nicht zum Vorwurf gemacht werden. Wir hätten ja gar keine andere Möglichkeit gehabt, als den Anordnungen unseres Vaters Folge zu leisten. Gleiches gilt für die neuerliche Einreise von uns [mj. Kinder der Beschwerdeführerin], im Jänner 2009. Wir haben aufgrund unserer aussichtslosen Lage im Kosovo mit Unterstützung unserer älteren Brüder den einzigen Ausweg gesucht, indem wir zu unserer Mutter reisten, nachdem sich unser Vater nicht um uns kümmerte. Auch ich, [Beschwerdeführerin], bin lediglich den Vorgaben meines Ehegatten gefolgt und im Jahr 2002 in Österreich eingereist.

7) Aus dem Umstand, dass das Asylverfahren unseres Vaters/Ehegatten relativ rasch negativ ausgegangen ist, mussten wir nicht ableiten, dass wir nicht länger in Österreich bleiben können. Wir haben von den Behörden deutliche Signale erhalten, dass man versuchen werde, zu erreichen, dass uns ein humanitärer Aufenthaltstitel ausgestellt wird. Es gab eine eindeutige Unterstützung durch die Vertreter der Gemeinde [...], unter anderem lag eine einstimmige Resolution des Gemeinderates der Gemeinde [...] vor und bemühte sich sowohl die BH - Vöcklabruck als auch das zuständige Mitglied der Oö -Landesregierung, Herr Landesrat Dr. Josef Ackerl, [um eine] intensive Lösung unseres aufenthaltsrechtlichen Problems. Zu dieser Zeit arbeiteten sowohl ich, [Beschwerdeführerin], als auch unser Vater/Ehegatte, wir Kinder besuchten die Schule. Wir durften darauf vertrauen, dass es den Behörden gelingen würde, einen humanitären Aufenthalt für uns sicher zu stellen. Vor diesem Hintergrund darf uns nicht vorgeworfen werden, dass wir in dieser Zeit alles getan haben, um uns bestmöglich in Österreich zu integrieren.

8) Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch die zu befürchtenden, gravierenden gesundheitlichen Nachteile, die für mich, [Beschwerdeführerin], für den Fall der Abschiebung in den Kosovo entstehen würden. Darüber hinaus kann aufgrund der Beweisergebnisse keinesfalls davon ausgegangen werden, dass wir für den Fall der Rückkehr in den Kosovo eine Unterkunftsmöglichkeit hätten, Unterstützung von Familienangehörige[n] erhalten würden und auch eine medizinische Betreuung verfügbar und finanzierbar wäre. Den Erhebungsberichten des 'Verbindungsbeamten' haben wir im Verfahren wiederholt und qualifiziert widersprochen. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde dieses Überprüfungsergebnis unreflektiert übernimmt und ihrer Entscheidung zur Grunde legt.

9) Wir haben zum Nachweis unserer Integration die Einvernahme zahlreicher Zeugen beantragt und Urkunden vorgelegt. Mit den Urkunden hat sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinander gesetzt, die Zeugen wurden nicht angehört. Wären diese Beweise aufgenommen worden und hätten sie Berücksichtigung gefunden, wäre die belangte Behörde zu einem für uns positiven Ergebnis gelangt.

10) Schließlich verweisen wir auf das Sachverständigengutachten von Herrn Univ. Prof. D[D]r. Heinz Mayer, Universität Wien, der bereits im Jänner 2008 auf der Basis der damals geltenden Rechtslage zu dem Ergebnis kommt, dass es dem Bundesminister für Inneres bereits damals freigestanden wäre seinen Ermessensspielraum dahingehend auszuüben, dass er der Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels zustimmt. Jene Kriterien, die damals maßgeblich waren, müssen auch jetzt noch gelten und bestätigt auch dieses Sachverständigengutachten, dass unsere Ausweisung aus Österreich dauerhaft in unser Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art 8 EMRK eingreift.

11) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine korrekte Prüfung der Integrationskriterien des § 10 Abs 2 AsylG zu dem Ergebnis führen muss, dass unsere Ausweisung dauerhaft unzulässig ist. Aus den dargelegten Gründen verletzten uns die Bescheide der belangten Behörde in unserem Menschrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art 8 EMRK. Unsere Ausweisung ist auch vor dem Hintergrund des Gesetzesvorbehaltes in Art 8 Abs 2 EMRK nicht zu rechtfertigen. Die Ausweisung ist keinesfalls dringend geboten, um auch nur ein einziges der in dieser Bestimmung schützenswerten öffentlichen Interesse[n] zu gewährleisten. Es liegt in unserem Falle ein klassischer Fall gelungener Integration vor. Der Asylgerichtshof hat in zahlreichen vergleichbaren Fällen die Ausweisung dauerhaft für unzulässig erklärt. Es wäre jedenfalls nicht sachgerecht in unserem Falle - allenfalls aufgrund der besonderen Publizität unsere[s] Falles - anders als in zahlreichen gleichgelagerten Fällen vorzugehen."

4. Der belangte AsylGH hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt sowie eine Gegenschrift erstattet, in der er dem Beschwerdevorbringen entgegen tritt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die §§3 Abs 1, 8 Abs 1 Z 1 und 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 lauten:

"Status des Asylberechtigten

§3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

...

Status des subsidiär Schutzberechtigten

§8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. ...

Verbindung mit der Ausweisung

§10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

1. ...

2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;

3. ...

..."

2. § 34 AsylG 2005 lautet:

"Sonderbestimmungen für das Familienverfahren

Familienverfahren im Inland

§34. (1) Stellt ein Familienangehöriger (§2 Abs 1 Z 22) von

1. ...

2. ...

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes

...

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim AsylGH.

..."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass der maßgebliche Sachverhalt in den wesentlichen Belangen jenem bereits im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom U614/10-10 erörterten gleicht, weshalb hinsichtlich der Erwägungen, die auf alle Familienmitglieder zutreffen, auch auf dieses Erkenntnis zu verweisen ist.

Der belangte AsylGH hat hinsichtlich der Asylabweisung, der Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der Ausweisung der Beschwerdeführerin in die Republik Kosovo in der Begründung der angefochtenen Entscheidung die Ergebnisse des vom BAA ausführlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammengefasst und sich den diesbezüglichen bloß vier Monate zurückliegenden Ausführungen des BAA angeschlossen.

2. Zur Feststellung der Nicht-Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB , 99/01/0280; , 98/29/0350; , 98/01/0262) sowie des Verfassungsgerichtshofes zur Prüfung der Flüchtlingseigenschaft eines Asylwerbers muss eine wohlbegründete Furcht vor staatlicher Verfolgung gewisser Intensität vorliegen, welche ihren Grund in der Rasse, Religion, Nationalität, Gruppenzugehörigkeit oder in der politischen Gesinnung des Asylwerbers hat.

Der AsylGH hat unter Darlegung der bereits auf Grundlage der Ergebnisse des Verfahrens vor dem BAA getroffenen Erwägungen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass weder den Angaben der Beschwerdeführerin noch jenen ihrer Familienangehörigen Anhaltspunkte für eine ihr bzw. ihrer Familie im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat drohende Verfolgung aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention zu entnehmen seien.

Im Übrigen blieb die Annahme des Nicht-Vorliegens eines Asylgrundes in der vorliegenden Beschwerde unbeanstandet und auch sonst ist in der Beschwerde keine in Zusammenhang mit der Darlegung der Fluchtgründe konkrete, die Beschwerdeführerin individuell betreffende Bedrohungssituation geltend gemacht worden.

Der AsylGH konnte sohin - auch vor dem Hintergrund der aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandenden Länderfeststellungen des BAA - zutreffend vom Nicht-Vorliegen asylrelevanter Fluchtgründe ausgehen und die Beschwerde gemäß § 3 AsylG 2005 abweisen.

3. Zur Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005:

Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte [s. etwa EGMR , Fall Soering, EuGRZ 1989, 314 (319); , Fall Vilvarajah ua., ÖJZ 1992, 309 (309); , Fall Hilal, ÖJZ 2002, 436 (436 f.)] davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuweisen - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl. VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997).

Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte erkannte der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , B2400/07, dass kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwer zugänglich oder kostenintensiver als im fremden Aufenthaltsstaat ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Es hindern auch Selbstmorddrohungen des ausgewiesenen Fremden für den Fall der Ausweisung den Staat nicht daran, die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes ergriffen werden.

Dem AsylGH kann im vorliegenden Fall - dabei sei auch auf die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom U614/10 verwiesen - nicht entgegen getreten werden, wenn er trotz der diagnostizierten schweren psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin und der ihrerseits bereits ausgesprochenen Selbstmorddrohungen vor dem Hintergrund des angeführten Erkenntnisses des Verfassungsgerichthofes sowie der dort genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu dem Ergebnis gelangt, dass die Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Verletzung des Art 3 EMRK bewirke. Der AsylGH verneint - nachdem er in aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandender Weise von einer grundsätzlich bestehenden Behandlungsmöglichkeit sowie der medizinischen Versorgung der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat ausgeht - denkmöglich das Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen, die der Abschiebung der Beschwerdeführerin entgegen stehen könnten, mit dem Argument, dass - generell in Österreich und so auch im vorliegenden Fall - während der Durchführung von Problemabschiebungen bis zur Übergabe "vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen ist."

Das Vorliegen sonstiger Gründe, die einer Rückkehr in den Herkunftsstaat unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK entgegenstünden, konnte vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen zutreffend nicht angenommen werden.

Die Beschwerdeführerin ist demnach nicht in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art 3 EMRK verletzt worden.

4. Zur Ausweisung in die Republik Kosovo gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005:

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Auszuweisenden verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art 8 EMRK ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. die in VfSlg. 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte).

Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt.

Wie die zuständige Fremdenpolizeibehörde (vgl. die zur fremdenrechtlichen Ausweisung ergangenen Judikatur zB VfSlg. 18.223/2007 ua.) ist aber auch der eine Ausweisung aussprechende AsylGH bzw. das BAA stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art 8 EMRK abzuwägen.

§ 10 Abs 2 AsylG normiert in diesem Sinne, dass Ausweisungen jedenfalls unzulässig sind, wenn dadurch Art 8 EMRK verletzt würde, und zählt beispielhaft jene Kriterien auf, die jedenfalls im Zuge der Abwägung zu berücksichtigen sind; dabei handelt es sich um


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage; ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
-
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
-
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
-
den Grad der Integration;
-
die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;
-
die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
-
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
-
die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

Dem AsylGH kann nicht vorgeworfen werden, er hätte sich mit der Frage der Gefährdung der Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht hinreichend auseinander gesetzt und hätte die im persönlichen Interesse der Beschwerdeführerin liegenden Gründe, die für ihren Verbleib in Österreich sprechen, nicht ausreichend dargestellt und in seine Interessenabwägung miteinbezogen. Soweit die Beschwerdeführerin die unzureichende Auseinandersetzung des AsylGH mit den Integrationskriterien behauptet, ist ihr vorweg entgegenzuhalten, dass der AsylGH ihr ein gewisses Maß an faktisch erfolgte Integration ohnedies nicht abspricht.

Das Ergebnis der hinreichenden Abwägung des AsylGH, dass bei Gegenüberstellung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen der Beschwerdeführerin das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin überwiegt, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Dem AsylGH kann aus verfassungsrechtlicher Sicht auch nicht entgegen getreten werden, wenn er mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom , Nnyanzi gegen United Kingdom, Nr. 21878/06, dem Umstand, dass die Integration - anders als in Fällen, in denen gegenüber den Asylwerbern seit ihrer Antragstellung über mehrere Jahre keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, ohne dass dies der Sphäre der Asylwerber zuzurechnen wäre - auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte, wesentliche Bedeutung beimisst.

Auch trifft die (insbesondere in der Gegenschrift des AsylGH dargetane) Auffassung zu, ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt könne keinen Rechtsanspruch aus Art 8 EMRK bewirken (vgl. idS VfSlg. 14.681/1996 sowie wenn auch zu anderen Verwaltungsrechtsmaterien). Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

Auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles konnte der AsylGH davon ausgehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art 8 EMRK überwiegt.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht nach Art 8 EMRK verletzt ist.

5. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch nicht die Ansicht der Beschwerdeführerin hinsichtlich der behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung Fremder untereinander zu teilen:

5.1. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Für Entscheidungen des AsylGH gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

Ein solcher, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem AsylGH im vorliegenden Beschwerdefall aber nicht unterlaufen. Wenn der AsylGH vor dem Hintergrund des Umstandes, dass im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Erlassung des Bescheides des BAA erst vier Monate zurück lagen, von einem geklärten Sachverhalt iSd § 41 Abs 7 AsylG 2005 ausgeht und daher von einer mündlichen Verhandlung Abstand nimmt, ist ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten, zumal das BAA den Sachverhalt im Zuge mehrerer Einvernahmen stets aktualisierte. Der Verfassungsgerichtshof kann daher nicht finden, dass der AsylGH in verfassungsrechtlich nicht vertretbarer Weise von einer mündlichen Verhandlung absah; auch sind keine Bedenken gegen § 41 Abs 7 AsylG 2005 entstanden.

Soweit die Beschwerdeführerin den Vorwurf erhebt, ihre Beweisanträge - insbesondere die Zeugeneinvernahme - seien vom AsylGH unberücksichtigt geblieben, ist ihr entgegenzuhalten, dass der AsylGH der Beschwerdeführerin die faktisch erfolgte Integration ohnedies nicht abspricht und diese auch in seiner Entscheidung wesentlich berücksichtigt (vgl. dazu vor allem Punkt III.3.).

6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre; ebenso wenig entstanden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die der bekämpften Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Die Beschwerdeführerin wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtwidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

Ob die angefochtene Entscheidung in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen eine Entscheidung des Asylgerichtshofes richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zu Kollegialbehörden nach Art 133 Z 4 B-VG mwN).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

7. Dem Antrag des belangten AsylGH, dem Bund den gesetzlichen Kostenersatz zuzuerkennen, war schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (s. etwa VfSlg. 17.873/2006 mwN).

8. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.