TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 15.12.2010, U3068/09

VfGH vom 15.12.2010, U3068/09

******

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung eines Antrags auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters; Verpflichtung des Asylgerichtshofs zur Entscheidung über den Antrag auf Rechtsbeistand durch verfahrensrechtlichen Bescheid in der Sache selbst; sofortige Bekämpfbarkeit dieses Bescheides im Rechtsschutzinteresse des Asylwerbers

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung des Asylgerichtshofes, soweit damit der Antrag auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters zurückgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Die Entscheidung wird insoweit aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin, eine am in

Österreich geborene Staatsangehörige des Irak, stellte am durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt (im Folgenden: BAA), Außenstelle Innsbruck, den Antrag gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, (im Folgenden: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I.), erkannte gemäß § 8 Abs 1 iVm § 34 Abs 3 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 eine bis befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin - ebenfalls durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin - beim Asylgerichtshof einen "Antrag auf Gewährung einer kostenlosen Rechtsvertretung/Flüchtlingsberatung" ein.

2. Der Asylgerichtshof deutete diesen Antrag (ausschließlich) als solchen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und wies ihn mit Beschluss vom gemäß § 23 Abs 1 Asylgerichtshofgesetz, BGBl. I 4/2008 idF BGBl. I 147/2008, (im Folgenden: AsylGHG), als unzulässig zurück.

3. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom (U556/09) stattgegeben und der Beschluss des Asylgerichthofes vom mangels Auseinandersetzung des Asylgerichtshofes mit dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters und daher wegen Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander aufgehoben.

4. Mit der Ersatzentscheidung des Asylgerichthofes vom wurden die Anträge der Beschwerdeführerin auf Verfahrenshilfe und Beigebung eines Flüchtlingsberaters gemäß § 23 AsylGHG und § 66 AsylG 2005 zurückgewiesen und die Zurückweisung des Antrags auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters - nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Begehren - zusammenfassend mit der mangelnden Rechtsgrundlage in § 66 AsylG 2005 begründet.

5. In der gegen diesen Beschluss gemäß Art 144a B-VG erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (auf ein faires Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art 13 EMRK sowie auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

6. Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungsakten des BAA sowie die Gerichtsakten vor und beantragte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

A. Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Antrags auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters wendet, begründet:

Was die Zurückweisung des Antrags auf Beigabe eines Flüchtlingsberaters betrifft, entspricht die vorliegende Beschwerde sowohl im entscheidungswesentlichen Sachverhalt als auch in der maßgeblichen Rechtsfrage der zu U3078,3079/09 protokollierten Beschwerde, weshalb sich der Verfassungsgerichtshof darauf beschränken kann, auf die Entscheidungsgründe seines in dieser Beschwerdesache ergangenen Erkenntnisses hinzuweisen (vgl. U3078,3079/09).

Da die Behörde von vornherein eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert hat, ist es unerheblich, ob die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Asylgerichtshof rechtsfreundlich vertreten war.

Das angefochtene Erkenntnis war daher, soweit damit der Antrag auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters zurückgewiesen wird, aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88 VfGG. Die teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde kann dabei außer Betracht bleiben, da dieser Teil keinen zusätzlichen Prozessaufwand verursacht hat (vgl. mwN). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten. Die von der Beschwerdeführerin zusätzlich verzeichneten Kosten iHv insgesamt € 400,-- waren nicht zuzuerkennen, da der als Kostenersatz zuzusprechende Pauschalsatz im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof € 2.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer beträgt.

B. Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit damit die Zurückweisung des Antrags auf Verfahrenshilfe bekämpft wird, aus folgenden Gründen abgelehnt:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art 144a B-VG ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art144a Abs 2 B-VG).

Die Beschwerde behauptet die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu diesen Rechten lässt ihr Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. ).

III. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG sowie § 19 Abs 4 erster Satz leg.cit. ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.