VfGH vom 28.01.2010, U2839/09
18985
Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Ausweisung des illegal eingereisten türkischen Ehemannes einer in Österreich niedergelassenen Unionsbürgerin; keine Einbeziehung der Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes über das Niederlassungsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern in die Ausweisungsentscheidung
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung, soweit sie die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei anordnet, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die bekämpfte Entscheidung wird insoweit aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
II. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Asylantrages richtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein am geborener
türkischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (im Folgenden: AsylG 1997) der Asylantrag abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt II.).
Der Beschwerdeführer stellte am erneut einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (im Folgenden: AVG) zurückgewiesen.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom wurde der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung (nun Beschwerde) gemäß § 66 Abs 4 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde gemäß § 68 AVG der Asylantrag erneut zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 1 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen.
2. Am heiratete der Beschwerdeführer eine in Österreich niedergelassene ungarische Staatsangehörige. Aus dieser Beziehung stammt ein am geborenes Kind. Der Beschwerdeführer, seine Ehegattin und das gemeinsame Kind leben im gemeinsamen Haushalt in Österreich.
3. Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom erhobene Berufung (nun Beschwerde) wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom hinsichtlich beider Spruchpunkte des bekämpften Bescheides abgewiesen. Hinsichtlich der Ausweisung des Beschwerdeführers führte der Asylgerichtshof wie folgt aus:
"7.1. Gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Dies gilt auch im Verfahren gem. § 68 AVG ( Zl. 2008/01/0344).
Nach Abs 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würden.
Nach Abs 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Nach Abs 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz war zurückzuweisen und liegt daher bei Erlassung dieses Erkenntnisses kein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet vor.
Im gegenständlichen Fall kommt dem BF kein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu.
Bei Ausspruch der Ausweisung kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Art8 Abs 1 EMRK). Zum Prüfungsumfang des Begriffes des 'Familienlebens' in Art 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern auch z.B. Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR , B8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR , B9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR , B9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR , 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR , 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR , 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso , vgl. auch Zl. 2003/01/0600-14, oder Zl. 2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR , X ua). Bei dem Begriff 'Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK' handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).
Im gegenständlichen Fall führt der BF an, seit mit Frau S. K. verheiratet zu sein, welche ungarische Staatsbürgerin und somit EU-Bürgerin ist. Der gemeinsame minderjährige Sohn ist auch ungarischer Staatsbürger. Vor dieser Ehe hatte der BF bereits am eine österreichische Staatsangehörige geheiratet, diese Ehe wurde jedoch bereits nach 6 Monaten wieder geschieden. Der BF lebt mit seiner Familie im gemeinsamen Haushalt. Eine weitere Schwester des BF lebt noch in Österreich.
Es liegt somit bei einer Ausweisungsentscheidung in Bezug auf den BF ein Eingriff in seine Rechte auf Achtung des Familien- und Privatlebens vor. Dazu ist auszuführen, dass der Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familienlebens durch die erst relativ kurze Beziehung zu seiner nunmehrigen Ehefrau und der Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens durch zeitweise illegale Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet, sowie durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages und in weiterer Folge durch die Stellung eines unbegründeten Folgeantrages, relativiert wird.
Ein weiterer zu berücksichtigender Gesichtspunkte ist dabei etwa, ob ein allfälliges Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes bzw. der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen ist. Nur unter ganz speziellen Umständen bewirkt die Ausweisung eines ausländischen Familienmitglieds eine Verletzung des Art 8 MRK (VwGH 2007/18/0278 v. u.V.m). Im vorliegenden Fall ist das Familienleben des BF - sowohl bei Eingehen der ersten als auch zweiten Ehe - zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der BF illegal in Österreich aufgehalten hat und sich somit bewusst war, dass ein Fortbestand des Familienlebens in Österreich nicht möglich bzw. unsicher wäre.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesasylamt als auch beim AsylGH um öffentliche Behörden im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK und ist der Eingriff in § 8 Abs 2 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu ( Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt ( Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem BF gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass diesen mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Es bleibt ihm aber trotz Ausweisung unbenommen - wie anderen Fremden auch - danach vom Ausland aus einen Aufenthaltstitel zu beantragen und bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen so auf legale Art und Weise einzureisen bzw. hier zu leben.
Der Ausspruch einer Ausweisung bedeutet mit deren Durchsetzbarkeit für den Fremden die Verpflichtung Österreich unverzüglich zu verlassen. Nur im Falle der Verhängung einer Ausweisung kann die Sicherheitsbehörde diese, im Interesse eines geordneten Fremdenwesens notwendige, Ausreiseverpflichtung erforderlichenfalls - dh. mangels Freiwilligkeit des Fremden - auch durch eine behördliche Maßnahme durchsetzen.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Der Rechtssprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u. a. gg. Lettland, , Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, , Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art 'Handreichung des Staates' - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, , 11103/03; Dragan gg. Deutschland, , Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ('Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war...'), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom , Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirkt.
Weiters wird hier auf das jüngste Urteil des EGMR Urteil vom , NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der BF vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art 8 EMRK entstanden ist. Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre. Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom , Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
In einer weiteren aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom , zum Recht auf Familienleben eines Asylwerbers, Fall Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen, hatte ein nigerianischer Staatsangehöriger nach der Flucht aus seinem Herkunftsstaat am in Norwegen einen Asylantrag gestellt. Während des ungesicherten Aufenthaltes in Norwegen hat er eine norwegische Staatsangehörige geehelicht und mit dieser ein Kind gezeugt. Ein Antrag auf Arbeitserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis wurde abgewiesen und der BF zur Ausreise aufgefordert. Da er dieser Aufforderung nicht nachkam wurde nach vorangegangener Ankündigung eine Ausweisung mit fünfjährigem Einreiseverbot verfügt. Nach Entscheidung der Berufungsbehörde wurde er zur fristgerechten Ausreise angehalten und sein weiterer Aufenthalt war nach Fristablauf daher unrechtmäßig. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Aufenthaltsbeendigung legitimen Zielen dient, nämlich der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verhinderung von Straftaten sowie dem wirtschaftlichen Wohl des Landes. Der EGMR erachtete es jedenfalls als gegeben, dass der Beschwerdeführer in Norwegen ein relevantes Familienleben iSd Art 8 EMRK führen würde. Die Aufenthaltsbeendigung sei jedoch dessen ungeachtet nicht als unverhältnismäßig zu erachten, weil diesem zu keiner Zeit ein Bleiberecht zukam und dieses Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet wurde, wo sein fremdenrechtlicher Aufenthaltsstatus ungewiss war, wobei er sich des ungewissen Aufenthaltes bewusst sein musste. Zum Zeitpunkt der Asylantragstellung hatte er keine Beziehungen zu Norwegen und diese sind erst später entstanden. Auch die Geburt des gemeinsamen Kindes stellt für sich alleine keinen Grund für ein Bleiberecht dar. Zu bedenken ist auch, dass er den Großteil seines Lebens in Nigeria verbrachte. Es sind im Verfahren auch keine unüberwindbaren Hindernisse hervorgekommen, die einem Familienleben in Nigeria entgegenstünden. Zudem sollte es kein Problem sein die familiäre Beziehung auch durch zeitweise Besuche des BF durch die Gattin und des Kindes in Nigeria aufrecht zu halten. Der EGMR stellte im Ergebnis ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung fest und erachtete die Ausweisung mit einem fünfjährigen Einreiseverbot hier notwendig und nicht als unverhältnismäßig. Es lagen keine außergewöhnlichen Umstände vor, die ein Bleiberecht zur Aufrechterhaltung des Familienlebens in Norwegen erforderlich machten.
In den Erk. d. Zahl B1150/07-9 und Erk. d. Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 entwickelten diese unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR folgende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte 'Kriterienkatalog', an dessen Inhalt sich im Rahmen der Gesetzgeber im BGBl I 29/2009 anlehnte):
Folgende Faktoren sind im Rahmen der Interessensabwägung zu berücksichtigen:
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- | Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR , Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; , Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), |
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- | das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR , Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; , Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344; , Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271) |
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- | und dessen Intensität (EGMR , Fall Boultif, Appl. 54.273/00), |
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- | die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, |
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- | den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR , Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; , Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; , Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch ; , 2002/21/0124), |
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- | die Bindungen zum Heimatstaat, |
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- | die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch |
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- | Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und |
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- | Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR , Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; , Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet. |
Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR , Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; , Fall Solomon, Appl. 44.328/98; , Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).
Dem Beschwerdeführer musste im gegenständlichen Fall bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle den Umstand, dass dem Beschwerdeführer die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass dieser in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche Art der Einreise und Niederlassung gewählt hätte.
Auch ist darauf hinzuweisen, dass der BF trotz bereits abweisender Entscheidung im Jahr 2003 in Bezug auf seinen Asylantrag weiterhin unter Missachtung fremden- und niederlassungsrechtlicher Bestimmungen hartnäckig im Bundesgebiet illegal verharrte und in diesem Stadium des ungewissen bzw. illegalen Aufenthaltes seine Anknüpfungspunkte gem. Art 8 (1) EMRK intensivierte, weshalb er nicht schützenswert erscheint.
Im Rahmen eines Vergleiches mit den Verhältnissen im Herkunftsstaat sind im gegenständlichen Fall folgende Überlegungen anzustellen:
Der BF verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens in der Türkei, wurde dort sozialisiert, bekennt sich zum dortigen Mehrheitsglauben und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in der Türkei Bezugspersonen etwa in Form der Großfamilie (Eltern und sechs Geschwister) sowie im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises existieren, da nichts darauf hindeutet, dass dieser vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätte. Es deutet daher auch nichts darauf hin, dass es ihm im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Insbesondere sind familiäre Anknüpfungspunkte in Form der Großfamilie in der Türkei vorhanden und führte der BF in keinster Weise aus, wirtschaftliche Probleme in der Türkei gehabt zu haben. Im Gegensatz hierzu ist der BF seit 2003 in Österreich aufhältig (wobei er seit 2004 bis 2007 illegal aufhältig war) und war nicht in der Lage, seinen Aufenthalt dauerhaft zu legalisieren. Auch wurden die Befragungen des BF im gegenständlichen Verfahren unter Beiziehung eines Dolmetschers für die türkische Sprache geführt, was den Umstand der nicht ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache indiziert, wobei anzuführen ist, dass gerade das Beherrschen der Amts- und Mehrheitssprache in Österreich ein wesentlicher Bestandteil erfolgter Integration darstellen würde. Ebenso geht aus dem Akteninhalt hervor, dass der BF zeitweise einer Beschäftigung nachgegangen ist, obwohl hiezu die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren. Wenn hierzu vom BFV vorgebracht wird, dass der BF im Jahre 2003 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet gewesen wäre und daher als drittstaatsangehöriger Ehegatte vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen wäre, ist festzustellen, dass sich der BF zum damaligen Zeitpunkt im Asylverfahren befunden hat und somit vom Anwendungsbereich des NAG (§1) ausgenommen war, was jedoch Grundlage für die Ausnahme des AuslBG (§1) darstellt. Das Gleiche gilt für die vom BFV vorgetragene Rechtfertigung der nunmehrigen Ehe bzw. der daraus abgeleiteten Ausnahme vom AuslBG, befindet sich der BF doch seit 2007 im Asylverfahren.
Zum Verhältnis zu seiner Ehegattin ist festzustellen, dass der BF diese laut vorliegender Kopie der Heiratsurkunde (Standesamt St. Pölten, Nr. 10/2007) am geheiratet hat. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist vor dem Hintergrund obiger EGMR - Erkenntnisse zu Lasten des BF festzuhalten, dass sein Familien- und auch Privatleben, insbesondere die Bindungen zu seiner Frau zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich der BF bewusst war, dass sein Aufenthalt in Österreich illegal war und somit konnte dieser zu keinem Zeitpunkt vernünftigerweise davon ausgehen, sein Familienleben, welches erst im Gastland entstand, in Österreich weiter führen zu können.
Der BF lebt mit seiner nunmehrigen Frau und dem minderjährigem Kind im gemeinsamen Haushalt. Für den Asylgerichtshof steht fest, dass aufgrund der knapp zweieinhalbjährigen familiären Beziehung sowie dem Bewusstsein, dass der Aufenthalt nur ein vorübergehender - illegaler - sein würde, sich wohl eine Gemeinschaft gebildet hat, eine besondere Beziehungsintensität jedoch nicht erkennbar ist.
Eine etwaige familiäre Beziehung wie im Falle des Beschwerdeführers unter Erwachsenen fiele somit - auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) - nur dann unter den Schutz des Art 8 Abs 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das VwGH Erkenntnis vom , Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/20/0235, vom , Zl. 2003/01/0600, vom , Zl. 2004/01/0220 und vom , Zl. 2005/20/0040).
Auf den Fall des Beschwerdeführers umgelegt bedeutet dies, dass er in erster Linie von illegaler Arbeitsaufnahme sowie Zuwendungen von verschiedenen Seiten abhängig ist. Eine realistische Wahrscheinlichkeit des wirtschaftlichen Selbsterhalts in Österreich besteht schon aus rechtlichen Gründen nicht, da - auch nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes - eine Legalisierung seines Aufenthaltes unabdingbare Voraussetzung dafür ist und diese vom Inland her nach den geltenden Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (§21 NAG) und aufgrund seiner illegalen Einreise nicht möglich ist. Dies kann auch nicht durch eine Ehe oder Lebensgemeinschaft mit dauernd in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen oder österreichischen Staatsbürgern (wie seiner vormaligen Ehegattin) erreicht oder erlangt werden.
Für den Gerichtshof ist aus der Gemeinschaft mit seiner Ehegattin (mj. Kind) keine besondere Beziehungsintensität, wie etwa Pflege, Unterhalt oder sonstige Abhängigkeit erkennbar, die einen zwingenden Aufenthalt in Österreich gebieten würden. Der BF bringt weder als Familienoberhaupt einen ständigen Beitrag für den Lebensunterhalt der Familie noch leistet er anderweitig einen Beitrag zur Lebensgemeinschaft.
Demgegenüber stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu ( Zl. 2000/18/0251, uva). Überdies ist zum Schutz des wirtschaftlichen Wohls des Landes die Unterbindung des Aufenthalts von mittellosen Personen sehr bedeutsam (; , 2007/21/0406). Der Bezug von Beihilfen oder Unterstützungen karitativer Einrichtungen relativiert etwa 'finanzielle Absicherung' und 'Unterstützungen' und vermindert somit die Integration, deren Bestandteil die Selbsterhaltungsfähigkeit ist, stark ().
Hiefür können insbesondere Umstände bedeutend sein wie etwa die Dauer und als Kern der Abwägung die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes (siehe dazu nachstehende höchstgerichtliche Judikaturlinie und die des EGMR), etwaige begangene strafbare Handlungen und Rückfälle u.Ä. Es könnte eine Ausweisung allenfalls insbesondere dann eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen, wenn der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich vernünftiger Weise erwarten konnten, sein Familien- oder Privatleben in Österreich weiterzuführen. Vgl. dazu auch die nationale Höchstgerichtliche Judikatur, va sowie . Konnte er zum Zeitpunkt der Einreise hiervon vernünftiger Weise nicht ausgehen, so erschein er im Sinne des Art 8 EMRK grundsätzlich nicht schützenswert. Da der Beschwerdeführer die beschwerliche Art (im Sinne hoher Kosten und Unwägbarkeiten bzw. Unsicherheiten und Gefahren) der illegalen Einreise etwa der legalen Antragsstellung bei einer Vertretungsbehörde vorzog bzw. dies erst gar nicht versuchte, ist davon auszugehen, dass er selbst nicht von der Möglichkeit der legalen Einreise ins Bundesgebiet ausgehen konnten und faktisch auch nicht ausgegangen ist
Dem BF und seiner Familie steht es frei, in dessen Herkunftsstaat das Familienleben weiterzuführen. Der BF hat den Großteil seiner Familie (Eltern und sechs Geschwister und Verwandte) in der Türkei und hatte sich bis vor seiner Ausreise auch seinen Lebensunterhalt in der Türkei und Zypern verdient. Beim BF handelt es sich um einen jungen und arbeitsfähigen Mann, dem zuzumuten ist, auch im Herkunftsland wiederum seinen - und dem seiner Familie - Lebensunterhalt zu bestreiten. Sollten Anfangsschwierigkeiten bestehen, so kann er auf Unterstützungsleistungen seiner Familie zurückgreifen und einen eigenen Hausstand aufbauen.
Der Asylgerichtshof verkennt jedoch nicht, dass es für die Frau und das mj. Kind des BF eine große Herausforderung darstellen würde, dem BF in ein für sie fremdes Land zu folgen. Ist doch dabei neben der fremden Sprache auch der andere Kulturkreis beachtlich. Wie jedoch bereits oa. musste der Gattin schon bei der Heirat der unsichere Aufenthalt des BF bewusst sein und sie damit rechnen, dass sie das gemeinsame Familienleben nicht in Österreich aufbauen können. Wenn vom BFV vorgebracht wird, dass die Gattin schon seit Jahren in Österreich aufhältig ist und das gemeinsame Kind auch immer in Österreich war, ist festzuhalten, dass dieser bei Eingehen der Ehe schon bewusst sein musste, dass der BF illegal in Österreich sei und dementsprechend nicht darauf vertrauen konnte, dass er in Österreich bleiben könne. Wenn die Gattin des BF diesem in die Türkei folgen will, so kann sich diese sicherlich nach gewissen Anfangsschwierigkeiten in die dortige Gesellschaft eingliedern bzw. auch eine Beschäftigung finden, ist die Türkei doch ein großes Tourismusland und hat sowohl in der Hauptstadt als auch an den touristischen Gebieten großen Bedarf an deutsch bzw. ungarisch sprechendem Personal. Hinsichtlich des minderjährigen Kindes ist festzustellen, dass es Kindern im allgemeinen leichter fällt, sich einem fremden Kulturkreis bzw. der fremden Sprache anzupassen. Das Kleinkind befindet sich erst in der sprachlichen Entwicklungsphase sodass mit keinen sprachlichen Schwierigkeiten zu rechnen ist. Es steht jedoch der Familie des BF frei, weiterhin in Österreich zu leben. Die Selbsterhaltungsfähigkeit der Ehegattin für sich und das Kind wurde schon in der Vergangenheit bewiesen. Weiters besteht für den BF die Möglichkeit, eine Niederlassungsbewilligung Familienangehöriger zu beantragen und anschließend auf legalem Wege nach Österreich zu gelangen.
Auch ist nicht ersichtlich, dass sich der BF in irgendeiner Weise im besonderen Maße im Bereich des sozialen Lebens in Österreich engagiert hatte. Der BF hat auch keine integrativen Maßnahmen wie Sprachkurse, Vereinsleben etc. vorzuweisen bzw. wurde dies auch von ihm nicht behauptet.
Im Rahmen einer Gesamtschau kann daher nicht festgestellt werden, dass eine Gegenüberstellung der vom BF in seinem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnisse mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu einem Überwiegen der familiären oder privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Asylantragstellung allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip).
Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung der Ausweisung ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste femdenpolizeiliche Mittel (etwa im Vergleich zu den in §§60 ff FPG 2005 idgF) handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erscheint.
Aus den o.a. Erwägungen geht somit hervor, dass der Eingriff in die durch Art 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers zulässig ist, weil im Rahmen einer Interessensabwägung gem. Abs 2 leg. cit. festzustellen ist, dass das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Vollzugs des Fremdenwesens, ebenso wie die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung deutlich den Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen und dieser Eingriff zur Erreichung der genannten Ziele notwendig und darüber hinaus verhältnismäßig ist."
4. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter sowie gemäß Art 6 und 8 EMRK) sowie wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Norm geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.
5. Der Asylgerichtshof hat als belangtes Gericht von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen, auf seine Begründung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und die Verfahrensakten übermittelt.
II. Die maßgebliche Rechtslage lautet:
1. Die Art 2, 3, 7, 27 und 28 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. 2004
L 158, S 77, (im Folgenden: RL) lauten auszugsweise:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. 'Unionsbürger' jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt;
2. 'Familienangehöriger'
a) den Ehegatten;
b) den Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind;
c) die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird;
d) die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, denen von diesen Unterhalt gewährt wird;
3. 'Aufnahmemitgliedstaat' den Mitgliedstaat, in den sich der Unionsbürger begibt, um dort sein Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt auszuüben.
Artikel 3
Berechtigte
(1) Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinne von Artikel 2 Nummer 2, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.
(2) ...
...
Artikel 7
Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er
a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder
b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder
c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und
- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder
d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.
(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.
(3) - (4) ...
...
KAPITEL VI
Beschränkungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit
Artikel 27
Allgemeine Grundsätze
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.
(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
(3) - (4) ...
Artikel 28
Schutz vor Ausweisung
(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.
(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.
(3) ... "
2. § 10 AsylG 2005, BGBl. I 2005/100 idF BGBl. I 4/2008, lautet auszugsweise:
"5. Abschnitt
Gemeinsame Bestimmungen
Verbindung mit der Ausweisung
§10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;
3. - 4. ...
(2) Ausweisungen nach Abs 1 sind unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würden.
(3) ...
(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen."
Die §§52 und 54 des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich, idF BGBl. I 100/2005 (im Folgenden: NAG) lauten auszugsweise:
"Niederlassungsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern
§ 52. Angehörige von freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern (§51), die selbst EWR-Bürger sind, sind zur Niederlassung berechtigt, wenn sie
1. Ehegatte sind;
2. - 5. ...
und diesen begleiten oder zu ihm nachziehen.
Daueraufenthaltskarten
§54. (1) Angehörige von freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern (§51), die nicht EWR-Bürger sind und die die in § 52 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zur Niederlassung berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Daueraufenthaltskarte für die Dauer von zehn Jahren auszustellen. Dieser Antrag ist spätestens nach Ablauf von drei Monaten ab ihrer Niederlassung zu stellen.
(2) ..."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde, soweit sie sich gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet richtet, erwogen:
1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie ).
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).
Ein derartiger Widerspruch ist im vorliegenden Fall gegeben:
2.1. Gemäß Art 2 Z 2 der RL ist Familienangehöriger eines Unionsbürgers u.a. der Ehemann einer Unionsbürgerin. Gemäß Art 3 Abs 1 der RL gilt diese für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinn des Art 2 Z 2 der RL, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.
Gemäß Art 27 Abs 1 der RL dürfen die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen (im Sinn des Art 2 Z 2 der RL), ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, ausschließlich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränkt werden. Art 27 Abs 2 der RL legt fest, dass bei der Verhängung von (fremdenpolizeilichen) Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist und ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen berücksichtigt werden darf; strafrechtliche Verurteilungen des Betroffenen allein können diese Maßnahmen nicht ohne Weiteres begründen. Art 28 Abs 1 der RL normiert, dass der Aufnahmemitgliedstaat insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat berücksichtigt, bevor er eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt.
Schließlich kommt dem Familienangehörigen eines Unionsbürgers, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, gemäß des im vorliegenden Fall relevanten Art 7 Abs 2 der RL ein Aufenthaltsrecht in diesem Mitgliedstaat zu, sofern er die Art 7 Abs 1 der RL näher ausgeführten Voraussetzungen erfüllt und den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleitet oder ihm nachzieht.
2.2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein drittstaatszugehöriger Familienangehöriger eines Unionsbürgers auf die RL berufen kann, sprach der , Metock, Slg. 2008, I-06241, Folgendes aus: Ein Drittstaatsangehöriger, der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratet ist, muss sich vor seiner Einreise in den Aufnahmemitgliedstaat nicht rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten haben, um sich auf die Bestimmungen der RL berufen zu können. Vielmehr kann sich der Drittstaatsangehörige, der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratet ist und der diesen Unionsbürger begleitet oder ihm nachzieht, auf die Bestimmungen der RL berufen, unabhängig davon, wo und wann die Ehe geschlossen wurde oder wie der betreffende Drittstaatsangehörige in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist ist.
Darüber hinaus präzisierte der , Sahin, die Voraussetzungen, unter denen sich ein Drittstaatsangehöriger auf die RL berufen kann, dahin gehend, dass die RL auch jene Familienangehörigen erfasst, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft erworben oder das Familienleben mit diesem Unionsbürger begründet haben, wobei es keine Rolle spielt, dass sich der Familienangehörige zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Eigenschaft oder der Begründung des Familienlebens nach den asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats vorläufig in diesem Staat aufhält.
3.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein, stellte zwei Asylanträge und heiratete in weiterer Folge eine in Österreich niedergelassene ungarische Staatsangehörige. Mit der angefochtenen Entscheidung wies der Asylgerichtshof in Anwendung des § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 den Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet in die Türkei aus, nachdem dessen zweiter Asylantrag zurückgewiesen worden war. Der Asylgerichtshof weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass dem Beschwerdeführer kein auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukomme und bejaht - nach erfolgter Interessenabwägung - die Zulässigkeit eines Eingriffes in die durch Art 8 EMRK geschützten Rechte durch seine Ausweisung.
3.2. Der Asylgerichtshof hat die in Umsetzung der RL erlassenen Bestimmungen der §§52 ff. NAG nicht näher in die Prüfung der Ausweisungsentscheidung miteinbezogen, sondern das Bestehen eines Aufenthaltsrechts lediglich - unbegründet - verneint. Da ein Familienangehöriger einer EWR-Bürgerin, die durch die Wohnsitznahme in Österreich ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgewiesen werden darf, hat der Asylgerichtshof eine innerstaatliche gesetzliche Vorschrift (§10 Abs 2 Z 1 AsylG 2005) unrichtig angewendet. Eine derartige Gesetzesanwendung steht mit den Rechtsvorschriften in einem solchen Maße in Widerspruch, dass der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Fremden untereinander verletzt ist.
Der Spruchpunkt II. der angefochtenen Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
IV. Soweit sich die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Asylantrages richtet, wird ihre Behandlung abgelehnt:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art 144a B-VG ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144a Abs 2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die Beschwerde behauptet die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Norm.
Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte [s. etwa EGMR , Fall Soering, EuGRZ 1989, 314 (319); , Fall Vilvarajah ua., ÖJZ 1992, 309 (309); , Fall Hilal, ÖJZ 2002, 436 (436 f.)] davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuweisen - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art 3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl. VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997).
Der Asylgerichtshof hat weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen noch sind ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung des genannten Grundrechtes darstellen (vgl. VfSlg. 13.897/1994, 15.026/1997, 15.372/1998, 16.384/2001, 17.586/2005 sowie . Ob ihm sonstige Fehler bei der Rechtsanwendung unterlaufen sind, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen.
Auch ist das Asylverfahren nicht von Art 6 EMRK erfasst (vgl. VfSlg. 13.831/1994).
Die im Übrigen gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.
Auch soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen insofern berührt, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Einzelrichterzuständigkeit ).
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, insoweit sie die Zurückweisung des Asylantrages betrifft, abzusehen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88 VfGG. Die
teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde kann dabei außer Betracht bleiben, weil dieser Teil keinen zusätzlichen Prozessaufwand verursacht hat. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- und Eingabegebühr in der Höhe von € 220,-- enthalten (vgl. und , U1104/08).
Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz und Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.