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VfGH vom 06.06.2013, U2666/2012

VfGH vom 06.06.2013, U2666/2012

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Antrags auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Ausweisung des Beschwerdeführers nach Afghanistan; keine ausreichenden Ermittlungen hinsichtlich einer möglichen Niederlassung des Beschwerdeführers in Kabul ohne soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte vor Ort; keine Auseinandersetzung mit der Sicherheitslage in der Heimatprovinz Hazarajat und der damit verbundenen Rückkehrmöglichkeit

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I 100, idF BGBl I 135/2009, ab, erkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 leg.cit. nicht zu und wies ihn gemäß § 10 Abs 1 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus.

2. Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof. Mit Schriftsatz vom zog der Beschwerdeführer die Beschwerde an den Asylgerichtshof hinsichtlich des Spruchpunktes I. (betreffend die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) zurück, hielt sie im Übrigen jedoch ausdrücklich aufrecht.

3. Der Asylgerichtshof wies daraufhin mit Entscheidung vom die Beschwerde gemäß § 8 Abs 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl I 100, idF BGBl I 38/2011 (im Folgenden: AsylG 2005) und § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 ab.

3.1. Zur Lage im Herkunftsstaat trifft der Asylgerichtshof auszugsweise folgende Feststellungen:

"b) Zur Lage im Herkunftsstaat

Der Asylgerichtshof trifft folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

[...]

Sicherheitslage:

[...]

Im Jahr 2010 wurden 2.777 zivile Kriegsopfer registriert. Damit hat es so viele Tote wie seit Jahren nicht mehr gegeben.

Zivile Opfer belasten immer wieder das Verhältnis der Afghanen zu den internationalen Streitkräften im Land und vor allem zu den USA. In den meisten Fällen sind allerdings Aufständische - wie die Taliban - für den Tod von Unbeteiligten verantwortlich.

(APA, NATO und USA sollen Operationen in Afghanistan einstellen, ; APA, Laut UN deutlich mehr zivile Opfer in Afghanistan, )

Nach dem Sturz der Taliban 2001 hatte die Bevölkerung hohe Erwartungen an das neue Regime, jedoch wurden diese enttäuscht. Die International Security Assistance Force (ISAF) wird von der Bevölkerung zunehmend als Unruhefaktor wahrgenommen. Dies ist ein Grund für das Erstarken der Aufständischen und die Fortsetzung des Aufstandes. Die beste Zeit für Afghanistan wäre nach 2001 gewesen. Seither wurden die Anti-Regierungsbewegungen aber wieder stärker. Auch die Stammesstrukturen wurden wieder wichtiger und lösten teilweise die religiösen Strukturen ab. Die Erwartungshaltung der internationalen Gemeinschaft hinsichtlich der Zukunft Afghanistans ist in Summe zurückgegangen. Dennoch – so die verbreitete Meinung – wird der Juli 2011 nicht der Tag des Abzuges sein, sondern möglicherweise der Beginn der schrittweisen Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Behörden. Um diese Übergabe zu ermöglichen finden Treffen von Vertretern der USA, der ISAF und lokaler Sicherheitsbehörden statt.

(Österreich, Bundesasylamt, Bericht zur Fact Finding Mission-Afghanistan, vom Dezember 2010, S. 6 - 8; vgl. Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, , S. 13 und 14)

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2010 geschahen über 50 Prozent aller Sicherheitsvorfälle in der südlichen und südöstlichen Region des Landes. Die Sicherheitsvorfälle waren auch weiter verbreitet als in den letzten Jahren. In der Periode zwischen Mitte Juni und Mitte September 2010 stieg die Gesamtzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen um 69 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum 2009. Die Verschlechterung der Sicherheitslage hatte mehrere Ursachen, unter anderem die erhöhten Truppenzahlen der internationalen Streitkräfte und der damit verbundene Anstieg an Sicherheitsoperationen durch die afghanischen Sicherheitskräfte, sowie verstärkte Aktivitäten der Antiregierungsgruppen.

(UNHCR, Eligibility Guidelines for Assessing the international protection needs of Asylum-Seekers from Afghanistan, , S. 36)

Insgesamt ließ sich ein zunehmender Pessimismus beobachten, was die Sicherheitslage betrifft. Die gesamte Grenzregion zu Pakistan wird als unsicher eingestuft. Die Lage hat sich soweit verschlechtert, dass es wieder verstärkt humanitärer und weniger Entwicklungshilfe bedarf. Die lokalen Kommandanten sind in weiten Teilen des Landes an der Macht. Die Sicherheitslage im Süden und Südwesten ist schlecht. Im Süden finden immer noch militärische Offensiven der afghanischen und internationalen Streitkräfte statt. Diese scheinen nicht besonders erfolgreich zu sein. Drei weitere geplante Offensiven wurden abgesagt. Eine Offensive in Kandahar war im Herbst 2010 noch im Gang, diente aber eher der Errichtung eines Ring of Steel nach dem Vorbild Kabuls. In Hinblick auf die geringe Anzahl ziviler Opfer kann sie aber als erfolgreich bezeichnet werden. Die Offensive Moshtarak in Helmand scheint keine nachhaltigen Erfolge zu zeigen. Die USA haben eine Nachrichtensperre über den Süden verhängt. Auch im Westen hat sich die Sicherheitslage in den letzten Monatenweiter verschlechtert. Der Zentralraum und hier vor allem Bamiyan gehören zu den sichersten Regionen in Afghanistan. Generell gilt, dass ethnisch geschlossene Gebiete ruhiger sind.

Ein weiteres Problem im Norden Afghanistans liegt in der Gefahr von ethnischen Konflikten. Paschtunen, die während der Taliban-Zeit in den Süden geflüchtet waren, kehren nun wieder in die Gegenden um Faryab, Balkh und Jawjzan zurück und stoßen dort auf ihnen feindlich gesinnte Usbeken und Turkmenen. Bisher kam es zwar noch zu keinen Kämpfen, aber zu ersten Einschüchterungsversuchen. Dies ist ein Grund, weshalb Familien das Land verlassen. Es müsste eine Lösung für die Reintegration von Personen geben, die in ihre Herkunftsgebiete zurückkehren wollen oder einen Ort suchen um ein neues Leben zu beginnen. Vor allem bei einem Abzug der ISAF bestünde die Gefahr einer Verschärfung dieses ethnischen Konfliktes.

Doch es wurden auch positivere Bilder der Situation im Norden gezeichnet. So sollen die Militäroperationen in der Provinz Kunduz erfolgreich sein. Dabei gebe es auch nur eine geringe Anzahl an zivilen Opfern. Das medial vermittelte Bild werde der tatsächlichen Lage oft nicht gerecht. Gerade im Nordwesten Afghanistans ist die Situation sehr gut.

Die Sicherheitslage in Kabul gilt ebenfalls als vergleichsweise ruhig. Seit Februar 2010 kam es innerhalb des sogenannten 'Ring of Steel' zu keinen größeren Anschlägen. Die Anschläge haben sich eher in die Vororte von Kabul verlagert.

(Österreich, Bundesasylamt, Bericht zur Fact Finding Mission-Afghanistan, vom Dezember 2010, S. 6 - 8; vgl. Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, , S. 13 und 14)

Eine Spezialeinheit der Nato-Truppen hat in der Provinz Kunduz einen regionalen Taliban-Führer getötet. Baz Mohammad galt in den Reihen der radikalen Islamisten als "Schatten-Gouverneur" des Bezirks Imam Sahib. In den vergangenen Monaten hatte Baz Mohammad mehrere Angriffe gegen Nato-Stützpunkte und Stellungen afghanischer Truppen in der Region befehligt. Die Taliban führen seit Jahren sogenannte Schatten-Verwaltungen in allen 34 Provinzen Afghanistans. In den vergangenen Jahren brachten sie immer mehr Gebiete in Kunduz unter ihre Kontrolle, zu denen Regierungsvertreter keinen Zugang mehr hatten. Auch internationale Truppen konnten in diese Gegenden nur unter großen Risiken eindringen.

(APA, Taliban-Führer bei NATO-Einsatz in Afghanistan getötet, )

Die schlechte Sicherheitslage hat sich auch auf die Parlamentswahlen vom September 2010 ausgewirkt. Im Süden und Westen des Landes konnten viele Wähler nicht wählen gehen. Auch der Transport von notwendigen Wahlunterlagen war in vielen Regionen aufgrund der Sicherheitssituation sehr beeinträchtigt. Die Zahl der Zwischenfälle überstieg sogar die Anschlagszahlen bei den Präsidentschaftswahlen 2009. Potentielle Kandidaten ließen sich aus Sicherheitsgründen nicht aufstellen und Wähler konnten teilweise nicht frei zur Wahl gehen.

(Österreich, Bundesasylamt, Bericht zur Fact Finding Mission-Afghanistan, vom Dezember 2010, S. 11)

Sicherheitslage im Raum Kabul:

Seit August 2008 liegt die Sicherheitsverantwortung für den städtischen Bereich der Provinz Kabul nicht länger in den Händen von ISAF, sondern der afghanischen Armee und Polizei. Diesen ist es nach anfänglichen Schwierigkeiten 2010 gelungen, Zahl und Schwere umgesetzter sicherheitsrelevanter Zwischenfälle deutlich zu reduzieren. Nationale wie internationale Großveranstaltungen in Kabul, so die Peace Jirga im Juni 2010, die Kabul Conference im Juli 2010 und die Parlamentswahlen im September 2010 konnten erfolgreich gesichert und spektakuläre Anschläge verhindert werden.

Der seit Mitte 2009 bestehende 'Ring of Steel' trägt wesentlich dazu bei, das Eindringen von Aufständischen zu vereiteln. Insbesondere gelang es, die Zahl gezündeter Autobomben vonacht (2009) auf zwei (2010) zu reduzieren. Die positive Entwicklung der Sicherheitslage in Kabul erlaubt mittlerweile, in Abstimmung zwischen der Stadtverwaltung, nationalen und internationalen Sicherheitskräften mit dem Rückbau von Betonbarrieren und Verkehrsbeschränkungen zu beginnen. Die für die Bevölkerung deutlich spürbare Verbesserung der Sicherheitslage im Stadtbereich Kabuls geht weniger zurück auf eine Verminderung der Bedrohung (Anschlagversuche, Eindringen von Aufständischen etc.) als vielmehr auf die Verbesserung vorbeugender Sicherheitsmaßnahmen. Über 20.000 afghanische Polizisten und noch einmal so viele afghanische Soldaten ermöglichen diesen Erfolg. Der Nachrichtendienst NDS hat daran sicher auch einen Anteil. Medienwirksame Anschläge auf Einrichtungen mit Symbolcharakter sind dennoch auch künftig nicht auszuschließen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, , S. 15)

Sicherheitslage im Westen und Norden:

[...]

Sicherheitslage im Südwesten, Süden und Osten:

Nationale und internationale Sicherheitskräfte bekämpfen gemeinsam die Aufstandsbewegung mit Schwerpunkt im Südwesten (Helmand), Süden (Kandahar, Uruzgan) und Osten (Kunar, Khost, Paktika, Paktia) des Landes. Hier konzentriert sich auch das Gros militärischer Operationen der ISAF. Im Rahmen ihrer Neuausrichtung auf den vernetzten zivil-militärischen Ansatz der Aufstandsbekämpfung führt sie die Groß-Operation Moshtarak vornehmlich in den Provinzen Helmand und Kandahar. Die Operationen verlaufen in denmilitärisch dominierten Phasen planmäßig und erfolgreich. Die Erfolge in der 'BUILD'- Phase bleiben bisher teilweise hinter den Erwartungen zurück. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Zeit bis zum Erreichen dieser Phase, als auch hinsichtlich der Dauerhaftigkeit des Erreichten (Distrikte Marjeh und Nad Ali, Provinz Helmand). Vorgeplante Folgeoperationen um und in Kandahar-Stadt wurden und werden dadurch verzögert. Bereits für Ende 2010 erwartete Erfolge in diesem militärischen wie politischen Schlüsselgelände sind so nicht vor 2011 zu erwarten. Gleichwohl gibt die Sicherheitslage Anlass zu vorsichtigem Optimismus, da sich die Anzeichen mehren, dass die Aufstandsbewegung nicht länger in der Lage ist, dem militärischen Druck Stand zu halten. Hohe Verlustraten und sinkende Rekrutierungszahlen führen insbesondere im Süden seit mehreren Monaten zu einer Abnahme komplexer militärischer Operationen der Aufständischen sowie zu einer weiteren deutlichen Abnahme erfolgreicher Anschläge mittels Sprengfallen bei insgesamt unverändert intensiver Gefechtstätigkeit. Die weitere Entwicklung im Jahr 2011 wird zeigen, ob sich tatsächlich eine Trendwende einstellt. Zeitgleich distanziert sich die Bevölkerung überall dort zunehmend deutlicher von der Aufstandsbewegung, wo es gelingt, ihre Lebensverhältnisse durch afghanisches Regierungshandeln spürbar zu verbessern. Ob es gelingt, diesen Prozeß dauerhaft zu gestalten, ist davon abhängig, ob die Distanzierung der Bevölkerung dauerhaft sein wird.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, , S. 14 und 15)

[...]

Bewegungsfreiheit/Rückkehrfragen:

Freiwillig zurückkehrende Afghanen kamen in den ersten Jahren meist bei Familienangehörigen unter, was die in der Regel nur sehr knapp vorhandenen Ressourcen (Wohnraum, Versorgung) noch weiter strapaziert. Eine zunehmende Zahl von Rückkehrern verfügt aber nicht mehr über diese Anschlussmöglichkeiten. Das Ministerium für Flüchtlinge und Rückkehrer (MoRR) bemüht sich daher um eine Ansiedlung dieser Flüchtlinge in Neubausiedlungen für Rückkehrer (sog. 'townships'). UNHCR unterstützt gemeinsam mit der 'International Organisation for Migration' (IOM) das MoRR bei seiner Aufgabe, eine geordnete Rückkehr zu gewährleisten, worauf letzteres aufgrund seiner institutionellen Schwächen angewiesen ist. Die Ansiedlung der Flüchtlinge erfolgt unter schwierigen Rahmenbedingungen. Ein Großteil der vorgesehenen 'townships' ist kaum für eine permanente Ansiedlung geeignet. Oft fehlt es an der notwendigen Basisinfrastruktur (z.B. Wasserversorgung), und häufig befinden sich die vorgesehenen Ansiedlungsorte in abgelegenen Gebieten.

Manche Beobachter bezeichnen daher die Ansiedlung der Rückkehrer als ein 'Aussetzen in der Wüste'. Nichtregierungsorganisationen leisten hier vielfach zusätzliche Hilfe. Als vordringliche Probleme, mit denen sich die Rückkehrer konfrontiert sehen, sind Land- und Grundsstücksstreitigkeiten zu nennen, die bei der Zuweisung von Land durch die Regierung, der Rückforderung ihres früheren Besitzes und bei der illegalen Besetzung von Land offenkundig werden. Daneben ist die Verwirklichung anderer grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Wasser, Gesundheitsversorgung etc., häufig nur sehr eingeschränkt möglich. Hinzu kommt der mangelnde Zugang zu Rechtsmitteln. Diejenigen Afghanen, die bereits in den Nachbarländern nur einen kleinen Eigenbeitrag zu ihrem Lebensunterhalt leisten konnten, sehen sich bei Rückkehr oftmals noch größeren Schwierigkeiten gegenüber, da sie über kein Startkapital verfügen und Arbeitsmöglichkeiten insbesondere in den Provinzen sehr begrenzt sind.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, , S 30 und 31)

Die Probleme, die sich bei der Rückkehr ergeben können, sind vielfältig. Ein wichtiger Faktor bei der Reintegration ist die Dauer des Aufenthaltes im Ausland, denn durch einen langjährigen Auslandsaufenthalt ändert sich das Wertesystem der Betroffenen. So können sie als 'westlich' wahrgenommen werden. Es gibt Beispiele von Frauen, die ihr Kopftuch nicht richtig trugen und deshalb geohrfeigt wurden. Auch Personen, die das Land bereits in jungen Jahren verlassen haben, sind schwer zu integrieren.

Um hier eine Hilfestellung zu geben, wird von der Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit (AGEF) ein Austausch unter den Rückkehrern ermöglicht. So sollen sie die Schwierigkeiten, die mit der Rückkehr verbunden sind, leichter verarbeiten. Mit der Zeit wird dieser Austausch jedoch immer unwichtiger, da die Familie als zentrales soziales Netz an Bedeutung gewinnt. Generell sind Familien und Clans ein sehr wichtiger Pfeiler und Rückhalt für die Gesellschaft bzw. den Einzelnen, um Unterstützung zu bekommen. Familienanschluss ist enorm wichtig für die Reintegration in die Gesellschaft und wird meist innerhalb eines Jahres wieder aufgebaut. Auch wenn die Kernfamilie fehlt, gibt es meist eine Großfamilie – 'Clanstruktur' – auf die man zurückgreifen kann. Ohne soziale Kontakte ist es schwierig einen Job zu finden, da die Familienmitglieder auch als Referenz für den Arbeitgeber dienen. Die Reintegration kann bis zu drei Jahre dauern.

(Österreich, Bundesasylamt, Bericht zur Fact Finding Mission-Afghanistan, vom Dezember 2010, S. 15)

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist von einer hohen Arbeitslosenquote geprägt, wobei gleichzeitig eine große Nachfrage nach Facharbeitern besteht. Die Verdienstmöglichkeiten sind jedoch in Relation zu den Lebenshaltungskosten niedrig. Neben der Bauwirtschaft sind die Telekommunikationsindustrie und der Bankendienstleistungssektor seit 2008 sehr stark und schnell gewachsen, haben aber relativ wenig neue Arbeitsplätze geschaffen. Die boomende Bauwirtschaft schafft zwar sehr viel mehr Arbeitsplätze, aber es fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. Eine große Anzahl der Arbeitskräfte in diesem Bereich kommt aus Pakistan. Rückkehrer verfügen häufig nur über eine geringe Qualifikation bzw. Berufserfahrung. Gesucht sind Handwerker und Personen mit Englisch-, Office- und Internetkenntnissen für Verwaltung und Dienstleistung. Obwohl Arbeitsvermittlungszentren errichtet wurden, blieb deren Wirksamkeit gering. Eine Jobvermittlung läuft vor allem über private oder familiäre Netzwerke.

(BAMF, Afghanistan, Erkenntnisse und Ergebnisse eines Expertenhearings vom , S. 35)

Falls jedoch Arbeit und Einkommen vorhanden sind, geht die Reintegration wesentlich schneller. Rückkehrer ohne finanzielle Mittel und ohne Familien strukturen haben geringere Chancen. Verfügen afghanische Rückkehrer jedoch über eine gewisse Menge an Geld, können sie dieses in Afghanistan investieren und kleine Geschäfte gründen. Der Erfolg eines Rückkehrprogramms hängt auch von der Höhe der Unterstützung ab. Da viele Familien junge Männer vorausschicken, um Geld aus Europa zu erhalten, mit dem dann weiteren Familienmitgliedern die Flucht ermöglicht werden könnte, sind gewisse Hoffnungen mit diesen Flüchtenden verbunden. Außerdem haben viele Flüchtlinge noch Schulden bei ihren Schleppern. Die Kosten für eine Schleppung liegen bei ca. US$ 10.000 - 12.000. Die Rückkehr ist deshalb oft nur denkbar, wenn der Rückkehrer eine gewisse Geldmenge, Starthilfe etc. mitbringt.

(Österreich, Bundesasylamt, Bericht zur Fact Finding Mission-Afghanistan, vom Dezember 2010, S. 15)"

3.2. Die abweisende Entscheidung betreffend die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründet der Asylgerichtshof im Wesentlichen wie folgt:

"Aus den im Verfahren herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zwar, dass die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, doch variiert dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt.

Die Sicherheitslage in großen Teilen Afghanistans stabilisiert sich zunehmend, ist aber nach wie vor angespannt. Nach einer stetigen Verschlechterung seit 2006 ging die Zahl der Angriffe und Gefechte im Jahr 2011 insgesamt zurück. Dass die Zahl der zivilen Opfer 2011 insgesamt zugenommen hat, ist in erster Linie der Anschläge regierungsfeindlicher Kräfte geschuldet. Etwa 80% der zivilen Opfer des bewaffneten Konflikts werden durch sie verursacht.

Was die Sicherheitslage im Raum Kabul betrifft, ist festzuhalten, dass seit August 2008 die Sicherheitsverantwortung für den städtischen Bereich der Provinz Kabul nicht länger in den Händen von ISAF liegt, sondern der afghanischen Armee und Polizei. Dem landesweiten Trend folgend verübte die Aufstandsbewegung seit Januar 2011 auch in der Hauptstadt Kabul mehrere spektakuläre Selbstmordanschläge gegen nicht-militärische Ziele (Anschlag auf ein Einkaufszentrum und auf einen insbesondere von Ausländern frequentierten Supermarkt, Angriff auf das ANA-Krankenhaus, Anschlag auf das Intercontinental Hotel, Anschläge auf das Botschaftsviertel, Ermordung Ex-Präsident Rabbani). Damit endete in Kabul eine praktisch anschlagsfreie Zeit von fast 18 Monaten. Dessen ungeachtet ist die Sicherheitslage in Kabul jedoch unverändert stabil und weiterhin deutlich ruhiger als noch vor zwei Jahren. Medienwirksame Anschläge auf Einrichtungen mit Symbolcharakter sind auch zukünftig nicht auszuschließen (siehe deutsches Auswärtiges Amt, 'Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan' vom , S. 4 und 12 f.).

Beim BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann mittleren Alters, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der verfügt darüber hinaus über eine langjährige Berufserfahrung sowohl als Landarbeiter als auch als Bäcker. Er wird daher im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein, sich mit der bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten, wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

Auch wenn in Afghanistan die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, kann im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass es dem BF unter Berücksichtigung seiner oben dargelegten persönlichen Verhältnisse im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durchaus möglich und zumutbar ist, zunächst in der Hauptstadt Kabul nach einem – wenn auch anfangs nur vorläufigen – Wohnraum zu suchen und sich mit der bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein für seinen Lebensunterhalt ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften (innerstaatliche Schutzalternative). Letztlich steht dem BF ergänzend auch die Möglichkeit offen, sich unmittelbar nach erfolgter Ankunft an in Kabul ansässige staatliche, nicht-staatliche oder internationale Hilfseinrichtungen, im Speziellen solche für Rückkehrer aus dem Ausland, zu wenden, wenngleich nicht verkannt wird, dass von diesen Einrichtungen individuelle Unterstützungsleistungen meist nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gewährt werden können.

Insoweit in der Stellungnahme [...] vorgebracht wurde, dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auch in der Hauptstadt Kabul keine Anstellung finden würde und es dort für ihn keine Existenzmöglichkeit gebe, so ist diesem Einwand entgegenzuhalten, dass bei der Beurteilung einer künftigen Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben nach erfolgter Rückkehr in den Herkunftsstaat das tatsächliche Vorliegen einer festen beruflichen Anstellung oder einer bereits vorhandenen Einstellungszusage eines Arbeitgebers nicht erforderlich ist, sondern dem BF unter Berücksichtigung seines Alters, seines Gesundheitszustandes und seiner Ausbildung bzw. seiner Berufserfahrung die Suche nach einer Erwerbstätigkeit, wenn auch nur in Form von Gelegenheitsarbeiten oder sonstigen Hilfstätigkeiten, zumutbar erscheinen muss. Im gegenständlichen Fall erscheint dies dem BF unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse jedenfalls zumutbar. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der BF auch den Großteil seiner bisherigen Lebenszeit in Afghanistan verbracht hat und somit mit den dortigen örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten vertraut ist.

Überdies verfügt der BF in seiner Heimatregion Hazarajat, im Konkreten in der Provinz Uruzgan nach wie vor über enge familiäre Anknüpfungspunkte: So leben die Ehefrau und die Kinder des BF beim Bruder der Ehefrau, der eine eigene Landwirtschaft betreibt und damit den Lebensunterhalt sichert. Es kann somit auch davon ausgegangen werden, dass dem BF im Fall der Rückkehr nach Urzugan auch im Rahmen seines Familienverbandes jedenfalls eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung (zunächst vor allem mit Wohnraum und Nahrung) zuteilwird. Dass dem BF die Rückkehr zu seiner Familie von Kabul aus nicht möglich oder zumutbar wäre, wurde vom BF nicht behauptet und auch sonst sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Reise von Kabul nach Uruzgan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ein reales Risiko für die Unversehrtheit einer Person darstellen würde. In der Stellungnahme vom wurde zwar vorgebracht, dass der BF selbst nicht beim Bruder seiner Frau unterkommen könnte, es wurde allerdings überhaupt nicht näher dargelegt, weshalb der BF gerade im Haus, in dem sein Schwager, seine Ehefrau und seine Kinder leben, keine erste Unterbringung möglich wäre. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der BF in seiner Heimat bereits viele Jahre lang als Landarbeiter arbeitete, weshalb man auch davon ausgegangen kann, dass der BF zunächst seinen Schwager bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen unterstützen könnte. Auch der Umstand, dass das Geschäft am Bazar, in dem der BF seine Bäckereibetrieben hatte, nach seiner Ausreise aus Afghanistan zerstört wurde, reicht nicht aus, um davon ausgehen zu können, dass der BF überhaupt keine Möglichkeit mehr hätte, in seiner Heimatregion erneut einer (selbstständigen) Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des BF und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage in Afghanistan reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde ( Zl. 98/21/0427; , Zl. 2002/18/0028; konkret zu Afghanistan: zB Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. BVerwG 10 C10.09; weiters EGMR , N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; , Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 84; , J.H. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 48839/09, Rz 55).

Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF sowohl in der Beschwerde als auch in der Beschwerdeergänzung als auch in der Stellungnahme vom den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Afghanistan nur hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage entgegengetreten ist, ohne jedoch in weiterer Folge näher darzulegen, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

Wie sich vor allem auch aus jüngsten Entscheidungen des EGMR ergibt (siehe etwa die oben zitierten Urteile N. gg. Schweden, Husseini gg. Schweden und J.H. gg. Vereinigtes Königreich), hat der EGMR für Afghanistan wiederholt das Vorliegen einer Situation verneint, in der die Rückkehr für sich alleine genommen bereits eine Verletzung des Art 3 EMRK bedeuten würde. Im Urteil des EGMR vom , Husseini gg. Schweden, Rz 84, heißt es wörtlich: 'The Court considers there are no indications that the situation in Afghanistan is so serious that the return of the applicant thereto would constitute, in itself, a violation of Article 3 of the Convention.'

[...] Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG 2005 idF FrÄG 2009."

4. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art 2, Art 3 und Art 8 EMRK sowie auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der Entscheidung beantragt.

4.1. Begründend führt der Beschwerdeführer u.a. aus, dass sich die Sicherheitslage in dem Dorf, in der er eine Bäckerei gehabt habe, nicht gebessert habe; dort herrsche Krieg. Der Bruder seiner Frau, der vier Stunden von diesem Ort entfernt lebe, könne den Beschwerdeführer nicht aufnehmen, weil er schon seine Schwester kaum durchbringe.

4.2. Der Asylgerichtshof habe in willkürlicher Weise individuelle Ermittlungen unterlassen, indem er die Anträge des Beschwerdeführers auf Durchführung von Ermittlungen in Afghanistan zur Zerstörung seiner Bäckerei, zur Situation von Angehörigen der Minderheit der Hazara an seinem früheren Wohnort und zur Möglichkeit, beim Bruder seiner Frau unterzukommen, mit der Scheinbegründung abgewiesen habe, dass sich diese Anträge nur auf den Fluchtgrund bezögen.

4.3. Die Länderfeststellungen würden vom Asylgerichtshof unterschiedlich bewertet: In zahlreichen kürzlich ergangenen Entscheidungen habe der Asylgerichtshof auf Grund der prekären Sicherheitslage in Afghanistan subsidiären Schutz gewährt. Auf Grund der prekären Sicherheitslage sei dem Beschwerdeführer die Einreise und der Aufenthalt in einen anderen Landesteil nicht gefahrlos möglich. Die internationalen Truppen hätten bereits mit dem Abzug begonnen; es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass sich die Sicherheitslage dadurch dramatisch verschlechtern werde.

4.4. Die Lebensbedingungen seien landesweit sehr schlecht, insbesondere für Rückkehrer. Der Asylgerichtshof habe keine individuellen Ermittlungen zu den Rückkehrbedingungen durchgeführt. Der Beschwerdeführer würde bei einer Rück kehr nach Afghanistan in eine ausweglose Lage geraten.

5. Der belangte Asylgerichtshof legte die Gerichts- und Verwaltungsakten vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

II. Erwägungen

1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1.1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sach lichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkenn bar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. ge währleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Dis kriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Ver fassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Er mittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unter lassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivor bringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000).

2. Derartige in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem Asylgerichtshof unterlaufen:

2.1. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit der Versorgung im Zielstaat können unter dem Gesichtspunkt des Art 3 EMRK relevant sein (/2011 mwN).

2.2. Der Asylgerichtshof stützt seine Entscheidung zum einen auf das Vorliegen einer "innerstaatlichen Schutzalternative" in Kabul, zum anderen auf die Möglichkeit der Rückkehr in die Heimatprovinz des Beschwerdeführers.

2.3. Der Asylgerichtshof geht davon aus, dass es dem Beschwerdeführer, der über Berufserfahrung als Landarbeiter und als Bäcker verfüge, möglich und zumutbar sei, in der Hauptstadt Kabul nach einem Wohnraum zu suchen und sich ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Auf die nach den getroffenen Länderfeststellungen äußerst problematische Situation von Rückkehrern, die nicht bei Familienangehörigen unterkommen können, geht der Asylgerichtshof nicht näher ein (vgl. auch ; ). Zum entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er in Kabul keine Anstellung finden würde und es für ihn dort keine Existenzmöglichkeit gäbe, führt der Asylgerichtshof lediglich pauschal aus, dass dem Beschwerdeführer die Suche nach einer Erwerbstätigkeit, wenn auch nur in Form von Gelegenheitsarbeiten oder sonstigen Hilfstätigkeiten, unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse "jedenfalls" zumutbar und das tatsächliche Vorliegen einer festen Anstellung oder einer bereits vorhandenen Einstellungszusage nicht erforderlich sei. Diesbezüglich ist dem Asylgerichtshof auch vorzu werfen, trotz des entsprechenden Parteienvorbringens keine ausreichenden Ermittlungen zur Möglichkeit der Nieder lassung in Kabul, wenn eine Person über keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte in Kabul verfügt, durchgeführt zu haben. Der in diesem Zusammenhang getroffenen Ausführung, dass der Beschwerdeführer den Großteil seiner bisherigen Lebenszeit in "Afghanistan" verbracht habe und somit mit den dortigen örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten vertraut sei, kommt angesichts der an anderer Stelle getroffenen Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein gesamtes bisheriges Leben in seinem Heimatdorf in der Provinz Uruzgan verbracht habe, kein Begründungswert zu.

2.4. Weiters geht der Asylgerichtshof davon aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimatregion Hazarajat, im Konkreten in der Provinz Uruzgan im Süden Afghanistans, leben könne, wo er über enge familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Mit den in der Entscheidung wiedergegebenen Länderberichten, wonach die Sicherheitslage im Süden und Südwesten Afghanistans schlecht sei und sich im Südwesten, Süden und Osten des Landes die militärischen Operationen der ISAF konzentrierten, setzt er sich in diesem Zusammenhang nicht näher auseinander. In der angefochtenen Entscheidung wird lediglich festgehalten, auch der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, dass die Rückkehr zu seiner Familie von Kabul aus nicht möglich oder zumutbar wäre und auch keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen wären. Insofern ist dem Asylgerichtshof vorzuwerfen, sich mit der für eine Rückkehrmöglichkeit des Beschwerdeführers in seine Heimatprovinz im Hinblick auf die dortige – den Feststellungen zufolge schlechte – Sicherheitslage und damit mit einem für die Begründung seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutz berechtigten wesentlichen Aspekt nicht auseinandergesetzt zu haben (vgl. ).

2.5. Der Asylgerichtshof hat sich daher hinsichtlich beider Begründungsstränge mit den von ihm getroffenen Länderfeststellungen in willkürlicher Weise nicht auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

2.6. Da die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten voraussetzt, ist die bekämpfte Entscheidung, soweit der Beschwerdeführer damit aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen wird, ebenfalls aufzuheben.

III. Ergebnis

Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.