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VfGH vom 28.01.2010, U2369/09

VfGH vom 28.01.2010, U2369/09

18984

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Ausweisung des illegal eingereisten nigerianischen Ehemannes einer in Österreich niedergelassenen Unionsbürgerin infolge Anwendung einer den unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes offenkundig widersprechenden innerstaatlichen Regelung; im Übrigen Ablehnung der Beschwerdebehandlung

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die bekämpfte Entscheidung wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin, eine am

geborene nigerianische Staatsangehörige, reiste am illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (im Folgendem: AsylG 1997) der Asylantrag abgewiesen (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs 1 AsylG 1997 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II), und gemäß § 8 Abs 2 AsylG 1997 die Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt III).

2. Am heiratete die Beschwerdeführerin einen in Österreich niedergelassenen Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte leben im gemeinsamen Haushalt in Österreich.

3. Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom erhobene Berufung (nun Beschwerde) gegen Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides (die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. wurde von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom zurückgezogen) wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom abgewiesen. Der Asylgerichtshof führte aus:

"Die Beschwerdeführerin ist nachweislich seit mit einem in Österreich lebenden, deutschen Staatsbürger verehelicht, der als Unionsbürger sein Recht auf Freizügigkeit im Sinne der Richtlinie 2004/38 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, in Anspruch genommen hat. Auf Grund dieser gemeinschafsrechtlichen Bestimmungen käme der Beschwerdeführerin zwar grundsätzlich ein auf diese Richtlinie gestütztes Aufenthaltsrecht, konkret durch eine richtlinienkonforme Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, zu. Zu beachten bleibt jedoch, dass, gestützt auf die einschlägige Judikatur des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes, die Ausweisungsbestimmung des im gegenständlichen Fall anzuwendenden § 8 Abs 2 AsylG 1997 in der Fassung der Novelle 101/2003 nicht als 'Kann'- sondern vielmehr als eine 'Soll-Bestimmung' zu interpretieren ist, demgemäß die Frage der Ausweisung nach diesem Gesetz keinen Ermessensspielraum zulässt. Wird die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Asylwerbers daher im Sinne des § 8 Abs 1 AsylG für zulässig erklärt, ist die Entscheidung zwingend, unter Ausschluss von Ermessen, mit einer Ausweisung zu verbinden. Die Intention hinter dieser Regelung ist, dass eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Bundesgebiet aufhalten durften, verhindert werden soll. (vgl. , ). Dabei spielt unter Verweis auf die soeben zitierte höchstgerichtliche Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keine Rolle, ob der betreffende Asylwerber im relevanten Zeitpunkt über ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht verfügt, sondern ist die vorzunehmende - asylrechtliche - Ausweisung 'bis auf weiteres', nämlich so lange der Aufenthaltstitel besteht, nicht durchsetzbar und kann der Betroffene in diesem Zeitrahmen nicht abgeschoben werden.

Bei einer nach dieser Bestimmung vorgenommenen Ausweisungsentscheidung muss in Einklang mit der höchstgerichtlichen Judikatur aber jedenfalls auch Bedacht auf die grundrechtliche Position der Beschwerdeführerin genommen werden, das heißt, eine Ausweisung wäre unzulässig, wenn die Betroffene dadurch in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK verletzt würde.

Durch die vor einem Jahr erfolgte Eheschließung mit einem deutschen Staatsbürger stellt die gegenständlich vorzunehmende Ausweisungsentscheidung naturgemäß einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin dar.

Durch die Teilrückziehung der Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid des Bundesasylamt steht jedoch außer Zweifel, dass die Beschwerdeführerin das gegenständliche Asylverfahren offensichtlich von vornherein lediglich zum Behufe der Schaffung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet angestrengt hat, ohne tatsächlich jemals Verfolgungshandlungen in ihrer Heimat ausgesetzt gewesen zu sein oder solche begründeterweise befürchtet zu haben.

Der EGMR - konkret im Urteil vom , Zl. 265/07 (Omoregie gegen Norwegen), hat ausgesprochen, dass eine Ausreiseaufforderung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art 8 EMRK bedeuten kann, wenn nämlich ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des ausländerrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss war und dies den Familienmitgliedern bewusst war bzw. bewusst sein musste.

Im konkreten Fall der Beschwerdeführerin ist diese die Ehe zu einem Zeitpunkt eingegangen, als bereits in erster Instanz ihr Asylantrag vom Bundesasylamt abgewiesen und ihre Ausweisung (wenn auch nicht rechtskräftig) verfügt worden war. Unter diesem Gesichtspunkt durfte die Beschwerdeführerin daher zum Zeitpunkt der Eheschließung im Lichte der beschriebenen rechtsmissbräuchlichen Asylantragstellung somit keineswegs auf eine Perpetuierung dieses Status’ oder gar auf die Gewährung von Asyl vertrauen.

Der EGMR bringt im zitierten Urteil weiters zum Ausdruck, dass es bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung stets auch um die Frage der Bindungen der betroffenen Person zu ihrem Heimatland im Vergleich zu jenen Bindungen im Gastland ginge. In diesem Zusammenhang ist in Bezug auf die Beschwerdeführerin beachtlich, dass einem viereinhalb Jahre währenden Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet ein mehr als 20jähriger Aufenthalt in Nigeria, verbunden mit verwandtschaftlichen Beziehungen, einer Schulausbildung und ihrer Tätigkeit als Landwirtin, gegenübersteht. Abgesehen von der vor einem Jahr erfolgten Eheschließung mit einem deutschen Staatsbürger (und ihrer Registrierung als Prostituierte) konnten keine darüber hinausgehenden verwirklichten Verfestigungs- und Integrationstatbestände der Beschwerdeführerin in Österreich festgestellt werden, so dass in Summe die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegen."

4. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander sowie gemäß Art 8 EMRK) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

5. Der Asylgerichtshof hat als belangtes Gericht die Verfahrensakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen, auf seine Begründung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Die maßgebliche Rechtslage lautet:

1. Die Art 2, 3, 7, 27 und 28 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. 2004

L 158, S 77, (im Folgenden: RL) lauten auszugsweise:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. "Unionsbürger" jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt;

2. "Familienangehöriger"

a) den Ehegatten;

b) den Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind;

c) die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird;

d) die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, denen von diesen Unterhalt gewährt wird;

3. "Aufnahmemitgliedstaat" den Mitgliedstaat, in den sich der Unionsbürger begibt, um dort sein Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt auszuüben.

Artikel 3

Berechtigte

(1) Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinne von Artikel 2 Nummer 2, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.

(2) ...

...

Artikel 7

Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate

(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder

b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder

c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und - über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder

d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.

(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.

(3) - (4) ...

...

KAPITEL VI

Beschränkungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit

Artikel 27

Allgemeine Grundsätze

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

(3) - (4) ...

Artikel 28

Schutz vor Ausweisung

(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) ... "

2. § 8 AsylG 1997, BGBl I 76/1997 idF BGBl. I 101/2003, lautet auszugsweise:

"Subsidiärer Schutz

§8. (1) Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

(2) Ist ein Asylantrag abzuweisen und hat die Überprüfung gemäß Abs 1 ergeben, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden.

(3) - (4) ..."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie ).

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (vgl. zB. VfSlg. 15.910/2000).

Ein derartiger Widerspruch ist im vorliegenden Fall gegeben:

2.1. Gemäß Art 2 Z 2 der RL ist u.a. die Ehefrau eines Unionsbürgers dessen "Familienangehöriger". Gemäß Art 3 Abs 1 der RL gilt diese für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinn des Art 2 Z 2 der RL, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.

Gemäß Art 27 Abs 1 der RL dürfen die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen (im Sinn des Art 2 Z 2 der RL), ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, ausschließlich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränkt werden. Art 27 Abs 2 der RL legt fest, dass bei der Verhängung von (fremdenpolizeilichen) Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist und ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen berücksichtigt werden darf; strafrechtliche Verurteilungen des Betroffenen allein können diese Maßnahmen nicht ohne Weiteres begründen. Art 28 Abs 1 der RL normiert, dass der Aufnahmemitgliedstaat insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat berücksichtigt, bevor er eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt.

Schließlich kommt dem Familienangehörigen eines Unionsbürgers, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, gemäß des im vorliegenden Fall relevanten Art 7 Abs 2 der RL ein Aufenthaltsrecht in diesem Mitgliedsstaat zu, sofern er die Art 7 Abs 1 der RL näher ausgeführten Voraussetzungen erfüllt und den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleitet oder ihm nachzieht.

2.2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein drittstaatszugehöriger Familienangehöriger eines Unionsbürgers auf die RL berufen kann, sprach der , Metock, Slg. 2008, I-06241, Folgendes aus: Ein Drittstaatsangehöriger, der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratet ist, muss sich vor seiner Einreise in den Aufnahmemitgliedstaat nicht rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten haben, um sich auf die Bestimmungen der RL berufen zu können. Vielmehr kann sich der Drittstaatsangehörige, der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratet ist und der diesen Unionsbürger begleitet oder ihm nachzieht, auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen, unabhängig davon, wo und wann die Ehe geschlossen wurde oder wie der betreffende Drittstaatsangehörige in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist ist.

Darüber hinaus präzisierte der , Sahin, die Voraussetzungen, unter denen sich ein Drittstaatsangehöriger auf die RL berufen kann, dahin gehend, dass die RL auch jene Familienangehörigen erfasst, die unabhängig vom Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt sind und erst dort die Angehörigeneigenschaft erworben oder das Familienleben mit diesem Unionsbürger begründet haben, wobei es keine Rolle spielt, dass sich der Familienangehörige zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Eigenschaft oder der Begründung des Familienlebens nach den asylgesetzlichen Bestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats vorläufig in diesem Staat aufhält.

3.1. Die Beschwerdeführerin reiste illegal nach Österreich ein, stellte einen Asylantrag und heiratete in weiterer Folge einen in Österreich niedergelassenen deutschen Staatsangehörigen. Mit der angefochtenen Entscheidung wies der Asylgerichtshof in Anwendung des § 8 Abs 2 AsylG 1997 die Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet nach Nigeria aus, nachdem deren Asylantrag abgewiesen und festgestellt worden war, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Der Asylgerichtshof begründet seine Entscheidung unter Verweis auf die Judikatur des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes damit, dass § 8 Abs 2 AsylG 1997 als "Soll-Bestimmung" zu interpretieren sei und somit die Ausweisung "zwingend, unter Ausschluss von Ermessen" auch dann auszusprechen sei, wenn ein Asylwerber dessen Asylantrag abgewiesen wurde, über ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht verfüge. Jedoch sei die Ausweisung, so lange der Aufenthaltstitel bestehe, nicht durchsetzbar; der Betreffende könne nicht abgeschoben werden.

3.2. Wie sich aus der zitierten Judikatur des EuGH ergibt und wovon auch der Asylgerichtshof ausgeht, kann sich die Beschwerdeführerin auf die RL berufen, deren Umsetzungsfrist zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung bereits abgelaufen war und die unmittelbar anwendbar ist (vgl. , van Duyn, Slg. 1974, 1337). Da ein Familienangehöriger eines EWR-Bürgers, der durch die Wohnsitznahme in Österreich sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, nur unter den Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 der RL ausgewiesen werden darf, hat der Asylgerichtshof eine innerstaatliche gesetzliche Vorschrift (§8 Abs 2 AsylG 1997) angewendet, die offenkundig unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechts widerspricht. Eine derartige Gesetzesanwendung steht mit den Rechtsvorschriften in einem solchen Maße in Widerspruch, dass die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Fremden untereinander verletzt ist (vgl. VfSlg. 15.448/1999, 15.910/2000, ).

Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88 VfGG. In den

zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- und Eingabegebühr in der Höhe von € 220,- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.