VfGH vom 22.09.2014, U2193/2013

VfGH vom 22.09.2014, U2193/2013

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Antrags eines afghanischen Staatsangehörigen auf internationalen Schutz wegen Unterlassung einer hinreichenden Prüfung des Vorliegens eines Nachfluchtgrundes auf Grund der Konvertierung des Beschwerdeführers vom Islam zum Christentum

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der wegen schwerer Depressionen besachwaltete Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste zwischen Ende 2007 und Anfang 2008 in das österreichische Bundesgebiet ein. Am stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend gab er an, dass er Afghanistan aus Furcht vor Verfolgung durch die Taliban verlassen habe.

2. Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsgenehmigung (Spruchpunkte II. und III.). Hinsichtlich Spruchpunkt I. des Bescheides erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, die am beim Asylgerichtshof einlangte.

3. Die frühere gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers übermittelte dem Asylgerichtshof u.a. am ein Taufzeugnis der iranischen christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde Wien, demzufolge der Beschwerdeführer vom Islam zum Christentum konvertiert sei.

4. Am fand vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer insbesondere zu den Gründen seines Religionswechsels befragt wurde:

"[…]

VR: Sie sind 2009 zum christlichen Glauben konvertiert. Warum?

BF: Es gibt sehr viele Unterschiede zwischen dem christlichen und dem islamischen Glauben. Im Glauben an Jesus Christus findet man Rettung. Aus diesem Grund habe ich mich zur Konversion entschieden.

VR: Ist Ihre Freundin auch Christin?

BF: Ja.

VR: Gehen Sie regelmäßig in den Gottesdienst?

BF: Da ich in Salzburg einige Zeit einer Arbeit nachgegangen bin, bin ich nicht regelmäßig in die Kirche gegangen. Sonntags habe ich auch gearbeitet. Ich bete viel zu Hause.

VR: Welcher Konfession gehört Ihre Freundin an?

BF: Sie ist römisch-katholisch.

VR: Geht sie öfters in den Gottesdienst?

BF: Nein. Sie geht auch selten in die Kirche. Zu Neujahr bin ich mit ihrer gesamten Familie in eine Messe gegangen.

[…]

VR: Kennen Sie die Unterschiede zwischen den Katholiken und den evangelischen Christen?

BF: Ja.

VR: Welche Unterschiede sind das?

BF: Das Kirchenoberhaupt der Katholiken ist der Papst. Die Katholiken beten zuerst den Papst an. Der Papst betet für seine Anhänger. Er ist ein Mittelsmann zwischen Gott und den Gläubigen. Die evangelisch-Gläubigen beten direkt zu Gott.

VR: Haben Sie damals vor Ihrer Taufe eine Taufvorbereitung gemacht?

BF: Vor meiner Taufe habe ich Taufunterricht erhalten. Dieser Unterricht hat immer sonntags stattgefunden und ca. ein bis zwei Stunden gedauert.

VR: Wie lange, wie viele Sonntage hat das gedauert?

BF: Ich glaube, dass das ca. drei Monate waren. Danach wurde ich getauft. Kurze Zeit später musste ich dann nach Salzburg arbeiten gehen.

VR: Wenn Sie jetzt nach Afghanistan gehen müssten, was würde Ihnen passieren?

BF: In Afghanistan herrscht keine Sicherheit. Es gibt dort täglich Selbstmordanschläge. Ich könnte auf Grund meines Glaubens nicht in Afghanistan leben. Eine Person, die vom Islam zu einer anderen Religion konvertiert ist, gilt als ungläubig. Diese Person wird mit dem Tod bestraft. Man würde mich dort nicht am Leben lassen. Nach wie vor herrschen in Afghanistan die Taliban. In manchen Gebieten hat die Regierung überhaupt keinen Einfluss mehr, und es gibt keine Sicherheit.

VR: Woher würden die Menschen in Afghanistan erfahren, dass Sie Christ sind?

BF: Im Glauben heißt es, dass wir unsere Religion nicht verstecken und dazu stehen sollten. Ich könnte meine Religion dort nicht frei ausüben.

[…]

VR: Was haben Sie gelernt, was glauben Sie bezüglich der Mutter von Jesus?

BF: Da ich Analphabet bin und nicht Persisch lesen kann, konnte ich mir nicht viele Informationen aneignen. Ich kenne nicht viele Unterschiede zwischen den Katholiken und den evangelischen Christen. Ich weiß, dass Maria die Mutter von Jesus Christus ist. Ich weiß auch von der unbefleckten Empfängnis. Ich weiß auch, dass Josef der Vater von Jesus ist.

VR: Was glauben Sie bezüglich Jesus?

BF: Er ist der Retter der Menschen. Er hat sich für uns geopfert. Er ist sündenfrei. VR: Welche Rolle haben Jesus und Maria im Islam?

BF: Jesus ist im Islam ein Prophet. Maria ist dort auch die Mutter und sie hat einen sehr hohen Stellenwert auch im Islam. Sie hat eine sehr wichtige Rolle.

VR: Verkündet der Islam den Frieden oder den Krieg?

BF: Er verkündet den Krieg. Es heißt, nehmt am Jihad teil. Im Islam heißt es weiter, dass man erst durch das Fasten, Beten, bei den Schiiten auch die Selbstgeißelung, Gott nahe kommt.

VR: Ich habe schon viele moslemische Religionsführer gehört, welche gesagt haben, dass der Islam eine friedliche Religion ist.

B[F]: Das kann ich nicht glauben, denn nach wie vor herrscht Krieg in unserer Heimat. In allen islamischen Ländern herrscht derzeit Krieg. Die Muslime[…] bekämpfen sich untereinander, so wie Schiiten und Sunniten.

VR: Was sagen Sie dann dazu, dass über viele Jahrhunderte Christen untereinander Krieg geführt haben?

BF: Darüber weiß ich nicht viel. In der Bibel steht, tötet nicht.

[…]

BR: Haben Sie seit 2010 irgendwelche religiösen Kurse besucht oder an Veranstaltungen teilgenommen?

BF: Ich bin öfters in Kirchen gegangen und habe gebetet. An Kursen oder Veranstaltungen konnte ich nicht teilnehmen, da ich sechsmal in der Woche von 6:00 Uhr bis 19:00 Uhr gearbeitet habe.

[…]

VR: Wie leben Sie Ihren Glauben? Wie zeigen Sie durch Ihre Lebensführung, dass Sie Christ sind?

BF: Seit ich meinen Glauben gewechselt habe, hat sich vieles in meinem Leben geändert. Ich hatte früher sehr viele Probleme. Ich habe Zuflucht in dieser Religion gefunden. Ich gehe nicht in die Kirche, damit andere Menschen sehen, dass ich ein Christ bin. Ich habe die Religion in meinem Herzen. Wenn ich Schwierigkeiten habe und die Hilfe Gottes benötige, bete ich zu Gott.

[…]"

5. Die gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung vom ab. Darin traf der Asylgerichtshof u.a. folgende Länderfeststellungen:

"Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Selbst zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NROs regelmäßig abgehalten werden, erscheinen sie nicht. Konversion wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht und sorgt weiterhin für emotional aufgeladene öffentliche Diskussionen.

[…]

Die Konversion vom Islam zum Christentum oder zu anderen Religionen wird in der afghanischen Verfassung nicht erwähnt. Diese fordert zwar Respekt für Menschenrechte und Grundfreiheiten, bezüglich der in der Verfassung nicht explizit geregelten Themen verweist sie allerdings auf die Vorschriften der Scharia. Einige Interpretationen der Scharia sehen die Konversion vom Islam als Apostasie an und bedrohen sie mit der Todesstrafe. Ähnlich wie in den Fällen der Blasphemie kann ein afghanischer Konvertit den Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion innerhalb von drei Tagen widerrufen, anderenfalls kann ihm die Todesstrafe durch den Strang drohen. Die Betroffenen können auch enteignet und ihre Ehen annulliert werden. Die Konvertiten werden oft von ihren Familien und anderen traditionellen Strukturen (wie Klans oder Stämmen) als Quelle der Schande und der Scham empfunden, was sie der Isolation und einem starken Druck, die Konversion zu widerrufen, aussetzt. Verweigert der Konvertit den Widerruf, so setzt er sich Bedrohungen, Einschüchterungen und in einigen Fällen schwerwiegenden Körperverletzungen seitens der Familie oder der Mitglieder der Gemeinschaft aus. Als Folge sind die Konvertiten gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen, und daran gehindert, diesen öffentlich auszuüben. Personen, die eines Verstoßes gegen die Scharia wie Blasphemie, Apostasie, Homosexualität oder Ehebruch bezichtigt werden, sind nicht nur der Gefahr ausgesetzt, Opfer von sozialer Ausgrenzung und Gewalt durch Familien- und Gemeinschaftsangehörige zu werden, sondern auch strafrechtlicher Verfolgung.

Angesichts der weit verbreiteten Anwendung des strengen Rechts der Scharia in Afghanistan und weit verbreiteter konservativer religiöser Ansichten kann für afghanische Asylsuchende, die Furcht vor Verfolgung aufgrund von Überschreitung normativer Vorschriften oder aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einem Minderheitenglauben geltend machen, abhängig von den Umständen des Einzelfalls ein Verfolgungsrisiko bestehen. […]"

6. Begründend hielt der Asylgerichtshof fest, dass der Beschwerdeführer keinen asylrelevanten Verfolgungsgrund glaubhaft gemacht habe. In der Beweiswürdigung führte er Folgendes aus:

"Wenn auch sein Vorbringen, dass er im Jahr 2009 einige Zeit lang die iranische christliche Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde besucht habe und im Juni 2009 christlich getauft worden sei, glaubwürdig erscheint und auch durch die Aussage des zuständigen, die Taufurkunde herstellenden und vom Gericht als Zeugen einvernommen Pastors bestätigt wurde, so erscheint doch das weitere Vorbringen des BF zu seinem religiösen Bekenntnis und zu seinem Umgang mit der neuen Religion wenig überzeugend und waren auch Wissenslücken über das

Christentum auffällig […]

Der BF, der eine ebenfalls christliche Freundin hat – wenn auch römisch-katholisch – ist [seit Mai 2011] kaum in die Kirche gegangen und hat angegeben, dass er seither nur einmal gemeinsam mit ihr und ihrer Familie einen katholischen Gottesdienst besucht hat. Er hat auf die Frage, welche Unterschiede es zwischen Katholiken und Protestanten gäbe, lediglich eine fragwürdige Erklärung bezüglich des Verhältnisses der Gläubigen zum römisch-katholischen Papst gegeben und sich bezüglich des Nichtwissens über sonstige Unterschiede auf mangelnde Lesefähigkeiten bezüglich des Persischen berufen. Er hat nicht den Eindruck erwecken können, dass ihm die neue Religion ein besonderes Herzensanliegen bedeuten würde […]

E[s] besteht vielmehr der Eindruck, dass der BF in einer Phase, in der er als unbegleiteter minderjähriger Asylwerber existenzielle Probleme aufgrund der Unsicherheit über seine Zukunft und auch gesundheitliche bzw. psychische Probleme hatte, den Anschluss an die iranische christliche Gemeinde wohl insbesondere aus sozialen Gründen gefunden hat. […] Der BF hat nicht den Eindruck erweckt, dass er an einer freien Religionsausübung bezüglich des christlichen Glaubens hinkünftig besonders interessiert wäre."

7. In der gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes erhobenen Beschwerde wird die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend gemacht sowie die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, verzichtete verweisend auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.

II. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Gemäß Art 14 StGG ist jedermann die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet. Gemäß Art 9 Abs 1 EMRK hat jedermann das Recht auf Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit des Einzelnen, seine Religion einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben. Art 9 Abs 2 EMRK normiert einen materiellen Gesetzesvorbehalt: Demnach darf die Religionsfreiheit "nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind". Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit ist ein höchstpersönliches Recht, welches Inländern und Ausländern gleichermaßen zukommt (vgl. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 9 , 2012, Rz 935, unter Hinweis auf VfSlg 13.513/1993).

3. Dem belangten Asylgerichtshof ist ein willkürliches Vorgehen iSd o.a. Judikatur vorzuwerfen:

3.1. Maßgeblich für die Gewährung von Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention sind – wie auch in § 3 Abs 2 AsylG 2005 zum Ausdruck kommt – nicht nur jene Gründe, die den Antragsteller zum Verlassen des Herkunftsstaates bewogen haben, sondern auch jene, die zum Entscheidungszeitpunkt eine asylrelevante Verfolgung begründen können (vgl. zB ; , U2087/2012).

3.2. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes erfordert die Beachtung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Glaubens- und Gewissensfreiheit im Asylverfahren eine besonders sorgfältige Auseinandersetzung im konkreten Fall mit der Frage, ob ein Religionswechsel aus innerer Überzeugung oder lediglich zum Schein erfolgt ist. Sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, ist es erforderlich, sich auf Grund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht (vgl. ).

3.3. Soweit der Asylgerichtshof das Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Umgang mit dessen neuem Glauben als wenig überzeugend erachtet, ist dem entgegen zu halten, dass der Asylgerichtshof selbst von einer Konvertierung des Beschwerdeführers ausgeht, wie die oben angegebene Begründung zeigt.

3.4. Dem Asylgerichtshof kann auch nicht in seiner Auffassung gefolgt werden, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der richterlichen Befragung Wissenslücken offenbart habe, die geeignet seien, ein aufrichtiges Bekenntnis zum Christentum in Zweifel zu ziehen. Vielmehr sind die Antworten des Beschwerdeführers in den meisten wesentlichen Gesichtspunkten zutreffend. Der Beschwerdeführer hat sich auch nicht auf die Wiedergabe von leicht verfügbarem Faktenwissen beschränkt, sondern sich darauf berufen, dass der christliche Glaube für sein Leben eine tragende Bedeutung habe. Im Zusammenspiel mit der Einschätzung des Zeugen, der von der Gläubigkeit des Beschwerdeführers überzeugt war, liegt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ein starkes Indiz für einen aus innerer Überzeugung erfolgten Religionswechsel vor.

4. Der Asylgerichtshof hat in willkürlicher Weise, da nicht nachvollziehbar, in der angefochtenen Entscheidung den vom Beschwerdeführer erfolgten Religionswechsel vom Islam zum Christentum als nicht von einer inneren Überzeugung getragen gewertet. Der belangte Gerichtshof hat dabei eine hinreichend intensive Prüfung unterlassen, ob mit dem Religionswechsel des Beschwerdeführers allenfalls ein subjektiver Nachfluchtgrund gegeben ist.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

2. Die angefochtene Entscheidung ist daher bereits aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:U2193.2013