VfGH vom 13.12.2011, U1907/10

VfGH vom 13.12.2011, U1907/10

19591

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Aberkennung des subsidiären Schutzes wegen strafgerichtlicher Verurteilungen; gehäufte Verkennung der Rechtslage angesichts der unionsrechtlichen Bestimmungen; richtlinienkonforme Interpretation geboten

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der inguschetischen Volksgruppe, stellte am nach illegaler Einreise zusammen mit seiner Ehefrau und seinen drei minderjährigen Kindern einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Als Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er von den russischen Behörden gesucht werde, weil er während der Tschetschenienkriege Freiheitskämpfer mit Lieferungen von Medikamenten und Waffen unterstützt habe. Die Berufung gegen den abweisenden erstinstanzlichen Bescheid wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom zwar gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 101/2003 (im Folgenden: AsylG 1997) abgewiesen, aufgrund der schlechten Sicherheitslage in Tschetschenien wurde jedoch gemäß § 8 Abs 1 AsylG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation für nicht zulässig erklärt und ihm gemäß § 8 Abs 3 iVm § 15 Abs 2 AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum erteilt.

1.2. Diese Aufenthaltsberechtigung wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom für ein weiteres Jahr - bis zum - verlängert. Nach einem neuerlichen Verlängerungsantrag am wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 9 Abs 2 Z 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 122/2009 (im Folgenden: AsylG 2005), aberkannt, ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs 4 AsylG 2005 entzogen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gemäß § 9 Abs 2 AsylG 2005 für unzulässig erklärt.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass gegen den Beschwerdeführer sechs rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen wegen minderschwerer Vergehen vorlägen (Urteil des Bezirksgerichtes Landeck vom wegen § 127 StGB [Diebstahl] zu einer bedingten Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je € 2,-; Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom wegen §§15, 127 StGB [versuchter Diebstahl] zu einer Freiheitsstrafe von zwei Wochen; Urteil des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom wegen § 134 Abs 1 StGB [Unterschlagung] zu einer Geldstrafe von

100 Tagessätzen zu je € 2,-; Urteil des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom wegen § 127 StGB [Diebstahl] zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen; Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom wegen §§12, 127 [Anstiftung bzw. sonstiger Beitrag zum Diebstahl] sowie §§15, 141 Abs 1 StGB [versuchte Entwendung] zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten; Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom wegen §§15, 127 [versuchter Diebstahl] zu einer Freiheitsstrafe von zwei Wochen).

1.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom vollinhaltlich abgewiesen. Zur Begründung führt der Asylgerichtshof - nach Darlegung der relevanten Bestimmungen des AsylG 2005 - auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes aus: Der Beschwerdeführer habe zwar kein schweres Verbrechen begangen, jedoch würden sich die Delikte, weswegen er in Österreich rechtskräftig verurteilt worden sei, jeweils gegen fremdes Vermögen richten. Es handle sich beim Beschwerdeführer um einen Wiederholungstäter, bei dem - trotz gegenteiligem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er die Vergehen aufgrund seiner Abhängigkeitserkrankung begangen und inzwischen seine Suchterkrankung überwunden habe - mit keiner Änderung zum Positiven gerechnet werden könne. So sei er dringend verdächtig bzw. habe er bereits gestanden, am erneut einen Ladendiebstahl (Freizeithose im Wert von € 37,99) in einem Geschäftslokal in Kufstein begangen zu haben.

Alle Delikte, die der Beschwerdeführer begangen habe, beruhten auf derselben schädlichen Neigung. Es sei davon auszugehen, dass beim Beschwerdeführer eine hohe Rückfallswahrscheinlichkeit vorliege. Die Art und Anzahl der begangenen Straftaten indiziere ein Charakterbild, das von einer negativen Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung zeuge. Bei einer Gesamtbetrachtung stelle der Beschwerdeführer daher im Hinblick auf die Vielzahl der Verurteilungen eine Gefahr für die Allgemeinheit iSd § 9 Abs 2 Z 2 AsylG 2005 dar und es sei dem Bundesasylamt in seiner Entscheidung zu folgen.

2. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander sowie die Anwendung eines verfassungswidrigen - nämlich den Anforderungen des Art 18 B-VG nicht entsprechenden - Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass die vom Asylgerichtshof vorgenommene Auslegung des § 9 Abs 2 Z 2 AsylG 2005, der zufolge das Vorliegen mehrerer minderschwerer - von diversen Bezirksgerichten abgeurteilter - Eigentumsdelikte tatbestandsmäßig im Sinne der genannten Bestimmung sei, dem Unionsrecht widerspreche. So sei nach der in Art 17 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304, S 12 (im Folgenden: Statusrichtlinie) vorgegebenen Wertung die Aberkennung des subsidiären Schutzes nur dann angemessen, wenn "massive Straftaten" begangen worden seien oder die Sicherheit des Landes gefährdet sei. Letzteres sei unter anderem im Fall von Terrorismus und ähnlichen Bedrohungen gegeben. Der Asylgerichtshof habe daher § 9 Abs 2 Z 2 AsylG 2005 nicht richtlinienkonform ausgelegt, weswegen ihm Willkür vorzuwerfen sei.

3. Der belangte Asylgerichtshof hat die gesammelten Verfahrensakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

II. Rechtslage

Die relevante Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Gemäß § 9 Abs 3 AsylG 2005 ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde iSv § 2 Abs 3 leg.cit. straffällig geworden und das Vorliegen von Aberkennungsgründen, die in den Abs 1 und 2 des § 9 leg.cit. genannt sind, wahrscheinlich ist.

Gemäß § 2 Abs 3 AsylG 2005 ist ein Fremder straffällig geworden, wenn er

"1. wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, oder

2. mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist

rechtskräftig verurteilt worden ist."

Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten hat gemäß § 9 Abs 1 AsylG 2005 zu erfolgen, wenn die Gründe für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht (mehr) vorliegen (Z1), wenn der subsidiär Schutzberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z2) oder wenn er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat (Z3).

Der im vorliegenden Fall maßgebliche § 9 Abs 2

AsylG 2005 normiert weitere zwingende Aberkennungsgründe:

"Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten

nicht schon aus den Gründen des Abs 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Gemäß § 9 Abs 4 AsylG 2005 ist "[d]ie Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten [...] mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen."

2. Die Aberkennungstatbestände des § 9 Abs 2 AsylG 2005 dienen der Umsetzung der in Art 19 Abs 3 iVm Art 17 Abs 1 der Statusrichtlinie normierten Ausschluss- bzw. Aberkennungstatbestände (s. RV 330 BlgNR 24. GP). Diese Bestimmungen lauten:

"Artikel 19

Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung des subsidiären Schutzstatus

(1) und (2) ...

(3) Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen eine Verlängerung ab, wenn

a) er nach der Zuerkennung des subsidiären

Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 2 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen wird;

b) ...

(4) ..."

Der in dieser Bestimmung u.a. bezogene Art 17 Abs 1 lautet:

"Artikel 17

Ausschluss

(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;

b) eine schwere Straftat begangen hat;

c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen;

d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.

(2) und (3) ..."

In seiner Entscheidung nimmt der Asylgerichtshof auch auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 9 Abs 2 AsylG 2005 idF BGBl. I 122/2009 (s. RV 330 BlgNR 24. GP) Bezug. Diese lauten:

"Der neue Abs 2 stellt [...] eine Erweiterung der Aberkennungstatbestände des Abs 1 dar. So hat eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch in drei weiteren Fällen von Amts wegen zu erfolgen (Z1 bis 3). Diese Aberkennungstatbestände entsprechen den in Art 19 Abs 3 iVm Art 17 Abs 1 der Statusrichtlinie (RL 2004/83/EG des Rates) normierten Aberkennungstatbeständen. [...] Die Z 1 und 2 orientieren sich dabei auch an den Aberkennungs- bzw. Ausschlussgründen für den Status des Asylberechtigten gemäß § 6 Abs 1 Z 2 und 3. Abweichend von der in Z 3 geforderten formalen Grenze des 'Verbrechens (§17 StGB)' kann der Aberkennungstatbestand der Z 2 auch dann erfüllt sein, wenn mehrere minderschwere Straftaten vorliegen, welche für sich das Kriterium der Z 3 nicht erfüllen."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer behauptet, durch die Anwendung eines im Hinblick auf Art 18 B-VG verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt zu sein. Angesichts der detaillierten Regelung der Aberkennungstatbestände hegt der Verfassungsgerichtshof im Sinne der ständigen Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 11.776/1988, 13.785/1994, 16.993/2003, 18.142/2007, 18.257/2008 ua.) gegen die angewendete Bestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Beschwerdeführer ist daher durch die angefochtene Entscheidung nicht in Rechten wegen der behaupteten Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

2. Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf der Willkür ist jedoch aus folgenden Erwägungen begründet:

2.1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit.

gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten kann dem Asylgerichtshof unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn er den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

2.2. Der Beschwerdeführer wurde in den Jahren 2005 bis 2009 insgesamt sechs Mal wegen §§127, 134 Abs 1 und 141 Abs 1 StGB - teilweise für das vollendete Delikt, teilweise für den Versuch - verurteilt (s. detaillierte Aufzählung der Verurteilungen unter Pkt. 1.2.).

Der Beschwerdeführer wurde dabei zwar für die Grunddelikte, aber nicht für die dem § 127 StGB folgenden bzw. im § 134 Abs 3 leg.cit. normierten schweren und deswegen strenger bestraften Begehungsformen verurteilt. Die vom Beschwerdeführer begangenen Delikte sind mit einer Freiheitsstrafe von höchstens sechs Monaten bedroht.

2.3. Aus der Sicht des Asylgerichtshofes geht

aufgrund des Vorliegens dieser Delikte vom Beschwerdeführer eine "Gefahr für die Allgemeinheit" aus, weshalb die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 Z 2 AsylG 2005 gegeben sind.

2.4. Wie bereits erörtert, ist § 9 Abs 2 AsylG 2005 in Umsetzung der oben unter Punkt II. genannten unionsrechtlichen Richtlinienbestimmungen ergangen. Wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, sind diese - wie auch der Verfassungsgerichtshof - gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen"

(VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; ua.).

2.5. Gemäß Art 17 Abs 1 Statusrichtlinie sind Personen vom Genuss des subsidiären Schutzes auszuschließen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (lita) bzw. schwere Straftaten (litb) begangen haben oder sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen (litc). Angesichts der schweren Natur dieser Ausschluss- bzw. Aberkennungstatbestände kann nach dem Grundsatz der richtlinienkonformen Interpretation Art 17 Abs 1 litd leg.cit. nur dahingehend verstanden werden, dass zur Verwirklichung dieser Bestimmung zumindest die Begehung einer Straftat von vergleichbarer Schwere wie die in lita - c leg.cit. genannten Handlungen vorliegen muss.

2.6. Diese Sicht wird auch dadurch bestätigt, dass die Statusrichtlinie selbst bzw. die Materialien zur Statusrichtlinie auf die Genfer Flüchtlingskonvention (in der Folge: GFK) Bezug nehmen (vgl. Europäische Kommission, , KOM [2001], 510 endg.; Rat der Europäischen Union, , 13623/02 ASILE 59) und sich aus der zu den einschlägigen Bestimmungen der GFK ergangenen Judikatur bzw. Literatur ergibt, dass eine "Gefahr für die Sicherheit oder für die Allgemeinheit eines Landes" nur dann gegeben ist, wenn die Existenz oder territoriale Integrität eines Staates gefährdet ist oder wenn besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (bspw. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorliegen (vgl. Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Kommentar, 1999, Rz 453 ff.; , , 95/20/0247).

2.7. Im Sinne einer richtlinienkonformen

Interpretation kann daher von einer "Gefahr für die Allgemeinheit" gemäß § 9 Abs 2 Z 2 AsylG 2005 bei Vorliegen von Delikten, wie sie der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall begangen hat, jedenfalls nicht gesprochen werden.

2.8. Vor diesem Hintergrund ist dem belangten Asylgerichtshof ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler anzulasten: Er hat die Rechtslage angesichts der unionsrechtlichen Bestimmungen gehäuft verkannt. Der Asylgerichtshof hat durch dieses Verkennen der Rechtslage den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt (vgl. VfSlg. 19.251/2010; ua.).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Entscheidung ist daher aufzuheben.

2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§88 iVm 88a VfGG. Im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in Höhe von € 400,- enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.