VfGH vom 03.12.2011, U1869/11

VfGH vom 03.12.2011, U1869/11

19578

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten und Ausweisung; kein ausreichendes Ermittlungsverfahren bzw keine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.400,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Aserbaidschan, reiste legal am in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er begründete diesen Antrag im Wesentlichen mit der Verfolgung auf Grund seiner Mitgliedschaft bei der aserbaidschanischen Volkspartei, mit seiner Weigerung, Schmiergeldzahlungen an Vorgesetzte bei der Polizei zu leisten sowie seiner Weigerung, Bestechungsgelder aus der Bevölkerung anzunehmen.

1.2. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100 (im Folgenden: AsylG 2005) ab, erkannte gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten bezüglich des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers nicht zu und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Aserbaidschan aus.

1.3. Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde an den Asylgerichtshof. Der Asylgerichtshof wies diese Beschwerde - nach Durchführung zusätzlicher Ermittlungen - in nichtöffentlicher Sitzung mit Entscheidung vom gemäß §§3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet ab. Der Asylgerichthof legte seiner Beweiswürdigung folgende unter dem Titel "Zur Lage in Aserbaidschan" getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zugrunde:

"Allgemein/Bevölkerung

Aserbaidschan hat 29.800 km2 und rund 3,2 Millionen (tatsächlich wohl weniger) Einwohner, davon 96% Armenier, sowie Russen, Kurden, Jesiden, Griechen.

Der Zusammenbruch der früheren Sowjetunion, verbunden mit schlechteren Lebensbedingungen, und der Krieg mit Aserbaidschan haben abermals dazu geführt, dass Hunderttausende aus Aserbaidschan auswanderten. Nach offiziellen Angaben von 2006 leben derzeit circa 3,1 Millionen Menschen in Aserbaidschan, hinzu kommen etwa fünf Millionen Armenier, die zeitweilig oder permanent im Ausland leben. Als Folge des 'Exodus' verringerte sich zunächst die Geburtenrate; erst seit 2001 steigt diese wieder leicht an. Im Zuge der Emigration wanderten aber auch etwa 25 Prozent der Erwerbstätigen vor allem nach Russland ab, von denen seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise aufgrund der ebenso verschlechterten Arbeitsbedingungen in Russland nun viele wieder zurückkehren.

Der überwiegende Teil der Bewohner Aserbaidschans

sind ethnische Armenier (95 Prozent), gefolgt von Kurden und Russen (jeweils zwei Prozent) und anderen Gruppen (ein Prozent). Etwa zwei Drittel der Bevölkerung lebt in den urbanen Zentren Aserbaidschans, die Hälfte davon in der Hauptstadt Eriwan (1,1 Millionen Einwohner).

Allgemeine Lage/Sicherheitslage

An der Grenze zu Aserbaidschan (besonders im nordöstlichen Abschnitt) kommt es noch vereinzelt zu Auseinandersetzungen oder Schusswechseln. In Teilen der Grenzgebiete droht Minengefahr.

Aserbaidschan verfolgt eine Außenpolitik der Komplementarität: enge strategische Partnerschaft mit Russland einerseits, gute Beziehungen zum Westen (USA, EU, NATO) andererseits. Aserbaidschan bemüht sich um eine Annäherung an europäische/internationale Strukturen; die Aufnahme in die Europäische Nachbarschaftspolitik erfolgte im Juni 2004. Im November 2006 trat der Aktionsplan mit der EU in Kraft. Im Verhältnis zur NATO arbeitet Aserbaidschan an der Umsetzung des Ende 2004 verabschiedeten Individual Partnership Action Plan (IPAP).

Kernproblem der armenischen Außenpolitik bleibt der Konflikt um Berg-Karabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und der Türkei. Trotz Vermittlungsbemühungen der drei Ko-Vorsitzenden der OSZE-Minsk-Gruppe (USA, Russland, Frankreich) und wiederholter Treffen der Präsidenten von Aserbaidschan und Aserbaidschan steht eine Lösung weiterhin aus. Die Beziehungen zu Iran sind gut.

Aserbaidschan ist trotz einiger Reibungsfelder

weiterhin um gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Georgien bemüht.

Sicherheitsbehörden

Die nationale Polizei ist für die innere Sicherheit verantwortlich, während der Nationale Sicherheitsdienst (NSD) für die nationale Sicherheit, nachrichtendienstliche Aktivitäten und Grenzkontrollen zuständig ist. Die Leitungspositionen in beiden Organisationen werden vom Präsidenten ernannt. Der Polizei und dem NSD mangelt es an Ausbildung, Ressourcen und an etablierten Strukturen zur Umsetzung von Reformen oder zur Vorbeugung von Misshandlungsfällen. Gefangene berichteten, dass Exekutivbehörden wenig unternahmen, um bei Anschuldigungen von Misshandlungen zu ermitteln. Infolgedessen blieb Straffreiheit ein ernstzunehmendes Problem.

Die Polizei ist ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD) direkt der Regierung unterstellt, aber der Präsident ernennt die Behördenleiter. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit, Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Es besteht eine klare Trennung zwischen beiden Organen. Hin und wieder treten aber Kompetenzstreitigkeiten auf, z. B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.

Das OSZE Büro in Eriwan unterstützte die armenische Regierung bei der Verstärkung der Maßnahmen gegen Menschenhandel, unter anderem durch Vorschläge, gesetzliche Vorkehrungen für den Schutz von Opfern von Menschenhandel, die als Zeugen aussagen, oder in einem weiteren Sinn Zeugenstatus genießen, einzuführen.

Im März 2007 veröffentlichte das OSZE Büro in Eriwan eine Studie mit dem Titel 'Trafficking in Human Beings in the Republic of Armenia: An Assessment of current Responses' von Hana Snajdrova und Blanka Hancilova. Die Studie betonte, dass im Sommer 2006 die Regierung von der Nationalversammlung die Koordination ihrer Bestrebungen mit dem Justizministerium forderte, das früher der Nationalversammlung die Adaptierung der Strafprozessordnung vorlegte, unter anderem mit Änderungen zu Opfer- und Zeugenschutz. Diese wurden mit Unterstützung des OSZE Büros in Eriwan entwickelt. Das Paket wurde im Mai 2006 adaptiert.

Die Studie bezieht sich auf Kapitel 12, Art 98 und

98.1 der Zivilprozessordnung als Teil des Pakets, das in Kooperation mit dem OSZE Büro in Eriwan konzipiert wurde. Ungeachtet dieser Änderungen führt die Studie die folgenden großen Mängel bezüglich Zeugenschutzes aus: Die aktuelle Version der Strafprozessordnung beschränkt den Schutz nur auf Opfer, auf Zeugen, die im Strafprozess involviert sind und deren enge Verwandten, doch dehnt sich der Schutz nicht auf andere Personen aus, die am Strafprozess teilnehmen. Momentan verlangt die Strafprozessordnung, dass die Behörden anfangs mit einer offiziellen Warnung auf die Bedrohung von Opfern oder Zeugen antworten, eine Maßnahme, die wenig dazu tut, derartige Drohungen zu beenden, während die Sicherheit der Opfer und Zeugen untergraben wird.

Artikel 98 und 98.1 wurden in die Strafprozessordnung als einzige Vorkehrungen in den armenischen Gesetzen zum Thema Zeugenschutz eingeführt. Besonders Artikel 98 gewährt den Schutz des Zeugen und der Mitglieder seiner/ihrer Familie, wenn der Zeuge einen schriftlichen Antrag einbringt und dem Antrag durch die Institution, die den Strafprozess durchführt, stattgegeben wird. Artikel 98.1 gewährt die Mittel des Schutzes, wie Warnung der Person, die den Zeugen bedroht, Datenschutz, Änderung des Arbeitsplatzes des Zeugen, Anhörungen hinter verschlossenen Türen, Aufzeichnung der Anrufe der Person, die den Zeugen bedroht usw.

Folglich ist es möglich, zwei Leistungen des OSZE

Büros in Eriwan herauszuheben:

1) Die oben erwähnte Studie, in der das Thema Menschenhandel und Zeugenschutz mit einer Reihe von Empfehlungen vorangebracht wurde, um von den armenischen Behörden berücksichtigt zu werden;

2) Änderungen der Strafprozessordnung, die Zeugenschutz vorsehen.

Nichtsdestotrotz sollte man mit der OSZE Schlussfolgerung einverstanden sein, dass der relevante Artikel nur beschränkte Auswirkung hat und möglicherweise sogar kontraproduktiv ist. Dies ist der erste Mangel. Der zweite ernstzunehmende Mangel ist, dass das Gesetz in der Praxis sehr beschränkt durchgeführt wird. Um gemäß den Anforderungen des Gesetzes zu leben, sind finanzielle und materielle Mittel nötig, die die armenische Regierung in Anbetracht der akuten sozioökonomischen Probleme, die als erste Priorität bekämpft werden müssen, kaum zur Verfügung hat.

Zusammenfassend sollte gesagt werden, dass nach der Änderung der Strafprozessordnung zum Zeugenschutz im Jahr 2006 keine weitere gesetzliche Verbesserung in diesem Bereich stattgefunden hat. Die weitere OSZE Beteiligung zu diesem Thema deckt Empfehlungen zu Gesetzesänderungen aus Sicht der Opfer des Menschenhandels.

Zeugenschutz

Das OSZE Büro in Eriwan unterstützte die armenische Regierung bei der Verstärkung der Maßnahmen gegen Menschenhandel, unter anderem durch Vorschläge, gesetzliche Vorkehrungen für den Schutz von Opfern von Menschenhandel , die als Zeugen aussagen, oder in einem weiteren Sinn Zeugenstatus genießen, einzuführen.

Im März 2007 veröffentlichte das OSZE Büro in Eriwan eine Studie mit dem Titel 'Trafficking in Human Beings in the Republic of Armenia: An Assessment of current Responses' von Hana Snajdrova und Blanka Hancilova. Die Studie betonte, dass im Sommer 2006 die Regierung von der Nationalversammlung die Koordination ihrer Bestrebungen mit dem Justizministerium forderte, das früher der Nationalversammlung die Adaptierung der Strafprozessordnung vorlegte, unter anderem mit Änderungen zu Opfer- und Zeugenschutz. Diese wurden mit Unterstützung des OSZE Büros in Eriwan entwickelt. Das Paket wurde im Mai 2006 adaptiert. Die Studie bezieht sich auf Kapitel 12, Art 98 und

98.1 der Zivilprozessordnung als Teil des Pakets, das in Kooperation mit dem OSZE Büro in Eriwan konzipiert wurde. Ungeachtet dieser Änderungen führt die Studie die folgenden großen Mängel bezüglich Zeugenschutzes aus: Die aktuelle Version der Strafprozessordnung beschränkt den Schutz nur auf Opfer, auf Zeugen, die im Strafprozess involviert sind und deren enge Verwandten, doch dehnt sich der Schutz nicht auf andere Personen aus, die am Strafprozess teilnehmen. Momentan verlangt die Strafprozessordnung, dass die Behörden anfangs mit einer offiziellen Warnung auf die Bedrohung von Opfern oder Zeugen antworten, eine Maßnahme, die wenig dazu tut, derartige Drohungen zu beenden, während die Sicherheit der Opfer und Zeugen untergraben wird.

Artikel 98 und 98.1 wurden in die Strafprozessordnung als einzige Vorkehrungen in den armenischen Gesetzen zum Thema Zeugenschutz eingeführt. Besonders Artikel 98 gewährt den Schutz des Zeugen und der Mitglieder seiner/ihrer Familie, wenn der Zeuge einen schriftlichen Antrag einbringt und dem Antrag durch die Institution, die den Strafprozess durchführt, stattgegeben wird. Artikel 98.1 gewährt die Mittel des Schutzes, wie Warnung der Person, die den Zeugen bedroht, Datenschutz, Änderung des Arbeitsplatzes des Zeugen, Anhörungen hinter verschlossenen Türen, Aufzeichnung der Anrufe der Person, die den Zeugen bedroht usw.

Folglich ist es möglich, zwei Leistungen des OSZE

Büros in Eriwan herauszuheben:

1) Die oben erwähnte Studie, in der das Thema Menschenhandel und Zeugenschutz mit einer Reihe von Empfehlungen vorangebracht wurde, um von den armenischen Behörden berücksichtigt zu werden;

2) Änderungen der Strafprozessordnung, die Zeugenschutz vorsehen.

Nichtsdestotrotz sollte man mit der OSZE Schlussfolgerung einverstanden sein, dass der relevante Artikel nur beschränkte Auswirkung hat und möglicherweise sogar kontraproduktiv ist. Dies ist der erste Mangel. Der zweite ernstzunehmende Mangel ist, dass das Gesetz in der Praxis sehr beschränkt durchgeführt wird. Um gemäß den Anforderungen des Gesetzes zu leben, sind finanzielle und materielle Mittel nötig, die die armenische Regierung in Anbetracht der akuten sozioökonomischen Probleme, die als erste Priorität bekämpft werden müssen, kaum zur Verfügung hat.

Zusammenfassend sollte gesagt werden, dass nach der Änderung der Strafprozessordnung zum Zeugenschutz im Jahr 2006 keine weitere gesetzliche Verbesserung in diesem Bereich stattgefunden hat. Die weitere OSZE Beteiligung zu diesem Thema deckt Empfehlungen zu Gesetzesänderungen aus Sicht der Opfer des Menschenhandels.

Polizeigewalt/Folter

Die Verfassung verbietet die Anwendung von Folter. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass auf dem Gebiet der Republik Aserbaidschan landesweit systematisch Folter praktiziert wird. Menschenrechtsorganisationen berichten aber immer wieder von Fällen, in denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen gekommen sein soll. Diese Praktiken sind jedoch im Vergleich mit der Zeit kurz nach der Unabhängigkeit Aserbaidschans stark zurückgegangen. Folteropfer können den Rechtsweg nutzen. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind.

Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen und durch die Polizei wurden auch 2009 berichtet, vor allem in Verbindung mit den Ausschreitungen vom März 2008 [damalige Präsidentschaftswahl], gegenüber Wehrpflichtigen, in Hafteinrichtungen und in Polizeistationen. Es gibt keine verfügbaren Daten in Bezug auf Folter und Misshandlung und die wenigen Untersuchungen von Misshandlungsvorwürfen bleiben Grund zur Sorge. Aserbaidschan unternahm weiter Schritte in Richtung der Implementierung des optionalen Protokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT).

Aserbaidschan legte einen ersten Bericht zur Implementierung von OPCAT im Dezember 2009 vor.

Obwohl Folter und unmenschliche Behandlung gesetzlich verboten sind, wird von Sicherheitskräften immer wieder Gewalt angewandt, v. a. bei Verhaftungen und Verhören während der Haft [...]. Die meisten der Fälle werden aus Angst vor Vergeltung nicht offiziell gemeldet.

Korruption

Wichtige Schritte wurden in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der Anti-Korruption getätigt. Eine Anti-Korruptionsstrategie 2009-2012 mit zugehörigem Aktionsplan wurde im Oktober 2009 angenommen, inbegriffen ist ein Monitoring- und Evaluierungssystem. Die Strategie fasst auch das Errichten eines Anti-Korruptionssekretariates ins Auge, um die Durchführung des Aktionsplanes zu beobachten. In diesen Prozess wurden sowohl zivilgesellschaftliche, als auch wichtige internationale Organisationen integriert. Im Jahr 2009 wurde Aserbaidschan Vertragsstaat der 'Astana Declaration an Good Governance and Fighting Corruption' der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Das Büro des Ministerpräsidenten hat ein Konzept in Hinblick auf die Transparenz der politischen Aktivitäten, auf die Schlichtung von Interessenskonflikten und auf die Errichtung einer Datenbank, deren Inhalt das Einkommen, der Besitz und ebenso Beteiligungen von hochrangigen Beamten und deren nahe Verwandten umschließen, ausgearbeitet. Im Bereich der Schulung von öffentlich Bediensteten in Bezug auf Anti-Korruption wurden Fortschritte gemacht, jedoch ist trotz des Fortschrittes in der Legislative die wahrgenommene Korruption laut internationalen Berichten nicht wirklich weniger geworden - insofern müssen noch weitere Schritte unternommen werden.

Korruption stellt vor allem im Justizbereich, bei der Polizei, bei den Sicherheitskräften und in Gefängnissen ein Problem dar, das unter anderem auf niedrige Gehälter zurückzuführen ist. Das Gesetz sieht Strafen für Korruption vor, doch die Regierung setzte dieses Gesetz nicht effektiv um. So blieben korrupte Beamte oft ungestraft. Korruption war auf allen Ebenen und in allen Sektoren verbreitet. Die Korruption ist ein ernstzunehmendes Problem.

Regierungsprogramme, die die Korruption eindämmen sollen, lieferten nur wenig greifbare Resultate. Lokale Beobachter sind der Anti-Korruptionsstrategie 2009-2012 gegenüber skeptisch eingestellt, ob die neuen Strategien auch wirklich greifen.

Das Justizministerium berichtete, dass im Laufe des Jahres fünf Angestellte des Strafvollzugs eines Verbrechens in Zusammenhang mit Korruption angeklagt wurden.

Menschenrechtsorganisationen

In Aserbaidschan gibt es eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, deren Tätigkeit keinerlei Einschränkungen durch staatliche Organe unterliegt. Nationale und ethnische Minderheiten sind integriert und im Rat der Nationalen Minderheiten organisiert.

Im armenischen Parlament wurde Anfang Juni 2007 das 'Standing Committee on Protection of Human Rights and Public Affairs' eingerichtet. Das Komitee hat formell umfassende Aufgaben in Hinblick auf allfällige Menschenrechtsverstöße in Aserbaidschan. Dazu gehören die Recherchen zu bestimmten Einzelfällen wie Folter und Misshandlungen, Anwaltsdienstleistungen, Notariat, Minderheiten- und Kinderrechte, etc. Das Komitee hat in regelmäßigen Abständen dem Parlament über seine Aktivitäten zu berichten. Das Komitee hat bislang 150 Beschwerden von Bürgern angenommen, wobei der Großteil soziale Fragen und Ermittlungsverfahren betraf. Jedem Bürger steht es frei sich einerseits an den Ombudsmann oder das Komitee zu wenden, da die beiden Einrichtungen miteinander kooperieren.

Es gibt auch eine Reihe von

Nichtregierungsorganisationen, die Rechtschutz bieten können. So hat etwa der 'Fund against violation of Law' ein spezielles Programm für Folteropfer eingerichtet. In diesem Rahmen besuchen die Mitarbeiter des FAVL die betroffenen Familien, bzw. werden Juristen für die weitere Rechtsvertretung gestellt.

Ombudsmann

Der derzeitige Ombudsmann und seine Vorgängerin haben sich das Vertrauen der Bevölkerung erworben und zur Verbesserung der Menschenrechtslage beigetragen. In den ersten sechs Monaten 2007 hat der Ombudsmann 1353 Beschwerden, hauptsächlich gegen Stadtverwaltungen und die Polizei, erhalten. In seinem Report von 2006 beschreibt er den Schutz der Menschenrechte in Aserbaidschan als ungenügend.

Aserbaidschans Ombudsmann Armen Harutyunyan erhielt im ersten Halbjahr 2007 1[.]353 Beschwerden, vor allem gegen Stadtbehörden und Polizisten. In seinem Jahresbericht 2006 beschreibt er den Schutz der Menschenrechte in Aserbaidschan als 'unbefriedigend'. Er verzeichnete übermäßiges Verhängen von Untersuchungshaft, Gewalt gegen Journalisten, Einschränkungen der Redefreiheit und die Notwendigkeit einer unabhängigeren Justiz.

Die in Aserbaidschan eingerichtete Ombudsmanninstitution ist am Gesetzgebungsprozess beteiligt und kann zu Gesetzesentwürfen Stellung nehmen. Hierbei wird eine intensive Kooperation mit dem Parlament und der Regierung durchgeführt. Der Ombudsmann ist in ganz Aserbaidschan tätig und verfügt über Außenstellen in anderen Landesteilen. Die Behörden in Aserbaidschan sind jedenfalls verpflichtet dem Ombudsmann Auskunft zu bestimmten Fällen zu erteilen. Es sind bisher keine Fälle bekannt geworden[,] wonach eine Beschwerde aufgrund Drucks von Außen zurückgezogen wurde.

Der Großteil der Beschwerden von Bürgern an den Ombudsmann betreffen 'gerechte Verfahren' und Eigentumsrechte, die einen immer größeren Raum in der Arbeit des Ombudsmanns einnehmen. Eine Vielzahl an Beschwerden richtet sich auch gegen soziale Ungerechtigkeiten. 2007 wurden bis

3.500 Beschwerden eingebracht. Im Jahr 2006 waren es 6.500. Der Ombudsmann ist schriftlich und mündlich erreichbar und es wurde ein eigene Hotline eingerichtet, die 24 Stunden besetzt ist[,] über die sich jeder Bürger mit dem Ombudsmann in Verbindung setzen kann.

Grundversorgung/Wirtschaft

Seit 1994 wächst die armenische Wirtschaft ohne Unterbrechungen, in den Jahren 2001 bis 2007 durchschnittlich 13% pro Jahr, erreichte allerdings erst im Jahre 2004 wieder den Stand von 1990.

Erste Auswirkungen der Finanzkrise führten zu einer Verminderung des BIP-Wachstums im Jahre 2008 auf 6,8%, nach einer vorsichtigen Schätzung des IWF könnte die armenische Wirtschaft 2009 um 1,5% schrumpfen.

Bereits im ersten Quartal 2009 führte das

gleichzeitige und signifikante Abfallen von Exporten, Rücküberweisungen, Direktinvestitionen und privaten Kapitalzuflüssen zu einem akuten und hohen Zahlungsbilanzdefizit Aserbaidschans. Die erforderlich gewordene Freigabe des Wechselkurses des Dram führte Anfang März zu einer Abwertung von gut 20%. Kredite durch IWF, Weltbank und Russland über zusammen ca. 1,6 Mrd. Euro wurden bereits bewilligt.

Nachdem die Finanzkrise in Aserbaidschan zunächst

wenig Auswirkungen gezeigt hatte, sind nun die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise deutlich spürbar. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts fiel im Jahre 2008 auf 6,8% (nach sieben Jahren zweistelligen Wachstums, 2007 noch 13,8%). In den ersten zwei Monaten diesen Jahres schrumpfte die armenische Wirtschaft um 3,5% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Ausblick für 2009 ist düster, nach Schätzung des IWF könnte die Wirtschaft um 1,5% schrumpfen.

Die durchschnittliche Inflationsrate betrug 2008 9% (2007: 4,4%). Die Arbeitslosenquote lag 2008 offiziell bei ca. 6,3%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Es sind sehr viele Menschen im informellen Sektor tätig, Einkommen werden oft nicht versteuert. Für 2009 wird aufgrund der Finanzkrise mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosenzahlen gerechnet.

In Aserbaidschan ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zu[r] Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist gewährleistet. Immer mehr Haushalte werden an die Gasversorgung angeschlossen. Leitungswasser steht dagegen, insbesondere in den Sommermonaten in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, nur stundenweise zur Verfügung. Die Wasserversorgung wird jedoch laufend verbessert.

Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Ansonsten überwinden viele auch durch die traditionellen Familienbande Versorgungsschwierigkeiten. Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen durch Verwandte im Ausland unterstützt.

Das gesetzlich festgeschriebene Existenzminimum

beträgt in Aserbaidschan (wie auch in Berg-Karabach) 25.000 Dram (derzeit ca. 52 Euro) im Monat. Das durchschnittliche Familieneinkommen ist mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten, dazu privaten Geschäften und Gelegenheitsjobs nach.

Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu,

dass viele Armenier das Land verlassen wollen. Der Migrationsdruck hält an, da ein Angleichen des Lebensstandards an westeuropäisches Niveau trotz hoher Wirtschaftswachstumsrate in Kürze nicht zu erwarten ist.

Presse- und Meinungsfreiheit

Das Gesetz gewährt Rede- und Pressefreiheit und verbietet im [S]peziellen die Zensur der Presse. Allerdings respektierte die Regierung diese Rechte oft nicht. Im Laufe des Jahres 2009 unternahm die Regierung Schritte, die die Unabhängigkeit der Medien weiter beschränkten. Obwohl Oppositionsparteien weiterhin Zeitungen publizierten und Menschenrechtsaktivisten großteils in der Lage waren, ihre Arbeit ohne Angst vor Repressionen zu erledigen, bestrafte die Regierung manchmal Personen, die Regierungsbeamte oder -praktiken kritisierten. Ein Referendum im März [2009] führte zu einer Reihe von Verfassungsänderungen, unter anderem mehrere, die die Freiheit der Medien beschränken. Unter anderem wurde es verboten, Personen ohne ihre Erlaubnis zu fotografieren oder zu filmen. Die Regierung änderte auch das Gesetz über die Massenmedien[,] um es einfacher für die Regierung zu machen, die Veröffentlichung einzustellen. Belästigung, Einschüchterung und Gewalt gegen einzelne Journalisten kamen weiterhin vor und die Regierung zog die Täter nicht zur Verantwortung. Eine NGO für Medienbeobachtung berichtete, dass es im Laufe des Jahres 2009 zu 51 Vorfällen mit verbalen oder physischen Angriffen auf Journalisten gekommen sei. Die Behörden ermittelten in 15 Fällen, doch nur ein Fall wurde vor Gericht gebracht, vor allem, da dieser live im Fernsehen zu sehen war. Die meisten Printmedien sind Organe der regierenden Partei, Oppositionsparteien oder stehen mit prominenten Regierungsbeamten in Verbindung. Die Auflagenzahlen der meisten Zeitungen waren niedrig. Viele Zeitungen waren nur in der Hauptstadt erhältlich. Verleumdung blieb ein Verbrechen und im Laufe des Jahres stieg die Anzahl der verfolgten Fälle. Das Strafmaß beträgt hohe Geldstrafen und Gefängnisstrafen von bis zu drei Jahren. Die Verfassung garantiert Redefreiheit, aber Reporter ohne Grenzen sagte 2010, dass Journalisten und Blogger in einem Klima endemischer Straffreiheit und unter anhaltendem Druck durch die Behörden arbeiten. Die Vielfalt würde durch den staatlichen Einfluss erstickt. Die lokalen Abteilungen von BBC und internationalen US-Radiostationen wurden 2008 geschlossen.

Opposition, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Das Gesetz gewährt Versammlungsfreiheit, doch in der Praxis beschränkte die Regierung dieses Recht stark. Obwohl die Verfassung festschreibt, dass sich Gruppen nach vorheriger Verständigung der zuständigen Regierungsbehörde friedlich versammeln dürfen, interpretierte die Regierung dies weiterhin so, dass eine Vorauserlaubnis des Büros des Bürgermeisters von Baku gefordert wurde. Am traten neue Änderungen des Gesetzes über die Versammlungsfreiheit in Kraft. Internationale Organisationen bemerkten, dass diese Änderungen den meisten internationalen Standards entsprechen und viele internationale Beobachter appellierten an die Regierung, das Gesetz vollständig zu implementieren. Allerdings verlangte die Regierung in der Praxis weiterhin, dass Versammlungen an vorgeschriebenen Orten, weit abgelegen vom Stadtzentrum stattfanden. Im Laufe des Jahres [2009] spielten die Oppositionsparteien eine weniger aktive Rolle in der Politik als in den vergangenen Jahren. Mitglieder der Opposition wurden eher Opfer von offizieller Belästigung und willkürlichen Verhaftungen als andere Bürger. Mitglieder der Regionalabteilungen von Oppositionsparteien berichteten, dass die örtlichen Behörden oft versuchten[,] routinemäßige Parteiaktivitäten zu verhindern, indem zum Beispiel Druck auf Restaurantbesitzer ausgeübt wurde, damit diese den Oppositionsparteien nicht erlaubten, ihre Räumlichkeiten für Treffen und Veranstaltungen zu nutzen. Seit 2006 haben Oppositionsparteien ernsthafte Schwierigkeiten[,] Büroräume anzumieten.

Manche Parteien arbeiten von den Wohnungen ihrer Anführer aus, da sie Berichten zufolge aufgrund von offiziellem Druck auf die Eigentümer keine Büroräume mieten konnten. Die Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition sind spürbar eingeschränkt. Seit 2006 verfügt die oppositionelle Volksfrontpartei über keine Büros mehr, da sie damals nach Entscheidung des Wirtschaftsgerichts das seit 1992 genutzte Gebäude im Zentrum Bakus räumen musste und die der Partei von der Regierung zugewiesene Immobilie weit außerhalb der Stadt in einem nur schwer zugänglichen Gebiet liegt. Die Partei hatte sich mehrmals um den Abschluss eines Mietvertrags bemüht und ihre Bereitschaft bekundet, für die Nutzung des Gebäudes Miete zu zahlen. Unter ähnlichen Umständen hatten bereits 1998 die Oppositionspartei ADP und 2003 die ebenfalls oppositionelle Musavat ihre in der Innenstadt Bakus gelegenen Parteizentralen räumen müssen. Mitglieder und Sympathisanten zahlreicher Oppositionsparteien (insbesondere der nicht genehmen, von der Regierung nur als 'radikale Opposition' bezeichneten Parteien wie Volksfront, ADP und Musavat) können im Alltag Benachteiligungen ausgesetzt sein. In Einzelfällen erreichen derartige Nachteile ein solches Maß, dass von staatlicher Repression gesprochen werden kann. Dies betrifft insbesondere solche Sympathisanten, die sich öffentlich - so z. B. bei nicht genehmigten Kundgebungen oder in von den Oppositionsparteien herausgegebenen Zeitungen - zu oppositionellen Parteien oder regierungskritischen Positionen bekennen. In solchen Fällen zeigt sich, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung, den die Verfassung in Art 63 garantiert, in der Praxis nicht beachtet wird; Erklärungen der Staatsanwaltschaft und des Innenministeriums enthalten oft Vorverurteilungen. Der Vorsitzende der Volksfront, Ali Kerimli, erhält seit fünf Jahren keinen Reisepass. Nach belastbaren Aussagen verschiedener Menschenrechtsgruppen ist davon auszugehen, dass sich mehr als 50 Personen als politische Häftlinge im Gefängnis befinden. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit sind in vielfacher Hinsicht Beschränkungen unterworfen.

Dies gilt in besonderem Maße für die Versammlungsfreiheit, obwohl Art 49 der Verfassung dieses Grundrecht garantiert und vorsieht, dass jeder sich nach rechtzeitiger Anmeldung friedlich und ohne Waffen versammeln kann. Ein Gesetz über die Versammlungsfreiheit konkretisiert diesen Verfassungsgrundsatz; demnach darf der Grundsatz der Versammlungsfreiheit nur zugunsten der öffentlichen Ordnung, der Verhinderung von Straftaten, dem Schutz der Volksgesundheit, der Moral und der Rechte anderer beschränkt werden (Art7). Auch bei der Ausübung der Versammlungsfreiheit kommt es zu Benachteiligungen der Opposition. So bietet die Stadtverwaltung Bakus der Opposition für ihre Kundgebungen eine Reihe von Plätzen an, die alle außerhalb des Stadtzentrums liegen und entsprechend schlecht erreichbar sind. Die Opposition akzeptiert diese Plätze nicht und besteht auf ihrem Recht, Versammlungen im Zentrum, unmittelbar vor Regierungsgebäuden durchführen zu können. Sofern Kundgebungen unangemeldet oder trotz behördlichen Verbots durchgeführt werden, löst die Polizei Menschenansammlungen zum Teil gewaltsam auf. Dies war seit Frühjahr 2010 bei mindestens sieben nicht genehmigten Kundgebungen der Opposition der Fall:

In jedem dieser Fälle wurde die Versammlung sofort durch ein massives Aufgebot von Einsatzkräften, z.T. in Zivilkleidung[,] beendet und man transportierte viele Teilnehmer in bereit stehenden Bussen zu verschiedenen Polizeistationen. Dabei kam es nach glaubwürdigen Augenzeugenberichten auch zum Einsatz körperlicher Gewalt. Die meisten Teilnehmer werden nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt, einige zur Zahlung einer geringen Geldstrafe verurteilt (ca. 25 Euro); zumeist werden aber auch einige Personen zu sieben bis zehn Tagen Freiheitsentzug verurteilt.

Behandlung nach Rückkehr

Rückkehrer werden nach Ankunft in Aserbaidschan in die Gesellschaft integriert und nutzen häufig die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre in Deutschland geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen (auch Staatsdienst). Sie haben überdurchschnittliche Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt. Staatliche Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige bestehen nicht, es gibt jedoch zahlreiche Waisenhäuser, die durch Spenden aus dem Ausland z. T. einen guten Unterbringungs- und Betreuungsstandard gewährleisten können.

Personen, die im Ausland um Asyl angesucht haben,

haben in Aserbaidschan alleine aufgrund der Asylantragstellung mit keinen Sanktionen zu rechnen. Es gibt jedenfalls keinen entsprechenden Straftatbestand im armenischen Strafgesetzbuch.

Für Rückkehrer nach Aserbaidschan besteht

Unterstützung durch einige Organisationen, die psychologische und rechtliche Konsultationen anbieten. GRINGO ist ein Netzwerk aller Organisationen[,] die Rückkehrer in Aserbaidschan unterstützen, welches vom 'Danish Refugee Council' betreut wird. Rückkehrer haben sich mehrfach an NGOs gewandt, wobei in erster Linie um soziale Unterstützung angesucht wurde. Probleme mit Behörden wurden keine gemeldet.

Schutzbedürftige Personen: Dazu zählen Frauen und Mütter, die alleine zurückkehren (Gender Projects). Das armenische Rote Kreuz führt ein Projekt zur Schulung von Flüchtlingsfrauen durch. Ziel dieses Projekts ist es, Schulungen/Seminare für 30 Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren in Englisch, Computerkenntnissen und Buchhaltung anzubieten, um diesen Frauen bei der Suche nach einer Arbeitstelle zu helfen.

Die soziale Absicherung behinderter Menschen in der Republik Aserbaidschan wird durch das armenische Gesetz über den Sozialschutz behinderter Mitmenschen in der Republik Aserbaidschan und eine Reihe von Regierungserlassen geregelt. Bei der Erstellung der Regierungserlasse zur Gewährleistung der Gesetzgebung.

Problematisch für viele Rückkehrer bleibt, dass sie vor [i]hrer Ausreise fast alles verkauft haben, um sich die Reise nach Europa finanzieren zu können. Daher ist die Quote jener, die nochmals auswandern[,] relativ hoch. Es gibt mit einigen EU Mitgliedstaaten eigene Rückkehrprogramme[,] im Rahmen derer Rückkehrer besonders unterstützt werden, was zu einer Senkung der 'Rückfallsquote' geführt hat. Es existieren auch einige Präventionsprogramme gegen Auswanderung. Dazu gehört ein spezielles Programm von IOM.

Die Armut in Aserbaidschan ist noch immer groß.

Geschätzte 37% der Armennier leben unter der Armutsgrenze. Dies betrifft auch häufig Rückkehrer aus Europa. Dennoch treffen die sozialen Probleme alle Armenier gleich, unabhängig von ihrer Ethnie und Herkunft. Es gibt Unterstützungsprogramme seitens des Staates und NGOs, wobei die staatlichen Programme mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden sind." [Wiedergabe ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen]

2. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art 144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander unter anderem damit begründet, dass "über weite Strecken bzw ausschließlich Feststellungen zu Armenien [...], nicht aber zu Aserbaidschan" getroffen werden; weiters wird die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

3. Der im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Asylgerichtshof hat die Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie seine Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und auf die Begründung im angefochtenen Erkenntnis verwiesen; zudem wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden,

nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit.

gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie ).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa

VfSlg. 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

2. Ein solches willkürliches Verhalten ist dem

belangten Asylgerichtshof vorzuwerfen:

2.1. Der Asylgerichtshof stellt als Sachverhalt fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Aserbaidschan ist, bis zu seiner Ausreise im Herkunftsstaat lebte und bis zum Jahr 2008 dort als Polizist beschäftigt war. Basierend auf diesen Feststellungen trifft der Asylgerichtshof - unter der Überschrift "Zur Lage in Aserbaidschan" - Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (s. Punkt I.1.3.).

Diesen Feststellungen liegen jedoch teilweise Ausführungen zu Grunde, die nicht auf Aserbaidschan, sondern offenkundig auf Armenien zutreffen; beispielsweise hat Aserbaidschan eine Größe von annähernd 87.000 km² anstatt - wie Armenien - von 29.800 km²; die Hauptstadt ist Baku und nicht - wie von Armenien - Eriwan (zB ist etwa Armen Harutyunyan Ombudsmann in Armenien). Andererseits entbehren jene Passagen, an denen explizit Feststellungen zu Aserbaidschan getroffen werden (sollen) teilweise eines nähren Sinnes (zB "wiederholter Treffen der Präsidenten von Aserbaidschan und Aserbaidschan" oder "Die soziale Absicherung behinderter Menschen in der Republik Aserbaidschan wird durch das armenische Gesetz über den Sozialschutz behinderter Mitmenschen in der Republik Aserbaidschan [...] geregelt."). Zudem werden unter den Überschriften "Sicherheitsbehörden" und "Zeugenschutz" großteils idente Feststellungen getroffen.

Dem Asylgerichtshof ist daher der Vorwurf zu machen, dass er seiner Entscheidung Länderfeststellungen zugrunde legt, die - obwohl sie sich ausdrücklich auf Aserbaidschan beziehen (sollen) - offensichtlich - jedenfalls in weiten Teilen - nicht zutreffen. Für den Verfassungsgerichtshof hat es den Anschein, dass - in weiten Teilen - den Länderfeststellungen zu Aserbaidschan offenkundig diejenigen zu Armenien zugrunde gelegt wurden und an diversen Stellen das Wort "Armenien" durch "Aserbaidschan" ersetzt wurde (zB sind der zweite und dritte sowie der vorletzte und letzte Absatz unter der Überschrift "Behandlung nach Rückkehr" eine wörtliche Wiedergabe aus einem Bericht vom zur Fact Finding Mission in den Staaten Armenien, Georgien und Aserbaidschan und beiziehen sich zweifelsfrei auf die Situation von Rückkehrern in Armenien). Der Asylgerichtshof stützt sich daher im Rahmen der Beweiswürdigung auf Länderfeststellungen, welchen im Hinblick auf den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers kein Begründungswert zukommt.

3. Der Beschwerdeführer ist dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die

angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88

VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz iVm § 31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.