VfGH vom 25.02.2011, U1789/09
19312
Leitsatz
Keine Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz aufgrund der Zuständigkeit eines anderen Staates und Gewährung eines Durchführungsaufschubs der Ausweisung bis zur rechtskräftigen Erledigung eines in Österreich anhängigen Auslieferungsverfahrens; Vorrang der Auslieferung gegenüber anderen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen; umfassende Prüfung der subjektiven Rechte des Asylwerbers im Auslieferungsverfahren
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1. Der am geborene Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, beabsichtigte - laut eigenen Angaben - am von Paris nach Odessa (Ukraine) zu fliegen. Bei der Zwischenlandung in Wien Schwechat wurde er von österreichischen Polizeiorganen auf Grund eines Haftbefehls festgenommen.
Anlässlich der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes stellte der Beschwerdeführer mit der Begründung, er werde als Oppositionspolitiker in seiner Heimat politisch verfolgt, einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am richtete das Bundesasylamt an Frankreich ein Ersuchen um Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art 9 Abs 2 oder 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50, 1 vom ; im Folgenden:
Dublin II-VO), in dem es insbesondere auf das Schengenvisum für Frankreich, das dem Beschwerdeführer von den französischen Behörden mit Gültigkeit bis ausgestellt wurde, verwies. Mit Schreiben vom erklärte sich Frankreich für die Aufnahme des Beschwerdeführers zuständig.
Nach dreitägiger Verwahrungshaft wurde der Beschwerdeführer kurzzeitig in Auslieferungshaft genommen, die mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom unter Anwendung gelinderer Mittel nach § 173 Abs 5 Z 1, 2, 5, 6 und 8 Strafprozessordnung 1975 und unter Bestimmung einer Bürgschaftssumme aufgehoben wurde. Die Enthaftung des Beschwerdeführers, dem auf Grund eines Haftbefehls des Bundesgerichtes des Bezirkes Oktyabrskiy in Stavropol (Russische Föderation) zu Last gelegt werde, die Straftaten der Überschreitung der Amtsgewalt und des Amtsmissbrauches, jeweils mit schweren Folgen, begangen und dadurch einen Schaden von etwa € 64.800,- verursacht zu haben, wurde damit begründet, dass dieser bereit sei, sich dem Auslieferungsverfahren in Österreich zu stellen, in Österreich Aufenthalt zu nehmen und seinen Reisepass bei Gericht zu belassen.
2. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) als unzulässig zurück und sprach aus, dass für die Prüfung des Antrages gemäß Art 9 Abs 2 Dublin II-VO Frankreich zuständig sei. Unter einem wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Frankreich ausgewiesen und gemäß § 10 Abs 4 AsylG 2005 festgestellt, dass seine Abschiebung nach Frankreich zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Asylgerichtshof, in der er ausführte, dass gegen ihn in Österreich ein Auslieferungsverfahren, angestrengt von der Russischen Föderation, anhängig sei. Die über ihn verhängte Auslieferungshaft sei unter Bestimmung einer Bürgschaftssumme aufgehoben worden; die zwischenzeitig hinterlegte Bürgschaftssumme würde im Falle der Ausreise nach Frankreich verfallen. Zudem sei ein Ende des Auslieferungsverfahrens nicht absehbar, sodass ein Selbsteintritt Österreichs gemäß Art 3 Abs 2 Dublin II-VO geboten wäre.
3. Der Asylgerichtshof hat - durch eine Einzelrichterin - die Beschwerde einerseits gemäß § 5 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I) andererseits gemäß § 10 Abs 3 AsylG 2005 jedoch ausgesprochen, dass "die Durchführung der Ausweisung bis zur
rechtskräftigen Erledigung des derzeit in Österreich unter GZ ... des
Landesgerichts Korneuburg gem. § 13 ARHG anhängigen Auslieferungsverfahrens aufzuschieben" sei (Spruchpunkt II).
Zu Spruchpunkt I führt der Asylgerichtshof - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, dass mit Blick auf die hierarchisch aufgebauten Kriterien der Dublin II-VO eine Zuständigkeit Frankreichs zur Durchführung des Asylverfahrens bestehe. Mit näherer Begründung kommt er - nach einer eingehenden Analyse der Judikatur des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes sowie des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu möglichen Verletzungen des Beschwerdeführers in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten - zu dem Ergebnis, dass keine Verpflichtung Österreichs bestehe, vom Recht auf Selbsteintritt gemäß Art 3 Abs 2 Dublin II-VO Gebrauch zu machen.
Zu Spruchpunkt II - Aufschub der Durchführung der Ausweisung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Auslieferungsverfahrens - führt der Asylgerichtshof wörtlich Folgendes aus:
"Zu Spruchpunkt II ist auf § 13 Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz 1979 idgF (ARHG) zu verweisen.
§ 13 ARHG lautet: 'Ist ein Auslieferungsverfahren gegen einen Ausländer anhängig oder liegen hinreichende Gründe für die Einleitung eines solchen Verfahrens vor, so ist es unzulässig, ihn aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen außer Landes zu bringen.'
§ 13 klärt das Verhältnis zwischen der Auslieferung und der nach anderen Vorschriften zulässigen Abschiebung und soll verhindern, dass der Auszuliefernde durch eine Abschiebung in den Staat, in dem er strafrechtlich verfolgt wird, der im ARHG vorgesehenen verfahrensrechtlichen Garantien, insbesondere der richterlichen Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung sowie seines Anspruches auf Einhaltung der Spezialität verlustig geht (Linke/Epp/Dokoupil/Felsenstein, Internationales Strafrecht, Wien 1981, S 29).
Demzufolge ist ein Auslieferungsverfahren zuerst abzuhandeln, bevor eine asylgerichtliche Entscheidung zu vollziehen ist. Die Russische Föderation beantragt die Auslieferung des Asylwerbers, weil gegen ihn in seinem Heimatstaat ein Strafverfahren anhängig ist. Darüber ist ausschließlich das Landesgericht Korneuburg zur Entscheidung berufen, insbesondere darüber zu befinden, ob eine Auslieferung gem. § 14 ARHG zulässig ist.
Im Rahmen des vorliegenden Asylverfahrens ist nur zu prüfen, ob eine Zuständigkeit Frankreichs für die Prüfung des vorliegenden Asylverfahrens gegeben ist. Insoweit hat auch die erstinstanzliche Behörde richtig entschieden, da vorliegend eine Zuständigkeit nach der Dublin-II-VO zu beurteilen ist und das vorliegende Asylverfahren nicht inhaltlich in Österreich zu führen ist. Allenfalls wird Frankreich die inhaltliche Prüfung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers abzuhandeln haben, insoweit nicht in Österreich der Auslieferungsantrag der Russischen Föderation positiv erledigt werden würde. Es war daher aus Gründen der Rechtssicherheit der im Spruch angeführte Durchführungsaufschub zu gewähren."
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144a B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Entscheidung des Asylgerichtshofes "seinem gesamten Inhalt nach, insbesondere hinsichtlich seines Spruchpunktes II" wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter anfochten wird.
Die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander wird dem Asylgerichtshof insbesondere mit folgenden Argumenten vorgehalten:
"Der Asylgerichtshof meint nun, den Vollzug des Spruchpunktes I durch die Entscheidung des Spruchpunktes II gemäß § 10 Abs 3 AsylG 2005 aufschieben zu können.
§ 10 Abs 3 AsylG 2005 in der geltenden Fassung spricht jedoch ausdrücklich und ausschließlich von der Möglichkeit, eine Ausweisung aufzuschieben aus Gründen, die (in der Person des Asylwerbers gelegen) eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würden. Im Erkenntnis selbst wird im Widerspruch dazu weitwendig ausgeführt, warum eine Überstellung des BF nach Frankreich genau keine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, solches wurde weder in der Beschwerde noch im sonstigen Verfahren vom BF ins Treffen geführt.
Der Spruchpunkt II erfolgte - orientiert am Gesetzeswortlaut - daher in völliger Verkennung der Rechtslage.
Ein Blick auch in die Regierungsvorlage lässt nur den Schluss zu, dass die Möglichkeit die Durchführung der Ausweisung in den sogenannten 'Dublinverfahren' aufzuschieben, lediglich für Fälle wie 'etwa eine fortgeschrittene Schwangerschaft, ein Spitalsaufenthalt oder vorübergehender sehr schlechter Gesundheitszustand' in Betracht kommen soll.
Der vom AsylGH herangezogene § 13 AHRG lässt sich weder vom Gesetzeswortlaut noch von den Materialien her zur Begründung dieses Spruchpunktes heranziehen. Auch unter dem Blickwinkel der Erwägungsgründe der Dublin II-VO betrachtet, wäre eine derartige Interpretation eine völlige Verkennung der Rechtslage, legt doch Abs 4 der Erwägungsgründe der VO ausdrücklich dar, dass die Verordnung eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaat[s] ermöglichen soll 'um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden.'
Das Auslieferungsverfahren gegen den BF ist nunmehr schon seit beinahe einem Jahr anhängig, ein Ende (welchen Ausganges auch immer) dieses Verfahrens ist derzeit nicht abzusehen.
Da der Asylgerichtshof hier eine nach Ansicht des BF unzulässige Interpretation der Bestimmung vorgenommen hat und dazu keine Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshof[s] vorliegt, hätte er überdies eine Grundsatzentscheidung in einem verstärkten Senat treffen müssen, welche dann dem VwGH vorzulegen gewesen wäre (§42 Abs 1 AsylG, Art 129e, 132a B-VG). Sollte der Verfassungsgerichtshof davon ausgehen, dass durch die Verletzung der Pflicht, ein Grundsatzentscheidungsverfahren einzuleiten, nicht ohnehin das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wird, so ist in diesem Zusammenhang auszuführen:
Der Verfassungsgesetzgeber hält offensichtlich die 'Leitfunktion' des Verwaltungsgerichtshofs in Hinblick auf Fragen der Rechtsauslegung im Bereich des Asylrechts weiterhin aufrecht. (Vgl. auch Muzak 2008, Der Asylgerichtshof, S. 56f, der von der 'Überordnung des VwGH über den AsylGH' spricht). Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass man das Grundsatzentscheidungsverfahren als 'Ersatz' für den Wegfall der Möglichkeit, in jedem Einzelfall eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Asylentscheidungen zu erwirken, eingeführt hat. (314 der Beilagen XXIII. GP, Regierungsvorlage und Erläuterungen S. 3f). Das erklärte Ziel der Verfahrensbeschleunigung und Entlastung des VwGH sollte offensichtlich mit dem Prinzip der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Beibehaltung der 'Leitfunktion' des VwGH in Einklang gebracht werden. Geschichte, Systematik und Teleologie der Art 129e und 132a B-VG weisen klar darauf hin, dass es hier um ein Gegengewicht zum Wegfall der verwaltungsgerichtlichen Prüfung von Entscheidungen im Asylrecht geht. Das Grundsatzentscheidungsverfahren ist nunmehr die einzige Möglichkeit, um die Einheitlichkeit und Rechtskonformität der Rechtsprechung zu wahren. Sofern man einen Verstoß gegen die Pflicht zur Einleitung eines Grundsatzentscheidungsverfahrens nicht ohnehin als Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter wertet, muss ein solcher Verstoß zumindest in die Prüfung, ob dem Asylgerichtshof Willkür im Sinne einer groben Verkennung der Rechtslage vorzuwerfen ist, einfließen. Da der AsylGH keiner gerichtlichen Überprüfung in Hinblick auf die Einhaltung von Art 129e und 132a B-VG unterliegt, muss ein Verstoß gegen die genannten Bestimmungen zumindest auf die inhaltliche Beurteilung des jeweiligen AsylGH-Erkenntnisses 'durchschlagen'. Dementsprechend müssen AsylGH-Entscheidungen, die im Gesetzeswortlaut keinerlei Deckung finden und wozu eine Rechtssprechung des VwGH fehlt, jedenfalls als grobe Verkennung der Rechtslage gewertet werden.
Denn bei korrekter Anwendung von Art 129e und Art 132a B-VG wäre bei einer Entscheidung, die im klaren Gesetzeswortlaut keine Deckung findet und Fehlen von VwGH-Rechtsprechung der VwGH - und somit jedenfalls ein Höchstgericht - zur Überprüfung der Recht[s]ansicht des AsylGH berufen. Es kann nicht sein, dass der AsylGH sich schlichtweg durch das Ignorieren der Bestimmungen des Art 129e und Art 132a B-VG konsequenzenlos der vorgesehenen höchstgerichtlichen Kontrolle seiner Entscheidungen entzieht.
Im Zusammenhang mit den Begründungsanforderungen an die Entscheidungen des Asylgerichtshofs hat der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass in Hinblick auf den an die gerichtliche Begründung anzuwendenden Maßstab zu berücksichtigen ist, dass die Entscheidung 'von einem (nicht im Instanzenzug übergeordneten) Gericht erlassen wird, welches überdies seinerseits nicht mehr der Kontrolle durch ein weiteres Gericht unterliegt (s. ; , U131/08; , U132/08)' (VfGH, , [U] 27/09). Aus dieser VfGH-Judikatur-Linie ergibt sich der allgemeine Grundsatz, dass die Nicht-Existenz sonstiger gerichtlicher Kontrollmechanismen eine Auswirkung auf die verfassungsgerichtliche Willkür-Prüfung hat. Der an AsylGH-Erkenntnisse anzulegende Prüfmaßstab muss daher noch einmal strenger ausfallen, wenn der Verfassungsgerichtshof die Rechtsansicht vertritt, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Einleitung eines Grundsatzentscheidungsverfahrens nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt und somit keine direkte Kontrolle der Einhaltung der Art 129e und Art 132a B-VG besteht.
Aus der Kombination dessen, dass der AsylGH einerseits keiner nachprüfenden Kontrolle durch ein weiteres Gericht unterliegt und andererseits auch der Verstoß gegen die Pflicht zur Einleitung eines Grundsatzentscheidungsverfahrens in der Auffassung des VfGH womöglich nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, ergibt sich, dass Fälle, in denen sich der AsylGH bei Fehlen jeglicher Rechtssprechung des VwGH über den klaren Gesetzeswortlaut hinwegsetzt, in Hinblick auf das Vorliegen einer groben Verkennung der Rechtslage, von Seiten des Verfassungsgerichtshofs zumindest mit besonders erhöhtem Augenmerk zu prüfen sind."
Zudem wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter insbesondere mit dem Argument behauptet, dass die "Leitfunktion" des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die Auslegung von asylrechtlichen Fragen weiterhin aufrecht bleibe, da das "Grundsatzentscheidungsverfahren" als Ersatz für den Wegfall der Möglichkeit, in jedem Einzelfall eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Asylentscheidungen zu erwirken, eingeführt worden sei. Von dieser Möglichkeit hätte der Asylgerichtshof jedenfalls Gebrauch machen müssen, da unter den verfassungsrechtlich festgelegten Voraussetzungen die Entscheidung über offene Rechtsfragen einem verstärkten Senat des Asylgerichtshofes und letztlich dem Verwaltungsgerichtshof vorbehalten sei.
5. Der belangte Asylgerichtshof hat die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen; von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen.
II. Rechtslage
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. §§5 und 10 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I 100 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I 29/2009 lauten:
"Zuständigkeit eines anderen Staates
§5. (1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
(2) Gemäß Abs 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs 1 Schutz vor Verfolgung findet.
...
Verbindung mit der Ausweisung
§10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.
(2) Ausweisungen nach Abs 1 sind unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würden.
Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
d) der Grad der Integration;
e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;
f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.
(3) Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
(5) Über die Zulässigkeit der Ausweisung ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches oder unbefristetes Niederlassungsrecht (§§45 und 48 oder §§51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom über die Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen (Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz - ARHG), BGBl. 529, zuletzt geändert durch BGBl. I 112/2007, (im Folgenden: ARHG) lauten wie folgt:
"Vorrang zwischenstaatlicher Vereinbarungen
§ 1. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden nur insoweit Anwendung, als in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist.
Allgemeiner Vorbehalt
§ 2. Einem ausländischen Ersuchen darf nur entsprochen werden, wenn die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen der Republik Österreich nicht verletzt werden.
...
Vorrang der Auslieferung
§ 13. Ist ein Auslieferungsverfahren gegen einen Ausländer anhängig oder liegen hinreichende Gründe für die Einleitung eines solchen Verfahrens vor, so ist es unzulässig, ihn auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen außer Landes zu bringen.
...
Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze; Asyl
§ 19. Eine Auslieferung ist unzulässig, wenn zu besorgen ist, daß
1. das Strafverfahren im ersuchenden Staat den Grundsätzen der Art 3 und 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, nicht entsprechen werde oder nicht entsprochen habe,
2. die im ersuchenden Staat verhängte oder zu erwartende Strafe oder vorbeugende Maßnahme in einer den Erfordernissen des Art 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, nicht entsprechenden Weise vollstreckt werden würde, oder
3. die auszuliefernde Person im ersuchenden Staat wegen ihrer Abstammung, Rasse, Religion, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volks- oder Gesellschaftsgruppe, ihrer Staatsangehörigkeit oder wegen ihrer politischen Anschauungen einer Verfolgung ausgesetzt wäre oder aus einem dieser Gründe andere schwerwiegende Nachteile zu erwarten hätte (Auslieferungsasyl)."
Im zweiten Abschnitt des ARHG wird die sachliche und örtliche Zuständigkeit sowie das Verfahren betreffend die Auslieferung geregelt; zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung bestimmt mit der Überschrift "Prüfung des Auslieferungsersuchens durch das Gericht" § 33 leg.cit. wörtlich Folgendes:
"(1) Die Zulässigkeit der Auslieferung ist an Hand des Auslieferungsersuchens und seiner Unterlagen zu prüfen.
(2) Ob die betroffene Person der ihr zur Last gelegten strafbaren Handlung nach den Auslieferungsunterlagen hinreichend verdächtig ist, ist nur zu prüfen, wenn insoweit erhebliche Bedenken bestehen, insbesondere wenn Beweise vorliegen oder angeboten werden, durch die der Verdacht ohne Verzug entkräftet werden könnte.
(3) Die Zulässigkeit der Auslieferung ist in rechtlicher Hinsicht einschließlich aller sich aus den zwischenstaatlichen Vereinbarungen ergebenden Voraussetzungen und Hindernisse für die Auslieferung der betroffenen Person, insbesondere auf dem Gebiet des Asylrechtes, umfassend unter dem Gesichtspunkt der der betroffenen Person nach Gesetz und Bundesverfassung zukommenden subjektiven Rechte zu prüfen."
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften wurden nicht vorgebracht und sind aus Anlass des Beschwerdeverfahrens auch nicht entstanden.
2. Zum Beschwerdevorbringen ist zunächst festzuhalten, dass der Asylgerichtshof - als Einzelrichterin - das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Nichteinholung einer Grundsatzentscheidung nicht verletzt hat. Hier genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 18.613/2008 hinzuweisen, in dem der Verfassungsgerichtshof deutlich ausgedrückt hat, dass ein Recht des Asylwerbers auf Einleitung eines Verfahrens zur Einholung einer Grundsatzentscheidung nicht besteht.
3. Zum Vorwurf der Verletzung des Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander ist Folgendes festzuhalten:
Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein solcher Fehler ist dem Asylgerichtshof aus folgenden Gründen aber nicht vorzuwerfen:
Der Asylgerichtshof hat in der angefochtenen Entscheidung - wie bereits dargestellt - festgestellt, dass gemäß § 5 AsylG 2005 Frankreich zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Mit Blick auf § 13 ARHG ist er zu Recht davon ausgegangen, dass es unzulässig wäre, einen Ausländer, während ein Auslieferungsverfahren behängt, auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen außer Landes zu bringen. Um sicherzustellen, dass die Durchführung der Ausweisung für die Dauer des Auslieferungsverfahrens aufgeschoben ist, hat der Asylgerichtshof einen Durchführungsaufschub gewährt, um das rechtsstaatlich gebotene Auslieferungsverfahren gesetzmäßig zu ermöglichen.
Dazu ist vorweg festzuhalten, dass das ARHG grundsätzlich den Vorrang der Auslieferung gegenüber anderen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, so auch solchen nach dem Asylgesetz oder dem Fremdenpolizeigesetz, normiert. Es ist unzulässig, - so auch das Schrifttum (vgl. Göth-Flemmich, in: Höpfel/Ratz [Hrsg.], Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 2010, § 13 ARHG Rz 2) - "während eines anhängigen Auslieferungsverfahrens … die betroffene Person auf Grund einer anderen aufenthaltsbeendenden Maßnahme außer Landes zu bringen".
Wenn der Beschwerdeführer mit Blick auf die vom Asylgerichtshof festgestellte Zuständigkeit Frankreichs zur Durchführung des Asylverfahrens befürchtet, dass damit das für das Auslieferungsersuchen zuständige Gericht die Durchführung des Asylverfahrens im zuständigen Staat verunmöglichen könnte, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:
Das zur Prüfung des Auslieferungsersuchens zuständige Gericht ist gemäß § 33 Abs 3 ARHG verpflichtet, bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung alle sich aus den zwischenstaatlichen Vereinbarungen ergebenden Voraussetzungen und Hindernisse für die Auslieferung der betroffenen Person, insbesondere auf dem Gebiet des Asylrechts, umfassend unter dem Gesichtspunkt der der betroffenen Person nach Gesetz und Bundesverfassung zukommenden subjektiven Rechte zu prüfen.
Dass in Österreich bei gleichzeitig anhängigem Auslieferungs- und Asylverfahren - im Gegensatz zu zahlreichen anderen europäischen Staaten (vgl. Göth-Flemmich, aaO, § 13 ARHG Rz 2) - das Auslieferungsverfahren nicht bis zum Vorliegen einer Entscheidung im Asylverfahren ausgesetzt werden muss, liegt nicht zuletzt darin begründet, dass die (Auslieferungs )Gerichte das Vorliegen asylrechtlicher Hinderungsgründe im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung (vgl. § 33 Abs 3 iVm § 19 Z 3 ARHG) selbstständig zu untersuchen haben.
In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Beschluss vom , 2008/06/0019, aus Anlass einer Beschwerde eines georgischen Asylwerbers gegen seine Auslieferung nach Georgien während laufenden Asylverfahrens nach Darstellung der Rechtslage festgestellt, dass "sämtliche subjektive[n] Rechte" einer auszuliefernden Person, insbesondere auch auf dem Gebiet des Asylrechtes, umfassend im gerichtlichen Auslieferungsverfahren wahrzunehmen sind. Auch trifft die in diesem Beschluss vertretene Auffassung zu, dass der Umstand, dass ein Asylverfahren anhängig ist, mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung zwar kein Auslieferungshindernis darstellt, aber die subjektiven Rechte des Auszuliefernden auch auf dem Gebiet des Asylrechtes im gerichtlichen Verfahren umfassend zu prüfen sind, "und zwar nach den in Österreich maßgeblichen asylrechtlichen Normen in ihrer jeweils relevanten Fassung, also auch nach der aktuellen Rechtslage ...".
Zur Rechtslage gehört auch die Dublin II-VO, die nach den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts in Österreich unmittelbar anwendbar ist (zur unmittelbaren Wirkung von Verordnungen vgl. , Slg. 1973, 981).
Um das Verfahren zur Feststellung der Zulässigkeit der Auslieferung an den ersuchenden Staat im Sinne des ARHG zu gewährleisten, konnte der Asylgerichtshof denkmöglich davon ausgehen, dass ein Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs 3 AsylG 2005 mit Blick auf die gesetzliche Regelung des § 13 ARHG zu gewähren ist.
Der Beschwerdeführer ist daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung Fremder untereinander verletzt worden.
4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden ist.
5. Ob die angefochtene Entscheidung in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen eine Entscheidung des Asylgerichtshofes richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. , zu Kollegialbehörden nach Art 133 Z 4 B-VG mwN).
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
2. Dem Antrag des belangten Asylgerichtshofes, dem Bund "den gesetzlichen Kostenersatz" zuzuerkennen, war schon deshalb nicht zu entsprechen, weil dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des § 48 Abs 2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (s. etwa VfSlg. 17.873/2006 mwN).
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.