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VfGH vom 16.12.2010, U1769/10

VfGH vom 16.12.2010, U1769/10

19283

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Aberkennung des subsidiären Schutzes wegen vor der Zuerkennung begangener Verbrechen; keine Anwendbarkeit der Neufassung der Regelung über die Aberkennung der subsidiären Schutzberechtigung

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung, soweit ihm damit der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und seine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen wird, in dem durch das BVG BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird insoweit aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist georgischer Staatsbürger und

gelangte Anfang September 2003 ins österreichische Bundesgebiet. Am stellte er einen Antrag auf Gewährung von Asyl, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 126/2002 (im Folgenden: AsylG 1997) abgewiesen wurde. Aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes wurde unter einem gemäß § 8 Abs 1 AsylG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers für nicht zulässig erklärt und ihm gemäß § 8 Abs 3 iVm § 15 Abs 2 AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

1.2. Diese Aufenthaltsberechtigung wurde wiederholt verlängert. Nach einem neuerlichen Verlängerungsantrag am wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 9 Abs 2 Z 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 122/2009 (im Folgenden: AsylG 2005), jedoch aberkannt, ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs 4 leg.cit. entzogen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gemäß § 9 Abs 2 leg.cit. für unzulässig erklärt. Diese Entscheidung erfolgte aufgrund zweier vor Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ergangener strafgerichtlicher Verurteilungen wegen Verbrechen im Sinne des § 17 StGB.

1.3. Die dagegen erhobene Beschwerde vom hat der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom vollinhaltlich abgewiesen. Begründend führte der Asylgerichtshof aus, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß der mit BGBl. I 122/2009 neu geschaffenen Bestimmung des § 9 Abs 2 Z 3 AsylG 2005 zu Recht aberkannt worden sei, weil ihn ein inländisches Gericht "wegen eines Verbrechens (§17 StGB) rechtskräftig verurteilt" habe. Da weder dem Wortlaut der Norm noch den Erläuterungen eine Eingrenzung des maßgeblichen Beurteilungszeitraumes zu entnehmen sei, seien zur rechtlichen Bewertung eines Sachverhaltes auch vor der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus begangene Verbrechen heranzuziehen. Zudem sei es wohl nicht vom Gesetzgeber bezweckt, einer mehrfach straffälligen Person wie dem Beschwerdeführer Schutz vor rückwirkenden Gesetzen zu gewähren, da ihm bei Begehung der Straftaten in jedem Fall der Unrechtsgehalt seines Handelns klar sein hätte müssen. Infolge der Aberkennung seines Schutzstatus sei ihm auch seine Aufenthaltsberechtigung zu entziehen gewesen. Da aufgrund der fortgeschrittenen Hepatitis C-Erkrankung des Beschwerdeführers eine Verbringung in seinen Herkunftsstaat nach wie vor eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten könnte, sei die Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien zu erkennen gewesen.

1.4. Gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes, dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen und ihm seine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu entziehen, richtet sich die auf Art 144a B-VG, BGBl. I 2/2008, gegründete Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vom . Der Beschwerdeführer macht darin die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 390/1973 und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG sowie nach Art 7 EMRK geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im angeführten Umfang.

Im Hinblick auf die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304, S 12 - 23 (im Folgenden: Statusrichtlinie), wird in der Beschwerde eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter insoweit erblickt, als der Asylgerichtshof es unterlassen habe, die Frage, ob eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen vor Zuerkennung desselben begangener Straftaten im Einklang mit Art 19 Abs 3 lita der Statusrichtlinie steht, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Auch habe der Asylgerichtshof seine Vorlageverpflichtung hinsichtlich der Frage verletzt, ob die nach § 9 Abs 2 Z 3 AsylG 2005 mögliche Aberkennung des Schutzstatus aufgrund der Verurteilung wegen eines "Verbrechens (§17 StGB)" den Vorgaben der Statusrichtlinie entspricht, wonach eine Aberkennung nur aufgrund einer "schweren Straftat" möglich sei. Bezüglich dieser Rechtsfragen sei auch keine Grundsatzentscheidung getroffen worden, obwohl hiezu keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes existiere. Da der Beschwerdeführer zudem darauf vertrauen habe müssen, dass ihm nach Zuerkennung seines Schutzstatus bei unveränderter Sachlage dieser nicht wieder wegen davor liegender Umstände aberkannt werden würde, sei er durch die angefochtene Entscheidung auch in seinem Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden. Überhaupt habe der Asylgerichtshof die Rechtslage im Hinblick auf die europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben grob verkannt. Schließlich sei die Aberkennung des Schutzstatus als eine automatische Folge der strafgerichtlichen Verurteilung konzipiert und weise aufgrund der Schwere der Maßnahme, welche im Verlust wesentlicher ökonomischer und sozialer Rechte bestehe, Strafcharakter auf. Die Anwendung der nach sämtlichen strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers eingeführten Bestimmung des § 9 Abs 2 Z 3 AsylG 2005 stehe demgemäß im Widerspruch zum Verbot rückwirkender strafrechtlicher Regelungen iSd Art 7 EMRK. Diese Beschwerdeausführungen waren im Wesentlichen bereits in der an den Asylgerichtshof gerichteten Beschwerde vom enthalten.

1.5. Der Asylgerichtshof hat von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen und die gesammelten Verfahrensakten übermittelt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie ).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Schließlich ist von einem willkürlichen Verhalten auch auszugehen, wenn die Behörde die Rechtslage gröblich bzw. in besonderem Maße verkennt (zB VfSlg. 11.436/1987, 11.840/1988, 17.716/2005, 18.091/2007).

2.1. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist gemäß § 8 AsylG 2005 einem Fremden zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen oder ihm dieser aberkannt worden ist und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung nach Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der "Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention" bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist nach § 8 Abs 4 AsylG 2005 gleichzeitig eine diesem Status gemäße befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen und ebenso gemäß § 52 Abs 1 AsylG 2005 eine entsprechende Karte zum Nachweis der Identität und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet auszustellen.

2.2. § 9 AsylG 2005 regelt die Aberkennung der subsidiären Schutzberechtigung und hatte in der Fassung vor der dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegten Novelle BGBl. I 122/2009 folgenden Wortlaut:

"§9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§8 Abs 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen."

2.3. Mit der Novelle BGBl. I 122/2009 wurde § 9 AsylG 2005 in Abs 2 um zusätzliche Aberkennungstatbestände erweitert und es wurden in einem neuen Absatz 3 ergänzende Regelungen vorgesehen (§9 Abs 1 leg.cit. blieb unverändert und der bisherige § 9 Abs 2 wurde zu § 9 Abs 4 leg.cit.); diese Bestimmungen lauten:

"§9. (...)

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§2 Abs 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs 1 oder 2 wahrscheinlich ist."

Diese Neufassung trat gemäß § 73 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl. I 122/2009 mit in Kraft und wurde von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt.

2.4. §§8 und 9 AsylG 2005 dienen unter anderem der Umsetzung der Statusrichtlinie (die vor und nach der Neufassung der genannten Bestimmungen des AsylG 2005 unverändert war), welche betreffend die Aberkennung des subsidiären Schutzes Folgendes bestimmt:

"Erlöschen

Art 16. (1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Ausschluss

Art 17. (1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;

b) eine schwere Straftat begangen hat;

c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen;

d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.

(2) Absatz 1 findet auf Personen Anwendung, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die Mitgliedstaaten können einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen von der Gewährung subsidiären Schutzes ausschließen, wenn er vor seiner Aufnahme in dem Mitgliedstaat ein oder mehrere nicht unter Absatz 1 fallende Straftaten begangen hat, die mit Freiheitsstrafe bestraft würden, wenn sie in dem betreffenden Mitgliedstaat begangen worden wären, und er sein Herkunftsland nur verlassen hat, um einer Bestrafung wegen dieser Straftaten zu entgehen.

(...)

Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung des subsidiären Schutzstatus

Art 19. (1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten dieser Richtlinie gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

(2) Die Mitgliedstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus aberkennen, diesen beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn er nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absatz 3 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen.

(3) Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen eine Verlängerung ab, wenn

a) er nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 2 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen wird;

b) eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seinerseits, einschließlich der Verwendung gefälschter Dokumente, für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend waren.

(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 des vorliegenden Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."

3.1. Der Asylgerichtshof hat die Aberkennung der subsidiären Schutzberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 9 Abs 2 AsylG 2005 mit Straftaten begründet, die er vor dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. I 122/2009 und bevor ihm mit Bescheid des Bundesasylamtes vom , Z 03 26.757-BAT, subsidiärer Schutz gewährt wurde, begangen hatte: Im Falle des Beschwerdeführers liege "eine zweimalige rechtskräftige Verurteilung wegen eines Verbrechens im Sinne des § 9 Abs 2 Z 3 Asy1G 2005, BGBl. I Nr. 122/2009, (vom gemäß §§15, 127, 130 (1.Fall) und vom gemäß § 127 und §§15, 130 (1.Fall) StGB wegen gewerbsmäßigem Diebstahls) vor, sodass die Voraussetzungen gegeben [seien], dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen abzuerkennen und die befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen gewesen" sei.

3.2. Die Anwendung des § 9 Abs 2 AsylG 2005 idF BGBl. I 122/2009 auf vor seinem Inkrafttreten stattgefundene Sachverhalte, die bereits bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes vorgelegen haben, begründet der Asylgerichtshof folgendermaßen:

"Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass als Tatbestandsvoraussetzung für die Aberkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs 2 AsylG Z 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 122/2009, im Gesetz lediglich gefordert wird, dass der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist, ein Zeitrahmen, in welchem diese Verurteilung erfolgt sein muss, ist jedoch an keiner Stelle des Gesetztes zu finden. Ebenso werden als Voraussetzungen für die 'Straffälligkeit' in § 2 Abs 3 AsylG 2005 idgF keinerlei zeitliche Angaben im Gesetz angeführt, in denen die rechtskräftigen Verurteilungen erfolgen müssen, woraus hervorgeht, dass man auch im gegenständlichen Fall alle Verurteilungen des Beschwerdeführers zu berücksichtigen hat und die Voraussetzungen für die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens und in der Folge eine Aberkennung gemäß § 9 Abs 2 Z 3 AsylG 2005 idgF gegeben sind. Somit war auf die in der Beschwerde behauptete verfassungskonforme Interpretation, die gegen eine Rückwirkung der novellierten Aberkennungstatbestände auf Straftaten, die bereits vor Zuerkennung des Schutzstatus begangen wurden, spreche und sich daraus auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes und des verfassungsrechtlich verankerten Vertrauensgrundsatzes ergebe, aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung des gegenständlichen Falles nicht im Detail einzugehen. Lediglich am Rande sei noch erwähnt, dass es wohl nicht vom Gesetzgeber bezweckt ist, dass man einer Person wie dem Beschwerdeführer, die in Österreich ab 2004 bis 2009 mehrmals und teilweise schwere Straftaten beging - wie in der Beschwerde gefordert - Schutz vor rückwirkenden Gesetzen zu gewähren hat, da ihm bei Begehung der Straftaten in jedem Fall der Unrechtsgehalt seines Handelns klar sein musste. Somit war der Rechtsansicht der belangten Behörde zu folgen und aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen in Verbindung mit den Materialien zur AsylG-Novelle (BGBl I 122/2009) wegen der erfolgten strafgerichtlichen rechtskräftigen Verurteilungen dem Beschwerdeführer die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs 2 AsylG zu entziehen. Der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, dass es sich im gegenständlichen Fall auch nicht - wie in der Beschwerde behauptet - eigentlich um einen Fall einer Wiederaufnahme handelt."

4. Mit diesen Ausführungen verkennt der Asylgerichtshof die Rechtslage in besonderem Maße im Sinne der unter Pkt. II.1. wiedergegebenen Judikatur zum Willkürverbot:

4.1. Gesetze sind im Allgemeinen auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach ihrem Inkrafttreten ereignen, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich anderes bestimmt (Art49 B-VG). Die Neufassung des § 9 AsylG 2005 ist am vom Nationalrat beschlossen worden und nach § 73 Abs 7 leg.cit. am in Kraft getreten, sodass eine ausdrückliche Rückwirkung nicht vorliegt.

4.2. Vom Fehlen einer ausdrücklichen Anordnung im AsylG 2005, dass § 9 Abs 2 AsylG 2005 auf vor seinem Inkrafttreten und der Gewährung subsidiären Schutzes liegende Sachverhalte anzuwenden wäre, abgesehen, bringt der Gesetzgeber in den Materialien deutlich zum Ausdruck, dass er die Aberkennung jedenfalls für nach der Zuerkennung begangene Straftaten vorsieht; in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 330 BlgNR 24. GP heißt es (kursive Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof):

"Die geltende Rechtslage führt zu dem rechtspolitisch unbefriedigenden Ergebnis, dass Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten - samt den damit verbundenen Rechten (Arbeitsmarktzugang uä.) - nicht aberkannt werden kann, solange die Abschiebung in den Herkunftsstaat eine Menschenrechtsverletzung im Sinne der EMRK bedeuten würde. Dies gilt auch dann, wenn der Fremde in Österreich mittlerweile (auch schwerste) Straftaten begangen hat. Nunmehr soll dies möglich sein und damit ein Zeichen gesetzt werden, dass Straffälligkeit mit dem Verlust von Rechten einhergeht und die Rechtsposition dieser Fremden auf das notwendige Maß beschränkt werden."

Der Gesetzgeber wollte also auf den für ihn unbefriedigenden Zustand reagieren, dass sogar dann, wenn "mittlerweile" - also nach Zuerkennung des subsidiären Schutzes - "auch schwerste" Straftaten gesetzt wurden, eine Aberkennung des subsidiären Schutzes nicht möglich war. Damit ist eindeutig nicht beabsichtigt, den subsidiären Schutz wegen Straftaten abzuerkennen, die vor seiner Zuerkennung begangen wurden. Mit dieser Deutung steht im Einklang, dass gleichzeitig in § 8 AsylG 2005 der neue Abs 3a aufgenommen wurde, der von vornherein die Zuerkennung des subsidiären Schutzes hindert, wenn Straftaten begangen wurden, die nach § 9 Abs 2 leg.cit. zu dessen Aberkennung verpflichten, sodass sich in Zukunft die Frage der Aberkennung des subsidiären Schutzes wegen der Begehung von vor seiner Zuerkennung begangener Verbrechen nicht mehr stellt.

5. Da der Asylgerichtshof somit den Inhalt des Gesetzes grob verkannt hat, hat er seine Entscheidung mit Willkür belastet. Die angefochtene Entscheidung ist daher wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit von Fremden untereinander aufzuheben.

Auf die weiteren von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen war daher nicht weiter einzugehen. Dies gilt auch für die von der Beschwerde relevierte Frage, ob der Begriff des "Verbrechens" in § 9 Abs 2 AsylG 2005 dem Begriff der "schweren Straftat" in Art 17 der Statusrichtlinie entspricht; eine Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung dieser Frage kommt daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

III. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§88 iVm 88a VfGG; im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.