VfGH vom 12.06.2015, U1099/2013 ua
Leitsatz
Entzug des gesetzlichen Richters durch Abweisung der Asylanträge und Ausweisung der Beschwerdeführerinnen in die Russische Föderation infolge unrichtiger Zusammensetzung des Spruchkörpers des Asylgerichtshofes im Hinblick auf den von der Zweitbeschwerdeführerin behaupteten Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung; Verletzung der Zweitbeschwerdeführerin überdies im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Spruch
I. Die Beschwerdeführerinnen sind durch die angefochtenen Entscheidungen in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Zweitbeschwerdeführerin ist überdies in ihrem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art 47 Abs 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden. Die Entscheidungen werden aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, der Erstbeschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.400,– bestimmten Prozesskosten sowie der Zweitbeschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführerin zu U1099/2013 (in der Folge: Erstbeschwerdeführerin) ist eine Staatsbürgerin der Russischen Föderation (Tschetschenien). Sie reiste am gemeinsam mit zwei Kindern (Sohn B.A. und Tochter M.) illegal nach Österreich ein und stellte für sich und diese beiden Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass ihrer Tochter T. (die Beschwerdeführerin zu U1100/2013, in der Folge: Zweitbeschwerdeführerin) entführt worden sei, um zwangsweise mit einem älteren Mann verheiratet zu werden. Die Familie des Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin sei mit dem Brautraub einverstanden gewesen. Die Versuche der Erstbeschwerdeführerin, die Tochter T. zurückzuholen, seien daher gescheitert. Einige Zeit später seien die Entführer bei der Erstbeschwerdeführerin erschienen und hätten nach dem Verbleib der Tochter gefragt, doch sie hätte selbst nicht gewusst, wo diese sei; sie sowie zwei ihrer Kinder seien mit dem Umbringen bedroht worden, falls die Tochter nicht wieder auftauchen würde. Der Sohn der Erstbeschwerdeführerin sei geschlagen und getreten worden. Die Erstbeschwerdeführerin habe daraufhin mit ihren Kindern B.A. und M. die Heimat verlassen. Die Tochter T. und der Sohn S. seien verschollen.
2. Die Zweitbeschwerdeführerin (die Tochter der Erstbeschwerdeführerin), eine Staatsangehörige der Russischen Föderation (Tschetschenien), brachte am einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein, nachdem sie zuvor gemeinsam mit ihrem Bruder S. illegal in das Bundesgebiet gelangt war. Am wurde die zu diesem Zeitpunkt noch minderjährige Zweitbeschwerdeführerin im Beisein der Erstbeschwerdeführerin vor einem Organwalter des Bundesasylamtes (im Folgenden: BAA) zu den Fluchtgründen befragt. Sie gab an, dass sie von einem Bekannten ihres Onkels auf dem Heimweg von der Schule geraubt worden sei. Angekommen bei der Familie des Entführers habe man ihr gesagt, dass dieser Mann sie heiraten wolle. Damit sei die Zweitbeschwerdeführerin nicht einverstanden gewesen. Ihr Onkel habe ihr gesagt, dass sie im Haus dieses Mannes bleiben müsse, weil dies eine gute Familie sei. Wenn die Zweitbeschwerdeführerin weglaufen würde, wäre damit der Ruf der Familie ruiniert und der Onkel habe gedroht, sie in diesem Fall umzubringen. Zwei Tage lang sei sie im Haus des Entführers geblieben. Am zweiten Tag sei ihre Mutter zu Besuch gekommen und sie hätte diese angefleht, sie mitzunehmen. Die Mutter habe jedoch gesagt, dass sie dies nur könne, wenn der Onkel das erlauben würde. Da sie vor den Gästen geweint und damit zu erkennen gegeben habe, dass sie mit der Heirat nicht einverstanden sei, habe sie die Familie des Entführers blamiert. Daraufhin sei sie von der Tante des Entführers derart stark geschlagen worden, dass sie ins Krankenhaus gebracht worden sei. Am nächsten Tag sei sie von einer Tante mütterlicherseits aus dem Krankenhaus abgeholt worden. Sie beide seien einfach weggegangen, ohne den Ärzten etwas zu sagen. Eine Nacht habe sie bei der Tante verbracht und danach seien sie gemeinsam mit dem Bruder S. der Zweitbeschwerdeführerin geflohen.
3. Mit zwei Bescheiden des BAA vom wurden die Anträge der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigung gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs 1 leg.cit. abgewiesen. Weiters wurden die Beschwerdeführerinnen gemäß § 10 Abs 1 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
4. Mit den nunmehr gemäß Art 144a B VG angefochtenen Entscheidungen vom wies der Asylgerichtshof die Beschwerden gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§3, 8 Abs 1 und 10 Abs 1 AsylG 2005 – ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung – ab. Vorauszuschicken sei, dass die Beschwerdeführerinnen und ihre Angehörigen eine Verfolgungsgefahr ausgehend von einem Angehörigen (A.K.) in Tschetschenien geltend gemacht haben, der tatsächlich existiere und zu dem das BAA Ermittlungen angestellt habe. Die Beschwerdeführerinnen hätten infolge widersprüchlicher Angaben nicht dargetan, dass von dem genannten Verwandten tatsächlich eine Gefahr für sie ausgegangen sei. Das Vorbringen werde vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat gewürdigt und es werde nicht in Abrede gestellt, dass es im Nordkaukasus die Tradition des Brautraubes gäbe. Angesichts des widersprüchlichen Vorbringens könne es aber nicht für wahr gehalten werden. Im Verfahren hätten sich auch keine Hinweise darauf ergeben, dass die Beschwerdeführerinnen bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat einer relevanten Gefahr im Sinne der Art 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wären. Die Beschwerdeführerinnen befänden sich mit weiteren voll- und minderjährigen Kindern/Geschwistern im Bundesgebiet, welche im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen seien. Die Mutter und erwachsene Geschwister der Erstbeschwerdeführerin hielten sich als Asylberechtigte in Österreich auf. Das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung überwiege das Interesse der Beschwerdeführerinnen am Verbleib in Österreich.
5. In ihren gegen diese Entscheidungen gerichteten, auf Art 144a B VG gestützten Beschwerden rügen die Beschwerdeführerinnen die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen.
Ausgeführt wird dazu u.a., dass angesichts des Vorbringens der Zweitbeschwerdeführerin die Rechtssache vor dem Asylgerichtshof einem Senat bestehend aus zwei Richterinnen zuzuweisen gewesen wäre. Die beabsichtigte Zwangsehe bzw. die durchgeführte Brautentführung stelle ohne Zweifel einen zumindest drohenden Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung dar.
6. Der belangte Asylgerichtshof legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässigen – Beschwerden erwogen:
1.1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002). Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird insbesondere dann verletzt, wenn eine an sich zuständige, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzte Kollegialbehörde entschieden hat (zB VfSlg 10.022/1984, 14.731/1997, 15.588/1999, 15.668/1999, 15.731/2000 und 16.572/2002).
1.2. § 20 Asylgesetz 2005 – AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 4/2008 und § 34 AsylG 2005 idF BGBl I 135/2009, lauten wie folgt:
"Einvernahmen von Opfern bei Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung
§20. (1) Gründet ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung (Art1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) auf Eingriffe in seine sexuelle Selbstbestimmung, ist er von einem Organwalter desselben Geschlechts einzuvernehmen, es sei denn, dass er anderes verlangt. Von dem Bestehen dieser Möglichkeit ist der Asylwerber nachweislich in Kenntnis zu setzen.
(2) Für Verfahren vor dem Asylgerichtshof gilt Abs 1 nur, wenn der Asylwerber den Eingriff in seine sexuelle Selbstbestimmung bereits vor dem Bundesasylamt oder in der Beschwerde behauptet hat. Diesfalls ist eine Verhandlung von einem Einzelrichter desselben Geschlechts oder einem aus Richtern desselben Geschlechts bestehenden Senat durchzuführen. Ein Verlangen nach Abs 1 ist spätestens gleichzeitig mit der Beschwerde zu stellen.
(3) Abs 1 gilt nicht für Verfahren vor dem Kammersenat.
(4) Wenn der betroffene Asylwerber dies wünscht, ist die Öffentlichkeit von der Verhandlung eines Senates oder Kammersenates auszuschließen. Von dieser Möglichkeit ist er nachweislich in Kenntnis zu setzen. Im Übrigen gilt § 67e AVG."
"Familienverfahren im Inland
§34. (1) Stellt ein Familienangehöriger (§2 Abs 1 Z 22) von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiären Schutzberechtigten (§8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) – (3) […]
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) – (6) […]"
1.3. Die Rechtssache ist beim Asylgerichtshof im Jahr 2012 angefallen. Die §§2 und 19 der Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes für das Geschäftsjahr 2012 lauten auszugsweise wie folgt:
"§2
Annexsachen
(1) – (4) […]
(5) Annexität liegt weiters vor, wenn sich eine Rechtssache auf ein Familienmitglied einer Person bezieht, auf die sich ein anderes Verfahren bezieht oder bezogen hat (Bezugsperson). Familienmitglieder in diesem Sinne sind:
1. der Ehegatte der Bezugsperson oder eine Person, die mit der Bezugsperson im Sinne des Art 8 EMRK ein Familienleben in Form einer Lebensgemeinschaft führt, sowie die Geschwister, Eltern und Kinder des Ehegatten oder Lebensgefährten;
2. Vorfahren und Nachkommen der Bezugsperson sowie die Ehegatten (und Lebensgefährten) dieser Vorfahren und Nachkommen und die Geschwister und Kinder dieser Ehegatten (und Lebensgefährten);
3. Geschwister der Bezugsperson sowie die Ehegatten (und Lebensgefährten) und Kinder dieser Geschwister.
(6) – (7) […]"
"§19
Fälle der Unzuständigkeit
(1) – (4) […]
(5) Ist ein Richter als Einzelrichter oder als Vorsitzender eines Senates in einer Rechtssache wegen eines behaupteten Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung gemäß § 20 AsylG unzuständig und wird ihm aus diesem Grund diese Rechtssache abgenommen, so verliert er damit gleichzeitig auch seine Zuständigkeit für alle Rechtssachen, die zu dieser Rechtssache annex oder zu denen diese Rechtssache annex ist."
1.4. Die Beschwerdeführerinnen haben vor dem BAA sowie in ihren Beschwerden an den Asylgerichtshof als Fluchtgrund vorgebracht, dass die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsland entführt worden sei, um zwangsverheiratet zu werden. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung VfSlg 19.739/2013 – vor dem Hintergrund eines Falles, in dem der Asylwerber als Fluchtgrund drohenden sexuellen Missbrauch geltend gemacht hatte – ausgesprochen, dass nach der Absicht des Gesetzgebers die Einvernahme bzw. gemäß § 20 Abs 2 AsylG 2005 auch die Verhandlungsführung vor dem Asylgerichtshof schon dann durch Personen desselben Geschlechts durchzuführen ist, wenn die Flucht aus dem Heimatstaat nicht mit bereits stattgefundenen, sondern mit Furcht vor sexuellen Übergriffen begründet wurde.
1.5. Der vorliegende Fall ist in diesem Punkt ähnlich gelagert. Die Zweitbeschwerdeführerin behauptet durch ihr Fluchtvorbringen (Entführung zum Zwecke der Zwangsverheiratung) einen drohenden Eingriff in ihre sexuelle Selbstbestimmung. § 20 Abs 2 AsylG 2005 war daher anzuwenden (vgl. zB VfSlg 19.671/2012). Am Asylgerichtshof wurde die Rechtssache jedoch der Geschäftsabteilung "D9" bestehend aus zwei männlichen Richtern zugewiesen. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde daher in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, bewirkt das Absehen von einer gebotenen mündlichen Verhandlung durch den Asylgerichtshof (nunmehr durch das Bundesverwaltungsgericht) eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 47 Abs 2 GRC (zB ua.; , U1257/2012; , U2600/2013; , U1258/2013 ua.; , U2718/2012).
2.1. Ein derartiger Fehler ist dem Asylgerichtshof anzulasten; er hat zu Unrecht keine mündliche Verhandlung durchgeführt:
2.2. Der Senat hatte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerinnen. Er würdigte die Beweise jedoch ausschließlich auf Grund der Aktenlage des BAA und hat sich mit der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerinnen nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt: Die vom Asylgerichtshof in diesem Zusammenhang gegebene Begründung, dass die Angaben der beiden Beschwerdeführerinnen zur Frage des Brautraubes in einigen Sachverhaltselementen nicht übereinstimmten, zeigt, dass es für die Beweiswürdigung entscheidend auf die Frage der Glaubwürdigkeit der Genannten angekommen ist, für die aber der persönliche Eindruck und der jeweilige Blickwinkel der Wahrnehmungen bedeutsam sein können und welche hier überdies von Richtern desselben Geschlechts zu beurteilen gewesen wäre. Einen solchen persönlichen Eindruck vermag vor dem Hintergrund des Falles wohl nur eine Einvernahme in mündlicher Verhandlung zu vermitteln. Es widerspricht der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, bei behaupteten Eingriffen in das sexuelle Selbstbestimmungsrecht ungeachtet des Vorbringens der Parteien von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen und stattdessen die Glaubwürdigkeit der Parteien ausschließlich auf Grund der Aktenlage und der Beweiswürdigung durch das BAA zu beurteilen (vgl. ).
2.3. Der Asylgerichtshof hätte daher nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen. Somit ist die Zweitbeschwerdeführerin auch in ihrem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art 47 Abs 2 GRC verletzt worden.
3. Da die Entscheidung betreffend die Zweitbeschwerdeführerin durch einen unrichtig zusammengesetzten Spruchkörper getroffen wurde, schlägt dieser Mangel gemäß § 19 Abs 5 und § 2 Abs 5 Z 1 der Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes für das Geschäftsjahr 2012 iVm § 34 Abs 4 AsylG 2005 auf die Entscheidung betreffend die Erstbeschwerdeführerin durch (vgl. zB ua.).
III. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführerinnen sind somit durch die angefochtenen Entscheidungen in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und die Zweitbeschwerdeführerin ist überdies in ihrem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art 47 Abs 2 GRC verletzt worden.
2. Die angefochtenen Entscheidungen sind daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. Der Erstbeschwerdeführerin konnten Kosten nur im beantragten Umfang von € 2.000,– (statt dem ab geltenden Pauschalsatz in der Höhe von € 2.180,–) zugesprochen werden. Ein über die antragsgemäß zugesprochenen Kosten hinausgehender Ersatz der Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG kommt nicht in Betracht, weil den Beschwerdeführerinnen mit Beschluss vom Verfahrenshilfe auch im Umfang der einstweiligen Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr gewährt wurde. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– (Erstbeschwerdeführerin) bzw. € 436,– (Zweitbeschwerdeführerin) enthalten.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2015:U1099.2013