VfGH vom 20.02.2014, U1067/2012
Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Asylantrags einer iranischen Staatsangehörigen mangels Berücksichtigung der für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten relevanten Gründe betreffend eine Verfolgung auf Grund des Familienverbandes zu ihren Kindern auch unter dem Aspekt der Asylgewährung
Spruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Die Entscheidung wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. 1. Die Beschwerdeführerin ist iranische Staatsangehörige und reiste am in Begleitung ihres volljährigen Sohnes in das Bundesgebiet ein, wo sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. In der Erstbefragung am und der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt am gab sie u.a. an, als Sunnitin von Behörden diskriminiert und beleidigt worden zu sein. Außerdem sei sie aufgefordert worden, als Spionin tätig zu sein. Als sie dies verweigerte, sei ihr die Genehmigung für ein Kleidergeschäft verweigert worden. Sie sei zweimal verheiratet gewesen. Ihr erster Mann habe sie misshandelt und ihr nach der Trennung den Kontakt zur gemeinsamen Tochter verwehrt. In der zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt am gab die Beschwerdeführerin an, am von der Polizei telefonisch aufgefordert worden zu sein, mit ihrem Sohn zur Polizei zu kommen, da ihre Tochter verhaftet worden sei. Ihre (volljährige) Tochter sei bereits zwei Mal wegen unehelichen Geschlechtsverkehrs bestraft worden, weshalb sie befürchtet habe, dass ihre Tochter gesteinigt werden könnte. Sie habe den Beamten davon abhalten wollen, die Akten an die Staatsanwaltschaft zu schicken. Als sie versucht habe, dem Beamten die Füße zu küssen, habe dieser sie getreten, und in der Folge sei es zu einer Schlägerei zwischen dem Beamten und dem Sohn der Beschwerdeführerin gekommen. Der Beamte habe angekündigt, dass dies nicht ohne Konsequenzen bleiben würde. Daher sei die Beschwerdeführerin geflüchtet. Dies seien die eigentlichen Gründe für ihre Ausreise. Sie habe sie in den vorangegangenen Befragungen nicht genannt, da in diesen Befragungen die Dolmetscher männlichen Geschlechts gewesen seien bzw. weil die erste asylbehördliche Einvernahme von einem männlichen Mitarbeiter des Bundesasylamtes durchgeführt worden sei und sie deshalb nicht gewagt habe, die Probleme auf Grund ihrer Tochter zu erwähnen.
1.2. Das Bundesasylamt wies den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 4/2008, ab (Spruchpunkt I.), erkannte der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 leg. cit. den Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies sie gemäß § 10 Abs 1 Z 2 leg. cit. in den Iran aus (Spruchpunkt III.).
2. 1. Mit Entscheidung vom (berichtigt am ) wies der Asylgerichtshof die dagegen erhobene Beschwerde hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I. 100/2005 idF BGBl I 38/2011 (im Folgenden: AsylG 2005), als unbegründet ab (Spruchpunkt I.), gab ihr jedoch hinsichtlich des Spruchpunktes II des angefochtenen Bescheides statt und gewährte der Beschwerdeführerin den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.). Begründend führt der Asylgerichtshof u.a. aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe sich für ihre Tochter eingesetzt, wie auch das zum Vorfall zwischen der Beschwerdeführerin, ihrem Sohn und dem Polizisten, nicht glaubwürdig sei. Weder der Sohn der Beschwerdeführerin noch die Beschwerdeführerin selbst hätten diesen eigentlichen Fluchtgrund bei der Erstbefragung bzw. bei der ersten asylbehördlichen Einvernahme erwähnt, sondern ihn erst sechs Monate später bei der zweiten asylbehördlichen Einvernahme angegeben. Es seien keine Gründe ersichtlich, die für ein bewusstes Verschweigen des eigentlichen Asylgrundes sprechen würden. Solche hätten auch weder die Beschwerdeführerin noch ihr Sohn plausibel erklären können. Zunächst habe die Beschwerdeführerin angegeben, sie habe sich geschämt, einen solchen Umstand anzugeben, weil bei den ersten beiden Einvernahmen jeweils Männer als Dolmetscher eingesetzt worden seien. Im weiteren Verlauf habe sie hingegen eingeräumt, dass bei der ersten asylbehördlichen Einvernahme eine Frau als Dolmetscherin anwesend gewesen sei, die Befragung selbst sei aber von einem männlichen Beamten durchgeführt worden. Der Asylgerichtshof erachtet das "Aussageverhalten sowohl der BF als auch das ihres Sohnes als ein gezieltes, rein taktisch abgesprochenes Vorgehen mit dem Zweck, im späteren Verlauf des Asylverfahrens ein gesteigertes, nicht den Tatsachen entsprechendes Vorbringen geltend zu machen". Ein von der Beschwerdeführerin vorgelegtes Leumundszeugnis betreffend ihre Tochter sei älteren Datums. Es sei daher geeignet, die Probleme der Tochter mit den iranischen Sicherheits- und Gerichtsbehörden zu erklären, erkläre aber in Anbetracht der mangelnden Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin keineswegs, dass der geschilderte Vorfall mit dem Polizisten in der Realität stattgefunden habe.
Das Vorbringen, man habe von der Beschwerdeführerin im Zuge ihres Ansuchens um eine Arbeitsbewilligung verlangt, als Spionin für das Regime von Ahmadinejad zu arbeiten, sei nicht glaubwürdig, da die Aussagen der Beschwerdeführerin in Bezug auf die zeitliche Einordnung widersprüchlich gewesen seien und sie ihr Vorbringen nicht entsprechend konkretisieren habe können. Auch hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beschwerdeführerin in ihrer früheren Ehe zu einem schiitischen Mann Probleme gehabt hätte, denen sie nur durch Ausreise entgehen hätte können. Diese Probleme seien in Anbetracht des "gesteigerten Vorbringens" ohnehin zurückgetreten und habe die Beschwerdeführerin auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof angegeben, dass der eigentliche – nicht als glaubwürdig erachtete – Grund für ihre Ausreise der Konflikt zwischen ihr, ihrem Sohn und dem Sicherheitsbeamten zwei Monate vor der Ausreise gewesen sei.
Die angegebene Furcht vor Verfolgung aus asylrelevanten Gründen sei daher nicht als glaubhaft anzusehen. Daher scheide eine Gewährung internationalen Schutzes in Form der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten aus.
2.2. Der Asylgerichtshof geht in seiner Entscheidung jedoch davon aus, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr wegen ihrer illegalen Ausreise aus dem Herkunftstaat, wegen der im Iran lebenden Tochter, die dort mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei, sowie wegen ihres in Österreich zum Christentum konvertierten Sohnes mit strenger Befragung zu rechnen habe. Dazu führt der Asylgerichtshof u.a. aus:
"Die BF reiste mit ihrem Sohn illegal aus dem Herkunftsland aus. Wie bereits ausgeführt, haben sich Umstände ergeben, die darauf schließen lassen, dass die im Iran lebende Tochter der BF durch mehrmals regel- und sittenwidriges Verhalten bei Sicherheitsorganen auffällig geworden war. Demnach ist davon auszugehen, dass auch die BF selbst bei den iranischen Sicherheitsbehörden bekannt ist. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass die BF im Falle der Rückkehr besonderes Interesse der Behörden erweckt. Die BF war immerhin bereits über mehrere Jahre im Ausland aufhältig, somit sind Fragen zu erwarten, die auf die Offenlegung der Vorgeschichte und familiären Zusammenhänge der BF abzielen. Auch die Frage nach dem Verbleib ihres Sohnes (dem mit Erkenntnis von ho. mit gleichem Datum wegen Konversion zum Christentum der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde) könnte zur Sprache kommen. Zieht man die als desolat zu bezeichnende Lage der Menschenrechte im Iran in Betracht, kann eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung, die im Falle der Wiedereinreise der BF sehr wahrscheinlich ist, nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden."
3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144a B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Spruchpunktes I. der angefochtenen Entscheidung beantragt wird. Begründend wird ausgeführt, dass dem Sohn der Beschwerdeführerin, einem ursprünglichen Muslimen, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, da er in Österreich zum Christentum konvertiert sei. Der Beschwerdeführerin sei jedoch lediglich subsidiärer Schutz zuerkannt worden. Es handle sich beim Verfahren der Beschwerdeführerin um ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 und es lägen keine Ausschlussgründe nach § 34 Abs 2 AsylG 2005 vor. Die Behörde habe es willkürlich und ohne nachvollziehbare Begründung unterlassen, der Beschwerdeführerin als Familienangehöriger iSd § 34 AsylG 2005 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungsakten vor, sah aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II. Rechtslage
1. § 2 Abs 1 Z 22, § 3 und § 34 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 38/2011 lauten:
"Begriffsbestimmungen
§2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
[…]
22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat;
[…]
Status des Asylberechtigten
§3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§2 Abs 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§6) gesetzt hat.
(4) Einem Fremden ist von Amts wegen und ohne weiteres Verfahren der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn sich die Republik Österreich völkerrechtlich dazu verpflichtet hat.
(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
[…]
Familienverfahren im Inland
§34.
[…]
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist (§2 Abs 3);
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§7)."
2. Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955 (im Folgenden: "GFK") lautet:
"Artikel 1
Definition des Ausdruckes 'Flüchtling'
A. Als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens ist anzusehen, wer:
[…]
2. sich infolge von vor dem eingetretenen Ereignissenaus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen;. […]"
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Schließlich ist von einem gewillkürten Verhalten auch auszugehen, wenn die Behörde die Rechtslage gröblich bzw. in besonderem Maße verkennt (zb VfSlg 18.091/2007, 19.283/2010 mwN, 19.475/2011).
3. Ein derartiger Fall liegt hier vor:
3.1. Zwar ist dem Asylgerichtshof nicht vorzuwerfen, dass er bei der Behandlung des Antrags der Beschwerdeführerin nicht nach § 34 AsylG 2005 vorgegangen ist, war der Sohn der Beschwerdeführerin doch bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig und damit nicht als Familienangehöriger iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 anzusehen.
3.2. Im Ergebnis ist dem Asylgerichtshof jedoch willkürliches Verhalten im Sinne der dargestellten Judikatur vorzuwerfen:
3.2.1. Die Beschwerdeführerin brachte vor, der eigentliche Fluchtgrund seien die Vorfälle mit einem Sicherheitsbeamten gewesen, die sich wegen der Probleme ihrer Tochter mit den Behörden ergeben hätten. Die Abweisung des Antrags auf Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten wurde mit der Unglaubwürdigkeit der Ausführungen der Beschwerdeführerin begründet. Insbesondere hält der Asylgerichtshof die Angaben zu den Vorfällen mit dem Sicherheitsbeamten für nicht glaubwürdig und unterstellt der Beschwerdeführerin Ungereimtheiten insofern, als sie und ihr Sohn diesen Vorfall erst bei ihrer dritten Befragung angeführt hätten. Dass die Beschwerdeführerin diesen Umstand mit Scham vor männlichen Mitarbeitern des Bundesasylamtes bzw. vor männlichen Dolmetschern erklärt, ist für den Asylgerichtshof nicht nachvollziehbar.
Gleichzeitig wird die Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in der angefochtenen Entscheidung wesentlich auch damit begründet, dass auf Grund der familiären Beziehung der Beschwerdeführerin einerseits zu ihrem zum Christentum konvertierten und den Status des Asylberechtigten in Österreich innehabenden Sohn, als auch zu ihrer Tochter, die – was der Asylgerichtshof beweiswürdigend feststellt – auf Grund unehelicher Beziehungen zu Männern Probleme mit den Behörden im Heimatstaat hatte, nicht auszuschließen sei, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr auf besonderes Interesse der Behörde stoßen und eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Rahmen einer persönlichen Vernehmung, die im Falle einer Wiedereinreise der Beschwerdeführerin sehr wahrscheinlich sei, daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne.
3.2.2. Angesichts dieser Begründung verabsäumt es der belangte Asylgerichtshof jedoch, sich mit den einschlägigen Tatbeständen der GFK, insbesondere mit jenem der Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie, auseinanderzusetzen. Der Verfolgungstatbestand der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe kann auch durch die "Angehörigeneigenschaft" begründet werden, und zwar unabhängig davon, ob bei den jeweiligen Familienmitgliedern selbst eine asylrelevante Verfolgung vorliegt (z.B. mwN). Der Fluchtgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe "Familie" kann sowohl dann erfüllt sein, wenn die Zugehörigkeit zu einem Familienverband den Grund für eine private Verfolgung darstellt (siehe etwa ; , 2007/20/1490), als auch dann, wenn auf Grund der Angehörigeneigenschaft Verfolgung von staatlicher Seite droht (vgl. zur sog. "Sippenhaftung" etwa ; , 2002/20/0165). In der Begründung der angefochtenen Entscheidung unterlässt es der Asylgerichtshof jedoch, sich damit auseinanderzusetzen, ob – unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Angaben der Beschwerdeführerin – eine Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe "Familie" droht, räumt er doch selbst ein, dass die Angehörigeneigenschaft zu Verletzungen von Art 3 EMRK führen könne.
3.2.3. Auch mit der etwaigen Asylrelevanz der illegalen Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Iran hat sich der Asylgerichtshof nicht befasst, obwohl er mehrfach – im Rahmen der Begründung der Zuerkennung des subsidiären Schutzes – davon ausgeht, dass auch diese Tatsache zu Befragungen der Beschwerdeführerin, im Zuge derer Verletzungen von Art 3 EMRK nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit auszuschließen seien, führen könne. In wegen illegaler Ausreise drohenden Sanktionen könnte nämlich ein Anhaltspunkt dafür zu sehen sein, dass der von der Strafdrohung betroffenen Person eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird und damit der Fluchtgrund der politischen Gesinnung – für den die Unterstellung einer bestimmten politischen Gesinnung ausreicht – vorliegt, was von den im Einzelfall drohenden Sanktionen abhängt (z.B. mwN; , 2005/20/0538).
3.2.4. Weil der Asylgerichtshof jene Gründe, die ihn dazu bestimmt haben, der Beschwerdeführerin den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen – eine mögliche unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auf Grund des Familienverbandes zu beiden Kindern und auf Grund der illegalen Ausreise der Beschwerdeführerin – nicht auch unter dem Aspekt der Asylgewährung beurteilt, ist ihm eine grobe Verkennung der Rechtslage vorzuwerfen.
IV. Ergebnis
1. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 400,– enthalten.