VfGH vom 27.02.2012, U1010/11
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Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch eine Entscheidung des Asylgerichtshofes; kein ausreichendes Ermittlungsverfahren, keine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen bzw keine eigene Begründung in der Entscheidung des Asylgerichtshofes
Spruch
1. Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung, soweit damit ihre Beschwerde an den Asylgerichtshof gegen die mit Bescheid des Bundesasylamtes festgestellte Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Volksrepublik China sowie gegen die mit Bescheid des Bundesasylamtes verfügte Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Volksrepublik China abgewiesen wird, in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Entscheidung wird insoweit aufgehoben.
2. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde
abgelehnt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1.1. Die Beschwerdeführerin ist chinesische Staatsangehörige und stellte am in Österreich einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Diesen begründete sie im Wesentlichen wie folgt: Sie sei Mutter dreier Töchter, die im Jahr 2000 bzw. im Jahr 2003 (Zwillinge) geboren worden seien und sich in China in der Obhut der Pflegemutter der Beschwerdeführerin befänden. Die Einschreiterin sei (zusammen mit ihrem Mann) geflohen, nachdem sie Beamte der örtlichen Geburtenplanungskommission kurz nach der Geburt der Zwillinge zwecks Durchführung einer Zwangssterilisation abholen wollten. Weiters führte sie eine ihr drohende (oder über sie verhängte) Geldstrafe (Entschädigungszahlung) ins Treffen, die ihren Grund darin habe, dass ihre zweite Schwangerschaft vor dem behördlich zulässigen Termin stattgefunden habe.
1.2. Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit
Bescheid vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I 76/1997 idF BGBl. I 101/2003, (im Folgenden: AsylG 1997), ab (Spruchpunkt I.), erklärte gemäß § 8 Abs 1 leg.cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Einschreiterin in die Volksrepublik China für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies sie gemäß § 8 Abs 2 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Volksrepublik China aus (Spruchpunkt III.).
1.3. Dagegen erhob die Einschreiterin Berufung
(nunmehr: Beschwerde), die der Asylgerichtshof mit Entscheidung vom gemäß § 7 und § 8 Abs 1 AsylG 1997 sowie § 10 Abs 1 Z 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005 idgF, abwies.
1.3.1. In seiner Entscheidung kommt der Asylgerichtshof hinsichtlich des Fluchtvorbringens mit näherer Begründung zusammenfassend zu folgendem Ergebnis:
"Insgesamt betrachtet ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu vage und oberflächlich gehalten und traten zudem in wesentlichen Punkten Ungereimtheiten auf, [so]dass nicht davon ausgegangen werden kann, die Beschwerdeführerin habe eine sie selbst betreffende Verfolgungsgefahr aus asylrelevanten Motiven glaubhaft gemacht."
Da keine Umstände vorlägen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, sei die Abweisung des Asylantrags durch das Bundesasylamt nicht zu beanstanden.
1.3.2. Auch bezüglich der Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Einschreiterin in den Herkunftsstaat (Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesasylamtes) wies der Asylgerichtshof die Beschwerde als unbegründet ab (zur Begründung s. näher unten); Gleiches erfolgte hinsichtlich der Verfügung der Ausweisung (Spruchpunkt III.).
2. Gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes
richtet sich die auf Art 144a B-VG, BGBl. I 2/2008, gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht darin die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 390/1973) sowie jener nach Art 3 und Art 8 EMRK geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
3. Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor; von der Erstattung einer Gegenschrift nahm er Abstand.
II. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
A. Die Beschwerde ist begründet, soweit sie sich
gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Volksrepublik China sowie gegen die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Volksrepublik China wendet.
1. In der Sache
1.1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist. Eine Verletzung dieses Grundrechts liegt unter anderem vor, wenn die Behörde Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.
1.2. Ein solches willkürliches Verhalten ist dem belangten Asylgerichtshof vorzuwerfen:
1.2.1. Von wesentlicher Bedeutung ist im vorliegenden Fall, ob die Beschwerdeführerin - wie von ihr behauptet - Mutter von drei Kindern ist.
In der angefochtenen Entscheidung wird in den Länderberichten zur Volksrepublik China unter der Überschrift "Zur Ein-Kind-Politik" ein Gutachten zitiert, das Dr. Wolfgang Romanovsky - ein nicht-amtlicher China-Sachverständiger in Asylangelegenheiten und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher für die chinesische Sprache - im Auftrag des Asylgerichtshofes aus Anlass einer anderen Rechtssache im Dezember 2009 (mit Ergänzung vom Jänner 2010) verfasst hatte. (Der Fall betraf zwei aus China stammende beschwerdeführende Parteien vor dem Asylgerichtshof, die in Österreich geheiratet hatten und deren drei Kinder in Österreich zur Welt gekommen sind. Der Asylgerichtshof hatte dem Gutachter die Frage vorgelegt, "mit welchen Auswirkungen die Familie im Fall einer Rückführung in die VR China in Anbetracht der dort herrschenden Rechtslage ['Ein-Kind-Politik'] zu rechnen haben würde".)
Dieses Gutachten lautet auszugsweise:
"[...]
Die für alle chinesischen Staatsbürger im reproduktionsfähigen Alter geltende Verpflichtung, Geburtenplanung zu betreiben und sich an die einschlägigen behördlichen Auflagen zu halten, ist Bestandteil unterschiedlicher Gesetzestexte und wird sogar in der Verfassung (Artikel 49) genannt.
Obwohl die Anfänge der weltweit unter dem Schlagwort 'Ein-Kind-Familie' bekanntgewordenen Bevölkerungspolitik der VR China bis in die 70er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts zurückgehen, gibt es erst seit dem ein die Materie auf nationaler Ebene behandelndes Gesetz ('Bevölkerungs- und Geburtenplanungsgesetz der VR China' Zhonghua Renmin Gongheguo Renkou yu Jihua Shengyu Fa). Dieser landesweit verbindliche Gesetzestext beschränkt sich allerdings weitgehend auf die Verkündung allgemeiner Richtlinien und Prinzipien, weshalb es erforderlich war, in Ergänzung zu diesem Text Regionalbestimmungen zu erlassen, in denen nach Maßgabe der in den unterschiedlichen Provinzen, Regionen und Sonderzonen herrschenden wirtschaftlichen und demographischen Bedingungen konkrete Durchführungs-, Ausnahme- und Sanktionsregelungen festgelegt wurden. [...]
[...]
Was die beiden BF [Anm.: Beschwerdeführer] mit ihren drei Kindern in China zu erwarten hätten, ist im Detail zwar nicht eindeutig vorhersehbar, läßt sich in groben Zügen aber folgendermaßen darstellen:
Sie werden für den Fall, daß sie in ihre angestammte Wohngemeinde zurückkehren sollten, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ins Visier der lokalen Geburtenplanungsbehörde geraten; in Anbetracht des Umstands, daß (jedenfalls nach den mir übermittelten Informationen) die Mutter der drei Kinder ausgesprochen jung ist und sich noch lange im gebärfähigen Alter befindet, kann eine zwangsweise verordnete Sterilisierung eines der beiden Ehepartner keineswegs ausgeschlossen werden. In jedem Fall wird sich die Mutter der Kinder regelmäßigen Kontrollen hinsichtlich eventuell erneut eintretender Schwangerschaften unterziehen müssen.
Daß die Familie strafweise getrennt werden könnte
bzw. daß die 'überzähligen' Kinder der Obhut der Eltern entzogen werden könnten, ist auszuschließen (es gäbe dafür keine wie immer geartete Iegistische Handhabe; außerdem wäre eine derartige Vorgangsweise insofern kontraproduktiv, als die von den Behörden auftragsgemäß zu minimierende finanzielle Belastung der Allgemeinheit durch die gesonderte Unterbringung und Verpflegung der Kinder ja noch gesteigert würde).
Zusätzlich werden die Eltern der Kinder mit hoher Wahrscheinlichkeit seitens der Familienplanungsbehörde zu ansehnlichen Geldzahlungen verhalten werden:
Bei diesen von der Behörde eingehobenen Zahlungen handelt es sich ausdrücklich nicht um 'Strafen', sondern gewissermaßen um einmalige Entschädigungszahlungen, die der/die Zahlungspflichtige an die Gesellschaft bzw. den Staat zu entrichten hat (in jener Verordnung, die Höhe und Einhebung der Zahlungen regelt und die zeitgleich mit dem 'Bevölkerungs- und Geburtenplanungsgesetz', also am in Kraft getreten ist, wird das Wort 'Sozial-Alimente' [Shehui Fuyangfei] verwendet); mit Zahlung dieser (für den Betroffenen in jedem Fall sehr erheblichen) Summe gilt die der Gesellschaft durch die 'überzählige' bzw. unerlaubte Geburt entstandene finanzielle Belastung als abgegolten, das derart 'freigekaufte' Kind erfreut sich nach erfolgter Zahlung der gleichen Rechte wie die 'legal' zur Welt gekommenen Kinder.
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß sich die beiden BF schon vor ihrer allfälligen Rückkehr in die Heimat durch Einschaltung ihrer diplomatischen Vertretung mit den zuständigen Behörden auf einen Geldbetrag einigen könnten, der, ohne für die Familie ruinös zu sein, den 'überzähligen Kinder[n]' nachhaltig den gesellschaftlichen Status (Schulbesuch!) sichern würde; die Behörden nehmen im allgemeinen bei der Bemessung der an die Gesellschaft zu entrichtenden Ausgleichszahlung Rücksicht auf die konkrete finanzielle Situation der betreffenden Familie und akzeptieren oft auch Ratenzahlungen.
Um gewissen (insbesondere im Westen verbreiteten) Mißverständnissen entgegenzutreten, sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß 'überzählige' Kinder keine strafrechtliche Kategorie darstellen, daß also die sich in nicht ausdrücklich genehmigten Geburten niederschlagende Mißachtung der geltenden Normen zwar sehr wohl einschneidende finanzielle Konsequenzen für die Kindeseltern, keineswegs aber deren Verurteilung im Rahmen eines Strafrechtsverfahrens nach sich ziehen kann.
Wien, im Dezember 2009
In Zusammenhang mit dem von mir in gegenständlichem Asylverfahren verfassten Gutachten (Dezember 2009) nehme ich folgende Ergänzung vor:
Mit der im Gutachten enthaltenen Feststellung, eine 'zwangsweise verordnete Sterilisierung eines der beiden Ehepartner' könne 'keineswegs ausgeschlossen' werden, sollte nicht zum Ausdruck gebracht werden, daß ein derartiger Eingriff nach Maßgabe der konkreten Gegebenheiten besonders wahrscheinlich oder gar unausweichlich sei; es war lediglich meine Absicht, diese (in Einzelfällen nachvollziehbar dokumentierte) behördliche Vorgangsweise im Rahmen eines zur sachlichen Vollständigkeit verpflichteten Gutachtens nicht unerwähnt zu lassen.
Zwangssterilisierungen (die als solche im offiziellen Maßnahmenkatalog gar nicht vorkommen und daher in einer rechtlichen Grauzone anzusiedeln sind) werden üblicherweise nur dann erwogen, wenn die zuständige Behörde Grund zur Annahme hat, daß ein bestimmtes Ehepaar, das sich noch längere Zeit im zeugungs- bzw. gebärfähigen Alter befindet, die gesetzlich vorgeschriebenen Geburtsbeschränkungen nicht einhalten wird.
Im gegenständlichen Fall ist allerdings davon auszugehen, daß der seitens der beiden BF gehegte Wunsch nach einer überdurchschnittlich großen Familie längst an seine natürlichen Grenzen gestoßen ist, da in Anbetracht der in der VR China aktuell herrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen drei Kinder bereits eine gewaltige finanzielle Belastung darstellen und weitere Kinder (für die ja allesamt z.B. Schulgeld zu entrichten wäre) daher von vornherein kaum in Betracht kommen dürften.
Um einschlägige Bedenken der Behörden zu zerstreuen, wird es sich für die beiden BF nach ihrer Rückkehr empfehlen, vor der lokalen Geburtenplanungs-Stelle das bindende Versprechen abzugeben, von weiteren Kindern abzusehen und die (grundsätzlich ja für alle gebärfähigen Frauen) vorgeschriebenen regelmäßigen
Schwangerschaftskontrolluntersuchungen nicht zu verweigern.
Unter diesen Voraussetzungen wird die fünfköpfige Familie (sobald die im Gutachten erwähnten sozialen Ausgleichszahlungen geleistet wurden und die 'überzähligen' Kinder als 'freigekauft' gelten können) nach menschlichem Ermessen ungestört in ihrem angestammten Meldebezirk wohnen können.
Wien, im Januar 2010"
1.2.2. Der Asylgerichtshof trifft in der
angefochtenen Entscheidung keine Aussage darüber, ob er die Behauptung der Beschwerdeführerin, Mutter dreier Kinder zu sein, als zutreffend erachtet oder nicht. Dadurch ist die Entscheidung mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel behaftet.
Der Asylgerichtshof führt bei der Schilderung des Verfahrensverlaufs zwar zutreffend aus, dass die Einschreiterin im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am unter anderem befragt worden war, ob sie Unterlagen darüber vorlegen könne, dass sie tatsächlich drei Kinder habe, und die Einschreiterin darauf antwortete, dass sie für alle drei Kinder über Geburtszertifikate verfüge, diese allerdings nicht bei sich habe und sie auch nicht beibringen könne. In der Entscheidung des Asylgerichtshofes wird jedoch (anders als noch im Bescheid des Bundesasylamtes) mit keinem Wort in Zweifel gezogen oder gar in Abrede gestellt, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich Mutter von drei Kindern sei. Soweit der Asylgerichtshof dem Vorbringen der Einschreiterin die Glaubwürdigkeit abspricht (s. oben, Pkt. I.1.3.1.), betrifft dies lediglich diverse näher konkretisierte Sachverhaltsdetails (wie etwa unterschiedliche Datumsangaben zum Tag der geplanten Abholung zur Zwangssterilisation;
unklare Angaben darüber, ob die von der Einschreiterin ins Treffen geführte Geldstrafe tatsächlich über sie verhängt bzw. von ihr bezahlt oder ihr nur angedroht worden sei;
unterschiedliche Angaben zur Höhe der Schlepperkosten oder zu ihrem schulischen Werdegang).
1.2.3. Wenn man annimmt, der Asylgerichtshof hätte sich (stillschweigend) der Auffassung des Bundesasylamtes angeschlossen, dass die Einschreiterin nicht Mutter dreier Kinder sei, so ist ihm schon allein deshalb ein verfassungsrechtlich relevanter Fehler anzulasten:
Gemäß dem - aus dem Blickwinkel des Falles verfassungsrechtlich unbedenklichen - § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof (AsylGHG), BGBl. I 4/2008 idF BGBl. I 147/2008, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof (soweit sich aus dem AsylG 2005 nicht anderes ergibt) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Nach § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Der Asylgerichtshof ist - ungeachtet der sinngemäßen Anwendbarkeit des AVG - nicht als Berufungsbehörde eingerichtet. Anders als die Unabhängigen Verwaltungssenate und insbesondere noch der Unabhängige Bundesasylsenat ist der Asylgerichtshof nicht eine Verwaltungsbehörde, sondern ein Gericht; anders als die Bescheide jener Behörden unterliegen seine Entscheidungen nicht der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.
Bereits aus diesen Unterschieden wird deutlich, dass die zu § 67 iVm § 60 AVG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt ihrer Entscheidung zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (zB ; , 99/01/0280; , 98/01/0278; , 98/20/0559; , 2000/20/0356), auf Entscheidungen des Asylgerichtshofes nicht übertragbar ist. Mag eine entsprechende Verweisung auf unterinstanzliche Bescheide in Bescheiden von Berufungsbehörden noch im Interesse der Verfahrensökonomie gelegen sein, so ist diese Begründungstechnik dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die verweisende Entscheidung von einem (nicht im Instanzenzug übergeordneten) Gericht erlassen wird, welches überdies seinerseits nicht mehr der Kontrolle durch ein weiteres Gericht unterliegt.
Der Asylgerichtshof hat es in der angefochtenen Entscheidung verabsäumt, hinsichtlich der allfälligen Annahme, die Beschwerdeführerin sei nicht Mutter dreier Kinder, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung ausreichend darzustellen.
Es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstinstanzlich entscheidenden) Gerichts, wenn sich Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung der Bescheide ergeben. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist (vgl. VfSlg. 17.901/2006, 18.000/2006, 18.632/2008; ).
1.2.4. Die Beschwerdeführerin ist somit durch die angefochtene Entscheidung in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
2. Ergebnis und damit in Zusammenhang stehende Ausführungen
2.1. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, soweit damit die Beschwerde an den Asylgerichtshof gegen die mit Bescheid des Bundesasylamtes festgestellte Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Volksrepublik China sowie gegen die mit Bescheid des Bundesasylamtes verfügte Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Volksrepublik China abgewiesen wird.
2.2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§88 iVm 88a VfGG. Die teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde (vgl. nachfolgenden Pkt. B) kann dabei außer Betracht bleiben, da dieser Teil keinen zusätzlichen Prozessaufwand verursacht hat. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten.
2.3. Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 erster Satz VfGG).
B. Die Behandlung der Beschwerde wird aus folgenden Gründen abgelehnt, soweit sie sich gegen die Abweisung des Asylantrages richtet:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art 144a B-VG ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144a Abs 2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages
gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Asylantrages richtet (§19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG).