VfGH vom 15.12.2004, KR8/00
Sammlungsnummer
17423
Leitsatz
Feststellung der Befugnis des Rechnungshofes zur Einsichtnahme in sämtliche Unterlagen der AUA zum Zweck der Gebarungsprüfung betreffend Bezüge und Ruhebezüge; Beherrschung der AUA durch die ÖIAG und somit indirekt durch den Bund auf Grund eines Syndikatsvertrages; Abweisung des Antrags auf Einschau zum Zweck der namentlichen Einkommensberichterstattung nach dem BVG-Bezügebegrenzung 1997
Spruch
1. Der Rechnungshof ist befugt, zum Zwecke der Überprüfung der die Auszahlung von Bezügen und Ruhebezügen betreffenden Gebarungsakte der Jahre 1998 und 1999 der Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft Einsicht in sämtliche diese Gebarungsakte betreffenden Unterlagen zu nehmen.
Die Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft ist schuldig, diese Einsicht bei sonstiger Exekution zu ermöglichen.
2. Der Antrag festzustellen, dass der Rechnungshof befugt ist, zum Zwecke der namentlichen Einkommensberichterstattung gemäß § 8 Abs 1 bis 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, in sämtliche Unterlagen der Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft betreffend die von ihr in den Jahren 1998 und 1999 ausbezahlten Bezüge und Ruhebezüge Einsicht (Einschau) zu nehmen, wird abgewiesen.
3. Der Bund ist schuldig, der Austrian Airlines Vsterreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 1.962,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Der Rechnungshof stellte am gemäß Art 126a B-VG den (zu KR8/00 protokollierten) Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge
"1. feststellen, dass der RH zum Zwecke der Überprüfung der (ruhe)bezugsauszahlenden Gebarung der Jahre 1998 und 1999 und zum Zwecke der namentlichen Einkommensberichterstattung gem § 8 Abs 1 bis 3 BezBegrBVG befugt ist, in sämtliche Unterlagen der Austrian Airlines, Österreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft betreffend die von ihr in den Jahren 1998 und 1999 ausbezahlten Bezüge und Ruhebezüge einschließlich der einmaligen Bezüge wie zB Abfertigungen, Jubiläumszuwendungen usw Einschau zu halten, und
2. aussprechen, dass die Austrian Airlines, Österreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft schuldig ist, diese Einschau bei sonstiger Exekution zu ermöglichen."
1. Dem Antrag des Rechnungshofs liegt folgender - außer Streit stehender - Sachverhalt zugrunde:
Am richtete die Austrian Airlines, Österreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft (AUA) ein Schreiben an den Rechnungshof, in welchem darüber berichtet wird, dass nach der im Mai 1999 erfolgten Kapitalerhöhung der Anteil der ÖIAG am Grundkapital der AUA auf 39,7 % gesunken sei und die Gesellschaft daher nicht mehr der Überprüfung des Rechungshofs unterliege.
Der Rechnungshof beantwortete dieses Schreiben am . In diesem Schreiben heißt es unter anderem:
"Hinsichtlich der Zuständigkeit verweist der Rechnungshof auf die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Rechnungshofgesetzes, die neben finanziellen Beteiligungstatbeständen in gleicher Weise auch die Beherrschung durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen als Zuständigkeitskriterium festlegen.
Durch den von der ÖIAG mit den österreichischen institutionellen Investoren abgeschlossenen Syndikatsvertrag ist der Tatbestand der Beherrschung gegeben, weshalb der Rechnungshof weiterhin für die Austrian Airlines prüfungszuständig ist."
Mit Schreiben vom hat die AUA dem Rechnungshof (RH) Tabellen mit anonymisierten Listen der Bezüge im Jahre 1998 sowie in der Zeit Jänner bis Mai 1999 übermittelt. Diese Listen enthielten nur die Titel, die Geburtsdaten und die Bezüge der betreffenden Bezugsempfänger.
Mit Schreiben vom hat der RH der AUA den Erhalt des Schreibens vom bestätigt und festgehalten, dass die Meldung in anonymisierter Form für die Zeiträume Jänner bis Dezember 1998 und Jänner bis Mai 1999 erfolgte und somit unvollständig sei. Unter Bezugnahme auf die Meldepflicht gemäß den Bestimmungen des § 8 Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (im Folgenden: BezBegrBVG) ersuchte der RH um Übermittlung einer vollständigen Meldung, insbesondere auch für das ganze Kalenderjahr 1999.
Mit Schreiben vom teilte der Vorstand der AUA dem RH mit, dass sie ihres Erachtens der Meldepflicht in der ihnen "in rechtlicher Hinsicht weitestmöglichen Form" entsprochen hätten. Die Eingrenzung auf das Jahr 1998 und Jänner bis Mai 1999 sei deshalb erfolgt, da seit der Kapitalerhöhung im Mai 1999 der Anteil des Bundes und der übrigen der RH-Kontrolle unterliegenden Rechtsträger weniger als 50 % betrage. Vor- und Zunamen seien aus datenschutzrechtlichen Gründen - gestützt auf ein Rechtsgutachten - nicht beigefügt worden.
Mit Schreiben vom hat der RH der AUA mitgeteilt, dass er die (ruhe)bezugsauszahlende Gebarung der AUA der Jahre 1998 und 1999 einschließlich der einmaligen Bezüge wie zB Abfertigungen und Jubiläumszuwendungen usw. anhand der Rechnungsbücher und -belege sowie der sonstigen Behelfe überprüfen und dabei insbesondere in die für die Erstellung des Berichts des RH für die Jahre 1998 und 1999 gemäß § 8 Abs 1 bis 3 BezBegrBVG bedeutsamen Unterlagen (Rechnungsbücher und -belege sowie sonstige Behelfe einschließlich der Belege und sonstigen Behelfe über einmalige Zahlungen wie Abfertigungen und Jubiläumszuwendungen usw.) Einschau halten werde.
Die Beauftragten des RH begannen am mit den Prüfungs- und Einschauhandlungen in den Räumen der AUA in 1107 Wien, Fontanastraße 1 und begehrten die Einschau in die zuvor erwähnten Unterlagen. Die Vertreter der AUA ließen die Einschau in diese Unterlagen nicht zu und verwiesen begründend auf das Schreiben der AUA vom . Die Beauftragten des RH erklärten, dass eine Behinderung des RH an der Vornahme von Prüfungs- und Einschauhandlungen vorliegt, und setzten die Vertreter der AUA darüber in Kenntnis, dass der RH an den Verfassungsgerichtshof herantreten werde, um die von der AUA bestrittene Zuständigkeit des RH zur Gebarungsüberprüfung überprüfen zu lassen.
Die Vertreter der AUA nahmen dies zur Kenntnis. Darüber wurde eine Niederschrift aufgenommen und von den anwesenden Vertretern der AUA und des RH unterfertigt.
2. Seinen Antrag begründete der RH wie folgt:
"Die AUA ist eine Aktiengesellschaft. Zum Bilanzstichtag betrug der Nennwert der Bundesbeteiligung am damaligen Gesellschaftskapital der AUA (= 2 600 000 000 S) insgesamt 1 350 469 000 S, was einem Anteil in Höhe von 51,941 vH entsprach [siehe Bundesrechnungsabschluss 1997 ...].
Im Juni 1998 hat die Republik Österreich ihre Beteiligung an der AUA zur Verwaltung an die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (= ÖIAG) übertragen [siehe Geschäftsbericht 1998 der AUA, Seite 15, Beilage 7]. Die ÖIAG ihrerseits ist eine Aktiengesellschaft, deren Anteile in den Jahren 1998 und 1999 zu 100 % vom Bund gehalten wurden [siehe Bundesrechnungsabschluss 1997
...].
Im Mai 1999 wurde das Kapital der AUA auf 3 400 000 000 S erhöht. Im Zusammenhang mit dieser Kapitalerhöhung ist der Anteil der ÖIAG am Grundkapital der AUA auf 39,7 % gesunken. Dies teilte die AUA mit Schreiben vom (...) dem RH mit (...).
Allerdings hat die ÖIAG noch vor der Kapitalerhöhung im Frühjahr 1999, offensichtlich aber schon in Kenntnis der bevorstehenden Kapitalerhöhung mit sechs 'Syndikatspartnern' am einen Syndikatsvertrag abgeschlossen (...). Dieser Syndikatsvertrag enthält unter anderem folgende Regelung:
§ 3: Die ÖIAG wird die 'Syndikatspartner' vor jeder Hauptversammlung der AUA zu einer Syndikatsversammlung einladen, in der das Stimmverhalten für die in der Hauptversammlung zu fassenden Beschlüsse festgelegt wird. Die 'Syndikatspartner' verpflichten sich zu einem einheitlichen Stimmverhalten hinsichtlich der 'Aktien', indem materiell so abgestimmt wird, wie die ÖIAG stimmt. Die 'Syndikatspartner' sind verpflichtet, in diesem Sinne mit allen ihren 'Aktien' gemäß den Beschlüssen der Syndikatsversammlung in jeder Hauptversammlung der AUA zu stimmen.
Wie aus Punkt 2 der Präambel zu diesem Syndikatsvertrag hervorgeht, verfügen auch nach der Kapitalerhöhung auf 3 400 000 000 S die ÖIAG und die Syndikatspartner zusammen über 54,72 % der Anteile an der AUA. Einer am abgeschlossenen Ergänzung zum Syndikatsvertrag (...) kann weiters entnommen werden, dass Zwischenzeitlich zwei Syndikatspartner weitere Aktien in das Syndikat eingebracht haben, so dass die ÖIAG und die Syndikatspartner zusammen derzeit über 57,91 % der Anteile an der AUA verfügen. An diesen im Syndikatsvertrag vom in der Fassung der Ergänzung vom festgehaltenen Beteiligungsverhältnissen hat sich zumindest bis Juli 2000 nichts geändert (...).
Aus den dargelegten Beteiligungsverhältnissen und der zitierten Bestimmung des § 3 des Syndikatsvertrages ergibt sich, dass der RH zuständig ist, die Gebarung der AUA sowohl hinsichtlich des gesamten Jahres 1998 als auch des gesamten Jahres 1999 zu überprüfen.
Für die Zeit vom Beginn des Jahres 1998 bis zur Übertragung der Akten auf die ÖIAG beruht die Prüfungszuständigkeit auf Art 126b Abs 2 erster Satz B-VG, weil der Bund am Grundkapital der AUA mit mindestens 50 vH, nämlich mit 51,941 vH, beteiligt war. Für die Zeit nach der Übertragung der Aktien auf die ÖIAG bis zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung ergibt sich die Prüfungszuständigkeit des RH aus Art 126b Abs 2 letzter Satz B-VG, weil auch die ÖIAG, deren Anteile zur Gänze dem Bund gehören, der Zuständigkeit des RH unterliegt und die ÖIAG ebenfalls mit 51,941 vH am Grundkapital der AUA beteiligt war.
Für die Zeit nach der Kapitalerhöhung ergibt sich die Zuständigkeit des RH aus Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG, wonach einer mindestens 50 %igen Beteiligung die Beherrschung einer Unternehmung durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten ist. Im Syndikatsvertrag vom haben sich nämlich die Syndikatspartner verpflichtet, materiell so abzustimmen 'wie die ÖIAG stimmt'. Aufgrund dieser Vertragsbestimmung verfügt die ÖIAG im Zusammenhalt mit den eigenen Anteilen über eine rechtlich abgesicherte Einflussmöglichkeit auf die AUA, die jedenfalls jene Intensität erreicht, die allgemein aus einer 50 %igen Beteiligung resultiert. Immerhin verfügen die ÖIAG und die Syndikatspartner zusammen über mehr als die Hälfte der Anteile am Grundkapital der AUA."
Die AUA sei demgemäß als Rechtsträger anzusehen, der in den Jahren 1998 und 1999 der Kontrolle des RH unterlag. Demgemäß sei die AUA verhalten gewesen, bis spätestens Ende März 2000 dem RH die in § 8 Abs 1 erster und zweiter Satz BezBegrBVG vorgesehenen Mitteilungen über Bezugszahlungen in den Jahren 1998 und 1999 zu erstatten. Gemäß § 8 Abs 3 BezBegrBVG habe der RH diese Meldungen nach Jahreswerten getrennt zusammen zu fassen und letztlich einen Bericht zu erstellen gehabt, in dem alle Personen aufzunehmen seien, deren jährliche Bezüge aus "öffentlichen Kassen" insgesamt den Grenzwert von 1 120 000 S im Jahr 1998 bzw. 1 127 486 S im Jahr 1999 übersteigen. In diesem Bericht seien die betroffenen Einkommensbezieher namentlich zu nennen. Dies ergebe sich aus dem Ausschussbericht (AB 687 BlgNR 20. GP, 2).
"Aus der Pflicht des RH, die Bezieher von höheren Einkommen aus öffentlichen Kassen namentlich zu nennen, ergibt sich zwingend, dass auch die der RH-Kontrolle unterliegenden Rechtsträger zur namentlichen Nennung der Bezugsbezieher verhalten sind.
Mit der bloß namenlosen Meldung der in den Jahren 1998 und 1999 ausbezahlten Bezüge und Ruhebezüge hat die AUA ihre Mitteilungspflicht nicht eingehalten, weshalb der RH zur Einschau in die betreffenden Unterlagen verpflichtet war (§8 Abs 1 letzter Satz BezBegrBVG)."
Die Vorschrift des § 8 Abs 1 letzter Satz lasse es dem RH offen, ob er "in die betreffenden Unterlagen" anlässlich einer Gebarungsüberprüfung "Einschau hält" oder außerhalb einer solchen.
Gegenstand der Meinungsverschiedenheit sei neben der Frage der Prüfungszuständigkeit des RH gegenüber der AUA vor allem auch die Frage der Zuständigkeit des RH zur Einschau (Einsicht) in jene Unterlagen, die der RH benötigt, um den Einkommensbericht gemäß § 8 Abs 1 bis 3 BezBegrBVG zu erstellen. Hiezu hat der RH folgende Erwägungen angestellt:
"a) Der Umfang dieser Unterlagen ist vor allem vom Bezugsbegriff abhängig, der der gegenständlichen Vorschrift zugrunde liegt. In Übereinstimmung mit dem BMF geht der RH dabei davon aus, dass hinsichtlich der Bezüge aus nicht selbständiger Arbeit die am Lohnzettel unter der Kennzahl 210 ausgewiesenen Bezüge dem Bezugsbegriff im Sinne des BezBegrBVG entsprechen. Wie das BMF in seinem Schreiben vom , GZ 07 0101/22-IV/7/99 ausführt, enthält der Lohnzettel unter der Kennzahl 210 die Bruttobezüge gem § 25 EStG inklusive steuerfreie Bezüge, aber ohne Bezüge gem § 26 EStG (Kostenersätze) und ohne Familienbeihilfe bzw Pflegegeld [= Beilage 15].
Es fallen daher auch einmalige Bezüge wie zB Abfertigungen und Jubiläumszuwendungen unter den Bezugsbegriff im Sinne des BezBegrBVG, weshalb auch diese Bezugsbestandteile der Mitteilungspflicht der Rechtsträger bzw Berichtspflicht des RH unterliegen. Demnach zählen auch die Unterlagen über einmalige Bezüge wie zB Abfertigungen und Jubiläumszuwendungen zu den 'betreffenden Unterlagen' im Sinne des § 8 Abs 1 letzter Satz, in die dem RH Einschau zu gewähren ist, wenn die Mitteilungspflicht nicht eingehalten wird.
b) Weiters fallen auch Einnahmen aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 Z 2 EStG (vermögensverwaltende Tätigkeit, insbesondere alle Kontrolltätigkeiten im Sinne des § 6 Abs 1 Z 9 litb UStG wie Vergütungen jeder Art, die an Mitglieder des Aufsichtsrates, Verwaltungsrates oder anderer mit der Überwachung einer Geschäftsführung beauftragte Personen für diese Funktion gewährt werden) und Bezüge, die unter sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG 1988 fallen (insbesondere 'wiederkehrende Bezüge' und Funktionsgebühren), unter den Begriff 'Bezüge' im Sinne des § 8 Abs 1 bis 3 BezBegrBVG (siehe ...).
c) Gemäß § 8 Abs 2 letzter Satz BezBegrBVG sind, wenn eine Person mehrere Bezüge oder Ruhebezüge aus öffentlichen Kassen erhält, diese Bezüge (Ruhebezüge) zusammenzurechnen. Da diese Aufgabe dem RH zufällt, zählt auch die Sozialversicherungsnummer, die eine Person eindeutig identifiziert, zu den Unterlagen, die der RH zur Erstellung des Einkommensberichtes benötigt.
d) Letztlich zählen auch alle Dokumente, aus denen auf die Tatsache eines Mehrfachbezuges geschlossen werden kann, zu solchen Unterlagen."
Gemäß § 36a Abs 2 VfGG sei ein Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem RH und einem Rechtsträger im Sinne des Art 126a B-VG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Auftreten der Meinungsverschiedenheit ein Jahr vergangen ist. Nach § 36a Abs 1 zweiter Satz VfGG liege eine Meinungsverschiedenheit dann vor, wenn ein Rechtsträger die Zuständigkeit des RH zur Gebarungsüberprüfung ausdrücklich bestreitet oder die Gebarungsüberprüfung tatsächlich nicht zulässt. Die AUA habe bereits anlässlich des Beginns der Einschau des RH am die vom RH begehrte Einschau in die Bezugsunterlagen der Jahre 1998 und 1999 nicht zugelassen. Die Frist für die Antragstellung beginne daher mit diesem Tag zu laufen, so dass ein Antrag des RH bis zulässig sei. Das Schreiben der AUA vom , das zwar eine Bestreitung der Zuständigkeit des RH zur Gebarungsüberprüfung enthalte, sei aus den nachstehenden Überlegungen nicht geeignet gewesen, den Lauf der in § 36a Abs 2 VfGG vorgesehenen Frist auszulösen:
"Die für das Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten mit dem RH maßgeblichen 'besonderen Vorschriften' (= §§36a bis f VerfGG) haben ihre derzeit geltende Fassung durch die Verfassungsgerichtshofgesetz-Novelle 1993 (BGBl Nr 510/1993) erhalten. Festzuhalten ist dabei, dass zu diesem Zeitpunkt wohl die Einkommenserhebung gemäß Art 121 Abs 4 B-VG bzw gem § 14a RHG verfassungs- und einfachgesetzlich verankert war (vgl BGBl Nr 695/1988 und BGBl Nr 664/1989), nicht jedoch die erst mit dem BezBegrBVG angeordnete Einkommensberichterstattung (BGBl I Nr 64/1997).
Wie dem Bericht des Verfassungsausschusses (1143 dB Sten Prot NR - XVIII GP) entnommen werden kann, geht der Gesetzesentwurf davon aus, dass eine Meinungsverschiedenheit zu dem Zeitpunkt entsteht, in dem ein Rechtsträger dem RH ausdrücklich zur Kenntnis bringt, dass seiner Auffassung nach die Zuständigkeit des RH 'zu der von ihm beabsichtigten Gebarungsüberprüfung (Amtshandlung) nicht besteht oder der Rechtsträger die Gebarungsüberprüfung (Amtshandlung) tatsächlich unmöglich macht'.
Eine Meinungsverschiedenheit im Sinne des § 36a Abs 1 VerfGG setzt daher eine vom RH beabsichtigte Amtshandlung voraus. Daraus folgt, dass eine Meinungsverschiedenheit nicht vorliegen kann, wenn ein Rechtsträger ohne vorausgehende Absicht des RH, eine Amtshandlung vorzunehmen, die Zuständigkeit bestreitet. Wenn daher ein Rechtsträger - quasi zur Klarstellung seiner Rechtsauffassung - von sich aus dem RH gegenüber mitteilt, er erachte sich nicht bzw nicht mehr der Zuständigkeit des RH unterworfen, dann reicht diese Mitteilung nicht aus, eine Meinungsverschiedenheit zu begründen und den Lauf der einjährigen Antragsfrist auszulösen, auch wenn diese Mitteilung eine ausdrückliche Bestreitung der Prüfungszuständigkeit enthält. Dieses Ergebnis stimmt mit dem Grundsatz überein, dass es - wie schon vor der VerfGG-Novelle 1993 - 'weiterhin nicht vorgesehen ist, dass auch der von der Meinungsverschiedenheit betroffene Rechtsträger den VfGH anrufen kann' (Ausschussbericht, a.a.O).
Ohne vorangegangene Aktivität des RH kann daher ein Rechtsträger nie die Klärung seiner Prüfungsunterworfenheit herbeiführen, weil jedes Verfahren vor dem VfGH die Absicht des RH voraussetzt, eine Amtshandlung vorzunehmen.
Festgehalten wird, dass dem Schreiben der AUA vom keine wie immer geartete Absicht des RH, eine Amtshandlung vorzunehmen, vorangegangen ist.
Im Zusammenhang mit der Einkommenserhebung gemäß Art 121 Abs 4 B-VG (bzw § 14a RHG) und der Einkommensberichterstattung gemäß BezBegrBVG treten folgende ergänzende Erwägungen hinzu:
a) Art 121 Abs 4 B-VG enthält den Auftrag an den RH, bei bestimmten seiner Prüfungszuständigkeit unterliegenden Unternehmungen in regelmäßigen Abständen die durchschnittlichen Einkommen durch Einholen von Auskünften zu erheben. Gemäß § 14a RHG gelten für diese Erhebungen § 3 Abs 2 Z 1 und § 4 Abs 1 RHG sinngemäß. Dieser Verweis bedeutet, dass bestimmte Befugnisse des RH, die ihm 'in Ausübung und zum Zwecke der ihm obliegenden Kontrolle' (siehe § 3 Abs 1 RHG) erteilt werden, auch für Zwecke der Einkommenserhebung zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird den von der Einkommenserhebung betroffenen 'Stellen' die Verpflichtung auferlegt, dem diesbezüglichen Auskunftsverlangen zu entsprechen. Entscheidend ist nun, ob ein Auskunftsbegehren des RH im Zuge der gemäß Art 121 Abs 4 B-VG vorgesehenen Einkommenserhebung als eine beabsichtigte Amtshandlung anzusehen ist. Bejaht man dies, dann liegt zweifelsfrei eine Meinungsverschiedenheit im Sinne des § 36a VerfGG vor, wenn als Antwort auf die 'Erhebungsabsicht' des RH ein diesbezüglich angesprochener Rechtsträger seine Prüfungsunterworfenheit ausdrücklich bestreitet.
Obwohl den Materialien zur VerfGG-Novelle 1993 kein ausdrücklicher Hinweis dafür entnommen werden kann, dass auch die Einkommenserhebungen des RH zu den Amtshandlungen gehören, die letztlich eine Meinungsverschiedenheit auslösen können - in den diesbezüglichen Erläuterungen ist stets von 'Gebarungsüberprüfungen' (Amtshandlungen) die Rede - sprechen einige Gründe dafür, die obige Frage dennoch zu bejahen. So hat zB der Verfassungsausschuss anlässlich der verfassungsrechtlichen Verankerung der Einkommenserhebung, die bis dahin bloß aufgrund einer Entschließung des Nationalrates aus dem Jahre 1983 vorgenommen wurde, deutlich ausgesprochen, dass mit der vorgesehenen Anfügung eines neuen Abs 4 in Art 121 B-VG ua 'eine zweifelsfreie verfassungsrechtliche Grundlage für die Kompetenz des RH' geschaffen werden soll (817 dB Sten Prot NR - XVII GP, S. 3).
Daraus folgt, dass es sich bei der Einkommenserhebung gemäß Art 121 Abs 4 B-VG um eine eigenständige Kompetenz des RH handelt, weshalb die Vorschriften des Art 121 Abs 4 B-VG bzw § 14a RHG Teil jener gesetzlichen Bestimmungen sind, die die Zuständigkeit des RH regeln und über deren Auslegung mit einem Rechtsträger Meinungsverschiedenheiten entstehen können (vgl Art 126a B-VG).
b) Im Unterschied zu Art 121 Abs 4 B-VG bzw § 14a RHG obliegt es nach den Regelungen des § 8 BezBegrBVG den betroffenen kontrollunterworfenen Rechtsträgern, von sich aus die erforderlichen Meldungen über die Einkommen von Spitzen- und Mehrfachverdienern zu erstatten. Teilt in dieser Phase ein Rechtsträger dem RH mit, dass er seine Prüfungszuständigkeit nicht für gegeben erachtet, dann liegt in Ermangelung einer vorangegangenen Absicht des RH, eine Amtshandlung vorzunehmen, eine Meinungsverschiedenheit im Sinne des § 36a VerfGG (noch) nicht vor. Ein Tätigwerden des RH gegenüber einem Rechtsträger ist erst vorgesehen, wenn 'diese Mitteilungspflicht vom Rechtsträger nicht eingehalten wird': dann nämlich 'hat der RH in die betreffenden Unterlagen Einschau zu halten und daraus seinen Bericht zu erstellen'. Erst mit der Verständigung über die bevorstehende Einschau in die Unterlagen setzt der RH eine Initiative zu einer Amtshandlung, die im übrigen inhaltlich der ihm gem § 3 Abs 2 RHG zum Zwecke der Kontrolle eingeräumten Befugnis entspricht, 'durch seine Organe an Ort und Stelle in die mit der Gebarung im Zusammenhang stehenden Bücher, Rechnungsbelege und sonstige Behelfe Einschau zu nehmen'.
Über die Zuständigkeit des RH, gem § 8 Abs 1 letzter Satz BezBegrBVG Einschau in die betreffenden Unterlagen zu halten, kann also durchaus eine Meinungsverschiedenheit auftreten, und zwar sowohl wegen der Bestreitung der Prüfungszuständigkeit des RH überhaupt oder wegen der tatsächlichen Nichtzulassung einer vom RH begehrten Amtshandlung, nämlich der 'Einschau in die betroffenen Unterlagen'.
Daraus folgt, dass es sich auch bei der in § 8 Abs 1 letzter Satz BezBegrBVG angeordneten Einschau um eine eigenständige Kompetenz des RH handelt, weshalb diese Vorschrift ebenfalls zu den gesetzlichen Bestimmungen zählt, die die Zuständigkeit des RH regeln und über deren Auslegung mit einem Rechtsträger Meinungsverschiedenheiten entstehen können (vgl Art 126a B-G)."
3. Die AUA nahm wie folgt Stellung:
"1. Gemäß § 8 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre haben Rechtsträger, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, dem Rechnungshof jene Personen bekannt zu geben, die in mindestens einem der vorangegangenen Kalenderjahre einen Bezug oder Ruhebezug erhalten haben, der 14 mal jährlich 80% des monatlichen Bezuges eines Nationalratsabgeordneten übersteigt. Darüber hinaus haben sie die Bezüge oder Ruhebezüge jener Personen bekannt zu geben, die einen weiteren Bezug oder Ruhebezug von einem einschlägigen Rechtsträger erhalten. Aufgrund dieser Mitteilungen hat der Rechnungshof einen 'Einkommensbericht' zu erstellen. Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft, auf die die Vorraussetzungen dieser Berichtspflicht bis Ende Mai 1999 zutreffen.
2. Festzuhalten ist, dass dem Wortlaut der bezughabenden Bestimmungen nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob die Bekanntgabe der betroffenen Gehälter einhergehend mit der namentlichen Nennung der Empfänger zu erfolgen hat, oder ob eine anonymisierte Form als ausreichend zu erachten ist. (...)
3. Inhaltlich birgt § 8 BezBegrBVG ein Spannungsverhältnis einerseits zu Art 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens), als auch zum gemeinschaftsrechtlichen Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre.
4. Vom Schutzbereich des Art 8 EMRK ist nach hL auch das berufliche Leben erfasst (...).
5. Eine Zielsetzung im Sinne des Art 8 Abs 2 MRK, welche diesen Eingriff in das Privatleben zu rechtfertigen vermag, kann jedenfalls hinsichtlich der überwiegenden Zahl der von dieser Bestimmung Betroffenen nicht erkannt werden. In Betracht käme lediglich das wirtschaftliche Wohl des Landes. Bei der Prüfung, ob ein solcher Eingriff im Interesse des wirtschaftlichen Wohles des Landes geeignet und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, darf im Hinblick auf die Antragsgegnerin nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich um ein privatwirtschaftlich agierendes und am allgemeinen Wettbewerb teilnehmendes Unternehmen handelt. Als solches sieht sich die Antragsgegnerin auch im Hinblick auf die Einkommensgestaltung ihrer Mitarbeiter ohnehin den Regulativen des Marktes ausgesetzt. Selbst wenn man die Notwendigkeit einer Information der Öffentlichkeit über die von einer unter staatlichem Einfluss stehenden Gesellschaft bezahlten Gehälter bejahen wollte, ist nicht ersichtlich, welchen berücksichtigenswerten Informationsbedürfnissen die gleichzeitige Veröffentlichung der Namen der betroffenen Einkommensbezieher dient. Über die wirtschaftliche Gebarung eines Unternehmens in diesem Zusammenhang gibt auch eine anonyme Veröffentlichung Aufschluss.
6. Darüber hinaus muss die Notwendigkeit einer namentlichen Veröffentlichung der Bezüge im Interesse des wirtschaftlichen Wohls des Landes aber auch im Hinblick darauf verneint werden, dass eine derartige Kontrolle im Rahmen der Rechnungshofkontrolle ohnehin besteht.
7. Ein Interesse an der Bekanntgabe der Identität der betreffenden Personen könnte allenfalls noch bejaht werden, soweit es sich um Personen handelt, welche etwa im Zusammenhang mit einer politischen Funktion im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stehen. § 8 BezBegrBVG trifft jedoch keinerlei derartige Differenzierung, so dass der Eingriff, selbst wenn in qualifizierten Einzelfällen ein legitimes Interesse bejaht werden sollte, in der vorliegenden Form jedenfalls überschießend und unverhältnismäßig ist.
8. Des weiteren ist festzuhalten, dass auch im Gemeinschaftsrecht ein - wenn auch ungeschriebenes - Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre existiert, dessen Geltung aus verschiedenen Quellen - nicht zuletzt aus der Präambel der Datenschutzrichtlinie - geschlossen werden kann. (...)
9. Nicht zuletzt beinhaltet [...] § 8 BezBegrBVG, würde man ihn im Sinne einer namentlichen Bekanntgabe der Bezüge verstehen, einen Verstoß gegen das Antidiskriminierungsverbot des Art 14 EMRK. Die vorgesehene Veröffentlichung des Gehaltes des von § 8 betroffenen Personenkreises bewirkt eine sachlich nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung gegenüber all jenen Personen, die bei vergleichbarem Einkommen einer Veröffentlichung nicht unterliegen. Die sachliche Differenzierung nach dem Arbeitgeber ändert nichts daran, dass die vorgesehene Maßnahme unangemessen und überschießend bleibt. Insbesondere ist sachlich nicht gerechtfertigt, warum Dienstnehmer eines Unternehmens, das sich zu 51% in öffentlicher Hand befindet, die Veröffentlichung ihrer Einkommensdaten hinnehmen müssen, Dienstnehmer solcher Unternehmen die sich zu 49% in öffentlicher Hand befinden jedoch nicht. Dies unabhängig von der unter den Punkten 17 ff relativierten Frage der indirekten Beteiligung des Bundes im Wege der ÖIAG im Ausmaß von lediglich rund 39 % an der Antragsgegnerin.
l0. Art 1 Abs 1 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr Abl. L 281/1995 (DSRL), iVm den Erwägungsgründen 1, 9 und 10 ist zu entnehmen, dass die Richtlinienkonformität einer gesetzlichen Ermächtigung zur Verarbeitung von Daten ebenfalls die Einhaltung der in Art 8 Abs 2 EMRK vorgesehenen Eingriffsschranken als Mindeststandard erfordert. Es wird sogar ausdrücklich ein hohes Niveau hinsichtlich des in Art 8 EMRK und in den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts anerkannten Rechts auf die Privatsphäre postuliert. Eine Verpflichtung zur namentlichen Bekanntgabe der Einkommen der von § 8 BezBegrBVG erfassten Personen stünde daher auch in Widerspruch zu Art 6 Abs 1 litb sowie Art 7 DSRL, die in dem aufgezeigten Sinne auszulegen sind. Auch § 8 Abs 1 letzter Satz BezBegrBVG, wonach der Rechnungshof bei Weigerung des Rechtsträgers diese Daten selbst durch Einsicht in die Unterlagen zu erheben hat, wäre richtlinienwidrig.
11. Die Bestimmung ist in der vom Antragsteller vertretenen Interpretation geeignet, die Entscheidung eines EU-Bürgers für einen Arbeitsplatzwechsel zu einem österreichischen Unternehmen, das der Rechnungshofkontrolle unterliegt, negativ zu beeinflussen und so die Freizügigkeit des betroffenen Arbeitnehmers zu beeinträchtigen. (...)
12. An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass eine Verpflichtung zur namentlichen Veröffentlichung der Bezüge der Mitarbeiter dem Handlungsspielraum eines am internationalen Wettbewerb teilhabenden Unternehmens nicht zuträglich ist und Wettbewerbsnachteile mit sich bringt, wodurch das allenfalls als legitimes Interesse strapazierte wirtschaftliche Wohl des Landes geradezu konterkariert würde.
13. Des weiteren verhindert der Verfassungsrang des BezBegrBVG einen effektiven Rechtsschutz der von einer Veröffentlichung ihrer Bezüge Betroffenen. Ein solcher Rechtsschutz ist allerdings in der Datenschutz-Richtlinie (Art22) der EU vorgesehen, wodurch ein weiterer Bezug zum Gemeinschaftsrecht hergestellt ist.
14. Unter Anlehnung an die Judikatur des EUGH sowie des VFGH ist daher die Bestimmung des § 8 BezBegrBVG - so weit möglich - gemeinschaftsrechtskonform zu interpretieren, um einen Widerspruch zwischen nationalem und gemeinschaftlichen Recht zu vermeiden (s. z. B. für den EUGH: von Colson und Kamann, Slg 1984, 1891; Harz, Slg 1984, 1921; Marleasing, Slg 1990, I-4135 sowie für den VFGH: Slg 14.391/1995). Dem Gebot einer derartigen Auslegung tut auch der Verfassungsrang des BezBegrBVG keinen Abbruch. Der Wortlaut des § 8 sieht eine namentliche Nennung der betroffenen Arbeitnehmer nicht zwingend vor und lässt für eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung durchaus Platz. Dass sich die entgegengesetzte Intention des Gesetzgebers zweifelsfrei den Materialien entnehmen lässt, schadet nicht. Die Absicht des Gesetzgebers hat der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung zu weichen.
15. Selbst wenn man den Standpunkt einnehmen würde, dass eine Veröffentlichung der Bezüge unter Angabe der Namen der Betroffenen nicht in den Anwendungsbereich des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechts auf Schutz der Privatsphäre fällt, wäre die Bestimmung des § 8 BezBegrBVG im Einklang mit der ebenfalls in Verfassungsrang stehenden EMRK im Sinne einer systematischen Auslegung zu interpretieren, deren Inhalt und Auslegung völkerrechtlich vorgegeben sind. (...)
16. Zusammenfassend ist daher festzuhalten dass eine - nach Ansicht der Antragsgegnerin mögliche - EMRK und EU-rechtskonforme Auslegung des § 8 BezBegrBVG dahingehend zu erfolgen hat, dass die Bezüge in anonymisierter Form dem Rechnungshof bekannt zu geben und von diesem in anonymisierter Form zu veröffentlichen sind. (...)
17. Hinsichtlich der Frage nach der Zuständigkeit des Rechnungshofs für die Gebarungskontrolle der Antragstellerin im Zeitraum ab Juni 1999 kann sich die Antragsgegnerin der Ansicht des Antragstellers nicht anschließen, wonach durch den am abgeschlossenen und am ergänzten Syndikatsvertrag für den genannten Zeitraum eine Beherrschung einer Unternehmung durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen i.S. des Art 126b Abs 2 zweiter Satz BVG gegeben ist. Wie sich aus der Präambel des Syndikatsvertrags vom ergibt, dient der genannte Vertrag vielmehr und ausschließlich dazu, die Betriebsgenehmigung der Antragsgegnerin gemäß der Verordnung (EWG) Nummer 2407/92 des Rates über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen sowie Rechte, welche in den von der Republik Österreich abgeschlossenen und noch abzuschließenden bilateralen Luftverkehrsabkommen ihre Grundlage haben, aufrecht zu erhalten.
18. Gemäß Artikel 4, Abs 2 dieser Verordnung muss das Unternehmen sich derzeit und auch weiterhin unmittelbar oder über Mehrheitsbeteiligung im Eigentum von Mitgliedstaaten und/oder von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten befinden. Es muss zu jeder Zeit von diesen Staaten oder deren Staatsangehörigen tatsächlich kontrolliert werden.
19. Lediglich die Erfüllung dieser Vorgabe, nicht aber die Beherrschung der Antragsgegnerin durch die ÖIAG ist Zweck des Syndikatsvertrages. Die in § 3 des Syndikatsvertrags vorgesehenen Syndikatsversammlungen dienen der Abstimmung des Stimmverhaltens. Aufgrund des klar definierten Zwecks des Syndikatsvertrags ist die ÖIAG nicht berechtigt, willkürlich das Stimmverhalten für die in der Hauptversammlung zu fassenden Beschlüsse vorzugeben oder einzuverlangen. Dies könnte als Beherrschung einer Unternehmung durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen i.S. des Art 126b Abs 2 zweiter Satz ausgelegt werden. Vielmehr ist durch den Vertragszweck jedoch gewährleistet, dass die ÖIAG ihre dominierende Rolle bei der Sicherstellung eines einheitlichen Stimmverhaltens lediglich zur Erfüllung des in der Präambel und diversen Vertragsbestimmungen festgelegten Vertragszwecks ausüben darf. Im übrigen wird darauf hingewiesen, dass ein abweichendes Stimmverhalten eines Syndikatspartners mit keiner Sanktion belegt wird. Der Tatbestand des Art 126 b Abs 2 zweiter Satz B-VG ist daher nach Ansicht der Antragsgegnerin nicht gegeben, so dass die Antragsgegnerin ab Juni 1999 einer Kontrolle durch den Rechnungshof nicht mehr unterliegt."
4. Der RH erstattete nachfolgende Gegenäußerung:
"1. In ihrer Äußerung vertritt die Austrian Airlines, Österreichische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft (=AUA), die Auffassung, dass der am abgeschlossene und am ergänzte Syndikatsvertrag nur dazu diene, die Betriebsgenehmigung der AUA gemäß der Verordnung (EWG) Nummer 2407/92 des Rates über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtsunternehmen sowie jene Rechte aufrecht zu erhalten, welche in den von der Republik Österreich abgeschlossenen und noch abzuschließenden bilateralen Luftverkehrsabkommen ihre Grundlage haben. Zweck des erwähnten Syndikatsvertrages sei daher lediglich die Erfüllung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben, nicht aber die Beherrschung der AUA durch die ÖIAG.
Wie die AUA in ihrer Äußerung - durchaus zutreffend - betont, muss sich gemäß Art 4 Abs 2 der Verordnung (EWG) Nummer 2407/92 des Rates das Luftfahrtunternehmen 'derzeit und auch weiterhin unmittelbar oder über Mehrheitsbeteiligung im Eigentum von Mitgliedsstaaten und/oder von Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten befinden'. Weiters muss es 'zu jeder Zeit von diesen Staaten oder von deren Staatsangehörigen tatsächlich kontrolliert werden'.
Gemäß Art 2 litg der erwähnten EWG-Verordnung bedeutet 'tatsächliche Kontrolle' eine Beziehung, die durch Rechte, Verträge oder andere Mittel, die einzeln oder zusammen und unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit bieten, unmittelbar oder mittelbar einen bestimmenden Einfluss auf das Unternehmen auszuüben, begründet ist, insbesondere durch a) das Recht, die Gesamtheit oder Teile des Vermögens des Unternehmens zu nutzen, b) Rechte oder Verträge, die einen bestimmten Einfluss auf die Zusammensetzung, das Abstimmungsverhalten oder die Beschlüsse der Organe des Unternehmens oder in anderer Weise einen bestimmenden Einfluss auf die Führung des Geschäfts des Unternehmens gewähren.
Vor dem Hintergrund der in Art 4 Abs 2 der Verordnung (EWG) Nummer 2407/92 des Rates enthaltenen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und der Definition des Begriffes der 'tatsächlichen Kontrolle' gemäß Art 2 litg vermögen die Ausführung der AUA, wonach der Syndikatsvertrag zwar die Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe, nicht aber die Beherrschung der AUA bezweckt, nicht zu überzeugen. Dies schon deshalb, weil gerade das Gemeinschaftsrecht ua auch den beherrschenden Einfluss eines Mitgliedsstaates (hier: der Republik Österreich) vorsieht. Mit den im Syndikatsvertrag enthaltenen Bestimmungen, insbesondere aber mit der in § 3 enthaltenen Klausel über das Abstimmungsverhalten der Syndikatspartner, wird jedenfalls der beherrschende Einfluss Österreichs auf die AUA sichergestellt.
Wenn die AUA in ihrer Äußerung davon spricht, dass 'die ÖIAG ihre dominierende Rolle bei der Sicherstellung eines einheitlichen Stimmverhaltens lediglich zur Erfüllung des in der Präambel und diversen Vertragsbestimmungen festgelegten Vertragszweckes ausüben darf', dann bestätigt sie in Wahrheit den vom Rechnungshof in seinem Antrag behaupteten beherrschenden Einfluss der zu 100 % im Eigentum der Republik Österreich stehenden ÖIAG auf die AUA und damit auch die vom Rechnungshof beanspruchte Zuständigkeit zur Überprüfung der Gebarung der AUA auch für die Zeit ab Juni 1999.
2. Nicht nachvollziehbar ist auch der abschließende Hinweis der AUA, dass 'ein abweichendes Stimmverhalten eines Syndikatspartners mit keiner Sanktion belegt wird'. Hiezu bemerkt der Rechnungshof, dass die Nichteinhaltung der in zivilrechtlichen Vereinbarungen übernommenen Verpflichtungen üblicherweise nicht mit 'Sanktionen belegt wird', sondern als Vertragsverletzung jedenfalls Schadenersatzansprüche auslösen kann. Immerhin haben die Vertragsparteien gem § 15 des Syndikatsvertrages vereinbart, dass 'sämtliche Streitigkeiten aus dem Syndikatsverhältnis vor einem Schiedsgericht auszutragen sind, welches von Fall zu Fall nach den Bestimmungen der §§577ff ZPO einzurichten ist'. Mit dieser Regelung haben die Vertragsparteien jedenfalls klargestellt, dass sie ihre im Syndikatsvertrag übernommenen Verpflichtungen nicht bloß als unverbindliche Naturalobligationen sehen wollen."
5. a) Unter anderem aus Anlass dieses Verfahrens richtete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , ONr. 10 (= VfSlg. 16.050/2000), folgende Fragen an den Europäischen Gerichtshof:
"1. Sind die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, insbesondere jene über den Datenschutz so auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die ein staatliches Organ zur Erhebung und Weiterleitung von Einkommensdaten zum Zweck der Veröffentlichung der Namen und Einkommen der Dienstnehmer
a) einer Gebietskörperschaft
...
verpflichten?
2. Für den Fall, dass der Europäische Gerichtshof die gestellte Frage zumindest teilweise bejaht:
Sind jene Bestimmungen, die einer nationalen Regelung des geschilderten Inhalts entgegenstehen, in dem Sinn unmittelbar anwendbar, dass sich die zur Offenlegung verpflichteten Personen auf sie berufen können, um eine Anwendung entgegenstehender nationaler Vorschriften zu verhindern?"
b) Mit Urteil vom , Rs. C-465/00 ua., Rechnungshof gegen ORF ua., erkannte der Europäische Gerichtshof für Recht, dass
"1. [d]ie Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c und 7 Buchstaben c und e der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ... einer nationalen Regelung wie der den Ausgangsverfahren zugrunde liegenden nicht entgegen[stehen], sofern erwiesen ist, dass die Offenlegung, die nicht nur die Höhe der Jahreseinkommen der Beschäftigten von der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern betrifft, wenn diese Einkommen einen bestimmten Betrag überschreiten, sondern auch die Namen der Bezieher dieser Einkommen umfasst, im Hinblick auf das vom Verfassungsgesetzgeber verfolgte Ziel der ordnungsgemäßen Verwaltung der öffentlichen Mittel notwendig und angemessen ist, was die vorlegenden Gerichte zu prüfen haben"
und
"2. [d]ie Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c und 7 Buchstaben c und e der Richtlinie 95/46 ... in dem Sinne unmittelbar anwendbar [sind], dass sich ein Einzelner vor den nationalen Gerichten auf sie berufen kann, um die Anwendung entgegenstehender Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zu verhindern".
(Die Begründung des Europäischen Gerichtshofes ist in der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , KR1/00, in extenso wiedergegeben.)
6. In der Folge stellte es der Verfassungsgerichtshof den Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens frei, zu den Auswirkungen dieses Urteils auf das verfassungsgerichtliche Verfahren Stellung zu nehmen. Hievon machte die AUA, nicht jedoch der antragstellende RH Gebrauch.
Für die AUA zeitigt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes folgende Auswirkungen:
"1. Zur Einschränkung der Personenfreiheit:
1.1. Der EuGH hat entgegen der Ansicht des antragstellenden Rechnungshofs eindeutig klargestellt, dass die Richtlinie 95/46/EG im gegenständlichen Meinungsstreit unmittelbar anwendbar und § 8 BezBegrBVG daher gemeinschaftsrechtskonform auszulegen ist. (RZ 47)
In diesem Zusammenhang weist der EuGH auch darauf hin (RZ 42), dass ein direkter Zusammenhang mit der Ausübung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten nicht vorliegen muss, um die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechtes zu bejahen, und somit auch schon ein indirekter und hypothetischer Eingriff in die Freiheit des Personenverkehrs die gemeinschaftskonforme Auslegung rechtfertigen würde.
1.2. Dass es sich bei der gegenständlichen namentlichen Offenlegung allerdings um eine mögliche Einschränkung der Freiheit des Personenverkehrs handelt, dürfte jedenfalls für Unternehmen wie die Antragsgegnerin nicht mehr strittig sein. (...)
2. Zur Auslegung des § 8 BezBegrBVG im Lichte des Artikel 8 EMRK (Recht auf Privatsphäre):
2.1. Der EuGH bestätigte im vorliegenden Urteil, dass die Erhebung und Offenlegung personenbezogener Daten über die beruflichen Einkünfte Einzelner in den Anwendungsbereich des Rechts auf Privatsphäre nach Art 8 EMRK fallen. (...)
Die bloße Erhebung und Speicherung solcher Daten stellt nach Ansicht des EuGH keinen Eingriff in Art 8 EMRK dar, sehr wohl jedoch die Weitergabe dieser Daten an Dritte. (RZ 74) Solche Eingriffe können gerechtfertigt sein, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind und eines oder mehrere der in Art 8 Abs 2 EMRK definierten Ziele verfolgen. (RZ 77) Ob ein solcher Eingriff gerechtfertigt ist, hängt davon ab, ob dieser Eingriff notwendig und angemessen ist. Diese Verhältnismäßigkeitsprüfung hat nach Auffassung des EuGH das hier angerufene Gericht zu beurteilen.
2.2. Zweck der strittigen Vorschrift des § 8 BezBegrBVG ist es, Druck auf den der Aufsicht unterliegenden Rechtsträger auszuüben, um so zu gewährleisten, dass die öffentlichen Mittel, aus welchen die Bezüge bestritten werden, im Sinne einer größtmöglichen Sparsamkeit und Sachgerechtigkeit verwendet werden. In diesem Zusammenhang ist aber zu erwähnen, dass jedenfalls die Antragsgegnerin keinerlei Zahlungen oder Unterstützungen des Bundes bezieht, sondern ihr Wirtschaftsergebnis ausschließlich durch den eigenen wirtschaftlichen Betrieb erarbeitet. Auch die auszuzahlenden Bezüge der Antragsgegnerin werden nicht aus öffentlichen Geldern, sondern allein aus dem erwirtschafteten Gewinn bestritten. Es besteht somit kein Interesse, die Verwendung öffentlicher Gelder durch die gegenständlichen Maßnahmen zu kontrollieren, da keinerlei öffentliche Gelder verwendet werden, im Gegenteil werden durch die Gesellschaft je nach Wirtschaftslage Dividenden an den Bund bezahlt. (...)
2.3. Abgesehen von der mangelnden Notwendigkeit, die Öffentlichkeit von den genannten Daten zu informieren, stellt diese Maßnahme keinesfalls eine nach Art 8 Abs 2 EMRK angemessene Maßnahme dar. Der EGMR judiziert in ständiger Rechtssprechung, dass die gesetzte Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten berechtigten Zweck stehen muss. (...) Der bereits erwähnte Zweck der gegenständlichen Regelung, nämlich die Gewährleistung sparsamer und sachgerechter Verwendung der öffentlichen Mittel, legt in diesem Zusammenhang keinesfalls nahe, dass die namentliche Offenlegung der Bezüge eines privatwirtschaftlichen Unternehmens mit öffentlicher Beteiligung die einzige und schonendste und somit angemessenste Möglichkeit darstellt, diesen Zweck zu verfolgen.
2.4. Die in diesem Zusammenhang durchzuführende Interessensabwägung widerlegt eindeutig die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen. Nach Art 8 Abs 2 EMRK kann ein Eingriff im Interesse des wirtschaftlichen Wohls des Landes gerechtfertigt sein. Die Maßahmen des § 8 BezBegrBVG können dort als gerechtfertigt betrachet werden, wo es sich um die Auszahlung von Bezügen an 'public figures', beispielsweise Politiker, handelt, deren Bezüge ausschließlich aus öffentlichen Geldern bestehen. Für diesen Kreis von Personen ist der Schutz des Art 8 EMRK etwas gelockert, und kann in diesem Fall bei gesetzlicher Anordnung ein Eingriff in das Recht auf Privatsphäre gerechtfertigt sein. Diesem Beispiel ist nun der Fall der Antragsgegnerin gegenüberzustellen. Weder handelt es sich bei den Personen, deren Bezüge namentlich veröffentlicht werden sollen, um 'public figures', noch werden diese Bezüge auch nur teilweise von der öffentlichen Hand finanziert. Vielmehr haben gerade diese Personen ein verstärktes Interesse an der Geheimhaltung ihrer beruflichen Daten, als die Antragsgegnerin in ständiger Konkurrenz mit internationalen Unternehmen steht, die einer solchen Kontrolle nicht unterliegen. Die Offenlegung dieser Daten bedeutet für die Betroffenen einen erheblichen Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit und eine schwerwiegende Einschränkung des internationalen Arbeitsmarktzuganges.
Auch für die Antragsgegnerin selbst ist die Garantie der Freiheit des Personenverkehrs von größter wirtschaftlicher und wettbewerbsrechtlicher Bedeutung. Anders als die anderen Antragsgegner der im Vorabentscheidungsverfahren verbundenen Rechtssachen C-465/00, C-138/01 und C-139/01, steht die Antragsgegnerin hauptsächlich mit privatwirtschaftlichen Unternehmen in einem Wettbewerbsverhältnis, die keiner Kontrolle wie der nach § 8 BezBegrBVG unterliegen, und somit nach rein wirtschaftlichen Kriterien frei über Bezüge im Sinne einer größtmöglichen Nachhaltigkeit des Unternehmenserfolges disponieren können. Die Offenlegung dieser Unternehmensführungsmethoden bedeutet für die Antragsgegnerin einen erheblichen wettbewerbsrechtlichen Nachteil und ist geeignet, dem Unternehmen im Vergleich zu ihren ausländischen Konkurrenten einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzuführen, der etwa darin bestehen könnte, dass Konkurrenzunternehmen in Kenntnis der Einkommensverhältnisse der Führungskräfte diese durch erhöhte Gehaltsgebote abwerben.
Wird daher die Interessensabwägung zwischen dem Gut 'wirtschaftliches Wohl des Landes', welches nach Ansicht des EGMR beispielsweise bei der Erhebung von Daten in anonymisierter Form für eine Volkszählung (vgl. EGMR, Britische Volkszählung, EuGRZ 1983, 410) und dem Interesse der Betroffenen auf Schutz der Privatsphäre im Lichte der Rechtssprechung des EGMR betrachtet, so ist eindeutig, dass das Interesse der Betroffenen höher wiegt.
2.5. Es liegt weiters auf der Hand, dass der Zweck des § 8 BezBegrBVG auch durch mildere Maßnahmen erreicht werden kann, und daher eine Verhältnismäßigkeit verneint werden muss. Aus dem Bestimmungszweck der strittigen Norm ist kein gesetzlich vorgesehener Schutz Dritter erkennbar, der nur durch die namentliche Offenlegung der gegenständlichen Daten verwirklicht werden kann. So könnte auch durchaus die bloß anonyme Bekanntgabe dieser Daten die ordnungsgemäße Verwendung der öffentlichen Gelder gewährleisten und somit den Schutz der Privatsphäre der Betroffenen. Die bloße Information der Allgemeinheit gilt, wie der EuGH in vorliegender Entscheidung richtig erkannt hat, nicht als Rechtfertigungsgrund. (RZ 21)
3. Zur Kontrollkompetenz des Antragstellers:
Im Übrigen ist anzumerken, dass die Antragsgegnerin unter den Antragsgegnern im Verfahren vor dem EuGH eine spezifische Sonderstellung einnimmt, da es sich um ein rein privatwirtschaftliches Unternehmen handelt. Zum einen hält der Bund aufgrund der geänderten Aktionärsstruktur der Antragsgegnerin keine Mehrheitsbeteiligung an der Antragsgegnerin mehr, sondern lediglich 39,72 % über die Beteiligung der ÖIAG. Eine Kontrollkompetenz des Rechnungshofes aufgrund der Beteiligungsverhältnisse scheidet somit aus.
Der Antragsteller behauptet, dass eine Kontrollkompetenz aufgrund des am abgeschlossenen Syndikatsvertrages und der damit verbundenen Beherrschung durch den Bund begründet werden könne. Dem widerspricht schon der Zweck dieses Syndikatsvertrages, welcher mit dem Ziel abgeschlossen wurde, das Eigentum österreichischer Unternehmen an der Gesellschaft zu sichern, und somit die Voraussetzungen für den Abschluß von Luftverkehrsabkommen, die zwischen Österreich und Nicht-EU-Staaten abgeschlossen werden, aufrecht zu erhalten. Zwar könnte dieser Syndikatsvertrag eine Beherrschung zulassen und somit eine Kontrollkompetenz begründen, denn dieser legt in seinem § 3 fest, dass vor jeder Hauptverhandlung der Antragsgegnerin eine Syndikatsversammlung stattzufinden hat, in der das Stimmverhalten für die in der Hauptverhandlung zu fassenden Beschlüsse festgelegt wird. Bei der rechtlichen Beurteilung dieser Stimmrechtsmacht, - und damit einer allfälligen Beherrschung - der ÖIAG ist aber nicht nur der Wortlaut des Syndikatsvertrages zu berücksichtigen, sondern vielmehr auch die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten, welchen die ÖIAG ihrerseits unterliegt. So müßten für eine Beherrschung in diesem Sinne zwei Kriterien erfüllt sein, zum einen müsse die Einwirkungsmöglichkeit der öffentlichen Hand rechtlich gesichert sein, zum anderen müßte dieser Einfluß eine Intensität erreichen, die einer mindestens 50%-igen Beteiligung entspricht. (vgl. VfSlg 10.371/1985 und VfSlg 10.609/1985) Die rechtliche Sicherung der Einflußnahme ist aber durch das ÖIAG-Gesetz gerade ausgeschlossen. So müßte ein wesentlicher Einfluß des Staates auf die Unternehmenspolitik gewährleistet sein, die Erteilung von Weisungen, um die Unternehmenspolitik zu beeinflussen, ist der ÖIAG aber gerade verboten, insbesondere ist ihr gemäß § 11 Abs 2 ÖIAG-Gesetz die Bildung eines Konzernverhältnisses ausdrücklich verwehrt. Analysiert man diesen, durch das ÖIAG-Gesetz eingeschränkten Aufgabenbereich der VIAG, so wird klar, dass sie eben jene Rechte ausüben soll, die ein 25% plus eine Aktie besitzender Aktionär mit Hilfe des Sperrechtes hat. Das Gesetz verbietet der ÖIAG jede konzernmäßige Beherrschung, sie hat ihr Beteilungungsmanagement eben nicht wie ein Aktionär mit einer 50%igen Beteiligung zu führen. Damit scheidet eine rechtlich zulässige und abgesicherte Beherrschung der Antragsgegnerin, wie sie einer 50%igen Beherrschung entspräche, aus. Der Umstand, dass die ÖIAG nach dem Syndikatsvertrag tatsächlich über 58% der Stimmen in der Hauptversammlung entscheiden kann, ändert nichts daran, dass sie diese Befugnisse nach dem klaren Sinn und Wortlaut des ÖIAG-Gesetzes nicht nach Art eines beherrschenden Unternehmens ausnützen darf. Eine beherrschende Einflußnahme der ÖIAG auf die Antragsgegnerin ist daher eindeutig auszuschließen, und eine Kontrolle des Antragstellers daher nicht gerechtfertigt. Dies ändert selbstverständlich nichts daran, dass mit dem Syndikatsvertrag den Voraussetzungen für den Abschluß von Luftverkehrsabkommen - wie eingangs erwähnt - entsprochen wird."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit des Antrages:
Art 126a B-VG beruft den Gerichtshof zur Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem RH und dem Rechtsträger "über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln".
Eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem RH und einem Rechtsträger (Art121 Abs 1 B-VG) "über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln," im Sinne des Art 126a B-VG liegt vor, wenn der Rechtsträger "die Zuständigkeit des Rechungshofes zur Gebarungsüberprüfung ausdrücklich bestreitet oder die Gebarungsüberprüfung tatsächlich nicht zulässt" (§36a Abs 1 zweiter Satz VfGG).
Bereits mit Beschluss VfSlg. 16.050/2000 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass hiezu auch Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Zuständigkeit zur Einschau nach § 8 Abs 1 BezBegrBVG regelnden Bestimmungen zählen (vgl. auch das Erkenntnis des ). Dass die Prüfung der Gebarung des Rechtsträgers in die Zuständigkeit des RH fällt, ist ebenfalls nicht zweifelhaft.
Fraglich ist, ob die Meinungsverschiedenheit bereits durch das Schreiben der AUA vom ausgelöst wurde, sodass die Antragstellung des RH vom , eingelangt beim Verfassungsgerichtshof am , verspätet war. Der RH vertritt die Ansicht, dass eine Meinungsverschiedenheit eine von diesem beabsichtigte Amtshandlung voraussetzt. Dies würde bedeuten, dass diese erst durch die Korrespondenz zwischen dem RH und der AUA im Jahr 2000 ausgelöst wurde.
Nach § 36a Abs 1 VfGG liegt u.a. eine Meinungsverschiedenheit vor,
"wenn ein Rechtsträger die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung ausdrücklich bestreitet oder die Gebarungsüberprüfung tatsächlich nicht zuläßt".
Daraus ergibt sich, dass eine abstrakte Bestreitung den Lauf der Frist nicht auslöst. Die Meinungsverschiedenheit muss im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Prüfungshandlung stehen.
Dass die Prüfungshandlung bereits beabsichtigt sein muss, geht auch aus den Gesetzesmaterialen hervor. Im Ausschussbericht (1143 BlgNR 18. GP) heißt es, dass eine Meinungsverschiedenheit entsteht, wenn ein Rechtsträger dem RH ausdrücklich zur Kenntnis bringt, dass nach seiner Auffassung die Zuständigkeit des RH
"zu der von ihm beabsichtigten Gebarungsprüfungskontrolle (Amtshandlung) nicht besteht oder der Rechtsträger die Gebarungsüberprüfung (Amtshandlung) tatsächlich unmöglich macht."
Der Antrag des RH ist daher zulässig.
2. In der Sache:
2.1. Die für die Beurteilung der Meinungsverschiedenheit maßgebliche Bestimmung des § 8 Abs 1 bis 3 BezBegrBVG lautet wie folgt:
"(1) Rechtsträger, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, haben innerhalb der ersten drei Monate jedes zweiten Kalenderjahres dem Rechnungshof die Bezüge oder Ruhebezüge von Personen mitzuteilen, die zumindest in einem der beiden vorangegangenen Kalenderjahre Bezüge oder Ruhebezüge bezogen haben, die jährlich höher als 14mal 80% des monatlichen Ausgangsbetrages nach § 1 waren. Die Rechtsträger haben auch die Bezüge und Ruhebezüge von Personen mitzuteilen, die einen weiteren Bezug oder Ruhebezug von einem Rechtsträger beziehen, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt. Personen, die einen Bezug oder Ruhebezug von zwei oder mehreren Rechtsträgern beziehen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, haben dies diesen Rechtsträgern mitzuteilen. Wird diese Mitteilungspflicht vom Rechtsträger nicht eingehalten, so hat der Rechnungshof in die betreffenden Unterlagen Einschau zu halten und daraus seinen Bericht zu erstellen.
(2) Bei Anwendung des Abs 1 sind auch Sozial- und Sachleistungen zu berücksichtigen, soweit sie nicht Leistungen aus der Kranken- oder Unfallversicherung oder auf Grund von vergleichbaren landesrechtlichen Regelungen sind. Mehrere Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, sind zusammenzurechnen.
(3) Der Rechnungshof hat diese Mitteilungen - nach Jahreswerten getrennt - in einem Bericht zusammenzufassen. In den Bericht sind alle Personen aufzunehmen, deren jährliche Bezüge und Ruhebezüge von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, insgesamt den im Abs 1 genannten Betrag übersteigen. Der Bericht ist dem Nationalrat, dem Bundesrat und den Landtagen zu übermitteln."
Die Bestimmung hat folgenden Regelungsgehalt:
Personen, die einen Bezug oder Ruhegenuss von zwei oder mehreren der Gebarungskontrolle des RH unterliegenden Rechtsträgern beziehen, haben dies diesen Rechtsträgern zu melden. Alle Rechtsträger, die der Kontrolle des RH unterliegen, haben Bezüge, die eine bestimmte Höhe überschreiten, oder Bezüge von Personen, die noch einen weiteren Bezug (gleichgültig in welcher Höhe) von einem anderen rechnungshofkontrollpflichtigen Rechtsträger beziehen, dem RH mitzuteilen.
Kommt ein Rechtsträger dieser Verpflichtung nicht nach, so hat sich der RH die notwendigen Informationen durch Einschau in die betreffenden Unterlagen der rechnungshofkontrollpflichtigen Einrichtungen zu beschaffen.
Der RH hat sodann die Mitteilungen und die durch Einschau gewonnenen Informationen in einem "Einkommensbericht" zusammenzufassen; in diesen Bericht sind "alle Personen aufzunehmen", deren jährliche Bezüge das genannte Ausmaß überschreiten; dies ist - wie in der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , KR1/00, unter Heranziehung historischer, systematischer und teleologischer Argumente näher dargelegt wurde - als Verpflichtung zu verstehen, die Namen und diesen zugeordnet die Höhe der Jahreseinkommen der betroffenen Personen aufzunehmen.
Der Einkommensbericht ist vom RH den Parlamenten des Bundes und der Länder zu übermitteln und soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
2.2. Das Begehren des RH ist, soweit es sich auf Akte der Gebarungsprüfung bezieht, berechtigt. Der RH beantragt die Feststellung seiner Prüfungskompetenz hinsichtlich der "(ruhe)bezugsauszahlenden Gebarung"; darunter sollen offenbar die die Auszahlung von Bezügen und Ruhebezügen betreffenden Gebarungsakte verstanden werden. Zu Akten der Gebarungsprüfung ist der RH u.a. hinsichtlich von Unternehmen berufen, an denen der Bund in bestimmter (in Art 126 b Abs 2 erster Satz näher geregelter) Weise beteiligt ist. Der zweite Satz der zitierten Regelung des Art 126 b Abs 2 B-VG lautet sodann:
"Einer solchen finanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmungen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten."
2.3. Eine solche Beherrschung liegt hinsichtlich der AUA vor:
Die AUA ist eine Aktiengesellschaft. Zum Bilanzstichtag betrug das Grundkapital ATS 2.600.000.000,--. Der Nennwert der Bundesbeteiligung betrug ATS 1.350.469.000,--, somit 51,941 %.
Im Juni 1998 übertrug der Bund seine Beteiligung an die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG), deren Anteile in den Jahren 1998 und 1999 zu 100 % vom Bund gehalten wurden.
Am schlossen die folgenden Gesellschafter der AUA einen Syndikatsvertrag.
Anteil in S Anteil in %
ÖIAG 1.350.469.000,- rd. 51,9 %
Austria Tabak 60.000.000,- rd. 2,3 %
BAWAG 60.000.000,- rd. 2,3 %
CA 60.000.000,- rd. 2,3 %
Raiffeisen 60.000.000,- rd. 2,3 %
Wiener Städtische 30.000.000,- rd. 1,2 %
Bank Austria 120.000.000,- rd. 4,6 %
Summe 1.740.469.000,- rd. 66,9 %
Dieser sieht unter anderem vor, dass die Organe der AUA bei der Durchführung von Kapitalerhöhungen sicherzustellen haben,
"daß die Aufrechterhaltung der Betriebsgenehmigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen und Rechte, welche in den von der Republik Österreich abgeschlossenen und noch abzuschließenden bilateralen Luftverkehrsabkommen ihre Grundlage haben, nicht gefährdet werden"
darf (Punkt 3 des Syndikatsvertrages).
Weiters heißt es in Punkt 4 des Syndikatsvertrages:
"Im Sinne des Artikel 4 der Verordnung (EWG) 2407/92 des Rates, im Sinne der bilateralen Luftverkehrsabkommen sowie im Sinne des Bundesgesetzes über den zwischenstaatlichen Luftverkehr, BGBl. I Nr. 101/1997, bringen die 'Syndikatspartner' und die ÖIAG ihren gemeinsamen Wunsch zum Ausdruck, mit diesem Syndikatsvertrag bzw. mit einer Erweiterung des Syndikats um weitere 'Syndikatspartner', die 'geeignete Unternehmen' sind, zu erreichen, daß der jeweilige Kapitalanteil der ÖIAG zusammen mit jenem der 'Syndikatspartner' die Mehrheit des Grundkapitals der AUA künftig nicht unterschreitet und daß die tatsächliche Kontrolle über die AUA durch österreichische Staatsangehörige ausgeübt wird.
Vertragszweck ist daher die Aufrechterhaltung
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- | der Betriebsgenehmigung gemäß der Verordnung EWG Nr. 2407/92 des Rates über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen und |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
- | der Rechte der AUA, welche in den von der Republik Österreich abgeschlossenen internationalen Luftverkehrsabkommen ihre Grundlage haben, |
und damit die Absicherung der luftverkehrsrechtlichen Befugnisse der AUA.
In diesem Sinn verpflichten sich die 'Syndikatspartner' und die ÖIAG zur Vermeidung einer Gefährdung dieser luftverkehrsrechtlichen Befugnisse durch Einhaltung der nachfolgenden Regelungen des Syndikatsvertrages."
Gemäß § 1 des Syndikatsvertrages obliegt die Koordination des Syndikats der ÖIAG, die sämtliche Erklärungen namens des Syndikats abgeben sollte. Die Syndikatspartner BAWAG, CA, Raiffeisen und Bank Austria sollten für die ihnen gehörigen syndizierten Aktien ein Depot errichten. Diese syndizierten Aktien sollten (nach [§2 des Syndikatsvertrages]) zu Gunsten des Syndikats in der Art gesperrt gehalten werden,
"daß Verfügungen über die 'Aktien' nur mit Zustimmung der ÖIAG möglich sind und die in diesem Vertrag geregelten Aufgriffsrechte durchgesetzt werden können".
§ 3 des Syndikatsvertrages sieht ein einheitliches Stimmverhalten der Syndikatspartner vor,
"indem materiell so abgestimmt wird, wie die ÖIAG stimmt."
Ferner sind die Syndikatspartner verpflichtet,
"in diesem Sinne mit allen ihren 'Aktien' gemäß den Beschlüssen der Syndikatsversammlung in jeder Hauptversammlung der AUA zu stimmen."
Nach § 4 des Syndikatsvertrags hat die ÖIAG Anspruch darauf, für die Wahl in den Aufsichtsrat fünf Mitglieder zu nominieren. Die Zahl der Kapitalvertreter im Aufsichtsrat betrug 10.
Ferner heißt es in den §§5 und 6 des Syndikatsvertrages
"§5 Die 'Syndikatspartner' werden auf die von ihnen jeweils nominierten Aufsichtratsmitglieder dahingehend einwirken, daß sie bei der Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrates sowie seines Stellvertreters für die von der ÖIAG nominierten Personen stimmen.
§ 6 (1) Die 'Syndikatspartner' verpflichten sich, bis die 'Aktien' weder insgesamt noch teilweise zu veräußern, ausgenommen
a) an einen anderen Syndikatspartner und/oder die ÖIAG oder
b) an ein 'geeignetes Unternehmen' unter Überbindung aller Rechte und Pflichten aus diesem Syndikatsvertrag, das dem Syndikat durch einseitige Erklärung beitritt.
Aktien, die weder von einem Syndikatspartner oder der ÖIAG, noch von einem 'geeigneten Unternehmen' gemäß litb übernommen werden, unterliegen einem Verkaufsverbot.
(2) Nach Ablauf der Frist gemäß Abs 1 sind die 'Syndikatspartner' berechtigt, die 'Aktien' insgesamt oder teilweise
a) an einen anderen Syndikatspartner und/oder die ÖIAG oder
b) an 'geeignete Unternehmen' unter Überbindung aller Rechte und Pflichten aus diesem Syndikatsvertrag und unter Beitritt zu diesem Syndikatsvertrag oder
c) an Dritte, auch wenn sie kein 'geeignetes Unternehmen' oder nicht bereit sind, dem Syndikat beizutreten,
zu verkaufen.
(3) Im Falle einer Veräußerung gemäß Abs 2 litc sind, für den Fall, daß durch einen derartigen Verkauf die 'Mehrheit des Grundkapitals' im Syndikat nicht gewährleistet bleibt, soviele Aktien der ÖIAG anzubieten, als notwendig ist, damit dem Syndikat die 'Mehrheit des Grundkapitals' der AUA verbleibt. Die ÖIAG ist verpflichtet, diese Aktien binnen 4 Wochen zu einem Kaufpreis gemäß § 7 Abs 2 1. Satz des Syndikatsvertrages zu erwerben.
(4) Im Fall des Erwerbs von 'Aktien' durch ein 'geeignetes Unternehmen', das dem Syndikat beitritt, hat dieses vor dem Erwerb der 'Aktien' dem Syndikat, vertreten durch den 'Koordinator', eine schriftliche Bestätigung im Sinne des § 11 Abs 1 dieses Syndikatsvertrages zu übermitteln."
Weitere Bestimmungen des Syndikatsvertrages enthalten befristete Veräußerungsverbote und Vorkaufs- bzw. Aufgriffsrechte sowie Nebenbestimmungen.
Mit Beschluss des Vorstandes der AUA vom machte der Vorstand von der der Ermächtigung der Hauptversammlung (genehmigtes Kapital) vom Gebrauch und erhöhte das Grundkapital der Gesellschaft um ATS 800.000.000,-- auf ATS 3.400.000.000,--. In der Folge wurde das Grundkapital mit dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz angepasst.
Am ergänzten die Syndikatspartner den Syndikatsvertrag. Nach der Durchführung der Kapitalerhöhung wurden folgende Beteiligungsverhältnisse festgehalten:
Anteil in S Anteil in %
ÖIAG 1.350.469.000,- rd. 39,72 %
Austria Tabak 60.000.000,- rd. 1,76 %
BAWAG 87.692.300,- rd. 2,58 %
CA 81.818.000,- rd. 2,41 %
Raiffeisen 91.615.400,- rd. 2,70 %
Wiener Städtische 39.230.800,- rd. 1,15 %
Bank Austria 258.182.000,- rd. 7,59 %
Summe 1.969.007.500,- rd. 57,91 %
Ferner wurde § 4 des Syndikatsvertrages in der Weise geändert, dass die ÖIAG nunmehr Anspruch darauf hat, für die Wahl in den Aufsichtsrat der AUA sechs Mitglieder (von 12 Kapitalvertretern) zu nominieren.
2.4. Da der Bund kraft seiner Beteiligung an der ÖIAG bis zur Kapitalerhöhung an rund 51,9 % des Grundkapitals der AUA beteiligt war, gibt es keinen Zweifel, dass die AUA jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt der Überprüfung ihrer Gebarung durch den RH unterlag, was auch von der AUA nicht bestritten wurde. Hingegen leitet die AUA aus der Minderung der Beteiligung der ÖIAG auf rund 39,72 % in Folge der Kapitalerhöhung, an der die ÖIAG nicht teilnahm, ab, dass ihre Gebarung nun nicht mehr der Überprüfung durch den RH unterliegt. Mit diesem Vorbringen ist sie nicht im Recht:
Gemäß Art 126b Abs 2 2. Satz B-VG ist der finanziellen Beteiligung von mindestens 50 v.H. die "Beherrschung von Unternehmen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten".
Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass unter Beherrschung die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme auf ein Unternehmen zu verstehen sei. Die rechtlichen Verflechtungsmaßnahmen müssen, um von einer Beherrschung sprechen zu können, "einen Einfluss auf das Unternehmen vermitteln, wie er einer mindestens 50%igen Beteiligung am Stamm-, Grund- oder Eigenkapital annähernd entspricht (vgl. VfSlg. 10.371/1985, 10.609/1985, 13.346/1993)".
Der Syndikatsvertrag sichert der ÖIAG eine derartige Einflussnahme zu. Allein § 3 des Syndikatsvertrages gibt der ÖIAG die Möglichkeit, das Stimmverhalten in der Hauptversammlung für alle Syndikatspartner verbindlich zu bestimmen. Andere Bestimmungen des Syndikatsvertrages verstärken diese Möglichkeit der Einflussnahme, etwa indem die ÖIAG die Hälfte der Kapitalvertreter im Aufsichtsrat nominieren kann, auch nachdem ihre Beteiligung auf rund 39,72 % gefallen ist.
Für die Beherrschung spricht auch der Hinweis im Syndikatsvertrag auf die Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates. Deren Artikel 4 verlangt, dass ein Mitgliedstaat einem Luftfahrtunternehmen eine Betriebsgenehmigung nur dann erteilen darf, wenn das Unternehmen zu jeder Zeit vom Mitgliedstaat und/oder dessen Staatsangehörigen kontrolliert wird. Das Syndikat, dessen Syndikatsführer die ÖIAG ist und die auch das Stimmverhalten in der Hauptversammlung kontrolliert, soll eine derartige Kontrolle in der AUA ausüben. Selbst wenn es zuträfe, dass der Syndikatsvertrag nur geschlossen wurde, um dieser Verordnung zu entsprechen, würde dies nicht dazu führen, dass die Beherrschung, die sogar - wie die Schiedsklausel in § 15 des Syndikatsvertrages zeigt - rechtlich durchsetzbar sein sollte, bloß als unverbindliche Formalität zu verstehen wäre.
2.5. Der Rechnungshof ist daher zur Gebarungsüberprüfung der AUA zuständig und befugt, in alle die Gebarungsüberprüfung betreffenden Unterlagen Einsicht zu nehmen. Da er aber nur die Feststellung seiner Befugnis und der damit verbundenen Einsichtsrechte hinsichtlich der die Bezugs- und Ruhebezugsauszahlungen betreffenden Gebarungsakte begehrte, hatte sich der Verfassungsgerichtshof auf die diese betreffenden Feststellungen und den dazu korrespondierenden Ausspruch der Duldungspflicht (§36d VfGG) zu beschränken.
Soweit sich der Antrag auf die Einschau zum Zweck der Berichterstattung nach § 8 BezBegrBVG bezieht, war er aus jenen Gründen abzuweisen, die bereits in früheren Erkenntnissen im Detail dargelegt wurden ( und KR4/00; sowie ).
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 36f Abs 2 VfGG. Zur näheren Begründung wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , KR1/00 verwiesen.
In den lediglich im Ausmaß der Pauschalkosten zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 327,-- enthalten.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.