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VfGH vom 11.12.2018, KR1/2018 ua

VfGH vom 11.12.2018, KR1/2018 ua

Leitsatz

Stattgabe und Abweisung der Anträge des Rechnungshofs zur Überprüfung der Gebarung der Flughafen Wien AG und der Vienna Airport Technik GmbH durch Einsicht in sämtliche Unterlagen; Zuständigkeit des Rechnungshofes vom bis zum wegen der tatsächlichen Beherrschung – dominierende Einflussnahme auf die Besetzung des Aufsichtsrats – durch die Stadt Wien und das Land Niederösterreich mit jeweils 20%-Anteilen am Grundkapital bei vereinbarter Stimmbindungsabrede und 50%igem Streubesitz der Aktien in diesem Zeitraum; keine tatsächliche Beherrschung entsprechend einem 50%-Einfluss am Grundkapital durch Gebietskörperschaften vom bis zum bei geänderter Aktionärsstruktur

Spruch

I.Den Anträgen auf Feststellung, dass der Rechnungshof zur Überprüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der Vienna Airport Technik GmbH bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur befugt ist, in sämtliche Unterlagen dieser Gesellschaften Einsicht zu nehmen, wird insoweit stattgegeben, als diese Unterlagen die Gebarung im Zeitraum vom bis betreffen.

Die darüber hinausgehenden Anträge betreffend den Zeitraum vom bis werden abgewiesen.

II.Die Flughafen Wien Aktiengesellschaft und die Vienna Airport Technik GmbH sind schuldig, diese Einsichtnahme bei sonstiger Exekution zu ermöglichen.

III.Der Bund (Rechnungshof) ist schuldig, der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der Vienna Airport Technik GmbH zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit insgesamt € 2.877,60 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Sachverhalt, Anträge und Vorverfahren

1.Der Rechnungshof stellte am gemäß Art 126a B-VG den (beim Verfassungsgerichtshof zu KR1/2018 protokollierten) Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge

"1. feststellen, dass der Rechnungshof befugt ist, zum Zwecke der Gebarungsüberprüfung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur in sämtliche Unterlagen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft, soweit diese Gegenstand von gebarungsrelevanten Handlungen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft sind und soweit dies zur Überprüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur notwendig ist, betreffend den Zeitraum von bis zur Prüfungsverweigerung, das ist der , Einsicht zu nehmen, und

2. aussprechen, dass die Flughafen Wien Aktiengesellschaft schuldig ist, diese Einsicht bei sonstiger Exekution zu ermöglichen."

2.Darüber hinaus stellte der Rechnungshof am einen weiteren (beim Verfassungsgerichtshof zu KR2/2018 protokollierten) Antrag gemäß Art 126a B-VG, der Verfassungsgerichtshof möge

"1. feststellen, dass der Rechnungshof befugt ist, zum Zwecke der Gebarungs-überprüfung der […] Vienna Airport Technik GmbH bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur in sämtliche Unterlagen der Vienna Airport Technik GmbH, soweit diese Gegenstand von gebarungsrelevanten Handlungen der Vienna Airport Technik GmbH sind und soweit dies zur Überprüfung der Geba-rung der Vienna Airport Technik GmbH hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur notwendig ist, betreffend den Zeitraum von bis zur Prüfungsverweigerung, das ist der , Einsicht zu nehmen, und

2. aussprechen, dass die Vienna Airport Technik GmbH schuldig ist, diese Einsicht bei sonstiger Exekution zu ermöglichen."

3.Den Anträgen des Rechnungshofes liegt folgender – außer Streit stehender – Sachverhalt zugrunde:

Am informierte der Rechnungshof die Flughafen Wien Aktiengesellschaft sowie die Vienna Airport Technik GmbH über die beabsichtigte Überprüfung der Gebarung hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur.

Am teilte die Flughafen Wien Aktiengesellschaft sowie die Vienna Airport Technik GmbH den Prüfern des Rechnungshofes in den Räumlichkeiten der Flughafen Wien Aktiengesellschaft mit, dass die Flughafen Wien Aktiengesellschaft wie auch die Vienna Airport Technik GmbH die angekündigte Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof verweigerten.

4.Der Rechnungshof stellte daraufhin am die vorliegenden Anträge. Den beim Verfassungsgerichtshof zu KR1/2018 protokollierten Antrag (in Bezug auf die Flughafen Wien Aktiengesellschaft) begründet der Rechnungshof wie folgt (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original):

"[…]

I. Sachverhalt

A. Bestreiten der Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung durch die Flughafen Wien AG

Mit Schreiben vom , GZ 004.474/015-4B1/18, […] informierte der Rechnungshof die Flughafen Wien AG (und deren 100 %–Tochter Vienna Airport Technik GmbH) über die beabsichtigte Überprüfung der Gebarung der Flughafen Wien AG (und der Vienna Airport Technik GmbH) hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur.

In einem Gespräch am in den Räumlichkeiten der Flughafen Wien AG […] teilten die Vorstandsdirektoren der Flughafen Wien AG den Beauftragten des Rechnungshofes mit, dass sie die Durchführung der mit Schreiben vom angekündigten Gebarungsüberprüfung des Rechnungshofes in der Flughafen Wien AG verweigern. Sie wiesen auf die Beteiligung der Airports Group Europe S.à r.l. an der Flughafen Wien AG in Höhe von 39,8 %, eine aufgrund der nunmehrigen Eigentümerstruktur fehlende faktische Beherrschung der Flughafen Wien AG durch die öffentliche Hand sowie auf die schon bisher vorliegenden Rechtsgutachten zur Frage der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes hinsichtlich der Gebarung der Flughafen Wien AG, denen zufolge auch eine freiwillige Tolerierung einer Prüfung durch den Rechnungshof aus rechtlichen Gründen nicht zulässig sei, hin. Die in diesen Rechtsgutachten geäußerten Rechtsauffassungen würden nach Äußerung der Vorstände der Flughafen Wien AG weiterhin von der Flughafen Wien AG geteilt.

Auch unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten sah sich der Rechnungshof gestützt auf die Zuständigkeit gemäß Art 127 Abs 3 zweiter Satz i.V.m. Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG

– aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Aufgabe, die gesamte Staatswirtschaft zu prüfen,

– aufgrund der ausdrücklichen Intention des Verfassungsgesetzgebers der Novelle BGBI. I Nr 106/2009 der sicherstellen wollte, dass trotz einer Beteiligung der Gebietskörperschaften von unter 50 % jedenfalls dann eine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes besteht, wenn im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten bei der betreffenden Unternehmung ein tatsächlicher Einfluss dieser Gebietskörperschaften möglich ist und auch ausgeübt werden kann (wie z.B. bei der Flughafen Wien AG),

– aufgrund der Gebarungsrelevanz der Flughafen Wien AG und

– aufgrund aktueller Anhaltspunkte im Hinblick auf finanziell bedeutsame Vorgänge im Gebarungsbereich der Flughafen Wien AG und des sich daraus ergebenden Risikopotenzials für die öffentlichen Anteilseigner

veranlasst, seine Prüfungsverantwortung wahrzunehmen.

B. Beteiligungen an der Flughafen Wien AG

B.1 Beteiligungsverhältnisse

(1) Die Flughafen Wien Betriebs-G.m.b.H., deren Gesellschafter die Republik Österreich (50 %) sowie das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien (je 25 %) waren, wurde 1992 teilprivatisiert und in die 'Flughafen Wien AG' umgewandelt. Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt heute 152.670.000 EUR und ist zerlegt in 21.000.000 Stück auf Inhaber lautende Stammaktien (§§4 und 5 der Satzung mit Stand vom […]).

(2) Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der B-VG-Novelle 2009 stellten sich die Beteiligungsverhältnisse an der Flughafen Wien AG wie folgt dar:

Die Stadt Wien hielt durch die Wien Holding GmbH 20 % des Grundkapitals.

Das Land Niederösterreich hielt 20 % des Grundkapitals mittelbar durch beherrschte Unternehmen i.S.d. Art 127 Abs 3 B-VG (und zwar durch die NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH, deren Anteile ausschließlich die NÖ Holding GmbH hielt, an der ihrerseits das Land Niederösterreich mit 100 % beteiligt war, und durch die NÖ Landesbeteiligungs-Verwaltungsgesellschaft mbH., an der ausschließlich das Land Niederösterreich beteiligt war).

Die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligungs-Privatstiftung hielt 10 % des Grundkapitals. 50% des Grundkapitals befanden sich in Streubesitz.

(3) Durch ein öffentliches Übernahmeangebot, das am angenommen wurde […], erwarb die Airports Group Europe S.à r.l. Anteile an der Flughafen Wien AG, die sich vormals im Streubesitz befunden hatten, sodass die Airports Group Europe S.à r.l. zunächst über 29,9 % der Aktien der Flughafen Wien AG verfügte.

(4) Durch ein weiteres Übernahmeangebot, angenommen am […], erwarb die Airports Group Europe S.à r.l. weitere 8,26 % der Anteile, sodass sie zu diesem Zeitpunkt über 38,16 % der Anteile der Flughafen Wien AG verfügte.

Auf der Homepage der Flughafen Wien AG wird unter

http://www.viennaairport.com/unternehmen/investor_relations/flughafen_wien_ag_aktie/aktionaersstruktur (abgerufen am ) folgende Entwicklung der Aktionärsstruktur dargestellt:

Dabei wird weiters angegeben:

'Seit 2016 keine Schwellenänderungen

Anteil IFM: Stand '

(5) Durch den Erwerb von weiteren Anteilen, die sich vormals im Streubesitz befunden hatten, steigerte die Airports Group Europe S.à r.l. die Anzahl ihrer Anteile, sodass sie nunmehr 39,8% (laut Geschäftsbericht der Flughafen Wien AG sowie ihrer Homepage mit der Internet-Adresse http://www.viennaairport.com/unternehmen/flughafen_wien_ag/facts_figures_fwag_gruppe (abgerufen am )) der Anteile der Flughafen Wien AG hält. Laut den dem Rechnungshof von der Flughafen Wien AG übermittelten Gutachten […] werden 39,9 % der Anteile der Flughafen Wien AG von Airports Group Europe S.à r.l. gehalten. Der genaue Zeitpunkt der Steigerung der Anteile der Airports Group Europe S.à r.l. von 38,16 % auf 39,8 % ist für den Rechnungshof nicht feststellbar. Ein diesbezügliches Übernahmeangebot bzw die Annahme desselben ist nicht kundgemacht worden. Der Geschäftsbericht der Flughafen Wien AG, Geschäftsbericht 2016, datiert mit März 2017, führt die genannten Beteiligungsverhältnisse als 'Aktionärsstruktur per ' an […].

Die Aktionärsstruktur stellt sich daher seit spätestens wie folgt dar:

Land Niederösterreich: 20,0 %

Stadt Wien: 20,0 %

Mitarbeiterbeteiligungs-Privatstiftung: 10,0 %

Airports Group Europe S.à r.I.: 39,8 %

Streubesitz: 10,2 %

B.2 Land Niederösterreich und Stadt Wien

B.2.1 Inhalt des Syndikatsvertrags

Zwischen der Stadt Wien, dem Land Niederösterreich und der Republik Österreich wurde im Jahr 1992 ein Syndikatsvertrag abgeschlossen […].

Dieser wurde im Hinblick auf eine Änderung der Anteilsverhältnisse und dem Anteilsübergang von der Republik Österreich an die ÖIAG durch Unterzeichnung einer mit datierten, neuen Vertragsurkunde […] durch die Stadt Wien, das Land Niederösterreich und die ÖIAG in einzelnen Punkten modifiziert, die für die Beurteilung des beherrschenden Einflusses der Mehrheitseigentümer ausschlaggebenden Punkte des Syndikatsvertrags (Organisation des Syndikats, Übernahm[e]rechte, Bestellung von Organen der Gesellschaft) blieben im Wesentlichen unverändert.

Die ÖIAG ist zufolge der Veräußerung ihrer Anteile an der Flughafen Wien AG im November 2000 nicht mehr am Syndikat beteiligt. Der Syndikatsvertrag in der Fassung vom gilt jedoch – inhaltlich unverändert – weiterhin im Verhältnis zwischen der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich. Nach derzeitigem Informationsstand des Rechnungshofes wurden bislang im Syndikatsvertrag vom keine Änderungen vorgenommen.

Der Syndikatsvertrag ist nach seinem Inhalt auf die Beherrschung der Flughafen Wien AG gerichtet.

In seiner Präambel wird Folgendes festgehalten:

'Die Flughafen Wien AG ist ein Unternehmen mit einem besonderen öffentlichen Auftrag. Hiedurch ist sie unmittelbar und mittelbar verpflichtet, für die allgemeine Daseinsvorsorge und die Gewährleistung der verkehrsmäßigen Infrastruktur öffentliche Aufgaben wahrzunehmen.' […]

Gemäß § 1 Punkt 1. des Vertrags ist Gegenstand des Syndikats:

'a) die Regelung der einheitlichen Ausübung der Verwaltungs- und Herrschaftsrechte der Syndikatspartner an den Aktien der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (...),

b) die Begründung von wechselseitigen Übernahm[e]rechten an Aktien der Gesellschaft zum Zwecke der Erhaltung des syndizierten Aktienbesitzes und

c) die Einräumung und Begründung wechselseitiger Rechte und Pflichten der Syndikatspartner

zum Zwecke der Sicherung des überwiegend österreichischen Eigentumsrechtes an der und der tatsächlichen österreichischen Verfügungsgewalt über die Gesellschaft.' […]

Organe des Syndikats sind gemäß § 2 Punkte 1. und 2. der Syndikatsleiter und die Syndikatsversammlung, wobei der jeweilige Vorsitzende des Aufsichtsrats der Gesellschaft Syndikatsleiter ist.

Gemäß § 2 Punkt 6. gehen die Syndikatspartner in den Hauptversammlungen gemeinsam vor und üben ihr Stimmrecht einheitlich aus. In allen Angelegenheiten, die in einer Hauptversammlung der Gesellschaft zu entscheiden sind, haben die Syndikatspartner sich vorher zu einigen.

§3 Punkt 1. des Vertrags sieht wechselseitige Übernahm[e]rechte der Syndikatspartner im Falle der Übertragung von Anteilen an Übernehmer außerhalb des Syndikats vor.

§4 sieht in Punkt 1. unter 'Organe der Gesellschaft' Folgendes vor:

'Die Syndikatspartner haben Anspruch auf eine sowohl ihrer Aktionärsbeteiligung als auch ihrer Syndikatsbeteiligung entsprechende Vertretung im Aufsichtsrat. Sie werden daher in der Hauptversammlung der Gesellschaft derart ihre Stimme abgeben, dass die von den Syndikatspartnern nominierten Kandidaten in einer Anzahl zu Mitgliedern des Aufsichtsrates der Gesellschaft bestellt werden, die dem Verhältnis der Beteiligung der Syndikatspartner zueinander und zum Grundkapital der Gesellschaft entspricht.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates soll jeweils für eine Funktionsperiode gewählt werden; das Vorschlagsrecht für diese Wahl steht der Reihe nach der Stadt Wien, der Österreichischen Industrieholding AG (Anm: derzeit nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt) und dem Bundesland Niederösterreich zu. Jeder Gesellschafter wird auf die über seinen Vorschlag gewählten Aufsichtsrats-Mitglieder dahin einwirken, dass sie bei der Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrates für die vom jeweils vorschlagsberechtigten Gesellschafter benannte Person stimmen.

Dies gilt sinngemäß auch für die Wahl des 1. Vorsitzenden-Stellvertreters des Aufsichtsrates, wobei der Reihe nach das Vorschlagsrecht der Österreichischen Industrieholding AG (Anm: derzeit nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt), dem Bundesland Niederösterreich und der Stadt Wien zusteht.

Dieselbe sinngemäße Anwendung gilt auch für die Wahl des 2. Vorsitzenden-Stellvertreters des Aufsichtsrates, wobei der Reihe nach das Vorschlagsrecht dem Bundesland Niederösterreich, der Stadt Wien und der Österreichischen Industrieholding AG (Anm: derzeit nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt) zusteht.'

In § 4 Punkt 2. wird Folgendes festgelegt:

'Die Syndikatspartner werden hinsichtlich der Vorstandsbestellung auf die über ihren Vorschlag gewählten Aufsichtsrats-Mitglieder dahin einwirken, dass folgende Vorgangsweise eingehalten wird:

a) Hat die Gesellschaft zwei Vorstandsmitglieder, so sind diese gleichrangig und steht das Vorschlagsrecht den Syndikatspartnern Bundesland Niederösterreich und Stadt Wien für je ein Vorstandsmitglied zu.

b) Hat die Gesellschaft drei Vorstandsmitglieder, steht das Vorschlagsrecht den Syndikatspartnern Bundesland Niederösterreich und Stadt Wien für je ein Vorstandsmitglied zu.

c) Die obige Regelung gilt auch für den Fall, dass stellvertretende Vorstandsmitglieder (mit oder ohne Recht der Nachfolge als ordentliches Vorstandsmitglied) bestellt werden sollen.

Die Syndikatspartner werden auf die über ihren Vorschlag gewählten Aufsichtsrats-Mitglieder dahin einwirken, dass die vorgeschlagenen Personen zu Vorständen der Gesellschaft bestellt werden; dies gilt sinngemäß für die wiederholte Bestellung und die Abberufung der Vorstandsmitglieder.'

Gemäß § 6 Punkt 2. hat jeder Vertragspartner dafür Sorge zu tragen, dass das Syndikatsband auf Rechtsnachfolger im Besitz syndizierter Aktien übertragen wird.

Die zitierten Bestimmungen des Syndikatsvertrags waren in allen wesentlichen Punkten bereits in seiner Ursprungsfassung 1992 enthalten; lediglich hinsichtlich der Vorstandsbestellung (§4 Punkt 2. des Vertrags) kam es durch die Neufassung im Jahr 1999 zu Modifikationen (hinsichtlich der Möglichkeit der Bestellung eines aus drei Personen bestehenden Vorstands).

B.2.2 Wirkungen des Syndikatsvertrags

(1) Durch den Syndikatsvertrag wird eine weitreichende Abstimmung der Syndikatspartner bei der Verwaltung der jeweiligen Anteile erreicht. Die Organe der Flughafen Wien AG wurden seit dem Jahr 1992 ununterbrochen und ausnahmslos gemäß den Vorschlägen der nach dem Syndikatsvertrag vorschlagsberechtigten Gebietskörperschaften (Stadt Wien und Land Niederösterreich, früher auch Bund bzw ÖIAG) bestellt.

(1.1) Mit einstimmigem Beschluss des Aufsichtsrats vom wurden **** ************ und **** *** ************* für weitere fünf Jahre bis zu Mitgliedern des Vorstands wiederbestellt. Da die Airports Group Europe S.à r.l. 2015 nicht im Aufsichtsrat vertreten war, hat sie hinsichtlich des zu überprüfenden Zeitraums ( bis ) somit keinen Einfluss auf die Bestellung des Vorstands ausgeübt. Vielmehr erfolgte die Vertretung der Flughafen Wien AG im zu überprüfenden Zeitraum weiterhin durch Personen, die von dem entsprechend den Bestimmungen des Syndikatsvertrags zusammengesetzten Aufsichtsrat bestellt worden waren.

(1.2) Zuletzt wurden im zu überprüfenden Zeitraum, nämlich in der Hauptversammlung am , zwei Vertreter des IFM (der hinter der Airports Group Europe S.à r.l. steht, s. unten Punkt B.4) in den Aufsichtsrat gewählt, wobei die Wahlvorschläge vom Aufsichtsrat stammten, der mehrheitlich aus Vertretern Niederösterreichs und Wiens zusammengesetzt war. Die Airports Group Europe S.à r.l. hätte eine Besetzung des Aufsichtsrats mit ihren Vertretern nicht durchsetzen können, weil sie nur mit 39,8 % an der Gesellschaft beteiligt ist, Beschlüsse der Hauptversammlung bezüglich der Wahl des Aufsichtsrats jedoch der einfachen Mehrheit bedürfen (§87 Abs 1, § 121 Abs 2 AktG;§ 7, 13 der Satzung der Flughafen Wien AG[…]).

(1.3) Der Aufsichtsrat der Flughafen Wien AG besteht aus zehn Kapitalvertretern und fünf vom Betriebsrat entsandten Mitgliedern. Nach der Wahl in der Hauptversammlung am setzen sich die Kapitalvertreter aus zwei Vertretern des Bundeslandes Niederösterreich, drei Vertretern der Stadt Wien, zwei Vertretern des IFM, einem Vertreter der Mitarbeiterbeteiligungs-Privatstiftung und zwei Vertretern des Streubesitzes zusammen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist ein Vertreter der Stadt Wien, dessen erste Stellvertreterin ist eine Vertreterin des Bundeslandes Niederösterreich […]. Gemäß § 100 Abs 3 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl Nr 22/1974 i.d.g.F., bedarf ein Beschluss des Aufsichtsrats über die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstands zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Mehrheit der Kapitalvertreter. Gemäß § 9 Punkt 4. der Satzung der Flughafen Wien AG entscheidet – auch bei Wahlen – bei Stimmengleichheit die Stimme des Leiters der Sitzung. Leiter der Sitzung ist gemäß § 9 Punkt 4. der Satzung der Vorsitzende des Aufsichtsrats.

Da somit für die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern die Stimmen von sechs der zehn Kapitalvertreter erforderlich sind, das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien gemeinsam mit fünf Kapitalvertretern im Aufsichtsrat vertreten und durch den Syndikatsvertrag (§4 Abs 2 letzter Satz) hinsichtlich der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder zu einvernehmlichem Vorgehen verpflichtet sind, können das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien die anderen Kapitalvertreter bei der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder blockieren.

Der Einfluss des Bundeslandes Niederösterreich und der Stadt Wien auf die Vorstandsbestellung geht jedoch noch über dieses Abblockungspotenzial hinaus: Da – auch bei Wahlen – bei Stimmengleichheit im Aufsichtsrat die Stimme des Leiters der Sitzung und damit des Aufsichtsratsvorsitzenden entscheidet und dieser ein Vertreter der Stadt Wien bzw dessen Stellvertreterin eine Vertreterin des Bundeslandes Niederösterreich ist, können die Gebietskörperschaften mit ihren fünf Stimmen im Aufsichtsrat bei der Wahl und Abberufung der Vorstandsmitglieder die anderen Aufsichtsratsmitglieder nicht nur blockieren, sondern ihren Willen hinsichtlich der zu bestellenden und abzuberufenden Vorstandsmitglieder durchsetzen.

(1.4) Es konnten somit nicht nur die in § 4 Abs 2 des Syndikatsvertrags zugesicherten Vorschlagsrechte der Syndikatspartner Wien und Niederösterreich, sondern auch die im Syndikatsvertrag geregelte Besetzung des Vorsitzenden und der Stellvertreter des Vorsitzenden des Aufsichtsrats von den Syndikatspartnern während des zu überprüfenden Zeitraums (weiterhin) effektiv wahrgenommen werden (ersichtlich auch aus dem Protokoll der Hauptversammlung vom […]).

(2) Darüber hinaus wird auch auf die Stellungnahme der Übernahmekommission vom , GZ 2016/1/4-11, zu einem Rückerwerb eigener Aktien durch die Flughafen Wien AG […] hingewiesen. In dieser auf Antrag der Wien Holding GmbH sowie der NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH vom ergangenen Stellungnahme wird in Punkt 1.3 festgehalten, dass die Aktionäre Stadt Wien (Wien Holding GmbH) und das Land Niederösterreich als Antragstellerinnen 'aufgrund der Syndizierung ihrer Beteiligungen an der Flughafen Wien AG als größte Aktionärsgruppe über eine kontrollierende Beteiligung im Sinne des § 22 Abs 2 ÜbG verfügen'. Diese Ausführungen sind – da sich an der Syndizierung der Beteiligungen Niederösterreichs und Wiens als größte Aktionärsgruppe bislang nichts geändert hat – auf den zu überprüfenden Zeitraum übertragbar.

B.3 Die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligungs-Privatstiftung

Die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligungs-Privatstiftung (in der Folge: Stiftung) wurde von den gemeinsam vertretungsbefugten Mitgliedern des Vorstands der Flughafen Wien AG in zeitlichem Zusammenhang mit dem Rückkauf eigener Aktien durch Stiftungserklärung vom errichtet und mit ATS 1 Mio. dotiert […].

Durch eine Nachstiftung brachte die Flughafen Wien AG die von ihr zurückgekauften eigenen Aktien (2.100.000 Stammaktien oder 10 % des Grundkapitals) in die Stiftung ein, wobei der Hauptversammlungsbeschluss über den Aktienrückkauf noch zu einem Zeitpunkt erfolgte, als noch insgesamt 52,142857 % der Aktien von der öffentlichen Hand gehalten wurden.

Der Stiftungszweck besteht gemäß Punkt 2. der Stiftungserklärung in der unverminderten Ausschüttung der Beteiligungserträge an die Begünstigten, das sind die Arbeitnehmer der Flughafen Wien AG.

Die Flughafen Wien AG hat sich als Stifterin in Punkt 11.3 das Recht vorbehalten, die Stiftungserklärung nachträglich abzuändern. Die Flughafen Wien AG hat bereits einmal, und zwar mit Notariatsakt vom […], eine nachträgliche Abänderung der Stiftungserklärung vorgenommen.

Eine Veräußerung der von der Stiftung gehaltenen Anteile an der Flughafen Wien AG ist im Hinblick auf den Stiftungszweck nur bei Vorliegen außerordentlicher Umstände zulässig. Punkt 8.4. der Stiftungserklärung lautet: 'Es ist der Wunsch der Stifterin, dass die Stiftung die Aktien der Flughafen Wien Aktiengesellschaft langfristig hält, für die Stiftung als Aktionärin der Flughafen Wien Aktiengesellschaft die zur Erfüllung des Stiftungszwecks bestmöglichen gesellschaftsrechtlichen und Kapitalmarktmaßnahmen trifft. Der Vorstand soll die Aktien der Flughafen Wien Aktiengesellschaft nicht veräußern, außer zwingende rechtliche oder wirtschaftliche Gründe veranlassen ihn bei pflichtgemäßem Handeln nach den Zielsetzungen der Stifterin, mit Zustimmung des Beirates diese Aktien entgeltlich zu übertragen.'

Der erste Vorstand der Stiftung wurde von der Flughafen Wien AG unmittelbar durch die Stiftungserklärung (Punkt 6.4.) bestellt. Diese sieht in Punkt 9. als weiteres Organ einen Beirat mit einem Vorsitzenden und vier Mitgliedern vor; die vier (ersten) Mitglieder dieses Beirats wurden von der Flughafen Wien AG unmittelbar durch die Stiftungserklärung bestellt. Der Vorsitzende wird von den vier Mitgliedern einstimmig gewählt. Unter den Mitgliedern des Beirats müssen zwei kapitalvertretende Aufsichtsratsmitglieder der Flughafen Wien AG und zwei Dienstnehmervertreter sein. Die Organe sind auf Dauer bestellt und scheiden nur in den in der Stiftungserklärung vorgesehenen Fällen, unter anderem bei Verlust der vorgeschriebenen Funktion (z.B. als Aufsichtsratsmitglied der Flughafen Wien AG), aus.

Die Stiftung stimmte in den Hauptversammlungen bisher fast ausnahmslos mit der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich ([…] die einzige Ausnahme im zu überprüfenden Zeitraum betraf die Beschlussfassung der Hauptversammlung vom über den Erwerb eigener Aktien (Tagesordnungspunkt 8)).

Die Flughafen Wien AG nimmt laufend Nachstiftungen vor, um die Auslagen der Stiftung (Vergütung für Vorstand, Kapitalertragsteuer) abzudecken. Dies wird etwa auch auf Seite 167 des Konzernanhangs zum Geschäftsbericht 2017 der Flughafen Wien AG festgehalten: 'Die Flughafen Wien AG hat die Kosten der Flughafen Wien Mitarbeiter-Beteiligung-Privatstiftung, im Wesentlichen die Abdeckung der Körperschaftsteuer sowie Verwaltungskosten, in Form von Nachstiftungen zu tragen.' […]

Zusammenfassend besteht in wesentlichen Bereichen eine Abhängigkeit der Stiftung von der Flughafen Wien AG. Diese bezieht sich nicht nur auf die Höhe der Gewinnausschüttung, sondern auch auf die laufenden Nachstiftungen zur Abdeckung der Auslagen und die Möglichkeit der nachträglichen Abänderung der Stiftungserklärung. Überdies ist eine Anteilsveräußerung nur unter außerordentlichen Umständen zulässig. Diese wirtschaftliche Abhängigkeit der Stiftung von der Flughafen Wien AG liegt in der Abhängigkeit des Stiftungszwecks (Weitergabe der Beteiligungserträge aus der Beteiligung an der Flughafen Wien AG an die Arbeitnehmer der Flughafen Wien AG) vom Bestehen der Flughafen Wien AG begründet. Mit der Abhängigkeit der Stiftung von der Gesellschaft besteht auch deren Abhängigkeit vom Bundesland Niederösterreich und der Stadt Wien, welche die Mehrheit der Anteile der Gesellschaft halten. Diese Abhängigkeit manifestiert sich im tatsächlichen Stimmverhalten der Stiftung in den Hauptversammlungen.

B.4 Die Airports Group Europe S.à r.I.

Die Airports Group Europe S.à r.l. weist folgende Gesellschaftskonstruktion auf (Quelle: Darstellung der 'Angaben zur Bieterin' auf Seite 7/28 des freiwilligen öffentlichen Angebots der Airports Group Europe S.à r.l. vom gemäß § 4 ff. Übernahmegesetz):

Die Airports Group Europe S.à r.l. ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem Recht des Großherzogtums Luxemburg mit Sitz in Luxemburg. Ihr Grundkapital beträgt 45.002 EUR.

Alleingesellschafterin der Airports Group Europe S.à r.l. ist Global InfraCo S.à r.l., eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem Recht des Großherzogtums Luxemburg mit Sitz in Luxemburg. Das Grundkapital von Global InfraCo S.à r.l. beträgt 66.631,02 EUR.

Rechtliche Alleingesellschafterin der Global InfraCo S.à r.l. ist Codan Trust Company (Cayman) Limited, eine Gesellschaft nach dem Recht der Cayman Islands mit Sitz auf den Cayman Islands.

Die Codan Trust Company (Cayman) Limited hält alle Anteile an der Global InfraCo S.à r.l. treuhändig zugunsten der Investoren des IFM Global lnfrastructure Funds.

Der IFM Global Infrastructure Funds ist ein multi-series unit trust nach dem Treuhandgesetz der Cayman Islands mit Sitz auf den Cayman Islands. Ein Großteil der Investoren des IFM Global Infrastructure Funds sind (nach Angaben der Airports Group Europe S.à r.I.) institutionelle Pensionsfonds. Der IFM Global Infrastructure Funds besitzt keine Rechtspersönlichkeit und ist daher nicht in der Lage, Vereinbarungen abzuschließen oder Verpflichtungen einzugehen bzw Beteiligungen oder Vermögenswerte zu halten.

Die Codan Trust Company (Cayman) Limited ist Teil der Codan Trust Gruppe, die von der Internationalen Anwaltskanzlei Conyers Dill & Pearman gegründet wurde und nicht nur für den IFM Global Infrastructure Funds, sondern auch für eine Vielzahl von anderen Treugebern handelt. Diese Anwaltskanzlei berät als international bekannte Offshore-Firma zur Rechtslage der Bermudas, der Britischen Jungferninseln, der Cayman Islands und von Mauritius (Quelle: die unter https://www.conyersdill.com/ abgerufene Homepage (Stand ): 'Our internationally renowned offshore firm spans the globe, advising on the laws of Bermuda, the British Virgin Islands, the Cayman Islands and Mauritius', […])

In einem freiwilligen öffentlichen Angebot vom […] führt die Airports Group Europe S.à r.l. aus […]:

'Die Aktionäre NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH (Land Niederösterreich) und Wien Holding GmbH (Stadt Wien) haben ihre Aktien syndiziert. Daher ist die Bieterin und jeder andere Rechtsträger von der Abgabe eines Pflichtangebotes gemäß § 22 ff ÜbG entbunden, solange dieser nicht über mehr Stimmrechte als die Syndikatspartner verfügt (§24 ÜbG), dies auch dann, wenn die Kontrollschwelle von 30,0 % überschritten wird. Daher ist die Bieterin berechtigt, dieses Angebot als freiwilliges öffentliches Angebot gemäß § 4 ff ÜbG abzugeben.'

Zu den Gründen, aus denen die Airports Group Europe S.à r.l. die Zielgesellschaft als attraktives Investment sieht, führt sie darin unter anderem aus […]:

'Die Bieterin ist mit der Entwicklung der Zielgesellschaft und ihrem Management Team seit dem Erwerb ihrer nicht kontrollierenden Beteiligung im Jahre 2014 höchst zufrieden'. Dabei sei sich die Bieterin 'der Tragweite einer potenziellen Folgeinvestition in ein so bedeutendes österreichisches Infrastrukturunternehmen voll und ganz bewußt. IFM Investors, als 'Principal Advisor' von IFM GIF, investiert in systemrelevante Infrastrukturprojekte weltweit und tritt dabei – je nachdem – als verantwortungsbewusster Eigentümer, Manager und/oder Berater in Bezug auf diese Vermögenswerte sowie als nachweislich langfristiger Investor auf.'

Zur künftigen Unternehmenspolitik führt die Airports Group Europe S.à r.l. darin aus […]:

'IFM GIF verfolgt eine langfristige Investitionspolitik und unterstützt dabei die nachhaltige Entwicklung der Investitionsunternehmen. IFM GIF verfügt sowohl über die erforderlichen finanziellen Mittel, als auch, über IFM Investors als ihren 'Principal Advisor', über das Industrie Know-how, um die Zielgesellschaft (über die Bieterin) bei der Umsetzung ihrer langfristigen Ziele zu unterstützen und mit der Zielgesellschaft zum gemeinsamen Vorteil aller Gesellschafter zusammen zu arbeiten. Die Bieterin beabsichtigt derzeit, keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft oder die zukünftige Strategie der Zielgesellschaft auszuüben. IFM GIF und IFM Investors sind weiterhin bereit, der Zielgesellschaft (über die Bieterin) ihr Know-how im Flughafensektor zur Verfügung zu stellen, soweit dies vom Management und den kontrollierenden Gesellschaftern gewünscht wird.' […]

C. Hauptversammlung des Jahres 2017

Die Hauptversammlung im zu überprüfenden Zeitraum fand am statt. Der Anteil des zu diesem Termin durch die abgegebenen gültigen Stimmen vertretenen Grundkapitals betrug (außer bei Tagesordnungspunkt 6: 92,29 %) 92,31 %.

Die in der Hauptversammlung zur Abstimmung gebrachten Tagesordnungspunkte beruhten jeweils auf Beschlussvorschlägen des Aufsichtsrats und des Vorstands der Flughafen Wien AG, die unter Anwendung der Bestimmungen des Syndikatsvertrags zwischen dem Bundesland Niederösterreich und der Stadt Wien zusammengesetzt sind. Die Airports Group Europe S.à r.l. hat in den Hauptversammlungen bislang keine auf § 109 AktG gestützten schriftlichen Verlangen gestellt, Punkte auf die Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung zu setzen und bekannt zu machen.

Wie in den Jahren zuvor wurden auch in der Hauptversammlung des Jahres 2017 die Tagesordnungspunkte mit einer äußerst geringen Anzahl an Gegenstimmen bzw Enthaltungen angenommen […].

Auch seit dem Erwerb von Aktien der Flughafen Wien AG durch die Airports Group Europe S.à r.l. zeigt sich daher keine Änderung im – annähernd einstimmigen – Abstimmungsverhalten der Aktionäre in den Hauptversammlungen über die von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagenen Tagesordnungspunkte.

II. Zum verfassungsgerichtlichen Verfahren KR1/2017

(1) Mit Schreiben vom richtete der Rechnungshof an den Verfassungsgerichtshof den auf Art 126a B-VG gestützten Antrag '1. fest(zu)stellen, dass der Rechnungshof befugt ist, zum Zwecke der Gebarungsüberprüfung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft hinsichtlich der Instandhaltung von Anlagen und Gebäudetechnik in sämtliche Unterlagen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft betreffend den Zeitraum bis zur Einbringung dieses Antrags Einsicht zu nehmen, und 2. aus(zu)sprechen, dass die Flughafen Wien Aktiengesellschaft schuldig ist, diese Einsicht bei sonstiger Exekution zu ermöglichen'.

Der Verfassungsgerichtshof wies diesen Antrag mit zu KR1/2017 protokolliertem Beschluss vom mit der Begründung zurück, dass angesichts der Umschreibung des Prüfungsgegenstands ('Instandhaltung von Anlagen und Gebäudetechnik'), die keine sachliche Eingrenzung des Prüfungsumfangs ermögliche, der Anlassfall im vorliegenden Fall auch durch den Prüfungszeitraum bestimmt werden müsse (Rz 14).

Der Rechnungshof weist zunächst darauf hin, dass sich der in seinem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Antrag vom umschriebene Prüfungsgegenstand ('Instandhaltung von Anlagen und Gebäudetechnik') mit jenem in seinem an die Flughafen Wien AG als zu prüfen beabsichtigte Stelle ergangenen Prüfungsauftrag vom deckte. Dem Rechnungshof ist vor Beginn einer Gebarungsüberprüfung eine exakte Konkretisierung des Prüfgegenstands in sachlicher Hinsicht in der überwiegenden Mehrzahl seiner Prüfungsprojekte, so auch in der dem Verfahren KR1/2017 zugrunde gelegenen beabsichtigte Gebarungsüberprüfung, nicht möglich, weil er in der Regel erst im Zuge der Durchführung einer Gebarungsüberprüfung während der Einschauhandlungen von den einzelnen, für die Gebarungsüberprüfung relevanten und daher konkret zu prüfenden Umständen Kenntnis erlangt.

Der Rechnungshof geht daher davon aus, dass der Verfassungsgerichtshof (auch in Rz 15 seiner Entscheidung vom , KR1/2017) eine nähere Konkretisierung des Antrags in sachlicher Hinsicht nicht verlangt, sondern dass der Antrag vielmehr für den Fall – wie den dem zu KR1/2017 protokollierten Verfahren zugrunde liegenden –, dass die Umschreibung des Prüfungsgegenstands eine sachliche Eingrenzung des Prüfungsumfangs nicht ermöglicht, einen bestimmten Prüfungszeitraum definieren muss.

(2) Die auf den Prüfungsauftrag des Rechnungshofes vom Bezug habende Mitteilung der Flughafen Wien AG vom , 'die angekündigte Prüfung des Rechnungshofes in der FWAG ablehnen (zu) müssen', wurde dem Rechnungshof am zugestellt, weshalb an diesem Tag die Meinungsverschiedenheit i.S.d. § 36a Abs 1 VfGG aufgetreten ist. Die in § 36a Abs 2 VfGG für die Zulässigkeit eines neuerlichen Antrags vorausgesetzte Jahresfrist ist somit verstrichen.

Der Rechnungshof übermittelte der Flughafen Wien AG daher mit Schreiben vom einen neuerlichen Prüfungsauftrag, und zwar betreffend 'Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur'. Die Flughafen Wien AG verweigerte in einem Gespräch zwischen deren Vorständen und den Beauftragten des Rechnungshofes in den Räumlichkeiten der Flughafen Wien AG am die Zulassung dieser Gebarungsüberprüfung ausdrücklich […].

III. Zur Zulässigkeit des Antrags

(1) Mit Schreiben vom , GZ 004.474/015-4B1/18 […], informierte der Rechnungshof die Flughafen Wien AG (und deren 100%-Tochter Vienna Airport Technik GmbH) über die beabsichtigte Durchführung einer Gebarungsüberprüfung an Ort und Stelle hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur.

In einem Gespräch in den Räumlichkeiten der Flughafen Wien AG am […] teilten die Vorstände der Flughafen Wien AG den Beauftragten des Rechnungshofes mit, dass sie die Durchführung der mit Schreiben vom angekündigten Prüfung des Rechnungshofes in der Flughafen Wien AG verweigern.

Damit bestreitet die Flughafen Wien AG die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung ausdrücklich. Somit liegt gemäß § 36a Abs 1 VfGG eine Meinungsverschiedenheit über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln, i.S.d. Art 126a B-VG vor.

(2) Das Gespräch, in dem die Vorstände der Flughafen Wien AG den Beauftragten des Rechnungshofes mitteilten, dass sie die mit Schreiben vom angekündigte Prüfung des Rechnungshofes in der Flughafen Wien AG ablehnen, fand am statt. Damit ist die Meinungsverschiedenheit am aufgetreten und ist die einjährige Antragsfrist des § 36a Abs 2 VfGG gewahrt.

(3) Ein Teil der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur wird von der Vienna Airport Technik GmbH durchgeführt. Diese steht zu 100 % im Eigentum der Flughafen Wien AG […]. Die Vienna Airport Technik GmbH hat die vom Rechnungshof mit Schreiben vom angekündigte Prüfung verweigert. Der Rechnungshof hat daher an den Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Entscheidung der Meinungsverschiedenheit mit der Vienna Airport Technik GmbH gestellt.

Auch die Flughafen Wien AG selbst setzt Handlungen im Zusammenhang mit der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur. Der Rechnungshof benötigt für seine beabsichtigte Gebarungsüberprüfung daher auch Einsicht in die Unterlagen der Flughafen Wien AG, welche deren Gebarung hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur betreffen. Daher beantragt er auch die Feststellung seiner Befugnis, zum Zwecke der Gebarungsüberprüfung der Flughafen Wien AG bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur in sämtliche diesbezügliche Unterlagen der Flughafen Wien AG Einsicht zu nehmen.

(4) Der Verfassungsgerichtshof hat im Beschluss vom , KR1/2017, unter Hinweis auf die Vorjudikatur festgehalten, dass der Umfang der Meinungsverschiedenheit durch die Konkretisierung eines sachlich (etwa durch die Bezugnahme auf ein konkret zu prüfendes Projekt) oder zeitlich abgetrennten Teils der Gebarung erfolgen muss (Rz 12). Dabei hat er für den der genannten Entscheidung zugrunde liegenden Fall festgehalten, dass die Umschreibung des Prüfungsgegenstands ('Instandhaltung von Anlagen und Gebäudetechnik') keine sachliche Eingrenzung des Prüfungsumfangs ermöglicht, weshalb der Anlassfall in diesem Fall durch den Prüfungszeitraum umschrieben werden hätte müssen (Rz 14).

Der der nunmehr beabsichtigten und von der Flughafen Wien AG verweigerten Gebarungsüberprüfung zugrunde liegende Prüfungsgegenstand richtet sich auf die Gebarung der Flughafen Wien AG insbesondere im Zusammenhang mit der 'Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur'. Eine nähere Konkretisierung des Prüfgegenstands in sachlicher Hinsicht ist dem Rechnungshof im vorliegenden Fall deshalb nicht möglich, weil er erst im Zuge der Durchführung der Gebarungsüberprüfung von den einzelnen, für die Gebarungsüberprüfung relevanten und daher konkret zu prüfenden Umständen (insb. konkreten Projekten im Bereich der Infrastruktur des Flughafens) Kenntnis erlangen kann.

In Entsprechung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , KR1/2017, Rz 12, 14, muss der Anlassfall in diesem Fall daher durch den Prüfungszeitraum bestimmt werden. Der Rechnungshof stellt den Antrag daher für den Zeitraum ab bis zur Prüfungsverweigerung, das ist der .

Im beantragten Prüfungszeitraum bestanden keine unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse an der Flughafen Wien AG, sondern waren an der Flughafen Wien AG während des gesamten beantragten Prüfungszeitraums das Land Niederösterreich mit 20,0 %, die Stadt Wien mit 20,0 %, die Mitarbeiterbeteiligungs-Privatstiftung mit 10,0 %, die Airports Group Europe S.à r.l. mit 39,8 % und der Streubesitz mit 10,2 % beteiligt.

(5) Eine Gebarungsüberprüfung der Flughafen Wien AG durch den Rechnungshof zum Thema 'Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur' hat bislang nicht stattgefunden. Es werden keine Bereiche umfasst, in denen bereits ein Prüfungsverfahren durchgeführt wurde:

Der in Verfassungsgerichtshof , KR1/2017, zitierte Bericht des Rechnungshofes 'Flughafen Wien AG; Projekt Skylink', Reihen Niederösterreich 2011/1 und Wien 2011/1, bezog sich auf den Zeitraum 1998 bis April 2010. Schwerpunkte dieser Überprüfung waren im Wesentlichen das Projekt Terminalerweiterung Nord-Ost Skylink, die strategischen und konzeptionellen Entscheidungen zur Kapazitätserweiterung des Flughafens Wien und zu diesem Projekt sowie Angelegenheiten des Vorstands.

Der dem Bericht 'Flughafen Wien AG – Projekt Skylink; Follow-up-Überprüfung', Reihen Niederösterreich 2015/4 und Wien 2011/3, zugrunde liegende Prüfungsgegenstand war die Umsetzung von Empfehlungen, die der Rechnungshof bei der vorangegangenen Überprüfung zum Projekt Skylink abgegeben hatte. Ergänzend unterzog der Rechnungshof auch die Kostenentwicklung, das Brandschutz- und Fluchtwegekonzept sowie den Fußboden als Detail der Baudurchführung einer Überprüfung.

Auch die weiteren die Flughafen Wien AG betreffenden Gebarungsüberprüfungen des Rechnungshofes unterschieden sich hinsichtlich Prüfungsgegenstand und Prüfungszeitraum von der nunmehr beabsichtigten Gebarungsüberprüfung:

Der Bericht 'Flugplatz Vöslau BetriebsGmbH', Reihen Niederösterreich 2013/1 und Wien 2013/1, bezog sich auf die Gebarung der Flugplatz Vöslau BetriebsGmbH (diese steht zu 100 % im Eigentum der Vienna Aircraft Handling Gesellschaft m.b.H. und diese wiederum zu 100 % im Eigentum der Flughafen Wien AG); der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2008 bis März 2012.

In der dem Bericht 'Flugplatz Vöslau BetriebsGmbH; Follow-up-Überprüfung', Reihen Niederösterreich 2016/1 und Wien 2016/1, zugrunde liegenden Prüfung überprüfte der Rechnungshof die Umsetzung der Empfehlungen aus dem Vorbericht.

Der dem Bericht 'Flughafen Wien AG – Fahrzeugbeschaffungen und Fuhrparkmanagement', Reihen Niederösterreich 2015/2 und Wien 2015/1, zugrunde liegende Prüfungsgegenstand war die Gebarung der Flughafen Wien AG hinsichtlich der Fahrzeugbeschaffungen und des Fuhrparkmanagements; der überprüfte Zeitraum erfasste die Jahre 2009 bis 2013.

Die Gebarung der Flughafen Wien AG (und der Vienna Airport Technik GmbH) bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur war somit noch kein Prüfungsgegenstand des Rechnungshofes.

Schon die zeitliche Konkretisierung der nunmehr zu prüfen beabsichtigten Teile der Gebarung durch den vorliegenden Prüfungsantrag macht aber deutlich, dass eine Identität der beabsichtigten Amtshandlung mit anderen Amtshandlungen i.S.d. Rz 11, 15 der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , KR1/2017, ausgeschlossen ist. Der zu überprüfende Zeitraum beginnt 2017, woraus sich bereits ergibt, dass die nunmehr beabsichtigte Gebarungsüberprüfung keinen Bereich umfasst, der bereits einer Überprüfung unterzogen wurde. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 3552/1959) sind Amtshandlungen, die verschiedene Gebarungszeiträume betreffen, miteinander nicht ident; dies auch dann nicht, wenn sie sich – was hier, wie dargelegt, allerdings nicht der Fall ist – auf denselben Prüfungsgegenstand beziehen und in derselben Form vorgenommen werden.

IV. Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Prüfung der Gebarung der Flughafen Wien AG bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur

IV.A Erklärte Absicht des Verfassungsgesetzgebers

Anlässlich einer im Jahr 2009 stattgefundenen Prüfungsbehinderung des Rechnungshofes durch die Flughafen Wien AG, an der Wien und Niederösterreich bereits damals insgesamt 40 % des Grundkapitals hielten, wurde die damals geltende Rechtslage des B-VG seitens des Verfassungsgesetzgebers als nicht mehr ausreichend erachtet. Er hat es daher dem Rechnungshof mit der B-VG-Novelle 2009, BGBl I Nr 106, ermöglicht, die Gebarung von Unternehmen auch in Fällen tatsächlicher Beherrschung durch die öffentliche Hand zu prüfen. Der Verfassungsgesetzgeber wollte damit 'sicherstellen, dass trotz einer Beteiligung der Gebietskörperschaften von unter 50 % jedenfalls dann eine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes besteht, wenn im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten bei der betreffenden Unternehmung ein tatsächlicher Einfluss dieser Gebietskörperschaften möglich ist und auch ausgeübt werden kann (wie z.B. bei der Flughafen Wien AG).' (IA 746/A 24. GP; […])

Eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien AG durch die öffentliche Hand im Sinne der Betrachtung durch den Verfassungsgesetzgeber liegt aus den nachstehend angeführten Gründen vor.

IV.B Tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien AG durch die Stadt Wien und das Land Niederösterreich

(1) Da die Stadt Wien und das Bundesland Niederösterreich gemeinsam 40 % des Grundkapitals der Flughafen Wien AG halten, unterliegt die Flughafen Wien AG dann der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes, wenn die Stadt Wien und das Bundesland Niederösterreich allein oder gemeinsam die Flughafen Wien AG durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrschen.

Die Beurteilung, ob eine solche Beherrschung vorliegt, richtet sich nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht nach einer aus dem Zusammenhang gelösten Betrachtung einzelner Komponenten, sondern nach einer zusammenschauenden Betrachtung und Bewertung aller Einflussmöglichkeiten (z.B. VfSlg 14.096/1995 und dazu Kroneder-Partisch in Korinek/Holoubek, Kommentar zum Österreichischen Bundesverfassungsrecht II/2, Art 126b B-VG (2001) Rz 22).

(2) Die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Überprüfung der Flughafen Wien AG ergibt sich bereits aus den Wirkungen des zwischen dem Bundesland Niederösterreich und der Stadt Wien abgeschlossenen Syndikatsvertrags sowie aus dessen Zweck bzw dem besonderen öffentlichen Auftrag der Flughafen Wien AG:

– In dem Syndikatsvertrag haben die Syndikatspartner (heute Niederösterreich und Wien) ihre Vorgangsweise bei der Besetzung der gesellschaftsrechtlichen Organe (Vorstand und Aufsichtsrat) der Flughafen Wien AG verbindlich festgelegt. Der Syndikatsvertrag verpflichtet das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien zu einem abgestimmten Verhalten in der Hauptversammlung und räumt wechselseitig Rechte auf die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, des Vorsitzenden des Aufsichtsrats (und dessen Stellvertretern) sowie Vorschlagsrechte für die Vorstandsmitglieder ein. Durch die so sichergestellte Vorgangsweise der Syndikatspartner liegt eine rechtlich abgesicherte, nachhaltige Maßnahme vor, die insgesamt betrachtet zu einer Beherrschung der Flughafen Wien AG durch das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien führt.

– Daran hat sich durch die Änderung der Beteiligungsverhältnisse, insbesondere für den zu überprüfenden Zeitraum bis , nichts geändert:

(1) Durch den Erwerb von Aktien aus dem Streubesitz durch die Airports Group Europe S.à r.l. ist keine Änderung am syndizierten 40 %igen Anteil der Gebietskörperschaften Niederösterreich und Wien eingetreten, der im selben Umfang bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens der B-VG-Novelle BGBl I Nr 106/2009 bestanden hatte.

(2) Auch hat diese Änderung in den Beteiligungsverhältnissen zu keiner wesentlichen Veränderung in der personellen Zusammensetzung der Organe der Flughafen Wien AG geführt, womit die Änderungen der Beteiligungsverhältnisse nicht von Einfluss auf die Bestellung der Organe der Flughafen Wien AG waren. Insbesondere hatte die Airports Group Europe S.à r.l. hinsichtlich des zu überprüfenden Zeitraums keinen Einfluss auf die Bestellung des Vorstands ausgeübt, weil sie am , als der Aufsichtsrat **** ************ und **** *** ************* für eine weitere Fünfjahresperiode bis – sohin auch für den zu überprüfenden Zeitraum – zu Mitgliedern des Vorstands bestellt hat, nicht im Aufsichtsrat vertreten war. Damit erfolgte die Vertretung der Flughafen Wien AG im zu überprüfenden Zeitraum weiterhin durch Personen, die von dem entsprechend den Bestimmungen des Syndikatsvertrags zusammengesetzten Aufsichtsrat bestellt worden waren.

(3) Sowohl der Aufsichtsrat als auch der von diesem bestellte Vorstand wurden seit jeher entsprechend den Bestimmungen des zwischen Niederösterreich und Wien abgeschlossenen Syndikatsvertrags zusammengesetzt. Diese effektive Wahrnehmung der Vorschlagsrechte bzw Möglichkeit zur tatsächlichen Einflussnahme wurde auch auf Seite 10 des anlässlich der Verweigerung der Einschautätigkeit im Jahr 2009 erstellten Gutachtens der […] Rechtsanwälte GmbH bestätigt, wenn in diesem auf 'die von den Medien kolportierten und auch faktisch erkennbaren Einflussnahmen auf die Besetzung der Organe der FWAG durch die Hauptgesellschafter' hingewiesen wurde […].

Dass in der Hauptversammlung am zwei Vertreter des IFM in den Aufsichtsrat gewählt wurden, ändert daran nichts. Sie wurden nämlich auf Antrag jenes Aufsichtsrats gewählt, der mehrheitlich aus Vertretern Niederösterreichs und Wiens zusammengesetzt war. Die Airports Group Europe S.à r.l. hätte eine Besetzung des Aufsichtsrats mit ihren Vertretern nicht durchsetzen können, weil sie nur mit 39,8% an der Gesellschaft beteiligt ist, Beschlüsse der Hauptversammlung bezüglich der Wahl des Aufsichtsrats jedoch der einfachen Mehrheit bedürfen (§87 Abs 1, § 121 Abs 2 AktG;§ 7, 13 der Satzung der Flughafen Wien AG).

(4) Seit sind insgesamt fünf der zehn Kapitalvertreter des Aufsichtsrats Vertreter des Bundeslandes Niederösterreich und der Stadt Wien. Diese sind laut Syndikatsvertrag hinsichtlich der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder zu einvernehmlichem Vorgehen verpflichtet. § 100 Abs 3 Arbeitsverfassungsgesetz fordert für einen wirksamen Beschluss des Aufsichtsrats über die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstands die Zustimmung der Mehrheit der Kapitalvertreter. Da somit das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien über insgesamt fünf der zehn Kapitalvertreter im Aufsichtsrat verfügen, bei der Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstands gemeinsam vorgehen müssen und für die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstands die Zustimmung der Mehrheit der Kapitalvertreter erforderlich ist, haben das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien bei der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder ein Abblockungspotenzial; die übrigen Kapitalvertreter können ohne das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder nicht durchsetzen. Damit erweist sich die rechtliche Stellung des Bundeslandes Niederösterreich und der Stadt Wien einer 50% igen Beteiligung am Grundkapital vergleichbar. Sie werden aufgrund der gesellschafts- und syndikatsvertragsrechtlichen Grundlagen so gestellt, als ob beide eine Beteiligung von 50 % des Grundkapitals der Flughafen Wien AG hielten. Damit ist eine faktische Beherrschung der Flughafen Wien AG durch die beiden Gebietskörperschaften gegeben (vgl VfSlg 19.834/2013, 19.836/2013).

Der Einfluss des Bundeslandes Niederösterreich und der Stadt Wien auf die Vorstandsbestellung geht jedoch noch über dieses Abblockungspotenzial hinaus: Da zufolge der Satzung der Flughafen Wien AG – auch bei Wahlen – bei Stimmengleichheit im Aufsichtsrat die Stimme des Leiters der Sitzung und damit des Aufsichtsratsvorsitzenden entscheidet und dieser ein Vertreter der Stadt Wien bzw dessen Stellvertreterin eine Vertreterin des Bundeslandes Niederösterreich ist, können die Gebietskörperschaften mit ihren fünf Stimmen im Aufsichtsrat bei der Wahl und Abberufung der Vorstandsmitglieder die anderen Aufsichtsratsmitglieder nicht nur blockieren, sondern ihren Willen hinsichtlich der zu bestellenden und abzuberufenden Vorstandsmitglieder durchsetzen.

Dass die Mitglieder des Aufsichtsrats weisungsfrei und daher die vom Bundesland Niederösterreich und der Stadt Wien nominierten Mitglieder des Aufsichtsrats der Flughafen Wien AG bei der Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder nicht an die Weisungen der genannten Gebietskörperschaften gebunden sind, ändert an der faktischen Beherrschung der Flughafen Wien AG durch die beiden Gebietskörperschaften nichts. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich in VfSlg 17.489/2005 Folgendes festgestellt: 'Wenngleich Mitglieder des Aufsichtsrates und des Vorstandes einer Aktiengesellschaft an keine Weisungen jenes Aktionärs gebunden sind, der das Mitglied nominiert hat, ist doch davon auszugehen, dass das nominierte Mitglied des Aufsichtsrates und des Vorstandes nahezu ausnahmslos bei seiner Stimmabgabe den Wünschen des Nominierenden folgt, weil es sonst Gefahr läuft, nicht mehr vom Gesellschafter, der das Mitglied nominiert hat, vorgeschlagen zu werden. Die ÖIAG und damit indirekt der Bund (Anm: die Entscheidung betraf die Überprüfung der Gebarung der Telekom Austria AG) hat also die rechtliche Möglichkeit, über ihr Nominierungsrecht ihren Willen im Aufsichtsrat und im Vorstand in aller Regel durchzusetzen. Dass die Form der Einflussnahme über die Organbestellung trotz Weisungsfreiheit der Organe auch unter den Begriff der Beherrschung fällt, ergibt sich schon daraus, dass Art 126b Abs 2 B-VG primär auf die Beteiligungsverhältnisse abstellt. Der Verfassungsgesetzgeber geht also davon aus, dass ein Aktionär, der mindestens über 50 % der Aktien verfügt, eine entsprechende Einflussnahme ausüben kann, obwohl bei einer Aktiengesellschaft Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrates Weisungen auch eines solchen Aktionärs nicht befolgen müssen. In gleicher Weise ist aber davon auszugehen, dass ein Aktionär, der einen entsprechenden Einfluss auf die Organbestellung hat, auch das Unternehmen im Sinne des Art 126b Abs 2 B-VG beherrscht.'

(5) Die Übernahmekommission hat in ihrer Stellungnahme vom zu einem Rückerwerb eigener Aktien durch die Flughafen Wien AG festgehalten, dass die Stadt Wien und das Land Niederösterreich 'aufgrund der Syndizierung ihrer Beteiligungen an der Flughafen Wien AG als größte Aktionärsgruppe über eine kontrollierende Beteiligung im Sinne des § 22 Abs 2 ÜbG verfügen'. Diese Ausführungen sind – da sich an der Syndizierung der Beteiligungen Niederösterreichs und Wiens als größte Aktionärsgruppe bislang nichts geändert hat – auf den zu überprüfenden Zeitraum übertragbar.

– Die Flughafen Wien AG ist ein Unternehmen mit einem besonderen öffentlichen Auftrag und hat für die allgemeine Daseinsvorsorge und die Gewährleistung der verkehrsmäßigen Infrastruktur öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Dazu bekannten sich die Republik Österreich, das Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien bereits im Jahr 1992. Das Syndikat bezweckt daher die Sicherung des überwiegend österreichischen Eigentumsrechts an der und der tatsächlichen österreichischen Verfügungsgewalt über die Gesellschaft. Der öffentliche Auftrag der Flughafen Wien AG bzw deren Verpflichtung zur allgemeinen Daseinsvorsorge manifestieren sich auch darin, dass die Flughafen Wien AG mit der Begründung von der Leistung der Grundsteuer befreit ist, dass sie dem allgemeinen Verkehr dient (§2 Z 9 litb Grundsteuergesetz 1955, BGBl Nr 149, und die EB zur RV 580 BIgNR 7. GP Seite 10).

(3) Dazu treten folgende weitere tatsächliche wirtschaftliche Umstände und bestehende Einflussmöglichkeiten der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich:

– Die Gebietskörperschaften Bundesland Niederösterreich und die Stadt Wien verfügen auch nach dem Erwerb weiterer Anteile an der Flughafen Wien AG durch die Airports Group Europe S.à r.l. über mehr Stimmrechte an der Flughafen Wien AG als die Airports Group Europe S.à r.l. Zufolge der Mitteilung der Bundeswettbewerbsbehörde […] beabsichtigte die Airports Group Europe S.à r.I., eine nicht kontrollierende Minderheitsbeteiligung an der Flughafen Wien AG zu erwerben.

– Die Airports Group Europe S.à r.l. hat in einem freiwilligen öffentlichen Angebot vom ausdrücklich erklärt, keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft oder die zukünftige Strategie der Flughafen Wien AG auszuüben, jedoch durchaus bereit zu sein, der Flughafen Wien AG ihr Know-how im Flughafensektor zur Verfügung zu stellen, soweit dies vom Management und den kontrollierenden Gesellschaftern gewünscht wird. Auch wenn diese ausdrückliche Erklärung der Airports Group Europe S.à r.l. eine Absichtserklärung war ('Die Bieterin beabsichtigt derzeit, keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft oder die zukünftige Strategie der Zielgesellschaft auszuüben'), so hat sie im zu überprüfenden Zeitraum ( bis ) auch tatsächlich keinen Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt. Der neu hinzugekommene Aktionär beabsichtigt also nicht nur, keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft oder die zukünftige Strategie der Flughafen Wien AG auszuüben, sondern übt einen solchen auch tatsächlich nicht aus.

§24 Übernahmegesetz regelt Ausnahmen von der Angebotspflicht beim Erwerb einer unmittelbar oder mittelbar kontrollierenden Beteiligung an einer Zielgesellschaft. § 24 Abs 2 Z 1 Übernahmegesetz normiert dabei, dass die Beteiligung an der Zielgesellschaft insbesondere dann keinen beherrschenden Einfluss auf diese vermittelt, wenn ein anderer Aktionär zusammen mit den mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträgern (§1 Z 6) über zumindest gleich viele Stimmrechte an der Zielgesellschaft wie der Bieter verfügt. Da die Gebietskörperschaften Bundesland Niederösterreich und Stadt Wien auch nach dem beabsichtigten Erwerb weiterer Anteile an der Flughafen Wien AG durch die Airports Group Europe S.à r.l. weiterhin über mehr Stimmrechte an der Flughafen Wien AG verfügten als die Airports Group Europe S.à r.I., konnte letztgenannte Gesellschaft auch durch den Erwerb weiterer Aktien keinen beherrschenden Einfluss an der Flughafen Wien AG erlangen. Andernfalls wäre eine Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 24 Übernahmegesetzes ausgeschlossen gewesen und wären die freiwilligen öffentlichen Angebote gemäß § 4 ff. Übernahmegesetz (vom und vom ) nicht zulässig gewesen.

– Die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligungs-Privatstiftung ist von der Gesellschaft wirtschaftlich abhängig, was sich in der Höhe der Gewinnausschüttung, den laufenden Nachstiftungen zur Abdeckung der Auslagen und der Möglichkeit der nachträglichen Abänderung der Stiftungserklärung durch die Gesellschaft manifestiert. Mit der Abhängigkeit der Stiftung von der Gesellschaft besteht aber auch deren Abhängigkeit vom Bundesland Niederösterreich und der Stadt Wien, welche die Mehrheit der Anteile der Gesellschaft halten.

Der Verfassungsgesetzgeber verfolgte mit der Novelle BGBl I Nr 106/2009 das Ziel, 'trotz einer Beteiligung der Gebietskörperschaften von unter 50 % jedenfalls dann eine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes' vorzusehen, 'wenn im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten bei der betreffenden Unternehmung ein tatsächlicher Einfluss dieser Gebietskörperschaften möglich ist und auch ausgeübt werden kann'. Die Flughafen Wien AG bildete den Anlassfall für die genannte Novelle des B-VG. An der insgesamt 40 %igen Beteiligung der öffentlichen Hand hat sich seither nichts geändert. Zurecht weist Korinek in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 121 Abs 1 B-VG, Rz 20, unter Berufung auf Schäffer darauf hin, 'dass die österreichische Regelung tendenziell dem Gedanken entspricht, dass es keine kontrollfreien Räume geben dürfe, in denen die öffentliche Hand finanziell wirksam, aber unkontrolliert handelt'. Korinek führt mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und Literatur weiters Folgendes aus: 'Angesichts der die Kompetenzen der Gebarungskontrolle ausgegliederter Einrichtungen weit interpretierenden Judikatur des VfGH wird dem Grundsatz umfassender Gebarungskontrolle weitgehend entsprochen; Problembereiche bleiben dann, wenn selbständige Rechtsträger agieren, die zwar faktisch von staatlichen Einrichtungen dominiert werden, bei denen aber die Beherrschung rechtlich nicht fassbar wird; dabei ist freilich zu beachten, dass organisationsrechtliche Einflussmöglichkeiten auch dann relevant sind, wenn sie nicht zu durchsetzbaren Anordnungen, wohl aber zu Einflussmöglichkeiten von erheblichem Gewicht ermächtigen'.

Aus den Wirkungen des Syndikatsvertrags und dem besonderen öffentlichen Auftrag der Flughafen Wien AG, insbesondere auch aus deren zusammenschauenden Betrachtung und Bewertung mit den angeführten tatsächlichen wirtschaftlichen Umständen und bestehenden Einflussmöglichkeiten der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich ergibt sich, dass die Flughafen Wien AG eine Unternehmung ist, die von der Stadt Wien und dem Bundesland Niederösterreich im Sinne von Art 127 Abs 3 zweiter Satz in Verbindung mit Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht wird. Der Rechnungshof ist daher befugt, die Gebarung der Flughafen Wien AG zu prüfen.

Die Organe der Flughafen Wien AG haben demnach die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes zu Unrecht bestritten und die Einsichtnahme des Rechnungshofes in ihre Unterlagen zum Zweck der Gebarungsprüfung zu Unrecht verweigert.

[…]"

5.Der beim Verfassungsgerichtshof zu KR2/2018 protokollierte Antrag ist sowohl betreffend das Begehren als auch hinsichtlich des inhaltlichen Vorbringens im Wesentlichen gleichlautend wie der zu KR1/2018 protokollierte Antrag. Abweichungen bestehen nur dahingehend, dass sich der Antrag zu KR2/2018 gegen die Verweigerung der Gebarungsprüfung der Vienna Airport Technik GmbH, einer im Alleineigentum der Flughafen Wien Aktiengesellschaft stehenden (Tochter-)Gesellschaft, richtet.

6.Die Flughafen Wien Aktiengesellschaft und die Vienna Airport Technik GmbH erstatteten eine Äußerung, in der sie den Ausführungen des Rechnungshofes in den Anträgen entgegentreten. Auch die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung brachte unter Verzeichnung von Kosten eine Stellungnahme ein, in der sie sich gegen die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Prüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft wendet.

Die Stadt Wien und das Land Niederösterreich machten von dem ihnen eingeräumten Recht auf Erstattung einer Äußerung nicht Gebrauch.

7.Der Verfassungsgerichtshof führte am eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die vom Rechnungshof dargelegten Gründe der Zuständigkeit zur Gebarungsprüfung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und Vienna Airport Technik GmbH erörtert wurden.

II.Beteiligungsverhältnisse und Rechtsgrundlagen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft

1.Die Flughafen Wien Aktiengesellschaft (FN 42984 m) ist eine an der Wiener Börse notierte Aktiengesellschaft nach österreichischem Recht mit Sitz in Schwechat. Die Flughafen Wien Aktiengesellschaft weist (aktuell und) in dem laut den Anträgen des Rechnungshofes zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum vom bis folgende Eigentümerstruktur auf: 20% der das Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft repräsentierenden Aktien hält die Wien Holding GmbH, die sich im Alleineigentum der Stadt Wien befindet (im Folgenden: Anteile der Stadt Wien); 20% hält die NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH, die sich im Alleineigentum des Landes Niederöster-reich befindet (im Folgenden: Anteile des Landes Niederösterreich). 39,8% der Aktien an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft hält die Airports Group Europe S.à r.l. (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, errichtet nach dem Recht des Großherzogtums Luxemburg, mit Sitz in Luxemburg), 10% der Aktien hält die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung und die restlichen 10,2% der das Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft repräsentierenden Aktien befinden sich im Streubesitz (siehe die Geschäftsberichte der Flughafen Wien Aktiengesellschaft der Jahre 2016 und 2017).

2.Die für die vorliegende Meinungsverschiedenheit relevanten Rechtsgrundlagen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft stellen sich wie folgt dar:

2.1.Die Zusammensetzung und Beschlussfähigkeit der Organe der Flughafen Wien Aktiengesellschaft sind in den § 70 ff. AktG betreffend den Vorstand, in den § 86 ff. AktG und § 110 ArbVG betreffend den Aufsichtsrat und in den § 102 ff. AktG betreffend die Hauptversammlung geregelt. Die Satzung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zum Stand sieht dazu folgende besondere Bestimmungen vor:

2.1.1.Gemäß § 6 der Satzung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vom besteht der Vorstand aus zwei oder drei Mitgliedern, Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst; dem (etwaigen) Vorstandsvorsitzenden kommt ein Dirimierungsrecht zu.

2.1.2.Gemäß § 7 der Satzung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vom besteht der Aufsichtsrat aus mindestens sechs und höchstens zehn von der Hauptversammlung gewählten Mitgliedern (Kapitalvertretern). Die Aufsichtsratsmitglieder werden – falls nicht für eine kürzere Funktionsperiode – für die Zeit bis zur Beendigung der Hauptversammlung gewählt, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach der Wahl beschließt; die Wiederwahl ist zulässig (vgl auch § 87 Abs 7 AktG). Neben den Kapitalvertretern entsendet der Zentralbetriebsrat (oder, sofern nur ein Betrieb besteht, der Betriebsrat aus dem Kreise der Betriebsratsmitglieder, denen das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat zusteht) gemäß § 110 Abs 1 erster Satz ArbVG für je zwei nach dem Aktiengesetz oder der Satzung zu bestellende Aufsichtsratsmitglieder einen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat (Arbeitnehmervertreter). Der Aufsichtsrat wählt den Vorsitzenden und zwei Stellvertreter aus seiner Mitte.

Besondere gesetzliche Beschlusserfordernisse im Aufsichtsrat gelten für die Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrates und dessen Stellvertreters sowie für die Bestellung und Abberufung des Vorstandes: Für diese Beschlüsse ist neben der einfachen Mehrheit des gesamten Aufsichtsrates die Zustimmung der Mehrheit der Kapitalvertreter notwendig (sogenannte "doppelte Mehrheit"; § 110 Abs 3 dritter und vierter Satz ArbVG; vgl Strasser, § 75, 76 AktG, in: Jabornegg/Strasser [Hrsg.] AktG II5, 2010, Rz 13; Nowotny/Fida, Kapitalgesellschaftsrecht, Umgründungsrecht, Übernahmerecht³, 2015, Rz 2/182, 2/103).

Zur Beschlussfähigkeit und zu den Verhandlungen des Aufsichtsrates enthält § 9 der Satzung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft folgende Regelung:

"§9

Beschlussfähigkeit, Verhandlungen

1. Der Aufsichtsrat hat sich seine Geschäftsordnung selbst zu geben.

2. Zu den Sitzungen beruft der Vorsitzende die Mitglieder unter der zuletzt bekanntgegebenen Anschrift brieflich, fernmündlich oder per E-Mail ein. § 94 AktG bleibt unberührt.

3. Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens sechs Mitglieder – darunter der Vorsitzende oder einer seiner Stellvertreter – anwesend sind. Der Vorsitzende leitet die Sitzung und bestimmt die Art der Abstimmung.

4. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst; bei Stimmengleichheit entscheidet – auch bei Wahlen – die Stimme des Leiters der Sitzung.

5. Abwesende oder verhinderte Aufsichtsratsmitglieder sind berechtigt, sich durch ein der Sitzung beiwohnendes Aufsichtsratsmitglied vertreten zu lassen. Die schriftliche Bevollmächtigung hiezu ist dem Vorsitzenden anzuzeigen. Das vertretene Aufsichtsratsmitglied ist bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit einer Sitzung nicht mitzuzählen. Das Recht, den Vorsitz zu führen, kann nicht übertragen werden.

[…]

7. Wenn der Vorsitzende aus besonderen Gründen dies anordnet und kein Aufsichtsratsmitglied ausdrücklich widerspricht, können Beschlüsse auch auf schriftlichem Wege gefasst werden; diesfalls ist eine Vertretung von Aufsichtsratsmitgliedern nicht zulässig.

8. Eine Beschlussfassung durch Stimmabgabe per E-Mail ist in gleicher Weise wie Abs 7 zulässig.

9. Beschlussfassungen in Aufsichtsratssitzungen können auch im Wege von Videokonferenzen gefasst werden, sofern durch die anderen in der Sitzung tatsächlich anwesenden Mitglieder des Aufsichtsrats die für die Beschlussfähigkeit erforderliche Mindestanzahl der teilnehmenden Mitglieder des Aufsichtsrats erreicht wird und kein Aufsichtsratsmitglied diesem Verfahren widerspricht. Die Bestimmungen von Abs 3 und Abs 7 gelten sinngemäß.

10. Der Aufsichtsrat kann aus seiner Mitte Ausschüsse bestellen, die seine Verhandlungen und Beschlüsse vorbereiten, deren Ausführung überwachen oder bestimmte, ihnen vom Aufsichtsrat besonders zugewiesene Entscheidungsbefugnisse wahrzunehmen haben. Für die Beschlüsse und Verhandlungen der Ausschüsse gelten die vorstehenden Absätze sinngemäß, soferne der Gesamtaufsichtsrat nichts anderes beschließt. Zur Prüfung und Vorbereitung der Feststellung des Jahresabschlusses ist jedenfalls ein Ausschuss zu bestellen.

11. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben das Recht, für Ausschüsse des Aufsichtsrates Mitglieder mit Sitz und Stimme nach dem in § 110 Abs 1 ArbVG festgelegten Verhältnis namhaft zu machen. Dies gilt nicht für Ausschüsse, die die Beziehungen zwischen der Gesellschaft und den Mitgliedern des Vorstandes behandeln.

12. Der Aufsichtsrat ist ermächtigt, Abänderungen und Ergänzungen der Satzung, soweit diese nur deren Fassung betreffen, zu beschließen."

2.1.3.Zur Hauptversammlung enthält die Satzung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft folgende Regelung:

"§13

Wahlen und Stimmrecht

1. Jede Stückaktie gewährt das Recht auf eine Stimme.

[…]

3. Soferne das Gesetz nicht zwingend eine andere Mehrheit vorschreibt, beschließt die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen; in Fällen, in denen eine Kapitalmehrheit erforderlich ist, beschließt sie mit einfacher Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals.

[…]"

2.2.Im Jahr 1999 schlossen die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (deren Anteile im Alleineigentum des Bundes stehen), das Land Niederösterreich und die Stadt Wien einen Syndikatsvertrag. Dieser Syndikatsvertrag ersetzte den bereits im Jahr 1992 zwischen dem Bund ("Republik Österreich"), dem Land Niederösterreich und der Stadt Wien geschlossenen (im Wesentlichen gleichlautenden) Syndikatsvertrag. Der Syndikatsvertrag räumt den beteiligten Vertragsparteien (Syndikatspartnern) gegenseitig Vorkaufsrechte im Fall der Veräußerung der jeweiligen Anteile an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft ein und verpflichtet die Syndikatspartner (schuldrechtlich) zur einheitlichen Stimmabgabe in der Hauptversammlung sowie betreffend die Bestellung der Organmitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft.

Im Jahr 2000 verkaufte die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft ihren Anteil in Höhe von 17,38% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft. Die Stadt Wien und das Land Niederösterreich machten von ihren Vorkaufsrechten (zum Teil) Gebrauch und erhöhten ihre Anteile an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft auf jeweils 20%. Mit dem Verkauf sämtlicher ihrer Aktien an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft schied die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft im Jahr 2000 aus dem Syndikatsvertrag aus. Der Syndikatsvertrag in der Fassung des Jahres 1999 blieb (dennoch) unverändert, sodass an verschiedenen Stellen des Syndikatsvertrages (nach wie vor) die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft trotz ihres Ausscheidens aus dem Syndikat als Berechtigte und Verpflichtete aufscheint.

In § 2 des Syndikatsvertrags aus dem Jahr 1999 kommen die Syndikatspartner überein,

"in den Hauptversammlungen der Gesellschaft [gemeint: Flughafen Wien Aktiengesellschaft] gemeinsam vorzugehen und ihr Stimmrecht einheitlich – entsprechend den Beschlüssen der Syndikatsversammlung – auszuüben".

Im Hinblick auf das Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung betreffend die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern sieht der Syndikatsvertrag in § 4 Folgendes vor:

"Die Syndikatspartner haben Anspruch auf eine sowohl ihrer Aktionärsbeteiligung als auch ihrer Syndikatsbeteiligung entsprechende Vertretung im Aufsichtsrat. Sie werden daher in der Hauptversammlung der Gesellschaft derart ihre Stimme abgeben, daß die von den Syndikatspartnern nominierten Kandidaten in einer Anzahl zu Mitgliedern des Aufsichtsrates der Gesellschaft bestellt werden, die dem Verhältnis der Beteiligung der Syndikatspartner zueinander und zum Grundkapital der Gesellschaft entspricht.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates soll jeweils für eine Funktionsperiode gewählt werden; das Vorschlagsrecht für diese Wahl steht der Reihe nach der Stadt Wien, der Österreichischen Industrieholding AG und dem Bundesland Niederösterreich zu. Jeder Gesellschafter wird auf die über seinen Vorschlag gewählten Aufsichtsrats-Mitglieder dahin einwirken, daß sie bei der Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrates für die vom jeweils vorschlagsberechtigten Gesellschafter benannte Person stimmen. […]".

2.3.Im Jahr 2000 errichtete die Flughafen Wien Aktiengesellschaft die "Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung" nach dem Privatstiftungsgesetz (PSG) und brachte eigene Aktien, die insgesamt 10% des Grundkapitals der Flughafen Wien Aktiengesellschaft repräsentierten, durch Nachstiftung ein. Ausweislicher Zweck der Stiftung war und ist es, Beteiligungserträge aus der Beteiligung der Stiftung an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft ausschließlich und unmittelbar im Jahr ihres Zuflusses an die Arbeitnehmer der Flughafen Wien Aktiengesellschaft weiterzugeben.

Organe der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung sind gemäß der Stiftungserklärung in der Fassung vom der Vorstand, der Beirat und der Stiftungsprüfer. Der Vorstand besteht aus drei Mitgliedern; die Mitglieder des ersten Vorstandes (sowie der Vorstandsvorsitzende und dessen Stellvertreter) wurden von der Flughafen Wien Aktiengesellschaft als Stifterin in der Stiftungserklärung bestellt. Gemäß der Stiftungserklärung dauert die Funktionsperiode der Mitglieder des Vorstandes bis zum Ende des Kalenderjahres, in dem das Mitglied sein 65. Lebensjahr vollendet. Die Möglichkeit zur Abberufung ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd § 75 Abs 4 AktG durch geheime Abstimmung der übrigen Vorstandsmitglieder und Zustimmung des Beirates oder durch gerichtliche Abberufung iSd § 27 PSG in der Stiftungserklärung vorgesehen.

Betreffend die nachfolgende Bestellung der Vorstandsmitglieder enthält die Stiftungserklärung folgende Regelung:

"Scheidet ein Mitglied des Vorstandes aus, so wird der Nachfolger von den verbleibenden Mitgliedern bestellt. Beruht das Ausscheiden auf Absatz 6 (sechs) d [Anm: mit Ende des Kalenderjahres, in dem das Mitglied sein 65. Lebensjahr vollendet] oder erfolgt es im Einvernehmen – das bedeutet mit Zustimmung aller anderen Mitglieder –, so wirkt das ausgeschiedene Mitglied an der Nachfolgebestellung mit. Bei gleichzeitigem Ausscheiden von zwei Mitgliedern wirken diese an der Nachfolgebestellung nur mit, wenn ihr Ausscheiden auf Einvernehmen oder auf Absatz 6 (sechs) d beruht. In allen anderen Fällen bestellt das verbleibende Mitglied die übrigen Vorstandsmitglieder.

Die Bestellung bedarf in jedem Falle der Zustimmung des Beirats.

Im besonderen Falle des gleichzeitigen Ausscheidens aller Mitglieder aus dem Vorstand bestellt der Beirat die Mitglieder des neuen Vorstandes. […]".

Gemäß der Stiftungserklärung vom dürfen dem Vorstand keine Vorstandsmitglieder, keine Arbeitnehmer und keine sonstigen Mitglieder der Flughafen Wien Aktiengesellschaft, ihrer Tochtergesellschaften oder deren Nachfolgegesellschaften angehören. Auch Mitarbeiter oder Organmitglieder von Aktionären, die mehr als 10% des Grundkapitals der Flughafen Wien Aktiengesellschaft halten, dürfen laut Stiftungserklärung nicht in den Vorstand der Stiftung gewählt werden.

Der Beirat der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung besteht aus fünf Mitgliedern. Gemäß der Stiftungserklärung vom sollen dem Beirat jeweils zwei kapitalvertretende Mitglieder des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und zwei Vertreter der Dienstnehmer der Flughafen Wien Aktiengesellschaft angehören. Diese vier Mitglieder wählen einstimmig das fünfte Mitglied des Beirates. Scheiden Mitglieder aus dem Beirat aus, ergänzt sich der Beirat selbst durch Hinzuwahl von Personen nach den Grundsätzen der Stiftungserklärung.

In der Stiftungserklärung vom sind der Flughafen Wien Aktiengesellschaft als Stifterin folgende Rechte vorbehalten:

"Die Stifterin behält sich die Änderung der Stiftungserklärung vor. Diese bedarf der Zustimmung des Beirats. Dieser Beschluß kommt nur mit den Stimmen von zumindest vier Mitgliedern des Beirats zustande.

[…] Hinsichtlich der Auflösung der Stiftung gelten die Bestimmungen des Privatstiftungsgesetzes. Ein Widerruf der Stiftung durch die Stifterin ist ausgeschlossen."

III.Beteiligungsverhältnisse und Rechtsgrundlagen der Vienna Airport Technik GmbH

1.Die Vienna Airport Technik GmbH (FN 242033 g; im Folgenden: "VAT GmbH") ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach österreichischem Recht mit Sitz in Schwechat. Die VAT GmbH wurde im Jahr 2003 von der Flughafen Wien Aktiengesellschaft errichtet und steht im Alleineigentum der Flughafen Wien Aktiengesellschaft.

2.Gemäß Punkt II. der Errichtungserklärung der VAT GmbH (zuletzt geändert mit Beschluss vom ) ist Gegenstand des Unternehmens

"1. die Erbringung von kaufmännischen, technischen und infrastrukturellen Leistungen im Zusammenhang mit Liegenschaften sowie dem Betrieb und der Errichtung von Gebäuden am Flughafen Wien-Schwechat.

2. die Erbringung aller gemäß Punkt […] 1 angeführten Leistungen für Dritte".

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit

1.1.Art126a B-VG beruft den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rechnungshof und einem Rechtsträger "über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln".

Eine Meinungsverschiedenheit im Sinne des Art 126a B-VG zwischen dem Rechnungshof und einem Rechtsträger (Art121 Abs 1 B-VG) "über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Rechnungshofes regeln," liegt unter anderem dann vor, wenn der Rechtsträger "die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung ausdrücklich bestreitet oder die Gebarungsüberprüfung tatsächlich nicht zulässt" (§36a Abs 1 VfGG).

Das Thema der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nach Art 126a B-VG ist durch den Umfang der konkreten Meinungsverschiedenheit begrenzt (vgl zB VfSlg 19.910/2014 unter Verweis auf VfSlg 7944/1976). Die beabsichtigte Amtshandlung ist im Antrag hinsichtlich Gegenstand, Umfang und Form hinreichend bestimmt so zu bezeichnen, dass die Feststellung der Identität mit früheren oder späteren Amtshandlungen möglich ist (VfSlg 3430/1958, 3552/1959; vgl idS auch VfSlg 19.910/2014).

Der Umfang einer Meinungsverschiedenheit kann dabei durch die Konkretisierung eines sachlich (etwa durch die Bezugnahme auf ein konkret zu prüfendes Projekt) oder zeitlich abgetrennten Teiles der Gebarung erfolgen (vgl dazu bereits VfSlg 3430/1958). Eine zeitliche Konkretisierung durch den Prüfungs-antrag ist dabei insofern erforderlich, als die Beantwortung der Frage, ob eine Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung besteht, je nachdem, für welchen Zeitraum eine Gebarungsüberprüfung beabsichtigt ist, unterschiedlich ausfallen kann. Bei der Beurteilung, ob eine Unternehmung der Prüfzuständigkeit des Rechnungshofes unterliegt, ist auf jenen Zeitraum abzustellen, in dem geprüft werden soll (vgl VfSlg 10.609/1985, 11.988/1989, 13.346/1993, 17.489/2005). Unzulässig ist ein Antrag daher etwa dann, wenn aus dem Feststellungsbegehren nicht klar ersichtlich ist, betreffend welchen Zeitraum eine Meinungsverschiedenheit über die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsprüfung besteht ().

1.2.Vor diesem Hintergrund erweisen sich die vorliegenden Anträge als zulässig:

Die Flughafen Wien Aktiengesellschaft und die VAT GmbH teilten dem Rechnungshof am mit, dass sie die Prüfung der Gebarung hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur verweigerten. Da der Rechnungshof die Anträge auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art 126a B-VG innerhalb der einjährigen Frist des § 36a Abs 2 VfGG gestellt hat, sind die Anträge rechtzeitig.

Die zu beurteilenden Anträge des Rechnungshofes sind auf die Feststellung gerichtet, dass der Rechnungshof befugt sei, zum Zwecke der Gebarungsprüfung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (bzw der VAT GmbH) bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur in sämtliche Unterlagen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (bzw der VAT GmbH), soweit diese Gegenstand von gebarungsrelevanten Handlungen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (bzw der VAT GmbH) seien und soweit dies zur Überprüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (bzw der VAT GmbH) hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur notwendig sei, betreffend den Zeitraum vom bis zur Prüfungsverweigerung, das sei der , Einsicht zu nehmen. Das Antragsbegehren ist daher sowohl hinsichtlich der begehrten Amtshandlung als auch in zeitlicher Hinsicht hinreichend konkretisiert.

2.In der Sache

2.1.Gemäß Art 127 Abs 1 erster Satz B-VG hat der Rechnungshof die in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder fallende Gebarung sowie die Gebarung von Stiftungen, Fonds und Anstalten zu überprüfen, die von Organen eines Landes oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen eines Landes bestellt sind.

Der Rechnungshof überprüft gemäß Art 127 Abs 3 B-VG "weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen das Land allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die das Land allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt. Hinsichtlich der Prüfzuständigkeit bei einer tatsächlichen Beherrschung gilt Art 126b Abs 2 [B-VG] sinngemäß. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes erstreckt sich auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen".

Der Tatbestand des Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG sieht vor, dass der Rechnungshof auch jene Unternehmungen überprüft, die "der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht". Gemäß Art 126b Abs 2 dritter Satz B-VG erstreckt sich die Zuständigkeit des Rechnungshofes auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß dem Abs 2 leg.cit. vorliegen.

2.2.In der vorliegend zu beurteilenden Meinungsverschiedenheit stützt der Rechnungshof seine Zuständigkeit – sowohl hinsichtlich der Flughafen Wien Aktiengesellschaft als auch der VAT GmbH – darauf, dass die Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die Stadt Wien und das Land Niederösterreich im Sinne des Art 127 Abs 3 iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG "tatsächlich beherrscht" werde (vgl auch § 15 Abs 1 dritter Satz Rechnungshofgesetz 1948). Dies begründet der Rechnungshof – auf das Wesentliche zusammengefasst – damit, dass die beiden genannten Gebietskörperschaften wegen des zwischen ihnen geschlossenen Syndikatsvertrages gemeinsam über einen Anteil von 40% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft verfügten und es seit der Erhöhung der Beteiligung der Airports Group Europe S.à r.l. an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft im Mai 2016 zu keiner wesentlichen Änderung der personellen Zusammensetzung des Aufsichtsrates sowie des Vorstandes der Flughafen Wien Aktiengesellschaft gekommen sei. Weiter bestehe zwischen der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung, die über einen Anteil von 10% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft verfügt, und der Flughafen Wien Aktiengesellschaft ein Abhängigkeitsverhältnis. Aus dieser Abhängigkeit folge – so offenbar die Auffassung des Rechnungshofes – wiederum eine Abhängigkeit der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung gegenüber den beteiligten Gebietskörperschaften, die damit (zusammen mit dem Anteil von 10% der Aktien, den die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung hält) über eine Stimmenmehrheit von 50% des Grundkapitals in der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft verfügten. Dies werde laut Rechnungshof dadurch belegt, dass die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung bei Beschlüssen in den bisherigen Hauptversammlungen fast ausnahmslos im Einklang mit den Vertretern der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich gestimmt habe.

2.3.Die Flughafen Wien Aktiengesellschaft sowie die VAT GmbH bestreiten die Zuständigkeit des Rechnungshofes für die vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigte Periode ( bis ), weil in diesem Zeitraum keine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die Stadt Wien sowie das Land Niederösterreich bestanden habe. Im beabsichtigten Prüfungszeitraum stünden die Stimmverhältnisse der beteiligten Gebietskörperschaften dem Aktionär Airports Group Europe S.à r.l. in etwa gleichgewichtig gegenüber. Zwischen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und ihren Konzernunternehmen einerseits und den Gebietskörperschaften andererseits gebe es keine marktunüblichen finanziellen Beziehungen; es bestünden weder Bürgschaften noch Haftungsübernahmen und auch keine Leistungsbeziehungen (Liefer- oder Dienstverträge), die eine Abhängigkeit bewirken könnten. Es bestünden auch keine außerstatutarischen Vereinbarungen, die der Stadt Wien oder dem Land Niederösterreich Einfluss auf die Bestellung der Organe der Flughafen Wien Aktiengesellschaft oder auf die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung einräumten. Die Meinung des Rechnungshofes, den Vertretern der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich komme im Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft die Möglichkeit zu, Mehrheitsbeschlüsse auch gegen den Willen der anderen Anteilseigner durchzusetzen, beruhe auf einem Rechenfehler. Soweit sich der Rechnungshof bei dieser Annahme auf das Dirimierungsrecht stütze, komme diesem keinerlei praktische Bedeutung zu.

2.4.Die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung bestreitet in ihrer Stellungnahme das Vorbringen des Rechnungshofes mit im Wesentlichen ähnlicher Begründung wie die Flughafen Wien Aktiengesellschaft: Der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich komme keine beherrschende Stellung in der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zu. Die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung bestreitet das Vorbringen, die Stiftung sei von der Flughafen Wien Aktiengesellschaft abhängig und den Gebietskörperschaften komme insbesondere deshalb (dh im Verein mit der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung) eine beherrschende Stellung zu. Entgegen den Ausführungen in den Anträgen des Rechnungshofes treffe die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung eigenständige und von sämtlichen Aktionären der Flughafen Wien Aktiengesellschaft unabhängige Entscheidungen. Dies komme auch in Anbetracht des tatsächlichen Abstimmungsverhaltens in der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zum Ausdruck; soweit es sich um Tagesordnungspunkte handle, die als "Routine" zu beurteilen seien, wie etwa Dividendenausschüttungen, Entlastungen von Organen, die Nachbesetzung oder Verlängerung von Organmitgliedern, redaktionelle Satzungsänderungen oder die Bestellung des Abschlussprüfers, habe es aus Sicht der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung keinen Grund gegeben, gegen derartige Anträge des Vorstandes oder des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zu stimmen. Wie die Abstimmung in der Hauptversammlung vom über den 8. Tagesordnungspunkt betreffend den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien durch die Flughafen Wien Aktiengesellschaft zeige, sei dieser Beschlussvorschlag gegen die Stimmen der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich abgelehnt worden, sodass letztlich dieser Beschlussvorschlag des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft keine Mehrheit fand.

In ihrer Stellungnahme legt die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung offen, dass zwischen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung ein privatrechtlicher Vertrag bestehe. Demnach sei die Flughafen Wien Aktiengesellschaft verpflichtet, der Stiftung die Auslagen für den Betrieb der Stiftung sowie die Körperschaftsteuer jährlich zu ersetzen, sodass die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung die für sie anlaufenden Kosten letztlich nicht zu tragen habe. Eine Abhängigkeit der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung gegenüber der Flughafen Wien Aktiengesellschaft lasse sich durch diesen Vertrag nicht begründen: Es gebe eine klare rechtliche Verpflichtung seitens der Flughafen Wien Aktiengesellschaft. Betreffend die Vertragserfüllung sei die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung nicht vom Wohlwollen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft abhängig.

2.5.Der Verfassungsgerichtshof hält den Rechnungshof in dem zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum ( bis ) im Hinblick auf die Periode vom bis zur Prüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der VAT GmbH für zuständig. Betreffend den Zeitraum vom bis kann der Verfassungsgerichtshof hingegen nicht erkennen, dass die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Prüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der VAT GmbH vorliegen. Dies aus folgenden Gründen:

2.5.1.Eine Zuständigkeit des Rechnungshofes gemäß Art 127 Abs 3 erster Satz (iVm Abs 8) B-VG kommt auf Grund der Höhe der Beteiligung der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich von insgesamt 40% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (vgl Punkt II.1.) nicht in Betracht.

Die Zuständigkeit des Rechnungshofes kann sich somit im vorliegend zu beurteilenden Fall nur daraus ergeben, dass diese beiden Gebietskörperschaften die Flughafen Wien Aktiengesellschaft "durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrsch[en]" (Art127 Abs 3 und Abs 8 iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG).

Dieser Beherrschungstatbestand in der (aktuellen und) für den beabsichtigten Prüfungszeitraum vom bis geltenden Fassung fand in seiner Formulierung mit BGBl I 106/2009 Eingang in Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG (in der Folge: "B-VG-Novelle 2009"). Die Bestimmung stellt ihrem Wortlaut nach seither darauf ab, ob die Unternehmung durch finanzielle, sonstige wirtschaftliche und organisatorische Maßnahmen "tatsächlich beherrscht" wird.

Aus den Materialien zur B-VG-Novelle 2009 lässt sich für die Auslegung dieses Beherrschungstatbestandes nichts Eindeutiges gewinnen. Die Materialien enthalten lediglich den Hinweis, dass die Prüfkompetenz des Rechnungshofes hinsichtlich jener Unternehmungen, die durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde faktisch beherrscht werden, klarer geregelt werden solle. Durch die neue Formulierung solle insbesondere sichergestellt werden, dass auch bei einer Beteiligung von weniger als 50% am Grund- oder Stammkapital des betreffenden Unternehmens jedenfalls dann eine Prüfzuständigkeit bestehe, wenn im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten bei der betreffenden Unternehmung ein tatsächlicher Einfluss dieser Gebietskörperschaften möglich sei und auch ausgeübt werden könne. An dieser Stelle wird die Flughafen Wien Aktiengesellschaft beispielhaft angeführt (vgl IA 746/A 24. GP, 1; AB 329 BlgNR 24. GP, 1).

Zeitgleich mit der B-VG-Novelle 2009 wurde die einfachgesetzliche Regelung zur Rechnungshofzuständigkeit bei tatsächlicher Beherrschung durch die öffentliche Hand in § 12 Abs 1 (sowie die Verweise in § 15 Abs 1 und § 18 Abs 1) Rechnungshofgesetz 1948 (RHG), BGBl 144/1948 idF BGBl I 39/1999, mit BGBl I 105/2009 angepasst. Ausweislich der Materialien zum Bundesgesetz BGBl I 105/2009 – die angesichts der Entstehungsgeschichte auch zur Auslegung der Verfassungsbestimmung des Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG herangezogen werden (vgl zB VfSlg 19.684/2012) – solle eine tatsächliche Beherrschung dann vorliegen, wenn auf Grund der finanziellen, rechtlichen und faktischen Gegebenheiten klar sei, dass der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Rechnungshofkontrolle unterliegenden Rechtsträgern die Unternehmung dominiere (IA 766/A 24. GP, 1; AB 338 BlgNR 24. GP, 1).

Anlass für die B-VG-Novelle 2009 war die Meinungsverschiedenheit zwischen dem Rechnungshof und der Flughafen Wien Aktiengesellschaft über die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsprüfung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft hinsichtlich des Bauprojektes "Skylink", das die Erweiterung des Terminalbereiches des Flughafens Wien Schwechat betraf (vgl betreffend die Einstellung des Verfahrens wegen Zurückziehung des Antrages gemäß Art 126a B-VG seitens des Rechnungshofes; siehe dazu auch Baumgartner, Art 126b B-VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 14. Lfg., 2014, 35).

Die B-VG-Novelle 2009 ist insbesondere vor dem Hintergrund der damaligen Beteiligungsstruktur der Flughafen Wien Aktiengesellschaft sowie der damals üblichen Präsenz in der Hauptversammlung zu verstehen: Im Jahr 2009, vor dem Inkrafttreten der B-VG-Novelle 2009, hielten die Stadt Wien und das Land Niederösterreich jeweils einen Anteil von 20% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft. Zwischen den beiden genannten Gebietskörperschaften bestand der bereits mehrfach erwähnte Syndikatsvertrag (siehe Punkt II.2.2.). Neben den beteiligten Gebietskörperschaften hielt die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung 10% der Aktien an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft. Die restlichen 50% der Aktien an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft befanden sich im (in- und ausländischen) Streubesitz. Die Präsenz der am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft beteiligten Aktionäre in den Hauptversammlungen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft lag in den Jahren 2005 bis 2009 bei durchschnittlich rund 60% (vgl die von der Flughafen Wien Aktiengesellschaft auf deren Website veröffentlichten Berichte über die ordentlichen Hauptversammlungen der Jahre 2005 bis 2009).

Im Lichte der ehemaligen Beteiligungsstruktur sowie der damals üblichen Präsenz in der Hauptversammlung bestand eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die Stadt Wien und das Land Niederösterreich auch unterhalb der in Art 126b Abs 2 erster Satz und Art 127 Abs 3 erster Satz B-VG vorgesehenen Beteiligungsschwelle von 50%. Den Gebietskörperschaften kam mit ihrem (syndizierten) Anteil von 40% eine tatsächlich beherrschende Stellung in der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zu (vgl dazu näher unten Punkt 2.5.3.).

Insoweit bestand zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der B-VG-Novelle 2009 eine Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Prüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und deren Tochtergesellschaften, die zumindest zu 50% im Eigentum der Flughafen Wien Aktiengesellschaft standen (vgl Art 127 Abs 3 zweiter Satz und Abs 8 iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG idF BGBl I 106/2009).

2.5.2.Seit Inkrafttreten der B-VG-Novelle 2009 hat sich freilich die Beteiligungsstruktur der Flughafen Wien Aktiengesellschaft gewandelt (siehe Punkt II.1.). Es ist daher zu beurteilen, ob in dem zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum vom bis der Tatbestand der tatsächlichen Beherrschung durch die öffentliche Hand iSd Art 127 Abs 3 und Abs 8 iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG im Hinblick auf die Flughafen Wien Aktiengesellschaft nach wie vor erfüllt war.

2.5.3.Der Verfassungsgerichtshof hat zum Beherrschungstatbestand des Art 127 Abs 3 iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG in der Fassung vor der B-VG-Novelle 2009 ausgesprochen, dass eine Prüfungsbefugnis des Rechnungshofes (nur dann) besteht, wenn die Einflussmöglichkeit der öffentlichen Hand mit jener eines mit mindestens 50% am Grund- bzw Stammkapital Beteiligten durch andere Maßnahmen vergleichbar gegeben ist (vgl VfSlg 13.346/1993, 17.489/2005 mwN).

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes hat sich an dieser Auslegung des Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG auch nach der B-VG-Novelle 2009 nichts geändert: Mit dem Tatbestand der tatsächlichen Beherrschung bezweckte der (Verfassungs-)Gesetzgeber, auch jene Unternehmungen von der Rechnungshofkontrolle zu umfassen, in denen die Beherrschung durch die öffentliche Hand wegen tatsächlicher Umstände gegeben ist. Die Schwelle, ab der eine Unternehmung im tatsächlichen Einflussbereich der öffentlichen Hand der parlamentarischen Kontrolle unterliegen soll, liegt nach wie vor dort, wo die Stellung des Bundes bzw der Gebietskörperschaften jener eines zumindest mit 50% am Grund- oder Stammkapital Beteiligten gleichzuhalten ist (vgl bereits VfSlg 19.834/2013 unter Hinweis auf VfSlg 10.609/1985).

Bei der Beurteilung, ob eine tatsächliche Beherrschung vorliegt, ist neben der (insbesondere gesellschafts- und zivil-)rechtlichen Betrachtung der Verhältnisse zwischen den beteiligten Rechtsträgern auf faktische Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen (vgl dazu Baumgartner, aaO, 39 f.). Der Verfassungsgerichtshof geht hiebei – wie bereits vor der B-VG-Novelle 2009 – von einer Gesamtbetrachtung der finanziellen, sonstigen wirtschaftlichen und organisatorischen Maßnahmen aus (vgl zB VfSlg 14.096/1995, 17.489/2005, 19.834/2013).

2.5.4.Art126b Abs 2 zweiter Satz B-VG verlangt, dass der Bund bzw die Gebietskörperschaften (iVm Art 127 Abs 3 zweiter Satz B-VG) die der Rechnungshofkontrolle unterliegende Unternehmung "tatsächlich beherrsch[en]". Aus der systematischen Zusammenschau mit dem Beherrschungstatbestand nach Art 127 Abs 3 erster Satz B-VG und dem Zweck der Bestimmung lässt sich ableiten, dass gemäß Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG idF BGBl I 106/2009 die Zuständigkeit des Rechnungshofes jene Unternehmungen umfasst, bei denen der öffentlichen Hand zwar bloß vermittelt durch die Höhe ihrer Beteiligung keine Möglichkeit zukommt, dominierenden Einfluss auf die Unternehmung auszuüben, der beteiligte Bund bzw die Gebietskörperschaften jedoch durch finanzielle, sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich in der Lage ist bzw sind, Einfluss entsprechend einem zu 50% am Grund- oder Stammkapital Beteiligten auszuüben. Es ist dabei im Tatbestand selbst angelegt, dass die tatsächliche Beherrschung oftmals erst durch die faktische Inanspruchnahme der Möglichkeit der Beherrschung erkennbar wird.

2.5.5.Ausgehend von diesen Überlegungen liegt eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die Stadt Wien und das Land Niederösterreich iSd Art 127 Abs 3 zweiter Satz und Abs 8 iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG in dem zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum ( bis ) hinsichtlich des Zeitraums vom bis vor und hinsichtlich des Zeitraums vom bis nicht vor:

2.5.5.1.Im Hinblick auf die Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft ergibt sich eine Beherrschung derselben durch die Stadt Wien gemeinsam mit dem Land Niederösterreich weder aus der (gesellschafts-)rechtlichen Betrachtung unter Berücksichtigung des oben unter Punkt II.2.2. erwähnten Syndikatsvertrages zwischen den Gebietskörperschaften noch unter Berücksichtigung tatsächlicher finanzieller, sonstiger wirtschaftlicher und organisatorischer Maßnahmen.

Die Anteile der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich, deren Stimmrechte wegen des bestehenden Syndikatsvertrages grundsätzlich einheitlich auszuüben sind (vgl Punkt II.2.2.), vermittelten den Gebietskörperschaften unter Berücksichtigung der Beteiligungsverhältnisse und der im vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum üblichen Anwesenheit von durchschnittlich rund 93% des Grundkapitals in der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (93,36% im Jahr 2016 und 92,31% im Jahr 2017 jeweils zu Beginn der Abstimmung über den ersten Beschlusspunkt; vgl die Berichte über die Hauptversammlung der Jahre 2016 und 2017) keine Mehrheit der Stimmrechte. Die beiden an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft beteiligten Gebietskörperschaften waren in dem vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum auf Grund der Stimmverhältnisse nicht in der Lage, ihren Willen ohne die Stimmen anderer Aktionäre durchzusetzen oder auch nur die Majorisierung durch die übrigen Aktionäre (vgl VfSlg 10.609/1985) zu verhindern. Die Stadt Wien und das Land Niederösterreich waren zur Durchsetzung ihrer Beschlussvorschläge vielmehr auf das Zusammenwirken mit anderen Aktionären angewiesen, wollten sie die Flughafen Wien Aktiengesellschaft (tatsächlich) beherrschen.

Es bestanden in dem vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum keine schuldrechtlichen Verpflichtungen – allen voran Syndikatsverträge (Stimmbindungsverträge) oder vergleichbare Verträge – zwischen der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich einerseits und anderen Aktionären andererseits, die eine Beherrschung der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zugunsten der Gebietskörperschaften begründen. Anders als in der dem Erkenntnis VfSlg 19.834/2013 zugrunde liegenden Konstellation (bei der es die Frage der tatsächlichen Beherrschung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu beurteilen galt) liegt kein Syndikatsvertrag vor, der den Gebietskörperschaften eine rechtliche Stellung einräumt, die einem zumindest mit 50% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft Beteiligten gleichkommt. Weder ist den Gebietskörperschaften (wie in VfSlg 19.834/2013) ein Vetorecht in wesentlichen Angelegenheiten der Geschäftsführung eingeräumt, noch sind Aktionäre in anderer Weise schuldrechtlich zu einem gemeinsamen Vorgehen mit den Gebietskörperschaften verpflichtet. Der Syndikatsvertrag aus dem Jahr 1999 bindet nur die Stadt Wien und das Land Niederösterreich als Vertragspartner und räumt ihnen gegenüber den übrigen Aktionären keine Stellung ein, die einem zumindest mit 50% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft beteiligten Aktionär gleichkommt.

Es sind im verfassungsgerichtlichen Verfahren auch keine faktischen Umstände (ohne rechtliche Bindungswirkung) hervorgekommen, aus denen ein koordiniertes Stimmverhalten anderer Aktionäre mit der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich entsprechend dem Willen der beiden Gebietskörperschaften gefolgert werden kann.

2.5.5.2.Für den Verfassungsgerichtshof ist anhand des Vorbringens des Rechnungshofes nicht erkennbar, dass sich die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung im Allgemeinen dem Abstimmungsverhalten der in der Hauptversammlung vertretenen Gebietskörperschaften anschließt:

Der Rechnungshof will eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die an dieser beteiligten Gebietskörperschaften damit begründen, dass die Flughafen Wien Aktiengesellschaft das Recht habe, die Stiftungserklärung der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung zu ändern (vgl § 11.3 der Stiftungserklärung; siehe oben Punkt II.2.3.), und die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung in einer Abhängigkeit zur Flughafen Wien Aktiengesellschaft stehe. Diese Argumentation des Rechnungshofes ist nicht geeignet, die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Prüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft darzutun.

Ein Änderungsrecht hinsichtlich der Stiftungserklärung ist der Sache nach grundsätzlich nicht geeignet, eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung zu begründen. Ein zustimmungspflichtiges Abänderungsrecht alleine sichert noch keinen Einfluss auf die Ausübung der Stimmrechte durch die Stiftung (vgl Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht², 2015, § 24, Rz 157).

Im Übrigen spricht auch das Abstimmungsverhalten der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung gegen das vom Rechnungshof behauptete gemeinsame Vorgehen: In der ordentlichen Hauptversammlung vom stimmten die Vertreter der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung (wie auch die Vertreter der Airports Group Europe S.à r.l.) anders als die (zustimmenden) Aktionäre Stadt Wien und Land Niederösterreich gegen die vom Vorstand und Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zur Beschlussfassung vorgeschlagene Ermächtigung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zum Erwerb und zur Veräußerung eigener Aktien. Im Ergebnis wurde sodann dieser Beschlussvorschlag von der Hauptversammlung gegen die Stimmen der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich abgelehnt. Die übrige (weitgehend) einstimmige Beschlussfassung in dieser Hauptversammlung (aber auch in anderen Hauptversammlungen) hinsichtlich wiederkehrender, wenig kontroverser Beschlussvorschläge vermag eine tatsächliche Beherrschung durch bestimmte Aktionäre nicht zu begründen. Es kann somit im Ergebnis weder auf Grund der Stiftungserklärung der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung noch auf Grund faktischer Umstände davon ausgegangen werden, dass die Privatstiftung dem Willen der Stadt Wien und/oder des Landes Niederösterreich unterliegt. Eine Beherrschung auf der Ebene der Hauptversammlung durch die beiden Gebietskörperschaften liegt im zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum insofern nicht vor.

2.5.5.3.Im Hinblick auf den Aufsichtsrat und den Vorstand liegt eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft dann vor, wenn die beteiligten Gebietskörperschaften in dem zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum in der Lage waren, auf die Besetzung dieser Organe entsprechend einem zu 50% an der Gesellschaft Beteiligten Einfluss zu nehmen.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist Ausgangspunkt dieser Beurteilung die Bestellung des Aufsichtsrates, der wiederum den Vorstand überwacht, bestellt und gegebenenfalls auch abberuft. Die dominierende Einflussnahme auf die personelle Besetzung des Aufsichtsrates stellt nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes eine organisatorische Maßnahme iSd Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG dar, die tatsächlichen Einfluss auf die Unternehmung vermittelt: Jedes Aufsichtsratsmitglied hat in seiner Tätigkeit als oberste Richtschnur das Wohl der Gesellschaft zu verfolgen (; Kalss, Das freie Mandat – Unabhängigkeit, Weisungsunabhängigkeit und Höchstpersönlichkeit, in: Kalss/Kunz [Hrsg.], Handbuch für den Aufsichtsrat², 2016, Rz 3/29; Nowotny, Der Beamte als Aufsichtsrat, RdW 1999, 283 [284]), und die Aufsichtsratsmitglieder einer börsenotierten Aktiengesellschaften haben überwiegend unabhängige Mitglieder zu sein (vgl C-Regel 53 und C-Regel 39 Österreichischer Corporate Governance Kodex; Hlawati/Wilfling, Besonderheiten in der börsenotierten Gesellschaft, in: Kalss/Kunz, aaO, Rz 32/15). Die Bestellung der Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsrates als zentrales Aufsichtsorgan über die Geschäftsführung der Aktiengesellschaft begründet für sich bereits die tatsächliche Beherrschung des Unternehmens (zur insoweit vergleichbaren konzernrechtlichen Betrachtung zB Nowotny, § 244 UGB, in: Straube/Ratka/Rauter [Hrsg.], WK-UBG II/Rechnungslegung³, Rz 32).

Ausgehend von diesen Überlegungen lag im vorliegend zu beurteilenden Zeitraum vom bis in Anbetracht der Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die Stadt Wien und das Land Niederösterreich vor. Im darüber hinaus vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum vom bis ist eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die Gebietskörperschaften im Hinblick auf die Besetzung des Aufsichtsrates und des Vorstandes hingegen nicht erkennbar. Dies aus folgenden Gründen:

In den ersten fünf Monaten des vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigten Zeitraumes (vom bis zur Beendigung der Hauptversammlung am ) setzte sich der Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft aus den in der Hauptversammlung am gewählten zehn Kapitalvertretern (und den fünf vom Betriebsrat delegierten Arbeitnehmervertretern) zusammen.

Diese Zusammensetzung des Aufsichtsrates bis zum beruht auf einem Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vom . Zu diesem Zeitpunkt kam der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich eine tatsächlich beherrschende Stellung iSd Art 127 Abs 3 und Abs 8 iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG in der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zu: Zum Zeitpunkt der ordentlichen Hauptversammlung vom waren die Stadt Wien und das Land Niederösterreich mit einem Anteil von jeweils 20% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft beteiligt. Es bestand ein Syndikatsvertrag, der die Gebietskörperschaften zur einheitlichen Ausübung der mit den Aktien an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vermittelten Stimmrechte in der Hauptversammlung verpflichtete (vgl Punkt II.2.2.). Neben den Gebietskörperschaften war im Jahr 2013 die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung mit 10% am Grundkapital der Flughafen Wien Aktiengesellschaft beteiligt und die übrigen 50% der Aktien an der Flughafen Wien Aktiengesellschaft befanden sich im Streubesitz. Die Beteiligungsstruktur der Flughafen Wien Aktiengesellschaft im Jahr 2013 entsprach sohin jener zum Zeitpunkt der Schaffung des Tatbestandes der tatsächlichen Beherrschung nach Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG mit BGBl I 106/2009, in dem (auch von der Flughafen Wien Aktiengesellschaft unbestritten) eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die öffentliche Hand vorlag (vgl Punkt IV.2.5.1.). Das Präsenzquorum stimmberechtigter Aktionäre der Flughafen Wien Aktiengesellschaft lag zwar in der Hauptversammlung vom mit 81,32% über der im Jahr 2009 üblichen durchschnittlichen Präsenz in der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft (59,04% in der Hauptversammlung im Jahr 2008; 59,11% in der Hauptversammlung im Jahr 2009), dies ist jedoch unbeachtlich, denn mit ihrem (syndizierten) Anteil von 40% der Aktien kam den beiden Gebietskörperschaften wegen des damals überwiegenden Streubesitzes jedenfalls eine mit einem zu 50% beteiligten Aktionär vergleichbar (tatsächlich) beherrschende Stellung in der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vom zu.

Der Verfassungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass der Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft in seiner Zusammensetzung im Zeitraum vom bis in seiner Gesamtheit die im Jahr 2013 bestandenen Machtverhältnisse widerspiegelt und prolongiert. In Anbetracht der Tatsache, dass die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft bis zum auf die Bestellung in der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vom zurückgeht und sich an der personellen Zusammensetzung des damals bestellten Aufsichtsrates bis zum nichts änderte, wurde die Flughafen Wien Aktiengesellschaft im Zeitraum vom bis durch die Gebietskörperschaften tatsächlich beherrscht. Dies zudem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Zeitraum vom bis keinem Aktionär der Flughafen Wien Aktiengesellschaft mit seinem Anteil die – satzungsmäßig verlangte – (einfache) Mehrheit an Stimmrechten zukam, mit der die Abberufung und Neubestellung der Kapitalvertreter im Aufsichtsrat ohne die Zustimmung anderer Aktionäre in der Hauptversammlung möglich gewesen wäre (vgl Punkt IV.2.5.5.1.). Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft war insoweit bis zum Ende seiner Funktionsperiode (mit Beendigung der Hauptversammlung) am im Sinne der beiden Gebietskörperschaften in besonderem Maße gesichert.

Anderes gilt für den darüber hinaus vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum vom bis . In der Hauptversammlung vom wurde der Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft neu gewählt. Seither sind nachweislich zwei Vertreter der Stadt Wien, zwei Vertreter des Landes Niederösterreich, zwei Vertreter der Airports Group Europe S.à r.l., ein Vertreter der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung und drei Vertreter des Streubesitzes als Kapitalvertreter im Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft bestellt (siehe 5. Punkt der Tagesordnung im Protokoll über die 29. ordentliche Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vom ; siehe auch den Corporate-Governance-Bericht der Flughafen Wien Aktiengesellschaft für das Berichtsjahr 2017). Die Gebietskörperschaften sind seit sohin mit vier der zehn Kapitalvertreter bzw vier der fünfzehn Kapital- und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vertreten.

Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft im Zeitraum vom bis ist wegen der (gesetzlichen und satzungsmäßigen) Mehrheitserfordernisse für die Beschlussfassung im Aufsichtsrat nicht geeignet, der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich – insbesondere auch im Hinblick auf die Bestellung und Abberufung des Vorstandes – eine Einflussmöglichkeit zu vermitteln, die eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft bedeutet:

Beschlussfähig ist der Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft satzungsgemäß, wenn mindestens sechs Mitglieder – darunter der Vorsitzende oder einer seiner Stellvertreter – anwesend sind. Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit der anwesenden Aufsichtsratsmitglieder (Kapital- und Arbeitnehmervertreter) gefasst. Für die Bestellung und Abberufung des Vorstandes bedarf es sowohl der Mehrheit der Kapitalvertreter als auch der einfachen Mehrheit der anwesenden Aufsichtsratsmitglieder ("doppelte Mehrheit" siehe Punkt II.2.1.2.).

In dem vom Rechnungshof zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum vom bis stand den Gebietskörperschaften mit vier ihnen zurechenbaren Aufsichtsratsmitgliedern angesichts der Zahl von zehn Kapitalvertretern im Aufsichtsrat bzw fünfzehn Aufsichtsratsmitgliedern keine Möglichkeit zu, einfache Beschlüsse ohne die Mitwirkung bzw gegen den Willen der übrigen Mitglieder des Aufsichtsrates durchzusetzen. Dies gilt vor allem auch für die Beschlussfassung über die Bestellung oder Abberufung des Vorstandes: Diese Beschlussfassung erfordert die Zustimmung von mindestens sechs der zehn Kapitalvertreter des Aufsichtsrates; den Gebietskörperschaften kommt daher mit vier der zehn Kapitalvertreter betreffend die personelle Einflussnahme auf den Vorstand weder eine Mehrheit noch ein "Abblockungspotential" zu.

Im Hinblick auf die Anzahl der als Vertreter der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich in der Hauptversammlung am in den Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft gewählten Kapitalvertreter wurde seitens des Rechnungshofes in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof richtiggestellt, dass die noch in den Anträgen angenommene Anzahl von fünf den Gebietskörperschaften zurechenbaren Kapitalvertretern auf einem Fehler beruhe und es an dieser Stelle in den Anträgen eigentlich vier anstatt fünf den Gebietskörperschaften zurechenbare Mitglieder des Aufsichtsrates heißen müsse. Soweit der Rechnungshof davon ausgeht, dass der (Kapital-)Vertreter der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung im Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft mittelbar den Gebietskörperschaften zurechenbar sei, liegt dem Verfassungsgerichtshof kein Nachweis für diese Annahme vor. Diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden (siehe Punkt 2.5.5.2.).

Soweit der Rechnungshof eine tatsächliche Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft darin erblickt, dass der im zur Prüfung beabsichtigten Zeitraum amtierende Vorstand mit Aufsichtsratsbeschluss vom (bis zum ) (wieder-)bestellt wurde und der Aufsichtsrat damals von der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich tatsächlich beherrscht wurde, ist dem Rechnungshof nicht zu folgen. Das Vorbringen lässt außer Betracht, dass der Vorstand der Flughafen Wien Aktiengesellschaft im Zeitraum vom bis unter der Aufsicht des am neu gewählten Aufsichtsrates agierte und den Gebietskörperschaften in diesem Zeitraum im Aufsichtsrat keine beherrschende Stellung zukam. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft nimmt seine Aufgaben zwar grundsätzlich weisungsfrei wahr (zB Strasser in: Jabornegg/Strasser, aaO, § 70 AktG, Rz 10), bei wesentlichen Maßnahmen der Geschäftsführung hat er jedoch die Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen (vgl den Katalog in § 95 Abs 5 AktG; siehe die Auflistung in § 8 der Geschäftsordnung des Vorstandes der Flughafen Wien Aktiengesellschaft vom ). Bestimmte Geschäfte bedürfen überdies der Zustimmung der Hauptversammlung (siehe § 45, 175, 238 Abs 1 und Abs 2 AktG). Dem Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft kommt zudem die Personalhoheit über den Vorstand zu; die Bestellung und Abberufung des Vorstandes obliegt dem Aufsichtsrat. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes lässt sich eine tatsächliche Beherrschung der Gebietskörperschaften im Hinblick auf den Vorstand der Flughafen Wien Aktiengesellschaft im Zeitraum vom bis sohin nicht begründen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft im Zeitraum vom bis ihre Aufgaben entsprechend dem Willen der Stadt Wien oder des Landes Niederösterreich wahrgenommen haben, wurden nicht vorgebracht. Eine personelle Verflechtung mit den handelnden Personen des Vorstandes oder des Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft, die es der Stadt Wien oder dem Land Niederösterreich ermöglicht hätte, wesentlichen Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen, ist ebenso für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar. Es liegen auch keine Verträge oder sonstigen Umstände vor, die auf eine Verflechtung zwischen den beiden Gebietskörperschaften einerseits und dem Aufsichtsrat und/oder dem Vorstand der Flughafen Wien Aktiengesellschaft andererseits schließen ließen.

Die Gebietskörperschaften waren sohin weder durch finanzielle, sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen in der Lage, den Aufsichtsrat oder den Vorstand der Flughafen Wien Aktiengesellschaft zu beherrschen, noch konnte faktisch ein dominierender Einfluss der Gebietskörperschaften auf den Aufsichtsrat oder den Vorstand der Flughafen Wien Aktiengesellschaft festgestellt werden.

2.6.Eine Zusammenschau der Beteiligungsverhältnisse und der üblichen Präsenz in der Hauptversammlung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft sowie aller dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden finanziellen, sonstigen wirtschaftlichen und organisatorischen Maßnahmen betreffend die Flughafen Wien Aktiengesellschaft ergibt, dass die Stadt Wien und das Land Niederösterreich im seitens des Rechnungshofes zur Prüfung der Gebarung begehrten Zeitraum vom bis die Flughafen Wien Aktiengesellschaft iSd Art 127 Abs 3 zweiter Satz (und Abs 8) iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG im Hinblick auf den Aufsichtsrat der Flughafen Wien Aktiengesellschaft tatsächlich beherrschten. In dem darüber hinaus zur Gebarungsprüfung beabsichtigten Zeitraum vom bis kam der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich im Hinblick auf die Flughafen Wien Aktiengesellschaft hingegen keine beherrschende Stellung zu, wie sie einem mit wenigstens 50% der Anteile Beteiligten annähernd entspricht. Der Rechnungshof ist somit zur Überprüfung der Gebarung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft betreffend den Zeitraum vom bis zuständig und betreffend den Zeitraum vom bis nicht zuständig.

2.7.Gleiches gilt für die zu KR2/2018 beantragte Feststellung der Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Überprüfung der Gebarung der VAT GmbH. Gemäß Art 127 Abs 2 letzter Satz B-VG erstreckt sich die Prüfzuständigkeit des Rechnungshofes auch auf Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen des Art 127 Abs 2 erster und zweiter Satz B-VG vorliegen. Vor dem Hintergrund, dass die VAT GmbH im Alleineigentum der Flughafen Wien Aktiengesellschaft steht und die Flughafen Wien Aktiengesellschaft von der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich im Zeitraum vom bis iSd Art 127 Abs 2 (und Abs 8) iVm Art 126b Abs 2 zweiter Satz B-VG tatsächlich beherrscht wurde, liegt in diesem Zeitraum eine mittelbare tatsächliche Beherrschung der VAT GmbH durch die beiden genannten Gebietskörperschaften vor. Im Zeitraum vom bis ist eine mittelbare tatsächliche Beherrschung der VAT GmbH durch die Stadt Wien und/oder das Land Niederösterreich wegen des Nichtvorliegens einer tatsächlichen Beherrschung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft durch die beiden Gebietskörperschaften hingegen auszuschließen. Dementsprechend ist der Rechnungshof zur Überprüfung der Gebarung der VAT GmbH (im begehrten Zeitraum vom bis ) betreffend den Zeitraum vom bis zuständig und betreffend den Zeitraum vom bis nicht zuständig.

V.Ergebnis

1.Der Rechnungshof ist zur Gebarungsprüfung der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der Vienna Airport Technik GmbH für den Zeitraum vom bis zuständig und für den Zeitraum vom bis nicht zuständig. Der Rechnungshof ist daher befugt, in sämtliche Unterlagen der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der Vienna Airport Technik GmbH Einsicht zu nehmen, soweit diese die Gebarung bezüglich Instandhaltung und Wartung der Infrastruktur in der Zeit vom bis betreffen.

2.Die Kostenentscheidung gründet auf § 36f Abs 2 VfGG. Der Flughafen Wien Aktiengesellschaft und der Vienna Airport Technik GmbH sind durch die Aufforderung zur Äußerung Kosten angefallen. Da die Flughafen Wien Aktiengesellschaft und die Vienna Airport Technik GmbH durch dieselbe Rechtsanwaltskanzlei vertreten waren und eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Äußerung erstattet haben, ist der beantragte Kostenersatz einmalig in Höhe der Pauschalkosten angemessen (vgl VfSlg 17.065/2003). In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 218,– sowie Umsatzsteuer in Höhe von € 479,60 enthalten.

Der Pauschalkostenersatz ist dabei ungeachtet des Umstandes, dass die Anträge des Rechnungshofes zum Teil erfolgreich waren, zur Gänze zuzusprechen, weil die Verweigerung der Einsicht in die Unterlagen durch die Flughafen Wien Aktiengesellschaft und die Vienna Airport Technik GmbH auch für Zwecke der Gebarungsprüfung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war (vgl VfSlg 17.065/2003).

Für die nicht abverlangte Stellungnahme der Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung ist ein Kostenersatz gemäß § 36f Abs 2 iVm § 36c VfGG nicht vorgesehen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2018:KR1.2018
Schlagworte:
VfGH / Rechnungshofzuständigkeit, Luftfahrt, Privatisierung, VfGH / Kosten

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