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VfGH vom 23.06.2014, G99/2013 ua

VfGH vom 23.06.2014, G99/2013 ua

19887

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 über die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zur Austragung von Personen aus der Ärzteliste im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches; unzulässige Ausnahme vom gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung bei der Entscheidung über das Erlöschen einer Berufsberechtigung

Spruch

I. 1. Die Zeichenfolgen "1," und ", 2" in § 59 Abs 3 erster Satz, § 59 Abs 3 letzter Satz und die Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs 1 Z 18 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, jeweils idF BGBl I Nr 144/2009, sowie die Wortfolge "und § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 80/2012 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Die Wortfolge "sowie § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 144/2009 war verfassungswidrig.

5. Die aufgehobene Zeichenfolge "1," in § 59 Abs 3 erster Satz und die aufgehobene Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs 1 Z 18 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, jeweils idF BGBl I Nr 144/2009, sowie die aufgehobene Wortfolge "und § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 80/2012 sind in der beim Verwaltungsgerichtshof zu Z 2013/11/0252 anhängigen Rechtsache nicht mehr anzuwenden.

6. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Der zu G118/2014 protokollierte Antrag des Verwaltungsgerichtshofes wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Anträge und Vorverfahren

1. Mit den vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 B VG gestützten Anträgen begehrt der Verwaltungsgerichtshof, die Zeichenfolgen "1," und ", 2" in § 59 Abs 3 erster Satz, in eventu den ersten Satz dieser Bestimmung zur Gänze, § 59 Abs 3 letzter Satz und die Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs 1 Z 18, jeweils des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169 (im Folgenden: ÄrzteG 1998), jeweils idF BGBl I 144/2009 sowie die Wortfolge "und § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 80/2012 als verfassungswidrig aufzuheben und im Übrigen festzustellen, dass die Wortfolge "sowie § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 verfassungswidrig war.

Diesen Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

2. Zu dem unter G99/2013 protokollierten Antrag:

2.1. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer stellte mit Bescheid vom fest, dass die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei derzeit nicht über die für die ärztliche Berufsausübung notwendige gesundheitliche Eignung gemäß § 4 Abs 2 Z 4 ÄrzteG 1998 verfüge und dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht bestanden habe, weil die für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche gesundheitliche Eignung schon ursprünglich nicht vorgelegen sei (§59 Abs 1 Z 2 leg.cit.). Begründend führte die bescheiderlassende Behörde aus, dass der Beschwerdeführerin das notwendige Maß an psychischer und physischer Toleranz zur Ausübung des Arztberufes fehle. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde der Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

2.2. Die Bedenken, die den Verwaltungsgerichtshof im konkreten Fall zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, sind – im Wesentlichen –jene, die vom Verwaltungsgerichtshof bereits in dem unter G87/2013 protokollierten Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste vorgebracht wurden. Ergänzend zu diesen führt der Verwaltungsgerichtshof wie folgt aus:

"[…] Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer wird also nicht nur […] in Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste (§27 ÄrzteG 1998) zur Entscheidung berufen, sondern auch in Verfahren hinsichtlich des Erlöschens der Berechtigung zur Berufsausübung und der Streichung aus der Ärzteliste (§59 ÄrzteG 1998). Beide Tätigkeitsbereiche, die Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste einerseits und zur Austragung aus dieser andererseits samt damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, werden durch § 117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998 dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer (von im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) zugeordnet. Hier wie dort entscheidet er dabei mit Bescheid als erste und letzte Instanz (§125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998).

[…] Selbst wenn man bei Angelegenheiten im Sinne des § 59 Abs 3 ÄrzteG 1998 von einer ausreichenden - mittelbaren - demokratischen Legitimation des entscheidenden Organs des Selbstverwaltungskörpers, des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, ausgehen wollte (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , VfSlg 18.806), werden damit nicht bloß überwiegende Interessen der im Selbstverwaltungskörper Ärztekammer bzw. Österreichische Ärztekammer zusammengefassten Mitglieder berührt.

Wie die Begründung des angefochtenen Bescheids selbst aufzeigt ('Schutz des Patientenvertrauens', 'behördlich wahrzunehmende[n] Präventivwirkung'), sind von dieser Entscheidung vielmehr entscheidend allgemeine öffentliche Interessen betroffen, hat doch die gesamte Bevölkerung ein Interesse daran, dass nur solche Personen, welche die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderlichen Voraussetzungen aufweisen, (weiter) als Ärzte tätig sind.

[…] Vor diesem Hintergrund dürfte die geltende Regelung die dargelegten Grenzen zulässiger Selbstverwaltung überschreiten.

[…] Der Verwaltungsgerichtshof hält es daher für geboten, die im Spruch genannten Bestimmungen des ÄrzteG 1998 anzufechten.

Er legt dem Umfang der Anfechtung die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zu Grunde, dass der Umfang der zu prüfenden und im Fall ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen ist, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, andererseits aber der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfahren soll, wobei in jedem Fall abzuwägen ist, welchem dieser Ziele der Vorrang gebührt (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , VfSlg 18.806, mwN). Die Grenzen einer möglichen Aufhebung müssen so gezogen werden, dass der verbleibende Gesetzesteil keinen völlig veränderten Inhalt bekommt, aber auch die mit der aufzuhebenden Gesetzesbestimmung in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen erfasst werden.

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof von einer Untrennbarkeit der Regelung des § 59 Abs 3 erster Satz ÄrzteG 1998 ausgehen sollte, wird der aus dem Spruch ersichtliche Eventualantrag gestellt.

Da der Verwaltungsgerichtshof jene Fassung des Gesetzes anzuwenden hat, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung in Kraft stand, und § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 durch die Novelle BGBl I Nr 80/2012 eine Neufassung erfahren hat, war die Feststellung zu beantragen, dass die Wortfolge 'sowie § 59 Abs 3' in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 144/2009 verfassungswidrig war."

2.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der er zum einen beantragt, den vorliegenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ab- bzw. zurückzuweisen, und im Übrigen den im Antrag dargelegten Bedenken – im Wesentlichen unter Wiederholung der bereits in der Rechtsache G87/2013 dargelegten Argumente – entgegentritt. Ergänzend führt er wie folgt aus:

"Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die vom VwGH […] bekämpften Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 hinsichtlich 'Austragung/Streichung aus der Ärzteliste' im Lichte der zuvor dargestellten Judikatur als verfassungswidrig anzusehen sind oder nicht.

Die Kriterien, des Personenkreises (Ärzte und Ärztinnen), der im Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossen ist (Ärztekammern in den Bundesländern und der Österreichischen Ärztekammer vgl. §§65 ff. sowie 117 ff. Ärztegesetz) sind auf gesetzlicher Ebene eindeutig vorgegeben (vgl. § 4 Ärzteg[e]setz).

Unbestritten verleiht dieser Personenkreis dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche Legitimation, was auch in der mit der B-VG-Novelle BGBl I 2008/2 geschaffenen Bestimmung des Art 120c Abs 1 B-VG zum Ausdruck gebracht wird ('Die Organe der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.').

Die einzelnen Ärzte und Ärztinnen sind Mitglieder der Ärztekammern in den Bundesländern (§§65 ff und vor allem § 68 Abs 1, 2 und 5 Ärztegesetz 1998). Die Österreichische Ärztekammer besorgt jene Aufgaben, die über den Wirkungsbereich der einzelnen Ärztekammer hinausgehen (§117a Ärztegesetz 1998). Die Ärztekammern in den Bundesländern sind Mitglieder der Österreichischen Ärztekammer (§119 Ärztegesetz 1998). Die Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer besteht aus Vertretern der Landesärzt[e]kammern (vgl. § 121 Abs 1 Ärztegesetz). Es entspricht der hM (siehe anstatt vieler B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2013, Rz 80; Zellenberg, Die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen der funktionalen Selbstverwaltung in Österreich, in: Kluth (Hrsg), Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2008 (2009) 259 [275 f.]), dass es zulässigerweise auch gegliederte Selbstverwaltungskörper, dh 'Verbände höherer Ordnung', geben kann, in denen die demokratische Legitimation des Dachverbandes durch die einzelnen darin zusammengefassten Kammern bewirkt wird. Dies geschieht durch die - hier nicht im Einzelnen darzustellenden - Mitwirkungsrechte von Organen der Ärztekammern in der Österreichischen Ärztekammer (§§120 ff Ärztegesetz 1998), die eine entsprechende Legitimationskette herstellen.

Führt die Österreichische Ärztekammer daher Verfahren zur Austragung/Streichung aus der Ärzteliste betreffend die in einer Landesärztekammer zusammengeschlossenen ÄrztInnen (vgl. § 68 Ärztegesetz), dann entscheidet sie insoweit nicht über außenstehende Personen, sondern vielmehr über Kammerangehörige, dh über Personen, die durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern im Sinne des Artikel[s] 120a[…] Abs 1 B-VG zusammengefasst werden. Kammerangehörige verfügen über die in § 69 f Ärztegesetz normierten Rechte und Pflichten, dazu zählt auch die Wahl der Kammerräte.

In dem Zusammenhang ist auf VfSlg 18.806/2009 zu verweisen, wonach ein relevanter Bezug zum Mitgliederkreis auch dann noch gegeben ist, wenn man etwa aus Altersgründen seine mitgliedschaftsbegründende Tätigkeit beendet hat. Wie schon [in der zu G87/2013 protokollierten Äußerung] erwähnt, ist aus der Entfaltung einer 'Nachwirkung' für ehemalige Kammermitglieder, im umgekehrten Weg quasi eine 'Vorwirkung' für künftige Kammermitglieder, als zukünftig Angehörige der Leistungsgemeinschaft der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretung zugehörend, zu sehen.

[…] Führung der Liste der Mitglieder - eigener Wirkungsbereich

Die Führung der Liste von Berufsangehörigen zählt zu jenen Aufgaben von Selbstverwaltungskörpern, die einen unmittelbaren Konnex zu ihrem personellen Substrat (Pflichtmitglieder) hat und ist daher schon insoweit zum eigenen Wirkungsbereich zu zählen.

[…] Vergleich mit anderen Selbstverwaltungskörpern

Dies belegt auch ein Vergleich mit anderen Selbstverwaltungskörpern freier Berufe: Eine weitgehend idente Rechtslage besteht nämlich etwa auch bei der gesetzlichen beruflichen Vertretung der Rechtsanwälte. Auch diese Liste wird im eigenen Wirkungsbereich geführt (§§5 ff. iVm § 23 Abs 5 Rechtsanwaltsordnung [RAO]). Jeder Bewerber, der die Rechtsanwaltschaft erlangen will, hat gemäß § 5 Rechtsanwaltsordnung (RAO) beim Ausschuss der Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel er seinen Kanzleisitz nimmt, seine Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu erwirken. Diese Eintragung ist gemäß § 1 RAO unbedingte Voraussetzung dafür, um in Österreich als Rechtsanwalt tätig sein zu können. Darüber hinaus hat auch die Rechtsanwaltskammer absolut vergleichbar mit der Ärztekammer die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben gemäß § 23 Abs 5 Rechtsanwaltsordnung (RAO) im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.

In diesem Sinne weisen auch die Materialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 - BRÄG 2010, BGBl I 2009/141, RV 483 BlgNR 24. GP, 4, zutreffend auf den Punkt hin: 'Als Beispiel sei etwa die Eintragung in die oder die Streichung von der Liste der Rechtsanwälte genannt. Diese ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Rechtsanwaltskammern hat zwangsläufig Reflexwirkungen auf Dritte, weil nur in die Liste eingetragene Personen als Rechtsanwalt tätig werden dürfen. Unmittelbare Rechte und Pflichten von Personen, die von jenem Personenkreis verschieden sind, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt (VfSlg 17.023/2003, S 674, und VfSlg 17.869/2006, S 886 f.), werden damit aber nicht begründet.' Dazu sei angemerkt, dass in der bisherigen Judikatur des VfGH bislang auch gegen die Bestimmungen zur Führung der Liste im eigenen Wirkungsbereich der Rechtsanwaltskammern keine Bedenken entstanden sind (siehe dazu etwa VfSlg 9230/1981 und 14.237/1995).

Im Erkenntnis des VfGH B2450/94 (VfSlg 14.237/1995, Mitgliedschaft Rechtsanwälte) vom wird unter Pkt 2.1.3 ausgeführt, dass der VfGH hinsichtlich der im Verfahren behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§5, 23 und 33 Abs 2 RAO, welche damit begründet wurde, dass Gesetze, die die Ausübung des Anwaltsberufes von der Zugehörigkeit zu einer Rechtsanwaltskammer und damit von deren Zuständigkeit zur Ausübung der Disziplinargerichtsbarkeit abhängig machen, mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung unvereinbar seien, keinen Anlass zur näheren Untersuchung sah. Der VfGH verwies vielmehr auf das Erkenntnis VfSlg 11065/1986, in dem er schon damals darlegte, dass gegen § 5 RAO unter dem Blickwinkel der Zwangsmitgliedschaft keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Diese Überlegungen sind auch für die §§23 und 33 Abs 2 RAO maßgeblich.

Mit seinem Erkenntnis B611/80 vom sprach der VfGH aus, dass das durch Art 18 StGG geschützte Recht, welches die Freiheit, ohne Behinderung oder Beschränkung durch eine österreichische Rechtsnorm einen Beruf zu wählen und sich für ihn auszubilden umfasst (vgl. zB VfSlg 8037/1977 und die dort zitierte Vorjudikatur), durch § 5 Abs 2 RAO nicht behindert oder beschränkt werde. Bei der unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles verfassungsgesetzlichen Unbedenklichkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur durch eine willkürliche Gesetzeshandhabung verletzt worden sein (vgl. zB VfSlg 8428/1978), im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) nur dann, wenn bei Erlassung des Bescheides eine gesetzliche Bestimmung in denkunmöglicher Weise angewendet wurde (vgl. zB VfSlg 7440/1974).

Ähnlich gestaltet sich die Situation auch bei der Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten. Gemäß § 2 Abs 1 Ziviltechnikerkammergesetz (ZTKG) sind die Länderkammern berufen, innerhalb ihres örtlichen Wirkungsbereiches die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Ziviltechniker wahrzunehmen und zu fördern, für die Wahrung des Standesansehens zu sorgen und die Erfüllung der Berufspflichten der Ziviltechniker zu überwachen. Diese generell genannten Aufgaben sind gem. § 2 Abs 2 ZTKG als solche des selbständigen Wirkungsbereiches anzusehen, wobei insbesondere das Führen des Verzeichnisses der Ziviltechniker und der Ziviltechnikergeselischaften ausdrücklich im Gesetz als eine Aufgabe des selbständigen Wirkungsbereiches normiert ist.

[…] Pflichtmitgliedschaft als Wesensmerkmal der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretung

Man kann zu Recht primär den Mitgliedern dieser beiden oben genannten Kammern, aber auch sekundär der Allgemeinheit unterstellen, dass sie ein berechtigtes Interesse daran haben, dass nur geeignete Personen - seien es Rechtsanwälte oder Ziviltechniker - beruflich tätig werden. Trotz dieses Umstandes gehört die Führung des jeweiligen Mitgliederverzeichnisses dieser Kammern ausnahmslos in deren eigenen Wirkungsbereich. Dies trifft ebenso auf andere Angehöre der freien Berufe (vgl. auch Notare, § 124 Abs 3 NO) sowie insbesondere auf Ärzte und Ärztinnen zu. Letztere sind Pflichtmitglieder in den Ärztekammern. Die Ärztekammern sind als gesetzliche berufliche Selbstverwaltung sowie als Körperschaften öffentlichen Rechts eingerichtet. Auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung zur Mitgliedschaft handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Rechtspflicht und ist nicht durch private rechtsgeschäftliche Verfügung begründet. Die Mitgliedschaft bei der Ärztekammer ist eine zwingende Konsequenz aus der beruflichen Position und Tätigkeit als Arzt/Ärztin. Die ärztliche Tätigkeit ist zwingend an eine Kammermitgliedschaft gebunden. Eine besondere und eindeutige Gruppenbezogenheit ist gegeben. Es gehört zum Wesen der Kammern als gesetzlich berufliche Vertretungen, dass der Gesetzgeber einen Kreis von Personen zum Zweck der Durchsetzung und Unterstützung ihrer eigenen (beruflichen) Interessen organisatorisch zusammenfasst.

Vgl. dazu Pernthaler, wonach das Organisationsmerkmal 'Körperschaft öffentlichen Rechts mit gesetzlich festgelegter Pflichtmitgliedschaft aller Angehörigen der betreffenden Berufsgruppe' zum eigentlichen Kernbereich der Verfassungsbegriffe 'Kammer' bzw. 'gesetzliche berufliche Vertretung' gehöre (Pernthaler, in Kammern und Pflichtmitgliedschaft in Österreich, Schriftenreihe Arbeit, Recht, Gesellschaft der AK, Band 10).

Die Führung der Liste der Kammerangehörigen und die Austragung/Streichung aus der Liste obliegt somit der jeweiligen gesetzlichen beruflichen Interessenvertretung im eigenen Wirkungsbereich[…] (Öhlinger, Die Verankerung von Selbstverwaltung und Sozialpartnerschaft in der Bundesverwaltung, JRP 2008, 186, sowie Wallner in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht (2011) XVIII Rz 41[…])[.]

Die Führung der Ärzteliste ist in dem Zusammenhang in toto zu sehen. Eine Aufsplittung der Bestimmungen zur 'Führung der Ärzteliste', dh einzelne Bereiche heraus zu nehmen bzw. dem eigenen Wirkungsbereich zu entziehen (z. B. Austragung aus der Ärzteliste), ist aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich und aus verwaltungsökonomischer Sicht nicht sinnvoll.

[…] Selbstverwaltung als Form dezentralisierter mittelbarer Verwaltung

Dieses Ergebnis ergibt sich nicht nur aus einem Rückgriff auf die eigentliche Ratio der erwähnten Judikaturlinie, wie sie schon weit vor den hier analysierten Erkenntnissen, nämlich im leading case VfSlg 8215/1977, ausgesprochen wurde, sondern auch aus dem Bundesverfassungsgesetz (Artikel 120a B-VG): Der eigene Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers umfasst Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (mwN Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht, Rz 569a). Artikel 120a Abs 2 B-VG normiert: 'Die Republik achtet deren Autonomie', dh ihren relativ unabhängigen öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereich.

Die Selbstverwaltung ist als Form dezentralisierter mittelbarer Verwaltung konzipiert, deren wesentliches Merkmal darin liegt, dass die Verwaltung durch eigene Rechtsträger ('Selbstverwaltungskörper') weisungsfrei besorgt wird […] (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht (2007) Rz 857 f).

Der Selbstverwaltungskörper übernimmt somit bestimmte Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, die nicht von staatlichen Behörden wahrgenommen werden, sondern von Personen (Organen), die von den Mitgliedern des Selbstverwaltungskörpers direkt oder indirekt gewählt werden. Die Selbstverwaltungskörper haben das Recht, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen (Artikel 120b[…] Abs 1 B-VG) und im Rahmen der Gesetze Satzungen zu erlassen.

In diesem Sinne sind die Ärztekammern als gesetzliche berufliche Selbstverwaltung bzw. als Körperschaften öffentlichen Rechts eingerichtet (vgl. §§65 ff und 117ff Ärztegesetz). Sie sind zur Vertretung der gemeinsamen Interessen der Kammerangehörigen und zur Wahrnehmung der Belange der Ärzte und Ärztinnen sowie zur Sorge für die Wahrung des ärztlichen Berufsansehens und der ärztlichen Berufspflichten berufen. Die von den Ärztekammern zu vertretenden Angelegenheiten, wie Mitgliederverwaltung, öffentlich-rechtliche Interessensrepräsentation, sowie die Vollziehung spezifischer Verwaltungsaufgaben liegen im ausschließlichen oder jedenfalls überwiegenden Interesse der Ärzteschaft und sind geeignet durch die 'Gemeinschaft der ÄrztInnen' besorgt zu werden. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Besorgung der in den eigenen Wirkungsbereich übertragenen Aufgaben oft (und letztlich selbstverständlich) auch gewisse wirtschaftliche Auswirkungen auf Dritte hat[…] (vgl. Materialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 - BRÄG 2010, BGBl I 2009/141, RV 483 BlgNR 24. GP, 4).

Es liegt somit im ureigensten Interesse der Ärztekammer als gesetzliche berufliche Interessenvertretung (nichtterritoriale Selbstverwaltung), jene Verfahren zu führen, die sich auf das personelle Substrat, die Ärzteschaft, beziehen. Würde man den gegenteiligen Standpunkt vertreten, liefe dies darauf hinaus, dass über den Mitgliederkreis der Ärztekammern nur mehr unter staatlicher Weisungsbindung entschieden werden könnte. Dies würde aber dem grundsätzlichen Gedanken der Selbstverwaltung widersprechen: Denn dieser Grundgedanke lässt nur jene staatliche Ingerenz zu, wie sie im Gebot der sachlichen Abgrenzung des Personenkreises an sich zum Ausdruck kommt (dazu etwa VfSlg 8539/1979; zum Problemkreis auch Stolzlechner, Der Gedanke der Selbstverwaltung in der Bundesverfassung, in: Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hrsg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 361 [372]), zu. Eine weitere Ingerenz auf jedes einzelne Verfahren zur 'Selbstergänzung oder Änderung' des einmal gesetzlich festgeschriebenen Personenkreises muss in die Autonomie, dh ihren relativ unabhängigen öffentlichrechtlichen Wirkungsbereich und damit in den eigenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers fallen, wenn man nicht den Kerngedanken der Selbstverwaltung in Frage stellen möchte.

Neben dem für die Selbstverwaltung wesentlichen eigenen (selbständigen) Wirkungsbereich können Selbstverwaltungskörper durch Gesetz mit der Besorgung von Aufgaben[,] in denen eine Drittbezogenheit gegeben ist - dh Aufgaben[,] die außerhalb des in der Selbstverwaltung zusammengefassten Personenkreises liegen - betraut werden (übertragener Wirkungsbereich - Artikel 120b Abs 2 B-VG). In diesen Fällen liegt die Parallele zu den in VfSlg 18.548/2008 gegebenen Konstellationen auf der Hand. Derartige Verfahren, wie sie in den §§32, 33 ('Selbständige Berufsausübung aufgrund einer Bewilligung') und 35 Ärztegesetz ('Ärztliche Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken') vorgesehen sind, werden in der bekämpften Bestimmung des § 117b Abs 1 Z 18 Ärztegesetz explizit aus dem eigenen Wirkungsbereich exkludiert und durch § 117c Abs 1 Z 2 und 3 Ärztegesetz dem übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen (zum Umstand, dass es dabei um überwiegende Interessen der Allgemeinheit und nicht um das überwiegende Interesse der Ärzteschaft geht, siehe die Materialien zur hier maßgeblichen 13. Ärztegesetz-Novelle, BGBl I 2009/144, RV 467 BlgNR 23. GP, 6). Die Vollziehung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 sowie der §§9 bis 11 und 13 Ärztegesetz erfolgte ursprünglich durch das Bundesministerium für Gesundheit. Im Rahmen einer Verwaltungsreform/Verwaltungsvereinfachung, BGBl Nr I 65/2002, ging die Zuständigkeit zur Führung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 Ärztegesetz auf die Österreichische Ärztekammer über. Diese wurden im Rahmen der 13. Ärztegesetznovelle explizit dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet[,] vgl. § 117c Abs 1 Z 1 und 2 Ärztegesetz.

Im Gegensatz dazu erfolgte die Führung der Ärzteliste, welche als ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Ärztekammer als gesetzliche berufliche Interessenvertretung zu sehen ist, immer schon im eigenen Wirkungsbereich der Ärztekammer.

Daraus ergibt[…] sich[,] dass die Regelung des § 117b Abs 1 Z 18 Ärztegesetz und die darauf Bezug habenden Regelungen, insbesondere § 59 Abs 3 und § 125 Abs 4 zweiter Satz Ärztegesetz, welche alle im Zusammenhang mit der Führung der Ärzteliste stehen und dem eigenen Wirkungsbereich zuzuordnen sind, verfassungskonform sind. Es werden vom Gesetzgeber in differenzierter Weise nur jene Verfahren dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet, in denen eine eindeutige Drittbezogenheit gegeben ist (Eingrenzung auf jedenfalls unverzichtbare Angelegenheiten).

[…] Keine Änderung der Zuordnung durch die 13. Ärztegesetz-Novelle

Zu den Ausführungen in seinem Prüfungsantrag unter Pkt. II.9.2., dass das Ärztegesetz 1998 bis zur Novelle BGBl I Nr 144/2009 gegen Entscheidungen der österreichischen Ärztekammer ein Berufungsrecht an den Landeshauptmann vorgesehen hatte und der daraus geschlossenen Annahme, dass es sich somit offenkundig um eine Zuordnung der in Rede stehenden Angelegenheit in den übertragenen Wirkungsbereich handelte ist auszuführen, dass ein solcher Schluss nicht zulässig ist.

Wie bereits Pürgy (in Pürgy, Eigener und übertragener Wirkungsbereich der nicht territorialen Selbstverwaltung, JRP 2006)[…] ausführt[,] bedeutet die bloße Einrichtung eines Instanzenzuges zu einer staatlichen Behörde für sich allein nicht zwingend, dass die Angelegenheit nicht dem eigenen Wirkungsbereich angehören kann, da maßgebliches Kriterium für die Selbstverwaltung die weisungsfreie Erledigung von öffentlichen Aufgaben ist. Ein Weisungsrecht des Bundesministers im Zusammenhang mit der Führung der Ärzteliste lag niemals, auch nicht vor der Erlassung der 13. Ärztegesetznovelle vor. Pürgy verweist in dem Zusammenhang (FN 20) auf VfSlg 8215/1977 unter Hinweis auf Werner, Selbstverwaltung und Bundesverfassung, ÖJZ1950, 437 f; sowie das in Form der Selbstverwaltung vollzogene Sozialversicherungsrecht. Die zuständigen Versicherungsträger unterliegen zwar der staatlichen Aufsicht, die Erfüllung der Aufgaben erfolgt jedoch weisungsfrei. Die Tatsache, dass sich das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Selbstverwaltungskörpers an eine staatliche Behörde richtet, ändert nichts am Charakter der Selbstverwaltung.

Der VfGH hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass das maßgebliche Kriterium darin zu sehen ist, ob ein Instanzenzug aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen ausgeschlossen ist. Wenn das nicht der Fall ist, spricht die Vermutung für die Freiheit des einfachen Gesetzgebers. In VfSlg 7262/1974 ist in dieser Hinsicht davon die Rede, dass 'keine Norm des Bundesverfassungsrechts' bestünde, 'die es dem Bundesgesetzgeber verwehrte, einem Organ der staatlichen Verwaltung in den Bereich der beruflichen Selbstverwaltung eingreifende Rechtsmittelbefugnisse einzuräumen' (dazu auch Adamovich/Funk/ Holzinger/Frank, Österreichisches Staatsrecht, Band 4: Allgemeine Lehren des Verwaltungsrechts (2009) Rz 62.085). War eine derartige Grundlage vorhanden, dann konnte (bis zum Inkrafttreten der mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 BGBl I 2012/51 umgesetzten Rechtsschutzreform) ein Instanzenzug an staatliche Organe auch in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches des Selbstverwaltungskörpers eingerichtet werden. Ein paradigmatischer Fall waren dabei etwa Verfahren im Disziplinarrecht (dazu etwa VfSlg 3184/1957, 7494/1975, 13.580/1993, 16.482/2002).

Eine ausdrückliche Zuordnung aller Angelegenheiten zur Führung der Ärzteliste erfolgte durch die 13. Ärztegesetz-Novelle BGBl I 2009/144 in Anpassung an die neuen Bestimmungen der Art 120a ff B-VG.

Daraus kann keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass die vom VwGH monierte Verfassungswidrigkeit erst durch diese Neuregelung entstanden sei.

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass mit der Einrichtung der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte ab erneut ein Instanzenzug vom eigenen Wirkungsbereich an die Verwaltungsgerichte normiert wurde und diese Problematik im Übrigen obsolet ist (Art130 ff B-VG idF BGBl I 2012/51). Ein interner Instanzenzug ist zudem nur mehr im eigenen Wirkungsbereich der Gemeindeselbstverwaltung vorgesehen, kann aber auch dort vom jeweiligen Materiengesetzgeber ausgeschlossen werden (Art118 Abs 4 und Art 132 Abs 6 B-VG idF BGBl I 2012/51).

Insgesamt ergibt sich daraus, dass Verfahren zur Austragung/Streichung aus der Ärzteliste vor und nach der 13. Ärztegesetz-Novelle zulässigerweise dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen waren.

[…] Prozessuale Anmerkungen

Anzumerken ist schließlich noch, dass die Zuordnung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Österreichischen Ärztekammer demonstrativ (§117b Abs 1 Ärztegesetz: 'insbesondere'), jene des übertragenen Wirkungsbereiches hingegen taxativ erfolgt (vgl. den Wortlaut von § 117c Abs 1 Ärztegesetz). Die Beseitigung der Zeichenfolge ,' 2' in § 59 Abs 3 erster Satz Ärztegesetz, in eventu § 59 Abs 3 zur Gänze bzw. einschlägiger Wortfolgen in § 117b Abs 1 Z 18 Ärztegesetz sowie § 125 Abs 4 zweiter Satz Ärztegesetz verbundenen expliziten Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich würde an diesem Status nichts ändern, weil im Zweifel von der Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich auszugehen ist (idS explizit auch VfSlg 9737/1983, 17.869/2006).

In jenen Fällen, in denen die Aufhebung einer bekämpften Bestimmung an der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit nichts ändern würde, geht die Judikatur des VfGH in der Regel mit einer Abweisung im konkreten Normenkontrollverfahren vor (idS etwa für die explizite Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich auch VfSlg 18.548/2008, Pkt. II.2.3.; zum Problemkreis eingehend auch Rohregger, Art 140 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht Kommentar [6. Lfg. 2003] Rz. 279 ff).

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH den Umfang des Prüfungsantrages betreffend § 59 Abs 3 Z 2 Ärztegesetz mit einem weiteren Antrag in eventu § 59 Abs 3 erster Satz zur Gänze aufzuheben ergänzt hat. Weder § 59 Abs 3 Z 1 noch Z 4 oder 5 Ärztegesetz sind Inhalt des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens und damit auch nicht präjudiziell." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2.4. Die Bundesregierung verzichtete auf die Abgabe einer meritorischen Äußerung, beantragte jedoch, dass der Verfassungsgerichtshof – im Fall der Aufhebung der obzitierten Bestimmungen – gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist von zwölf Monaten für deren Außerkrafttreten bestimmen möge.

3. Zu dem unter G28/2014 protokollierten Antrag:

3.1. Mit Bescheid vom verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung der beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführenden Partei aus der Ärzteliste und stellte fest, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998 erloschen sei, weil die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers als eine iSd § 4 Abs 2 Z 3 leg.cit. für die ärztliche Berufsausübung erforderliche Voraussetzung weggefallen sei. Begründend führte die bescheiderlassende Behörde aus, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2005 bzw. 2011 gemäß §§207 und 207b StGB sowie § 27 SMG bzw. gemäß § 207a StGB strafgerichtlich verurteilt worden sei. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde des Beschwerdeführers beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

3.2. In seinem Antrag wiederholt der Verwaltungsgerichtshof jene Bedenken, die er bereits in dem zu G99/2013 protokollierten Verfahren vorgebracht hat.

3.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der er zum einen beantragt, den vorliegenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ab- bzw. zurückzuweisen, und im Übrigen den im Antrag dargelegten Bedenken entgegentritt, wobei er – im Wesentlichen – die zu G29/2014 vorgebrachten Argumente wiederholt.

3.4. Die Bundesregierung verzichtete auf die Abgabe einer meritorischen Äußerung, beantragte jedoch, dass der Verfassungsgerichtshof – im Fall der Aufhebung der obzitierten Bestimmungen – gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist von zwölf Monaten für deren Außerkrafttreten bestimmen möge.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):

1. Die §§59, 117b und 125 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 lauten – auszugsweise – wie folgt:

"Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung, Streichung aus der Ärzteliste

§59. (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:

1. durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,

2. wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,

3. auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei eine krankheitsbedingte Nichtausübung keine Einstellung der Berufsausübung darstellt,

4. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,

5. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder

6. auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.

(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs 1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung.

(3) In den Fällen des Abs 1 Z 1, 2 und 5 sowie im Fall des Abs 1 Z 4, wenn die Berufsausübung für eine Frist von mehr als drei Monaten untersagt worden ist, hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung aus der Ärzteliste durchzuführen und mit Bescheid festzustellen, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht. In den Fällen des Abs 1 Z 3 und 6 hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung aus der Ärzteliste durchzuführen und den Arzt von der Streichung zu verständigen. Wird der ursprünglich bestandene Mangel einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung nachträglich offenbar, so hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid festzustellen, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht bestanden hat.

(4) Sofern Verfahren gemäß Abs 3 die Erfordernisse des Abs 1 Z 1 und 2 betreffen, ist bei Ärzten für Allgemeinmedizin, approbierten Ärzten sowie Fachärzten, die ihren Beruf im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechts ausüben, auch die vorgesetzte Dienststelle zu hören.

(5) Wer die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht mehr besitzt, kann, sobald er die Erfordernisse gemäß § 4 neuerlich nachzuweisen in der Lage ist, die Wiederaufnahme der Berufsausübung unter Einhaltung des § 27 anmelden.

(6) Das Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes hat auch das Erlöschen der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zur Folge.

(7) In den Fällen des Abs 1 Z 3 bis 6 bleibt der Arzt zur Ausübung der Medizin bezüglich seiner eigenen Person und seines Ehegatten oder des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten, der Familienmitglieder in auf- und absteigender Linie samt ihren Ehegatten oder eingetragenen Partnern oder Lebensgefährten sowie der sonstigen Familienmitglieder samt deren Ehegatten oder eingetragenen Partnern oder Lebensgefährten, sofern sie im gemeinsamen Haushalt leben, befugt.

[…]

Österreichische Ärztekammer

[…]

Eigener Wirkungsbereich

§117b. (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen, im eigenen Wirkungsbereich insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. – 15. […]

16. Führung der Ärzteliste hinsichtlich der Kammerangehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern,

17. […]

18. Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste , mit Ausnahme von Verfahren gemäß §§32, 33 und 35, einschließlich der

a) Ausstellung von damit im Zusammenhang stehenden Bestätigungen, insbesondere der Ärzteausweise und

b) Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten gemäß der Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der Einholung der hiezu erforderlichen Auskünfte im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit und Ausstellung der erforderlichen Bestätigungen,

19. – 23. […]

(2) […]

[…]

Organe

[…]

Präsident und Vizepräsidenten

§125. (1) Der Präsident vertritt die Österreichische Ärztekammer nach außen. Er hat die Einheit des Standes, insbesondere durch Koordinierung der Bundeskurien, zu wahren. Ihm obliegt, unbeschadet der Zuständigkeit der Bundeskurien, die Durchführung der Beschlüsse der Organe der Österreichischen Ärztekammer.

(2) Der Präsident, ein Vizepräsident sowie der Finanzreferent und sein Stellvertreter werden von der Vollversammlung aus dem Kreis der Präsidenten der Ärztekammern in je einem Wahlgang für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Hiebei sind der Präsident, ein Vizepräsident, der Finanzreferent und dessen Stellvertreter in getrennten Wahlgängen mit absoluter Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen zu wählen. Wird bei der ersten Wahl des Präsidenten, des zu wählenden Vizepräsidenten, des Finanzreferenten und dessen Stellvertreters keine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erzielt, so findet eine engere Wahl statt. In diese kommen jene beiden Personen, die bei der ersten Wahl die meisten Stimmen erhalten haben. Soweit bei der ersten Wahl mehrere Personen gleich viele Stimmen erhalten haben, entscheidet das Los, wer von ihnen in die engere Wahl kommt. Ergibt sich auch bei der engeren Wahl Stimmengleichheit, so hat ebenfalls das Los zu entscheiden.

(3) Die Obmänner der Bundeskurien sind Vizepräsidenten.

(4) Der Präsident leitet die Geschäfte und fertigt die Geschäftsstücke. Er entscheidet mit Bescheid als erste und letzte Instanz in den Verfahren gemäß § 15 Abs 6, § 27 Abs 10 und 11 sowie § 59 Abs 3 . Die Vertretung der Österreichischen Ärztekammer in Gesellschaften und sonstigen Einrichtungen, an denen diese beteiligt ist, erfolgt durch den Präsidenten auf Grundlage der Beschlüsse der zuständigen Organe, wobei der Finanzreferent beratend beizuziehen ist. Sofern der Präsident und der Finanzreferent derselben Kurie angehören, muss zusätzlich zu diesen ein Mitglied der anderen Kurie beratend beigezogen werden.

(5) – (13) […]

(14) Der Präsident beruft die Sitzungen der Vollversammlung, des Vorstandes und des Präsidiums ein und führt den Vorsitz."

2. § 125 Abs 4 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, lautet nach der Novelle BGBl I 80/2012 wie folgt:

"Der Präsident leitet die Geschäfte und fertigt die Geschäftsstücke. Er entscheidet mit Bescheid als erste und letzte Instanz in den Verfahren gemäß § 15 Abs 6, § 27 Abs 10 und 11 und § 59 Abs 3 ÄrzteG 1998 sowie gemäß § 4 Abs 3 Z 3 ÄsthOpG. Die Vertretung der Österreichischen Ärztekammer in Gesellschaften und sonstigen Einrichtungen, an denen diese beteiligt ist, erfolgt durch den Präsidenten auf Grundlage der Beschlüsse der zuständigen Organe, wobei der Finanzreferent beratend beizuziehen ist. Sofern der Präsident und der Finanzreferent derselben Kurie angehören, muss zusätzlich zu diesen ein Mitglied der anderen Kurie beratend beigezogen werden."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die beiden Anträge des Verwaltungsgerichtshofes gemäß den §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung verbunden und über sie erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag auf Aufhebung einer generellen Norm nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof stützt sich in den vorliegenden Anträgen – im Wesentlichen – auf jene Bedenken, die er bereits in der Rechtsache G87/2013 geltend gemacht hat. Demnach würden auch die in den vorliegenden Verfahren angefochtenen Bestimmungen des ÄrzteG 1998 die Grenzen zulässiger Selbstverwaltung überschreiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei es unzulässig, einem Selbstverwaltungskörper die Zuständigkeit zu übertragen, weisungsungebunden auch solche Angelegenheiten zu besorgen, die sich auf einen Personenkreis beziehen, der von jenem verschieden ist, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt. Ebendies sei jedoch auch im Fall der Übertragung des Verfahrens zur Streichung aus der Ärzteliste an die Österreichische Ärztekammer bzw. deren Präsidenten geschehen. Denn selbst unter der Annahme, dass eine ausreichende (mittelbare) demokratische Legitimation des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer durch die von der Streichung Betroffenen gegeben sei, würden hiedurch nicht bloß überwiegende Interessen der Österreichischen Ärztekammer bzw. der Ärztekammern in den Bundesländern berührt. Vielmehr seien (auch) allgemeine öffentliche Interessen, die den Schutz der Gesamtbevölkerung bezwecken, betroffen. Die angefochtenen Bestimmungen würden sich daher als verfassungswidrig erweisen.

2.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer tritt dieser Auffassung im Wesentlichen mit jenen Argumenten entgegen, die bereits in dem zu G87/2013 protokollierten Verfahren vorgebracht wurden. Zusammengefasst bringt er vor, dass bei Streichung aus der Ärzteliste nicht über außenstehende Personen, sondern vielmehr über Kammerangehörige entschieden werde, und dass eine "Legitimationskette" zwischen den betroffenen Ärzten und dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer bestehe. Weiters sei die Aufgabe der Führung der Ärzteliste "in toto" zu sehen und sei eine "Aufsplittung" der Führung in einzelne Bereiche verfassungsrechtlich bedenklich und verwaltungsökonomisch nicht sinnvoll. Schließlich würde die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen des ÄrzteG1998 die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen, weil – mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelung – im Zweifel jedenfalls von der Zuordnung der einem Selbstverwaltungskörper übertragenen Aufgaben in den eigenen Wirkungsbereich auszugehen sei.

2.4. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, die Zeichenfolgen "1," und ", 2" in § 59 Abs 3 erster Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009, § 59 Abs 3 letzter Satz leg.cit., die Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs 1 Z 18 leg.cit. sowie die Wortfolge "und § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 80/2012 als verfassungswidrig aufzuheben und im Übrigen festzustellen, dass die Wortfolge "sowie § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 verfassungswidrig war, sind begründet:

2.4.1. Hinsichtlich des Wirkungskreises der Österreichischen Ärztekammer und der Verteilung ihrer Aufgaben auf den eigenen und den übertragenen Wirkungsbereich kann auf das hg. Erkenntnis vom in den – im Wesentlichen gleichgelagerten – Rechtsachen G87/2013, G29/2014 betreffend die Eintragung in die Ärzteliste verwiesen werden. Wie der Verfassungsgerichtshof dort ausführt, bestehen gegen die Übertragung von Aufgaben, die von der Österreichischen Ärztekammer im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen sind, grundsätzlich keine Bedenken, sofern die verfassungsrechtlichen Grenzen der nicht-territorialen Selbstverwaltung beachtet werden (vgl. aaO, III.2.4.1. ff.).

2.4.2. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof – unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung (vgl. zB VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006, 18.548/2008) – insbesondere betont, dass sich die nicht-territoriale Selbstverwaltung auf jenen Personenkreis zu beschränken hat, dessen Angelegenheiten durch den Selbstverwaltungskörper verwaltet werden, und dass die solcherart Verwalteten dem Selbstverwaltungskörper die notwendige demokratische Legitimation vermitteln müssen (vgl. , G29/2014, III.2.4.5. ff.).

2.4.3. Der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist ebenso zu entnehmen, dass der eigene, dh. weisungsfrei zu besorgende Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten beschränkt bleiben muss, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (grundlegend hiezu VfSlg 8215/1977; vgl. auch Art 120a Abs 1 B-VG).

2.4.4. Diesen – auch nach Inkrafttreten der Art 120a ff. B-VG mit der Novelle BGBl I 2/2008 weiterhin maßgeblichen (vgl. VfSlg 19.017/2010) – verfassungsrechtlichen Vorgaben werden die im vorliegenden Fall angefochtenen Regelungen des Verfahrens über die Streichung aus der Ärzteliste nicht gerecht:

2.4.4.1. Selbst wenn man – anders als im Fall der Eintragung in die Ärzteliste (vgl. , G29/2014, III.2.4.8. ff.) – davon ausgehen könnte, dass eine (zumindest mittelbare) demokratische Legitimation des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer durch die Angehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern vorläge, führt der Verwaltungsgerichtshof in seinen Anträgen doch zu Recht aus, dass im Fall einer Streichung aus der Ärzteliste nicht bloß die überwiegenden Interessen der Österreichischen Ärztekammer bzw. einer Ärztekammer in den Bundesländern, sondern – in zumindest gleicher Weise – auch öffentliche Interessen berührt werden (vgl. hiezu auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Erlöschen der Berufsberechtigung gemäß § 59 ÄrzteG 1998 [bzw. § 32 ÄrzteG 1984, BGBl 373] eine Administrativmaßnahme "im Interesse der Sicherheit der Allgemeinheit" ist; so explizit ; s. auch ; , 2004/11/0202).

2.4.4.2. Auch der Verfassungsgerichtshof hat – in Bezug auf andere, vergleichbare Berufsgruppen – bereits in der Vergangenheit entschieden, dass bei der Entscheidung über das Erlöschen einer Berufsberechtigung öffentliche Interessen verfolgt werden (zum Entzug einer Apothekenkonzession vgl. VfSlg 11.937/1988; zur Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft vgl. VfSlg 15.587/1999, 15.842/2000). Es liegt also eine nicht zulässige Ausnahme von dem verfassungsrechtlich gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm 20 Abs 1 B-VG) vor, wenn der Gesetzgeber diese Angelegenheiten durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im eigenen Wirkungsbereich besorgen lässt.

2.4.5. Durch die Regelungstechnik des ÄrzteG 1998 – die Zuordnung der Streichung aus der Ärzteliste erfolgt durch die Aufnahme in Z 18 der Aufzählung des § 117b Abs 1 ÄrzteG 1998; die einzelnen Streichungstatbestände hingegen ergeben sich aus § 59 Abs 3 leg.cit. – treffen die verfassungsrechtlichen Bedenken auf beide Bestimmungen zu, sind doch beide nur im Zusammenhalt Voraussetzung für die Vollziehung der Streichung aus der Ärzteliste.

2.5. Aus den dargelegten Gründen sind die Zeichenfolgen "1," und ", 2" in § 59 Abs 3 erster Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009, § 59 Abs 3 letzter Satz leg.cit., die Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs 1 Z 18 leg.cit. sowie die Wortfolge "und § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 80/2012 als verfassungswidrig aufzuheben.

2.6. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Wortfolge "sowie § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 verfassungswidrig war.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Zeichenfolgen "1," und ", 2" in § 59 Abs 3 erster Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009, § 59 Abs 3 letzter Satz leg.cit., die Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs 1 Z 18 leg.cit. sowie die Wortfolge "und § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 80/2012 sind als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Wortfolge "sowie § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 war verfassungswidrig.

3. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B VG.

4. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B VG.

5. Der Verwaltungsgerichtshof begehrte in seinem am zu G118/2014 eingelangten Antrag, die Zeichenfolge "1," in § 59 Abs 3 erster Satz und die Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998 jeweils idFBGBl I 144/2009 sowie die Wortfolge "und § 59 Abs 3" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idFBGBl I 80/2012 als verfassungswidrig aufzuheben. Eine formelle Einbeziehung dieses Antrages in das vorliegende Gesetzesprüfungsverfahren war im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozessgeschehen nicht mehr möglich.

Da mit dem vorliegenden Erkenntnis die obzitierten Zeichen- bzw. Wortfolgen als verfassungswidrig aufgehoben werden und nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg 12.633/1991, 16.532/2002, 17.266/2004) eine bereits aufgehobene Zeichen- bzw. Wortfolge wegen entschiedener Sache nicht neuerlich Gegenstand einer entsprechenden Aufhebung sein kann, ist der – in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung mit den übrigen Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes verbundene – zu G118/2014 protokollierte Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

6. Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, von der ihm gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch zu machen und die Anlassfallwirkung auch auf die beim Verwaltungsgerichtshof zu Z 2013/11/0252 anhängige Rechtsache auszudehnen (vgl. zB VfSlg 11.455/1987, 19.526/2011).

7. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

8. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:G99.2013