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VfGH vom 16.03.2001, g94/00

VfGH vom 16.03.2001, g94/00

Sammlungsnummer

16150

Leitsatz

Kein Vestoß gegen das Recht auf Datenschutz und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch die Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes betreffend Speicherung, Übermittlung und Löschung personenbezogener Daten für Zwecke der Strafverfolgung; verfassungskonforme Auslegung hinsichtlich einer Interessenabwägung im Falle eines Antrags auf vorzeitige Löschung bestimmter Daten geboten

Spruch

§57 Abs 1 Z 6 und § 58 Abs 1 Z 6 litb des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, idF BGBl. I Nr. 104/1997, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1117/99 das Verfahren über eine Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

1. Dem Beschwerdeführer, einem in der Türkei geborenen österreichischen Staatsbürger, wurde im Zuge eines Strafverfahrens vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien bekannt, dass bei der Bundespolizeidirektion Wien insgesamt fünf Vormerkungen betreffend seine Person im "Kriminalpolizeilichen Aktenindex" gespeichert waren, wovon zwei Vormerkungen identisch waren. Die Vormerkungen betrafen strafrechtlich relevante Sachverhalte, die seinerzeit zur Anzeige gebracht worden waren; die Anzeigen waren jedoch mittlerweile von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt worden; bzw. der Beschwerdeführer war von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen rechtskräftig freigesprochen worden.

Im Hinblick darauf stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom an die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag, sämtliche Vormerkungen zu löschen. In Reaktion auf diesen Antrag wurden die bestehenden Vormerkungen um jeweils einen Vermerk über die Zurücklegung der Anzeige, die Einstellung der Vorerhebungen bzw. den erfolgten Freispruch ergänzt und die zweifache Speicherung derselben Vormerkung korrigiert. Dies wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien mitgeteilt.

Der Beschwerdeführer richtete daraufhin am an die Datenschutzkommission eine Beschwerde gemäß § 14 DatenschutzG, mit der er die Feststellung begehrte, durch die Evidenthaltung der ihn betreffenden Vormerkungen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Datenschutz verletzt worden zu sein, und darüber hinaus den Antrag stellte, die Datenschutzkommission möge der Bundespolizeidirektion Wien auftragen, diese Vormerkungen unverzüglich zu löschen.

2. Mit Bescheid vom wies die Datenschutzkommission diese Anträge des Beschwerdeführers ab.

Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Gemäß § 1 Abs 1 DSG hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat. Gemäß Abs 2 dieser Gesetzesstelle sind Beschränkungen dieses Rechts nur zur Wahrung berechtigter Interessen eines anderen oder aufgrund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind. Auch im Falle solcher Beschränkungen muß der vertraulichen Behandlung personenbezogener Daten Vorrang gegeben werden. Im gegenständlichen Zusammenhang kommen als den Anspruch auf Geheimhaltung im Sinne des § 1 Abs 1 DSG zulässigerweise beschränkende Bestimmungen insbesondere die §§57, 58 und 61 SPG in Frage.

Gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG dürfen die Sicherheitsbehörden Namen, Geschlecht, frühere Namen, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnanschrift, Namen der Eltern und Aliasdaten eines Menschen ermitteln und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung samt dem für die Speicherung maßgeblichen Grund, allenfalls vorhandenen erkennungsdienstlichen Daten und einem allenfalls erforderlichen Hinweis auf das gebotene Einschreiten für Auskünfte auch an andere Behörden verarbeiten, wenn gegen den Betroffenen Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege eingeleitet worden sind. Gemäß § 58 Abs 1 Z 6 SPG '... sind diese personenbezogenen Daten, die gemäß § 57 Abs 1 evident gehalten werden, für Zugriffe der Sicherheitsbehörden als Auftraggeber zu sperren in den Fällen der Z 6,

a) sobald feststeht, daß eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft unterbleibt

b) 5 Jahre nach der Aufnahme in die Zentrale Informationssammlung, im Fall mehrerer Speicherungen gemäß Z 6 fünf Jahre nach der letzten;'.

Das aufgrund des Antrages vom des Beschwerdeführers bei der Bundespolizeidirektion Wien eingeleitete Verfahren ergab, daß die Vormerkungen - mit Ausnahme der Doppelspeicherung einer Vormerkung, die im Zuge dieses Verfahrens sofort gelöscht wurde - aufgrund der Ermittlungen im Dienste der Strafjustiz gem. § 57 Abs 1 Z 6 rechtmäßig ermittelt und verarbeitet wurden und die Löschungsvoraussetzungen des § 58 Abs 1 Z 6 SPG nicht gegeben sind. Es war daher in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.

Voraussetzungen für eine Löschung dieser Vormerkungen bei Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft bzw. Einstellung des Verfahrens oder Freispruch durch das Gericht sind im SPG nicht vorgesehen, vielmehr ist der Bestimmung des § 58 Abs 1 Z 6 litb SPG eine zumindest 5-jährige Evidenthaltung zu entnehmen. § 61 SPG normiert lediglich, daß die Sicherheitsbehörden ermächtigt sind, die von ihnen verwendeten Daten zu aktualisieren, wenn sie aktuellere Daten rechtmäßig ermittelt haben. § 63 Abs 1 SPG normiert eine Richtigstellungs- bzw. Löschungsverpflichtung nur für jene Fälle, in denen festgestellt wird, daß unrichtige oder entgegen den Bestimmungen des SPG ermittelte Daten aufbewahrt werden. Desgleichen sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald sie für die Erfüllung der Aufgabe, für die sie verwendet worden sind, nicht mehr benötigt werden, es sei denn, für ihre Löschung wäre eine besondere Regelung getroffen worden. Keiner dieser Tatbestände ist im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal § 58 Abs 1 Z 6 litb ausdrücklich eine Löschungsfrist enthält. Die Vormerkungen wurden, wie bereits ausgeführt, jeweils durch einen entsprechenden Vermerk um die Zurücklegung der Anzeige bzw. des rechtskräftigen Freispruches ergänzt. Die weitere Evidenthaltung dieser Daten entspricht daher den im SPG normierten Voraussetzungen. Es war daher auch in Punkt 2 des Spruches die Beschwerde abzuweisen."

II. Zur Zentralen Informationssammlung wird in den §§57, 58, 61 und 63 SPG, idF BGBl. I Nr. 104/1997, Folgendes bestimmt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Zentrale Informationssammlung; Zulässigkeit der Ermittlung,

Verarbeitung und Übermittlung

§57. (1) Die Sicherheitsbehörden dürfen Namen, Geschlecht, frühere Namen, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnanschrift, Namen der Eltern und Aliasdaten eines Menschen ermitteln und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung samt dem für die Speicherung maßgeblichen Grund, allenfalls vorhandenen erkennungsdienstlichen Daten und einem allenfalls erforderlichen Hinweis auf das gebotene Einschreiten für Auskünfte auch an andere Behörden verarbeiten, wenn


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
gegen den Betroffenen ein inländischer richterlicher Befehl oder eine Anordnung des Vorsitzenden eines finanzbehördlichen Spruchsenates zur Ermittlung des Aufenthaltes oder zur Festnahme besteht;
2.
gegen den Betroffenen ein sicherheitsbehördlicher Befehl zur Festnahme gemäß § 177 Abs 1 Z 2 StPO besteht;
3.
gegen den Betroffenen ein Vorführbefehl nach dem Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969, besteht;
4.
gegen den Betroffenen ein ausländischer
richterlicher Befehl zur Festnahme oder eine andere, nach den Formvorschriften des ersuchenden Staates getroffene Anordnung mit gleicher Rechtswirkung besteht, die im Inland wirksam ist;
5.
gegen den Betroffenen im Zusammenhang mit der Abwehr oder Aufklärung gefährlicher Angriffe oder mit der Abwehr bandenmäßiger oder organisierter Kriminalität ermittelt wird;
6.
gegen den Betroffenen Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege eingeleitet worden sind;
7.
auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, der Betroffene, dessen Aufenthalt unbekannt ist, habe Selbstmord begangen oder sei Opfer einer Gewalttat oder eines Unfalles geworden;
8.
der Betroffene unbekannten Aufenthaltes und auf Grund einer psychischen Behinderung hilflos ist;
9.
der Betroffene minderjährig und unbekannten Aufenthaltes ist, sofern ein Ersuchen gemäß § 146b ABGB vorliegt;
10.
der Betroffene Opfer einer gerichtlich strafbaren Handlung wurde und die Speicherung, der er ausdrücklich schriftlich zugestimmt haben muß, der Klärung der Tat oder der Verhinderung anderer Taten dient;
11.
der Betroffene einen gefährlichen Angriff begangen hat und zu befürchten ist, er werde im Falle einer gegen ihn geführten Amtshandlung einen gefährlichen Angriff gegen Leben, Gesundheit oder Freiheit begehen;
12.
dem Betroffenen ein ausländischer Reisepaß oder Paßersatz entfremdet worden ist.

(2) Wenn der Zweck einer Datenverarbeitung nicht in der Speicherung von Personendatensätzen gemäß Abs 1 besteht, dürfen die Sicherheitsbehörden Namen, Geschlecht, Geburtsdatum sowie Geburtsort und Wohnanschrift von Menschen erfassen und zusammen mit Sachen oder rechtserheblichen Tatsachen im Rahmen der Zentralen Informationssammlung für Auskünfte auch an andere Behörden speichern, sofern dies für die Erreichung des Zweckes der Datenverarbeitung erforderlich ist. Hiebei darf die Auswählbarkeit dieser personenbezogenen Daten aus der Gesamtmenge der gespeicherten Daten nicht vorgesehen sein.

(3) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, die von ihnen in der Zentralen Informationssammlung gespeicherten personenbezogenen Daten zu benützen und daraus Auskünfte zu erteilen; letzteres ist an andere als Sicherheitsbehörden, staatsanwaltschaftliche Behörden und Finanzstrafbehörden für deren Tätigkeit im Dienste der Strafrechtspflege sowie an Sicherheitsbehörden und an österreichische Vertretungsbehörden im Ausland in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung nur zulässig, wenn hiefür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung besteht.

Zentrale Informationssammlung; Sperren des Zugriffes

und Löschen

§58. (1) Personenbezogene Daten, die gemäß § 57 Abs 1 evident gehalten werden, sind für Zugriffe der Sicherheitsbehörden als Auftraggeber zu sperren


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1.
in den Fällen der Z 1 zwei Jahre nach Widerruf des richterlichen Befehles oder der finanzbehördlichen Anordnung;
2.
in den Fällen der Z 2 nach Widerruf des sicherheitsbehördlichen Befehles, spätestens jedoch 24 Stunden nach Aufnahme in die Zentrale Informationssammlung;
3.
in den Fällen der Z 3 nach Widerruf des Vorführbefehles;
4.
in den Fällen der Z 4 zwei Jahre nach Widerruf des richterlichen Befehles oder der mit gleicher Rechtswirkung ausgestatteten Anordnung;
5.
in den Fällen der Z 5, wenn der Angriff abgewehrt oder aufgeklärt worden ist oder wenn der Betroffene sonst für die allgemeine Gefahr nicht mehr maßgeblich ist;
6.
in den Fällen der Z 6
a)
sobald feststeht, daß eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft unterbleibt;
b)
fünf Jahre nach der Aufnahme in die Zentrale Informationssammlung, im Falle mehrerer Speicherungen gemäß Z 6 fünf Jahre nach der letzten;
7.
in den Fällen der Z 7, 8 und 9 fünf Jahre nach Auffinden des Gesuchten;
8.
in den Fällen der Z 10, wenn der Betroffene seine Zustimmung widerruft oder die Speicherung ihren Zweck erfüllt hat;
9.
in den Fällen der Z 11, wenn die für die Speicherung maßgebliche Gefahr nicht mehr besteht.

Nach Ablauf von zwei weiteren Jahren sind die Daten auch physisch zu löschen. Während dieser Zeit kann die Sperre für Zwecke der Kontrolle der Richtigkeit einer beabsichtigten anderen Speicherung gemäß Abs 1 aufgehoben werden.

(2) Die Sicherheitsbehörden sind als Auftraggeber verpflichtet, Personendatensätze gemäß § 57 Abs 1 Z 10 und 11, die drei Jahre, und Personendatensätze gemäß § 57 Abs 1 Z 1, 3 bis 5, 7 bis 9 und 12, die sechs Jahre unverändert geblieben sind, und auf die der Zugriff nicht gesperrt ist, in der Zentralen Informationssammlung daraufhin zu überprüfen, ob nicht die in Abs 1 genannten Voraussetzungen für eine Sperre bereits vorliegen. Solche Personendatensätze sind nach Ablauf weiterer drei Monate gemäß Abs 1 für Zugriffe zu sperren, es sei denn, der Auftraggeber hätte vorher bestätigt, daß der für die Speicherung maßgebliche Grund weiterhin besteht.

Zulässigkeit der Aktualisierung

§ 61. Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, die von ihnen verwendeten personenbezogenen Daten zu aktualisieren, wenn sie aktuellere Daten rechtmäßig ermittelt haben.

Pflicht zur Richtigstellung oder Löschung

§63. (1) Wird festgestellt, daß unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes ermittelte Daten aufbewahrt werden, so ist unverzüglich eine Richtigstellung oder Löschung vorzunehmen. Desgleichen sind personenbezogene Daten zu löschen, sobald sie für die Erfüllung der Aufgabe, für die sie verwendet worden sind, nicht mehr benötigt werden, es sei denn, für ihre Löschung wäre eine besondere Regelung getroffen worden.

(2) Personenbezogene Daten, auf die sich ein anhängiges Verfahren gemäß § 62 oder gemäß § 90 bezieht, dürfen nur mit Zustimmung des Betroffenen gelöscht werden.

(3) Sollen Daten, die nicht automationsunterstützt verarbeitet worden sind, gelöscht werden, so sind die Datenträger auszuscheiden und zu vernichten, es sei denn, es wäre sichergestellt, daß die Daten nach Übergabe an das Österreichische Staatsarchiv von den Sicherheitsbehörden nicht weiter verwendet werden können."

III. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am gemäß Art 140 Abs 1 B-VG beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit des § 57 Abs 1 Z 6 und des § 58 Abs 1 Z 6 litb des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, idF BGBl. I Nr. 104/1997, von Amts wegen zu prüfen.

2. In seinem Prüfungsbeschluss ging der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist und er bei seiner Entscheidung § 57 Abs 1 Z 6 und § 58 Abs 1 Z 6 litb des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, idF BGBl. I Nr. 104/1997 anzuwenden hätte.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken wie folgt dar:

"Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt nicht, dass die Bestimmung des § 57 Abs 1 Z 6 SPG als solche insoweit im materiellen Gesetzesvorbehalt des § 1 Abs 2 DSG iVm. Art 8 Abs 2 EMRK die verfassungsrechtlich erforderliche Grundlage findet, als die Speicherung und Übermittlung der von dieser Bestimmung betroffenen personenbezogenen Daten auch in einer demokratischen Gesellschaft für Zwecke der Verfolgung, aber auch der Vorbeugung strafbarer Handlungen notwendig erscheint. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch das Bedenken, dass dies für die - durch § 58 Abs 1 Z 6 litb SPG iVm. dem zweiten Satz dieses Absatzes ermöglichte - Speicherung und Übermittlung derartiger Daten auch über den Zeitpunkt hinaus, zu dem die jeweilige Anzeige gemäß § 90 Abs 2 StPO - aus den dort genannten Erwägungen - von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt worden ist, oder zu dem der Angeklagte durch Urteil des Gerichtes gemäß § 259 StPO von der jeweiligen Anklage (rechtskräftig) freigesprochen worden ist, nicht mehr zutreffen könnte. Dass über diesen Zeitpunkt hinaus die Speicherung und Übermittlung solcher Daten für Zwecke der Strafverfolgung nicht mehr notwendig ist, dürfte evident sein. Der Verfassungsgerichtshof vermag - vorläufig - aber auch nicht zu erkennen, dass für die Zwecke der Vorbeugung strafbarer Handlungen des Betroffenen anderes zuträfe. Dieses Bedenken richtet sich - wie bereits erwähnt - nicht gegen § 57 Abs 1 Z 6 SPG an sich, sondern gegen diese Bestimmung iVm. § 58 Abs 1 Z 6 litb leg.cit. Es sind daher beide Bestimmungen in Prüfung zu ziehen.

Im Gesetzesprüfungsverfahren wird auch zu klären sein, ob und inwieweit dieses Bedenken dadurch ausgeräumt werden kann, dass die Sicherheitsbehörden in verfassungskonformer Auslegung des § 61 oder auch des § 63 SPG verpflichtet sind, Daten im Sinne des § 57 Abs 1 Z 6 leg.cit. in den erwähnten Fällen des § 90 Abs 2 und § 259 StPO entsprechend zu aktualisieren."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegentritt und beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben, für den Fall der Aufhebung gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die diesfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen. Sie führt weiters aus:

"(...) Der Verfassungsgerichtshof hat das Bedenken, dass die Speicherung und Übermittlung der von der Bestimmung des § 57 Abs 1 Z 6 SPG betroffenen personenbezogenen Daten über den Zeitpunkt hinaus, zu dem die jeweilige Anzeige von der Staatsanwaltschaft gemäß § 90 Abs 2 StPO zurückgelegt oder zu dem der Angeklagte gemäß § 259 StPO freigesprochen worden ist, für Zwecke der Strafverfolgung und der Vorbeugung strafbarer Handlungen des Betroffenen nicht mehr notwendig und daher nicht vom Gesetzesvorbehalt des § 1 Abs 2 DSG iVm. Art 8 Abs 2 EMRK gedeckt ist.

(...) Geht man davon aus, dass die gegenständliche Datenverarbeitung einen Eingriff in das Grundrecht nach Art 8 EMRK bildet, so stellt sich die Frage, ob diese Maßnahme dem Eingriffsvorbehalt des Art 8 Abs 2 EMRK entspricht. Im Hinblick auf den vorliegenden Prüfungsbeschluss ist daher zu prüfen, ob die Verarbeitung der in § 57 Abs 1 SPG vorgesehenen personenbezogenen Daten eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für Zwecke der Verfolgung oder für Zwecke der Vorbeugung strafbarer Handlungen notwendig ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Element der Notwendigkeit im Sinne eines 'zwingenden sozialen Bedürfnisses' versteht, das verhältnismäßig sein muss (siehe dazu etwa Mayer, B-VG2 (1997) 563).

Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Verhältnismäßigkeit müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Das Ziel der Regelung muss im öffentlichen Interesse liegen. Die Regelung muss zur Erreichung des Zieles geeignet sein. Zur Verfolgung des Zieles muss ein möglichst schonendes Mittel eingesetzt werden. Zwischen öffentlichem Interesse und der durch einen Eingriff verkürzten Grundrechtsposition des Betroffenen muss eine angemessene Relation bestehen.

Auf Grund der folgenden Überlegungen ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Art 8 Abs 2 EMRK im vorliegenden Fall vorliegen:

(...) § 57 Abs 1 Z 6 SPG enthält die Ermächtigung der Sicherheitsbehörden zur zentralen Verarbeitung personenbezogener Daten eines Menschen, gegen den Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege eingeleitet worden sind. Die Speicherung gibt den zugriffsberechtigten Behörden ausschließlich die Information, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt gegen einen Menschen der Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung vorgelegen hat und dass diese Information von einer Sicherheitsbehörde an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden ist. Aus verschiedenen, im weiteren darzustellenden Gründen ist das Wissen der Sicherheitsbehörden, staatsanwaltschaftlichen Behörden und der Gerichte um solche Verdachtsmomente für Zwecke der Strafverfolgung und der Verhinderung von strafbaren Handlungen im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK geeignet und notwendig.

Dies gilt insbesonders dann, wenn eine Einstellung oder ein Freispruch nicht wegen eines Mangels an Beweisen erfolgt.

(...) Die Speicherung und Aufbewahrung der nach § 57 Abs 1 Z 6 SPG verarbeiteten Daten sind nach einer Einstellung oder einem Freispruch im Hinblick auf denselben Betroffenen und dieselbe Tat dann von Relevanz, wenn es auf Grund neuer Umstände oder neuer Beweismittel zur Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens kommt. Dies kann in verschiedenen Konstellationen der Fall sein:

(...) Solange eine bestimmte Person noch nicht als Beschuldigter behandelt wurde, kann nach einer Zurücklegung der Anzeige durch den Staatsanwalt gemäß § 90 StPO das Verfahren gemäß § 363 Z 1 StPO jederzeit (vor Verjährung) formlos fortgesetzt werden; insofern besteht keinerlei Rechtskraft der Entscheidung des Staatsanwalts nach § 90 StPO im Sinne einer res judicata.

(...) Legt der Staatsanwalt die Anzeige nach gerichtlichen Vorerhebungen gegen den Verdächtigen zurück (§90 StPO) oder wird das Verfahren vom Untersuchungsrichter (§109 StPO), vom Senatsvorsitzenden oder vom Einzelrichter (§227 Abs 1 StPO) oder von der Ratskammer (§486 Abs 3 StPO) eingestellt, so kann das Verfahren zum Nachteil des Beschuldigten gemäß § 352 Abs 1 StPO wieder aufgenommen werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden.

(...) Ist das Verfahren durch rechtskräftigen Freispruch beendet worden, so kann das Verfahren wieder aufgenommen werden, wenn sich neue Tatsachen oder Beweismittel ergeben, die eine Verurteilung des Freigesprochenen erwarten lassen, etwa wenn der Staatsanwaltschaft nach der Rechtskraft des Freispruchs ein Belastungszeuge bekannt wird.

(...) Eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Verfahren gemäß § 42 StGB beendet wird, ergeht lediglich auf Grund einer (begründeten) Verdachtslage, wie sie sich aus dem von den Sicherheitsbehörden an die Staatsanwaltschaft übermittelten Akteninhalt ergibt (siehe z.B. JBL 1978, 494 oder EvBl 1980/135 = JBL 1981, 45). Die Bejahung der Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestandes des Delikts ist nicht erforderlich. Ganz im Gegenteil. Die restlose Klärung der Sachlage würde weitere Beweisaufnahmen verlangen, die aber die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat nicht mehr in Frage stellen könnten, sondern dem Grundsatz der Prozessökonomie zuwiderliefen. Darüber hinaus ist in den Fällen von vereinfachten Verfahrenserledigungen, Sanktionsverzicht und alternativen Sanktionsformen zunehmend relevant, ob gegen den Betreffenden erstmals Strafanzeige erstattet wurde oder nicht. Denkbar ist, dass nach einer Diversionsentscheidung das Verfahren fortgesetzt und mit dem, auf der neuen Anzeige beruhenden Strafverfahren verbunden wird, oder dass trotz des Bagatellcharakters der neu vorgeworfenen Tat die Spezialprävention jedenfalls eine Anklage gebietet. Auch für die durch die Strafprozessnovelle 1999 geschaffenen diversionellen Maßnahmen, die seit zum Rücktritt von der Verfolgung führen können, wird das Wissen der Strafverfolgungsbehörden über vergangene, einschlägige Verdachtsmomente von Bedeutung sein (§90 StPO).

(...) Aber auch in jenen Fällen, in denen bloß aus prozessualen Gründen eine Einstellung erfolgt, etwa wenn im Falle eines Antrags- oder Ermächtigungsdelikts der Antrag oder die Ermächtigung zurückgezogen wird oder Verfolgungsverjährung eintritt, kann die Speicherung der betreffenden personenbezogenen Daten für Verfolgungshandlungen von Relevanz sein.

(...) Die über die Speicherung und Aufbewahrung der nach § 57 Abs 1 Z 6 SPG verarbeiteten Daten auffindbaren Verdachtsgründe sind in einem späteren Verfahren gegen eine andere Person ohne weiteres verwertbar, etwa im Falle der abgesonderten Verfolgung anderer Tatbeteiligter oder des Verfahrens gegen Nachtäter (beispielsweise im Verfahren gegen den Hehler nach Ermittlungen gegen den von der Speicherung Betroffenen wegen Diebstahls). Infolge eines zunehmenden Grades der Organisation krimineller Verbindungen kommt diesen personenübergreifenden Aspekten kriminalpolizeilicher Arbeit eine immer größere Bedeutung zu.

(...) Die über die Speicherung und Aufbewahrung der nach § 57 Abs 1 Z 6 SPG verarbeiteten Daten auffindbaren Verdachtsgründe sind bei späteren sicherheitsbehördlichen Ermittlungen gegen dieselbe Person wegen einer anderen Tat von allergrößter Bedeutung, geben die bereits vorhandenen Ermittlungsergebnisse doch Hinweise auf Begehungsweisen und Neigungen, auf die Persönlichkeit, auf Kontaktpersonen und überhaupt auf die Lebensumstände des Verdächtigen. Die Beurteilung von Verdachtsmomenten gegen einen Menschen vor dem Hintergrund des im Zuge früherer Ermittlungen gewonnenen Vorwissens zu diesem Verdächtigen gehört zum unabdingbaren Handwerkszeug der Kriminalpolizei. Dass nach einer Entscheidung zu Gunsten des Verdächtigen in einem späteren Verfahren nicht nachträglich von der Täterschaft des Beschuldigten hinsichtlich der früheren Tat ausgegangen werden darf, schmälert nicht die Bedeutung der früheren Ermittlungsergebnisse für die kriminalpolizeiliche Arbeit in späteren Ermittlungsverfahren.

Die Speicherung der Daten hat besondere Bedeutung im Bereich der Sicherheitspolizei, insbesondere bei der Gefahrenerforschung nach einem gefährlichen Angriff zur Klärung, ob weitere gefährliche Angriffe drohen (§22 Abs 3 SPG). Für die Einschätzung, ob ein bestimmter Mensch als für den geschehenen gefährlichen Angriff Verantwortlicher in Betracht kommt, hat der Umstand, dass dieser Mensch früher im Kontext einer vergleichbaren strafbaren Handlung aufgefallen ist, wie die Erfahrung zeigt, erhebliche Bedeutung, und zwar auch dann, wenn die seinerzeitige Verdächtigung nicht zu einer Verurteilung geführt hat.

(...)

Der besondere Mehrwert, den diese sicherheitspolizeilichen Informationen gegenüber anderen Dateien bieten, besteht darin, dass die Informationen bereits in einem sehr frühen Stadium polizeilichen Einschreitens verfügbar sind - die Verarbeitung erfolgt bei Erstattung einer Anzeige wegen Verdachts einer strafbaren Handlung an eine Strafverfolgungsbehörde - und nicht erst nach Beendigung des Strafprozesses. Der Informationsgehalt der Daten zielt gerade nicht darauf ab, ob eine Straftat tatsächlich begangen wurde und eine Verurteilung nach dem StGB erfolgte, sondern wird, wie oben dargestellt, von den Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, unabhängig davon, welchen Ausgang das Strafverfahren letztendlich genommen hat. Daher überwiegt auch das öffentliche Interesse der Sicherheitsbehörden an der Ermittlung und Verarbeitung der Daten nach § 57 Abs 1 Z 6 SPG zur Verhinderung von strafbaren Handlungen das Interesse eines Betroffenen an der Geheimhaltung, zumal nicht sämtliche Verwaltungsbehörden, sondern nur Sicherheitsbehörden, staatsanwaltschaftliche Behörden und Finanzstrafbehörden Zugriff auf die Daten haben.

(...) Bei zahlreichen polizeirechtlich gebotenen Einschätzungen eines Menschen als gefährlich (insbesonders in den Materien der Waffen- oder der Fremdenpolizei) können gegen diesen Menschen bestehende Verdachtsmomente zu berücksichtigen sein, auch wenn diese - beispielsweise aus prozessualen Gründen - nicht zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt haben.

(...) Zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Datenspeicherung besonders hervorzuheben ist weiters, dass auf die Daten ausschließlich die Sicherheitsbehörden, die staatsanwaltschaftlichen Behörden und Finanzstrafbehörden Zugriff haben, Behörden also, die in der Lage sind, die Aussagekraft der gespeicherten Daten richtig zu bewerten.

Die gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG gespeicherten Daten sind außerdem zufolge § 58 Abs 1 Z 6 SPG für Zugriffe der Sicherheitsbehörden zu sperren, wenn

* feststeht, dass die Ermittlungen zu keiner Anzeige an die Staatsanwaltschaft führen, oder

* seit der Speicherung der Daten fünf Jahre vergangen sind, es

sei denn, dass es binnen dieser fünf Jahre neuerlich zu kriminalpolizeilichen Ermittlungen gegen den von der Speicherung Betroffenen kommt.

Nach Ablauf weiterer zwei Jahre sind die Daten auch physisch zu löschen. Dass eine Sperre dann erfolgt, wenn es zu keiner Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft kommt, folgt daraus, dass es in diesem Fall offenbar nicht zur Ermittlung eines Tatverdachts gekommen ist, weshalb kein kriminalpolizeilich verwertbares Wissen verfügbar ist. Die Begrenzung der Speicherung auf eine Dauer von fünf Jahren reflektiert einerseits das in § 51 Abs 1 SPG besonders normierte Verhältnismäßigkeitsprinzip, andererseits jedoch auch den Umstand, dass die gespeicherte Information mit der Zeit an Aussagekraft verliert, da sich die Umstände (etwa die Persönlichkeit und Lebensverhältnisse des Betroffenen) ändern. Beide Aspekte - der Geeignetheit wie der Angemessenheit der Speicherung als Mittel zur Aufgabenerfüllung - werden jedoch vom Gesetzgeber anders gewichtet, wenn es gegen den Betroffenen binnen der Fünf-Jahres-Frist neuerlich zu kriminalpolizeilichen Ermittlungen kommt.

Bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten bestehen zudem Register, die diesen Behörden für alle notwendigen Informationen über Strafverfahren zur Verfügung stehen. Die Justizbehörden sind zu diesem Wissen nicht auf gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG gespeicherte Daten angewiesen.

Eine Richtigstellung der nach § 57 Abs 1 Z 6 SPG gespeicherten Daten gemäß § 63 SPG kommt der Sache nach nicht in Betracht, weil das Faktum der Einleitung kriminalpolizeilicher Ermittlungen als solches durch den Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens weder unrichtig wird noch als entgegen den Bestimmungen des SPG ermittelt erscheint. Auch eine Aktualisierung der Daten (§61 SPG) erscheint aus demselben Grund nicht geboten, um die Verfassungsmäßigkeit der Datenverarbeitung zu gewährleisten.

Wohl aber wird dann gemäß § 63 Abs 1 zweiter Satz SPG eine Löschung der Daten zu erfolgen haben, wenn sich der Sicherheitsbehörde ergibt, dass der von der Löschung Betroffene mit der Straftat, wegen der die Ermittlungen eingeleitet worden sind, in keinem Zusammenhang steht. Denn diesfalls würde eine weitere Speicherung nicht der Erfüllung einer kriminal- oder sicherheitspolizeilichen Aufgabe dienen. Insofern ist in § 58 Abs 1 Z 6 SPG auch keine abweichende Regelung zu erblicken. Im Unterschied hiezu ist das Faktum einer Einstellung oder eines Freispruchs per se noch nicht geeignet, die Unverdächtigkeit eines Menschen zu begründen.

(...) Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass die §§57 Abs 1 Z 6 und 58 Abs 1 Z 6 litb in keinem Widerspruch zu § 1 Abs 2 DSG iVm. Art 8 EMRK stehen."

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorläufigen Annahmen, dass das Beschwerdeverfahren, das Anlass zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gegeben hat, zulässig ist und dass der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die Beschwerde § 57 Abs 1 Z 6 und § 58 Abs 1 Z 6 litb des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, idF BGBl. I Nr. 104/1997 anzuwenden hätte, haben sich als zutreffend erwiesen.

2. Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen treffen aus folgenden Gründen nicht zu:

2.1. Entgegen der Meinung der Bundesregierung geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass die Sicherheitsbehörden gemäß § 63 Abs 1 iVm § 61 SPG von Amts wegen verpflichtet sind, die Speicherung der vom § 57 Abs 1 Z 6 SPG betroffenen Daten (Einleitung von Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege gegen den Betroffenen) um die mit den Ermittlungen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Folgedaten, insbesondere also Informationen über das weitere Schicksal polizeilicher Ermittlungen, wie zB die Zurücklegung einer Anzeige durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 90 Abs 2 StPO oder den Freispruch von der Anklage durch Urteil des Gerichtes gemäß § 259 StPO, zu ergänzen. Denn sowohl mit der Zurücklegung einer Anzeige gemäß § 90 Abs 2 StPO als auch mit dem Freispruch von der Anklage gemäß § 259 StPO wird der Aussagewert, dass gegen den Betroffenen sicherheitsbehördliche Ermittlungen eingeleitet wurden, in dem Sinne verändert, dass die Ermittlungen nicht zu dem von den Sicherheitsbehörden intendierten Ergebnis einer Anklageerhebung oder einer Verurteilung führten. Das Unterbleiben der Aktualisierung über das weitere Schicksal der sicherheitsbehördlichen Erhebungen hat die Unrichtigkeit der gespeicherten Daten zur Folge.

Über die Verpflichtung zur Aktualisierung der gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG gespeicherten Daten hinaus besteht aber gemäß § 63 Abs 1 SPG auch eine Verpflichtung der Sicherheitsbehörden zur Löschung der entgegen den Bestimmungen des SPG ermittelten und gespeicherten Daten. § 63 Abs 1 SPG ist im Sinne des einen Teil des Grundrechtes auf Datenschutz bildenden - und im vorliegenden Fall auf Grund der Übergangsbestimmungen des § 61 Abs 3 Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, anzuwendenden - Rechtes auf Löschung gemäß § 1 Abs 4 Datenschutzgesetz, BGBl. Nr. 565/1978, verfassungskonform auszulegen und auch im Zusammenhang mit dem in § 51 Abs 1 iVm § 29 SPG normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu betrachten. § 63 Abs 1 SPG sieht vor, dass personenbezogene Daten zu löschen sind, sobald sie für die Erfüllung der Aufgabe, für die sie verwendet worden sind, nicht mehr benötigt werden, es sei denn, für ihre Löschung wäre eine besondere Regelung getroffen worden. Eine besondere Regelung ist zwar im § 58 Abs 1 Z 6 litb SPG iVm. dem zweiten Satz dieses Absatzes enthalten. Diese Bestimmung findet jedoch bei verfassungskonformer Auslegung nur auf jene Fälle der Speicherung personenbezogener Daten Anwendung, die von den Sicherheitsbehörden in kriminalpolizeilicher Hinsicht notwendigerweise gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG im Dienste der Strafrechtspflege ermittelt und gespeichert wurden und deren Speicherung und Übermittlung im Dienste der Strafrechtspflege weiterhin erforderlich ist. Daher besteht bereits vor Ablauf der im § 58 Abs 1 Z 6 litb SPG iVm. dem zweiten Satz dieses Absatzes bezeichneten Frist dann die Verpflichtung zur Löschung der gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG gespeicherten Daten, wenn die Speicherung als im Dienste der Strafrechtspflege nicht mehr erforderlich anzusehen ist.

Im Falle eines Antrages auf Löschung vor dem im § 58 Abs 1 Z 6 litb SPG iVm. dem zweiten Satz dieses Absatzes bezeichneten Zeitpunkt hat die Sicherheitsbehörde die Notwendigkeit dieser Datenspeicherung festzustellen und eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die Sicherheitsbehörde hat das Interesse des von der Speicherung und Übermittlung der Daten gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG Betroffenen an einer Löschung der Daten mit dem öffentlichen Interesse an der Notwendigkeit der Speicherung und Übermittlung dieser Daten auch während des Zeitraumes gemäß § 58 Abs 1 Z 6 litb SPG iVm. dem zweiten Satz dieses Absatzes aufgrund der Umstände des Einzelfalles abzuwägen. Dies auch deshalb, da die Sicherheitsbehörden gemäß § 51 Abs 1 SPG beim Verwenden (Ermitteln, Verarbeiten, Benützen, Übermitteln und Überlassen oder einer dieser Vorgänge) personenbezogener Daten zur Verhältnismäßigkeit (§29 SPG) verpflichtet sind; insbesondere haben sie darauf Bedacht zu nehmen, ob sich die Maßnahme gegen einen Unbeteiligten richtet (§29 Abs 2 Z 2 SPG) - was diesfalls zur Unzulässigkeit der Speicherung der Daten führt - und dass der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Schäden und Gefährdungen steht (§29 Abs 2 Z 4 SPG). Im Verfahren gemäß dem hier noch anzuwendenden § 14 Datenschutzgesetz, BGBl. Nr. 565/1978 (nunmehr § 31 Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999), ist es Aufgabe der Datenschutzkommission, die Feststellungen der Sicherheitsbehörden betreffend die Erforderlichkeit der Datenspeicherung im Dienste der Strafrechtspflege nachzuprüfen.

2.2. Im Hinblick darauf, dass die Sicherheitsbehörden verpflichtet sind, gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG ermittelte Daten, die für Zwecke der Strafrechtspflege nicht mehr benötigt werden, zu löschen, hält der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die Speicherung der gemäß § 57 Abs 1 Z 6 SPG ermittelten Daten während des im § 58 Abs 1 Z 6 litb SPG iVm. dem zweiten Satz dieses Absatzes genannten Zeitraums durch den materiellen Gesetzesvorbehalt des § 1 Abs 2 Datenschutzgesetz iVm Art 8 EMRK nicht gedeckt ist, nicht mehr aufrecht.

3. § 57 Abs 1 Z 6 und § 58 Abs 1 Z 6 litb des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, idF BGBl. I Nr. 104/1997 waren daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.