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VfGH vom 26.09.2013, G93/2012 ua, V60/2012 ua

VfGH vom 26.09.2013, G93/2012 ua, V60/2012 ua

19791

Leitsatz

Gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit der im Stmk Sozialhilfegesetz normierten Aufwandersatzpflicht unterhaltspflichtiger Eltern und Kinder; Ersatzpflicht an die von der Behörde zu prüfende zivilrechtliche Unterhaltspflicht geknüpft und mit der Höhe dieser Unterhaltspflicht begrenzt; einfach handhabbare Pauschalierungsregelung sachlich gerechtfertigt; Abweisung der Anträge des UVS Steiermark auf Aufhebung der als gleichheitswidrig erachteten gesetzlichen Regelung sowie darauf basierender Verordnungsbestimmungen

Spruch

I. Die Anträge auf Aufhebung der Wortfolge "und des § 28 Z 2 lita" im Einleitungssatz der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom , mit der das Steiermärkische Sozialhilfegesetz durchgeführt wird (Steiermärkisches Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung – StSHG-DVO), LGBl Nr 18/2012, werden zurückgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark (im Folgenden: UVS) sind Berufungsverfahren gegen Bescheide des Bezirkshauptmannes von Deutschlandsberg, des Bezirkshauptmannes von Bruck an der Mur, des Bezirkshauptmannes von Feldbach, des Magistrates der Stadt Graz, des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung, des Bezirkshauptmannes von Hartberg, des Bezirkshauptmannes von Leibnitz, des Bezirkshauptmannes von Leoben, des Bezirkshauptmannes von Liezen, des Bezirkshauptmannes von Murau, des Bezirkshauptmannes von Mürzzuschlag und des Bezirkshauptmannes von Weiz anhängig, mit denen diese Behörden über die monatliche Aufwandersatzpflicht von Kindern bzw. Elternteilen, deren Elternteile bzw. Kinder Leistungen nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz bezogen haben, abgesprochen haben.

1.1. Aus Anlass dieser Verfahren stellt der UVS die auf Art 140 B VG gestützten und beim Verfassungsgerichtshof zu G93/2012, G121/2012 und G77/2013 protokollierten Anträge, § 28 Z 2 lita Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (SHG) LGBl 29/1998 in der derzeit geltenden Fassung LGBl 10/2012, in eventu den 2. Satz des § 28 Z 2 lita SHG "Bei der Festsetzung der Ersatzpflicht ist auf das Einkommen (§5) und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen", als verfassungswidrig aufzuheben.

1.2. Des Weiteren stellt der UVS die auf Art 139 B VG gestützten Anträge (beim Verfassungsgerichtshof zu V60/2012, V88/2012 und V54/2013 protokolliert), im Einleitungssatz der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom , mit der das Steiermärkische Sozialhilfegesetz durchgeführt wird (Steiermärkisches Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung – StSHG-DVO), LGBl 18/2012, die Wortfolge "und des § 28 Z 2 lita" sowie den 2. Abschnitt mit den §§4, 5 und 6 wegen Verletzung des Gleichheitssatzes als verfassungswidrig aufzuheben.

1.3. Darüber hinaus stellt der UVS die auf Art 139 B VG gestützten Anträge (beim Verfassungsgerichtshof zu V61/2012, V13/2013 und V55/2013 protokolliert), der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom über die Höhe der Ersatzpflicht von Eltern und Kindern von Hilfeempfängern nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz (StSHG-RegressVO), LGBl 78/2011, außer Kraft getreten mit Ablauf des , gemäß § 8 StSHG-DVO, LGBl 18/2012, verfassungswidrig war.

1.4. Begründend führt der UVS aus (ohne die Hervorhebungen durch den antragstellenden UVS):

"Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hegt gegen die gesetzliche Regelung des § 28 Z 2 lit a SHG, deren Aufhebung er beantragt, Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 7 B VG, die wie folgt näher ausgeführt werden:

§28 Z 2 SHG sah bis eine Aufwandersatzpflicht für die dem Hilfeempfanger nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichteten Eltern, Kinder und Ehegatten vor, wobei sich die Höhe der Aufwandersatzpflicht nach dem Unterhaltsrecht, konkret nach den §§94, 140 und 143 ABGB, sowie 66ff EheG richtete. Durch die Novelle des SHG, LGBl Nr 113/2008 entfiel die Bestimmung des § 28 Z 2 SHG, sodass es ab in der Steiermark keinen 'Pflegeregress' für Kinder, Eltern und Ehegatten mehr gegeben hat. Mit der Novelle des SHG, LGBl Nr 64/2011 wurde die Bestimmung des § 28 Z 2 SHG neu gefasst und die Aufwandersatzpflicht von Eltern und Kindern wieder eingeführt, wobei dieser 'Pflegeregress' zwar mit in Kraft getreten ist, jedoch auf grund der Übergangsbestimmung des § 44f Abs 2 SHG für Hilfeleistungen an Sozialhilfeempfanger, für die bereits mit Inkrafttreten der Novelle am die Pflegeheimrestkosten übernommen wurden, die Ersatzpflicht für die Eltern und Kinder erst ab dem wirksam geworden ist. Hatte sich die alte Regelung des § 28 Z 2 SHG noch ausschließlich am Unterhaltsrecht orientiert, so sieht die neue Regelung lediglich vor, dass Eltern und Kinder nach Bürgerlichem Recht unterhaltspflichtig sein müssen. Hinsichtlich der Höhe der Aufwandersatzleistung ist nicht nach dem Unterhaltsrecht und nach der Judikatur der Zivilgerichte vorzugehen, sondern entscheidend ist nach § 28 Z 2 lit a SHG nur mehr das Angehörigenverhältnis (Kind oder Elternteil) und das Einkommen im Sinne des § 5 SHG.

Für die Anlassfälle bedeutet dies, dass das Einkommen der aufwandersatzpflichtigen Kinder festgestellt wurde und davon nach der Tabelle des § 3 StSHG-RegressVO bzw. des § 6 StSHG-DVO der Aufwandersatz nach dem jeweils festgesetzten Prozentsatz des Einkommens der Aufwandersatzpflichtigen ermittelt wurde. Dabei wurde nicht berücksichtigt, ob die aufwandersatzpflichtigen Personen sonstige Unterhaltspflichten haben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hegt keine Bedenken, dass es der rechtspolitische Gestaltungsspielraum dem Landesgesetzgeber erlaubt, die Unterhaltspflicht mit pauschalen Prozentsätzen – die noch dazu weit unter den in der unterhaltsrechtlichen Judikatur ausgebildeten Prozentsätzen liegen – festzusetzen, zumal den Aufwandersatzpflichtigen der Gegenbeweis insofern zusteht, dass sie den Nachweis einer niedrigeren Unterhaltsverpflichtung durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung erbringen können.

Der Verfassungsgerichtshof hat aber in ständiger Rechtsprechung zur Familienbesteuerung (VfSlg 12.940/1991, 14.992/1997) die Auffassung vertreten, dass die Unterhaltsleistung an Kinder nicht bloß eine Sache der privaten Lebensgestaltung ist, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit liegt. Wegen der steuerlichen Nichtberücksichtigung der Unterhaltsleistungen die unterhaltspflichtigen Eltern gegenüber nicht unterhaltspflichtigen Personen diskriminiert, wobei die Transferleistungen (Familienbeihilfe, steuerliche Kinderzuschläge) dies nicht ausreichend ausgleichen.

So hatte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , GZ: B1326/01, worin es um die Gewährung einer Studienbeihilfe ging, keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die soziale Bedürftigkeit im Sinne des Studienförderungsgesetzes an das Einkommen, den Familienstand und die Familiengröße des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten anknüpfte. Im damals in Geltung stehenden Studienförderungsgesetz wurde die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern mit pauschalen Prozentsätzen der Bemessungsgrundlage festgelegt und wurde somit grundsätzlich nicht auf den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch abgestellt. Der Verfassungsgerichtshof sah darin keine Bedenken mit der Begründung, dass das Verfahren über die Zuerkennung einer Studienbeihilfe als Massenverfahren aus verwaltungsökonomischen Gründen ohne aufwendige Ermittlungen auskommen muss, die erforderlich wären, um die genaue Höhe der tatsächlichen Unterhaltsleistung im Einzelfall festzustellen. Sieht man sich aber die Bestimmungen über die Ermittlung des Einkommens im Studienförderungsgesetz an, so fällt auf, dass weitere Unterhaltspflichten des Studierenden bzw. seiner Eltern sehr wohl zu berücksichtigen sind. Sah das Studienförderungsgesetz 1969 noch vor, dass sich die Einkommensgrenze für jede Person erhöht, für die der Studierende oder einer der beiden Elternteile Unterhalt zu leisten hat, so sieht § 32 Abs 1 Studienförderungsgesetz 1992 in der derzeit geltenden Fassung vor, dass die Bemessungsgrundlage des Studierenden, seiner Eltern sowie seines Ehegatten oder seines eingetragenen Partners das Einkommen gemäß den §§8 bis 10 abzüglich der Freibeträge gemäß Abs 4 und der nachstehenden Absetzbeträge für die Person, für die entweder der Studierende, einer seiner Elternteile oder sein Ehegatte oder eingetragener Partner kraft [Gesetzes] Unterhalt leistet, umfasst.

Diese Absetzbeträge gliedern sich wie folgt:

1. Für jede Person bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres € 2.762,00;

2. Für jede Person nach Vollendung des 6. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres € 3.707,00;

3. Für jede Person nach Vollendung des 14. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres € 4.216,00;

4. Für jede Person nach Vollendung des 18. Lebensjahres, die gemäß § 123 Abs 4 ASVG als Angehörige gilt oder begünstigt in der Krankenversicherung selbst versichert ist oder die Studienbeihilfe bezieht, ein Betrag in der Höhe der Höchststudienbeihilfe gemäß § 26 Abs 1; sofern es sich jedoch um auswärtige Studierende im Sinne des § 26 Abs 2 handelt, ein Betrag in der Höhe der Höchststudienbeihilfe gemäß § 26 Abs 2;

5. Für jedes erheblich behinderte Kind im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 weitere € 1.890,00.

Im Kärntner Mindestsicherungsgesetz (K-MSG) gibt es ebenfalls Pflegeregressbestimmungen, die im Wesentlichen mit Kraft getreten sind. § 48 Abs 1 K MSG normiert zunächst, dass Personen, die gesetzlich zum Unterhalt des Mindestsicherungsempfängers verpflichtet sind, die Kosten für Leistungen der sozialen Mindestsicherung im Rahmen der sie treffenden Verpflichtungen zu ersetzen haben. Gemäß § 48 Abs 2 K MSG hat die Landesregierung das prozentuelle Ausmaß der Ersatzpflicht von Eltern oder Kindern eines Mindestsicherungsempfängers durch Verordnung festzulegen. Bei der Festlegung der Höhe der Ersatzpflicht ist auf die finanzielle Leistungskraft und sonstige Unterhaltsverpflichtungen der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen. Im § 49 Abs 2 Kärntner Mindestsicherungsgesetz wird nochmals festgehalten, dass bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber Unterhaltspflichtigen auf deren wirtschaftliche Verhältnisse und ihre sonstigen Sorgepflichten Bedacht zu nehmen ist.

§5 der Kärntner Sozialkostenbeteiligungsverordnung, LGBl Nr 54/2012 sieht folgende Abzüge von der Berechnungsgrundlage vor:

1.) Für Ehegatten, ehemalige Ehegatten sowie eingetragene Partner und ehemalige eingetragene Partner: 56 vH des von der gemäß § 12 Abs 2 K MSG für das jeweilige Kalenderjahr erlassene Kärntner Mindeststandard-Verordnung festgelegten Mindeststandards;

2.) für volljährige Kinder bis zum vollendeten 30. Lebensjahr: jeweils 37 vH des Mindeststandards nach Z 1;

3.) für volljährige Kinder, welche zufolge eines Studiums nicht bei den Eltern wohnen, wenn die auswärtige Wohnung für Zwecke des Studiums erforderlich ist, bis zum vollendeten 30. Lebensjahr: jeweils 46 vH des Mindeststandards nach Z 1;

4.) für Kinder mit Behinderung (erhöhte Familienbeihilfe); jeweils 53 vH des Mindeststandards nach Z 1;

5.) für das älteste, zweit- und drittälteste minderjährige Kind: jeweils 18 vH des Mindeststandards nach Z 1;

6.) ab dem viertältesten minderjährigen Kind: jeweils 15 vH des Mindeststandards nach Z 1.

Eine auch nur annähernd gleichartige Bestimmung wie sie das Studienförderungsgesetz oder das Kärntner Mindestsicherungsgesetz vorsehen, worin auf sonstige Unterhaltspflichten Bedacht genommen wird, kennt das Steiermärkische Sozialhilfegesetz nicht, woraus sich die verfassungsrechtlichen Bedenken ergeben.

Der Gleichheitsgrundsatz richtet sich an den Gesetzgeber. Er setzt ihm insofern verfassungsrechtliche Schranken, als er ihm verbietet, Differenzierungen vorzunehmen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind (vgl. VfSlg 8457/1978, 10064/1984, 10084/1984). Dem Gleichheitsgrundsatz ist aber auch das Gebot einer differenzierenden Regelung wesentlich unterschiedlicher Sachverhalte immanent (vgl. VfSlg 2956/1956, 5208/1966, 8435/1978). Ungleiches darf nicht in unsachlicher Weise gleich behandelt werden (vgl. VfSlg 6410/1971, 9204/1981). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden (VfSlg 12416/1990). In der Wahl der Mittel ist der Gesetzgeber weitgehend frei, er darf aber keine Mittel wählen, die zwar an sich geeignet wären, die aber zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen.

Der Verfassungsgerichtshof subsumiert unter das allgemeine Sachlichkeitsgebot auch Fälle, in denen der Gesetzgeber wesentliche Unterschiede nicht berücksichtigt, eine zu wenig differenzierte Regelung getroffen hat oder eine Vorschrift, die für einen Teil der Normadressaten zu unzumutbaren Belastungen führt.

Eine Vorschrift, die ein verpöntes Differenzierungsmerkmal zwar nicht zum Anlass für eine rechtliche Differenzierung nimmt, sich auf die Träger dieser Merkmale aber faktisch ungleich auswirkt, muss daher im Lichte des allgemeinen Gleichheitssatzes stets auf ihre Rechtfertigung untersucht werden können. In Kauf genommen [werden] kann eine faktische Ungleichbehandlung nur, wenn das Interesse der Betroffenen nicht aufgrund einer persönlichen Eigenschaft benachteiligt zu werden zu Gunsten eines anderen schwerer wiegenden Interesses zurücktreten muss. Die Gleichheitsprüfung nimmt in solchen Fällen also zwangsläufig die Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung an. Zu fragen ist, ob die faktische Benachteiligung sich nicht hätte vermeiden lassen [können], ob das Regelungsziel also ebenso gut durch ein Mittel erreicht werden könnte, das derart ungleiche Auswirkungen nicht zeitigt. Steht ein gelinderes Mittel nicht zur Verfügung, so ist das Regelungsziel selbst zu hinterfragen (Magdalena Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, S. 486f.).

Da die Unterhaltsleistung an Kinder, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, nicht bloß Sache privater Lebensgestaltung ist, erscheint es nicht verfassungskonform, die Personengruppe an aufwandersatzpflichtigen Eltern und Kindern, die selbst Unterhaltspflichten zu tragen hat, mit der Personengruppe von aufwandersatzpflichtigen Eltern und Kindern, die keine Unterhaltspflichten mehr zu tragen hat, gleich zu behandeln. Angesichts der Belastung durch die Unterhaltspflicht und die nicht zu vernachlässigende Zahl der Fälle, in denen Aufwandersatzpflichtige Unterhaltspflichten zu tragen haben, handelt es sich auch keinesfalls um bloße Einzel- oder Härtefälle. Es erscheint hier der rechtspolitische Gestaltungsspielraum verletzt, insbesondere da regelungstechnisch eine Differenzierung – wie aufgezeigt – möglich wäre.

Man könnte natürlich einwenden, dass die Aufwandersatzpflicht mit maximal 10 % des Einkommens begrenzt ist und daher – bis auf wenige Ausnahmefälle – der Aufwandersatzbetrag tatsächlich geringer ist als die Unterhaltspflicht nach Bürgerlichem Recht. Dies ändert aber nichts am Umstand, dass die Aufwandersatzpflichtigen gleich behandelt werden, gleichgültig ob sie weitere Unterhaltspflichten haben oder nicht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat daher erhebliche Bedenken, dass die Bestimmung des § 28 Z 2 lit a SHG gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß § 7 B VG verstößt. Es wird nämlich Ungleiches (Aufwandersatzpflichtige mit weiteren Sorgepflichten und Unterhaltspflichtige ohne weitere Unterhaltspflichten) gleich behandelt, in dem in allen Fällen ein gewisser Prozentsatz vom Einkommen als Aufwandersatz vorgeschrieben wird. Dies bedeutet im Ergebnis, dass jenen Aufwandersatzpflichtigen, die noch weitere Sorgepflichten haben, weniger Geld verbleibt, als Personen, die eben solche Sorgepflichten nicht oder nicht mehr haben, die Belastung de facto also größer ist. Die faktische Benachteiligung hätte sich vermeiden lassen (siehe Studienförderungsgesetz oder das K-MSG und die bezughabende Verordnung). Es ist auch nicht erkennbar, dass es für die Gleichbehandlung einen vernünftigen bzw. gerechtfertigten Grund geben würde, sodass beantragt wird, die Bestimmung des § 28 Z 2 lit a SHG als verfassungswidrig aufzuheben. Sollte der Verfassungsgerichtshof der Auffassung sein, dass die gänzliche Aufhebung des § 28 Z 2 lit a SHG überschießend wäre, so wird in eventu beantragt, den zweiten Satz dieser Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben, wonach bei der Festsetzung der Ersatzpflicht nur auf das Einkommen und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person, nicht aber auf die Familiengröße Bedacht genommen wird.

Die Steiermärkische Regressverordnung über die Höhe der Ersatzpflicht von Eltern und [Kindern] von Hilfeempfangern nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz, die am in Kraft und mit außer Kraft trat, basiert auf der Bestimmung des § 28 Z 2 lit a SHG. Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung teilen, wird zugleich beantragt, auszusprechen, dass die auf dieser Bestimmung basierende StSHG-RegressVO verfassungswidrig war. In dieser Verordnung wurde – wie im 2. Abschnitt der StSHG-DVO – ausschließlich ausgehend vom Einkommen direkt die Höhe des Aufwandersatzes ermittelt.

Mit ist die Steiermärkische Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung in Kraft getreten. Diese regelt im ersten Abschnitt das Einkommen im Sinne des § 5 Abs 1a SHG und im zweiten Abschnitt die Ersatzansprüche auf Grund der Bestimmung des § 28 Z 2 lit a SHG. Für den Fall, dass die Bestimmung des § 28 Z 2 lit a SHG als verfassungswidrig aufgehoben wird, wird weiters beantragt, dass die Wortfolge im Einleitungssatz der Verordnung 'und des § 28 Z 2 lit a' und die Bestimmungen des zweiten Abschnittes der Verordnung (§4 Ersatzansprüche, § 5 Ersatzpflicht jedes Elternteiles, § 6 Ersatzpflicht jedes Kindes) als verfassungswidrig aufgehoben werden. Die Bestimmungen im ersten Abschnitt über das Einkommen wären von einer allfälligen Verfassungswidrigkeit des § 28 Z 2 lit a SHG nicht berührt, gelten die Bestimmungen über das Einkommen doch auch für jene Fälle, in denen es um die Eigenmittel der Hilfeempfänger nach dem SHG geht."

1.5. In seinen zu G77/2013, V54, 55/2013 protokollierten Anträgen übt der antragstellende UVS darüber hinaus Kritik am zur vergleichbaren Rechtslage im Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G105/12, V73, 74/12.

2. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete im Wesentlichen gleichlautende Äußerungen, in denen sie die Abweisung der Anträge des UVS mangels Verfassungswidrigkeit des angefochtenen § 28 Z 2 lita SHG bzw. des im Eventualantrag angefochtenen 2. Satzes des § 28 Z 2 lita SHG begehrt.

2.1. Die Steiermärkische Landesregierung bestreitet die Präjudizialität des angefochtenen § 28 Z 2 lita SHG bzw. des in den Eventualanträgen angefochtenen 2. Satzes des § 28 Z 2 lita SHG nicht. Zur Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung bzw. Feststellung der Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen bringt die Steiermärkische Landesregierung jedoch Folgendes vor (ohne die Hervorhebungen durch die Steiermärkische Landesregierung):

"Die StSHG-RegressVO ist nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung nicht präjudiziell. Der UVS hat diese Verordnung in keinem Anlassfall anzuwenden. Dies folgt aus dem auch vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz (siehe VfSlg 16.907 mwN), dass die Behörden ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Rechtslage zu Grunde zu legen haben. Die ggst. erstinstanzlichen Bescheide wurden alle zu einem Zeitpunkt erlassen, in dem die StSHG-RegressVO nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hat. Diese Bescheide hätten daher nicht mehr auf diese Verordnung gestützt werden dürfen. Dies gilt auch für die vom UVS zu erlassenden Bescheide. Der Prüfungsantrag des UVS geht daher jedenfalls in jenen Fällen zu weit, in denen nach seiner Ansicht (…) beide Verordnungen anzuwenden sind."

2.2. In der Sache hält die Steiermärkische Landesregierung den Anträgen des UVS Folgendes entgegen:

"II. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 28 Z 2 lita des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes (SHG), in eventu gegen den zweiten Satz des § 28 Z 2 lita SHG:

[…]

Gemäß § 28 Z 2 lita SHG sind Eltern und Kinder, soweit sie nach Bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Hilfeempfänger Unterhalt zu leisten, zum Aufwandersatz gegenüber dem Sozialhilfeträger verpflichtet. Die Höhe des Aufwandersatzes ist durch Verordnung der Landesregierung zu regeln. Bei der Festsetzung des Aufwandersatzes ist auf das Einkommen (§5) und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen. Der Aufwandersatz ist mit der Höhe der Unterhaltsverpflichtung begrenzt.

Der erste Satz des § 28 Z 2 lita SHG bestimmt nicht nur den Kreis der zum Aufwandersatz verpflichteten Personen, sondern auch den Rahmen ('soweit'), innerhalb dessen diese Personen zum Ersatz verpflichtet werden können. Dieser ist mit der Höhe der Unterhaltspflicht nach bürgerlichem Recht begrenzt (der erste Satzteil des vierten Satzes statuiert dies auch expressis verbis). Demgemäß dürfen Unterhaltspflichtige nur höchstens in dem Umfang zum Ersatz herangezogen werden, in dem sie dem Empfänger der . Sozialhilfe Unterhalt leisten müssten (siehe auch Erkenntnis des VwGH ZI. 2001/11/0034, das zwar zur alten Rechtslage ergangen ist, aber auch für die neue Rechtslage zutrifft). Der Umfang der in den Anlassfällen maßgeblichen Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern ist in § 143 Abs 3 ABGB geregelt. Nach dieser Bestimmung hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet. Die zivilrechtliche Unterhaltspflicht von Kindern, die sonstige Sorgepflichten haben, gegenüber ihren Eltern ist also im Vergleich zu Kindern, die solche Sorgepflichten nicht haben, bei sonst gleicher Bemessungsgrundlage niedriger. Der Verweis auf diese zivilrechtliche Unterhaltspflicht in § 28 Z 2 lita erster Satz SHG impliziert somit auch die Berücksichtigung sonstiger Sorgepflichten. Es ist daher nicht erforderlich, dies zusätzlich expressis verbis im Gesetz festzuschreiben. Aus diesem Verweis folgt, dass die Vollziehung sonstige Unterhaltspflichten der Kinder bei der Festsetzung der Höhe der Ersatzpflicht zu berücksichtigen hat.

Der angefochtene § 28 Z 2 lita SHG unterscheidet sich von der Rechtslage vor der Novelle LGBl Nr 113/2008 in dem hier maßgeblichen Zusammenhang nur dadurch, dass die Landesregierung im Sinne eines verwaltungsökonomischen Vollzugs ermächtigt wird, die Höhe der Ersatzpflicht durch Verordnung festzulegen. Der dem Verordnungsgeber gesetzte Rahmen für die Festsetzung der Ersatzpflicht, nämlich der Umfang der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht (siehe obige Ausführungen), hat sich nicht geändert. Die Vollziehung ist daher auch nach der geltenden Rechtslage an diesen gebunden. Das Gesetz überlässt dem Verordnungsgeber nur die nähere Ausgestaltung.

Die StSHG-DVO berücksichtigt sonstige Sorgepflichten im Rahmen der Ermittlung des Einkommens. Gemäß § 2 StSHG DVO sind vom Einkommen die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs 1 EStG und die Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen. Bei der abzuziehenden Einkommensteuer handelt es sich nicht um die tatsächlich zu leistende, sondern um eine fiktive, da bspw. Absetzbeträge wie insbesondere die Unterhaltsabsetzbeträge nicht von der Steuer abgezogen werden. Dadurch wird vom Einkommen der Ersatzpflichtigen, die sonstige Unterhaltspflichten haben, ein höherer Einkommensteuerbetrag abgerechnet, wodurch sich das Einkommen, das der Bemessung der Ersatzpflicht zu Grunde zu legen ist, verringert. Da die abzuziehenden Sozialversicherungsbeiträge bei Ersatzpflichtigen mit sonstigen Unterhaltspflichten im Allgemeinen ebenfalls höher sein werden, verringern auch diese das der Bemessung der Ersatzpflicht zu Grunde zu legende Einkommen.

Die vom UVS behauptete Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt daher nicht vor.

Die der Grundregel des ersten Satzes des § 28 Z 2 lita SHG folgenden Sätze sind – entgegen der Rechtsansicht des UVS – nicht isoliert von dieser zu sehen. Sie stehen in engem Konnex mit dieser Bestimmung und haben grundsätzlich weder einen darüber hinausgehenden noch einen diese einschränkenden Inhalt.

So stellt der zweite Satz des § 28 Z 2 lita SHG, auf den sich der Eventualantrag des UVS stützt, lediglich auf Kriterien ab, die auch nach dem Bürgerlichen Recht für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind. Dies bedeutet, dass der Verordnungsgeber, auch wenn es diesen Satz nicht gäbe, diese Kriterien für die Festlegung der Ersatzpflicht heranziehen müsste. Aus der gesetzlich vorgegeben Bedachtnahme auf das Einkommen und das Angehörigenverhältnis kann entgegen der Rechtsauffassung des UVS nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber eine abschließende Regelung getroffen hat und die Vollziehung andere Kriterien nicht berücksichtigen darf bzw. auf Grund der obigen Ausführungen zum Rahmen der Ersatzpflicht sogar muss. Der Grund für die Aufnahme des zweiten Satzes in diese Bestimmung dürfte darin gelegen sein, dass der Gesetzgeber klarstellen wollte, dass dem SHG ein einheitlicher Einkommensbegriff, nämlich jener des § 5, zu Grunde gelegt ist. (Der Initiativantrag, der zu dieser Bestimmung geführt hat, enthält diesbezüglich keine Erläuterungen.)

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die vom UVS behauptete Gleichheitswidrigkeit dem zweiten Satz des § 28 Z 2 lita SHG nicht anhaftet. Sie könnte daher, wenn überhaupt, nur der Vollziehung angelastet werden. Eine genauere Betrachtung des Prüfungsantrags des UVS bestätigt diese Einschätzung, da der UVS die Verfassungswidrigkeit des § 28 Z 2 lita SHG mit der – seiner Ansicht nach – gleichheitswidrigen Vollziehung dieser Bestimmung begründet.

III. Zur Aufhebung der StSHG-RegressVO, LGBl Nr 78/2011, und der Wortfolge 'und des § 28 Z 2 lita' im Einleitungssatz und des 2. Abschnitts mit den §§4 bis 6 der StSHG-DVO, LGBl Nr 18/2012:

[…]

Das Vorbringen des UVS beschränkt sich darauf, dass der Verfassungsgerichtshof die StSHG-RegressVO und die angefochtenen Teile der StSHG-DVO im Fall des Ausspruchs der Verfassungswidrigkeit des § 28 Z 2 lita SHG beheben soll. Der UVS begründet den Prüfungsantrag folglich nur mit dem Wegfall der gesetzlichen Grundlagen der (Teile der) Verordnungen. Sonstige Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochenen (Teile der) Verordnung werden nicht vorgebracht. Dazu kann daher auch kein Vorbringen erstattet werden."

3. Einige der beteiligten Parteien haben Äußerungen erstattet.

II. Rechtslage

1. Die relevanten Bestimmungen des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes (SHG), LGBl 29/1998, in der Fassung LGBl 10/2012, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§1

Aufgabe der Sozialhilfe

(1) Durch die Sozialhilfe soll jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht werden, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

(2) Die Sozialhilfe umfaßt:

a) Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs,

b) Hilfe in besonderen Lebenslagen,

c) Soziale Dienste.

(3) Die Sozialhilfe ist zu gewähren, um eine bestehende Notlage zu beseitigen oder eine drohende Notlage abzuwenden. Sie ist fortzusetzen, wenn dies notwendig ist, um die Wirksamkeit der geleisteten Hilfe zu sichern.

[…]

§4

Voraussetzung der Hilfe

(1) Auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes besteht für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörige nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes ein Rechtsanspruch.

1. Wer sich in der Steiermark aufhält und zu einem mehr als dreimonatigen Aufenthalt berechtigt ist, hat einen Rechtsanspruch auf Leistungen im Sinne der §§7 und 14.

2. Wer sich in der Steiermark aufhält und die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, hat einen Rechtsanspruch im Sinne der §§7 Abs 1 litb, c, d, Abs 2 lita Z 2 und 3 und litb und 14. Zur Vermeidung unbilliger Härten können vom Träger der Sozialhilfe als Träger von Privatrechten auch andere Leistungen gewährt werden.

(1a) - (3) […]

§5

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Hilfe ist nur so weit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.

(1a) Nähere Bestimmungen zum Einkommensbegriff hat die Landesregierung durch Verordnung zu erlassen.

(2) Hilfeempfänger haben Ansprüche gegenüber Dritten zu verfolgen, soweit dies nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßigen Kostenrisiko verbunden ist. Keine Rechtsverfolgungspflicht besteht bei Ansprüchen gemäß § 947 ABGB sowie bei nichttitulierten Unterhaltsansprüchen des Hilfeempfängers.

(3) Zum verwertbaren Vermögen gehören nicht jene Sachen, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung allgemein anerkannter kultureller Bedürfnisse dienen.

(4) Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden.

(5) (entfallen)

§6

Einsatz der eigenen Kräfte

(1) Art und Ausmaß der Hilfe sind davon abhängig zu machen, daß der Hilfeempfänger bereit ist, seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen. Dabei ist auf den gesundheitlichen Zustand, das Lebensalter und nach Möglichkeit auf die berufliche Eignung und Vorbildung des Hilfeempfängers sowie auf die familiären Verhältnisse, insbesondere auf die geordnete Erziehung der unterhaltsberechtigten Kinder, Bedacht zu nehmen.

(2) – (3) […]

§7

Lebensbedarf

(1) Zum Lebensbedarf gehören:

a) der Lebensunterhalt (§8);

b) die erforderliche Pflege (§9);

c) die Krankenhilfe (§10);

d) die Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§11);

e) die Erziehung und Erwerbsbefähigung (§12).

(2) Der ausreichende Lebensbedarf ist durch geeignete Maßnahmen zu sichern. Je nach Bedarf und Zweckmäßigkeit werden gewährt:

a) Geldleistungen:

1. als richtsatzgemäße Geldleistungen, wenn Sozialhilfe voraussichtlich über einen längeren Zeitraum zu gewähren sein wird;

2. zur Kostendeckung einer notwendigen Heim oder Anstaltsunterbringung;

3. für einmalige Unterstützungen.

b) Sachleistungen,

wie insbesondere Unterkunft, Bekleidung und Lebensmittel. Sachleistungen sind vor allem dann zu gewähren, wenn eine zweckentsprechende Verwendung einer Geldleistung nicht gesichert ist oder erwartet werden kann.

[…]

§9

Erforderliche Pflege

(1) Zum Lebensbedarf gehört jene Pflege, die erforderlich wird, wenn auf Grund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustandes die Fähigkeit fehlt, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen.

(2) Die erforderliche Pflege umfaßt

a) die mobile Pflege;

b) die Pflege in geeigneten stationären Einrichtungen;

c) die Versorgung mit Pflegemitteln und Pflegebehelfen. Kosten der Hilfe zu mobiler Pflege sind bis zu jenem Betrag zu gewähren, der vergleichsweise für dieselben Leistungen in einer stationären Einrichtung anfällt.

[…]

§13

Unterbringung in stationären Einrichtungen

(1) Pflegebedürftige Personen, die ihren Lebensbedarf auf Grund ihrer Pflege und Betreuungsbedürftigkeit sonst nicht in zumutbarer Weise ausreichend decken können, haben Anspruch auf Übernahme der Kosten oder Restkosten der Unterbringung in einer stationären Einrichtung. Bei Personen, die zumindest Pflegegeld der Stufe 4 beziehen, ist das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen anzunehmen. Bei Personen, die nach den pflegegeldrechtlichen Bestimmungen ein Pflegegeld der Stufe 1 bis 3 beziehen oder bei denen das Verfahren der Pflegegeldeinstufung noch nicht abgeschlossen ist, ist die tatsächliche Notwendigkeit der Unterbringung sowie der Pflege und Betreuungserfordernisse durch ein amtsärztliches und/oder pflegerisches und/oder sozialarbeiterisches Gutachten zu bestätigen.

(2) – (6) […]

5. Abschnitt

Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe

§28

Ersatzpflichtige

Zum Ersatz des Aufwandes gegenüber dem Sozialhilfeträger sind verpflichtet:

1. der Hilfeempfänger aus seinem Vermögen, soweit hierdurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§7) nicht unterschritten wird;

2. a) Eltern und Kinder, soweit diese nach Bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Hilfeempfänger Unterhalt zu leisten, in der von der Landesregierung durch Verordnung kundzumachenden Höhe. Bei der Festsetzung der Ersatzpflicht ist auf das Einkommen (§5) und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen. Im Zeitraum der Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen geleisteter Unterhalt ist anzurechnen. Die Ersatzpflicht ist mit der Höhe der Unterhaltsverpflichtung begrenzt, wobei der Nachweis einer im Gegensatz zu dem in der Verordnung genannten Betrag niedrigeren Unterhaltsverpflichtung durch den Ersatzpflichtigen zu erbringen ist. Der Nachweis gilt nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung als erbracht;

b) (geschiedene) Ehegattinnen/Ehegatten und eingetragene Partnerinnen/Partner (nach Auflösung der eingetragenen Partnerschaft). Unterhaltsverpflichtungen dieser Personen gegen die Hilfeempfänger gehen für die Dauer der Leistung auf den Träger der Sozialhilfe über, sobald dies der unterhaltspflichtigen Person schriftlich angezeigt wird. Mit Zustellung der schriftlichen Anzeige an die unterhaltspflichtige Person kann der Anspruch auch ohne Zutun der Hilfeempfänger geltend gemacht werden.

3. die Erben des Hilfeempfängers bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses;

4. nicht unterhaltspflichtige Dritte, soweit der Hilfeempfänger ihnen gegenüber Rechtsansprüche oder Forderungen hat, ausgenommen solche nach § 947 ABGB und Schmerzensgeldansprüche, und der Sozialhilfeträger die Abtretung in Anspruch nimmt. Damit gehen Ansprüche des Hilfeempfängers gegenüber einem Dritten im Ausmaß der Leistung auf den Sozialhilfeträger über. Der Übergang erfolgt mit Verständigung des verpflichteten Dritten;

5. Personen im Sinne des § 28a."

2. Die relevanten Bestimmungen der Steiermärkischen Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung (StSHG-DVO), LGBl 18/2012, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Auf Grund des § 5 Abs 1a und des § 28 Z 2 lita des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl Nr 29/1998, zuletzt in der Fassung LGBl Nr 10/2012, wird verordnet:

1. Abschnitt

Einkommen

§1

Einkommen

Zum Einkommen zählen insbesondere:

1. Folgende Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 2 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl Nr 1988/400, in der Fassung BGBl I Nr 2010/111 (im Folgenden: Einkommensteuergesetz):

a) Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft;

b) Einkünfte aus selbständiger Arbeit;

c) Einkünfte aus Gewerbebetrieb;

d) Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit;

e) Einkünfte aus Kapitalvermögen;

f) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung;

g) Sonstige Einkünfte gemäß § 29 Einkommensteuergesetz;

2. Wochengeld;

3. Kinderbetreuungsgeld;

4. Arbeitslosengeld;

5. Notstandshilfe;

6. Pensionsvorschuss;

7. erhaltene Unterhaltszahlungen;

8. Sonderzahlungen;

9. Wohnbeihilfe.

§2

Einkommensermittlung

(1) Vom Einkommen gemäß § 1 sind die auf die Einkünfte gemäß § 1 Z 1 entfallende Einkommensteuer gemäß § 33 Abs 1 Einkommensteuergesetz – bereinigt durch die steuerrechtlichen Begünstigungen (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Freibeträge nach §§104 und 105 Einkommensteuergesetz) vor Abzug der Absetzbeträge (allgemeiner Absetzbetrag, Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Arbeitnehmer- und Grenzgängerabsetzbetrag, Verkehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag) sowie die Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen.

(2) Bei regelmäßig anfallendem Einkommen ist das Jahresnettoeinkommen zu ermitteln. Dieses ist – unter Berücksichtigung allfälliger Sonderzahlungen – durch 12 zu dividieren, um das monatliche Nettoeinkommen zu berechnen. Bei einem nicht regelmäßig anfallenden Einkommen ist das tatsächlich zufließende Einkommen heranzuziehen.

§3

Nachweise

(1) Nachweise über Einkünfte aus der Vergangenheit sind bei der Ermittlung des Einkommens nur dann heranzuziehen, wenn zu erwarten ist, dass diese Einkünfte auch in Zukunft anfallen.

(2) – (6) [...]

2. Abschnitt

Ersatzansprüche

§4

Ersatzansprüche

(1) Für die gewährten Leistungen der Sozialhilfe ist von den

1. Eltern (§5) und

2. Kindern (§6)

des Hilfsempfängers Ersatz zu leisten, soweit nach Bürgerlichem Recht eine Unterhaltsverpflichtung besteht.

(2) Die Höhe der Ersatzpflicht richtet sich nach dem Einkommen der ersatzpflichtigen Person (§5 SHG), wobei ein für den Zeitraum der Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen geleisteter Unterhalt in Abzug zu bringen ist.

(3) Die Ersatzpflicht ist mit der Höhe der Unterhaltsverpflichtung begrenzt, wobei der Nachweis einer im Gegensatz zur Ersatzpflicht niedrigeren Unterhaltsverpflichtung durch den Ersatzpflichtigen zu erbringen ist. Der Nachweis gilt nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung als erbracht.

§5

Ersatzpflicht jedes Elternteiles

Die Höhe der Ersatzpflicht jedes Elternteiles des Hilfeempfängers wird wie folgt festgelegt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommen in Euro
Ersatz in % des Einkommens
von
bis
1500
1599,99
9,00
1600
1699,99
9,50
1700
1799,99
10,00
1800
1899,99
10,50
1900
1999,99
11,00
2000
2099,99
11,50
2100
2199,99
12,00
2200
2299,99
12,50
2300
2399,99
13,00
2400
2499,99
13,50
2500
2599,99
14,00
2600
2699,99
14,50
ab 2700
15,00

§6

Ersatzpflicht jedes Kindes

Die Höhe der Ersatzpflicht jedes Kindes des Hilfeempfängers wird wie folgt festgelegt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommen in Euro
Ersatz in % des Einkommens
von
bis
1500
1599,99
4,00
1600
1699,99
4,50
1700
1799,99
5,00
1800
1899,99
5,50
1900
1999,99
6,00
2000
2099,99
6,50
2100
2199,99
7,00
2200
2299,99
7,50
2300
2399,99
8,00
2400
2499,99
8,50
2500
2599,99
9,00
2600
2699,99
9,50
ab 2700
10,00

"

3. Die – in ihrem gesamten Umfang angefochtene – Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom über die Höhe der Ersatzpflicht von Eltern und Kindern von Hilfeempfängern nach dem Steiermärkichen Sozialhilfegesetz (StSHG-RegressVO), LGBl 78/2011, welche gemäß § 11 StSHG-DVO, LGBl 18/2012, mit Ablauf des außer Kraft getreten ist, hat folgenden Wortlaut:

"Auf Grund des § 28 Z 2 lita des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl Nr 29/1998, zuletzt in der Fassung LGBl Nr 64/2011, wird verordnet:

§1

Ersatzansprüche

(1) Für die gewährten Leistungen der Sozialhilfe ist von den

1. Eltern (§2) und

2. Kindern (§3)

des Hilfeempfängers Ersatz zu leisten, soweit nach Bürgerlichem Recht eine Unterhaltsverpflichtung besteht.

(2) Die Höhe der Ersatzpflicht richtet sich nach dem Einkommen der ersatzpflichtigen Person (§5 SHG), wobei ein für den Zeitraum der Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen geleisteter Unterhalt in Abzug zu bringen ist.

(3) Die Ersatzpflicht ist mit der Höhe der Unterhaltsverpflichtung begrenzt, wobei der Nachweis einer im Gegensatz zur Ersatzpflicht niedrigeren Unterhaltsverpflichtung durch den Ersatzpflichtigen zu erbringen ist. Der Nachweis gilt nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung als erbracht.

§2

Ersatzpflicht jedes Elternteiles

Die Höhe der Ersatzpflicht jedes Elternteiles des Hilfeempfängers wird wie folgt festgelegt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommen in Euro
Ersatz in % des Einkommens
von
bis
1500
1599,99
9,00
1600
1699,99
9,50
1700
1799,99
10,00
1800
1899,99
10,50
1900
1999,99
11,00
2000
2099,99
11,50
2100
2199,99
12,00
2200
2299,99
12,50
2300
2399,99
13,00
2400
2499,99
13,50
2500
2599,99
14,00
2600
2699,99
14,50
2700
15,00

§3

Ersatzpflicht jedes Kinder

Die Höhe der Ersatzpflicht jedes Kindes des Hilfeempfängers wird wie folgt festgelegt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommen in Euro
Ersatz in % des Einkommens
von
bis
1500
1599,99
4,00
1600
1699,99
4,50
1700
1799,99
5,00
1800
1899,99
5,50
1900
1999,99
6,00
2000
2099,99
6,50
2100
2199,99
7,00
2200
2299,99
7,50
2300
2399,99
8,00
2400
2499,99
8,50
2500
2599,99
9,00
2600
2699,99
9,50
2700
10,00

"

4. § 231 und § 234 ABGB, JGS 946/1811 idF BGBl I 15/2013 (Änderungen beziehen sich nur auf die Nummerierung: § 231 ABGB vormals § 140 ABGB,§ 234 ABGB vormals § 143 ABGB), lauten:

"Kindesunterhalt

§231. (1) Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

(2) Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.

(3) Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.

(4) […]"

"§234. (1) Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

(2) Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren erwogen:

1. Prozessvoraussetzungen

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dürfen daher Anträge iSd Art 139 oder Art 140 B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – Verordnungs- oder Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

1.2. Der UVS behauptet, er habe in den den Anträgen zugrunde liegenden Berufungsverfahren die von ihm angefochtene Bestimmung des § 28 Z 2 lita SHG anzuwenden, weil diese Bestimmung im Verfahren vor der Behörde erster Instanz als Grundlage für die erlassenen Bescheide herangezogen worden sei und der UVS die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden verwaltungsbehördlichen Handelns zu überprüfen habe. Die Steiermärkische Landesregierung bestreitet auch die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung des § 28 Z 2 lita SHG nicht.

Der Antrag ist daher hinsichtlich der angefochtenen Bestimmung des § 28 Z 2 lita SHG zulässig.

1.3. Die Steiermärkische Landeregierung bestreitet die Präjudizialität der vom UVS angefochtenen Bestimmungen der StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, welche mit Ablauf des (vgl. § 11 StSHG-DVO, LGBl 18/2012) außer Kraft getreten ist, mit der Begründung, dass der antragstellende UVS seine Entscheidung auf die geltende Rechtslage, somit auf die StSHG-DVO, LGBl 18/2012, und nicht (mehr) auf die StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, stützen müsse.

Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung nicht: § 28 Z 2 lita SHG, insbesondere dessen dritter Satz, wonach im Zeitraum der Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen geleisteter Unterhalt anzurechnen ist, zeigt, dass es für die Ersatzpflicht darauf ankommt, in welcher Höhe die Leistungen der Sozialhilfe einerseits und die Unterhaltspflicht andererseits zeitraumbezogen einander gegenübergestanden sind. Dies verdeutlicht noch § 1 Abs 2 StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, (bzw. § 4 Abs 2 StSHG-DVO, LGBl 18/2012), wonach "ein für den Zeitraum der Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen geleisteter Unterhalt in Abzug zu bringen ist". Für die Ersatzpflicht für Sozialhilfeleistungen in einem bestimmten Zeitraum ist also die Höhe der Unterhaltsverpflichtung im selben Zeitraum maßgebend und nicht eine Unterhaltsverpflichtung im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde. Daraus folgt, dass auch die jeweiligen angefochtenen Verordnungsbestimmungen zeitraumbezogen anzuwenden sind. Soweit Ersatzleistungen für Zeiträume des Jahres 2011 in Rede stehen, hat der UVS die Unterhaltsverpflichtungen für diese Zeiträume zu beurteilen und daher die in diesen Zeiträumen in Geltung gestandene StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, anzuwenden. Der Einwand der Steiermärkischen Landesregierung gegen die Zulässigkeit der Anfechtung von Bestimmungen der StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, geht daher fehl.

Aus diesem Grund sind die zu V61/2012, V13/2013 und V55/2013 protokollierten Anträge, die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen der StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, festzustellen, zulässig.

1.4. Auch die zu V60/2012, V88/2012 und V54/2013 protokollierten Anträge auf Aufhebung der §§4, 5 und 6 StSHG-DVO sind zulässig.

1.5. Die Anträge auf Aufhebung der Wortfolge "und des § 28 Z 2 lit a" im Einleitungssatz der StSHG-DVO, LGBl 18/2012, sind hingegen unzulässig, weil der Angabe in einer Verordnung, auf welche gesetzliche Grundlage sie sich stützt, keine normative Wirkung zukommt.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 140 bzw. Art 139 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungs- bzw. gesetzwidrig sind (zB VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.1.1. Der antragstellende UVS erachtet § 28 Z 2 lita SHG als gleichheitswidrig, weil "bei der Ermittlung des Einkommens sonstige Sorgepflichten des zum Aufwandersatz Verpflichteten […] überhaupt nicht berücksichtigt werden", wodurch "es eine eklatante Ungleichbehandlung zwischen Aufwandersatzpflichtigen, die weitere Unterhaltspflichten haben und jenen Aufwandersatzpflichtigen, für die keine weiteren Unterhaltspflichten bestehen", gebe. Die verfassungsrechtlichen Bedenken ergeben sich nach Auffassung des UVS daraus, dass das Steiermärkische Sozialhilfegesetz keine Abzugs- bzw. Absetzbeträge für sonstige Unterhaltspflichten des zum Aufwandersatz Verpflichteten enthalte, wie sie zum Beispiel im Kärntner Mindestsicherungsgesetz oder im Studienförderungsgesetz 1992 vorgesehen seien.

2.1.1.1. Ob und inwieweit Elternteile und Kinder zum Ersatz für die einem Kind bzw. einem Elternteil gewährten Leistungen der Sozialhilfe verpflichtet sind, wird durch § 28 Z 2 lita SHG und die nach dieser Gesetzesbestimmung zu erlassende Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung festgelegt. Dabei sind drei Tatbestandselemente zu beachten:

Im ersten Schritt ist nach § 28 Z 2 lita SHG zu prüfen, ob Elternteile und Kinder überhaupt "nach Bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für die Bezieherinnen/Bezieher von Leistungen der Sozialhilfe Unterhalt zu leisten". Die Pflicht zum Aufwandersatz wird somit nicht an die Kind-Eltern-Eigenschaft, sondern an die im jeweils konkreten Fall bestehende zivilrechtliche Unterhaltspflicht eines Elternteils gegenüber seinem Kind bzw. eines Kindes gegenüber seinem Elternteil geknüpft. Die Frage, ob dem Grunde nach eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht zwischen Elternteil und Kind besteht, ist dabei im Einzelfall durch die Verwaltungsbehörde von Amts wegen zu prüfen (im Unterschied zur Höhe der Unterhaltspflicht, für welche gemäß § 28 Z 2 lita SHG zwingend der Nachweis durch eine rechtskräftige zivilgerichtliche Entscheidung zu erbringen ist). Insbesondere hat die Verwaltungsbehörde selbst zu beurteilen, ob Sonderbedarf des Unterhaltspflichtigen oder von dessen Ehegatten oder Kindern, wie zB Pflegebedürftigkeit, dazu führt, dass gemessen an den Einkommensverhältnissen daneben eine Unterhaltsverpflichtung dieser Person gegenüber Dritten ohne Gefährdung dieses Sonderbedarfs nicht in Betracht kommt oder ob die Unterhaltsverpflichtung allenfalls aus anderen Gründen, wie zB wegen gröblicher Vernachlässigung (§234 Abs 1 ABGB), nicht besteht. Ebenso hat ein Kind keinen Unterhalt an Eltern zu leisten, wenn (zB durch die Zahlung eines Unterhalts im Ausmaß der in Betracht kommenden Ersatzpflicht) sein eigener angemessener Unterhalt bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten gefährdet wäre (§234 Abs 3 zweiter Satz ABGB). Fehlt danach eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der hilfsbedürftigen Person nach den zivilrechtlichen Vorschriften dem Grunde nach, scheidet eine Ersatzpflicht von Elternteilen bzw. Kindern nach § 28 Z 2 lita SHG von vornherein aus.

Die Steiermärkische Landesregierung hat in der gemäß § 28 Z 2 lita SHG zu erlassenden Verordnung festzulegen, in welcher Höhe die nach Bürgerlichem Recht zum Unterhalt Verpflichteten einen Aufwandersatz zu leisten haben. Dabei hat der Verordnungsgeber "auf das Einkommen (§5 SHG) und das Angehörigenverhältnis der ersatzpflichtigen Person Bedacht zu nehmen". Auf dieser Grundlage hat die Steiermärkische Landesregierung in der StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, bzw. in der StSHG-DVO, LGBl 18/2012, die Höhe der Ersatzpflicht von Elternteilen und Kindern nach progressiv gestalteten, an der Höhe des Einkommens des ersatzpflichtigen Elternteils bzw. des ersatzpflichtigen Kindes orientierten Prozentsätzen festgelegt.

Letztlich ermöglicht § 28 Z 2 lita SHG eine Anpassung der in der Verordnung nach Prozentsätzen des Einkommens festgelegten Höhe der Ersatzpflicht. Demnach ist die Ersatzpflicht immer mit der Höhe der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung begrenzt. Der Nachweis einer im Verhältnis zur Ersatzpflicht nach der StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, bzw. in der StSHG-DVO, LGBl 18/2012, niedrigeren Unterhaltsverpflichtung nach Bürgerlichem Recht ist dabei durch den Ersatzpflichtigen zu erbringen; der Nachweis gilt nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung als erbracht. Die – im Übrigen nicht weiter belegte – Behauptung des UVS, dass die Gerichte Feststellungsklagen von Unterhaltsverpflichteten hinsichtlich der Höhe der Unterhaltsverpflichtung trotz des Fehlens der Möglichkeit zur Erhebung einer Leistungsklage und des Nachweises eines rechtlichen Interesses nicht zuließen, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen.

2.1.1.2. § 28 Z 2 lita SHG nimmt unter der Voraussetzung, dass im konkreten Fall dem Grunde nach eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht besteht, auf sonstige Unterhaltspflichten des Ersatzpflichtigen insofern Rücksicht, als die Höhe der Ersatzpflicht des Elternteils bzw. des Kindes gemäß § 28 Z 2 lita vorletzter Satz SHG stets mit der Höhe der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht begrenzt ist:

Die Unterhaltsbemessung gemäß § 231 ABGB (Kindesunterhalt; bis zur Novelle BGBl I 15/2013 § 140 ABGB) orientiert sich im Wesentlichen an von der Rechtsprechung entwickelten Richtwerten zum einen für den altersmäßigen Bedarf eines durchschnittlichen Kindes (sogenannter Regelbedarf) und zum anderen für die Inanspruchnahme des Verpflichteten (Prozentsätze des Einkommens). Der Regelbedarf dient in der Praxis in erster Linie als Orientierungsgröße für die Korrektur der Prozentsatzmethode bei Überforderung der Eltern und im Zusammenhang mit der sogenannten Luxusgrenze (vgl. näher Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³, § 140 Rz 81; Neuhauser in Schwimann/Kodek , ABGB 4 I § 140 Rz 117 ff., jeweils mwN). Das Hauptgewicht der Unterhaltsbemessung liegt in der Praxis auf der sogenannten Prozentsatzmethode, die von unterschiedlichen Prozentsätzen einer Einkommensbemessungsgrundlage ausgeht. Durch die Altersstaffelung wird die Steigerung der Kindesbedürfnisse in pauschalierter Form wahrgenommen. Da die Prozentkomponente aber die individuellen Kindesbedürfnisse außer Acht lässt, ist zur Kontrolle auf die Regelbedarfssätze zu achten. Bei sehr niedrigem Einkommen bedarf die Prozentsatzmethode unter Umständen ebenso einer Korrektur wie bei sehr hohem Einkommen des Geldunterhaltspflichtigen und der damit verbundenen Überalimentierung. Die Rechtsprechung hat durchschnittliche Prozentsätze der Einkommensbemessungsgrundlage entwickelt, die zunächst nur vom Alter des Kindes abhängig sind. Sie betragen (derzeit) für Kinder bis zum 6. Geburtstag 16 %, für Kinder bis zu ihrem 10. Geburtstag 18 %, bis zu ihrem 15. Geburtstag 20 % und danach 22 %.

Weitere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners werden in der Rechtsprechung durch Abzüge von Prozentpunkten vom jeweiligen Unterhaltssatz berücksichtigt (und nicht durch Reduktion der Bemessungsgrundlage). Für jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind unter 10 Jahren werden 1 %, für jedes weitere 10-jährige oder ältere Kind 2 % abgezogen. Für den unterhaltsberechtigen Ehegatten sind je nach dessen Einkommen 0 % bis 3 % in Abzug zu bringen (vgl. Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang ³, § 140 Rz 131 ff.; Neuhauser in Schwimann/Kodek , ABGB 4 I § 140 Rz 156 ff., jeweils mwN). Bestehen konkurrierende Unterhaltspflichten einer Person, also zB für gleichberechtigte Kinder, besteht die Gefahr einer Überforderung des Schuldners. Überschreitet die Gesamtsumme die Belastungsgrenze des Unterhaltspflichtigen, ist der verfügbare Einkommensteil auf alle Unterhaltsberechtigten gleichmäßig aufzuteilen. Die Unterhaltsberechtigten müssen sich im Ergebnis einen anteiligen Abzug in der Höhe der Gesamtfehlbetragsquote gefallen lassen (vgl Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³, § 140 Rz 136 mwN).

Die Prozentkomponente ist freilich nur eine pauschalierende Orientierungshilfe für Durchschnittsfälle; in atypischen Fällen muss sie nach herrschender Auffassung nach den konkreten Umständen korrigiert werden (vgl. Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³, § 140 Rz 129 ff.; Neuhauser in Schwimann/Kodek , ABGB 4 I § 140 Rz 141, jeweils mwN).

Die Unterhaltsbemessung gemäß § 234 ABGB (bis zur Novelle BGBl I 15/2013 § 143 ABGB) entspricht grundsätzlich jener nach § 231 ABGB, die Unterhaltsverpflichtung gegenüber Eltern ist aber regelmäßig geringer als jene gegenüber Kindern (vgl. dazu näher Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 , § 143 Rz 8 ff. sowie Neuhauser in Schwimann/Kodek , ABGB 4 I § 143 Rz 8 ff., jeweils mwN).

2.1.1.3. § 28 Z 2 lita SHG in Verbindung mit den angefochtenen Bestimmungen der StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, bzw. der StSHG-DVO, LGBl 18/2012, geht von starren, nach dem Einkommen der ersatzpflichtigen Person gestaffelten Prozentsätzen für die Ermittlung der Ersatzpflicht aus, ohne die Möglichkeit – wie dies im Unterhaltsrecht vorgesehen ist –, bei atypischen Fällen auf die konkreten Umstände abzustellen und ohne einen Abschlag für Unterhaltspflichten gegenüber sonstigen Personen vorzunehmen. Dies begegnet nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken:

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass es bei Ersatzpflichten, die unterhalb der Grenze der gesetzlichen Unterhaltspflicht liegen, zu Ungleichbehandlungen zwischen Ersatzpflichtigen mit weiteren und ohne weitere zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtungen nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz kommen kann. Dies ist aber insoweit sachlich gerechtfertigt, als der Gesetzgeber des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes bzw. die Steiermärkische Landesregierung als verordnungserlassende Behörde eine (einfach handhabbare) Pauschalierungsregelung getroffen hat, welche den enormen Verfahrensaufwand vermeidet, der mit der Feststellung der jeweiligen (oft auch strittigen) Höhe der Unterhaltsverpflichtung in jedem Einzelfall verbunden wäre und dafür wesentlich niedrigere (und nach dem Einkommen sozial gestaffelte) Ersatzraten festlegt, als – bei einer Durchschnittsbetrachtung – nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben zu erwarten wäre. Dazu kommt, dass – wie bereits ausgeführt – die Ersatzpflicht in keinem Fall höher sein kann als die zivilrechtliche Unterhaltspflicht (vgl. dazu VfSlg 16.504/2002 und das bei gleicher Rechtslage zum Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz mittlerweile ergangene Erkenntnis des , V73, 74/12).

2.2. Die vom antragstellenden UVS in seinen zu G77/2013, V54, 55/2013 protokollierten Anträgen zu dem zuletzt genannten Erkenntnis angestellten Überlegungen sind nicht geeignet, den Verfassungsgerichtshof zum Abgehen von dieser Rechtsauffassung zu veranlassen, insbesondere deshalb, weil in diesen Anträgen keine über die bisher vorgebrachten Bedenken hinausgehenden Argumente vorgebracht wurden.

2.3. Da der antragstellende UVS gegen die angefochtenen Bestimmungen der StSHG-RegressVO, LGBl 78/2011, bzw. der StSHG-DVO, LGBl 18/2012, nur dahin Bedenken vorgebracht hat, dass die gesetzliche Grundlage verfassungswidrig sei, erweisen sich diese Bedenken angesichts der gleichheitsrechtlichen Unbedenklichkeit des § 28 Z 2 lita SHG ebenfalls als unbegründet.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Bedenken des Unabhängigen Verwaltungssenats für die Steiermark haben sich somit als unzutreffend erwiesen. Die Anträge sind daher abzuweisen.

2. Im Hinblick auf die Wortfolge "und des § 28 Z 2 lita" im Einleitungssatz der StSHG-DVO, LGBl 18/2012, sind die Anträge zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2013:G93.2012