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VfGH vom 30.06.1993, g87/91

VfGH vom 30.06.1993, g87/91

Sammlungsnummer

13492

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung des ÖIAG-FinanzierungsG 1987 über die Sistierung der in betrieblichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen über Zusatzpensionen von Angestellten des ÖIAG-Konzerns enthaltenen Wertanpassungsklauseln wegen Verstoß gegen den Gleichheitssatz mangels Überprüfbarkeit der Gleichheitskonformität wegen inhaltlicher Unbestimmtheit der Norm

Spruch

ArtI § 7 Abs 1 des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987, BGBl. 298, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Diese Gesetzesbestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Obersten Gerichtshof ist zu 9 Ob A311/90 das Revisionsverfahren in einer Arbeitsrechtssache anhängig, welches den OGH veranlaßt, unter Berufung auf Art 89 Abs 2 und Art 140 Abs 1 B-VG die Aufhebung des ArtI § 7 Abs 1 des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987, BGBl. 298, als verfassungswidrig zu beantragen. Diese Gesetzesstelle hat folgenden Wortlaut:

"§7. (1) Bei Gesellschaften des ÖIAG-Konzerns, die Mittelzuführungen im Sinne des § 1 Abs 1 oder sonstige Zuführungen von Darlehen oder Eigenkapital durch den Eigentümer erhalten, sind in betrieblichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen über Zusatzpensionen enthaltene Wertanpassungsklauseln bis zum nicht anzuwenden.

..."

Der antragstellende Gerichtshof führt zur Präjudizialität und den verfassungsrechtlichen Bedenken folgendes aus:

"Die Kläger waren leitende Angestellte der beklagten Partei. Sie beziehen seit dem Übertritt in den Ruhestand von der Beklagten auf Grund privatrechtlicher Pensionsverträge einen - mit 80 % des letzten Bruttobezuges nach oben begrenzten - Ruhebezug, der nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex für einen städtischen Arbeitnehmerhaushalt durchschnittlicher Größe und durchschnittlichen Einkommens wertgesichert ist. Jeweilige Schwankungen der Indexzahl nach oben oder unten bis ausschließlich 5 % bleiben unberücksichtigt. Der Ruhebezug gebührt 14 x jährlich. Die den Ruhegenußberechtigten zufließende ASVG-Pension ist auf den Ruhebezug voll anzurechnen.

Mit Schreiben vom teilte die Beklagte den Klägern mit, daß die angespannte wirtschaftliche Lage des Unternehmens dazu geführt habe, daß es (als Gesellschaft des ÖIAG-Konzerns) Mittelzuführungen iS des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 (BGBl. 1987/298) in Anspruch habe nehmen müssen. Gemäß ArtI § 7 Abs 1 dieses Gesetzes seien in diesem Fall in betrieblichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen über Zusatzpensionen enthaltene Wertanpassungsklauseln bis zum nicht anzuwenden. Der Vorstand der Beklagten sei daher auf Grund dieser Gesetzeslage und der Auflagen des Eigentümers gezwungen, in der Zeit vom bis keine Wertanpassungen der einzelvertraglichen Ruhebezüge der Kläger vorzunehmen.

Die Kläger begehren die Feststellung, daß ihr vertraglich vereinbarter Ruhebezug auch in diesem Zeitraum der jeweils vertraglich vereinbarten Wertsicherung unterliege. ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG sei auf die Pensionsansprüche der Kläger nicht anzuwenden, weil ihre vertraglichen Ruhegenüsse keine Zusatzpensionen im Sinne dieses Gesetzes seien. Im übrigen sei aber die gesetzliche Regelung verfassungswidrig. Sie widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, verstoße gegen das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und lege den Klägern gegenüber (anderen) Beziehern von Zusatzpensionen ein unangemessenes 'Sonderopfer' auf.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Vorliegens der Voraussetzungen des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG ab; das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es hatte gegen die Anwendung des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken.

Die Kläger bekämpfen diese Entscheidung mit (der schon nach § 46 Abs 4 ASGG zulässigen) Revision.

Der Oberste Gerichtshof hat bei der Entscheidung über dieses Rechtsmittel ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG im Sinne der zu Art 89 Abs 2 B-VG ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 3.319, 3.349, 4.644, 5.790, 9.911, 9.906 uva; dazu ausf. Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht6 377) 'anzuwenden'. Die Kläger halten die verfehlte Ansicht, ihre Ruhebezüge seien keine Zusatzpensionen iS des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG, so daß schon aus diesem Grunde die Wertanpassungsklauseln auch in der Zeit zwischen und anzuwenden seien, in der Revision nicht mehr aufrecht. Die Entscheidung über die Berechtigung des Feststellungsbegehrens der Kläger hängt ausschließlich davon ab, ob ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG anzuwenden ist oder nicht; die angefochtene Norm ist für die Entscheidung präjudiziell (Walter-Mayer aaO).

Der Oberste Gerichtshof hat gegen die Anwendung des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit aus folgenden Erwägungen Bedenken:

Die Verfasser der Regierungsvorlage des ÖIAG-FinanzierungsG waren sich der Problematik der in bestehende Verträge eingreifenden Regelung des ArtI § 7 Abs 1 leg.cit. (vgl. Novak, Der verfassungsrechtliche Schutz von Anwartschaften vor Eingriffen des Gesetzgebers, ZAS 1988, 109 (110)) bewußt. Sie meinten jedoch, daß direkte Eingriffe des Gesetzgebers in bestehende vertragliche Vereinbarungen verfassungsrechtlich zulässig seien, wenn sie weder exzessiv seien noch unsachliche Differenzierungen enthielten (VfSlg. 8.212/1977; wN bei Walter-Mayer aaO 443 f). Die Regelung lasse die vertraglichen Zusatzpensionen (mit dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes gebührenden Betrag) unberührt und schließe nur befristete Steigerungen aus, so daß sie nicht in den Kern der bestehenden Vertragsrechte eingreife. Die Bestimmung sei sachlich gerechtfertigt, weil sie sich auf Unternehmen beschränke, deren Eigentümer letztlich der Bund sei, welcher jedoch durch finanzielle Zuwendungen ihren Bestand sichere. In das bestehende Konzept der Selbstregelung der Beziehungen zwischen den Angehörigen solcher Unternehmungen und diesen Unternehmungen werde nur insoweit eingegriffen, als es die finanzpolitischen Notwendigkeiten einer möglichst geringen Belastung des Bundesbudgets verlangten. Durch die Befristung des Eingriffs auf jenen Zeitraum, bis zu dem die finanzielle Sanierung erwartet werde, sei auch das Gleichheitsgebot gewahrt.

Diese Argumente vermögen insgesamt nicht zu überzeugen.

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wiederholt ausgesprochen hat, ist der Gesetzgeber zwar nicht gehindert, auch in sogenannte 'wohlerworbene Rechte' einzugreifen, wenn dadurch das Gleichheitsgebot gewahrt wird (VfSlg. 3.665/1959, 3.768/1960, 3.836/1960, 11288/1987, 11309/1987 uva.; Walter-Mayer aaO 444). Der Verfassungsordnung ist ein 'Grundrecht wohlerworbener Rechte' fremd (VfSlg. 10588/1985; wN zur Rspr des VfGH bei Griller in Runggaldier-Steindl, Handbuch zur Betriebspension 139 FN 61). Das Bestreben, Anspruchsberechtigte bei gleichen sachlichen Voraussetzungen gleich zu behandeln, vermag jedoch nicht die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art und jedweder Intensität sachlich zu begründen (VfSlg. 11309/1987). Der (einfache) Gesetzgeber hat bei der Änderung der Rechtspositionen vor allem auch den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen (VfSlg. 11288/1987; siehe dazu Novak in Wenger FS, Vertrauensschutz und Verfassungsrecht 159 ff, 174; auch Tomandl in ZAS 1987, 178 f). Das mit der Regelung des § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG verfolgte Ziel der Entlastung des Bundeshaushalts kann zwar an sich geeignet sein, Eingriffe in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen, doch können auch Zielsetzungen dieser Art - wie bereits allgemein hervorgehoben - die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art und jedweder Intensität sachlich nicht begründen (VfSlg. 11665/1988). Erfordern Maßnahmen zur Entlastung des Bundeshaushaltes Kürzungen, so verlangt das Gebot der Sachlichkeit, daß ein im Interesse der Gesamtheit zu erbringendes Opfer nicht punktuell gezielt eine relativ kleine Gruppe treffen darf, sondern entsprechend breit gestreut werden muß. Eine solche Kürzung kann nach sozialen Gesichtspunkten differenzieren und darf nicht tendenziell wirtschaftlich Schwächere stärker treffen.

Bei der Kürzung von Pensionen - auf die der hier verfügte mehrjährige Valorisierungsstop hinausläuft - fällt besonders ins Gewicht, daß die in Betracht kommenden Personen schon während ihrer aktiven Berufstätigkeit den Standard ihrer Lebensführung auf den Bezug einer später anfallenden Pension (eines Ruhegenusses) einrichten. Zu den Lebensumständen, nach denen sie sich für die Pensionszeit einrichten, zählt auch die Möglichkeit einer Aufbesserung der Pension durch Einkünfte aus einer Nebentätigkeit. Häufig haben Pensionisten jahrelang Beiträge in der schutzwürdigen Erwartung entrichtet, daß durch die Pensionierung kein erhebliches Absinken des während der Aktivzeit erzielten Standards der Lebensführung eintritt; mit einer bestimmten Pensionsregelung sind daher auch schutzwürdige Erwartungen der Betroffenen verbunden. Sie vertrauen darauf, daß diese Erwartungen nicht durch plötzliche, ihre Lebensführung direkt treffende Maßnahmen des Gesetzgebers beeinträchtigt werden. Eine Mißachtung dieses Vertrauens wiegt bei Pensionisten besonders schwer, weil sie sich nachträglich meist nicht mehr auf geänderte Umstände einstellen können, wenn ihre Erwartungen infolge einer Änderung der Gesetzeslage nicht erfüllt werden. Ein nur punktuell von Gesetzen geforderter Akt der Solidarität (hier: gegenüber der Allgemeinheit) wird daher in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht zu rechtfertigen sein (VfSlg. 11665/1988; iglS VfSlg. 11741/1988; ähnlich auch schon VfSlg. 11309/1987).

Der durch ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG erfolgte Eingriff in die Rechtsposition der Kläger ist darüber hinaus auch unter dem Gesichtspunkt der Unverletzlichkeit des Eigentums zu beurteilen, da sich der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des VfGH nicht bloß auf das Eigentum an körperlichen Sachen, sondern auf alle vermögenswerten Privatrechte und daher auch auf private Forderungsrechte erstreckt (VfSlg. 3.684, 5.371, 6.986, 6.808, 7.545, 8.201; Walter-Mayer aaO 450), wogegen Gehalts- und Ruhegenußansprüche öffentlich-rechtlicher Bediensteter und sozialversicherungsrechtliche Ansprüche als Ansprüche öffentlich-rechtlicher Natur nicht Schutzobjekt der Eigentumsgarantie sind (Walter-Mayer aaO 451; Novak ZAS 1988, 113 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; Klecatsky-Morscher, B-VG3 ENr 3 zu Art 5 StGG). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 6.780/1972 mwN) kann der einfache Gesetzgeber verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen nur verfügen, wenn er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt und - wie in der jüngeren Rechtsprechung (wegen Art 1 ZPMRK) hinzugefügt wurde - soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse ('Allgemeininteresse') liegt (VfSlg. 9.911/1983; 11402/1987). Insofern gewährt der Grundsatz der Unverletzlichkeit des Eigentums nicht bloß Schutz vor dem Entzug des Vollrechts, sondern (jetzt) auch gegen bloße Eigentumsbeschränkungen (Art1 Abs 2 Z 1 ZPMRK; s. dazu Walter-Mayer aaO 453), ohne daß hier auf die Frage der Abgrenzung zwischen Enteignung und Eigentumsbeschränkung eingegangen werden müßte. Die Frage, ob der 'Wesenskern' des Eigentumsrechtes berührt ist, wird im wesentlichen unter Heranziehung des Gleichheitssatzes beurteilt (VfSlg. 5.513; 7.304; Walter-Mayer aaO 451). Auch bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses kann die Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes (vgl. etwa VfSlg. 11402/1987) dadurch rechtlich bedeutsam sein, daß den einzelnen im Verhältnis zu anderen Berechtigten ein unangemessenes 'Sonderopfer' abverlangt wird (VfSlg. 6.884/1972, 7.234/1973, 7.759/1976; JBl. 1987, 168 (Zwentendorf II); Walter-Mayer 452). Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen jedenfalls (substantiierte) Bedenken gegen ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit.

Mit dem anzuwendenden Gesetz sollte eine Budgetentlastung erzielt werden; die damit verbundenen Nachteile treffen aber nicht alle Nutznießer aus der Zuführung von Mitteln durch den Eigentümer, sondern nur die Bezieher von Zusatzpensionen, also eine relativ kleine Personengruppe, die aus den vom VfGH im Erkenntnis 11.665/1988 aufgezeigten Gründen (- das Argument der Leistung (zusätzlicher) Pensionsbeiträge trifft hier allerdings nicht zu -) besonders schutzwürdig ist. Betriebspensionen fallen in der Regel erst nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses an. Sie werden dem Arbeitnehmer wegen seiner Arbeitsleistung versprochen und beruhen auf dem Arbeitsvertrag. Die Betriebspension ist gewissermaßen ein aufgespartes, 'thesauriertes' Entgelt, das sich der einzelne Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit und Loyalität gegenüber dem Betrieb erdient hat. Die Arbeitnehmer verzichten in Zeiten der Konjunktur auf einen für sie vielleicht vorteilhaften Wechsel des Arbeitsplatzes und sie erbringen ihre Arbeitsleistung, um unter anderem auch eine Betriebspension zu erhalten (DRdA 1989/30; Kerschner, WBl. 1988, 217; Säcker in Tomandl, Betriebliche Sozialleistungen 48 ua). Mit Rücksicht auf diese Situation haben Pensionisten schon während ihrer aktiven Berufstätigkeit den Standard ihrer Lebensführung vielfach auf den Bezug der später anfallenden Zusatzpension eingerichtet und ihre oft jahrzehntelangen Arbeitsleistungen in der Erwartung erbracht, daß durch die Pensionierung kein erhebliches Absinken des während der Aktivzeit erzielten Standards der Lebensführung eintritt. Sie vertrauen darauf, daß diese Erwartungen nicht dann, nachdem sie ihre Arbeitsleistung voll erbracht haben, durch plötzliche, ihre Lebensführung direkt treffende Maßnahmen beeinträchtigt werden und halten nicht zuletzt wegen der späteren Zusatzpension an ihrem Arbeitsverhältnis fest. Bei Pensionisten wiegt eine Mißachtung dieses Vertrauens besonders schwer, weil sie sich nachträglich meist nicht mehr auf geänderte Umstände einstellen können.

Im vorliegenden Fall geht es freilich nicht darum, daß den betroffenen Zusatzpensionisten die vertraglich zuerkannten Zusatzpensionen durch einen Akt des Gesetzgebers überhaupt aberkannt wurden. Der Eingriff beschränkt sich vielmehr darauf, daß die Wertsicherungsklauseln dieser Pensionsverträge durch einen Akt des Gesetzgebers vorübergehend sistiert wurden. Es ist daher auch die Ausgewogenheit und Intensität des Eingriffs zu prüfen.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist jedoch der gesetzliche Eingriff in die vertraglichen Zusatzpensionen der ÖIAG-Pensionisten auch nicht damit zu rechtfertigen, daß er nur die vertraglich vereinbarte Wertsicherung für einen Zeitraum von maximal etwa 3 1/2 Jahren betrifft, weil gleichartige Maßnahmen für aktive Dienstnehmer der durch Mittelzuführungen begünstigten Unternehmen nicht getroffen wurden. Die aus der Gesamtsicht ohnehin wenig effektiven Einsparungsmaßnahmen (vgl. VfSlg. 11665/1988) wurden also nur zu Lasten einer relativ kleinen Gruppe von Pensionisten erzielt, wogegen die aktiven Arbeitnehmer in derselben Zeitperiode von den üblichen jährlichen Lohnerhöhungen nicht ausgeschlossen wurden. Ein an sich naheliegender Vergleich mit den sogenannten 'Statutarpensionisten' scheidet schon deshalb aus, da diesen vom jeweiligen Arbeitgeber von vornherein nur jederzeit widerrufliche Pensionsansprüche zuerkannt wurden (DRdA 1989/30).

Im übrigen sind aber die Eingriffe in die vertraglichen Ansprüche der betroffenen Zusatzpensionsbezieher durchaus nicht geringfügig, auch wenn man von immerhin durchaus möglichen Extremfällen (nicht auszuschließende Gefahr ganz erheblicher Geldentwertungen gerade im fraglichen Zeitraum) absieht und die Auswirkungen des Gesetzes nach der im Verfassungsrecht gebotenen Durchschnittsbetrachtung (VfSlg. 10291/1984; 11665/1988) beurteilt. Für den durchschnittlichen Betroffenen konnte jedenfalls während des Zeitraumes von 3 1/2 Jahren (- daß die Mittelzuführung bei der beklagten Partei erst später erfolgte und daher die Kläger nur kürzere Zeiträume von den Auswirkungen des Gesetzes berührt werden, ist nach dem Grundsatz der Durchschnittsbetrachtung und für die verfassungsrechtliche Beurteilung der gegenständlichen Norm unerheblich -) relativ große Pensionseinbußen eintreten, die sich dann, wenn ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG nach seinem Wortlaut dahin ausgelegt werden müßte, daß die Wertsicherung ab auf jener Basis fortzusetzen ist, die im Zeitpunkt des gesetzlich angeordneten Valorisierungsstops bestand, für die betroffenen Zusatzpensionisten auf ihre Lebenszeit perpetuieren, während die erst ab in Ruhestand tretenden Dienstnehmer davon weder während ihrer Aktivzeit betroffen waren noch in ihren Pensionsansprüchen berührt werden. So gesehen ist der Eingriff sozial unausgewogen; er ist von beträchtlicher Intensität und reicht für die Betroffenen - jedenfalls bei einer möglichen Auslegungsvariante des Gesetzes - über den Zeitpunkt der vom Gesetzgeber erwarteten Unternehmenssanierung () hinaus.

Auch das schwerwiegende Argument für eine Sachlichkeit der Regelung (das gegen die aufgezeigten Bedenken vorgebracht werden kann), nämlich daß der Eigentümer durch die Beistellung der zur Sanierung erforderlichen Mittel den Bestand des (jeweiligen) wirtschaftlich gefährdeten Unternehmens des ÖIAG-Konzerns sichert und damit überhaupt erst die Grundlage dafür schafft, daß die Zusatzpensionen an die Betroffenen weitergezahlt werden können, wogegen sie im Insolvenzfall auf die Ansprüche nach § 3 Abs 3 IESG verwiesen wären, rechtfertigt jedenfalls Regelungen, die nur für Unternehmen des Bundes gelten, keineswegs. Ein dem Gleichheitsgrundsatz nicht widersprechender Eingriff in die Vertragspositionen von Unternehmensgläubigern mit der Begründung, daß der Eigentümer zur Rettung des Unternehmens (ohne gesetzliche Verpflichtung) Mittel zuführe, auf diese Weise eine Insolvenz vermeide und dadurch auch Gläubigerinteressen sichere, so daß von diesen Gläubigern billigerweise ein Solidaritätsakt gefordert werden könnte, müßte grundsätzlich auf alle Unternehmen, bei denen ein solcher Fall eintreten kann, erstreckt werden und dürfte nicht nur für Unternehmen des Bundes (oder einer sonstigen Gebietskörperschaft) gelten. Ein sachlicher Grund dafür, eine solche Regelung auf Gesellschaften im Eigentum des Bundes zu beschränken, womit sich dieser als Privatrechtsträger Vorteile gegenüber anderen Privatrechtsträgern verschaffen kann, ist nicht gegeben (vgl. VfSlg. 11402/1987). Die bei einer solchen Maßnahme vorgesehene Kürzung könnte - ähnlich wie im (geltenden oder früheren) Insolvenzrecht - nach sozialen Gesichtspunkten differenzieren, dürfte aber jedenfalls nicht tendenziell nur wirtschaftlich Schwächere stärker treffen. Diesen Anforderungen wird aber der vorliegende gesetzgeberische Eingriff, der nur die Kürzung von vertraglichen Zusatzpensionen und das wiederum nur im ÖIAG-Konzern betrifft, nicht gerecht.

Zur unsachlichen Beschränkung der Regelung auf Betriebe des ÖIAG-Konzerns ist darauf zu verweisen, daß der Bundesgesetzgeber selbst eine ähnliche allgemeine, für alle Aktiengesellschaften geltende Regelung (für Vorstandsmitglieder) abgelehnt hat. Gemäß § 78 Abs 2 AktG 1937 war der Aufsichtsrat zu einer angemessenen Herabsetzung der Bezüge der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft berechtigt, wenn nach der Festsetzung eine so wesentliche Verschlechterung in den Verhältnissen der Gesellschaft eintritt, daß die Weitergewährung der Bezüge eine schwerwiegende Unbilligkeit für die Gesellschaft sein würde. Diese Bestimmung wurde anläßlich der Austrifizierung des Aktiengesetzes 1937 nicht übernommen. Der Grund für die Streichung lag nach den EBzRV darin, daß diese Bestimmung 'nicht dem rechtsstaatlichen Prinzip der Vertragstreue entspricht' (301 BlgNR 10. GP, 69) (vgl. DRdA 1989/30). Für seine eigenen Gesellschaften hält sich der Bund an dieses rechtsstaatliche Prinzip hier offenbar nicht."

2. Weiters beantragt der OGH aus Anlaß des bei ihm unter 9 Ob A607/90 anhängigen Verfahrens über einen Feststellungsantrag nach § 54 Abs 2 ASGG dieselbe Gesetzesstelle als verfassungswidrig aufzuheben. Er hegt gegen sie die gleichen Bedenken wie in der vorhin wiedergegebenen Antragsbegründung und nimmt ihre Präjudizialität aus folgenden Gründen an:

"Beim Obersten Gerichtshof ist ein Feststellungsverfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG anhängig, in dem der Antragsteller die Feststellungen begehrt, daß

a) die streitgegenständlichen Vertragspensionen unter die Geltung des § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz fallen, und

b) gemäß § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz, BGBl. 1987/298, eine Wertanpassung bestehender Pensionszuschüsse der betroffenen Unternehmungen für den Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes und dem nicht nachholend zu erfolgen hat.

Der Antragsteller führt zur Begründung seiner Feststellungsanträge aus, daß zwischen ihm und dem Antragsgegner die mehr als drei pensionierte Arbeitnehmer betreffende Frage strittig geworden sei, ob die Bestimmung des § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz 1987 eine befristete Aussetzung der Wertanpassungsklauseln in dem Sinn vorsehe, daß nach diesem Zeitraum die in der Zwischenzeit bei Anwendung der Klauseln zu erfolgende Wertanpassung nachgeholt und auf diesem neu ermittelten Wert weiter aufgebaut werden müsse, oder ob eine echte Aussetzung der Wertanpassungsklauseln erfolgen soll, so daß die Klauseln erst ab wieder angewendet werden können, ohne daß eine Nachholung der Wertanpassung für den Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und dem erfolgen soll. Des weiteren sei strittig, ob die vom Antrag erfaßten Pensionen überhaupt als Zusatzpensionen im Sinne des § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz angesehen werden können.

Der Antragsteller behauptete folgenden Sachverhalt:

In einigen Mitgliedsunternehmen des Antragstellers wurden mit gewissen Gruppen von Angestellten Einzelverträge über Pensionszuschüsse abgeschlossen. Der Pensionszuschuß beträgt maximal 80 % des letzten Bruttomonatsbezuges, wobei Ruhebezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung auf diesen Pensionszuschuß angerechnet werden.

In diesen Pensionsverträgen sind regelmäßig Wertsicherungsklauseln in unterschiedlicher Ausgestaltung enthalten. In der Regel wird als Basis der Wertsicherung der Verbraucherpreisindex 1966 herangezogen, wobei Schwankungen nach oben oder unten in jeweils unterschiedlicher Höhe (3 % bzw. 5 %) unberücksichtigt bleiben. Lediglich darüberhinausgehende Veränderungen schlagen sich entsprechend auf die Höhe der Pension nieder. Andere Wertsicherungsklauseln orientieren sich an den kollektivvertraglichen Erhöhungen der Ist-Gehälter; in diesem Ausmaß wird auch die Pension erhöht. Eine weitere Variante sieht eine Anpassung an das Niveau des durchschnittlichen Normalbezuges der Angestellten und Arbeiter des Unternehmens (ebenfalls unter Berücksichtigung eines 5 %igen Schwellenwerts) vor.

Nach § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz sind bei Gesellschaften des ÖIAG-Konzerns, die Mittelzuführungen im Sinne des § 1 Abs 1 leg.cit. oder sonstige Zuführungen von Darlehen oder Eigenkapital durch den Eigentümer erhalten, in betrieblichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen über Zusatzpensionen enthaltene Wertanpassungsklauseln bis zum nicht anzuwenden. Demgemäß ist bei allen in Frage kommenden Pensionszuschüssen die Wertsteigerung für den im Gesetz genannten Zeitraum ausgesetzt worden.

Der Antragsteller vertritt dazu die Rechtsauffassung, daß die antragsgegenständlichen Pensionsansprüche unter den Begriff der Zusatzpension des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz zu subsumieren seien, da auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage eine Differenzierung nach der Art der Leistung des Unternehmens nicht hervorgehe.

Hinsichtlich der Aussetzung der Wertanpassung könne die Bestimmung des ArtI § 7 Abs 1 leg.cit. nur so verstanden werden, daß zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und dem die in den bestehenden Pensionsvereinbarungen enthaltenen Wertanpassungsklauseln außer Kraft gesetzt seien. Sei die Regelung befristet unanwendbar, müßten die in diesem Zeitraum stattgefundenen Kaufkraftverluste für alle Zukunft unberücksichtigt bleiben. Dies bedeute, daß für die Jahre 1987 bis 1990 keine Nachholung der eingetretenen Wertminderung zu erfolgen habe. Eine Wertanpassung könne im Sinne der jeweiligen, erst ab wieder in Kraft gesetzten Wertanpassungsklauseln erst wieder ab vorgenommen werden.

Diese Interpretation entspreche auch dem Zweck der Norm, die zur Durchführung strukturverbessernder Maßnahmen erforderlichen Mittel sicherzustellen. Aber auch die Gesellschafter des ÖIAG-Konzerns hätten durch Eigenleistungen einen Beitrag zur Stärkung ihrer Liquidität sowie der Ertragslage des Konzerns zu erbringen. Zu diesen Eigenleistungen gehöre die Notwendigkeit, bei den betrieblichen Pensionsbeiträgen Einsparungen zu erzielen; diese würden aber ad absurdum geführt, wenn zum die Wertanpassungen der vergangenen Jahre wieder aufgefüllt werden müßten. Setze man die Wertanpassungsklauseln auf Dauer aus, ergebe sich eine Einsparung von ca. 218 Mill. S; müßte die Wertanpassung 1991 hingegen rückwirkend vorgenommen werden, betrage die Einsparung nur 33 Mill. S, also ein im Vergleich zu den Sanierungsleistungen von 32 Milliarden S kaum erwähnenswerter Betrag. Die finanzielle Belastung der Unternehmen hätte gerade durch das Aussetzen der Wertanpassung bis Ende 1990 in Grenzen gehalten werden sollen. Nur durch eine nicht rückwirkende Inkraftsetzung der Wertanpassungsklauseln ab könne ein nachhaltiger Sanierungsbeitrag erreicht werden.

Der Antragsgegner vertritt in erster Linie den Standpunkt, daß die Bestimmung des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz verfassungswidrig sei und daher überhaupt nicht angewendet werden dürfe. Er regt daher an, einen Gesetzesprüfungsantrag nach Art. 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen und führt dazu im Sinne eines von o.Univ.-Prof. Dr. R N, Graz, erstatteten Rechtsgutachtens aus, daß die Kürzungsmaßnahme des § 7 Abs 1 leg.cit. sozial unausgewogen und unsachlich sei. Die Maßnahme verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, da sie dem Gebot des Vertrauensschutzes zuwiderlaufe und ohne jede Übergangsfrist ganz massiv in schutzwürdige Interessen eingreife. Nach den geltenden Vertragsbedingungen der VOEST-ALPINE AG werde die Höchstgrenze des Ruhebezuges von 80 % des letzten Bruttomonatsentgelts erst nach 40 anrechenbaren Dienstjahren erreicht. Die betroffenen Pensionisten hätten bereits vorgeleistet und keine Möglichkeit mehr, sich auf den drastischen Eingriff einzustellen oder darauf zu reagieren. Soweit der eingesparte Betrag von höchstens 200 Pensionisten aufgebracht werde, ergebe sich nach den vom Antragsteller genannten Beträgen für den Zeitraum von 3 1/2 Jahren bereits ein Opfer des einzelnen Pensionisten von S 165.000, bei einer Unberücksichtigung der ausgesetzten Valorisierung auch in der Folgezeit ein solches von ca. S 1 Mill. Ein Verzicht auf diesen Betrag führe sohin zu einer erheblichen Schmälerung des Lebensstandards der betroffenen Pensionisten.

Für den Fall der Nichtstellung eines Überprüfungsantrags beantragt der Antragsgegner die Abweisung der Feststellungsanträge. Bei den in Frage stehenden Ruhebezügen handle es sich nicht um Doppel- oder Zusatzpensionen. Die vertraglichen Ruhebezüge seien vielmehr als Gesamtpension konzipiert und als Substanz einer einzigen Pensionsleistung anzusehen.

Soweit der im Feststellungsantrag behauptete Sachverhalt nicht näher auf die einzelnen Wertsicherungsklauseln in den bestehenden Verträgen eingehe, sei er unvollständig und ungenau. Die Annahme des Antragstellers, daß es nach dem zu einem rückwirkenden Aufleben der Klauseln komme, sei falsch. Die Bestimmung des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz sehe begrifflich nur vor, daß die Klauseln bis nicht anzuwenden seien; an ihrem Bestand habe sich dadurch nichts geändert. Die Absicht der Parteien sei durch einfache Vertragsauslegung aus den zugrundeliegenden Vereinbarungen schon dem Wortlaut nach klar erkennbar, sodaß die Auslegung des Antragstellers den geschlossenen Vereinbarungen und sohin auch den §§914 ff ABGB widerspreche. Da die Wertsicherungsklauseln nach dem Ende des Jahres 1990 wieder anzuwenden seien, sei vom Gesetz her die vertragsgemäße Anwendung der Klauseln und somit der Vergleich zwischen Basismonat und Vergleichsmonat geboten. Es werde daher der Antrag gestellt, festzustellen, daß eine Wertanpassung bestehender Rechtsanspruchspensionen der betroffenen Unternehmungen mit dem Wortlaut der Verträge entsprechend durch Vergleich des Basismonats mit dem Vergleichsmonat nach den entsprechenden Indices zu erfolgen habe.

Der zur ergänzenden Äußerung aufgeforderte Antragsteller brachte keine weitere Stellungnahme ein.

Der Oberste Gerichtshof hat über den gestellten Feststellungsantrag, der im Sinne des § 54 Abs 2 ASGG zulässig ist (DRdA 1990/8; DRdA 1989/30 ua.), auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhalts zu entscheiden (§54 Abs 4 ASGG), wobei dem einschreitenden Senat auch das Antragsrecht an den VfGH zusteht, da er auch in diesem Rahmen in der Rechtsprechung tätig wird (Kuderna, ASGG § 54 Erl 20).

Bei dieser Entscheidung ist ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz 1987 im Sinne der zu Art 89 Abs 2 B-VG ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 3319, 3349, 4644, 5790, 9906, 9911 uva; dazu auch Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht6, 377) 'anzuwenden'. Die vom Antragsteller beschriebenen Vertragspensionen bei den Gesellschaften des ÖIAG-Konzerns sind vom Geltungsbereich des ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz umfaßt, da diese Bestimmung nicht zwischen 'Zusatzpensionen' und 'Pensionszuschüssen' unterscheidet. Die Entscheidung über den Feststellungsantrag hängt daher davon ab, ob ArtI § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz etwa nach den EBzRV im Sinne einer 'Außerkraftsetzung' der Valorisierungsklauseln und eines befristeten 'Ausschlusses der Steigerung' so anzuwenden ist, daß die Wertsicherung nicht nur in dem vom Gesetz genannten Zeitraum, sondern auch für die Zukunft unberücksichtigt bleiben soll (144 BlgNR 17. GP, 8; auch MietSlg. 34.150 ua.). Die angefochtene Norm ist für die Entscheidung präjudiziell (VfSlg. 11289 ua.)."

II. Die Bundesregierung erstattete zu den Gesetzesprüfungsanträgen eine Äußerung mit dem Begehren, die angefochtene Gesetzesstelle nicht als verfassungswidrig zu befinden. Im einzelnen legte die Bundesregierung folgendes dar:

"Zur behaupteten Gleichheitswidrigkeit

a) Zum behaupteten Eingriff in wohlerworbene Rechte:

Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs falle im Zusammenhang mit der behaupteten Gleichheitswidrigkeit bei der vom Antrag betroffenen Regelung besonders ins Gewicht, daß die in Betracht kommenden Personen schon während ihrer aktiven Berufstätigkeit den Standard ihrer Lebensführung auf den Bezug einer später anfallenden Pension (eines Ruhegenusses) einrichten. Mit einer bestimmten Pensionsregelung seien daher auch schutzwürdige Erwartungen der Betroffenen verbunden.

Mit diesem Bedenken knüpft der Oberste Gerichtshof an die im Erkenntnis VfSlg. 11309/1987 getroffenen Aussagen des Verfassungsgerichtshofes an.

Der den vorliegenden Anträgen zugrunde liegende Sachverhalt scheint jedoch mit dem dem zitierten Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar zu sein. Anders als der von dem zitierten Erkenntnis betroffene § 39b Abs 1 des Statuts der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130, in der Fassung des LGBl. Nr. 11/1985, sieht nämlich ArtI § 7 Abs 1 des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 298/1987, lediglich eine vorübergehende, zeitlich begrenzte Beschränkung vor. Die in betrieblichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen über Zusatzpensionen enthaltenen Wertanpassungsklauseln sind nach dieser, mit in Kraft getretenen Bestimmung bis zum nicht anzuwenden. Selbst wenn man davon ausgeht, daß sich der durch diese Bestimmung bewirkte Valorisierungsverlust auf die Berechnung der Pensionen auch nach dem auswirken wird, kann die mit der genannten Bestimmung verfügte Beschränkung ihrer Intensität nach nicht mit der zitierten Bestimmung des Statuts der Landeshauptstadt Graz verglichen werden. Der Wertverlust für den einzelnen Pensionisten beträgt nach den von der VOEST-ALPINE STAHL AG angestellten Berechnungen - selbst dann, wenn man ein Weiterwirken des Valorisierungsverlustes über den vom ArtI Abs 1 des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes angegebenen Zeitraum hinaus annimmt (weil nach dem Auslaufen dieses Zeitraumes bei der Fortführung der Wertanpassung an den vor dem Aussetzen der Wertanpassung auszuzahlenden Betrag angeknüpft wird) - für den einzelnen Pensionsempfänger nicht mehr als 9,2 %. Bei diesen Berechnungen ist die VOEST-ALPINE STAHL AG von einer durchschnittlichen Lebenserwartung des einzelnen Pensionsempfängers ausgegangen. Ein solcher Verlust wird aber noch nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Lebensstandards des einzelnen Pensionisten führen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis einen Eingriff in 'wohlerworbene Rechte' insbesondere deshalb als dem Gleichheitssatz widersprechend angesehen, weil in diesem Fall in einer Weise in Rechte des Betroffenen eingegriffen wurde, die eine erhebliche Minderung des Lebensstandards befürchten ließ. In den dem genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Fällen lagen Kürzungen von mehr als 30 % von Ruhebezügen - also jedenfalls eine erheblich gravierendere Minderung als im vorliegenden Fall - vor.

In Rechnung zu stellen ist auch, daß etwa im Bereich von VOEST-ALPINE AG und VEW insgesamt 780 Pensionisten (317 der VOEST-ALPINE AG und 463 der VEW) von der Regelung betroffen sind. Für den von der bekämpften Bestimmung betroffenen Zeitraum von 3 1/2 Jahren ergibt sich aufgrund der unterbliebenen Valorisierung bei dem erwähnten Personenkreis ein Betrag in der Höhe von 27 Millionen Schilling. Für den einzelnen Pensionisten ergibt sich somit ein Betrag in der Höhe von 34.600 Schilling. Im Hinblick auf den mit der Maßnahme verfolgten Zweck darf nun dabei nicht übersehen werden, daß in einer angespannten finanziellen Situation auch ein derartiger - im Kontext der Gesamtmaßnahmen zu sehender - Betrag, mag er auch, von einem relativ kleinen Personenkreis erbracht worden sein, von Bedeutung war.

Zur Verdeutlichung der Auswirkungen der Aussetzung der Valorisierung darf auf die in der angeschlossenen Beilage A (Seite 3) enthaltenen Berechnungsbeispiele (die von der VOEST ALPINE STAHL AG zur Verfügung gestellt wurden) verwiesen werden.

Auch der dem Erkenntnis VfSlg. 11665/1988 zugrunde liegende Fall ist mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar, weil dabei die besondere, im folgenden noch näher zu beschreibende Konstellation, wie sie bei der Sanierung von Unternehmen auftritt, nicht gegeben war.

Ein Vergleich mit den den zitierten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes zugrunde liegenden Fällen dürfte aber insbesondere hinsichtlich der 'Plötzlichkeit' des gesetzlich verfügten Eingriffs nicht zulässig sein. In den nunmehr vorliegenden Fällen erklärt sich nämlich diese 'Plötzlichkeit' aus der unvermittelt aufgetretenen, existenzbedrohenden Krisensituation der betroffenen Unternehmen, auf die möglichst unverzüglich reagiert werden mußte. Daraus ergibt sich aber eine besondere sachliche Rechtfertigung der Regelung.

b) Vorwurf der Unsachlichkeit, insoferne als ein im Interesse der Gesamtheit zu erbringendes Opfer einer relativ kleinen Gruppe aufgelastet wird:

Wie der Oberste Gerichtshof ausführt, verlange das Gebot der Sachlichkeit, daß ein im Interesse der Gesamtheit zu erbringendes Opfer nicht punktuell gezielt eine relativ kleine Gruppe treffen darf, sondern entsprechend breit gestreut werden müsse.

Diesen Bedenken ist folgendes entgegenzuhalten:

Anlaß für die Beschlußfassung über das ÖIAG-Finanzierungsgesetz 1987 war eine existenzbedrohende Krise der verstaatlichten Unternehmen, die nur durch massive Finanzierungshilfen des Bundes bewältigt werden konnte.

Aufgrund des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 wurden der VOEST-ALPINE bzw. deren Nachfolgegesellschaften 14,5 Milliarden Schilling, der VEW (Vereinigte Edelstahlwerke) und deren Nachfolgegesellschaften 5,7 Milliarden Schilling und der BBU (Bleiberger Bergwerksunion) 0,4 Milliarden Schilling über die ÖIAG zugeführt, wobei der Bund die Haftung übernommen bzw. die Tilgungen und Zinsen zu leisten hat. Außerdem wurden der Elin im selben Zeitraum 1,5 Milliarden Schilling zugeführt, wobei die Mittelaufbringung außerhalb des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 erfolgte.

Insgesamt wird der Bund bis zum Jahr 2017 im Zusammenhang mit Tilgungen und Zinsen aufgrund des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 rund 92 Milliarden Schilling zu leisten haben.

Diese Belastung wird von allen Steuerpflichtigen zu finanzieren sein. Die Kürzung der Pensionsleistungen für eine bestimmte Gruppe von Personen als Teil eines Bündels von Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens erscheint im Hinblick auf diese von der Allgemeinheit zu erbringenden Leistungen durchaus zumutbar, insbesondere wenn man bedenkt, daß diese Pensionsansprüche im Fall eines Konkurses der verstaatlichten Unternehmen überhaupt untergegangen bzw. im günstigsten Fall mit einem Teilbetrag abgefunden worden wären.

Hervorzuheben ist dabei auch, daß die Annahme, die Sanierungsmaßnahmen hätten nur eine kleine Gruppe von Pensionisten und nicht auch andere Personengruppen getroffen, nicht zutrifft. Vielmehr waren - in noch viel stärkeren Maße - auch aktive Arbeitnehmer der betroffenen Unternehmen sowie 'Statutarpensionisten' betroffen: Die aktiven Arbeitnehmer mußten zum einen Kürzungen ihres Einkommens hinnehmen, zum anderen kam es zu beträchtlichen Reduzierungen der Personalzahlen. Die erwähnten Kürzungen betrafen etwa die Reduktion von Jubiläumsgeldern, die Einstellung von Treueprämien, die generelle Aussetzung der individuellen Erhöhungen von Löhnen und Gehältern für alle Mitarbeiter, die Einstellung von freiwilligen Pensionszuschußleistungen, die Durchforstung von Zulagen uam. Die Argumentation, die aktiven Arbeitnehmer seien in der fraglichen Zeitperiode von den üblichen jährlichen Lohnerhöhungen nicht ausgeschlossen worden, trifft daher in dieser Form nicht zu. Bei den damit offenbar angesprochenen Lohnerhöhungen handelte es sich um kollektivvertraglich vorgesehene Erhöhungen, deren Zurücknahme durch eine gesetzliche Regelung mit größter Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Störungen des sozialen Friedens in den betroffenen Unternehmen geführt hätte. Aus diesem Grund hat man daher die Einsparungen in der oben dargelegten Weise einerseits durch Freisetzung von (etwa 10.000!) Arbeitnehmern, Kürzung von Sozialleistungen sowie Einstellung von Sonderzahlungen vorgenommen. Ein Ausschluß von kollektivvertraglich vereinbarten Lohn- und Gehaltserhöhungen hätte zudem ein Abwandern von qualifizierten Arbeitnehmern und damit eine Schwächung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens befürchten lassen. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß auch die Kollektivvertrags-Lohnerhöhungen aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Vergleich zu anderen Branchen wesentlich geringer ausgefallen sind. So betrug beispielsweise im Jahr 1987 die kollektivvertragliche Lohnerhöhung (Ist-Gehälter) lediglich 1,75 %. Bringt man hiervon den Beitrag der Arbeitnehmer zur Stahlstiftung in Abzug, so betrug die Lohnerhöhung bloß 1 %. 1988 betrug die Lohnerhöhung 2,9 % (KV-Ist-Gehälter). Hinsichtlich näherer Einzelheiten betreffend den Beitrag aktiver Mitarbeiter zur Sanierung des Konzerns darf auf die beigeschlossene (von der VOEST-ALPINE STAHL AG vorgelegte) Beilage B verwiesen werden (zur Bedeutung der Abkürzungen siehe die gleichfalls angeschlossene Beilage C).

Was die Gruppe derjenigen Pensionisten betrifft, denen eine einseitig widerrufbare Pensionsleistung vom Unternehmen zugestanden wurde (Statutarpensionen), so kam es in diesen Fällen zu einer Einstellung derartiger Zahlungen. Der Vergleich mit den Statutarpensionisten ist insoferne sehr wohl angebracht, als die Einstellung der Zahlungen an die Angehörigen dieses Personenkreises im Rahmen eines Maßnahmenbündels für die Zwecke der Sanierung getroffen wurde, wobei die einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen und in ihrer Gesamtheit wirksam werden sollten. Zur Verdeutlichung der ergriffenen Maßnahmen und zu ihren konkreten Auswirkungen für den Bereich der ehemaligen VOEST-ALPINE AG darf auf die Ausführungen in der (von der VOEST-ALPINE STAHL AG vorgelegten) Beilage D verwiesen werden.

Was die Argumentation anlangt, daß die in Rede stehende gesetzliche Bestimmung der Budgetentlastung diene, so ist auf folgendes hinzuweisen: Es trifft zwar zu, daß Sanierungsmaßnahmen der Unternehmen, u.zw. auch die hier in Rede stehenden, mittelbar den Zuschußbedarf seitens der öffentlichen Hand reduzieren. In erster Linie geht es aber um ein Bündel von Maßnahmen zur Sanierung der in ihrer Existenz gefährdeten Unternehmen. Ein wie immer gearteter Anspruch auf staatliche, aus dem Budget zu leistende Unterstützungen ist nämlich nicht anzunehmen. Daher ist der in den vorliegenden Fällen gegebene Sachverhalt im besonderen nicht mit dem Sachverhalt zu vergleichen, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 11.665/1988 zugrunde lag.

c) Vorwurf der unsachlichen Beschränkung der Regelung auf Betriebe des ÖIAG-Konzerns:

Der Oberste Gerichtshof vermag sich dem für die Sachlichkeit der Regelung sprechenden Argument nicht anzuschließen, daß der Eigentümer durch die Beistellung der zur Sanierung erforderlichen Mittel den Bestand des (jeweiligen) wirtschaftlich gefährdeten Unternehmens des ÖIAG-Konzerns sichere und damit überhaupt erst die Grundlage dafür schaffe, daß die Zusatzpensionen an die Betroffenen weiter gezahlt werden könnten. Eine vergleichbare Regelung müsse um dem Gleichheitsgebot zu entsprechen, grundsätzlich auf alle Unternehmen erstreckt werden, bei denen ein derartiger Fall eintreten könne und dürfe nicht nur für Unternehmen des Bundes (oder einer sonstigen Gebietskörperschaft) gelten.

Eine solche Argumentation wird der volkswirtschaftlichen Dimension des ÖIAG-Konzerns nicht gerecht. Einem derartigen Unternehmen kommen - de facto - wesentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Arbeitsplatzsicherung zu, was ein besonderes Interesse an der Erhaltung des Konzerns bedingt. Wie dazu etwa in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage eines ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 (144 BlgNR XVII. GP) dargelegt wird, liegt der Anteil der ÖIAG-Unternehmen an den Industriebeschäftigten Österreichs bei knapp 18 %. Die Investitionen in das Sachanlagevermögen des ÖIAG-Konzerns betrugen in den Jahren 1981 bis 1985 rund 35 Milliarden Schilling. Neben diesen direkten Anteilsgrößen ist die hohe Bedeutung der ÖIAG-Unternehmungen für eine Vielzahl österreichischer Zulieferunternehmen festzuhalten. Im Jahr 1985 hat die Privatwirtschaft Zulieferaufträge von rund 40 Milliarden Schilling erfüllt, womit der geschätzte Beschäftigungseffekt aus der Inlandsnachfrage bei rund 40.000 Beschäftigten liegen dürfte. Mehr als die Hälfte des Zukaufvolumens der großen verstaatlichten Unternehmen wurde im Inland placiert; 1986 waren rund 64 % der Investitionen des ÖIAG-Konzerns inlandswirksam.

Weitere Hinweise auf die volkswirtschaftliche Bedeutung etwa der VOEST-ALPINE AG ergeben sich aus der in der Beilage A (Seiten 4ff) enthaltenen Pendler- und Einkaufsstatistik.

Diese Zahlen verdeutlichen die besondere wirtschaftliche Bedeutung des ÖIAG-Konzerns, dessen Erhaltung und Funktionsfähigkeit im volkswirtschaftlichen Interesse ein besonderes wirtschaftspolitisches Anliegen sein muß. Aus diesem Grund erscheint aber auch die Sonderbehandlung dieses Konzerns durch die mit den Anträgen des Obersten Gerichtshofes bekämpfte Regelung gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang soll nochmals betont werden, daß es sich bei der Regelung des ArtI § 7 Abs 1 des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes lediglich um eine Teilmaßnahme in einem Bündel von Maßnahmen gehandelt hat, die aber im Interesse der Funktionsfähigkeit der betroffenen Unternehmen und zur Wahrung des sozialen Friedens innerhalb dieser Unternehmen auch die Empfänger von betrieblich vereinbarten oder einzelvertraglichen Zusatzpensionen einbeziehen mußte. Es wäre jedenfalls von den aktiven Arbeitnehmern und den Statutarpensionisten nicht verstanden worden, wenn diese Personengruppe überhaupt keinen Beitrag zur Sanierung des Unternehmens leisten hätte müssen.

Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, daß die Empfänger einer Zusatzpension in einem Unternehmen außerhalb der Verstaatlichten Industrie im Falle des Konkurses oder des Ausgleichs des Unternehmens grundsätzlich mit dem Verlust dieser Pension zu rechnen hätten. Da die grundsätzliche Weiterzahlung der Pensionsleistungen im Fall von Angehörigen des ÖIAG-Konzerns mit Hilfe öffentlicher Mittel sichergestellt wurde, erscheint es auch gerechtfertigt, von den betroffenen Pensionsempfängern einen Beitrag im Rahmen des bereits erwähnten Maßnahmenbündels zu verlangen.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß - wenn schon ein Vergleich der durch die gegenständliche Regelung betroffenen Personengruppen mit anderen Personengruppen angestellt wird - es sachgerecht wäre, in erster Linie eine Relation zu den Betriebspensionsbeziehern, die bei Unternehmen außerhalb des Bereichs der verstaatlichten Wirtschaft beschäftigt waren, herzustellen und nicht mit jenen (aktiven) Arbeitnehmern der betroffenen verstaatlichten Unternehmen, die hinsichtlich ihrer Lohnansprüche Kollektivverträgen unterliegen.

Schließlich ist zu der unter Hinweis auf die Regierungsvorlage 301 BlgNR 10. GP angestellten Überlegung betreffend das 'rechtsstaatliche Prinzip der Vertragstreue' festzuhalten, daß - was immer damit gemeint sein mag - in diesem Zusammenhang über den Gleichheitsgrundsatz und das Grundrecht auf Eigentum - zu denen in der vorliegenden Äußerung ausführlich Stellung genommen wird - hinausgehende verfassungsrechtliche Vorschriften nicht erkennbar sind. Dazu kommt, daß die davon betroffene Regelung des § 78 Abs 2 AktG 1937 eine angemessene Herabsetzung der Bezüge der Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft vorsah, ArtI § 7 Abs 1 des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes aber eine gesetzliche Regelung darstellt.

Zum behaupteten Eingriff in das Eigentumsrecht

a) Vorwurf der Unausgewogenheit der Regelung:

Der Oberste Gerichtshof führt unter Bezugnahme auf die Unzulässigkeit eines unangemessenen 'Sonderopfers' aus, daß die mit der Regelung verbundenen Nachteile nicht alle Nutznießer aus der Zuführung von Mitteln durch den Eigentümer betreffe, sondern nur die Bezieher von Zusatzpensionen.

Auch zu diesem Vorwurf ist auf die obenstehenden Ausführungen zu verweisen. Nach Auffassung der Bundesregierung handelt es sich - so wie dies offenbar auch der Oberste Gerichtshof annimmt - bei der Regelung nicht um eine Enteignung, sondern um eine bloße - die prinzipiell weiterbestehende Anwartschaft der Höhe nach beschränkende - Eigentumsbeschränkung. Von einem Eingriff in den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes kann freilich nicht ernstlich die Rede sein, zumal - wie erwähnt - die Leistung an sich weiterhin gewährt wird und lediglich eine Erhöhung in Anpassung an die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse vorübergehend nicht vorgenommen wird. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen wären also nur insoweit denkbar, als der Gesetzgeber in anderer Weise gegen einen bindenden Verfassungsgrundsatz verstoßen hätte oder die Eigentumsbeschränkung nicht im öffentlichen Interesse liege oder gemäß Art 1 Abs 2 des ersten Zusatzprotokolles zur EMRK nicht in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse erforderlich wäre (vgl. das Erkenntnis vom , G139/88 u.a.). Die im vorliegenden Zusammenhang normierte Eigentumsbeschränkung ist aber, wie sich aus den oben unter Punkt I wiedergegebenen Ausführungen ergibt, zum einen im öffentlichen Interesse gelegen und zum anderen auch sachlich gerechtfertigt. Sie ist aber auch, was die Intensität des Eingriffs betrifft, ausgewogen. In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf zu verweisen, daß es sich lediglich um eine vorübergehende Maßnahme handelt, die im Hinblick auf ihren Umfang als das gelindeste, zum Ziel führende Mittel angesehen werden muß. Auch ist zu bedenken, daß nach den vertraglichen Vereinbarungen üblicherweise eine Untergrenze festgesetzt wurde, die den betroffenen leitenden Angestellten jedenfalls ein Einkommen in der Höhe des Gehaltes eines Sektionschefs (Dienstklasse IX, Gehaltsstufe 6) garantiert!

b) Überlegungen im Zusammenhang mit einem unangemessenen 'Sonderopfer':

Der Oberste Gerichtshof macht im Zusammenhang mit seinen Bedenken gegen die durch die angefochtene Regelung behauptetermaßen bewirkte Eigentumsbeschränkung und unter Bezugnahme auf den Begriff des 'Sonderopfers' auch geltend, daß die mit der Regelung verbundenen Nachteile nicht alle Nutznießer aus der Zuführung von Mitteln durch den Eigentümer treffen, sondern nur die Bezieher von Zusatzpensionen, also eine relativ kleine Personengruppe, die aus den vom VfGH im Erkenntnis 11.665/1988 aufgezeigten Gründen besonders schutzwürdig sei.

Auch diese Ausführungen vermögen indes eine Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Regelung nicht darzutun. Abgesehen davon, daß der in der Lehre entwickelte Begriff des Sonderopfers im Zusammenhang mit dem Eigentumsrecht nur im Hinblick auf eine allfällige Entschädigungspflicht von Bedeutung ist, enthalten auch die unter dem Titel des Eigentumsrechts vorgetragenen Ausführungen des Obersten Gerichtshofes im wesentlichen den Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit. Auch dazu wäre daher auf die unter Punkt I enthaltenen Ausführungen zu verweisen."

III. Die den Gesetzesprüfungsverfahren, welche zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, zugrundeliegenden Anträge des OGH sind, da ihnen Prozeßhindernisse nicht entgegenstehen, zulässig; sie sind im Ergebnis auch berechtigt.

1. ArtI § 7 Abs 1 des ÖIAG-FinanzierungsG bezieht sich auf Wertanpassungsklauseln jener Art, die bei den betreffenden Gesellschaften vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gebräuchlich waren. Die (in den einzelvertraglichen Vereinbarungen enthaltenen) Klauseln werden in beiden Anlaß zur Antragstellung bietenden Verfahren des OGH - wörtlich oder zumindest inhaltlich übereinstimmend - wie folgt wiedergegeben:

"Um eine allfällige künftige Kaufkraftveränderung auszugleichen wird die Gesellschaft den Ruhegenuß bzw. die Witwen- und Waisenpension wertbeständig leisten. Als Grundlage hiefür ist der monatlich vom Österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarte Index der Verbraucherpreise für einen städtischen Haushalt durchschnittlicher Größe, durchschnittlichen Einkommens und für alle sozialen Stellungen (Verbraucherpreisindex 1966) oder ein an dessen Stelle tretender Index heranzuziehen. Auszugehen ist von der Indexzahl des Monates, in welchem Ihr Dienstverhältnis endet. Schwankungen nach oben oder unten bis einschließlich 5 % Ihres jeweiligen Ruhegenusses bleiben unberücksichtigt. Darnach sich ergebende Veränderungen werden jeweils ab dem Monat vorgenommen, der dem Monat folgt, in dem die Schwankung erstmals 5 % übersteigt."

Das einer derartigen Wertanpassungsklausel zugrundeliegende, auf dem Verhältnis monatlicher Indexzahlen aufbauende System erfordert im Fall, daß die Anpassung über einen bestimmten, (gemäß dem gesetzlichen Rahmen) mehrjährigen Zeitraum hindurch auszusetzen ist, notwendig eine über diesen Eingriff in das Berechnungssystem hinausgehende weitere Änderung bzw. Ergänzung des Systems. Diese kann darin bestehen, daß die Anpassung nach Ablauf der Sistierungsperiode fiktiv nach dem bisherigen System fortzusetzen und an die für den Aussetzungszeitraum fiktiv ermittelten Ergebnisse nach dem Ende dieses Zeitraums anzuknüpfen ist; es kann aber auch ein etwa in der Weise geändertes Berechnungssystem vorgesehen werden, daß nach dem Ablauf der Aussetzungsperiode von fiktiven, nämlich um den prozentuellen Indexanstieg während des gesamten Anpassungsstillstandes "bereinigte" (monatliche) Indexzahlen bei der Berechnung auszugehen ist. (Den (insbesondere) auf den Umstand, daß der Zeitpunkt der zuletzt vorgenommenen Valorisierung und der Beginn der Aussetzungsperiode nicht übereinstimmen, zurückzuführenden Schwierigkeiten könnte auch mit anderen Berechnungsmethoden zu begegnen versucht werden: So ergibt sich aus einem vom Beteiligtenvertreter vorgelegten Schreiben der in der ersten Anlaßsache beklagten Partei an einen der Kläger, daß gemäß dem Vorschlag der Austrian Industries AG die Indexzahl VPI III/89 (105,0) mit VPI XII/90 (110,4) "gleichgesetzt" und die nach VPI XII/90 liegende prozentuelle Erhöhung solange der bis VPI III/89 seit der letzten Valorisierung der Zusatzpension (unter 5 vH) liegenden Erhöhung zugerechnet wird, bis die 5 %-Grenze überschritten ist.) Entgegen den Annahmen der Parteien im Antragsverfahren 9 Ob A607/90 des OGH sind hiedurch die Methoden, mit denen die Berechnung nach Ablauf des Sistierungszeitraums vorgenommen werden kann, nicht erschöpft (eine systemgemäße Fortsetzung der Valorisierung könnte zB auch so vorgenommen werden, daß die während der Aussetzungsperiode fiktiv eingetretene, also nicht wirksam gewordene Erhöhung auf den ersten, dieser Periode folgenden Monat "verlegt" wird, sodaß das darauf folgende Übersteigen der 5 %-Grenze von der Indexzahl dieses Monates aus zu berechnen wäre). Greift der Gesetzgeber in der durch ArtI § 7 Abs 1 geschehenen Weise in das von ihm vorgefundene System der Berechnung gravierend ein, so hat er die Änderung bzw. Ergänzung der bestehenden Wertanpassungsklauseln so vorzunehmen, daß diese nach Ablauf des Sistierungszeitraums grundsätzlich ebenso praktikabel und funktionsfähig sind wie vor seinem Eingriff. Unterläßt es der Gesetzgeber hingegen, die Vorgangsweise für die Zeit nach dem Ablauf dieser Periode zu bestimmen, so liegt - verfassungsrechtlich betrachtet - nicht etwa (wie an diesem Gesetzesprüfungsverfahren beteiligte Parteien der erwähnten Anlaßverfahren vor dem OGH und anscheinend auch die Bundesregierung vermeinen) eine nach den Auslegungsregeln zu schließende bloße Lücke in einem sonst relativ geschlossenen Regelungsbereich vor, sondern es fehlt an einem essentiellen Teil der Gesamtregelung, der in seiner Bedeutung jener der Anordnung über das befristete Aussetzen der Wertanpassung nicht wesentlich nachsteht; maW: ArtI § 7 Abs 1 ist insofern unvollständig, als das weitere Schicksal der Pensionsvalorisierung nur scheinbar aus dem Gesetz abgeleitet werden kann, in Wahrheit aber dem Gutdünken des Gerichtes, das von den Vertragsteilen oder im Wege des § 54 ASGG angerufen wird, überantwortet ist.

Im vorliegenden Gesetzesprüfungsfall muß es jedoch dahinstehen, ob ein Regelungsdefizit von solcher Art und derartigem Gewicht an sich im Wege der richterlichen Rechtsfindung in Arbeits- und Sozialrechtssachen bereinigt werden kann oder ob es dem Gesetzgeber selbst zur Last fällt, maW: ob dieser legislative Mangel den gesamten Regelungskomplex unter dem Aspekt der durch Art 18 B-VG für alle Bereiche der staatlichen Vollziehung, mithin auch der gerichtlichen Rechtsprechung, geforderten zureichenden Vorausbestimmung der Vollzugstätigkeit durch das Gesetz (s. dazu etwa VfSlg. 12409/1990, mit angegebener Literatur) als verfassungswidrig erscheinen ließe. Der Verfassungsgerichtshof hat sich nämlich gemäß seiner ständigen Rechtsprechung (s. etwa VfSlg. 12592/1990, S. 678, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur) im Antragsverfahren auf Gesetzesprüfung auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken, was auch für diese Gesetzesprüfungssache gelten muß, in welcher der OGH verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Blickwinkel der erforderlichen Bestimmtheit der zu prüfenden Gesetzesvorschrift nicht geltend macht. Das geschilderte Regelungsdefizit fällt jedoch - wie die folgenden Überlegungen zeigen - bei der Beurteilung der vom OGH vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz ausschlaggebend ins Gewicht.

2. Der OGH bringt - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (s. insbesondere VfSlg. 11665/1988) - vor, daß die auf ArtI § 7 Abs 1 beruhende Maßnahme einen Eingriff in wohlerworbene Rechte darstelle, dessen Zulässigkeit am Gleichheitsgebot zu messen sei. In diesem Zusammenhang hält es der OGH (worin ihm ebenfalls beizupflichten ist - s. etwa das eben angeführte Erkenntnis) für erforderlich, die Intensität des Eingriffs zu berücksichtigen. Es ist nun evident, daß gerade für die Beurteilung und Wertung der Eingriffsintensität der Umstand, ob die Valorisierungssistierung bloß einen Zeitraum von (maximal) rd. 3 1/2 Jahren oder - wenn man das Weiterwirken über den hinaus unterstellt - die gesamte Dauer des Pensionsbezuges (und zwar einschließlich des allfälligen Bezuges einer Witwenpension oder einer Waisenpension) betrifft, von besonderer - verfassungsrechtlicher - Bedeutung ist. Kann aber die Gesetzesvorschrift wegen ihrer weitgehenden inhaltlichen Unbestimmtheit gar nicht auf ihre Gleichheitskonformität beurteilt werden, so verstößt sie schon aus diesem Grund (jedenfalls auch) gegen das Gleichheitsgebot: Das Gleichheitsgebot als Auftrag zu gleicher rechtlicher Beurteilung im wesentlichen gleicher Sachverhalte in der behördlichen Tätigkeit läßt sich überhaupt nur dann verwirklichen, wenn die verschiedenen einschreitenden behördlichen Organe im allgemeinen und regelmäßig in der Lage sind, in gleichgelagerten Fällen zur gleichen rechtlichen Beurteilung zu gelangen; dies trifft gewiß dann zu, wenn von vornherein zumutbare Überlegungen nur eine einzige, bestimmte Lösung als das Resultat verfassungskonformer Gesetzeshandhabung erbringen, nicht aber dann, wenn zur Auswahl unter zwei oder mehreren Lösungen subtile Erwägungen über die Zulässigkeit verschieden gewichteter Eingriffe durch den Gesetzgeber unter Bedachtnahme auf eine sehr differenzierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofs anzustellen sind.

3. ArtI § 7 Abs 1 des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 ist daher - wie der OGH dieser Vorschrift im Ergebnis zu Recht anlastet - mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot unvereinbar und sohin als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Im Hinblick auf die Art der festgestellten Verfassungswidrigkeit (nämlich wegen der weitgehenden inhaltlichen Unbestimmtheit der geprüften Vorschrift) und das Erfordernis der Rechtssicherheit sieht sich der Verfassungsgerichtshof veranlaßt, gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG auszusprechen, daß die aufgehobene Gesetzesbestimmung (insgesamt) nicht mehr anzuwenden ist.

5. Die Aussprüche über das Nichtwiederinkrafttreten gesetzlicher Bestimmungen sowie über die Kundmachung der Aufhebung stützen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG.