VfGH vom 23.06.2014, G87/2013 ua

VfGH vom 23.06.2014, G87/2013 ua

19885

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 über die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zur Eintragung von Personen in die Ärzteliste im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches aufgrund Überschreitung der Grenzen zulässiger Selbstverwaltung

Spruch

I. 1. § 27 Abs 10 und die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, jeweils idF BGBl I Nr 144/2009 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Die Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 144/2009 war verfassungswidrig.

5. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Anträge und Vorverfahren

1. Mit den vorliegenden, auf Art 140 B VG gestützten Anträgen begehrt der Verwaltungsgerichtshof, § 27 Abs 10, die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 und die Wortfolge "Abs10 und" bzw. "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz, jeweils des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, jeweils idF BGBl I 144/2009 (im Folgenden: ÄrzteG 1998) als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu festzustellen, dass die Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 verfassungswidrig war.

Diesen Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

2. Zu dem unter G87/2013 protokollierten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes:

2.1. Die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei stellte am einen Antrag auf Eintragung in die österreichische Ärzteliste als zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Arzt für Allgemeinmedizin – eingeschränkt auf das Gebiet der Akupunktur. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom gemäß § 27 Abs 10 ÄrzteG 1998 abgewiesen. Begründend wurde hiezu – zusammengefasst – ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer auf Grund einer Erblindung das Erfordernis der "gesundheitlichen Eignung" iSd § 4 Abs 2 Z 4 ÄrzteG 1998 fehle. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde des Beschwerdeführers beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, im Wesentlichen wie folgt dar:

"Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es der Eintragung in die Ärzteliste (§4 Abs 1 ÄrzteG 1998). Im Eintragungsverfahren ist zu prüfen, ob die vom Gesetz geforderten allgemeinen und besonderen Voraussetzungen vorliegen (§27 ÄrzteG 1998). Liegen sie vor, ist der Betreffende in die Ärzteliste einzutragen (§27 Abs 9 ÄrzteG 1998), liegen sie nicht vor, ist die Eintragung - durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer - mit Bescheid zu versagen (§27 Abs 10 ÄrzteG 1998).

Das ÄrzteG 1998 idF der Novelle BGBI. I Nr 144/2009 ordnet die Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste (und zur Austragung aus dieser) und damit auch die - durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid zu treffende - abweisliche Entscheidung über einen Antrag auf Eintragung in die Ärzteliste (abgesehen von im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zu:

§117b Abs 1 Z 16 leg. cit. nennt die 'Führung der Ärzteliste hinsichtlich der Kammerangehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern', Z 18 die 'Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste, mit Ausnahme von Verfahren gemäß §§32, 33 und 35, einschließlich der a) Ausstellung von damit in Zusammenhang stehenden Bestätigungen, insbesondere der Ärzteausweise und b) Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten gemäß der Richtlinie 2005/[…]36/EG, einschließlich der Einholung der hiezu erforderlichen Auskünfte im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit und Ausstellung der erforderlichen Bestätigungen' als von der Österreichischen Ärztekammer im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmende Aufgaben.

Seit der Novelle BGBI. I Nr 144/2009 entscheidet der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hinsichtlich der (Versagung einer) Eintragung in die Ärzteliste in erster und letzter Instanz (§27 Abs 10, § 125 Abs 4 2. Satz ÄrzteG 1998).

[…] Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Regelung, welche die Entscheidung über Eintragungsbegehren in die Ärzteliste dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zuweist und den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer dazu beruft, vor dem Hintergrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs folgende Bedenken:

[…] Im Erkenntnis vom , VfSlg 17869, hat der Verfassungsgerichtshof zu den Grundsätzen der Besorgung staatlicher Aufgaben in Selbstverwaltung und der Einrichtung von Selbstverwaltungsorganen, die an Weisungen staatlicher Organe nicht gebunden sind, Stellung bezogen und zu den dabei bestehenden verfassungsrechtlichen Schranken Folgendes ausgeführt:

'Dem Bund wie auch den Ländern steht es somit - auch ohne besondere verfassungsgesetzliche Grundlage - im Prinzip frei, staatliche Aufgaben in Selbstverwaltung besorgen zu lassen und in den damit betrauten Rechtsträgern Organe einzurichten, die an Weisungen staatlicher Organe nicht gebunden sind, doch unterliegt die Gesetzgebung hiebei mehreren verfassungsrechtlichen Schranken (vgl. VfSlg 17.023/2003, S 667 ff mwN).

a) Eine dieser Grenzen zulässiger Selbstverwaltung besteht darin, dass sich der eigene (dh. ohne Bindung an Weisungen staatlicher Organe zu besorgende) Wirkungsbereich eines Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten zu beschränken hat, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (so schon VfSlg 8215/1977, S 488).

b) Ferner ist zu berücksichtigen, dass anders als die - territoriale - Gemeindeselbstverwaltung die nicht territoriale Selbstverwaltung jeweils auf den bestimmten Personenkreis beschränkt ist, dessen Angelegenheit durch den Selbstverwaltungskörper verwaltet wird. Die im Falle der Einrichtung von Selbstverwaltung zulässige Ausnahme vom sonst gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm 20 Abs 1 B-VG) und die sich daraus ergebende Entkoppelung der Selbstverwaltung von deren demokratischer Legitimation erfordern es, dass dem Selbstverwaltungskörper statt dessen seinerseits eine entsprechende demokratische Legitimation durch die von ihm Verwalteten zukommt. Es wäre jedenfalls unzulässig, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zwar als Selbstverwaltungskörper einzurichten, diesem aber die Zuständigkeit zu übertragen, auch solche Angelegenheiten - unter Einsatz von imperium - weisungsungebunden zu besorgen, die sich auf einen Personenkreis beziehen, der von jenem verschieden ist, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt, dh. der bei der Kreation (jedenfalls) des obersten Organs dieses Selbstverwaltungskörpers mitwirken konnte. Damit würde nämlich das Organisationskonzept der Bundesverfassung, das im Prinzip eine Unterstellung der hoheitlich zu besorgenden Verwaltungstätigkeiten unter die obersten Organe im Sinne des Art 19 Abs 1 B-VG verlangt, die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterliegen, umgangen werden (vgl. neuerlich das Erkenntnis VfSlg 17.023/2003, S 674).'

Diese Vorgaben wurden vom Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , G10/08, VfSlg 18.548, vom , G74/08 ua, V385/08 ua, VfSlg 18.806, und vom , G10/12 ua, ausdrücklich bestätigt.

[…] Den beschriebenen verfassungsrechtlichen Vorgaben wird die dargestellte Regelung des ÄrzteG 1998 nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht gerecht:

Ein Eintragungswerber, der den ärztlichen Beruf - sei es als approbierter Arzt, Arzt für Allgemeinmedizin[…] oder Facharzt - auszuüben beabsichtigt, ist noch nicht in die Ärzteliste eingetragen und - noch - nicht Mitglied einer Ärztekammer (in den Bundesländern), zumal für die Kammerangehörigkeit (als ordentliches Kammermitglied) die Eintragung in die Ärzteliste erforderlich ist (§68 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998). Schon gar nicht ist ein solcher Eintragungswerber Mitglied der Österreichischen Ärztekammer (deren Mitglieder sind nach § 119 ÄrzteG 1998 - allein - die Ärztekammern in den Bundesländern). Nur den (ordentlichen) Kammerangehörigen kommt das Wahlrecht zur Vollversammlung der Ärztekammer zu (§70 ÄrzteG 1998), nur diese haben daher Einfluss auf die Bestellung der Organe der Ärztekammern in den Bundesländern und damit auch der der Österreichischen Ärztekammer.

Die Eintragung in die Ärzteliste gestaltet unmittelbar die Rechtssphäre des Eintragungswerbers, ist sie doch Voraussetzung für die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes iSd § 4 Abs 1 ÄrzteG 1998.

Die Eintragung in die Ärzteliste, der eine inhaltliche Prüfung vorauszugehen hat, inwieweit die materiellen Voraussetzungen für die ärztliche Berufsausübung vorliegen, beurkundet den Nachweis der Erfüllung der allgemeinen und besonderen Erfordernisse zur Berufsausübung, sie eröffnet auch überhaupt erst die ärztliche Berufsausübung. Damit berührt sie nicht bloß überwiegende Interessen der im Selbstverwaltungskörper Ärztekammer bzw. Österreichische Ärztekammer zusammengefassten Mitglieder, sondern in zumindest gleicher Intensität allgemeine öffentliche Interessen der gesamten Bevölkerung (insbesondere daran, dass nur Personen, welche die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit und gesundheitliche Eignung aufweisen, als Ärzte tätig sind).

[…] Vor diesem Hintergrund dürfte die geltende Regelung die dargelegten Grenzen zulässiger Selbstverwaltung überschreiten:

Die von der Österreichischen Ärztekammer im Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste zu entscheidende Angelegenheit geht über die im ausschließlichen oder im überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegenen Angelegenheiten hinaus und bezieht sich zudem auf einen Personenkreis, der von jenem verschieden ist, der den Organen des Selbstverwaltungskörpers die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt.

[…] Gegen die dargestellten Bedenken kann auch nicht etwa eingewendet werden, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber anlässlich der Einfügung der Art 120a ff in das B-VG (durch BGBl I Nr 2/2008) die dargestellten Grenzen zulässiger Selbstverwaltung hätte verändern wollen. Eine Absicht des Bundesverfassungsgesetzgebers, die vom Verfassungsgerichtshof in seiner oben ausgewiesenen Judikatur umschriebenen verfassungsrechtlichen Schranken der Zuweisung von Hoheitsverwaltung in den eigenen Wirkungskreis von nichtterritorialen Selbstverwaltungskörpern zu verändern, ist der Entstehungsgeschichte der Art 120a ff B-VG nämlich nicht zu entnehmen (vgl. den […] AB, wonach im neuen 5. Hauptstück die wesentlichen Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung 'zusammengefasst' werden sollen, und im vorgeschlagenen Art 120c Abs 1 'im Hinblick auf die dem Selbstverwaltungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes innewohnende Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen das Erfordernis der demokratischen Organkreation verankert' werde).

[…] Zu betonen ist in diesem Zusammenhang im Übrigen, dass das ÄrzteG 1998 bis zur Novelle BGBl I Nr 144/2009 - ebenso wie auch das Ärztegesetz 1984 - gegen Entscheidungen der Österreichischen Ärztekammer über Eintragungsbegehren ein Berufungsrecht an den Landeshauptmann vorgesehen hat und damit offenkundig von einer Zuordnung der in Rede stehenden Angelegenheit in den übertragenen Wirkungsbereich ausging.

[…] Vor diesem Hintergrund hegt der Verwaltungsgerichtshof die dargestellten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Regelungen des ÄrzteG 1998. Diese - im Beschwerdefall anzuwendenden - Bestimmungen sind es, die im Gefüge der Einrichtung der Österreichischen Ärztekammer als Selbstverwaltungsträger in verfassungswidriger Weise die in Rede stehende Aufgabe (Eintragung in die Ärzteliste) dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zuweisen und dem Organ Präsident der Österreichischen Ärztekammer Entscheidungsbefugnis über die Rechte von Eintragungswerbern einräumen.

Durch ihre Aufhebung wird nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden, als zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit erforderlich ist.

Während § 117b ÄrzteG 1998 die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Österreichischen Ärztekammer demonstrativ umschreibt ('insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen'), werden in § 117c ÄrzteG 1998 die von der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich wahrzunehmenden Angelegenheiten explizit und taxativ aufgezählt ('hat ... folgende Aufgaben wahrzunehmen').

Schon vor diesem Hintergrund wäre eine Aufhebung allein der angefochtenen Wortfolge in § 117b Abs 1 ÄrzteG 1998, welche die in Rede stehende Angelegenheit (Entscheidung über die Eintragung in die Ärzteliste) dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zuweist, nicht geeignet, die Zuweisung dieser Angelegenheit zum übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer (welche die aufgezeigte Verfassungswidrigkeit beseitigen würde) zu bewirken.

Mit der Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen wäre eine abweisliche Entscheidung über einen Antrag auf Eintragung in die Österreichische Ärzteliste gar nicht mehr dem Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen. Nach der solcherart bereinigten Rechtslage dürfte in verfassungskonformer Interpretation die zu treffende Entscheidung - bis zu einer allfälligen Neuregelung durch den Gesetzgeber - von den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung zu erlassen sein (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom ), womit die aufgezeigten Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes ausgeräumt wären."

2.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der er zum einen beantragt, den vorliegenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes abzuweisen, und im Übrigen den im Antrag dargelegten Bedenken – zusammengefasst – wie folgt entgegentritt:

"Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die vom VwGH bekämpften Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 im Lichte der zuvor dargestellten Judikatur verfassungswidrig sind oder nicht.

Dazu ist, wie oben ausgeführt, anzumerken, dass die Kriterien des Personenkreises der Selbstverwaltungskörperschaften der Ärztekammern in den Bundesländern und der Österreichischen Ärztekammer (§§65 ff. sowie 117 ff. Ärztegesetz) auf gesetzlicher Ebene eindeutig vorgegeben sind. Personen[,] die keine Mitgliedschaft erwerben können, stehen also jedenfalls außerhalb des gesetzlich definierten Mitgliederkreises. Eben dies hat grundlegende Auswirkungen auf die Beurteilung der hier vorliegenden Problematik.

Denn die entscheidende Frage besteht darin, ob sich die hier in Rede stehenden Zuständigkeiten der Österreichischen Ärztekammer zum einen primär auf einen Personenkreis beziehen, der dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche Legitimation verleiht, was auch in der mit der B-VG-Novelle BGBI I 2008/2 geschaffenen Bestimmung des Art 120c Abs 1 B-VG angesprochen wird ('Die Organe der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.'), und ob dieser Personenkreis zum anderen unmittelbar in seinen Rechten und Pflichten berührt wird.

Im Lichte dieser - erst aus einer Zusammenschau aus dieser Judikatur zu gewinnenden - Prämisse sprechen gute Gründe für die Annahme der Verfassungskonformität der entsprechenden Regelungen. Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste beziehen sich primär auf einen Personenkreis, der in die Liste eingetragen werden soll. Entscheidend dabei ist vor allem das in der Judikatur betonte Kriterium der Unmittelbarkeit. Daraus ist nämlich abzuleiten, dass bloß mittelbare Reflexwirkungen noch keine unmittelbare Berührung darstellen.

Explizit deutlich wurde dies im Erkenntnis VfSlg 17.869/2006 an der Berührung der Rechtssphäre der Vertragsärzte, denen unmittelbar Pflichten durch Akte des Selbstverwaltungskörpers Hauptverband auferlegt wurden. Eine derartige Unmittelbarkeit liegt auch bei Verfahren vor, die sich explizit auf Gleichwertigkeitsprüfungen hinsichtlich bestimmter Kenntnisse von Nicht-Mitgliedern beziehen. Folgerichtig hat der VfGH in VfSlg 18.548/2008 klargestellt, dass mit der 'Beantwortung der mit den fachlichen Voraussetzungen im Zusammenhang stehenden Frage der Gleichwertigkeit von an der Universität für Bodenkultur Wien abgelegten Prüfungen für die jeweils antragstellenden Personen nicht bloß wirtschaftliche Reflexwirkungen verbunden sind, sondern vielmehr auch unmittelbar deren Rechtssphäre gestaltet wird.' Der eventuelle Ausspruch der mangelnden Gleichwertigkeit erfolgt dabei in einem Verfahren, das explizit gegenüber einem Nichtmitglied geführt wird und keinen unmittelbaren Konnex mit der Führung einer Liste der Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers besitzt. Eben dies ist im Fall der bekämpften Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 aber eindeutig gegeben: Es geht dabei um Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste. Der Hauptfokus liegt damit auf dem personellen Element des Mitgliederkreises, woran auch zweifellos gegebene Reflexwirkungen von Nichtmitgliedern nichts zu ändern vermögen. Die Führung einer Liste von Kammerangehörigen hat demnach einen primären Konnex zum Mitgliederkreis und nur in reflexartiger Weise Auswirkungen auch auf Nichtmitglieder. Dies unterscheidet den vorliegenden Zusammenhang auch von Fällen wie jenen in VfSlg 17.869/2006 entschiedenen, in denen es um betroffene Personengruppen ging, die in keiner - auch nur potenziellen - Beziehung zu diesem Mitgliederkreis gestanden sind. Aus VfSlg 18.806/2009 ist wiederum der Gedanke[…] zu gewinnen, dass ein relevanter Bezug zum Mitgliederkreis auch dann noch gegeben ist, wenn man etwa aus Altersgründen seine mitgliedschaftsbegründende Tätigkeit beendet. Spiegelbildlich dazu zeigt sich, dass Verfahren zur Eintragung in eine Berufsliste ein akzessorisches Element zum Führen dieser Liste darstellen, die für sich genommen aber einen unmittelbaren Konnex zum demokratisch legitimierenden Mitgliederkreis besitzt. Eine Führung der Liste von Berufsangehörigen zählt daher zu jenen Aufgaben von Selbstverwaltungskörpern, die einen unmittelbaren Konnex zu ihrem personellen Substrat [haben] und daher schon insoweit zum eigenen Wirkungsbereich zu zählen [sind].

Dies belegt auch ein Vergleich mit anderen Selbstverwaltungskörpern freier Berufe: Eine weitgehend idente Rechtslage besteht nämlich etwa auch bei der gesetzlichen beruflichen Vertretung der Rechtsanwälte. Auch diese Liste wird im eigenen Wirkungsbereich geführt (§§5 ff. iVm § 23 Abs 5 Rechtsanwaltsordnung [RAO]). Den tragenden Gedanken dieser Zuordnung bringen die Materialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 - BRÄG 2010, BGBI I 2009/141, RV 483 BlgNR 24. GP, 4, treffend auf den Punkt: 'Als Beispiel sei etwa die Eintragung in die oder die Streichung von der Liste der Rechtsanwälte genannt. Diese ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Rechtsanwaltskammern hat zwangsläufig Reflexwirkungen auf Dritte, weil nur in die Liste eingetragene Personen als Rechtsanwalt tätig werden dürfen. Unmittelbare Rechte und Pflichten von Personen, die von jenem Personenkreis verschieden sind, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt (VfSlg 17.023/2003, S 674, und VfSlg 17.869/2006, S 886 f.), werden damit aber nicht begründet.' Dazu sei angemerkt, dass in der bisherigen Judikatur des VfGH bislang auch gegen die Bestimmungen zur Führung der Liste im eigenen Wirkungsbereich der Rechtsanwaltskammern keine Bedenken entstanden sind (siehe dazu etwa VfSlg 9230/1981 und 14.237/1995).

Im Erkenntnis des VfGH B2450/94 (VfSlg[.] 14.237/1995, Mitgliedschaft Rechtsanwälte) vom wird unter Pkt 2.1.3 ausgeführt, dass der VfGH hinsichtlich der im Verfahren behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§5, 23 und 33 Abs 2 RAO, welche damit begründet wurde, dass Gesetze, die die Ausübung des Anwaltsberufes von der Zugehörigkeit zu einer Rechtsanwaltskammer und damit von deren Zuständigkeit zur Ausübung der Disziplinargerichtsbarkeit abhängig machen, mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung unvereinbar seien, keinen Anlass zur näheren Untersuchung sah. Der VfGH verwies vielmehr auf das Erkenntnis VfSlg 11065/1986, in dem er schon damals darlegte, dass gegen § 5 RAO unter dem Blickwinkel der Zwangsmitgliedschaft keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Diese Überlegungen sind auch für die §§23 und 33 Abs 2 RAO maßgeblich.

Mit seinem Erkenntnis B611/80 vom sprach der VfGH aus, dass das durch Art 18 StGG geschützte Recht[,] welches die Freiheit, ohne Behinderung oder Beschränkung durch eine Österreichische Rechtsnorm einen Beruf zu wählen und sich für ihn auszubilden[,] umfasst (vgl. zB VfSlg 8037/1977 und die dort zitierte Vorjudikatur)[,] durch § 5 Abs 2 RAO nicht behindert oder beschränkt werde. Bei der unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles verfassungsgesetzlichen Unbedenklichkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur durch eine willkürliche Gesetzeshandhabung verletzt worden sein (vgl. zB VfSlg 8428/1978), im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) nur dann, wenn bei Erlassung des Bescheides eine gesetzliche Bestimmung in denkunmöglicher Weise angewendet wurde (vgl. zB VfSlg 7440/1974).

Ähnlich gestaltet sich die Situation auch beim freien Beruf der Ziviltechniker, da einerseits gemäß § 2 Abs 1 Ziviltechnikerkammergesetz 1993 (ZTKG) die Länderkammern berufen sind, innerhalb ihres örtlichen Wirkungsbereiches die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Ziviltechniker wahrzunehmen und zu fördern, für die Wahrung des Standesansehens zu sorgen und die Erfüllung der Berufspflichten der Ziviltechniker zu überwachen. Diese generell genannten Aufgaben werden gem. Abs 2 leg cit als solche des selbständigen Wirkungsbereiches angesehen, wobei insbesondere das Führen des Verzeichnisses der Ziviltechniker und der Ziviltechnikergesellschaften ausdrücklich im Gesetz als eine Aufgabe des selbständigen Wirkungsbereiches normiert ist (§2 Abs 1 Z 7 ZTKG).

Die Führung der Liste und auch die Eintragung in diese fallen daher auch in vergleichbaren Fällen in den eigenen Wirkungsbereich des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers.

Dies bedeutet aber umgekehrt, dass Verfahren, in denen die Merkmale des Mitgliederkreises bzw. der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personengruppe nicht gesetzlich definiert sind oder es sich um eine Personengruppe handelt, die gänzlich außerhalb dieses Personenkreises steht, dh in denen ein[e] Drittbezogenheit gegeben ist, dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet werden müssen. In diesen Fällen liegt die Parallele zu den in VfSlg 18.548/2008 gegebenen Konstellationen auf der Hand.

Diese Konsequenz ist vom Gesetzgeber des Ärztegesetzes 1998 auch erkannt worden. Derartige Verfahren, wie sie in den §§32, 33 ('Selbständige Berufsausübung aufgrund einer Bewilligung') und 35 Ärztegesetz ('Ärztliche Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken') vorgesehen sind, werden in der bekämpften Bestimmung des § 117b Abs 1 Z 18 leg cit explizit aus dem eigenen Wirkungsbereich exkludiert und durch § 117c Abs 1 Z 2 und 3 leg cit dem übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen (zum Umstand, dass es dabei um überwiegende Interessen der Allgemeinheit und nicht um das überwiegende Interesse der Ärzteschaft geht, siehe die Materialien zur hier maßgeblichen 13. Ärztegesetz-Novelle, BGBI I 2009/144, RV 467 BlgNR 23. GP, 6). Die Vollziehung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 sowie der §§9 bis 11 und 13 leg cit erfolgte ursprünglich durch das BMG. Im Rahmen einer Verwaltungsreform/Verwaltungsvereinfachung, BGBI. Nr I 65/2002, ging die Zuständigkeit zur Führung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 leg cit auf die Österreichische Ärztekammer über. Diese wurden im Rahmen der 13. Ärztegesetznovelle explizit dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet [(]vgl. § 117c Abs 1 Z 1 und 2 leg cit.). Im Gegensatz dazu erfolgte die Führung der Ärzteliste, welche immer schon als ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Ärztekammer zu sehen war, immer schon im eigenen Wirkungsbereich der Ärztekammer.

Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus einem Rückgriff auf die eigentliche Ratio der erwähnten Judikaturlinie, wie sie schon weit vor den hier analysierten Erkenntnissen, nämlich im leading case VfSlg 8215/1977, ausgesprochen wurde: Der eigene Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers soll auf Angelegenheiten beschränkt bleiben, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (mwN Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht, Rz. 569a). Es liegt nämlich im ureigensten Interesse der Ärztekammern, jene Verfahren zu führen, die sich auf das personelle Substrat, die Ärzteschaft, beziehen. Würde man den gegenteiligen Standpunkt vertreten, liefe dies darauf hinaus, dass über den Mitgliederkreis der Ärztekammern nur mehr unter staatlicher Weisungsbindung entschieden werden könnte. Dies würde aber dem grundsätzlichen Gedanken der Selbstverwaltung widersprechen: Denn dieser Grundgedanke lässt nur jene staatliche lngerenz zu, wie sie im Gebot der sachlichen Abgrenzung des Personenkreises an sich zum Ausdruck kommt (dazu etwa VfSlg 8539/1979; zum Problemkreis auch Stolzlechner, Der Gedanke der Selbstverwaltung in der Bundesverfassung, in: Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hrsg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 361 [372]), zu. Eine weitere lngerenz auf jedes einzelne Verfahren zur 'Selbstergänzung' des einmal gesetzlich festgeschriebenen Personenkreises muss in die Autonomie und damit in den eigenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers fallen, wenn man nicht den Kerngedanken der Selbstverwaltung in Frage stellen möchte.

Daraus ergibt[…] sich[,] dass die Regelung des § 117b Abs 1 Z 18 Ärztegesetz eine verfassungskonforme Regelung trifft, indem sie nur jene Verfahren dem übertragenen Wirkungsbereich zuordnet, in denen die eindeutige Drittbezogenheit gegeben ist. Aus diesem Grund sind auch die darauf Bezug habenden Regelungen des § 27 Abs 10 leg.cit. und des § 125 Abs 4 zweiter Satz leg.cit. unbedenklich.

[…] Mitgliederkreis der Österreichischen Ärztekammer

Diesem Ergebnis kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die relevanten Verfahren einen Personenkreis betreffen, der aus der Sicht der Österreichischen Ärztekammer jedenfalls als außenstehend zu qualifizieren wäre, weil die einzelnen Ärzte Mitglieder der Ärztekammern in den Bundesländern (§§65 ff und vor allem § 68 Abs 1, 2 und 5 Ärztegesetz 1998) sind und die Österreichische Ärztekammer nur jene Aufgaben zu besorgen hat, die über den Wirkungsbereich der einzelnen Ärztekammer hinausgehen (§117a Ärztegesetz 1998), womit lediglich die Ärztekammern in den Bundesländern Mitglieder der Österreichischen Ärztekammer sind (§119 Ärztegesetz 1998), nicht aber die einzelnen Mitglieder der Ärztekammern. Dieses auch vom VwGH bezogene Argument […] ist insoweit nicht vollends überzeugend, als es einer hM (siehe anstatt vieler B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 80; Zellenberg, Die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen der funktionalen Selbstverwaltung in Österreich, in: Kluth (Hrsg), Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2008 (2009) 259 [275 f.]) entspricht, dass es zulässigerweise auch gegliederte Selbstverwaltungskörper, dh 'Verbände höherer Ordnung', geben kann, in denen die demokratische Legitimation des Dachverbandes durch die einzelnen darin zusammengefassten Kammern bewirkt wird. Dies geschieht durch die - hier nicht im Einzelnen darzustellenden - Mitwirkungsrechte von Organen der Ärztekammern in der Österreichischen Ärztekammer (§§120 ff Ärztegesetz 1998), die eine entsprechende Legitimationskette herstellen.

Führt die Österreichische Ärztekammer daher Verfahren über die Eintragung in die Ärzteliste betreffend die in einer Landesärztekammer zusammengeschlossenen Ärzte, dann entscheidet sie insoweit nicht über außenstehende Personen […].

[…] Keine Änderung der Zuordnung durch die 13. Ärztegesetz-Novelle

Der VwGH geht in seinem Prüfungsantrag […] zudem davon aus, dass die Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste vor der Anpassung an die neuen Bestimmungen der Art 120a ff B-VG dienenden 13. Ärztegesetz-Novelle BGBI I 2009/144 in den übertragenen Wirkungsbereich gefallen wären, sodass die monierte Verfassungswidrigkeit erst durch die Neuregelung entstanden sei. Abgeleitet wird dies vom VwGH durch das bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Berufungsrecht an den Landeshauptmann.

Dieser Schluss ist nicht berechtigt, weil man aus dem Bestehen von Instanzenzügen für die Frage der Zuordnung zum eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich nichts gewinnen kann.

Die Judikatur des VfGH hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass das maßgebliche Kriterium darin zu sehen ist, ob ein solcher Instanzenzug aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen ausgeschlossen ist. Wenn das nicht der Fall ist, spricht die Vermutung für die Freiheit des einfachen Gesetzgebers. ln VfSlg 7262/1974 ist in dieser Hinsicht davon die Rede, dass 'keine Norm des Bundesverfassungsrechts' bestünde, 'die es dem Bundesgesetzgeber verwehrte, einem Organ der staatlichen Verwaltung in den Bereich der beruflichen Selbstverwaltung eingreifende Rechtsmittelbefugnisse einzuräumen' (dazu auch Adamovich/Funk/Holzinger/Frank, Österreichisches Staatsrecht, Band 4: Allgemeine Lehren des Verwaltungsrechts (2009) Rz 62.085). War eine derartige Grundlage vorhanden, dann konnte (bis zum lnkrafttreten der mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 BGBI I 2012/51 umgesetzten Rechtsschutzreform) ein Instanzenzug an staatliche Organe auch in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches des Selbstverwaltungskörpers eingerichtet werden. Ein paradigmatischer Fall waren dabei etwa Verfahren im Disziplinarrecht (dazu etwa VfSlg 3184/1957, 7494/1975, 13.580/1993, 16.482/2002).

Diese Problematik wird im Übrigen mit der Einrichtung der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte ab obsolet, weil es dann ohnedies sowohl im eigenen wie im übertragenen Wirkungsbereich von nichtterritorialen Selbstverwaltungskörpern einen Rechtsmittelzug an diese Gerichte geben wird (Art130 ff B-VG idF BGBI I 2012/51). Ein interner Instanzenzug ist zudem nur mehr im eigenen Wirkungsbereich der Gemeindeselbstverwaltung vorgesehen, kann aber auch dort vom jeweiligen Materiengesetzgeber ausgeschlossen werden (Art118 Abs 4 und Art 132 Abs 6 BVG idF BGBI I 2012/51).

Insgesamt ergibt sich daraus, dass Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste vor und nach der 13. Ärztegesetz-Novelle zulässigerweise dem eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen waren.

[…] Prozessuale Anmerkungen

Anzumerken ist schließlich noch, dass die Zuordnung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Österreichischen Ärztekammer demonstrativ (§117b Abs 1 Ärztegesetz: 'insbesondere'), jene des übertragenen Wirkungsbereiches hingegen taxativ erfolgt (vgl. den Wortlaut von § 117c Abs 1 Ärztegesetz). Die Beseitigung der mit der Bestimmung des § 117b Abs 1 Z 18 Ärztegesetz verbundenen expliziten Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich würde an diesem Status nichts ändern, weil im Zweifel von der Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich auszugehen ist (idS explizit auch VfSlg 9737/1983, 17.869/2006). Auch die Aufhebung von § 27 Abs 10 Ärztegesetz, der bloß eine Zuordnung zu einem Organ der Österreichischen Ärztekammer vornimmt, ändert nichts daran, dass die Österreichische Ärztekammer nach § 27 Abs 1 Ärztegesetz eine Ärzteliste zu führen hat, und eine - verfassungsrechtlich grundgelegt: Art 120b Abs 2 B-VG - explizite Zuordnung von Verfahren zur Eintragung in diese Liste zum übertragenen Wirkungsbereich nur für einen bestimmten Teilbereich der Verfahren vorgenommen wird (vgl. § 117c Abs 1 Z 2 und 3 Ärztegesetz). Auch aus einem Gegenschluss zu dieser Bestimmung wäre weiterhin eine Zuordnung der hier maßgeblichen Verfahren zum eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer abzuleiten. Das gleiche Ergebnis ergibt sich für die dritte zur Aufhebung beantragte Bestimmung, die auf § 27 Abs 10 Ärztegesetz Bezug nehmende Wortfolge in § 125 Abs 4 zweiter Satz Ärztegesetz: Auch deren Aufhebung würde an der - nach dem Antrag des VwGH verfassungswidrigen - Zuordnung der entsprechenden Verfahren zum eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer nichts ändern.

ln jenen Fällen, in denen die Aufhebung einer bekämpften Bestimmung an der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit nichts ändern würde, geht die Judikatur des VfGH in der Regel mit einer Abweisung im konkreten Normenkontrollverfahren vor (idS etwa für die explizite Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich auch VfSlg 18.548/2008, Pkt. 11.2.3.; zum Problemkreis eingehend auch Rohregger, Art 140 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], österreichisches Bundesverfassungsrecht Kommentar [6. Lfg. 2003] Rz. 279 ff)."

2.4. Die Bundesregierung verzichtete auf die Abgabe einer meritorischen Äußerung, beantragte jedoch, dass der Verfassungsgerichtshof – im Fall der Aufhebung der obzitierten Bestimmungen – gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist von zwölf Monaten für deren Außerkrafttreten bestimmen möge.

2.5. Die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich anschließt.

3. Zu dem unter G29/2014 protokollierten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes:

3.1. Die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei stellte im Mai 2010 einen Antrag auf Wiedereintragung in die Ärzteliste als zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärztin für Allgemeinmedizin. Diesen Antrag wies der Präsident der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid vom ab. Begründend wurde ausgeführt, dass der Antragstellerin auf Grund ihrer kognitiven Defizite das Erfordernis der gesundheitlichen Eignung (§4 Abs 2 Z 4 ÄrzteG 1998) und auf Grund ihrer strafgerichtlichen Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung einer Patientin das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit (§4 Abs 2 Z 3 leg.cit.) fehle. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof wiederholt im Wesentlichen jene Bedenken, die ihn zur Antragstellung in dem unter G87/2013 protokollierten Verfahren bestimmt haben. Ergänzend hiezu hält er fest:

"§125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 hat durch die Novelle BGBI. I Nr 80/2012 eine Neufassung erfahren. Zwar blieb die darin enthaltene Wortfolge '10 und' dadurch (inhaltlich) unberührt; da der Verwaltungsgerichtshof aber jene Fassung des Gesetzes anzuwenden hat, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung in Kraft stand, war in eventu die Feststellung zu beantragen, dass die Wortfolge '10 und' in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 in der Fassung der Novelle BGBI. I Nr 144/2009 verfassungswidrig war."

3.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der er – teilweise unter Wiederholung der zu G87/2013 vorgebrachten Argumente – zum einen beantragt, den vorliegenden Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ab- bzw. zurückzuweisen, und im Übrigen den im Antrag dargelegten Bedenken entgegentritt. Hiezu führt er – im Wesentlichen – wie folgt aus:

"[…] Verankerung der nichtterritorialen Selbstverwaltung im B-VG

Verfassungsrechtliche Grundlage

Mit der Einfügung von Art 120a Abs 1 B-VG durch das Bundes-Verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, BGBl I 2/2008, enthält das B-VG nunmehr eine ausdrückliche Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber zur Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern. Aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung zur Selbstverwaltung deutlich, dass die Bestimmung lediglich Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung und Errichtungsschranken zusammenfasst, die bereits (aus einzelnen Vorschriften des B-VG abgeleitet und durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bestätigt) geltendes Verfassungsrecht waren[…]. Mit der B-VG-Novelle wurde eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Grundlage für die Kammern als Selbstverwaltungsträger geschaffen. Selbstverwaltung bedeutet die Erfüllung selbständig wahrzunehmender Aufgaben durch den als Selbstverwaltungskörper eingerichteten Rechtsträger.

In Art 120b und 120c B-VG werden Merkmale der nichtterritorialen Selbstverwaltung - wie Weisungsfreiheit und staatliche Aufsicht, Organkreation aus dem Kreis der Mitglieder und nach demokratischen Grundsätzen - festgeschrieben.

Der Gesetzgeber weist im gleichen Zusammenhang auf die Autonomie der Selbstverwaltungskörper hin, die nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt werden kann.

Dem VwGH ist zuzustimmen, dass mit der Verankerung der Selbstverwaltung im B-VG, BGBl I 2008/2 - Art 120 bis 120c B-VG - nicht die Grenzen der Selbstverwaltung verändert werden sollten bzw. weiterhin die zuvor ergangene Judikatur des VfGH maßgeblich bleibt.

Gleichzeitig wird auch klargestellt, dass nichts an der bestehenden Verfassungsrechtslage zur Selbstverwaltung im nichtterritorialen Bereich geändert werden soll[…] und mit dieser Neuregelung keine Einschränkung der Rechtsposition von Selbstverwaltungskörpern intendiert war (näherhin VfSlg 18.731/2009, 19.017/2010).

In dem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass sich die Rechtsprechung in Einzelfällen zu bestimmten Rechtsfragen geäußert hat, jedoch immer nur punktuell […].

[…] Die Bedeutung der Selbstverwaltung und ihre Prinzipien

[…] Gesamtbetrachtung

Es ist daher an dieser Stelle zweckmäßig, eine systematische, von sachlichen einheitlichen Gesichtspunkten ausgehende Betrachtungsweise anzustellen, die ein gesamthaftes, dem Wesen und den Aufgaben der Selbstverwaltung entsprechendes Bild der Selbstverwaltung darstellen soll.

Wie bereits ausgeführt, steht es dem Gesetzgeber frei - dem Gedanken der Subsidiarität folgend -, Personen zu einem Selbstverwaltungskörper zusammenzufassen und ihnen gleichzeitig eine Kompetenz zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, teilweise auch Hoheitsgewalt (vgl. VfSlg 17.023), zu übertragen. Der Gesetzgeber hat dabei dem sich aus Art 7 Abs 1 B-VG ergebenden Sachlichkeitsgebot Rechnung zu tragen.

[…] Aufgaben

Zu diesen selbständigen Aufgaben sind solche zu zählen, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Verbandsangehörigen liegen und geeignet sind, durch diese besorgt zu werden. Die Wahrnehmung dieser öffentlichen Aufgaben erfolgt in eigener Verantwortung weisungsfrei gegenüber dem Staat […] (als zulässige Ausnahme vom sonst gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung im Sinne der Art 19 iVm 20 Abs 1 B-VG, vgl. VfSlg 8215/1977)[,] aber unter staatlicher Aufsicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ihres Verwaltungshandelns.

[…] Demokratische Legitimation

Zumindest jenes Organ des Selbstverwaltungskörpers muss über eine demokratische - das heißt aus der Mitte seiner Angehörigen - Legitimation verfügen, welches das oberste Organ dieses Selbstverwaltungskörpers ist. Die demokratische Bestellung der Organe entspricht einem Kerngedanken der Selbstverwaltung (vgl. VfSlg 13.500/1993).

In diesem Sinne differenziert auch VfSlg 17.023, wonach der nicht demokratisch legitimierten Geschäftsführung (des Hauptverbandes) nur jene Aufgaben zukommen, die von den Selbstverwaltungsorganen an das 'Büro' übertragen werden. Es steht in Widerspruch zu Art 19 iVm Art 20 Abs 1 B-VG, Aufgaben der Hoheitsverwaltung - wie etwa die Erlassung von Verordnungen - durch einfaches Gesetz einem Organ zu übertragen, das auf Grund seiner organisatorischen Stellung kein entsprechend weisungsgebundenes Organ der Staatsverwaltung, sondern das Organ eines Selbstverwaltungskörpers ist, als solches aber weder als Organ der Selbstverwaltung demokratisch legitimiert noch an Weisungen eines demokratisch legitimierten Organs der Selbstverwaltung gebunden ist.

In ihrer rechtlichen Qualität handelt es sich bei Selbstverwaltungskörpern um juristische Personen des öffentlichen Rechts, welche ex lege eingerichtet werden und nicht der freien Disposition ihrer Angehörigen unterliegen.[…]

[…] Prinzip der Subsidiarität

Mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben nicht nur durch staatliche Organe, also Bund und Länder, sondern auch von Einrichtungen der Selbstverwaltung, wird klar zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber Staatsaufgaben auf allen Ebenen durch Dezentralisierung und Mitbestimmung im Rahmen der Selbstverwaltung und Selbstorganisation der Gesellschaft verwaltet wissen will und somit zur Belebung der Demokratie, aber auch zur Staatsentlastung beiträgt. In dieser Hinsicht ersetzt die Organisationsform der Selbstverwaltung die sonst in Betracht kommende Aufgabenbesorgung durch staatliche Organe. Ein solches Subsidiaritätsprinzip[…] ist auch im EU-Vertrag verankert.

[…] Weisungsfreiheit

Selbstverwaltungskörper sind bei der Besorgung eigener Aufgaben nicht an die Weisungen staatlicher Behörden gebunden, sondern weitgehend unabhängig. Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit der Verwaltungsorganisation stehen im Mittelpunkt der Selbstverwaltung[…]. Der Staat zieht sich auf eine Aufsichtsfunktion zurück. Diese Unabhängigkeit ist eine notwendige Voraussetzung für die eigenverantwortliche Tätigkeit der Selbstverwaltungskörper.

[…] Finanzielle Selbständigkeit

Selbstverwaltungskörper verfügen kraft eigener Einnahmen (gesetzliche Beitragspflicht der Mitglieder) über finanzielle Selbständigkeit (nun Art 120c Abs 3 B-VG). Nach dem auch für Selbstverwaltungskörper geltenden Effizienzprinzip haben diese die ihnen zugewiesenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu besorgen.

[…] Pflichtmitgliedschaft

Dem Gesetzgeber kommt hinsichtlich 'Zusammenfassung' von bestimmten Personen ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Allerdings dürfen Selbstverwaltungskörpern jeweils nur solche Personen angehören, die auf Grund gleichgerichteter und gleichartiger Berufsausübung über eine ähnliche Interessenslage verfügen.[…] Die Zuordnung hat anhand objektivierter, am Gleichheitssatz messbarer Kriterien zu erfolgen.[…] Entscheidendes Sachlichkeitskriterium ist dabei die 'Interessenparallelität', also der Umstand, dass die zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen gewichtige gemeinsame Interessen in beruflicher, sozialer, wirtschaftlicher oder in sonstiger relevanter Hinsicht haben[…].

[…] Bedeutung der Selbstverwaltung

Auf die staatspolitische Bedeutung der Kammern hat Karl Korinek in seiner Abhandlung 'Die staatsrechtliche und staatspolitische Bedeutung der gesetzlichen Arbeitnehmervertretungen'[…] hingewiesen und zeigte gleichzeitig das sozialpolitische Spannungsfeld zwischen der absoluten und unteilbaren Gewalt des Souveräns und einer pluralistisch gegliederten Gesellschaft bzw. des strukturierten Systems der Interessenvertretung auf. Sie kann nicht nur vom Staat her, sie muss auch nach ihrer Interessengliederung verstanden und repräsentiert werden.

Es ist zunächst auf bestehende Formen und Aufgaben der Selbstverwaltungskörper in Österreich hinzuweisen und ein Vergleich mit anderen - nicht verfassungsrechtlich bzw. gesetzlich normierten - Einrichtungen anzustellen.

[…] Formen der Selbstverwaltung

In der österreichischen Rechtsordnung finden sich unterschiedlich gestaltete Selbstverwaltungskörper:

- Die territoriale Selbstverwaltung, dh die Gemeindeselbstverwaltung als ausgeprägteste Form der Selbstverwaltung, sowie

- die sonstige Selbstverwaltung iSd fünften Hauptstückes des B-VG, die sich anders als die territoriale Gemeindeselbstverwaltung auf einen bestimmten Personenkreis bezieht, dessen Angelegenheiten durch einen Selbstverwaltungskörper verwaltet werden, insbesondere die

- soziale Selbstverwaltung, dh Sozialversicherung (Gebietskrankenkassen, Betriebskrankenkassen, (Sozial-Versicherungsanstalten, Pensionsversicherungsanstalten, Unfallversicherungsanstalten),

- wirtschaftliche und berufliche Selbstverwaltung (Wirtschaftskammern, die Kammern für Arbeiter und Angestellte, die Landwirtschaftskammern und die Landarbeiterkammern). Zu den beruflichen Selbstverwaltungen gehören ua die Rechtsanwaltskammern, Notariatskammern, Patentanwaltskammern, Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Ingenieurkammern, Ärztekammern, Apothekerkammer, Zahnärztekammer, Tierärztekammern sowie Hebammengremien,

- 'sonstige funktionale Selbstverwaltung' [(]wie Jägerschaften und Jagdverbände, Fischereiverbände etc.).

Zur unterschiedlichen Ausgestaltung des jeweiligen Wirkungskreis[es] der Selbstverwaltungskörper führt der VfGH in seinem Erkenntnis G222/02 vom […] aus: Es liegt zB bei den Selbstverwaltungseinrichtungen der freien Berufe typischerweise auch in der Normierung der Rahmenbedingungen für die berufliche Tätigkeit, wie zB in der Erlassung verbindlicher Berufsausübungsregeln, bei den beruflichen Vertretungen der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber hingegen vornehmlich in der Vertretung der beruflichen Interessen der Kammermitglieder gegenüber den Staatsorganen und gegenüber dem sozialen Gegenspieler.

[…] Unterscheidung zu anderen Institutionen

Wie auch schon Korinek hinwies[…], ist es wichtig, sich der Unterschiede gegenüber der Interessenvertretung durch private Verbände bewusst zu sein:

- Private Verbände sind eine freie Schöpfung der Bürger; Selbstverwaltungskörper (wie Gemeinden, Kammern oder Sozialversicherungsträger) sind eine Schöpfung des Staates. Sie sind organisatorisch und funktionell aus dem Staat im engeren Sinn ausgegliedert und daher organisatorisch selbständig und funktionell unabhängig, in ihrer rechtlichen Fundierung aber dennoch als rechtliche Geschöpfe des Staates zu sehen.

- Private Verbände beruhen auf der Vereinsfreiheit; die Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern hat mit der Vereinsfreiheit nichts zu tun (weshalb auch ihre Einrichtung die Vereinsfreiheit nicht verletzt); sie beruht vielmehr auf der Organisationsgewalt des Staates.

- Die Bürger können ihre Interessen in voller Freiheit kollektivieren; der Staat hat nur öffentliche Interessen zu verfolgen; er kann daher Selbstverwaltung nur zur Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Interessen einrichten und ist bei ihrer Ausgestaltung an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Sachlichkeitsgebot gebunden.

- Private Verbände haben nicht die Aufgabe, das Gemeinwohl zu verwirklichen, sie müssen es gemäß den Gesetzen bloß respektieren; Selbstverwaltungskörper sind demgegenüber stets dazu berufen, in ihrem Wirkungsbereich das ihnen anvertraute Teilstück des Gemeinwohls zu realisieren:

- etwa die die Selbstverwaltungsangehörigen betreffenden

- öffentlichen Aufgaben zu besorgen

- oder dem Staat spezifischen Sachverstand zur Verfügung zu stellen,

- an der Kreation von Staatsorganen mitzuwirken, indem sie Personen für staatliche Aufgaben namhaft machen, die sachverständig und in Kenntnis der spezifischen Interessen 'ihrer' Gruppe tätig sein können,

- oder die gemeinsamen Interessen der in ihnen zusammengefassten Mitglieder gegenüber anderen Interessengruppen oder gegenüber dem Staat zu vertreten; wohlgemerkt: die gemeinsamen Interessen, die aufgrund eines Interessenausgleichs zwischen den Interessen aller Mitglieder zu finden sind […], nicht bloß die Interessen jener, die sich freiwillig zu einer bestimmten Vereinigung zusammengeschlossen haben.

Die Selbstverwaltungskörper sind somit von selbständigen Einrichtungen so genannten 'ausgegliederte Einrichtungen' außerhalb der Bundesverwaltung oder beauftragte Unternehmen ebenso zu unterscheiden, wie von privaten Firmen (auf Gewinn ausgerichtete Unternehmen) oder Vereinen, die Leistungen der sozialen Sicherheit anbieten. Bei den zuerst erwähnten Einrichtungen handelt es sich um die Umwandlung in eine rechtlich selbständige Anstalt oder in eine Gesellschaft nach allgemeinem Gesellschaftsrecht. Finanzierungs- und Steuerungsbeziehungen zum jeweiligen fachlich zuständigen Bundesministerium bleiben in der Regel weiter bestehen.

Sie sind in ihrer Struktur mit einem selbstverwaltenden System nicht vergleichbar. Sie unterliegen keinem allzu großen staatlichen Einfluss, wie etwa der gesetzlichen Reglementierungen bzw. einem Aufsichtsrecht.

[…] Beispiele für Aufgaben aus dem eigenen Wirkungsbereich

[…] Gemeindeselbstverwaltung

Bei der Gemeinde handelt es sich um eine Gebietskörperschaft mit Recht auf Selbstverwaltung für ein bestimmtes Gebiet. Sie verfügt über die rechtliche Anordnungsbefugnis in Hinsicht auf alle Menschen, die im Gemeindegebiet dauerhaft ansässig sind, sowie über eine umfassende Zuständigkeit hinsichtlich aller die örtliche Gemeinschaft betreffenden Angelegenheiten[…]. Zu den Aufgaben der autonomen Gemeindeselbstverwaltung - als Errungenschaft der bürgerlichen Revolution - gehören nach der Generalklausel des Art 118 Abs 2 B-VG alle örtlichen Angelegenheiten, insbesondere Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde, örtliche Straßenpolizei; örtliche Gesundheitspolizei, insbesondere auch auf dem Gebiet des Hilfs- und Rettungswesens sowie des Leichen- und Bestattungswesens, etc. Diese Angelegenheiten liegen im ausschließlichen und überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft und sind geeignet, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden.

So gewährleisten beispielsweise Maßnahmen der Straßenpolizei allgemein die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs. Die in der Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) geregelte Straßenpolizei ist in der Gesetzgebung Bundessache, in der Vollziehung Landessache (Art11 Abs 1 Z 4 B-VG). Die örtliche Straßenpolizei ist jedoch jener Teil der Straßenpolizei, welcher im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet ist, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Im Übrigen kann ein überwiegendes Interesse auch dort bestehen, wo überörtliche Interessen berührt werden. Im Rahmen der straßenpolizeilichen Aufgaben der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich erlässt diese - unter Berücksichtigung verschiedenster Interessen und deren Abwägung - Verordnungen oder Bescheide. Diesen behördlichen Akten haben ordentliche Ermittlungsverfahren vorauszugehen. Sie dürfen nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen.

Dennoch können beispielsweise Maßnahmen der örtlichen Straßenpolizei, zB jene, die den ruhenden Verkehr betreffen, weitreichende Folgen (zB Verlagerungseffekte) außerhalb des Anwendungsbereiches der Gemeinde haben.

Es wirken sich gemeindebehördliche Handlungen somit auch auf Angelegenheiten oder Personen aus, die außerhalb des Ortsgebiets bzw. der jeweiligen Selbstverwaltung stehen und somit bloße Reflexwirkung auf zB jene, die die Gemeindestraßen benützen.

[…] Soziale Selbstverwaltung:

Aufgabe der sozialen Selbstverwaltung ist die autonome Organisation der Vollziehung der gesetzlich geregelten Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung von der Beitragseinhebung bis zur Leistungserbringung im Sinne der Sozialversicherungsgesetze. Im Rahmen der Vollziehung der Sozialversicherungsgesetze haben die Versicherungsträger für Versicherungsverhältnisse und Leistungsverhältnisse die im Gesetz vorgesehenen generellen Verwaltungsakte, als auch individuelle Verwaltungsakte zu setzen (Satzungen, Verordnungen, Bescheide).

So können Richtlinien oder Satzungen beispielsweise direkt in das Versicherungs- und auch Leistungsverhältnis eingreifen (z.B. für welche Heilbehelfe bzw. in welchem Höchstausmaß ein Kostenzuschuss erfolgt, über den Leistungskatalog, die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen, etc.)[.]

Es [wird] damit zunächst die Rechtsstellung des Versicherten gestaltet, aber auch in Rechtssphären Dritter eingegriffen, z.B. Hersteller des Heilbehelfes, der/des die Leistung erbringenden Ärztin/Arztes […].

[…] Vergleich mit anderen Selbstverwaltungskörpern freier Berufe

Eine weitgehend idente Rechtslage mit jener der österreichischen Ärztekammer besteht etwa auch bei der gesetzlichen beruflichen Vertretung der Rechtsanwälte. Auch die Liste der Rechtsanwälte wird im eigenen Wirkungsbereich geführt (§§5 ff iVm § 23 Abs 5 Rechtsanwaltsordnung [RAO]). Jeder Bewerber, der die Rechtsanwaltschaft erlangen will, hat gemäß § 5 Rechtsanwaltsordnung (RAO) beim Ausschuss der Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel er seinen Kanzleisitz nimmt, seine Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu erwirken. Diese Eintragung ist gemäß § 1 RAO unbedingte Voraussetzung dafür, um in Österreich als Rechtsanwalt tätig sein zu können. Darüber hinaus hat auch die Rechtsanwaltskammer absolut vergleichbar mit der Ärztekammer die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben gemäß § 23 Abs 5 Rechtsanwaltsordnung (RAO) im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.

In diesem Sinne weisen auch die Materialien zum Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 - BRÄG 2010, BGBl I 2009/141, RV 483 BIgNR 24. GP, 4, zutreffend auf den Punkt hin: 'Als Beispiel sei etwa die Eintragung in die oder die Streichung von der Liste der Rechtsanwälte genannt. Diese ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Rechtsanwaltskammern hat zwangsläufig Reflexwirkungen auf Dritte, weil nur in die Liste eingetragene Personen als Rechtsanwalt tätig werden dürfen. Unmittelbare Rechte und Pflichten von Personen, die von jenem Personenkreis verschieden sind, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt (VfSlg 17.023/2003, S 674, und VfSlg 17.869/2006, S 886 f.), werden damit aber nicht begründet.' Dazu sei angemerkt, dass in der bisherigen Judikatur des VfGH bislang auch gegen die Bestimmungen zur Führung der Liste im eigenen Wirkungsbereich der Rechtsanwaltskammern keine Bedenken entstanden sind (siehe dazu etwa VfSlg 9230/1981 und 14.237/1995).

Im Erkenntnis des VfGH B2450/94 (VfSlg 14.237/1995, Mitgliedschaft Rechtsanwälte) vom wird unter Pkt 2.1.3 ausgeführt, dass der VfGH hinsichtlich der im Verfahren behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§5, 23 und 33 Abs 2 RAO, welche damit begründet wurde, dass Gesetze, die die Ausübung des Anwaltsberufes von der Zugehörigkeit zu einer Rechtsanwaltskammer und damit von deren Zuständigkeit zur Ausübung der Disziplinargerichtsbarkeit abhängig machen, mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung unvereinbar seien, keinen Anlass zur näheren Untersuchung sah. Der VfGH verwies vielmehr auf das Erkenntnis VfSlg 11065/1986, in dem er schon damals darlegte, dass gegen § 5 RAO unter dem Blickwinkel der Zwangsmitgliedschaft keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Diese Überlegungen sind auch für die §§23 und 33 Abs 2 RAO maßgeblich.

Mit seinem Erkenntnis B611/80 vom sprach der VfGH aus, dass das durch Art 18 StGG geschützte Recht, welches die Freiheit, ohne Behinderung oder Beschränkung durch eine österreichische Rechtsnorm einen Beruf zu wählen und sich für ihn auszubilden[,] umfasst (vgl. zB VfSlg 8037/1977 und die dort zitierte Vorjudikatur), durch § 5 Abs 2 RAO nicht behindert oder beschränkt werde. Bei der unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles verfassungsgesetzlichen Unbedenklichkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur durch eine willkürliche Gesetzeshandhabung verletzt worden sein (vgl. zB VfSlg 8428/1978), im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) nur dann, wenn bei Erlassung des Bescheides eine gesetzliche Bestimmung in denkunmöglicher Weise angewendet wurde (vgl. zB VfSlg 7440/1974).

Ähnlich gestaltet sich die Situation auch bei der Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten. Gemäß § 2 Abs 1 Ziviltechnikerkammergesetz (ZTKG) sind die Länderkammern berufen, innerhalb ihres örtlichen Wirkungsbereiches die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Ziviltechniker wahrzunehmen und zu fördern, für die Wahrung des Standesansehens zu sorgen und die Erfüllung der Berufspflichten der Ziviltechniker zu überwachen. Diese generell genannten Aufgaben sind gem. § 2 Abs 2 ZTKG als solche des selbständigen Wirkungsbereiches anzusehen, wobei insbesondere das Führen des Verzeichnisses der Ziviltechniker und der Ziviltechnikergesellschaften ausdrücklich im Gesetz als eine Aufgabe des selbständigen Wirkungsbereiches normiert ist.

[…] Anwendung der bekämpften Bestimmungen

Aus der bisher dargestellten Systematik und Charakteristik der Selbstverwaltung ergibt sich, dass Selbstverwaltung als Form dezentralisierter mittelbarer Verwaltung[…] die Erfüllung selbständig wahrzunehmender öffentlicher Aufgaben, teilweise auch unter Hoheitsgewalt, durch den als Selbstverwaltungskörper eingerichteten Rechtsträger bedeutet. Ihr wesentlichstes Merkmal [liegt darin], dass die Verwaltung durch eigene Rechtsträger ('Selbstverwaltungskörper') weisungsfrei (Artikel 120b[…] Abs 1 B-VG) und im Rahmen der Gesetze besorgt wird.

Der Selbstverwaltungskörper übernimmt somit bestimmte Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, die nicht von staatlichen Behörden wahrgenommen werden, sondern von Personen (Organen), die von den Mitgliedern des Selbstverwaltungskörpers direkt oder indirekt gewählt werden.

Die nichtterritoriale Selbstverwaltung ist (anders als die territoriale Gemeinde-selbstverwaltung) jeweils auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, dessen Angelegenheiten (öffentliche Aufgaben) durch die im jeweiligen Selbstverwaltungskörper 'zusammengefassten Personen' verwaltet [werden].

Dazu gehören Angelegenheiten wie die Wahrung der gemeinsamen Interessen aller in Österreich tätigen Ärztinnen und Ärzte. Es handelt sich dabei um ein subjektives Interesse, in tatsächlicher[,] wirtschaftlicher, finanzieller, kultureller, sozialer sowie sonstiger Hinsicht[…]. Darüber hinaus die Wahrung des ärztlichen Berufs- und Standesansehen[s] und der ärztlichen Berufs- und Standespflichten zu sorgen bzw. die Verwirklichung des Gemeinwohls hinsichtlich ihrer Mitglieder. Dazu zählen auch die Eintragung in die Berufsliste, sowie die Führung von Verfahren der Eignungsvermittlung für die Berufsanwärter und auch die Befugnis, bei Streitigkeiten zwischen Berufsangehörigen vor Einbringung einer gerichtlichen Klage eine Schlichtung zu versuchen.

[…] Mitgliederkreis

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist dem VwGH, der sich auf das Erkenntnis vom , VfSI[g]. 178[6]9 und die darin aufgezeigten verfassungsrechtlichen Schranken, insbesondere, dass die Selbstverwaltung auf einen gewissen Personenkreis beschränkt sei und durch Rechtsakte von Organen eines Selbstverwaltungskörpers nicht unmittelbar Rechte und Pflichten von Personen begründet werden dürfen, die von jenem Personenkreis verschieden sind, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt, beruft, entgegenzuhalten:

Die Pflichtmitgliedschaft zählt zum Wesensmerkmal der im Bereich der Selbstverwaltung errichteten Kammern[…]. Ebenso wie bei der Gemeindeverwaltung in örtlicher Hinsicht, ist daher die sonstige Selbstverwaltung, insbesondere die berufliche Selbstverwaltung, auf einen zum Zwecke der Durchsetzung und Unterstützung ihrer eigenen (beruflichen) Interessen organisatorisch zusammenfassten Personenkreis abzugrenzen. Vgl. dazu auch schon Pernthaler[…], wonach das Organisationsmerkmal 'Körperschaft öffentlichen Rechts mit gesetzlich festgelegter Pflichtmitgliedschaft aller Angehörigen der betreffenden Berufsgruppe' zum eigentlichen Kernbereich der Verfassungsbegriffe 'Kammer' bzw. 'gesetzliche berufliche Vertretung' gehöre.

Die Pflichtmitgliedschaft als Wesensmerkmal eines Selbstverwaltungskörpers kommt nunmehr - wie in den Erläuterungen ausgeführt wird - auch im Wortlaut des Art 120a Abs 1 B-VG ('zusammengefasst werden') zum Ausdruck (s. AB 370 BIgNR 23. GP, 5).

Die nun in Prüfung stehenden Bestimmungen betreffen allesamt die Frage, wer unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben, in den Mitgliederkreis aufgenommen oder ausgeschlossen, somit wie der Personenkreis des Selbstverwaltungskörpers 'zusammengefasst' wird.

Zur Frage, welche Personen in einem Selbstverwaltungskörper zusammenzufassen sind, bestehen keine verfassungsrechtlichen Vorgaben und es liegt somit im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, welche Personen er zu einem Selbstverwaltungskörper zusammenschließt. Dieser ist nach dem Sachlichkeitsgebot durch objektive und sachlich gerechtfertigte Momente abzugrenzen. Entscheidendes Sachlichkeitskriterium ist dabei die Interessensparallelität, also der Umstand, dass die zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen gewichtige gemeinsame Interessen in beruflicher, sozialer, wirtschaftlicher oder in sonstiger relevanter Hinsicht haben. Keineswegs ausgeschlossen ist die Zusammenfassung von Personen mit überwiegend gemeinsamen, teilweise aber auch divergierenden Interessen, ganz im Gegenteil, je differenzierter die Interessenlage innerhalb einer Personengruppe, umso größer ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers[…].

Die Kriterien des Personenkreises (Ärzte und Ärztinnen), der im Selbstverwaltungskörper 'zusammenzufassen' ist (Ärztekammern in den Bundesländern und der österreichischen Ärztekammer vgl. §§65 ff sowie 117 ff Ärztegesetz), sind auf gesetzlicher Ebene ausreichend vorgegeben (vgl. § 4 Ärztegesetz).

Auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung zur Mitgliedschaft handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Rechtspflicht und ist nicht durch private rechtsgeschäftliche Verfügung begründet. Die Mitgliedschaft in einem Selbstverwaltungskörper wird durch Hoheitsakt begründet[…]. Die Eingliederung betroffener Personen in einen Selbstverwaltungskörper erfolgt somit nicht durch Willensentschluss jedes Einzelnen, sondern letztlich durch einen der Selbstverwaltung überlassenen Hoheitsakt auf Basis der gesetzlich determinierten Voraussetzungen. Die Setzung dieser Hoheitsakte stellt somit in Abgrenzung zu freiwilligen Vereinigungen, die nicht hoheitlich tätig sind, ein wesentliches Strukturelement und sohin die 'Bestellung' - mit den Worten des Verfassungsgesetzgebers ausgedrückt: die 'Zusammenfassung' - der im Selbstverwaltungskörper vertretenen Personen dar.

Deshalb stellen Verfahren zur Eintragung in die Berufsliste und damit im Zusammenhang stehende Fragen, wie die Beurteilung gesetzlich vorgegebener Kriterien, ein zentrales Element der Selbstverwaltung dar. Die Mitgliedschaft bei der Ärztekammer ist eine zwingende Konsequenz aus der Angehörigkeit zum Ärztestand und der Tätigkeit als Arzt/Ärztin. Die ärztliche Tätigkeit ist zwingend an eine Kammermitgliedschaft gebunden. Eine besondere und eindeutige Gruppenbezogenheit ist gegeben.

Führt die österreichische Ärztekammer daher Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste betreffend die in einer Landesärztekammer zusammengeschlossenen Ärztinnen und Ärzte (vgl. § 68 Ärztegesetz), dann entscheidet sie insoweit nicht über außenstehende Personen, sondern vielmehr über Personen, die durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern im Sinne des Art 120a[…] Abs 1 B-VG 'zusammengefasst' werden und dasselbe Interesse verfolgen.

Ein relevanter Bezug zum Mitgliederkreis ist laut Rechtsprechung des VfGH[…] auch dann noch gegeben, wenn man etwa aus Altersgründen seine mitgliedschaftsbegründende Tätigkeit bereits beendet hat. Wie schon […] erwähnt, ist aus der Entfaltung einer 'Nachwirkung' für ehemalige Kammermitglieder im umgekehrten Weg quasi eine 'Vorwirkung' für künftige Kammermitglieder, als zukünftig[e] Angehörige der Leistungsgemeinschaft der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretung zugehörend, zu sehen.

Die Führung der Ärzteliste ist in dem Zusammenhang in toto zu sehen. Eine Aufsplittung der Bestimmungen zur 'Führung der Ärzteliste', dh einzelne Bereiche herauszunehmen bzw. dem eigenen Wirkungsbereich zu entziehen (zB Eintragung in die Ärzteliste), ist aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich und aus verwaltungsökonomischer Sicht nicht sinnvoll.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass die Frage, wer zum Personenkreis des Selbstverwaltungskörpers gehört, ureigenstes Interesse des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers ist. In diesem Sinne steht die Führung der Liste (Eintragung/Austragung bzw. Streichung) von ärztlichen Berufsangehörigen im unmittelbaren Zusammenhang zu ihrem personellen Substrat (Pflichtmitglieder). Sie obliegt der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretung im eigenen Wirkungsbereich[…], dh in Autonomie, frei von Weisungen.

Es handelt sich dabei letztendlich um den Akt der 'Zusammenfassung' schlechthin und nicht um eine bloß zu verwaltende Angelegenheit des Selbstverwaltungskörpers. Weist die aus einer gesetzlich grundgelegten 'Zusammenfassung' von Personen entstandene juristische Person öffentlichen Rechts diese Wesensmerkmale (insbesondere Pflichtmitgliedschaft) auf, handelt es sich um einen Selbstverwaltungskörper. Fehlt auch nur ein Wesensmerkmal, ist der geschaffene Verwaltungsträger kein Selbstverwaltungskörper mehr, sondern allenfalls eine herkömmliche juristische Person öffentlichen Rechts[…].

Es ist keine Frage, dass mit der Änderung der vom VwGH beanstandeten Bestimmungen hinsichtlich Führung der Ärzteliste die Ärztekammern in ihren Kompetenzen weitgehend geschwächt würden, könnten sie diesfalls doch ihren Mitgliederkreis innerhalb der eng gesteckten gesetzlichen Grenzen nicht mehr selbst bestimmen, sondern würden, wenn die Listenführung zB im übertragenen Wirkungsbereich erfolgen müsste - im Rahmen des übertragenen Wirkungsbereiches liegt dann keine Selbstverwaltung vor[…] - ihre Mitglieder nur mehr über staatliche Weisung 'zusammengefasst' werden können. Dh der Selbstverwaltungskörper könnte seine Tätigkeit, die Vertretung der gemeinsamen Interessen der in ihm zusammengefassten Mitglieder gegenüber anderen Interessengruppen oder gegenüber dem Staat, nur insoweit entfalten, als der Staat bzw. der zuständige Bundesminister diesem Mitglieder zuweisen würde. Dies widerspricht eindeutig dem Grundgedanken der Selbstverwaltung und würde, wie Korinek es angesprochen hat, einer pluralistisch gegliederten Gesellschaft entgegenwirken bzw. das strukturierte System der Interessenvertretung beeinträchtigen und schlussendlich zu einer 'Verstaatlichung' des Systems führen; dies nicht nur in politischer, sondern auch finanzieller Hinsicht (die Ärztekammern bestreiten ihre Aufgaben aus finanziellen Mitteln ihrer Mitglieder) und somit der verfassungsrechtlich garantierten Autonomie der Selbstverwaltung entgegenstehen.

Die Möglichkeit eines staatlichen Eingriffs im Sinne von Weisungen des Bundesministers hinsichtlich der Aufnahme/Nichtaufnahme von Mitgliedern würde somit einen eklatanten Verstoß gegen die oben erwähnten verfassungsrechtlichen Garantien darstellen.

Zudem erhebt sich die Frage, ob das allgemeine Sachlichkeitsgebot dem Abbau der Selbstverwaltung Schranken setzt, insbesondere wäre ein zwischen den Bereichen unsachlich differenzierender Abbau verfassungswidrig und bedürften auch nichtdiskriminierende Deregulierungen einer sachlichen Rechtfertigung.

[…] Wirkungsbereich

Auch die Ausführungen des VwGH, dass mit der Prüfung, ob eine Eintragung in die Ärzteliste erfolgt, nicht bloß überwiegende Interessen der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Mitglieder, sondern in zumindest gleicher Intensität allgemeine öffentliche Interessen der gesamten Bevölkerung beeinträchtigt würden und damit die von der österreichischen Ärztekammer im Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste zu entscheidende Angelegenheit über die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen […] hinausgehe, treffen aus folgenden Gründen nicht zu:

Zunächst ist nochmals, wie soeben ausgeführt, festzustellen, dass es sich bei der Führung der Ärzteliste […] und der damit im Zusammenhang stehenden Eintragung bzw. Streichung um den eigentlichen Akt der 'Zusammenfassung' der Pflichtmitglieder handelt. Zweck der Zusammenfassung von Personen zu einem Selbstverwaltungskörper ist die selbständige Wahrnehmung eigener, nämlich solcher öffentlicher Aufgaben, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der 'zusammengefassten' Personen gelegen und geeignet sind, durch diese Personen gemeinsam besorgt zu werden.

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass es sich bei der österreichischen Ärztekammer um einen gesetzlich eingerichteten Selbstverwaltungskörper - in Abgrenzung von privaten Vereinen oder vom Staat beliehenen Einrichtungen - handelt, der organisatorisch und funktionell aus dem Staat im engeren Sinn ausgegliedert und daher organisatorisch selbständig und funktionell unabhängig fungiert. Der österreichischen Ärztekammer obliegt somit, das ihr anvertraute Teilstück des Gemeinwohls zu realisieren bzw. öffentliche Aufgaben, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Ärztinnen und Ärzte gelegen sind, zu besorgen. Die Übertragung dieser Aufgaben auf den beruflichen Selbstverwaltungskörper beruht auf der Erkenntnis, dass die Problemlösung durch die Angehörigen des freien Berufes selbst die effektivste Form der Steuerung darstellt. Daraus resultiert auch ein sachgerechtes Vorgehen mit Interessens-konflikten. Der Selbstverwaltungskörper darf sich aber nicht nur am Interesse der eigenen Berufsgruppe, sondern muss sich immer auch am Interesse der Allgemeinheit orientieren. Selbstverwaltungskörper haben im Rahmen ihrer Tätigkeit die bestehenden Gesetze und Vorschriften einzuhalten sowie die Verpflichtung[,] das Gemeinwohl zu realisieren. Der Staat zieht sich auf eine Aufsichtsfunktion zurück und kann im Rahmen des Aufsichtsrechts ohnedies rechtswidrige Beschlüsse und Verordnungen aufheben. Erforderlich ist somit die Einrichtung einer staatlichen Rechtsaufsicht als Substitut der Weisungsbindung - gewissermaßen als 'Legitimation von oben' - und die binnendemokratische Organisation, im Besonderen durch Wahlen der leitenden oder mit 'wesentlichen' Aufgaben betrauten Organe, als 'Legitimation von unten'.[…] In diesem Zusammenhang ist auf das umfangreiche Aufsichtsrecht im Ärztegesetz, vgl. §§195 ff leg. cit[.] hinzuweisen.

Die Österreichische Ärztekammer hat, wie auch andere Kammern der freien Berufe, beispielsweise die Kammern der Rechtsanwälte bzw. der Ziviltechniker, ein berechtigtes Interesse daran, dass nur geeignete Personen - seien es RechtsanwältInnen, ÄrztInnen oder ZiviltechnikerInnen - Kammerangehörige sind und damit beruflich tätig werden. In dem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Österreichische Ärztekammer die Berufsaufsicht über die dem Ärztestand angehörenden Ärztinnen und Ärzte führt und die gleichbleibend hohe Qualität der freiberuflichen Leistungen sicherstellt. Die Österreichische Ärztekammer vermittelt, schlichtet und ahndet Verstöße gegen berufsethische Standards und gesetzliche Vorschriften.

Unbestritten ist, dass die Ärztin/der Arzt ihre/seine Tätigkeit in einem hochsensiblen Bereich, nach ihrem/seinem besten Wissen und Gewissen, nach Absolvierung einer umfassenden, gesetzlich normierten Aus- und Weiterbildung ausübt. Im Rahmen ihrer/seiner ärztlichen Tätigkeit und des mit den Patientinnen/Patienten abgeschlossenen Behandlungsvertrages hat die Ärztin/der Arzt zahlreiche Berufsausübungsvorschriften einzuhalten. Ärztinnen und Ärzte haben das Wohl der (des) Kranken und den Schutz der (des) Gesunden zu achten. Sie sind unter anderem verpflichtet, ihre Patientinnen und Patienten unter Einhaltung der fachspezifischen Qualitätsstandards zu betreuen, sich regelmäßig fortzubilden sowie die bestehenden Vorschriften einzuhalten.

Die Erbringung von Leistungen im Rahmen der freien Berufe, insbesondere der Ärztin/des Arztes, erfolgt aber in eigener Person und Verantwortlichkeit, dh in Entscheidungsfreiheit und in wirtschaftlicher Selbständigkeit.

Das persönliche Element der Leistungserbringung sowie die Freiheit der Berufsausübung stehen somit im Vordergrund. Dies ist nur dann möglich, wenn der Arzt/die Ärztin vom Staat unabhängig, verschwiegen und frei von Interessenkonflikten ist. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn der Arzt/die Ärztin Mitglied eines Selbstverwaltungskörpers ist und nicht unmittelbar Weisungen vom Staat oder des Bundesministers erhält. Die Begrenzung staatlicher Autorität ist somit als entscheidender Aspekt der in der Selbstverwaltung zusammengeschlossenen Ärztinnen und Ärzte anzusehen.

[…] [E]igenes bzw. überwiegendes Interesse - Reflexwirkung

Wie der VwGH ausführt, werden durch die Eröffnung der ärztlichen Berufsausübung auch die allgemeinen öffentlichen Interessen betroffen, '[…] insbesondere, dass nur Personen, welche die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit und gesundheitliche Eignung aufweisen, als Ärzte tätig sind'.

Hierzu ist vorerst festzuhalten, dass ein Maß besonderer Verantwortung für die Allgemeinheit der Tätigkeit von Ärztinnen/Ärzten - auch als Angehörige(r) eines freien Berufes - durch ihre grundsätzlich-ethische Berufsauffassung (Berufsethos) immanent ist, sie verfügen über ein spezifisches Vertrauensverhältnis zum Patienten/Klienten, sind aber im Gegensatz dazu durch entsprechende persönliche wie sachliche Berufsunabhängigkeit ausgezeichnet. Dabei handelt es sich um wesentliche Prinzipien von Personen, die einem [f]reien Beruf zuzuordnen sind.

Dennoch obliegt es der Österreichischen Ärztekammer zu beurteilen, ob eine Ärztin/ein Arzt bei der Ausübung des ärztlichen Berufes den Berufspflichten nach jeder Richtung entspricht[…] bzw. über die zur Berufsausübung notwendige gesundheitliche Eignung verfügt. Es handelt sich dabei um die persönliche Eignung der Ärztin/des Arztes. Zur Ansicht, dass die gesundheitliche Eignung der Beschwerdeführerin als eine im Sinne des § 4 Abs 2 Z 4 Ärztegesetz 1998 für die ärztliche Berufsausübung erforderliche Voraussetzung nicht vorliegt, gelangte die Österreichische Ärztekammer auch in dem dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Verfahren. In diesen Verfahren kommt das berufsständische bzw. berufskollektive Element[…] der Ärzteschaft zum Ausdruck.

Durch die Führung der Ärzteliste bzw. Eintragung/Nichteintragung [in die] Ärzteliste werden naturgemäß unmittelbar Rechtspositionen von Ärztinnen/Ärzten (und primär nicht der Allgemeinheit) gestaltet bzw. geändert.

In diesen Fällen hat die Ärztin/der Arzt - freilich nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Regeln, kraft individuellen Rechtseingriffs - die Möglichkeit, die ordentlichen Rechtsschutzinstrumente der rechtsstaatlich ausgerichteten Bundesverfassung in Anspruch zu nehmen, also insbesondere nach Erschöpfung des Instanzenzuges Bescheidbeschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu erheben.

Im Weiteren obliegt es den zwischen Ärztinnen/Ärzten und Patientinnen/Patienten abgeschlossenen Behandlungsverträgen, die jeweilige Rechtsposition näher zu bestimmen. Hier haben die Führung der Ärzteliste bzw. die Setzung behördlicher Akte wie die Eintragung in die Ärzteliste unmittelbar Auswirkungen gegenüber den Ärztinnen und Ärzten als Bescheidadressaten, für den Einzelnen bloß eine gewisse Reflexwirkung auf Dritte, weil nur in die Liste eingetragene Personen als Ärztinnen/Ärzte tätig werden dürfen. Unmittelbare Rechte und Pflichten von Personen, die von jenem Personenkreis verschieden sind, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt (VfSlg 17.023/2003, S 674, und VfSlg 17.869/2006, S 886 f.), werden damit aber nicht begründet[…].

Hinzu kommt noch, dass im derzeitigen System der Führung der Ärzteliste öffentliche Interessen bereits jetzt verfassungskonform abgebildet sind. Es werden beispielsweise überwiegende öffentliche Belange geschützt, wenn unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten sind. In diesen Fällen sieht das Ärztegesetz Eingriffsrechte des Landeshauptmannes vor. Dieser kann zur Abwehr konkreter Gefahren für die Gesundheit der Allgemeinheit bei Gefahr in Verzug in Wahrung des öffentlichen Wohles (vgl. § 62 Ärztegesetz) die Ausübung des ärztlichen Berufes (bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens über die Bestellung eines Sachwalters nach § 268 ABGB oder eines Strafverfahrens) untersagen.

Die Führung der Ärzteliste erfolgt daher, wie auch beispielsweise beim freien Beruf des Rechtsanwalts und der mit dieser Berufsgruppe im Zusammenhang stehenden Führung der Berufsliste, zu Recht im eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer. Es liegt somit im ureigensten Interesse der Ärztekammer als gesetzliche berufliche Interessenvertretung (nichtterritoriale Selbstverwaltung), jene Verfahren zu führen, die sich auf das personelle Substrat, die Ärzteschaft, beziehen. Würde man den gegenteiligen Standpunkt vertreten, liefe dies darauf hinaus, dass über den Mitgliederkreis der Ärztekammern nur mehr unter staatlicher Weisungsbindung entschieden werden könnte. Dies würde aber dem grundsätzlichen Gedanken der Selbstverwaltung widersprechen: Denn dieser Grundgedanke lässt nur jene staatliche Ingerenz zu, wie sie im Gebot der sachlichen Abgrenzung des Personenkreises an sich zum Ausdruck kommt[…]. Eine weitere Ingerenz auf jedes einzelne Verfahren zur 'Selbstergänzung oder Änderung' des einmal gesetzlich festgeschriebenen Personenkreises muss in die Autonomie, dh ihren relativ unabhängigen öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereich und damit in den eigenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers fallen, wenn man nicht den Kerngedanken der Selbstverwaltung in Frage stellen möchte[…].

Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus einem Rückgriff auf die eigentliche Ratio der erwähnten Judikaturlinie […], wie sie schon weit vor den hier analysierten Erkenntnissen, nämlich im leading case VfSlg 8215/1977[…], ausgesprochen wurde, sondern auch aus dem Bundesverfassungsgesetz (Art120a B-VG): Der eigene Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers umfasst Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper 'zusammengeschlossenen' Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden[…]. Artikel 120a Abs 2 B-VG normiert: 'Die Republik achtet deren Autonomie', dh ihren relativ unabhängigen öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereich.

In diesem Sinne sind die Ärztekammern als gesetzliche berufliche Selbstverwaltung bzw. als Körperschaften öffentlichen Rechts eingerichtet (vgl. §§65 ff und 117 ff Ärztegesetz). Sie sind zur Vertretung der gemeinsamen Interessen der Kammerangehörigen und zur Wahrnehmung der Belange der Ärzte und Ärztinnen sowie zur Sorge für die Wahrung des ärztlichen Berufsansehens und der ärztlichen Berufspflichten berufen. Die von den Ärztekammern zu vertretenden Angelegenheiten, wie Mitgliederverwaltung, öffentlich-rechtliche Interessensrepräsentation sowie die Vollziehung spezifischer Verwaltungsaufgaben liegen im ausschließlichen oder jedenfalls überwiegenden Interesse der Ärzteschaft und sind geeignet, durch die 'Gemeinschaft der ÄrztInnen' besorgt zu werden. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Besorgung der in den eigenen Wirkungsbereich übertragenen Aufgaben oft (und letztlich selbstverständlich) auch gewisse wirtschaftliche Auswirkungen auf Dritte hat[…].

Neben dem für die Selbstverwaltung wesentlichen eigenen (selbständigen) Wirkungsbereich können Selbstverwaltungskörper durch Gesetz mit der Besorgung von Aufgaben, in denen eine Drittbezogenheit gegeben ist - dh Aufgaben[,] die außerhalb des in der Selbstverwaltung zusammengefassten Personenkreises liegen - betraut werden (übertragener Wirkungsbereich - Artikel 120b Abs 2 B-VG). In diesen Fällen liegt die Parallele zu den in VfSlg 18.548/2008 gegebenen Konstellationen auf der Hand. Derartige Verfahren, wie sie in den §§32, 33 ('Selbständige Berufsausübung aufgrund einer Bewilligung') und 35 Ärztegesetz ('Ärztliche Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken') vorgesehen sind, werden in der bekämpften Bestimmung des § 117b Abs 1 Z 18 Ärztegesetz explizit aus dem eigenen Wirkungsbereich exkludiert und durch § 117c Abs 1 Z 2 und 3 Ärztegesetz dem übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen (zum Umstand, dass es dabei um überwiegende Interessen der Allgemeinheit und nicht um das überwiegende Interesse der Ärzteschaft geht, siehe die Materialien zur hier maßgeblichen 13. Ärztegesetz-Novelle[…]). Die Vollziehung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 sowie der §§9 bis 11 und 13 Ärztegesetz erfolgte ursprünglich durch das Bundesministerium für Gesundheit. Im Rahmen einer Verwaltungsreform/Verwaltungsvereinfachung[…] ging die Zuständigkeit zur Führung der Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 Ärztegesetz auf die Österreichische Ärztekammer über. Diese wurden im Rahmen der 13. Ärztegesetz-Novelle explizit dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet; vgl. § 117c Abs 1 Z 1 und 2 Ärztegesetz.

Im Gegensatz dazu erfolgte die Führung der Ärzteliste, welche als ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Ärztekammer als gesetzliche berufliche Interessenvertretung zu sehen ist, immer schon im eigenen Wirkungsbereich der Ärztekammer, aus eigenen finanziellen Mitteln und ohne Weisungsrecht des Ministers.

Daraus ergibt[…] sich[,] dass die Regelung des § 117b Abs 1 Z 18 Ärztegesetz und die darauf Bezug habenden Regelungen, insbesondere § 59 Abs 3 und § 125 Abs 4 zweiter Satz Ärztegesetz, welche alle im Zusammenhang mit der Führung der Ärzteliste stehen und dem eigenen Wirkungsbereich zuzuordnen sind, verfassungskonform sind. Es werden vom Gesetzgeber in differenzierter Weise nur jene Verfahren dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet, in denen eine eindeutige Drittbezogenheit gegeben ist (Eingrenzung auf jedenfalls unverzichtbare Angelegenheiten).

[…] Zur [d]emokratischen Legitimation der Organe der Selbstverwaltung

Unbestritten verleiht der im Selbstverwaltungskörper 'zusammengefasste' Personenkreis dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche Legitimation, was auch in der mit der B-VG-Novelle BGBl I 2008/2 geschaffenen Bestimmung des Art 120c Abs 1 B-VG zum Ausdruck gebracht wird ('Die Organe der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.').

Die einzelnen Ärzte und Ärztinnen sind Mitglieder der Ärztekammern in den Bundesländern (§§65 ff und vor allem § 68 Abs 1, 2 und 5 Ärztegesetz 1998). Die österreichische Ärztekammer besorgt jene Aufgaben, die über den Wirkungsbereich der einzelnen Ärztekammern hinausgehen (§117a Ärztegesetz 1998). Die Ärztekammern in den Bundesländern sind Mitglieder der österreichischen Ärztekammer (§119 Ärztegesetz 1998). Die Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer besteht aus Vertretern der Landesärztekammern (vgl. § 121 Abs 1 Ärztegesetz). Es entspricht der hM[…], dass es zulässigerweise auch gegliederte Selbstverwaltungskörper, dh 'Verbände höherer Ordnung', geben kann, in denen die demokratische Legitimation des Dachverbandes durch die einzelnen darin zusammengefassten Kammern bewirkt wird. Dies geschieht durch die - hier nicht im Einzelnen darzustellenden - Mitwirkungsrechte von Organen der Ärztekammern in der Österreichischen Ärztekammer (§§120 ff Ärztegesetz 1998), die eine entsprechende Legitimationskette herstellen. In dem Zusammenhang ist auch auf das Erkenntnis des VfGH (VfSlg 17.023) hinzuweisen, wonach die Zulässigkeit der gestuften Skala der Intensität demokratischer Legitimation von den 'basis- bzw. direktdemokratisch' organisierten Rechtsanwaltskammern bis zu den 'repräsentativ-demokratischen' Elementen der 'indirekten Wahl' der Organe der sozialen Selbstverwaltung angenommen wird. Es handelt sich jeweils um die Organisation eines einheitlichen Berufsstandes mit auf allen Ebenen der Selbstverwaltung gleichgelagerten Interessen.

Unbestritten ist, dass sich die Mitglieder eines Selbstverwaltungskörpers permanent ändern bzw. erneuern, indem Ärztinnen/Ärzte ihre Berufsausübung beginnen oder einstellen. Die Möglichkeit der Mitwirkung an der demokratischen Legitimation entsteht, ebenso wie bei anderen Kammern, erst nach Zugehörigkeit zum Selbstverwaltungskörper und endet mit Einstellung der ärztlichen Tätigkeit." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3.4. Die Bundesregierung verzichtete auf die Abgabe einer meritorischen Äußerung, beantragte jedoch, dass der Verfassungsgerichtshof – im Fall der Aufhebung der obzitierten Bestimmungen – gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist von zwölf Monaten für deren Außerkrafttreten bestimmen möge.

3.5. Die beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführende Partei erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes vollinhaltlich anschließt.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 lauten wie folgt (die angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):

"Ärzteliste und Eintragungsverfahren

§27. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern in den Bundesländern die Anmeldungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes entgegenzunehmen und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Ärzte und Gruppenpraxen (Ärzteliste) jedenfalls mit folgenden Daten zu führen:

1. Eintragungsnummer,

2. Vorname(-n) und Zuname, gegebenenfalls Geburtsname,

3. Datum und Ort der Geburt,

4. Staatsangehörigkeit,

5. akademische Grade,

6. Hauptwohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt,

7. Zustelladresse,

8. Berufssitze und Dienstorte,

9. bei Ärzten gemäß § 47 der Wohnsitz oder Ort sowie die Art der beabsichtigten Tätigkeit,

10. Berufsbezeichnungen samt allfälligen amtlich verliehenen Titeln und Zusätzen gemäß § 43 Abs 4,

11. Diplome der Österreichischen Ärztekammer oder der Ärztekammern in den Bundesländern,

12. Ausbildungsbezeichnungen gemäß § 44 Abs 2,

13. Hinweis auf Verträge mit Sozialversicherungsträgern und Krankenfürsorgeanstalten,

14. Hinweise auf Aufnahme und Ende einer Tätigkeit gemäß § 45 Abs 3,

15. Hinweise auf Einstellung, Verzicht, Wiederaufnahme, Untersagung und Erlöschen der Berufsausübung,

16. Hinweise auf Eröffnung, Erweiterung und Schließung von Ordinationen, Ordinations- und Apparategemeinschaften sowie Hinweise auf Beginn und Ende der Beteiligung an einer solchen sowie

17. Hinweise auf Eröffnung, Erweiterung und Schließung von Gruppenpraxen sowie Beginn und Ende der Beteiligung an einer solchen.

Die Liste ist hinsichtlich der Daten gemäß Z 1, 2, 5 und 8 bis 13 öffentlich, wobei in Ärzteverzeichnissen und bei Auskünften aus der Ärzteliste von den Ärzten bekannt gegebene medizinische Tätigkeitsbereiche sowie über die Ordinationstelefonnummer hinausgehende Kommunikationseinrichtungen ebenfalls veröffentlicht werden dürfen. Die Einsichtnahme in den öffentlichen Teil der Ärzteliste sowie die Anfertigung von Abschriften ist jedermann gestattet; für Kopien ist ein von der Österreichischen Ärztekammer festzusetzender Kostenersatz zu leisten.

(2) Personen, die den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin, approbierter Arzt, Facharzt oder Turnusarzt auszuüben beabsichtigen, haben sich vor Aufnahme ihrer ärztlichen Tätigkeit bei der Österreichischen Ärztekammer im Wege der Ärztekammern in den Bundesländern zur Eintragung in die Ärzteliste anzumelden und die erforderlichen Unterlagen (Personal- und Ausbildungsnachweise sowie sonstige Urkunden) zum Nachweis der entsprechenden allgemeinen und besonderen Erfordernisse für die selbständige oder unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 4 vorzulegen. Erforderlichenfalls haben Personen auf Verlangen der Österreichischen Ärztekammer den Ausbildungsnachweisen eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates vorzulegen, aus der hervorgeht, dass die vorgelegten Ausbildungsnachweise den in der Richtlinie 2005/36/EG vorgeschriebenen Nachweisen entsprechen. Die für die Eintragung in die Ärzteliste erforderlichen Unterlagen sind im Original oder in beglaubigter Abschrift und fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls in beglaubigter Übersetzung vorzulegen. Im Übrigen ist die Anmeldung zur Eintragung in die Ärzteliste in deutscher Sprache einzubringen. Vor Aufnahme einer unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes ist vom Dienstgeber auf dieses Erfordernis hinzuweisen.

(3) – (8) […]

(9) Erfüllt der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse, so hat ihn die Österreichische Ärztekammer in die Ärzteliste einzutragen und ihm einen mit seinem Lichtbild versehenen Ausweis (Ärzteausweis) auszustellen. Wenn die Erfüllung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beschäftigung zeitlich befristet ist, hat auch die Eintragung in die Ärzteliste entsprechend zeitlich befristet zu erfolgen. Dies ist der Person anlässlich der Eintragung in die Ärzteliste unter dem Hinweis, dass ihre ärztliche Berufsberechtigung nach Fristablauf von Gesetzes wegen erlischt, schriftlich mitzuteilen. In diesem Fall kann von der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 59 Abs 3 abgesehen werden.

(10) Erfüllt der Eintragungswerber die Erfordernisse nicht, so hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Eintragung in die Ärzteliste mit Bescheid zu versagen.

(11), (12) […]

[…]

Österreichische Ärztekammer

Einrichtung

§117. (1) Zur Vertretung der gemeinsamen Interessen aller in Österreich tätigen Ärzte, die Angehörige einer Ärztekammer sind (§68 Abs 1, 2 und 5), ist die „Österreichische Ärztekammer“ am Sitz der Bundesregierung eingerichtet.

(2) Die Österreichische Ärztekammer ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts.

(3), (4) […]

Wirkungskreis

§117a. (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen,

1. alle Angelegenheiten, die die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Kammerangehörigen von zwei oder mehr Ärztekammern berühren, zu besorgen,

2. über den Wirkungsbereich der Ärztekammern in den Bundesländern hinausgehende gesetzlich vorgesehene Rechtsakte für Kammerangehörige der Ärztekammern in den Bundesländern zu setzen und

3. für die Wahrung des ärztlichen Berufs- und Standesansehens und der ärztlichen Berufs- und Standespflichten zu sorgen.

(2) Der Wirkungskreis gemäß Abs 1 gliedert sich in einen eigenen und einen übertragenen Wirkungsbereich.

Eigener Wirkungsbereich

§117b. (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen, im eigenen Wirkungsbereich insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. – 15. […]

16. Führung der Ärzteliste hinsichtlich der Kammerangehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern,

17. […]

18. Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste, mit Ausnahme von Verfahren gemäß §§32, 33 und 35, einschließlich der

a) Ausstellung von damit im Zusammenhang stehenden Bestätigungen, insbesondere der Ärzteausweise und

b) Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten gemäß der Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der Einholung der hiezu erforderlichen Auskünfte im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit und Ausstellung der erforderlichen Bestätigungen,

19. – 23. […]

(2) […]

Übertragener Wirkungsbereich

§117c. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat im übertragenen Wirkungsbereich folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Durchführung von Verfahren betreffend ärztliche Ausbildungsstätten und Lehrambulatorien gemäß §§9, 10, 11, und 13,

2. Durchführung von Verfahren gemäß §§32, 33 und 35 einschließlich der Verfahren zur Eintragung in die und Austragung aus der Ärzteliste, der diesbezüglichen Führung der Ärzteliste und der sonstigen damit im Zusammenhang stehenden Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten,

3. Durchführung von Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit der ärztlichen Qualifikation von Personen, die eine Bewilligung gemäß §§32 oder 33 anstreben,

4. Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten im Zusammenhang mit der Erbringung ärztlicher Dienstleistungen gemäß § 37 samt Eintragung in die Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste gemäß § 37 Abs 9,

5. Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung im Hinblick auf überwiegende Interessen der Allgemeinheit, ausgenommen im Bereich der Fortbildung, insbesondere durch Errichtung einer Gesellschaft für Qualitätssicherung (Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH) zur Erarbeitung und Durchführung qualitätssichernder Maßnahmen.

(2) […]

[…]

Mitglieder

§119. Mitglieder der Österreichischen Ärztekammer sind die Ärztekammern in den Bundesländern.

Organe

§120. Organe der Österreichischen Ärztekammer sind

1. die Vollversammlung (§§121 und 122),

2. der Vorstand (§123),

3. der Präsident und drei Vizepräsidenten (§125),

4. die Bundeskurien (§126),

5. die Bundeskurienobmänner und ihre Stellvertreter (§127),

6. das Präsidium (§128),

6a. die Ausbildungskommission (§128a),

7. der Verwaltungsausschuß und der Berufungsausschuß eines gemeinsamen Wohlfahrtsfonds (§134),

8. der Disziplinarrat (§140).

[…]

Präsident und Vizepräsidenten

§125. (1) Der Präsident vertritt die Österreichische Ärztekammer nach außen. Er hat die Einheit des Standes, insbesondere durch Koordinierung der Bundeskurien, zu wahren. Ihm obliegt, unbeschadet der Zuständigkeit der Bundeskurien, die Durchführung der Beschlüsse der Organe der Österreichischen Ärztekammer.

(2) Der Präsident, ein Vizepräsident sowie der Finanzreferent und sein Stellvertreter werden von der Vollversammlung aus dem Kreis der Präsidenten der Ärztekammern in je einem Wahlgang für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Hiebei sind der Präsident, ein Vizepräsident, der Finanzreferent und dessen Stellvertreter in getrennten Wahlgängen mit absoluter Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen zu wählen. Wird bei der ersten Wahl des Präsidenten, des zu wählenden Vizepräsidenten, des Finanzreferenten und dessen Stellvertreters keine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erzielt, so findet eine engere Wahl statt. In diese kommen jene beiden Personen, die bei der ersten Wahl die meisten Stimmen erhalten haben. Soweit bei der ersten Wahl mehrere Personen gleich viele Stimmen erhalten haben, entscheidet das Los, wer von ihnen in die engere Wahl kommt. Ergibt sich auch bei der engeren Wahl Stimmengleichheit, so hat ebenfalls das Los zu entscheiden.

(3) Die Obmänner der Bundeskurien sind Vizepräsidenten.

(4) Der Präsident leitet die Geschäfte und fertigt die Geschäftsstücke. Er entscheidet mit Bescheid als erste und letzte Instanz in den Verfahren gemäß § 15 Abs 6, § 27 Abs 10 und 11 sowie § 59 Abs 3. Die Vertretung der Österreichischen Ärztekammer in Gesellschaften und sonstigen Einrichtungen, an denen diese beteiligt ist, erfolgt durch den Präsidenten auf Grundlage der Beschlüsse der zuständigen Organe, wobei der Finanzreferent beratend beizuziehen ist. Sofern der Präsident und der Finanzreferent derselben Kurie angehören, muss zusätzlich zu diesen ein Mitglied der anderen Kurie beratend beigezogen werden.

(5) – (13) […]

(14) Der Präsident beruft die Sitzungen der Vollversammlung, des Vorstandes und des Präsidiums ein und führt den Vorsitz."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die beiden Anträge des Verwaltungsgerichtshofes gemäß den §§187 und 404 ZPO in Verbindung mit § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung verbunden und über sie erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag auf Aufhebung einer generellen Norm nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Auch darf der Anfechtungsumfang bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002).

1.3. In dem zu G87/2013 protokollierten Antrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof, § 27 Abs 10, die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 und die Wortfolge "Abs10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz jeweils des ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 als verfassungswidrig aufzuheben, in dem zu G29/2014 protokollierten Antrag hinsichtlich der Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 festzustellen, dass diese Wortfolge verfassungswidrig war.

1.4. Bei den den Anträgen zugrunde liegenden Verfahren handelt es sich um Versagungen der Eintragung in die Ärzteliste. Diese abweisenden Bescheide wurden im September 2010 bzw. im November 2010 von der belangten Behörde – dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer – erlassen.

1.5. Zum Antrag festzustellen, dass die Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 verfassungswidrig war, führt der Verwaltungsgerichtshof begründend aus, dass er trotz Neufassung des § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 durch die Novelle BGBl I 80/2012 "jene Fassung des Gesetzes anzuwenden hat, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung in Kraft stand".

1.6. Diese Auffassung ist jedenfalls denkmöglich; daraus ergibt sich jedoch, dass bloß der Antrag festzustellen, dass die Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 verfassungswidrig war, zulässig ist, im Übrigen der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "Abs10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009, da Abs 4 zweiter Satz par.cit. mit Art 2 Z 6 der Novelle BGBl I 80/2012 zur Gänze neu gefasst wurde, als unzulässig zurückzuweisen ist.

1.7. Soweit der Präsident der Österreichischen Ärztekammer vorbringt, die Aufhebung der Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998 ändere nichts an der Zugehörigkeit dieser Aufgabe zum eigenen Wirkungsbereich, wendet er sich in Wahrheit gegen die Zulässigkeit der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, weil durch eine allfällige Aufhebung dieser Wortfolge die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt würde. Dies trifft allerdings nicht zu, weil im Falle einer Aufhebung durch die Beseitigung der zitierten Wortfolge in § 117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998 die darin genannte Aufgabe unter keine andere Ziffer des § 117b Abs 1 leg.cit. fällt und – angesichts der taxativen Aufzählung in § 117c leg.cit. – auch nicht im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen ist.

1.8. Auch sind die Anträge nicht zu eng gefasst, da die der Österreichischen Ärztekammer in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern in den Bundesländern verbleibende Zuständigkeit gemäß § 27 Abs 1 ÄrzteG 1998, die Ärzteliste zu führen, als bloß administrative Aufgabe zu verstehen ist und überhaupt erst zum Tragen käme, wenn das Verfahren gerade nicht mit einer Versagung der Eintragung in die Ärzteliste endet. Insoferne sind die die Führung der Ärzteliste betreffenden Bestimmungen vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Verfahren auch nicht denkmöglich anzuwenden.

1.9. Da der Verwaltungsgerichtshof auch alle übrigen von ihm angefochtenen Bestimmungen in den bei ihm anhängigen Verfahren denkmöglich anzuwenden hat, sind die Anträge auch diesbezüglich zulässig.

1.10. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich auch die unter G87/2013 und G29/2014 jeweils gestellten Anträge, § 27 Abs 10 und die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 als verfassungswidrig aufzuheben, als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig sind (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof bringt in seinen Anträgen – auf das Wesentliche zusammengefasst – jeweils vor, dass die angefochtenen Regelungen des ÄrzteG 1998 die Grenzen zulässiger Selbstverwaltung überschreiten würden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei es unzulässig, einem Selbstverwaltungskörper die Zuständigkeit zu übertragen, weisungsungebunden auch solche Angelegenheiten zu besorgen, die sich auf einen Personenkreis beziehen, der von jenem verschieden ist, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt. Ebendies sei jedoch im Falle der Übertragung des Verfahrens zur Eintragung in die Ärzteliste an die Österreichische Ärztekammer bzw. deren Präsidenten geschehen. Die Eintragungswerber seien nämlich weder Mitglieder einer Ärztekammer in den Bundesländern noch Mitglieder der Österreichischen Ärztekammer. Die Zuweisung des Eintragungsverfahrens zum eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer sei daher verfassungswidrig.

2.3. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer tritt dieser Auffassung im Wesentlichen mit dem Argument entgegen, dass sich das Eintragungsverfahren in die Ärzteliste unmittelbar auf das "personelle Substrat" des Selbstverwaltungskörpers beziehe und bloß bestimmte Reflexwirkungen auf außenstehende Personen habe. Die Zuordnung des Verfahrens zum eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer sei verfassungskonform, weil eine "Legitimationskette" zwischen jener und den Ärztekammern in den Bundesländern vorliege. Im Übrigen würde die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen des ÄrzteG 1998 die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen, zumal – mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelung – im Zweifel jedenfalls von der Zuordnung der einem Selbstverwaltungskörper übertragenen Aufgaben in den eigenen Wirkungsbereich auszugehen sei.

2.4. Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, § 27 Abs 10 ÄrzteG 1998 und die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 leg.cit. als verfassungswidrig aufzuheben, sowie festzustellen, dass die Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz leg.cit. verfassungswidrig war, sind begründet:

2.4.1. Die Österreichische Ärztekammer ist nach § 117 Abs 2 ÄrzteG 1998 als eine Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtet, deren gesetzmäßiger Wirkungskreis sich gemäß § 117a Abs 2 leg.cit. in einen eigenen und einen übertragenen Wirkungsbereich unterteilt. § 117b leg.cit. zählt die im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmenden Aufgaben demonstrativ auf; auch das Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste (§117b Abs 1 Z 18 leg.cit.) wird von § 117b leg.cit. erfasst und gilt somit als eine im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmende Aufgabe. Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich fallen, zählt § 117c leg.cit. taxativ auf.

2.4.2. Die Österreichische Ärztekammer unterliegt gemäß § 195c Abs 1 ÄrzteG 1998 im übertragenen Wirkungsbereich dem Aufsichts- und Weisungsrecht des Bundesministers für Gesundheit. Im eigenen Wirkungsbereich hingegen sind ihre Organe bei Besorgung dieser Aufgaben weisungsfrei.

2.4.3. Gegen die Übertragung von Aufgaben, die im Rahmen des eigenen Wirkungsbereichs von der Österreichischen Ärztekammer zu besorgen sind, bestehen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dem Bundes- und Landesgesetzgeber steht es grundsätzlich frei, staatliche Aufgaben in Selbstverwaltung besorgen zu lassen und in den damit betrauten Selbstverwaltungskörpern Organe einzurichten, die gegenüber staatlichen Organen weisungsungebunden sind, doch unterliegt die Gesetzgebung hiebei mehreren verfassungsrechtlichen Schranken (vgl. zB VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006 und 18.548/2008).

2.4.4. Eine dieser Grenzen zulässiger Selbstverwaltung besteht darin, dass der eigene, dh. weisungsfrei zu besorgende Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten beschränkt bleiben muss, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden (grundlegend hiezu VfSlg 8215/1977; vgl. auch Art 120a Abs 1 B-VG). Erforderlich ist dabei das Vorliegen beider Elemente und damit eine eindeutige Gruppenbezogenheit der Verwaltungsaufgaben im Hinblick auf die Mitglieder der Selbstverwaltung (vgl. VfSlg 18.548/2008).

2.4.5. Auch muss die (nicht-territoriale) Selbstverwaltung jeweils auf jenen bestimmten Personenkreis beschränkt sein, dessen Angelegenheit durch den Selbstverwaltungskörper verwaltet wird.

2.4.6. Die im Falle der Einrichtung von Selbstverwaltung zulässige Ausnahme vom sonst gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm Art 20 Abs 1 B-VG) und die sich daraus ergebende Entkoppelung der Selbstverwaltung von deren demokratischer Legitimation erfordern es, dass dem Selbstverwaltungskörper stattdessen seinerseits eine entsprechende demokratische Legitimation durch die von ihm Verwalteten zukommt (vgl. hiezu VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006 und 18.548/2008).

2.4.7. Es wäre jedenfalls unzulässig, durch den Selbstverwaltungskörper im eigenen Wirkungsbereich Angelegenheiten besorgen zu lassen, die sich auf einen anderen Personenkreis beziehen als jenen, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt, dh. der bei der Kreation (jedenfalls) des obersten Organs dieses Selbstverwaltungskörpers mitwirken könnte. Damit würde nämlich das Organisationskonzept der Bundesverfassung, das im Prinzip eine Unterstellung der hoheitlich zu besorgenden Verwaltungstätigkeiten unter die obersten Organe iSd Art 19 Abs 1 B-VG verlangt, die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterliegen, umgangen werden (vgl. hiezu abermals VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006 und 18.548/2008).

2.4.8. Diesen in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entwickelten – auch nach Inkrafttreten der Art 120a ff. B-VG mit der Novelle BGBl I 2/2008 weiterhin maßgeblichen (vgl. VfSlg 19.017/2010) – verfassungsrechtlichen Vorgaben werden die Regelungen des Verfahrens über die Eintragung in die Ärzteliste nicht gerecht:

2.4.8.1. Gemäß § 27 Abs 10 ÄrzteG 1998 kommt dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer die Befugnis zu, im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches (vgl. § 117b Abs 1 Z 18 leg.cit.), somit weisungsungebunden, als erste und letzte Instanz (§125 Abs 4 leg.cit.) über die Versagung der Eintragung in die Ärzteliste bescheidmäßig abzusprechen. Zwar berührt dieses Eintragungsverfahren unzweifelhaft die Interessen der Österreichischen Ärztekammer, doch sind nicht minder die Interessen der Eintragungswerber selbst sowie öffentliche Interessen, die nicht nur im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Österreichischen Ärztekammer gelegen sind, betroffen. Für die Eintragungswerber ist das Eintragungsverfahren nicht mit bloß wirtschaftlichen Reflexwirkungen verbunden, sondern gestaltet das Ergebnis des Verfahrens, die Eintragung bzw. deren Versagung, unmittelbar deren Rechtssphäre (vgl. VfSlg 18.548/2008). Jene, über deren Rechtssphäre entschieden wird – im Fall der Versagung der Eintragung durch Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer –, sind zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht Mitglieder einer Ärztekammer in den Bundesländern. Sie sind somit nicht Mitglieder des im Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personenkreises.

2.4.8.2. Im Falle der Versagung der Eintragung in die Ärzteliste hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer im Interesse der Allgemeinheit an einer qualitätsvollen Gesundheitsversorgung die im ÄrzteG 1998, insbesondere in dessen § 27, festgelegten persönlichen Voraussetzungen des Eintragungswerbers, zu beurteilen (vgl. auch Wagner-Kreimer in Emberger/Wallner [Hrsg.], Ärztegesetz 1998 mit Kommentar 2 , 2008, § 27 Anm. 1).

2.4.8.3. Durch die auch im öffentlichen Interesse, nicht nur im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Österreichischen Ärztekammer, liegende Entscheidung des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, die Eintragung in die Ärzteliste zu versagen, entscheidet er im Ergebnis über die Mitgliedschaft des Eintragungswerbers zu einer Ärztekammer in den Bundesländern.

2.4.8.4. Die Zuständigkeit eines Selbstverwaltungskörpers in einer solchen Angelegenheit darf daher nicht dem eigenen Wirkungsbereich zugeordnet werden. Insoweit liegt also eine nicht zulässige Ausnahme von dem verfassungsrechtlich gebotenen Wirkungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm 20 Abs 1 B-VG) vor.

2.4.9. Aus den dargelegten Gründen sind § 27 Abs 10 ÄrzteG 1998 und die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998 als verfassungswidrig aufzuheben.

2.5. Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes festzustellen, dass die Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG verfassungswidrig war, ist aus den unter III.2.4. bis III.2.5. dargelegten Gründen ebenfalls begründet.

IV. Ergebnis

1. § 27 Abs 10 und die Wortfolge "Eintragung in die Ärzteliste und" in § 117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 sind daher als verfassungswidrig aufzuheben. Weiters ist festzustellen, dass die Wortfolge "10 und" in § 125 Abs 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 verfassungswidrig war.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B VG. Die Frist ermöglicht, die Rechtslage dem vorliegenden Erkenntnis entsprechend zu gestalten. Das Führen der Ärzteliste ist als bloß administrative Aufgabe zu verstehen.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B VG.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:G87.2013