VfGH vom 24.06.1993, G86/93
Sammlungsnummer
13479
Leitsatz
Aufhebung der die unmittelbare Anrufbarkeit des unabhängigen Verwaltungssenats mit Berufung regelnden Bestimmung des GüterbeförderungsG mangels Zustimmung der Länder zur Kundmachung in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung
Spruch
I. § 15 b Abs 5 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 63/1952 idF BGBl. Nr. 453/1992, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
II. Die vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich unter den Z Senat-AB-93-006 und Senat-AB-93-007 gestellten Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich führt Verfahren über Berufungen des F L gegen Bescheide des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom , ZVerkGe 210.469/8-1992/Ga, 210.656/7-1992/Ga und 210.655/6-1992/Ga, womit (drei) Konzessionen zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit jeweils mehreren Kraftfahrzeugen im Güterfernverkehr mit verschiedenen Standorten - gestützt auf § 87 Abs 1 Z 2 lita und § 89 Abs 1 iVm § 25 Abs 1 Z 1 GewO 1973 - entzogen wurden, und des J K gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom , ZVerkGe 230.061/3-1992/Ga, der einem Ansuchen um Erteilung der Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen mit einem Lastkraftwagen eingeschränkten Güterbeförderungsgewerbes - gegründet auf § 28 Abs 1 GewO 1973 iVm § 5 a GüterbeförderungsG idF BGBl. 452/1992 - keine Folge gab. In diesen Verfahren stellte der Senat zum AZ G35/93 auf Grund seines Kammerbeschlusses vom gemäß Art 140 Abs 1 iVm Art 129 a Abs 3 und Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "§15 b Abs 5 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 63/1952 idF des ArtI Z 8 des Bundesgesetzes, mit dem das Güterbeförderungsgesetz und das Kraftfahrgesetz geändert werden, BGBl. Nr. 453/1992, zur Gänze als verfassungswidrig aufheben." Ferner verband der Senat damit den Eventualantrag, § 15 b Abs 3 GüterbeförderungsG idF BGBl. 452/1992 zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.
1.1.1.2. Der unabhängige Verwaltungssenat bringt dazu ua. wörtlich vor:
"Allen vorangeführten anhängigen Fällen ist gemeinsam, daß in einer Angelegenheit des GüterbeförderungsG der O.ö. Verwaltungssenat ... als zweite Instanz über eine Berufung zu
entscheiden hat... Durch ArtI Z 8 des Bundesgesetzes, mit dem
das GüterbeförderungsG und das KraftfahrG 1967 geändert werden, BGBl. 453/1992, wurde § 15 b GüterbeförderungsG neu gefaßt. Die die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern zur Berufungsentscheidung regelnde Bestimmung des vormaligen Abs 3 wurde nunmehr als Abs 5 gleichlautend übernommen. Gemäß ArtIII Abs 1 des Bundesgesetzes (BGBl. 453/1992) tritt (trat) dieses mit Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Österreich über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und der Straße in Kraft. Das genannte Abkommen wurde im BGBl. 823/1992 kundgemacht und trat gemäß seinem Art 24 Abs 3 mit in Kraft. Der O.ö. Verwaltungssenat (2. Kammer) geht davon aus, daß er in den vorliegenden Anlaßfällen zur Entscheidung über die Berufungen zuständig ist, und zwar als zweite Instanz. Dies in der Zusammenschau mit folgenden Erwägungen: Der bereits nach der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 630/1982 in Geltung stehende § 1 Abs 3 GüterbeförderungsG bestimmt, daß, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen die GewO 1973 gilt... Mangels besonderer Kompetenznormen für ein diesbezügliches Konzessionsentziehungsverfahren gilt § 361 Abs 1 GewO 1973 (iVm § 15 b Abs 2 GüterbeförderungsG - Entziehungsbehörde ist gleich Verleihungsbehörde) und bezüglich eines Nachsichtverfahrens vom Befähigungsnachweis § 346 Abs 1 Z 2 GewO 1973. In beiden Fällen ist in erster Instanz der Landeshauptmann zur Entscheidung berufen. Gemäß Art 103 Abs 4 B-VG geht in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung - um solche handelt es sich zweifellos (vgl. Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG und Art 102 Abs 1 B-VG) - der administrative Instanzenzug gegen eine Entscheidung des Landeshauptmanns als erste Instanz, wenn nicht bundesgesetzlich anderes bestimmt ist, bis zum zuständigen Bundesminister. Eine auf die Anlaßfälle zu beziehende Beschränkung des Instanzenzugs ist in den gewerberechtlichen Vorschriften nicht vorgesehen. Eine Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmanns iSd § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG ist daher zulässig. Aufgrund dessen hat der O.ö. Verwaltungssenat auch die Zuständigkeitsbestimmung des § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG, BGBl. 63/1952 idF des ArtI Z 8 des Bundesgesetzes, mit dem das GüterbeförderungsG und das KraftfahrG 1967 geändert werden, BGBl. 453/1992, in den dargestellten Berufungsfällen anzuwenden. Wie bereits erwähnt, wurden die ... beschriebenen Konzessionsentziehungsverfahren mit der Aufforderung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom an die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich, als Beteiligte zur Absicht der Konzessionsentziehung Stellung zu nehmen, eingeleitet bzw. anhängig. Das Nachsichtverfahren ... wurde durch das am beim Landeshauptmann eingelangte Nachsichtgesuch anhängig. Der O.ö. Verwaltungssenat geht davon aus, daß dem ArtVII Z 2 des Bundesgesetzes über Änderungen von Vollzugszuständigkeiten des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, mit dem das EisenbahnG, das EisenbahnbeförderungsG, das KraftfahrlinienG, das KraftfahrG, das GefahrengutG - Straße, das GelegenheitsverkehrsG, das GüterbeförderungsG, das LuftfahrtG, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr, das SeeschiffahrtsG und das SchiffahrtsG geändert werden, BGBl. 452/1992, durch ArtI Z 8 des Bundesgesetzes, mit dem das GüterbeförderungsG und das KraftfahrG 1967 geändert werden, BGBl. 453/1992, derogiert wurde und die letztgenannte Bestimmung - mangels Übergangsbestimmungen - seit anzuwenden ist...
Das GüterbeförderungsG ist gemäß Art 10 iVm Art 102 B-VG eine Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung iSd Art 129 a Abs 2 B-VG. Eine Zustimmung jedenfalls des Landes Oberösterreich zur Kundmachung wurde weder hinsichtlich des § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG (idF BGBl. 453/1992) noch hinsichtlich des § 15 b Abs 3 GüterbeförderungsG (idF BGBl. 452/1992) erteilt, obwohl damit auch Fälle - wie die vorliegenden Anlaßfälle - erfaßt sind, in denen der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unmittelbar nach einer Entscheidung des Landeshauptmanns in erster Instanz angerufen werden kann. Der O.ö. Verwaltungssenat erlaubt sich, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G103-107/92 ua., hinzuweisen, aus dem abgeleitet werden kann, daß ein ... Zustimmungserfordernis der Länder gemäß Art 129 a Abs 2 B-VG in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung unstrittig ist. Die zur Prüfung beantragten einfachgesetzlichen Bestimmungen des GüterbeförderungsG scheinen demnach aus den oben genannten Gründen der Bundesverfassung nicht zu entsprechen. Durch eine allfällige nachträgliche Zustimmung der Länder - die nach ha. Kenntnis aber ohnedies nicht erfolgt ist - wäre nach Auffassung des O.ö. Verwaltungssenats der Zustimmungsmangel auch nicht sanierbar, weil sich die Zustimmung als eine - unverzichtbare - Voraussetzung für die Kundmachung eines entsprechenden Gesetzes darstellt."
1.1.2.1. Außerdem stellte der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich zum AZ G65/93 durch seine zuständige Kammer (Beschluß vom ) in dem bei ihm anhängigen Verfahren über die Berufung des M N gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom , ZV/1-N-92517, womit ein Ansuchen um Nachsicht vom Ausschluß von der Ausübung des Gewerbes der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr infolge Konkurseröffnung gemäß § 26 Abs 2 GewO 1973 idF BGBl. 468/1992 abgewiesen wurde, gemäß Art 140 Abs 1 iVm Art 129 a Abs 3 und Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle "den § 15 b Abs 5 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 63/1952 idF BGBl. Nr. 126/1993, zur Gänze als verfassungswidrig auf(...)heben."
1.1.2.2. Der unabhängige Verwaltungssenat führte zur Frage der Präjudizialität der angefochtenen Norm aus:
"Beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich ist eine Berufung des ... M N gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom , V/1-N-92517, anhängig. Mit diesem Bescheid wurde ein Ansuchen des Berufungswerbers um Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung wegen Eröffnung des Konkurses für die Ausübung des Gewerbes der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr gemäß § 26 Abs 2 GewO 1973, BGBl. Nr. 50/1974 idF BGBl. Nr. 468/1992, abgewiesen. Die Berufung wurde rechtzeitig eingebracht... Gemäß § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG idF BGBl. Nr. 126/1993 entscheiden in den Fällen, in denen gegen den Bescheid des Landeshauptmanns eine Berufung zulässig ist, über Berufungen in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Da sich die Berufung gegen einen Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich wendet, ist diese Bestimmung für den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich im vorliegenden Fall präjudiziell."
Zur Sache selbst heißt es:
"Die angefochtene Bestimmung sieht - auf den konkreten Fall angewendet - die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmanns von Niederösterreich in Vollziehung des GüterbeförderungsG vor. Die Vollziehung des GüterbeförderungsG fällt gemäß Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG in die Zuständigkeit des Bundes, die Ausübung der Vollziehung ist gemäß Art 102 Abs 1 B-VG dem Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung zuzuordnen. Art 129 a Abs 2 zweiter Satz B-VG normiert hiefür die Zustimmung der beteiligten Länder als Kundmachungsvoraussetzung. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem richtungweisenden Erkenntnis vom , G103-107/92 ua., mit dem § 51 Abs 1 VerwaltungsstrafG 1991, BGBl. Nr. 52, als verfassungswidrig aufgehoben wurde, eindeutig klargestellt, daß für die Kundmachung von Angelegenheiten, die im Art 129 a Abs 2 zweiter Satz B-VG angeführt sind, die Zustimmung der beteiligten Länder erforderlich ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich ist daher der Ansicht, daß § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG idF BGBl. Nr. 126/1993 mangels der gemäß Art 129 a Abs 2 B-VG erforderlichen Kundmachungszustimmung der Länder (im gegenständlichen Fall des Landes Niederösterreich) verfassungswidrig ist."
1.1.3.1. Auf Grund seines Kammerbeschlusses vom brachte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zum AZ G76/93 in den bei ihm gleichfalls anhängigen Verfahren über die Berufungen des H J gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom , ZVerkGe-250.076/2-1992/Sie, womit ein Ansuchen um Zulassung zur Konzessionsprüfung für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im Güterfernverkehr - gestützt auf § 5 der VO des Bundesministers für Verkehr vom , BGBl. 168 - keine Folge gegeben und der Gesuchswerber zur Konzessionsprüfung nicht zugelassen wurde, und des A L gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom , ZVerkGe-211.130/6-1993/Ga, womit - gegründet auf § 3 Abs 1 und 2 Z 2 und § 5 GüterbeförderungsG idF BGBl. 452/1992 iVm § 25 Abs 1 Z 1 GewO 1973 idgF - dem Ansuchen um Erteilung einer Konzession zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im Güterfernverkehr keine Folge gegeben wurde, gemäß Art 140 Abs 1 iVm Art 129 a Abs 3 und Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag ein, "der Verfassungsgerichtshof möge § 15 b Abs 5 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 63/1952 idF des ArtI Z 8 des Bundesgesetzes, mit dem das Güterbeförderungsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden, BGBl. Nr. 453/1992, zur Gänze als verfassungswidrig auf(...)heben."
1.1.3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat führte zu den Prozeßvoraussetzungen aus:
"Den beiden vorangeführten Fällen ist gemeinsam, daß der Landeshauptmann von Oberösterreich in Angelegenheiten des GüterbeförderungsG als Behörde erster Instanz (vgl. § 5 a Abs 4 und § 15 b Abs 2 GüterbeförderungsG, BGBl. Nr. 63/1952, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. Nr. 453/1992) Entscheidungen getroffen hat und daß gemäß § 15 b Abs 5 leg.cit. über die dagegen erhobenen Berufungen der O.ö. Verwaltungssenat als zweite Instanz zu
entscheiden hat... Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß er hinsichtlich beider ... dargelegten Anlaßfälle
die mit in Kraft getretenen Bestimmungen des § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG, BGBl. Nr. 63/1952 idF des ArtI Z 8 des Bundesgesetzes, mit dem das GüterbeförderungsG und das KraftfahrG 1967 geändert werden, BGBl. Nr. 453/1992, anzuwenden hat und daß daher die Antragsvoraussetzungen für ein entsprechendes Gesetzesprüfungsverfahren gegeben sind."
Die Ausführungen zur Sache selbst sind im wesentlichen die gleichen wie jene im Verfahren AZ G35/93 (s. Abschnitt 1.1.1.).
1.1.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich schließlich stellte zum AZ G86/93 durch die zuständige Kammer (Beschluß vom ) in dem bei ihm anhängigen Verfahren über die Berufung der T-gesmbH gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom , ZV/1-G-3154/4, womit die Konzession zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr mit Standort Kematen/Ybbs, 1. Straße 67, - gestützt auf § 87 Abs 1 Z 1 iVm § 13 Abs 3 GewO 1973 - entzogen wurde, und desgleichen mit Kammerbeschluß vom zum AZ G87/93 im Verfahren über die Berufung des H V gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom , ZV/1-G-3653/3, womit die Konzession zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr mit Standort Mödling, Guntramsdorfer Straße 89, - gegründet auf § 87 Abs 1 Z 2 lita GewO 1973 - entzogen wurde, gemäß Art 140 Abs 1 iVm Art 129 a Abs 3 und Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag, § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG, BGBl. 63/1952 idF BGBl. 126/1993, zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben, und zwar im wesentlichen aus den Gründen des in Abschnitt 1.1.2. genannten Antrags.
1.2.1. Die zu Äußerungen aufgeforderte Bundesregierung nahm in allen Verfahren unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G103-107/92-6 ua., von der Erstattung einer schriftlichen meritorischen Stellungnahme Abstand.
1.2.2. Der am Verfahren G35/93 beteiligte F L gab eine Stellungnahme ab, in der er dem Antrag des unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich beitrat. Im übrigen äußerten sich die verfahrensbeteiligten Parteien nicht.
1.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich stellte zuletzt noch auf Grund seiner Kammerbeschlüsse vom unter den Z Senat-AB-93-006 und Senat-AB-93-007 in zwei bei ihm anhängigen Verfahren gemäß Art 140 Abs 1 iVm Art 129 a Abs 3 und Art 89 Abs 2 B-VG die gleichlautenden Anträge, der Verfassungsgerichtshof möge "den § 15 b Abs 5 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 63/1952 idF BGBl. Nr. 126/1993, zur Gänze als verfassungswidrig auf(...)heben." Diese Anträge langten am beim Verfassungsgerichtshof ein.
Im Hinblick auf das bereits fortgeschrittene Prozeßgeschehen war eine formelle Einbeziehung dieser Anträge in das vorliegende Verfahren nicht mehr möglich. Die Anträge (G103,104/93) waren sohin zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 10394/1985, ua.).
2. Über die - zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen - Anträge (G 35,65,76,86,87/93) wurde erwogen:
2.1. Die antragstellenden Senate vertreten in ihren Anfechtungsschriften die Auffassung, daß sie in den bei ihnen anhängigen Rechtssachen die Bestimmung des § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG, BGBl. 63/1952 idF BGBl. 453/1992 (von der Nov. BGBl. 126/1993 blieb diese Norm unberührt), anzuwenden haben. Der Verfassungsgerichtshof hat die dafür gegebene Begründung nach ständiger Rechtsprechung (zB VfSlg. 9284/1981 uam.) nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Denkmöglichkeit hin zu untersuchen: Unter diesem Aspekt kann aber der Rechtsauffassung der Verwaltungssenate offensichtlich nicht entgegengetreten werden.
Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, sind sämtliche Gesetzesprüfungsanträge zulässig.
2.2.1. Art 129 a Abs 2 B-VG wurde durch die B-VG-Novelle 1988, BGBl. 685, in das B-VG eingefügt und hat folgenden Wortlaut:
"Es kann gesetzlich vorgesehen werden, daß die Entscheidungen in erster Instanz unmittelbar beim unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden können. In den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung sowie der Art 11 und 12 dürfen derartige Bundesgesetze nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden."
§ 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG, BGBl. 63/1952 idF des ArtI Z 8 des BundesG BGBl. 453/1992, der von der Novelle BGBl. 126/1993 unberührt blieb, lautet:
"In den Fällen, in denen gegen den Bescheid des Landeshauptmannes eine Berufung zulässig ist, entscheiden über die Berufungen in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern."
Die Angelegenheiten nach dem GüterbeförderungsG werden in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt (Art10 iVm Art 102 B-VG;
s. E z RV 295 BlgNR XVIII. GP, 16), und zwar zum Teil vom Landeshauptmann in erster Instanz (vgl. etwa § 15 b Abs 2 GüterbeförderungsG idF BGBl. 453/1992).
Bei § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG idF BGBl. 453/1992 handelt es sich also um eine gesetzliche Vorschrift, die jedenfalls eine Anfechtung erstinstanzlicher Entscheidungen des Landeshauptmanns in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung "unmittelbar" beim unabhängigen Verwaltungssenat vorsieht.
Eine solche bundesgesetzliche Norm darf aber kraft der ausdrücklichen Bestimmung des Art 129 a Abs 2 B-VG nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden.
2.2.2. Da hier - wie unbestritten ist - kein Bundesland zugestimmt hat, war den begründeten Anträgen des unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich und des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich Folge zu geben und § 15 b Abs 5 GüterbeförderungsG, BGBl. 63/1952 idF des ArtI Z 8 des BundesG BGBl. 453/1992, als verfassungswidrig aufzuheben (s. dazu ua., vgl. auch VfSlg. 1312/1930, 2598/1953 und 8155/1977 ua.).
Bei diesem Ergebnis war auf den im Verfahren G35/93 gestellten Eventualantrag nicht mehr einzugehen.
2.3. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der Norm, die sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG gründet, erscheint im Hinblick auf die entsprechende Stellungnahme der Bundesregierung geboten. Der Ausspruch über die Kundmachungspflicht stützt sich auf Art 140 Abs 5 B-VG, der frühere Bestimmungen betreffende auf Art 140 Abs 6 B-VG (s. Art 103 Abs 4 B-VG).
2.4. Ein Kostenzuspruch ist im Verfahren nach den §§62 bis 65 VerfGG 1953 nicht vorgesehen.