VfGH vom 04.12.2008, G84/08
Sammlungsnummer
18639
Leitsatz
Verstoß von Bestimmungen im Nö Grundverkehrsgesetz 1989 betreffend die Zusammensetzung der Grundverkehrsbehörden bei Zweckwidmung für den Wohnbau gegen das Determinierungsgebot; keine klare und unmissverständliche Regelung der Behördenzuständigkeit von vornherein
Spruch
Die §§6 Abs 4 und 7 Abs 3 des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989, LGBl. für das Land Niederösterreich 6800-3, sowie die Wortfolge "und Abs 4" im § 6 Abs 5 des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989, LGBl. für das Land Niederösterreich 6800-3, waren verfassungswidrig.
Der Landeshauptmann ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1720/06 eine auf
Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen den (Berufungs-)Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (im Folgenden: GVLK) anhängig, mit dem der Bescheid der Grundverkehrs-Bezirkskommission, mit welchem dem Rechtserwerb des Beschwerdeführers an einem näher bezeichneten landwirtschaftlichen Grundstück in Niederösterreich gemäß § 3 Abs 1 und Abs 2 lita iVm § 1 Z 2 und Z 3 NÖ Grundverkehrsgesetz 1989 (im Folgenden: NÖ GVG 1989) die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt wurde, wegen Unzuständigkeit infolge unrichtiger Zusammensetzung der erstinstanzlichen Kollegialbehörde aufgehoben und die Angelegenheit zur Sachentscheidung zurückverwiesen wurde.
Begründend wird ausgeführt, es sei unstrittig, dass der Erwerbsgegenstand eine land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft im Sinne des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989 darstelle, weshalb die Grundverkehrsbehörde zur Entscheidung berufen sei. Da der Erwerber die Liegenschaft seinem Vorbringen zufolge zu Zwecken des Wohnbaues nutzen wolle und der Tatbestand des § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 Verfahrensgegenstand vor der Unterbehörde geworden sei, hätte diese ihre Entscheidung in der (um ein Mitglied erweiterten) Besetzung gemäß § 6 Abs 4 leg.cit. treffen müssen; die Grundverkehrs-Bezirkskommission habe jedoch in der Besetzung nach § 6 Abs 2 NÖ GVG 1989 und damit als unzuständige Behörde entschieden.
2. Bei Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs 4 und des § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989, LGBl. 6800-3, sowie der Wortfolge "und Abs 4" im § 6 Abs 5 leg.cit. entstanden. Er hat daher am beschlossen, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.
3. Zur Rechtslage:
Die maßgeblichen (inzwischen zufolge In-Kraft-Treten des NÖ Grundverkehrsgesetzes 2007 mit Ablauf des außer Kraft getretenen) Bestimmungen des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989, LGBl. 6800-3, lauten auszugsweise (die für verfassungswidrig erklärten Gesetzesstellen sind hervorgehoben):
"I. Allgemeines
§1
Begriffsbestimmungen
1. Land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaften sind
a) land- oder forstwirtschaftliche Betriebe;
b) einzelne oder mehrere Grundstücke, Betriebs- und Wohngebäude, die ganz oder überwiegend zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Hiebei ist die Beschaffenheit oder die Art ihrer tatsächlichen Verwendung maßgebend. Die Aussetzung der land- oder forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung eines Betriebes, eines Grundstückes oder eines Gebäudes, ohne daß dieser bzw. dieses einem anderen Zweck zugeführt wird, beendet die Eigenschaft als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück nicht.
[...]
2. Landwirt (Voll-, Zu- oder Nebenerwerbslandwirt) ist, wer
a) [...]
b) nach Erwerb einer land- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaft einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit persönlich (allein oder zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern) bewirtschaften und daraus seinen und den Lebensunterhalt seiner Familie zumindest zu einem erheblichen Teil bestreiten will, wenn er
aa) diese Absicht durch ausreichende Gründe belegen und
bb) aufgrund praktischer Tätigkeit oder fachlicher Ausbildung die dazu erforderlichen Fähigkeiten glaubhaft machen kann.
3. Interessenten sind
a) Landwirte, die bereit sind, anstelle des Erwerbers oder des Nutzungsberechtigten ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über die land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft abzuschließen, wenn sie glaubhaft machen, daß die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer (Verpächter, Fruchtgenußgeber u.dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist;
b) [...]
4. [...]
II. Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen
Liegenschaften
§2
Beschränkungen des Verkehrs mit land- oder
forstwirtschaftlichen Liegenschaften
(1) Rechtsgeschäfte unter Lebenden über land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn sie zum Gegenstand haben:
o die Übertragung des Eigentums,
[...]
(2) [...]
§3
Voraussetzungen für die Zustimmung
(1) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Zustimmung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerstreitet. Soweit ein solches Interesse nicht besteht, hat die Grundverkehrsbehörde dem Rechtsgeschäft auch dann die Zustimmung zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerstreitet.
(2) Ein solcher Widerstreit ist jedenfalls gegeben, wenn
a) der Erwerber, Pächter oder Fruchtgenußberechtigte einer Liegenschaft kein Landwirt ist und ein oder mehrere Interessenten vorhanden sind;
b) - j) [...]
(3) Ein solcher Widerstreit liegt nicht vor, wenn eine land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft
a) zum Zweck des Wohnbaues oder zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben bestimmt ist, es sei denn, daß das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes das Interesse an der neuen Verwendung offenbar überwiegt, mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden oder die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundfläche erheblich erschwert oder unmöglich gemacht wird;
b) zum Zweck der Errichtung oder Vergrößerung einer gewerblichen industriellen oder bergbaulichen Anlage bestimmt ist, es sei denn, daß mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden. Die Zweckbestimmung ist durch eine Bescheinigung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich glaubhaft zu machen und von der Grundverkehrsbehörde zu überprüfen;
c) - d) [...]
[...]
IV. Grundverkehrsbehörden
§6
Grundverkehrs-Bezirkskommission
(1) Die Bezirkshauptmannschaften haben für den Wirkungsbereich jeder Bezirksbauernkammer eine Grundverkehrs-Bezirkskommission zu bilden. [...]
(2) Die Grundverkehrs-Bezirkskommissionen bestehen aus:
a) dem Bezirkshauptmann oder einem von ihm zu entsendenden rechtskundigen Bediensteten als Vorsitzenden;
b) einem von der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer zu bestellenden Mitglied;
c) zwei von der Bezirksbauernkammer zu bestellenden Mitgliedern, die dem landwirtschaftlichen Berufsstand angehören, wobei ein Mitglied kleinbäuerlichen Kreisen angehören soll;
d) einem vom Gemeinderat der Gemeinde, in der die land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft liegt, zu bestellenden Mitglied. Dieses Mitglied muß mit den örtlichen Verhältnissen vertraut und Eigentümer oder Pächter eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes sein. Im Falle der Unterteilung des Gemeindegebietes gemäß § 40 Abs 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000, kann der Gemeinderat für jeden Ortsteil oder für mehrere Ortsteile ein Mitglied bestellen.
(3) [...]
(4) Ist die Grundverkehrs-Bezirkskommission zur Entscheidung gemäß § 3 Abs 3 lita berufen, so gehört der Kommission ein weiteres Mitglied an, das vom Gemeinderat der zuständigen Gemeinde zu bestellen ist. Im Falle einer Unterteilung des Gemeindegebietes gemäß § 40 Abs 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000, kann der Gemeinderat für jeden Ortsteil oder für mehrere Ortsteile ein Mitglied bestellen.
(5) Liegt die land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft in zwei oder mehreren Gemeinden, so hat der Grundverkehrs-Bezirkskommission das von jener Gemeinde nach Abs 2 litd und Abs 4 bestellte Mitglied anzugehören, in der die Liegenschaft zum Großteil liegt.
(6) - (7) [...]
§7
Grundverkehrs-Landeskommission
(1) Die Grundverkehrs-Landeskommission wird beim Amt der Landesregierung gebildet und besteht aus
a) einem von der Landesregierung zu bestellenden rechtskundigen Beamten des Amtes der Landesregierung als Vorsitzenden;
b) einem von der Landesregierung zu bestellenden rechtskundigen Beamten des Amtes der Landesregierung als Berichterstatter;
c) einem von der Landesregierung nach Anhörung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes zu bestellenden Richter als Mitglied;
d) drei von der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer zu bestellenden Mitgliedern.
(2) [...]
(3) Ist die Grundverkehrs-Landeskommission zur Entscheidung gemäß § 3 Abs 3 lita berufen, so hat der Kommission ein weiteres Mitglied anzugehören, das von der Landesregierung zu bestellen ist. Das Mitglied hat dem Gemeinderat einer niederösterreichischen Gemeinde anzugehören. Die Bestellung hat unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der im Landtag vertretenen Parteien nach Anhörung der Landtagsklubs zu erfolgen.
(4) - (5) [...]
[...]
V. Verfahren
§11
Verfahren bei der Grundverkehrs-Bezirkskommission
(1) Die Grundverkehrs-Bezirkskommission wird vom Vorsitzenden einberufen. Die Mitglieder sind unter Angabe der Verhandlungsgegenstände mindestens eine Woche vor der Sitzung schriftlich gegen Zustellnachweis einzuladen.
(2) [...]
(3) Die Grundverkehrs-Bezirkskommission ist beschlußfähig, wenn der Vorsitzende und drei Mitglieder anwesend sind. Die Beschlüsse erfolgen mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt. Die Beratung und Abstimmung hat unter Ausschluß der Parteien zu erfolgen.
(4) [...]
(5) Der Vorsitzende hat die eingelangten Anträge unter Anführung aller für eine Entscheidung wesentlichen Umstände der
o Bezirksbauernkammer und
o dem in § 6 Abs 2 litd genannten Mitglied bekanntzugeben.
[...]
(6) Der Vorsitzende kann ohne Einberufung der Kommission
o die Zustimmung erteilen oder
o gemäß § 2 Abs 2 litc feststellen, daß das Rechtsgeschäft nicht der Zustimmung der Grundverkehrs-Bezirkskommission bedarf,
wenn binnen vier Wochen ab Bekanntgabe des Rechtsgeschäftes die Bezirksbauernkammer einen diesbezüglichen Antrag stellt, das in § 6 Abs 2 litd genannte Mitglied keinen Einspruch erhebt, während der Kundmachungsfrist (Abs5) niemand sein Interesse am Erwerb angemeldet hat und ein Widerstreit gemäß § 3 Abs 1 offensichtlich nicht vorliegt.
(7) [...]
(8) Die Entscheidung, ob eine land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft vorliegt, steht dem Vorsitzenden der Grundverkehrs-Bezirkskommission nach Anhörung jener Gemeinde zu, in deren Gemeindegebiet und jener Bezirksbauernkammer, in deren Wirkungsbereich die Liegenschaft liegt. [...]
(9) [...]
(10) Zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Grundverkehrs-Bezirkskommission ist die Grundverkehrs-Landeskommission zuständig.
§12
Zuständigkeit der
Grundverkehrs-Bezirkskommission
(1) Zur Entscheidung gemäß § 3 ist jene Grundverkehrs-Bezirkskommission berufen, in deren Wirkungsbereich die land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft liegt.
(2) [...]
§13
Ansuchen bei der
Grundverkehrs-Bezirkskommission
Um die Zustimmung der Grundverkehrs-Bezirkskommission muß der Erwerber, Pächter oder Fruchtgenußberechtigte binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluß unter Vorlage der Urkunde über das Rechtsgeschäft ansuchen. In dem Ansuchen ist auch das Ausmaß und die Kulturgattung der Grundstücke anzugeben, die die Vertragsparteien bereits besitzen. Das Verfahren ist in den Fällen des § 19 Abs 1 auch auf Antrag der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer durchzuführen.
§14
Verfahren bei der
Grundverkehrs-Landeskommission
(1) Im Verfahren sind die Vorschriften des § 11 Abs 1, 2 und 9 sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Grundverkehrs-Landeskommission entscheidet mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt. Zur Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit des Vorsitzenden, des Mitgliedes aus dem Richterstand und zweier weiterer Mitglieder erforderlich.
(3) [...]
(4) Eine Berufung gegen die Entscheidung der Grundverkehrs-Landeskommission ist nicht zulässig. Die Entscheidung unterliegt nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege."
4. Im Prüfungsbeschluss legte der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen wie folgt dar:
"1. Zur Zulässigkeit:
Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde die (u.a.) in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung des § 6 Abs 4 erster Satz NÖ GVG 1989 bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet hat, die Regelung des § 7 Abs 3 erster Satz NÖ GVG 1989 bei Erlassung des bekämpften Bescheides ebenfalls von der Behörde anzuwenden war und dass daher auch der Verfassungsgerichtshof diese Rechtsvorschriften bei der Behandlung der vorliegenden Beschwerde anzuwenden hätte.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes müssen die Grenzen der Aufhebung so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass anderseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden; dies trifft sowohl auf von Amts wegen als auch auf auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren zu (zB VfSlg. 12.465/1990, 13.140/1992, 13.964/1994; ua.).
Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Auffassung, dass die Bestimmungen des § 6 Abs 4 sowie des § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 auf Grund des untrennbaren Zusammenhanges jeweils in ihrer Gesamtheit in Prüfung zu ziehen sind. Darüber hinaus dürfte die Wortfolge 'und Abs 4' im § 6 Abs 5 NÖ GVG 1989 mit § 6 Abs 4 leg.cit. in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, weshalb auch diese Wortfolge in Prüfung genommen wird.
Das Gesetzesprüfungsverfahren dürfte mithin hinsichtlich des (gesamten) § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989, des (gesamten) § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 sowie der Wortfolge 'und Abs 4' im § 6 Abs 5 NÖ GVG 1989 zulässig sein.
2. In der Sache:
2.1. Die Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Regelungen beziehen sich darauf, dass diesen anscheinend nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnommen werden kann, in welchen Fällen die Grundverkehrsbehörden erster und zweiter Instanz in der in diesen Bestimmungen festgelegten (von § 6 Abs 2 NÖ GVG 1989 bzw. § 7 Abs 1 NÖ GVG 1989 abweichenden, erweiterten) Besetzung zu entscheiden haben, die Behördenzuständigkeit nach § 6 Abs 4 leg.cit. und nach § 7 Abs 3 leg.cit. mithin nicht von vornherein hinlänglich klar feststehen dürfte.
2.2. Gemäß Art 83 Abs 2 B-VG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Diese Verfassungsnorm bindet nicht nur die Vollziehung, sondern auch die Gesetzgebung. Das bedeutet, dass die sachliche Zuständigkeit einer Behörde - hier die konkrete Besetzung der Kollegialbehörde - im Gesetz selbst festgelegt sein muss. Art 18 Abs 1 iVm Art 83 Abs 2 B-VG verpflichtet den Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 9937/1984, 10.311/1984, 13.029/1992, 13.816/1994, 16.794/2003, 17.086/2003) gerade in Bezug auf die Behördenzuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung. Eine Zuständigkeitsfestlegung muss derart klar und unmissverständlich sein, dass es keiner subtilen und komplizierten Auslegung (mehr) bedarf, um die vom Gesetzgeber gewollte Kompetenz der Behörden ermitteln zu können. Im Interesse der Rechtsschutz suchenden Bevölkerung sind Regelungstechniken, die besondere Unsicherheit in der Frage nach der zuständigen Behörde entstehen lassen, verfassungsgesetzlich verpönt (zB VfSlg. 9937/1984, 12.883/1991).
2.3. Der Verfassungsgerichtshof ist der vorläufigen Auffassung, dass die Regelungen des § 6 Abs 4 erster Satz sowie des § 7 Abs 3 erster Satz NÖ GVG 1989 betreffend die Zusammensetzung der Grundverkehrsbehörden erster und zweiter Instanz in Angelegenheiten des § 3 Abs 3 lita leg.cit. den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen:
2.4. Zu § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989:
2.4.1. Nach § 6 NÖ GVG 1989 ist die Grundverkehrs-Bezirkskommission als Kollegialbehörde eingerichtet, die gemäß Abs 2 leg.cit. grundsätzlich in einer fünfköpfigen Besetzung - bestehend aus dem Vorsitzenden (dem Bezirkshauptmann oder einem von ihm entsendeten rechtskundigen Bediensteten) und vier (von landwirtschaftlichen Interessenvertretungen und der betroffenen Gemeinde bestellten) Mitgliedern - zu entscheiden hat. § 6 Abs 4 erster Satz NÖ GVG 1989 bestimmt davon abweichend, dass der Grundverkehrs-Bezirkskommission dann, wenn sie 'zur Entscheidung gemäß § 3 Abs 3 lita berufen' ist, ein weiteres, vom Gemeinderat bestelltes Mitglied (sog. 'Ortsmitglied') angehört.
Die materiell-rechtliche Bestimmung des § 3 Abs 2 NÖ GVG 1989 nennt konkrete Tatbestände, bei deren Vorliegen ein Widerstreit zu den in § 3 Abs 1 leg.cit. normierten öffentlichen Interessen (Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes) eines Grundverkehrsgeschäftes anzunehmen ist; der hier bedeutsame Abs 3 leg.cit. enthält jene Bedingungen, bei deren Erfüllung ein derartiger Widerstreit nicht vorliegt: Gemäß § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 (auf den § 6 Abs 4 leg.cit. verweist) ist dies (u.a.) dann gegeben, wenn das land- oder
forstwirtschaftliche Grundstück 'zum Zweck des Wohnbaues ... bestimmt
ist, es sei denn, daß das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes das Interesse an der neuen Verwendung offenbar überwiegt, mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden oder die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundfläche erheblich erschwert oder unmöglich gemacht wird'.
2.4.2. Nun richten sich die Bedenken des Gerichtshofes nicht gegen die - materiell-rechtliche - Vorschrift des § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989. Diese Bestimmung, auf die § 6 Abs 4 erster Satz leg.cit. Bezug nimmt, normiert, unter welchen Voraussetzungen einem Rechtsgeschäft betreffend ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück wegen Nicht-Entgegenstehens öffentlicher Interessen die Genehmigung zu erteilen ist; sie lässt sich sowohl hinsichtlich des Erfordernisses der Zweckwidmung (u.a. zum Wohnbau) als auch bezüglich jenes des Prävalierens der angeführten - der Erteilung einer Genehmigung entgegenstehenden - (öffentlichen) Interessen ('es sei denn, daß ...') bei der im Rahmen des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens zu treffenden Sachentscheidung (anhand der Ermittlungsergebnisse) verfassungskonform interpretieren.
2.4.3. Vielmehr hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die Vorschrift des § 6 Abs 4 erster Satz leg.cit. als eine Zuständigkeitsregelung, für die die in Punkt III.2.2. dargelegten speziellen verfassungsrechtlichen Anforderungen gelten, jener Bestimmtheit entbehren dürfte, die es ermöglichen würde, die Frage der Behördenzuständigkeit von vornherein klar zu beantworten:
Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon aus, dass sich der Verweis im § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989 auf den ersten Satzteil des § 3 Abs 3 lita leg.cit. - wenn eine land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft 'zum Zweck des Wohnbaues oder zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben bestimmt ist' - bezieht, sodass die Grundverkehrs-Bezirkskommission bei Vorliegen der Voraussetzungen einer solchen Zweckwidmung in der sechsköpfigen Besetzung nach § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989 zur Entscheidung (einschließlich des im anschließenden Satzteil des § 3 Abs 3 lita leg.cit. geregelten Abwägungstatbestandes - 'es sei denn, daß ...') berufen ist.
Dem Gesetz ist aber anscheinend nicht zu entnehmen, welche Prämissen hinsichtlich der in Rede stehenden Zweckwidmung (u.a. des Wohnbaues) konkret erfüllt sein müssen, um die erweiterte Behördenbesetzung des § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989 auszulösen; insbesondere dürfte offen bleiben, welchen Voraussetzungen ein faktisch land- oder forstwirtschaftlich genutztes Grundstück genügen muss, damit es als solches qualifiziert werden kann, das für die in § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 genannten Zwecke 'bestimmt' ist. Nach dem Gesetzeswortlaut, aber auch nach der ratio legis und der Systematik sind mehrere Deutungen denkbar (wofür auch der konkrete Fall zu sprechen scheint): Eine (hier von der Grundverkehrs-Bezirkskommission vorgenommene) Auslegung des in Rede stehenden ersten Satzteiles der Regelung des § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 dahingehend, dass das bloße Vorhaben eines Antragstellers, das fragliche Grundstück (in ungewisser) Zukunft zum Wohnbau zu nutzen, nicht ausreiche, die Zuständigkeit nach § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989 auszulösen, scheint ebenso vertretbar wie jene der GVLK, wonach schon die Behauptung einer solchen künftigen - wenn auch erst (vage) ins Auge gefassten - Zweckwidmung für die Zuständigkeit der Behörde in der erweiterten Besetzung genüge. Die Flächenwidmung des Grundstückes dürfte nicht maßgebend sein, weil die Bestimmungen des NÖ GVG 1989 hinsichtlich der Qualifikation eines Grundstückes als land- oder forstwirtschaftliches nicht an die Flächenwidmung, sondern an die (tatsächliche) Art der Nutzung anknüpfen.
Die Frage, ob ein Grundstück zum Zweck des Wohnbaues 'bestimmt' ist, dürfte sich somit häufig erst nach Durchführung entsprechender Sachverhaltserhebungen beantworten lassen.
Dies dürfte zur Folge haben, dass die Besetzung der Kommission und damit die konkrete Behördenzuständigkeit nicht - wie es verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht - in jedem Fall von vornherein feststeht, sondern in einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl von Fällen erst im Zuge des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens ermittelt werden kann. Diese Regelungstechnik dürfte auch zur Folge haben, dass dieser Tatbestand im selben Verfahren unter verschiedenen Aspekten - einmal mit Blick auf die Zuständigkeit, einmal mit Blick auf die Genehmigungsentscheidung - zu prüfen ist, was anscheinend zum (verfassungsrechtlich bedenklichen) Ergebnis führen kann, dass der Vorsitzende der Kommission die Frage des Vorliegens der Zweckbestimmung hinsichtlich eines konkreten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes bei Prüfung der Behördenzuständigkeit (am Beginn des Verfahrens) anders beurteilt als die Kommission im Rahmen ihrer späteren - unter Berücksichtigung aller Verfahrensergebnisse zu treffenden - Sachentscheidung.
2.4.4. Der Verfassungsgerichtshof vertritt daher vorläufig die Ansicht, dass die in Prüfung gezogene Verfahrensvorschrift des § 6 Abs 4 erster Satz NÖ GVG 1989 den verfassungsrechtlichen Erfordernissen einer präzisen Zuständigkeitsregel nicht genügt und daher den Art 18 Abs 1 und 83 Abs 2 B-VG widerspricht.
2.4.5. Wegen des anscheinend gegebenen engen Sachzusammenhanges des ersten und des zweiten Satzes des § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989 wird der gesamte Abs 4 des § 6 leg.cit. sowie die Wortfolge 'und Abs 4' im § 6 Abs 5 NÖ GVG 1989 in Prüfung genommen.
2.5. Zu § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989:
2.5.1. Gemäß § 7 Abs 1 NÖ GVG 1989 besteht die Grundverkehrs-Landeskommission grundsätzlich aus sechs Mitgliedern, nämlich einem Vorsitzenden und einem Berichterstatter (beide rechtskundige Beamte des Amtes der NÖ Landesregierung), einem von der Landesregierung zu bestellenden Richter und drei von der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer zu bestellenden Mitgliedern. Ist die Grundverkehrs-Landeskommission aber 'zur Entscheidung gemäß § 3 Abs 3 lita berufen', so hat ihr gemäß § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 ein weiteres (von der Landesregierung zu bestellendes Gemeinderats-) Mitglied anzugehören.
Das unter Punkt III.2.4. in Bezug auf die Zuständigkeitsregelung für die Grundverkehrs-Bezirkskommission dargelegte Bedenken trifft gleichermaßen auf die Vorschrift des ersten Satzes des § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 zu, die mit Blick auf den darin enthaltenen Verweis auf die materiell-rechtliche Bestimmung des § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 aus den dargelegten Erwägungen - ebenfalls - verfassungswidrig (gewesen) sein dürfte.
2.5.2. Da die drei Sätze des § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 in engem Sachzusammenhang stehen dürften, wird auch diese Bestimmung in ihrer Gesamtheit in Prüfung gezogen."
5. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen nicht bestreitet, den dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes aber entgegentritt und beantragt auszusprechen, dass die in Prüfung gezogenen Regelungen nicht verfassungswidrig waren.
Die NÖ Landesregierung vertritt die Ansicht, dass dem Gesetz im Interpretationswege hinreichend deutlich entnommen werden könne, welche Prämissen hinsichtlich der Zweckwidmung für den Wohnbau erfüllt sein müssen, um die erweiterte Behördenbesetzung gemäß §§6 Abs 4 und 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 auszulösen; die in Prüfung stehenden Regelungen würden daher den Art 18 Abs 1 und 83 Abs 2 B-VG nicht widersprechen. Es wird zwar eingeräumt, dass eine Wortinterpretation zu keinem zweifelsfreien Ergebnis führe, weil die Wortfolge "bestimmt ist" unterschiedliche Schlüsse zulasse; eine systematisch-logische Auslegung der Regelungen anhand der Bestimmungen des § 3 Abs 3 lita und litb NÖ GVG 1989 führe jedoch zu einem eindeutigen Ergebnis. Hiezu wird wörtlich ausgeführt:
"Ein Vergleich dieser zwei Bestimmungen des NÖ GVG 1989 [§3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 und § 3 Abs 3 litb NÖ GVG 1989], die beide Fälle regeln, in denen kein Widerstreit iSd § 3 Abs 1 leg.cit. vorliegt,
zeigt, dass [diese] dieselben Begriffe 'zum Zweck ... bestimmt ist'
verwenden.
Während § 3 Abs 3 litb NÖ GVG 1989 die Prämissen zur Erfüllung der in Rede stehenden Zweckwidmung nennt, nämlich die Glaubhaftmachung durch eine Bescheinigung der Kammer, lässt § 3 Abs 3 lita leg.cit. eine vergleichbare Regelung vermissen.
Dies ist aber insoweit logisch, als die Vielfalt der Fälle des § 3 Abs 3 lita keine dem § 3 Abs 3 litb vergleichbare Regelung zulassen. Es kommen nämlich unzählige Einrichtungen in Betracht, die eine Zweckbestimmung insbesondere für öffentliche, gemeinnützige und kulturelle Aufgaben bescheinigen könnten.
Aus § 3 Abs 3 litb kann zur Interpretation des § 3 Abs 3 lita jedoch gewonnen werden, dass sich der Gesetzgeber mit einer Glaubhaftmachung der Zweckbestimmung begnügt und der Grundverkehrsbehörde deren Prüfung auferlegt.
Es ist nämlich nicht begründbar, warum der Gesetzgeber bei zwei von den Rechtsfolgen her betrachtet gleichen Bestimmungen unterschiedliche Anforderungen für die Annahme einer Zweckwidmung normiert haben soll.
Die NÖ Landesregierung vertritt daher die Ansicht, dass auf Grund einer systematisch-logischen Interpretation § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 eine Glaubhaftmachung der Bestimmung der Liegenschaft für Zwecke des Wohnbaues erfordert, die von der Grundverkehrsbehörde zu überprüfen ist."
Die NÖ Landesregierung gelangt daher zum Ergebnis, dass aus § 3 Abs 3 litb NÖ GVG 1989 in Bezug auf die hier relevanten Verfahrensvorschriften der §§6 Abs 4 und 7 Abs 3 leg.cit. abgeleitet werden könne, dass der Antragsteller in einem Antrag an die Grundverkehrs-Bezirkskommission glaubhaft zu machen hat, dass die verfahrensgegenständliche land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft für Zwecke des Wohnbaues bestimmt ist, um unter den Ausnahmetatbestand des § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 zu fallen. Auf Grund dieses Vorbringens habe die Grundverkehrs-Bezirkskommission in der Zusammensetzung gemäß § 6 Abs 4 leg.cit. zu entscheiden; enthalte der Antrag keine entsprechenden Ausführungen, müsse die Grundverkehrs-Bezirkskommission in der Besetzung gemäß § 6 Abs 2 leg.cit. zusammentreten. Somit sei - in Abhängigkeit vom Antragsvorbringen - von vornherein klar, in welcher Besetzung die Grundverkehrs-Bezirkskommission das Verfahren zu führen hat. Falls der Antragsteller erst während des Verfahrens die Zweckwidmung zum Wohnbau behauptet, liege eine wesentliche Modifizierung des Antrages vor, die auch eine entsprechende Änderung der Zusammensetzung der Grundverkehrs-Bezirkskommission bedinge.
Diese Regelungskonstruktion sei in der gesamten Rechtsordnung - zB im WRG 1959 und UVP-G 2000 - anzutreffen; nach dem UVP-G 2000 seien der Vollzugsbereich, die Zuständigkeit der Behörde und die Verfahrensart nach dem jeweiligen Antragsvorbringen zu beurteilen.
Überdies wendet die NÖ Landesregierung ein, dass die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes auch aus folgenden Gründen nicht zutreffen würden:
"Nach dem NÖ GVG 1989 kamen dem Vorsitzenden des Kollegialorgans 'Grundverkehrs-Bezirkskommission' Leitungsbefugnisse zu. So durfte er vorläufig selbst beurteilen, ob eine Angelegenheit vorliegt, für welche die Kommission in der Sache überhaupt zuständig war, aber auch, ob eine um das Ortsmitglied erweiterte Zusammensetzung erforderlich war.
Grundlage für diese Überlegungen war für den Vorsitzenden zunächst das Vorbringen des Antragstellers, vor allem im verfahrenseinleitenden Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung.
Im Rahmen seiner Leitungsfunktion hatte der Vorsitzende vor der Einberufung zur Sitzung die Angelegenheiten neben der Ladung der Kommissionsmitglieder in einer Weise vorzubereiten, dass die Kommission in der Sache eine Entscheidung treffen konnte. Den Parteien war jedoch zum Beweisergebnis bereits vor der Durchführung einer Verhandlung Parteiengehör zu gewähren. Die mündliche Verhandlung hatte vor der Kommission stattzufinden. Die Kommission bestimmte durch Beschluss über die Notwendigkeit von Beweis- und Verfahrensergänzungen der bisherigen Erhebungen.
Im Rahmen seiner Leitungsbefugnisse hatte der Vorsitzende auch darauf Bedacht zu nehmen, dass die amtswegige Wahrnehmung der behördlichen Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens zu erfolgen hat (§6 Abs 1 AVG). Für die Zuständigkeit der Behörde ist allein der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgebend.
Gesetzlich wurde im NÖ GVG 1989 nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet. Der Vorsitzende konnte daher in rechtlich einwandfreier Weise zunächst auch die Zuständigkeitsfrage selbst beurteilen.
Außerhalb einer Sitzung war der Vorsitzende unter Beachtung der ihn bindenden Beschlüsse befugt, die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Verfahrensanordnungen und -schritte selbst zu setzen und den Standpunkt der Kommission zu vertreten.
Die abschließende Entscheidung, ob der Genehmigungstatbestand nach § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 vorlag, oblag jedoch der in der nach § 6 Abs 4 NÖ GVG 1989 um das Ortsmitglied erweiterten Bezirkskommission in Form eines Beschlusses. Grundlage dafür war die Aktenlage sowie ein allfälliges Verhandlungsergebnis."
Diese Ausführungen würden auch sinngemäß für § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 (die Grundverkehrs-Landeskommission) gelten.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der Beschwerde und die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen sprechen würden.
2. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken konnten im Verfahren nicht zerstreut werden.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof äußerte Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Verfahrensvorschriften dem verfassungsrechtlichen Erfordernis einer präzisen Zuständigkeitsregel nicht genügen und daher den Art 18 Abs 1 und 83 Abs 2 B-VG widersprechen würden.
2.2. Die NÖ Landesregierung tritt diesen Bedenken im Wesentlichen mit dem Argument entgegen, dass dem Gesetz im Wege systematisch-logischer Auslegung hinreichend deutlich entnommen werden könne, in welchen Fällen die Grundverkehrsbehörden erster und zweiter Instanz in der (um ein Mitglied erweiterten) Besetzung nach § 6 Abs 4 und § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 zu entscheiden haben: Mit Blick auf den Inhalt des jeweils verwiesenen § 3 Abs 3 lita leg.cit. sowie aus dessen litb - die beide den hier maßgeblichen Begriff der Zweckbestimmung verwenden (wobei nach letzterer Vorschrift ausdrücklich die Glaubhaftmachung der Zweckbestimmung durch Bescheinigung zu erfolgen hat) - lasse sich die Bestimmung einer land- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaft für Zwecke des Wohnbaues anhand des Antragsvorbringens (sofern dieses genügend Anhaltspunkte für die behauptete Zweckbestimmung biete) unschwer ermitteln, sodass die Grundverkehrs-Bezirkskommission und die Grundverkehrs-Landeskommission bei Wahrscheinlichmachung einer derartigen Widmung durch den Antragsteller in der (um ein Mitglied) erweiterten Besetzung nach § 6 Abs 4 bzw. § 7 Abs 3 NÖ GVG 1989 zu entscheiden haben. Bei Berufung des Antragstellers auf eine solche Zweckwidmung während des Verfahrens zu einem späteren (nach Antragstellung gelegenen) Zeitpunkt werde die Zuständigkeitsregelung des § 6 Abs 4 bzw. des § 7 Abs 3 leg.cit. auf Grund der (plausiblen) Behauptung der Wohnbaubestimmung schlagend, sodass in einem solchen Fall ab dem Zeitpunkt des Vorbringens der Widmung die geänderte (erweiterte) Behördenbesetzung iSd angeführten Gesetzesstellen herbeizuführen sei.
Damit räumt die NÖ Landesregierung aber im Ergebnis selbst ein, dass die in Prüfung gezogenen Vorschriften die konkrete Besetzung der Kollegialbehörden erster und zweiter Instanz in Angelegenheiten des § 3 Abs 3 lita NÖ GVG 1989 nicht in einer Weise determinieren, dass die Behördenzuständigkeit in jedem Fall von vornherein unmissverständlich und klar geregelt ist: Ergibt sich doch auch nach Auffassung der NÖ Landesregierung auf Grund der möglichen Geltendmachung der Wohnbauzweckwidmung (erst) zu einem Zeitpunkt nach Einbringung des Ansuchens um Zustimmung eine nachträgliche (allein durch das ergänzende Vorbringen des Antragstellers herbeigeführte) Änderung der Behördenzuständigkeit während des laufenden Verfahrens (durch Erweiterung der Grundverkehrs-Bezirkskommission oder der Grundverkehrs-Landeskommission um jeweils ein Mitglied), also eine nur von der späteren Parteienbehauptung (und somit vom Willen der Partei) abhängige Erweiterung der Zusammensetzung der entscheidungsbefugten Kollegialbehörde, die mit dem Erfordernis einer von vornherein präzise definierten Zuständigkeitsregelung nicht vereinbar ist. Die Ausführungen der NÖ Landesregierung machen deutlich, dass die vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Bedenken zutreffen.
2.3. Die Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Vorschriften der §§6 Abs 4 erster Satz und 7 Abs 3 erster Satz NÖ GVG 1989 den strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an behördliche Zuständigkeitsvorschriften nicht genügen und daher den Art 18 Abs 1 und 83 Abs 2 B-VG widersprechen, haben sich somit bestätigt.
3. Da die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen - wie oben ausgeführt - mit Ablauf des außer Kraft getreten sind, hatte sich der Verfassungsgerichtshof auf den Ausspruch zu beschränken, dass die Vorschriften der §§6 Abs 4 und 7 Abs 3 NÖ GVG 1989, LGBl. 6800-3, sowie die Wortfolge "und Abs 4" im § 6 Abs 5 leg.cit. verfassungswidrig waren. Dieser Ausspruch stützt sich auf Art 140 Abs 4 B-VG.
4. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.