VfGH vom 24.11.2014, G81/2014
Leitsatz
Abweisung weiterer Individualanträge von Gemeinden auf Aufhebung von Bestimmungen des Stmk GemeindestrukturreformG betreffend Gemeindefusionen; keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigungen
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag und Vorverfahren
1. Gestützt auf Art 140 B VG begehrt die antragstellende Gemeinde Reichendorf, § 3 Abs 11 Z 3 des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), als verfassungswidrig aufzuheben. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"Zur regionalen Anbindung bzw räumlichen und funktionellen Verflechtung:
[…] Richtig ist zwar, dass die genannten Gemeinden aneinander grenzen. Die gemeinsame Gemeindeaußengrenze mit der Marktgemeinde Pischelsdorf beträgt jedoch maximal 5 %.
[…] Die Anbindung nach Pischelsdorf führt über die L 363 zur B 54 und nicht direkt in den Ortskern der Marktgemeide Pischelsdorf und führt ausschließlich über land- und forstwirtschaftliches Gebiet. Es gibt solcherart zwischen der ASt und der Marktgemeinde Pischelsdorf kein zusammenhängendes Siedlungsgebiet.
Es gibt ferner keine öffentliche Verkehrsmittelanbindung in die Marktgemeinde Pischelsdorf. Diese wurde[…] bereits vor 10 Jahren stillgelegt; auch in naher Zukunft ist eine Reaktivierung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zu erwarten.
[…] Durch die Zusammenlegung würden sich jedenfalls keine raumordnungs- und verkehrspolitischen Vorteile aufgrund einer angeblich besseren Nutzbarkeit der durch die Fusion neu vorhandenen bzw dadurch verfügbar gewordenen Flächen bewirken lassen.
Vielmehr sind durch die Zwangsfusion sogar Nachteile zu erwarten, wenn dadurch die planungsrechtliche Ausweisung von Bauland erschwert wird.
Aufgrund der verstärkten Nachfrage in den letzten Jahren verfügt die ASt nur noch über 8 Bauplätze. Es steht tatsächlich auch zu befürchten, dass nach der geplanten Fusion in der Gemeinde Reichendorf fortan überhaupt kein Bauland mehr ausgewiesen wird, sodass in Zukunft nicht mehr gewährleistet sein wird, dass ortsansässige Familien bzw deren Kinder und Enkel bauen werden können.
In diesem Zusammenhang ist ferner davon auszugehen, dass die Zentrumsgemeinde Pischelsdorf für eine zukünftige Wirtschaftsentwicklung – bedingt durch die Entfernung der Marktgemeinde Pischelsdorf zur ASt (bis zu 7 Kilometer) – kein Industriegebiet brauchen wird.
[…]
[…] Auch die von der berufenen Regierung ins Treffen geführte – angebliche — (funktionelle) Verflechtung betreffend die Versorgungsfunktionen trifft tatsächlich nicht zu:
Aufgrund der geographischen Lage kann es nur Siedlungssplitter geben, weshalb die ASt über zwei eigene Kläranlagen mit 500 EW (Einwohnergleichwerten) bzw 250 EW verfügt. Das Gemeindegebiet ist solcherart zu 100 % (selbst) entsorgt. Diese Anlagen sind bereits seit 10 bzw 20 Jahren in Betrieb und ausfinanziert. Darüber hinaus besteht auch ein Altstoffsammelzentrum.
Obwohl kein zusammenhängendes Ortsgebiet möglich ist, gibt es […] gut funktionierende Kommunikationszentren für die Gemeindebewohner[.]
[…]
Darüber hinaus bestehen an infrastrukturellen (Vereins-) Einrichtungen ein Tennisplatz (95 Mitglieder), die Kulmblickhalle, ein Gasthof ESV (105 Mitglieder), der Pensionistenverein (40 Mitglieder).
Nicht zuletzt bestehen zur Abdeckung der infrastrukturellen Versorgung freiwillige interkommunale Kooperationen (als beispielhafte Alternative bzw im Übrigen auch gelinderes Mittel zur Zwangsfusion) in der Kleinregion 'Kulmland' hinsichtlich Winterdienst, Kindergarten, Müll, Wegerhaltungsverband, Abwasser und Sporteinrichtungen.
Aufgrund dieser gut funktionierenden und eigenständigen Versorgungseinrichtungen der ASt sind auch in Zukunft keine großen Investitionen notwendig. Solcherart besteht diesbezüglich auch kein (infrastrukturelles) Zusammenleben, weder mit der Marktgemeinde Pischelsdorf[…] noch mit der Gemeinde Kulm bei Weiz.
Darüber hinaus führt die geplante Zwangsfusion auch nicht zu einer Verbesserung hinsichtlich der für die Beanspruchung außerhalb des Gemeindegebiets der ASt gelegene[n] Versorgungseinrichtungen erforderlichen Wegstrecken:
Solcherart nehmen tendenziell immer mehr Kinder das Pflichtschulangebot der Gemeinden Weiz, Hartberg oder Gleisdorf an. Für das neunte Schuljahr wird überhaupt vorwiegend das Angebot der Gemeinden Weiz, Hartberg, Gleisdorf oder Graz angenommen.
Für die Versorgung mit Dienstleistungen oder privaten Gütern, wie bspw Bekleidung, würden mangels ausreichender Infrastruktur der Fusionsgemeinden auch in der Folge weitere Strecken (Graz, Weiz, Hartberg, Gleisdorf) in Kauf genommen werden müssen.
Zur Inanspruchnahme weitergehender ärztlicher Versorgung durch Fachärzte und Spitäler müssten die Gemeindebürger der ASt auch nach der Fusion in die Gemeinden Gleisdorf, Weiz, Hartberg oder Graz ausweichen.
[…] Da von einer räumlichen und funktionellen Verflechtung der genannten Gemeinden folglich nicht ausgegangen werden kann, können diese Faktoren auch nicht zur Begründung der gegenständlichen Fusion herangezogen werden. Darüber hinaus wird es auch in Zukunft nicht zu einer näheren Verflechtung der Siedlungs- bzw Infrastruktur kommen. Für die Inanspruchnahme wesentlicher Versorgungseinrichtungen wird auch weiterhin in die Gemeinden Weiz, Hartberg und Gleisdorf (bzw Graz) ausgewichen werden müssen. Die angedachte Fusion ist somit (auch) aus diesem Grund sachlich nicht gerechtfertigt.
[…] Die ASt (mit einer derzeitigen Einwohnerzahl von 626 Einwohnern mit Hauptwohnsitz und 16 Einwohnern mit Nebenwohnsitz) verzeichnet kontinuierlich seit dem Jahr 2009 einen Bevölkerungszuzug bzw -zuwachs. Da im Gemeindegebiet der ASt sehr viele junge Familien wohnen, ist auch in Zukunft mit einem stetigen Bevölkerungszuwachs zu rechnen.
Auf Grund der bereits jetzt vorhandenen guten Infrastruktur und der multifunktionalen Gemeindegebiete ist die ASt auch weiterhin allein (und besser als bei einer Zusammenlegung) 'überlebensfähig'; eine Notwendigkeit zur Fusion besteht nicht, da auch nach dieser Reformmaßnahme nicht von einer noch positiveren Entwicklung der neuen Gemeinde ausgegangen werden kann.
[…]
[…] Zur finanziellen Lage:
[…] Die finanzielle Lage der ASt war – nach eigenen Angaben der berufenen Regierung – im Betrachtungszeitraum 2008 bis 2012 trotz eines wirtschaftlich schwierigen Umfeldes positiv. Die ASt konnte in den Jahren 2008 bis 2013 den ordentlichen Haushalt der Gemeinde immer mit Überschüssen abschließen. Die ASt ist bereits seit dem Jahr 2004 schuldenfrei. In den letzten 30 Jahren brauchte die ASt für den Gemeindehaushaltsausgleich keine Bedarfszuweisungsmittel. Auch die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2014 und 2015 lassen eine geordnete Haushaltsführung erkennen.
Solcherart stehen trotz eines niedrigen 'Pro-Kopf-Steueraufkommens' einem Jahresbudget für das Jahr 2014 ein aktuelles Konto-Guthaben von EUR 473.323,00 sowie eine Rücklage von EUR 258.927,00 gegenüber.
Darüber hinaus ergibt sich aus den Rechnungsabschlüssen, dass der ASt –umgelegt auf ihre Einwohner – besonders niedrige Verwaltungskosten erwachsen. Diese sind pro Einwohner um mindestens 50 % geringer[…] als jene in der veröffentlichten Statistik des Städtebunds. Mit der geplanten Fusion ist naturgemäß auch ein höherer Verwaltungsaufwand verbunden, sodass auch diesbezüglich kein Einsparungspotenzial gegeben ist.
[…] Demgegenüber ist die Marktgemeinde Pischelsdorf hoch verschuldet. Solcherart belaufen sich die Gesamtschulden der Marktgemeinde Pischeldorf auf über EUR 4,5 Mio.
Durch die Vereinigung wären die Gemeindebürger der ASt in den kommenden Jahren aufgrund von fusionsbedingt erforderlichen Anpassungen beträchtlichen Gebührenerhöhungen ausgesetzt. Solcherart sind etwa die Kanalgebühren der Marktgemeinde Pischelsdorf bis zu 100 % höher als jene der ASt.
[…]
[…] Auch in diesem Bereich zeigt sich, dass keine Notwendigkeit zur Fusion der ASt mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz besteht. Die Kosten der Fusionsabwicklung würden den prognostizierten (aber von der berufenen Regierung ohnehin nicht in Zahlen erfassten) – finanziellen – Nutzen übersteigen bzw zumindest aufwiegen; die angedachte Fusion ist somit auch diesbezüglich sachlich nicht gerechtfertigt.
[…]
[…] Zum anhaltenden Widerstand:
[…] Bereits oben wurde erwähnt, dass der allgemein anhaltende Widerstand der Bevölkerung zumindest ein Indiz dafür ist, dass die Gemeindevereinigung unsachlich ist/war.
[…] In
der Stellungnahme der ASt vom […] an die Steiermärkische Landesregierung,
der Stellungnahme der ASt vom […] an die Steiermärkische Landesregierung,
der Bekanntmachung des Ergebnisses der durchgeführten Volksbefragung zur Gemeindestrukturreform vom an die Steiermärkische Landesregierung
kommunizierte die ASt gegenüber der berufenen Regierung stets, dass ihrer Ansicht nach kein Bedarf nach einer Zusammenlegung besteht.
[…] Aufbauend auf die […] genannten Schritte ergab die im Gemeindegebiet der ASt nach dem Steiermärkischen Volksrechtegesetz durchgeführte Volksabstimmung vom auf die Frage
'Wollen Sie, dass die Gemeinde Reichendorf ihre Eigenständigkeit verliert, und laut Landesvorschlag mit der Zentrumsgemeinde Pischelsdorf fusioniert wird?'
eine deutlich ablehnende Haltung der Bevölkerung der ASt hinsichtlich der Fusion mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz. Von insgesamt – zum damaligen Zeitpunkt – 528 Stimmberechtigten stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 87,69 % 437 Bürger (das sind beachtliche 94,38 %) dafür, dass die Eigenständigkeit der Gemeinde Reichendorf beibehalten bleibt. Nur 25 Bürger (5,39 %) votierten für eine Zusammenlegung.
Auch die anlässlich der Fusionsabsichten der berufenen Regierung ins Leben gerufene Bürgerinitiative hat sich klar für die Eigenständigkeit der ASt eingesetzt. Solcherart unterstützen 92 % der Wahlberechtigten die Bürgerinitiative der Bevölkerung der ASt durch ihre Unterschrift.
Eine Zusammenlegung mit den (Markt-)Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz wird daher – auch – von der Bevölkerung deutlich abgelehnt.
Aber auch die Marktgemeinde Pischelsdorf hat gegenüber der berufenen Regierung die geplante Zwangsfusion als 'denkbar unvernünftigste Lösung' beurteilt, welche 'weder die neuen Gemeinden noch die Region' zu stärken vermag.
[…] Seit Beginn des Steiermärkischen Strukturreformprozesses ist daher der allgemein anhaltende Widerstand der ASt bzw der im Gemeindegebiet der ASt lebenden Bevölkerung dokumentiert. Es ist davon auszugehen, dass dieser Widerstand in der Bevölkerung auch nach dem anhalten wird, was ein Leben und ein Wirtschaften in der neuen Gemeinde zusehends und auf nicht überschaubare Zeit erschweren wird.
[…]
[…] Anmerkung: zum – von der berufenen Regierung – negierten 'Parteiengehör' und zur mangelhaften Begründung des Gesetzes:
[…] Eine konkrete, auf das spezielle Ansinnen der berufenen Regierung betreffend eine Zusammenlegung der ASt mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz bezogene (ausführliche) Begründung wurde der ASt nie übermittelt bzw zur Verfügung gestellt. Dies obwohl die ASt von der berufenen Regierung mehrfach eine entsprechende Informationsfreigabe forderte.
[…] Aufgabe der berufenen Regierung war und wäre es (im Sinne einer 'Bringschuld'), eine dem Sachlichkeitsgebot entsprechende Prognose zu erstellen, mittels welcher die konkrete Fusion zu begründen ist. Bisher wurden der ASt keine Argumente bzw Prognosedaten, etwa im Sinne einer dem Stand europäische[r] Rechtsprechung entsprechenden Machbarkeitsstudie mit mittelfristiger Planung, bekannt gegeben; dies wird auch nicht in den Erläuterungen zu dem vorliegenden StGsrG 'nachgeholt', wo – beinahe bei jeder Fusion gleichlautend – mit allgemeinen Stehsätzen versucht wird, die jeweilige Fusion zu rechtfertigen. Dies lässt den berechtigten Rückschluss zu, dass seitens der berufenen Regierung im Vorfeld der Entscheidung überhaupt keine fachlich fundierte Grundlagenforschung betrieben wurde und solcherart keine dem Sachlichkeitsgebot entsprechenden Prognosewerte ermittelt wurden, welche die im konkret[en] Fall angedachte Fusion tatsächlich (und nicht nur mit allgemeinen Stehsätzen umschrieben) begründen würden.
[…] Die von der berufenen Regierung im StGsrG festgelegte Zusammenlegung der ASt mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz wurde im Ergebnis weder im StGsrG noch in den diesbezüglichen Erläuterungen ordnungsgemäß begründet. Es wäre von der berufenen Regierung nämlich etwa (schriftlich) darzulegen, welche volkswirtschaftlichen und kommunalwirtschaftlichen Vorteile sich konkret für die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden ergeben würden und warum eine Zusammenlegung mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz die einzig sinnhafte Form einer gesicherten kommunalen Entwicklung (ein Gemeindeverband iSd Art 116a B VG bzw iSd § 38 Stmk GemO wurde von der berufenen Regierung im Reformprozess überhaupt zur Gänze abgelehnt bzw negiert) sein kann.
[…]
[…] Auf Grund der von der berufenen Regierung vorgebrachten allgemein gehaltenen 'Stehsätze' kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Zusammenlegung Verbesserungen zu erwarten sind.
[…] Zu dieser 'informationsverweigernden' und – wie dargelegt – auch nicht begründeten Haltung der berufenen Regierung kommt hinzu, dass – wie bereits erwähnt – freiwillige interkommunale Kooperationen (als mögliche Alternative zur Zwangsfusion) seitens der berufenen Regierung überhaupt nicht geprüft, ja sogar negiert wurden. Es muss daher die Frage bedauerlicherweise unbeantwortet bleiben, ob nicht etwa im jeweiligen Einzelfall ein Gemeindeverband als sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger anzusehen wäre, als die nunmehr angedachte Zwangsfusion.
[….] Die Wahl des schärfsten Mittels (Auflösung der Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit) bei Vorliegen von gelinderen 'Mitteln' (der Zusammenarbeit) kann beim besten Willen nicht dem Sachlichkeitsgebot/dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Gemeindezusammenlegungen, welche nicht auf freiwilliger Basis, sondern vielmehr unter Zwang erfolgen, sind als nicht mehr zeitgemäß zu betrachten und entsprechen nach Ansicht der ASt nicht dem demokratischen Grundverständnis der Republik Österreich."(Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)
2. Die Stmk. Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der die Zulässigkeit des Antrages bestritten und den im Antrag dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
"Wie noch auszuführen sein wird, sind durch die Vereinigung der Antragstellerin mit den Gemeinden Kulm bei Weiz und Pischelsdorf erhebliche Vorteile durch die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur, die gemeinsame Gestaltung des Raumes, sowie Kosteneinsparungen infolge Verwaltungszusammenführung zu erwarten. Weiters ist die Landesregierung der Ansicht, dass durch die Zusammenlegung der drei Gemeindeverwaltungen eine professionelle Verwaltung mit der Möglichkeit der Spezialisierung von Bediensteten in den einzelnen Verwaltungsgebieten sowie eine vernünftige Vertretungsregelung der Gemeindebediensteten ermöglich[t] wird. Eine Ausweitung der Amts- und Sprechzeiten ist aufgrund der neuen Ressourcen möglich. Mit einer höheren Einwohnerzahl nehmen die Fallzahlen zu, sodass auch die Routine bei der Behandlung von Rechtsfällen steigt oder auch juristisch geschultes Personal eingestellt werden kann.
[…]
[...] Die antragstellende Gemeinde führt [in ihrem] Antrag[…] unter anderem aus, dass eine Gemeindezusammenlegung nicht allein mit finanzausgleichsrechtlichen Gründen (sachlich) gerechtfertigt werden könne […][,] dass sie in den Jahren 2008 bis 2013 den ordentlichen Haushalt der Gemeinde immer mit Überschüssen abschließen konnte und dass sie in den letzten 30 Jahren keine Bedarfszuweisungsmittel für den Gemeindehaushaltsausgleich benötigte. Die Landesregierung verweist darauf, dass die Antragstellerin bei dieser Darstellung übersieht, dass sie zwar keine Bedarfszuweisungsmittel für den Haushaltsausgleich, sehr wohl aber im Beobachtungszeitraum 2008 bis 2012 Bedarfszuweisungsmittel für Projekte des außerordentlichen Haushaltes in Höhe von insgesamt EUR 399.966,00 erhielt. Dadurch war die Antragstellerin in der Lage den ordentlichen Haushalt im gesamten Beobachtungszeitraum ausgeglichen zu gestalten […].
[…] Die Landesregierung hält [zu den] Verwaltungs- und Personalkosten fest, dass im Rahmen der Prognose über die finanziellen Auswirkungen der gegenständlichen Vereinigung auch ein Potential an Kosteneinsparungen in der Höhe von rund EUR 85.000,00 pro Jahr möglich ist. Diese Kosteneinsparungen sind im Bereich der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter (EUR 10.000,00) und im Bereich der Gemeindeorgane sowie der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung und den Gemeindebetrieb (insgesamt EUR 75.000,00) erzielbar [...].
Durch die Gemeindevereinigung werden der neuen Gemeinde bis zu 2% mehr Budgetmittel für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen[…] als ohne Vereinigung. Zudem wird die neue Gemeinde auch die Voraussetzungen nach dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 […] leichter erfüllen können.
[…] Wenn die Antragstellerin in ihrem Antrag […] im Besonderen darauf verweist, dass ihre finanzielle Lage im Betrachtungszeitraum 2008 bis 2012 trotz eines wirtschaftlich schwierigen Umfeldes positiv sei, wohingegen die Marktgemeinde Pischelsdorf schwer verschuldet sei, so verweist die Landesregierung darauf, dass die Marktgemeinde Pischelsdorf mit einem Verschuldungsgrad von 4,38% (Rechnungsabschluss 2012) keineswegs als 'hoch verschuldet' zu bezeichnen ist und darüber hinaus im Beobachtungszeitraum 2008 bis 2012 in der Lage war, ihren ordentlichen Haushalt immer mit Überschüssen abzuschließen.
[…] Ziel der Gemeindestrukturreform ist es, wirtschaftlich leistungsfähige Gemeinden zu schaffen, welche in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Dies kann auch durch den Ausgleich zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gemeinden geschehen. Der Haushalt der Zentrumsgemeinde Pischelsdorf wird durch die vielfältige Infrastruktur, die auch die Antragstellerin und die Gemeinde Kulm bei Weiz nutzen, verstärkt belastet; durch die Vereinigung werden Nutzer und Zahler zusammengeführt, somit die ungleiche Belastung des Haushaltes der Zentrumsgemeinde beseitigt und ein entsprechender Ausgleich herbei geführt.
[…] [Im] Individualantrag[…] wird insbesondere die räumliche und funktionelle Verflechtung mit der Marktgemeinde Pischelsdorf in Abrede gestellt. In Bezug auf die räumliche Verflechtung bringt die Antragstellerin vor, dass es kein zusammenhängendes Siedlungsgebiet mit der Marktgemeinde Pischelsdorf gebe und auch keine öffentliche Verkehrsanbindung in die Marktgemeinde Pischelsdorf führe. Durch die Zusammenlegung würden sich jedenfalls keine raumordnungs- und verkehrspolitischen Vorteile aufgrund einer angeblich besseren Nutzbarkeit der durch die Fusion neu vorhandenen bzw dadurch verfügbar gewordenen Flächen bewirken lassen. […]
Zu diesen Ausführungen ist zunächst festzuhalten, dass es u.a. Ziel der Gemeindestrukturreform ist, entsprechende raumordnungspolitische Maßnahmen zu ermöglichen, die eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und die wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten[.]
Dazu wird unter Berücksichtigung der rechtsgültigen Örtlichen Entwicklungskonzepte und Flächenwidmungspläne folgendes festgehalten:
[…] Die drei beteiligten Gemeinden befinden sich zum Großteil im Teilraum des außeralpinen Hügellandes. Dieser Teilraum ist durch eine äußerst Kleinteilige Durchmischung von v.a. Wald, Wiesen und Ackerland charakterisiert. In diesem zusammenhängenden Netz großflächiger Freilandbereiche, Retentionsräume und landschaftsraumtypischer Strukturelemente sind die Siedlungsbestände eingebettet, verbunden durch ein zusammenhängendes Erschließungssystem.
Die Antragstellerin ist durch die L 363 Reichendorferstraße an das regionale Verkehrsnetz angebunden, die Anbindung an weitere regionale und überregionale Verkehrsachsen ist in der Marktgemeinde Pischelsdorf über die B54 Wechsel Straße sowie die L 394 Römerbachstraße gegeben. Wenn die Antragstellerin […] ausführt, dass die Anbindung nicht direkt in den Ortskern der Marktgemeinde Pischelsdorf führe, sondern über land- und forstwirtschaftliches Gebiet, so sieht die Landesregierang darin keinen Nachteil für die Antragstellerin. Zur behaupteten mangelnden direkten Erreichbarkeit des Ortskernes von Pischelsdorf über die B 54 ist festzuhalten, dass die B 54 (die u.a. als Erschließung der Antragstellerin nach Pischelsdorf fungiert) nicht in peripherer Lage am Zentrum von Pischelsdorf vorbeiführt, sondern aufgrund der Topographie dem Gelände folgt und am Hangfuß um das historische Zentrum herum geführt ist. Entlang der B54 sind laut FWP 4.0 der Marktgemeinde Pischelsdorf großräumig Kerngebiete ausgewiesen. Damit ist die Erreichbarkeit zentrenrelevanter Einrichtungen in Pischelsdorf jedenfalls direkt über die B 54 gegeben.
Im Ortsteil 'Vorstadt' der Gemeinde Kulm bei Weiz zweigt die 'Vorstadtstraße' (in weiterer Folge Kulmlandstraße) von der L 363 ab. Diese Straße führt ins unmittelbare Ortszentrum von Pischelsdorf, wodurch eine direkte Anbindung der Antragstellerin ins Ortszentrum von Pischelsdorf in 4 km Entfernung gegeben ist.
[…] Wenn die Antragstellerin weiters vorbringt, es gebe keine öffentlichen Verkehrsverbindungen in die Marktgemeinde Pischelsdorf, da diese Verbindungen bereits vor 10 Jahren stillgelegt worden seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Antragstellerin über die Verbundlinie 334 im Linienverkehr an die Marktgemeinde Pischelsdorf angeschlossen ist […]. Die Verbundlinien verkehren an Schultagen fünfmal von Pischelsdorf über Kulm bei Weiz zur antragstellenden Gemeinde und dreimal von der Antragstellerin über Kulm bei Weiz Richtung Pischelsdorf. Es verwundert, wenn die Antragstellerin selbst in ihrem Örtlichen Entwicklungskonzept davon ausgeht, dass das Gemeindegebiet durch den Verkehrsverbund erschlossen wird, im Antragsvorbringen jedoch das Gegenteil behauptet […].
[…] Ein weiterer räumlicher Zusammenhang der Gemeinden der gegenständlichen Konstellation ergibt sich schon dadurch, das die Antragstellerin und die Gemeinde Kulm bei Weiz in einem Teilbereich der gemeinsamen Gemeindegrenze durch Baulandentwicklungen verbunden sind und somit einen zusammenhängenden Siedlungsraum bilden[.]
[…]
[…] Die Marktgemeinde Pischelsdorf wurde im Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Weiz gemäß § 4 Abs 1 als 'Teilregionales Versorgungszentr[um]' festgelegt. Dies bedeutet, dass die Gemeinde Pischelsdorf (im Vergleich zur Antragstellerin und der Gemeinde Kulm) bereits jetzt eine überörtliche Funktion besitzt, die für die Nachbargemeinden von Bedeutung ist.
Die Marktgemeinde verfügt über ein vielfältiges Versorgungsangebot an öffentlichen und privaten Dienstleistungen […]. Pischelsdorf weist eine Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungen wie produzierendes Gewerbe, Handel sowie öffentliche und private Einrichtungen und Dienstleistungen auf. Die Gemeinde verfügt damit über eine umfassende Versorgungsinfrastruktur und ergänzende höherrangige Infrastruktureinrichtungen.
Durch die Stärkung der Funktionsfähigkeit des bestehenden Zentrums kann mittel- bis langfristig die Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen und privaten Dienstleistungen in zumutbarer Entfernung sichergestellt werden. Mit der Vereinigung der Gemeinden wird somit einem erklärten Ziel der Strukturreform entsprochen, regionale Gemeindezentren zu stärken bzw. zu schaffen, die diese Grundversorgung leisten können. Durch entsprechende raumordnungspolitische Maßnahmen im Gebiet der neuen Gemeinde wird es ermöglicht, eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und die wirtschaftliche Entwicklung zu gewährleisten.
[…] Die Antragstellerin führt […] weiters an, dass sich durch die Zusammenlegung keine raumordnungs- und verkehrspolitischen Vorteile durch die Nutzbarkeit von neu vorhandenen bzw. durch die Fusion verfügbar werdenden Flächen ergeben. […]
[…] Die Antragstellerin führt im Antrag nicht näher aus, weshalb bei einer Vereinigung Baulandausweisungen erschwert werden würden, sodass darauf nicht näher einzugehen ist. Allgemein wird angemerkt, dass es auch im Interesse der neuen Gemeinde liegen wird, die Nachfrage nach Bauplätzen im Ortsteil der Antragstellerin unter Einhaltung der Raumordnungsbestimmungen zu erfüllen.
Die Antragstellerin gibt an, über lediglich acht Bauplätze zu verfügen. Dies widerspricht dem rechtskräftigen Örtlichen Entwicklungskonzept, das ausreichend Entwicklungspotenzial für Wohnen vorsieht. Die Argumentation, dass die Zentrumsgemeinde Pischelsdorf bedingt durch Entfernung der Antragstellerin kein Industriegebiet mehr braucht, kann nicht nachvollzogen werden. Für die Ausweisung von Industriegebieten sind nach den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen andere Kriterien maßgeblich. Die Ausführungen zu den Industriegebietsausweisungen sind daher nicht nachvollziehbar.
[…] Im Hinblick auf die von der Antragstellerin […] ins Treffen geführten räumlichen Distanzen ist ergänzend anzumerken, dass sich in diesem Bereich in den letzten Jahrzehnten vieles nachhaltig geändert hat. […] Besonders der erhebliche Ausbau der Infrastruktur, das verbesserte Straßennetz und der höhere individuelle Motorisierungsgrad relativieren die Überwindung von räumlichen Distanzen. Dazu kommt, dass die BürgerInnen durch die Modernisierung der Vewaltungsführung, wie etwa durch die Einführung von [E]-[G]overnment, viele Verwaltungsallgelegenheiten mit modernen Kommunikationsmitteln bewerkstelligen können und sich daher die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens im Gemeindeamt deutlich reduziert. Der Gesetzgeber darf daher berücksichtigen, dass mit zunehmender technischer Entwicklung und dem Ausbau von Infrastrukturen sowie der Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten räumliche Entfernungen heute eine weit geringere Rolle spielen.
[D]ie Antragstellerin [bezweifelt], dass es funktionelle Beziehungen zwischen den Gemeinden gebe.
Die Bedeutung der Marktgemeinde Pischelsdorf als Teilregionales Versorgungszentrum und als zentraler Ort mit einem Bedeutungsüberschuss stellt sich in vielen Bereichen der Infrastruktur dar, die die Marktgemeinde Pischelsdorf der antragstellenden Gemeinde in Ermangelung dieser Einrichtungen bereitstellt. So verfügt die Marktgemeinde Pischelsdorf neben Bildungseinrichtungen (Volksschule, Neue Mittelschule, Polytechnische Schule) über weitere Einrichtungen, wie eine Musikschule, Ärzte und Fachärzte, eine Apotheke, eine Polizeidienststelle, Banken, Pfarre, Lebensmittelgeschäfte […], Rettungsstelle, Sozialeinrichtungen[…], Post, ein Freizeitzentrum, Freibad, u.v.m., mit denen der Grundbedarf u.a. auch der Bevölkerung der antragstellenden Gemeinde gedeckt wird.
Die an der Vereinigung beteiligten Gemeinden sind Teil des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes 'Pischelsdorf in der Steiermark'.
Die antragsstellende Gemeinde ist mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs unterversorgt und daher funktionell nach Pischelsdorf ausgerichtet. Die Tatsache der funktionellen Unterversorgung wird seitens der Gemeinde (indirekt) auch bestätigt, da im Antrag als eigene Infrastruktur lediglich das Gemeindehaus, die Feuerwehr und der Kindergarten und Infrastruktureinrichtungen von Vereinen angeführt werden und in Ermangelung eigener Einrichtungen auf bestehende interkommunale Kooperationen verwiesen wird.
Die antragstellende Gemeinde fuhrt im Örtlichen Entwicklungskonzept[…] 4.0 selbst aus, dass die Marktgemeinde Pischelsdorf und die Gemeinde Puch b. Weiz die Nahversorgung sichern[,] und gibt im Wortlaut unter § 8 'Bildungswesen und Kultur' sowie § 9 'Gesundheits- und Sozialwesen' an, dass die Nachbargemeinde Pischelsdorf den Bedarf der antragstellenden Gemeinde an Einrichtungen des Bildungswesens und der Kultur sowie den Bedarf an Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens deckt (ÖEK 4.0, Seite 17[…]).
Abschließend kommt die Gemeinde unter § 11 'Die angestrebte Funktion im Land' zum Schluss, dass durch die Nähe zur Marktgemeinde Pischelsdorf kein Bedarf an einer 'Aufrüstung' der Zentralität der Gemeinde Reichendorf bestehe (ÖEK 4.0, Seite 18[…]).
Dies alles spricht für die Sachlichkeit der Vereinigung, da durch die gemeinsame und somit effizientere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur mittelfristig insgesamt Kosteneinsparungen, ein effizienter Einsatz der Budgetmittel und eine bessere Auslastung der Infrastruktur zu erwarten ist.
In Zusammenschau der o.g. raumplanerischen Beurteilung sowie der Selbsteinschätzung der antragstellenden Gemeinde im ÖEK 4.0 ist – entgegen den Ausführungen der Gemeinde im Antrag – eine eindeutige räumliche und funktionelle Verflechtung zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Pischelsdorf, aber auch mit der Gemeinde Kulm bei Weiz, gegeben.
[…] Wenn die Antragstellerin vorbringt, dass es aufgrund der geographischen Lage nur Siedlungssplitter geben könne, weshalb die Antragstellerin über zwei Kläranlagen verfüge und deshalb selbst versorgt sei, so wird dem seitens des Landes entgegengehalten, dass in der Steiermark mehrere Gemeinden – bspw. aus topografischen Gründen – zwei oder gar mehrere völlig getrennt voneinander bestehende Abwasserentsorgungssysteme betreiben. Das Nichtvorliegen eines gemeinsamen Abwasserentsorgungssystems oder eine 'autarke Abwasserversorgung' stehen einer Gemeindevereinigung nicht entgegen.
[…] Zum Vorbringen, dass die Vereinigung 'auch nicht zu einer Verbesserung hinsichtlich der für die Beanspruchung außerhalb des Gemeindegebietes der Antragstellerin gelegener Versorgungseinrichtungen erforderlichen Wegstrecke' führe und dazu exemplarisch angeführt wird, dass tendenziell immer mehr Kinder das Pflichtschulangebot der Gemeinden Weiz, Hartberg oder Gleisdorf annehmen würden, wird angemerkt:
[…] Gemäß der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung über die Festsetzung des Schulsprengels der VS Pischelsdorf[…] und der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung über die Festsetzung des Schulsprengels der VS Preßguts[…] ist die Antragstellerin zum Teil dem Schulsprengel der Volksschule Pischelsdorf und zum Teil jenem der Volksschule Preßguts und überdies gänzlich dem Schulsprengel der Neuen Mittelschule Pischelsdorf zugeordnet.
Im Schuljahr 2013/14 besuchten 14 SchülerInnen aus der antragstellenden Gemeinde die VS Pischelsdorf und 21 SchülerInnen die NMS Pischelsdorf. Darüber hinaus besuchen 2 Kinder der antragstellenden Gemeinde die Polytechnische Schule Pischelsdorf.
Damit ist auch eine funktionelle Verflechtung der Antragstellerin und der Marktgemeinde Pischelsdorf im schulischen Bereich gegeben.
[…] Wenn die antragstellende Gemeinde vorbringt, dass sie auch nach der Vereinigung weiterhin wesentliche Versorgungseinrichtungen der Gemeinden Weiz, Hartberg und Gleisdorf (bzw) Graz wahrnehmen müsse, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Entfernung von der Antragstellerin zum Teilregionalen Versorgungszentrum Pischelsdorf lediglich vier Kilometer, zu den Gemeinden Gleisdorf 14 km, zu Weiz 17 km und zu Hartberg 14 km beträgt. Gerade die Tatsache, dass die Marktgemeinde Pischelsdorf ein umfangreiches Angebot an Versorgungsdienstleistungen vorweist und lediglich vier Kilometer entfernt ist, spricht für die Sachlichkeit der Vereinigung.
[…]
Der Bevölkerungsstand der Antragstellerin ist von 1981 bis 2013 steigend (+ 3,5%), am hatte sie 623 EinwohnerInnen; die statistischen Prognosen bis 2030 gehen von einem Bevölkerungsrückgang auf 559 aus[.]
[…]
Die Antragstellerin führt […] Bevölkerungszahlen von bis an. Diese weichen jedoch von den oben aufgelisteten offiziellen Bevölkerungszahlen der Statistik Austria ab und sind ebenso wie der vorgebrachte Bevölkerungszuwachs nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin verkennt, dass Bevölkerungsprognosen keine linearen Fortschreibungen sind und die Entwicklung der letzten Jahre somit nicht über spekulative Annahmen fortgeschrieben werden kann. Überdies hat sie die sich stark geänderte Altersstruktur der Bevölkerung der Antragstellerin nicht berücksichtigt. Die Geburtenbilanz (Geburten minus Sterbefälle) ist in den letzten Jahren ausgeglichen; die Wanderungsbilanz (Zuzüge minus Wegzüge) ist schwankend, war aber zumeist negativ. Da zu erwarten ist, dass die Geburtenbilanz in Zukunft ausgeglichen sein wird und die Wanderungsbilanz leicht negativ bleiben wird, kommt man bei der Bevölkerungsprognose für die Antragstellerin auf einen Rückgang der Bevölkerung bis 2030 auf 559 EinwohnerInnen.
[…]
Hinsichtlich des anhaltenden Widerstandes der Bevölkerung argumentiert die Antragstellerin […], dass dieser zumindest ein Indiz für die Unsachlichkeit der Gemeindevereinigung sei. Die in der antragstellenden Gemeinde am durchgeführte 'Volksbefragung' habe eine deutlich ablehnende Haltung der Bevölkerung der Antragstellerin hinsichtlich der Fusion mit den Gemeinden Pischelsdorf und Kulm bei Weiz ergeben. […]
Festzuhalten ist, dass der Landesregierang weder eine Verordnung betreffend die Abhaltung einer Volksabstimmung i.S.d §§130 ff Stmk. Volksrechtegesetz (VRG) noch eine Verordnung betreffend die Abhaltung einer Volksbefragung i.S.d § 159 Stmk. Volksrechtegesetz bekannt ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die von der Antragstellerin angeführte Bürgerbefragung nicht auf Grund der Bestimmungen des Stmk. Volksrechtegesetzes (VRG), sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung durchgeführt worden ist. Die Aussagekraft dieser Meinungsumfrage lässt sich daher nur schwer beurteilen, ebenso ist eine seriöse Überprüfung des Ergebnisses nicht möglich.
In allen Phasen des Gemeindereformprozesses wurde Wert darauf gelegt, kommunale Interessen zu berücksichtigen, die Gemeinden einzubeziehen, und den Prozess möglichst transparent zu gestalten.
[…]
Die Ergebnisse der auf Ebene der Gemeinde durchgeführten Volksbefragungen/Volksabstimmungen sind – soweit sie der Aufsichtsbehörde mitgeteilt wurden – in jedem Einzelfall in die Abwägung aller Aspekte, die für und gegen die Gemeindevereinigung sprechen, mit eingeflossen. Sie waren aber bei den vom StGsrG betroffenen Gemeinden, mithin auch der Antragstellerin, letztlich nicht ausschlaggebend, da sich die zu treffende Entscheidung – dem Sachlichkeitsgebot entsprechend – nach den Zielen dieses Gesetzes, den Kriterien des Leitbildes und den öffentlichen Interessen im Sinne von § 6 GemO zu orientieren hatte und die Prognosen für die jeweiligen neuen Gemeinden – als Komplex betrachtet – positiv waren […].
[…]
[…] Die Antragstellerin moniert […], dass ihr eine konkrete, ausführliche Begründung durch die Landesregierung nie übermittelt bzw. zur Verfügung gestellt worden sei. Nach der […] Ansicht der Antragstellerin sei es Aufgabe der Landesregierung (im Sinne einer Bringschuld), eine dem Sachlichkeitsgebot entsprechende Prognose zu erstellen, mittels welcher die konkrete Fusion zu begründen ist. Die Antragstellerin wirft der Landesregierang vor, im Vorfeld der Entscheidung 'überhaupt keine fachlich fundierte Grundlagenforschung betrieben' zu haben. Die Zusammenlegung der antragstellenden Gemeinde mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz sei weder im StGsrG noch in den Erläuterungen ordnungsgemäß begründet worden […]. Die Landesregierung hätte (schriftlich) darlegen müssen, welche volkswirtschaftlichen und kommunalwirtschaftlichen Vorteile sich konkret für die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden ergeben. Insgesamt erhebt die Antragstellerin den Vorwurf einer 'informationsverweigernden' Haltung der Landesregierung.
Dieser Vorwurf wird anhand der Aktenlage […] zurückgewiesen:
Am hat in der Bezirkshauptmannschaft Weiz ein Verhandlungsgespräch mit VertreterInnen der fünf Kulmlandgemeinden Pischelsdorf, Obenrettenbach, Gersdorf, Kulm bei Weiz und der Antragstellerin stattgefunden. Von Seiten des Landes wurde ein Koordinator eingesetzt, der mit der Antragstellerin in Kontakt trat. Mit Schreiben der Abteilung 7 vom wurde die Antragstellerin eingeladen, eine Stellungnahme zur beabsichtigten Gemeindevereinigung abzugeben. Am fand im Gemeindeamt Pischelsdorf eine Besprechung mit den fünf Kulmlandgemeinden statt.
Mit Schreiben der Antragstellerin vom wurde um Auskunft über die beabsichtigte Vereinigung ersucht. Dieses Schreiben wurde von der Abteilung 7 am ausführlich beantwortet und auf die bisherigen Informationsmaßnahmen, die persönlich geführten Gespräche, die BürgermeisterInnenbriefe der beiden Gemeindereferenten über den aktuellen Stand der Gemeindestrukturreform […] und die Homepage […], auf der das Leitbild zur Gemeindestrukturreform sowie umfangreiches Datenmaterial in Form von Grundlagenkarten zugänglich gemacht wurde, hingewiesen. Das Land bekundete die Bereitschaft zu einem weiteren gemeinsamen Gesprächstermin.
Im Schreiben der Antragstellerin […] führt diese selbst aus, dass es viele Gespräche mit den Kulmlandgemeinden, den Bezirksverantwortlichen bis hin zum Landesverantwortlichen LH-Stv. Schützenhöfer gegeben habe.
[…]
Die Landesregierung hat im Rahmen der Vorschlags- und Verhandlungsphase unter Einbindung der Gemeinden sowie von Gemeinde- und Städtebund[…] entsprechende Grundlagen wie z.B. das Leitbild zur Gemeindestrukturreform erarbeitet. In dieses Leitbild sind die in Auftrag gegebenen Studien von ******** ******** ********************** *** – ******* *** ***********- *** ******************** sowie von der *** **** **** […] eingeflossen. Dieses Leitbild wurde im Landtag Steiermark behandelt, veröffentlicht und jeder betroffenen Gemeinde, auch der Antragstellerin, umgehend zur Kenntnis gebracht.
[…] Zum Vorbringen der Antragstellerin […], wonach ein Gemeindeverband iSd Art 116a B VG bzw. iSd § 38 GemO von der Landesregierung zur Gänze abgelehnt bzw. negiert worden sei und die Frage, ob ein Gemeindeverband als sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger anzusehen wäre als die Zwangsfusion, unbeantwortet geblieben wäre, wird Folgendes ausgeführt: […]
Der Landtag hat sich mehrmals mit der Frage beschäftigt, ob freiwillige Gemeindekooperationen bzw. Gemeindeverbände genauso geeignet sind, die mit einer Gemeindereform verfolgten Ziele zu erreichen. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn mit den freiwilligen Gemeindekooperationen oder Gemeindeverbänden die dargestellten gleichen Vorteile erzielt werden können. Es wurde daher geprüft, ob die Reformziele auch in einem oder in mehreren Gemeindeverbänden genauso gut erreicht werden können.
Im Leitbild zur Gemeindestrukturreform wurden die Vor- und Nachteile von Gemeindevereinigungen und Verbandslösungen ausführlich dargestellt. Folgende Erwägungen sind letztlich gegen eine Verbandslösung ins Treffen zu führen:
[Auszugsweise wird aus den Erläuterungen (RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 9 f.) zitiert.]
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine rechtswissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2012 [vgl. Holoubek/Potacs/Scholz , Art 120 B VG als Instrument der Gemeindekooperation?, in KWG (Hrsg), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region (2012)]: 'Eine rechtspolitische Gesamtbewertung gemeindeübergreifender Organisationsformen fällt somit zugunsten von Fusionen und Gebietsgemeinden aus, weil diese sich effizienter und finanziell günstiger ausgestalten lassen und – wie gesagt – eine Abmilderung des kommunalen Identitätsverlustes zulassen.'
Es ist daher festzuhalten, dass die neu geschaffene Möglichkeit der Bildung von Mehrzweckverbänden die umfassende Gemeindestrukturreform durch Gebietsänderungen nicht ersetzen kann, sondern nur ein ergänzendes Modell darstellt. Das zeigten auch die bisherigen Erfahrungen mit freiwilligen Verbänden und dem 'Regionext-Modell' zur Bildung von Kleinregionen, die mit der Novellierung (des § 38a GemO, LGBl Nr 92/2008) ermöglicht wurden. Obwohl sich viele Gemeinden zu Kleinregionen zusammenschlossen, blieben die erwünschten Effekte dieser Maßnahme weit hinter den Erwartungen zurück.
Auch das immer wieder artikulierte Bedürfnis der Gemeinden nach derartigen Verbänden fand keinen Niederschlag in etwaigen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren. Seit der landesgesetzlichen Umsetzung der B VG-Novelle gibt es in der Steiermark keinen derartigen Mehrzweckverband. […] Auch die antragstellende Gemeinde hat keinen derartigen Antrag eingebracht.
[…]
[…] Schlussbemerkungen:
[…]
Der Gesetzgeber konnte bei der Beschlussfassung des StGsrG davon ausgehen, dass die gegenständliche Gebietsänderung (§3 Abs 11 Z 3 StGsrG) dem aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleiteten Sachlichkeitsgebot sowie den in § 6 Abs 2 GemO normierten öffentlichen Interessen entspricht." (Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)
II. Rechtslage
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):
1. Die §§6, 8 und 11 Abs 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 – GemO, LGBl 115, idF LGBl 87/2013, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"§6
Gebietsänderungen
(1) Gebietsänderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Grenzänderungen (§7), die Vereinigung von Gemeinden (§8), die Teilung einer Gemeinde (§9), die Neubildung und Aufteilung einer Gemeinde (§10).
(2) Gebietsänderungen nach Abs 1 dürfen nur aus Gründen der durch dieses Gesetz geregelten öffentlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die geografische Lage der Gemeinde erfolgen, wobei jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die Gemeinden fähig sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Als öffentliche Interessen sind insbesondere wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische oder finanzielle Gründe zu verstehen.
[…]
§8
Vereinigung
(1) Zwei oder mehrere angrenzende Gemeinden können sich auf Grund übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse mit Genehmigung der Landesregierung zu einer neuen Gemeinde vereinigen.
(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach § 6 Abs 2 vorliegen. Die genehmigte Vereinigung ist im Landesgesetzblatt zu verlautbaren; die Genehmigung der Landesregierung ist auch für den Fall erforderlich, wenn zwischen Verlautbarung und Rechtswirksamkeit der Vereinigung eine Auf-hebung oder Abänderung der beschlossenen Maßnahme durch Gemeinderatsbeschluss oder eine dem Gemeinderatsbeschluss gleichzuhaltende Entscheidung erfolgt.
(3) Zur Vereinigung von zwei oder mehreren angrenzenden Gemeinden gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde ist ein Gesetz erforderlich.
(4) Die Vereinigung hat den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge.
(5) Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung in den bisherigen Gemeinden anhängige Verwaltungsverfahren sind zunächst vom gemäß § 11 Abs 1 eingesetzten Regierungskommissär und ab Angelobung des Bürgermeisters der neu geschaffenen Gemeinde von den ab diesem Zeitpunkt zuständigen Gemeindebehörden weiterzuführen.
(6) Die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung bestehenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu einer der bisherigen Gemeinden gelten als entsprechende Dienstverhältnisse zur neu geschaffenen Gemeinde.
§11
Gemeinsame Bestimmungen
(1) Für die gemäß §§8, 9 und 10 Abs 1 neu geschaffenen Gemeinden hat die Landesregierung binnen sechs Monaten nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung Neuwahlen des Gemeinderates auszuschreiben. Bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters führt ein von der Landesregierung nach § 103 einzusetzender Regierungskommissär die laufenden und unaufschiebbaren Geschäfte. Zu seiner Beratung ist von der Aufsichtsbehörde über Vorschlag der beteiligten Gemeinden ein Beirat zu bestellen; jeder beteiligten Gemeinde steht das Vorschlagsrecht für ein Beiratsmitglied zu. Bei den übrigen Gebietsänderungen kann die Landesregierung den Gemeinderat auflösen und binnen sechs Monaten Neuwahlen ausschreiben, wenn die Gebietsänderung eine Änderung der Einwohnerzahl zur Folge hat, durch die eine Änderung der Anzahl der Gemeinderäte (§15 Abs 1) bewirkt wird, oder wenn der durch die Änderung verursachte Zu- oder Abgang an Einwohnern die bisher auf ein Gemeinderatsmandat entfallende Anzahl von Einwohnern erreicht. Bis zur Angelobung der neugewählten Gemeinderatsmitglieder und des neugewählten Bürgermeisters führen die bisherigen Gemeindeorgane die Geschäfte der Gemeinde weiter."
2. Die §§1, 2, 3 und 7 des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes – StGsrG, LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), lauten – auszugsweise – wie folgt:
"§1
Ziele der Strukturreform
(1) Ziel der Reform der gemeindlichen Strukturen im Land Steiermark ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung. Die Strukturreform soll wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden schaffen, die dauerhaft in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene soll gestärkt und langfristig gesichert werden, um insbesondere die gemeindliche Infrastruktur effizient zu nutzen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen im jeweiligen Gemeindegebiet abzudecken und der demografischen Entwicklung gerecht zu werden.
(2) Die Reform der gemeindlichen Strukturen soll auch entsprechende raumordnungs- und verkehrspolitische Maßnahmen ermöglichen, die eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und die wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten. Bestehende Siedlungsverflechtungen sollen sich in den verwaltungsmäßigen Strukturen der Gemeinden widerspiegeln. Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.
§2
Umsetzung der Strukturreform
Die in § 1 genannten Ziele werden durch Vereinigung angrenzender Gemeinden (§8 Abs 3 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) und durch Aufteilung von Gemeinden auf angrenzende Gemeinden (§10 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) unter Beachtung der in § 6 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 geregelten öffentlichen Interessen erreicht.
§3
Vereinigung von Gemeinden eines politischen Bezirkes
[…]
(11) Im politischen Bezirk Weiz werden folgende Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt:
[…]
3. die Marktgemeinde Pischelsdorf in der Steiermark mit den Gemeinden Kulm bei Weiz und Reichendorf zur Marktgemeinde Pischelsdorf am Kulm;
[…]
§7
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit in Kraft."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
Die antragstellende Gemeinde ist zur Antragstellung auf Grund des Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG legitimiert: Sie wird durch die bekämpfte, gesetzlich verfügte Gemeindevereinigung entsprechend ihrem Vorbringen schon deswegen nachteilig in ihrer Rechtssphäre berührt, weil sie durch die Vereinigung mit anderen Gemeinden ihre Rechtspersönlichkeit verliert. Die angefochtene Regelung greift auch unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Gemeinde ein; ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes steht der antragstellenden Gemeinde nicht zur Verfügung (vgl. , V46/2014).
1.2. Der Antrag ist durch einen entsprechenden Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates (vgl. , V46/2014) gedeckt: Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom einen Beschluss zur Einbringung eines Individualantrages gegen das StGsrG gefasst.
1.3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, erweist sich der Antrag auf Aufhebung des § 3 Abs 11 Z 3 StGsrG als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes enthält die Bundesverfassung zwar eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution (vgl. insbesondere Art 116 Abs 1 B VG), sie garantiert der individuellen Gemeinde aber keineswegs ein Recht auf "ungestörte Existenz". Ein absolutes Recht auf Existenz kommt von Verfassungs wegen ausschließlich jenen juristischen Personen zu, die in Verfassungsnormen individuell und nicht bloß der Art nach bezeichnet sind. Maßnahmen, die bewirken, dass eine Gemeinde gegen ihren Willen als solche zu bestehen aufhört, sind weder durch die Vorschriften des B VG über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde noch durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung (Art5 StGG) ausgeschlossen (vgl. grundlegend VfSlg 6697/1972, 9373/1982). An dieser Rechtsauffassung hat auch die im Rang eines einfachen Bundesgesetzes stehende und durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllende Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung, BGBl 357/1988, nichts geändert, weil ein solcher Staatsvertrag keinen Maßstab für die Verfassungskonformität eines Gesetzes darstellt. Gemäß Art 115 Abs 2 B VG obliegt es dem Landesgesetzgeber, das Land in "Gemeinden" zu gliedern und die Gemeindegebiete festzusetzen sowie zu ändern. Insgesamt kommt dem Gesetzgeber dabei ein weitgehender rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. ähnlich VfSlg 9655/1983, 9668/1983, 9669/1983, 10.637/1985); er ist aber insbesondere an das – aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende – Sachlichkeitsgebot gebunden. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindegliederung für sich genommen sachlich ist. Dem entsprechend ist es nicht seine Aufgabe, zu untersuchen, ob alternative Festlegungen zweckmäßiger gewesen wären oder bessere Auswirkungen gehabt hätten (vgl. zB VfSlg 6697/1972, 9655/1983, 13.543/1993, wonach der Gleichheitsgrundsatz dem Verfassungsgerichtshof keine Handhabe gibt, über die Zweckmäßigkeit gesetzlicher Bestimmungen zu urteilen), hier etwa die Bildung eines – durch die B VG-Novelle BGBl I 60/2011 nunmehr mit einem umfangreicheren Aufgabenbereich ausgestatteten – Gemeindeverbandes gemäß Art 116a B VG.
2.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , G44/2014, V46/2014, ausgesprochen hat, bestehen seitens des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich keine Bedenken, wenn der Landesgesetzgeber in Verfolgung der sich schon aus § 6 Abs 2 Stmk. GemO, § 1 StGsrG sowie den Erläuterungen zum StGsrG ergebenden Ziele Gebietsänderungen bzw. Vereinigungen von Gemeinden vorsieht, sofern jede dieser Maßnahmen dem Sachlichkeitsgebot entspricht.
2.3.1. Bei der Untersuchung der Frage, ob das StGsrG verfassungsmäßig ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes betreffend die Vereinigung der Gemeinden an; dies deshalb, weil es sich dabei um eine einmalige Maßnahme handelt (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 10.637/1985, 11.629/1988, 11.858/1988, 13.543/1993). Es ist dabei unter Bedachtnahme auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes zu prüfen, ob sich das Gesetz im Lichte der zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden künftigen Entwicklung als sachlich und nachvollziehbar erweist. Bei dieser Prognoseentscheidung hat der Gesetzgeber zu beurteilen, ob die Gemeindevereinigung insgesamt – also nicht bloß auf die Belange der einzelnen Gemeinde bezogen – eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwarten lässt (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993). Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gesetzlich angeordnete Änderung der Gemeindestruktur vor dem Gleichheitssatz bestehen kann, hat der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass die Vereinigung einer Kleingemeinde mit weniger als 1.000 Einwohnern mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich ist (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993), wobei es sich bei dieser Einwohnerzahl nicht um eine starre Grenze, sondern um einen Richtwert handelt (vgl. VfSlg 9668/1983). Ausnahmen von diesem Grundsatz haben sich in jenen Fällen ergeben, in denen die Vereinigung einer Kleingemeinde – mit welcher anderen Gemeinde immer – auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 9793/1983, 9819/1983, 11.372/1987); ferner in einem Fall, in dem eine Gemeinde mit räumlich nicht geschlossenem Gemeindegebiet neu geschaffen wurde, obgleich nicht ganz besondere Umstände dazu zwangen (vgl. VfSlg 9814/1983), und in einem Fall, in dem die Vereinigung der Kleingemeinde mit einer bestimmten anderen Gemeinde oder ihre Aufteilung auf mehrere Gemeinden (vgl. VfSlg 9068/1981) – beispielsweise unter Bedachtnahme auf das Bestehen öffentlicher Verkehrsverbindungen – "voraussehbarerweise extrem unzweckmäßiger war als eine andere denkbare Vereinigung oder Aufteilung oder auch das Belassen der Gemeinde" (vgl. VfSlg 13.543/1993).
2.3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung weiters ausgeführt, dass die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen jeder Art von einer Vielzahl von Umständen abhängig ist. So gut wie niemals ist eine Situation so beschaffen, dass ausnahmslos alle in Ansehung einer bestimmten Maßnahme erheblichen Umstände für diese Maßnahme sprechen. Der Umstand alleine, dass eine Änderung der Gemeindestruktur auch Nachteile bewirkt, macht eine solche Maßnahme aber noch nicht unsachlich (so schon VfSlg 10.637/1985, 11.372/1987, 11.629/1988, 11.858/1988).
2.4. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erweist sich das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde als unbegründet:
2.4.1. Mit der angefochtenen Bestimmung des StGsrG soll die antragstellende Gemeinde mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz zur Marktgemeinde Pischelsdorf am Kulm vereinigt werden.
2.4.2. Die antragstellende Gemeinde Reichendorf bringt in ihrem Antrag vor, dass sie seit dem Jahr 2009 einen Bevölkerungszuzug bzw. -zuwachs verzeichne; im Gemeindegebiet würden sehr viele junge Familien wohnen. Daher sei auch in Zukunft mit einem stetigen Bevölkerungswachstum zu rechnen. Die Stmk. Landesregierung hält dem entgegen, dass Bevölkerungsprognosen keine linearen Fortschreibungen seien und die Entwicklung der letzten Jahre somit nicht über spekulative Annahmen fortgeführt werden könne; statistischen Prognosen zufolge sei bis 2030 mit einem Bevölkerungsrückgang zu rechnen.
Die antragstellende Gemeinde hatte mit 623 Einwohner (Quelle: Statistik Austria, Statistik des Bevölkerungsstandes vom ). Die antragstellende Gemeinde ist daher als Kleingemeinde zu qualifizieren, deren Vereinigung mit anderen Gemeinden in der Regel sachlich ist. Für den Verfassungsgerichtshof ist es nicht unsachlich, wenn, wie im vorliegenden Fall, eine Kleingemeinde mit zwei anderen Gemeinden – wobei die größte Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark mit 2.534 Einwohnern (Quelle: Statistik Austria, Statistik des Bevölkerungsstandes vom ) das künftige Zentrum darstellen soll – vereinigt werden soll (vgl. dazu zB VfSlg 9668/1983). Besondere Umstände, die trotz der geringen Einwohnerzahl für das eigenständige Bestehenbleiben der antragstellenden Gemeinde sprächen, liegen nicht vor.
2.4.3. Die antragstellende Gemeinde Reichendorf grenzt südöstlich an die Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark und nordöstlich an die Gemeinde Kulm bei Weiz; diese drei aneinandergrenzenden Gemeinden liegen im oststeirischen Hügelland zwischen dem Ilztal und dem Feistritztal, im Norden besteht ein Anteil am Kulm. Die antragstellende Gemeinde sowie die anderen zu vereinigenden Gemeinden sind durch die Landesstraße L 363 und mehrere Gemeindestraßen miteinander verbunden.
2.4.4. Die antragstellende Gemeinde bringt vor, dass sie und die Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark über kein zusammenhängendes Siedlungsgebiet und über keine funktionalen Verflechtungen verfügten, aber auch keine öffentliche Verkehrsanbindung in die Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark bestehe. Dem hält die Stmk. Landesregierung entgegen, dass die Entfernung zwischen den Gemeindezentren Reichendorf und Pischelsdorf in der Steiermark lediglich vier Kilometer betrage. Die antragstellende Gemeinde sei über die Verbundlinie 334 im Linienverkehr an die Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark angeschlossen; die Verbundlinien würden an Schultagen fünfmal von Pischelsdorf in der Steiermark über Kulm bei Weiz in die antragstellende Gemeinde und dreimal von der antragstellenden Gemeinde in Richtung Pischelsdorf in der Steiermark verkehren.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes können große Entfernungen zwischen dem künftigen Gemeindezentrum und den einzelnen Ortsteilen gegen die Sachlichkeit einer Gemeindevereinigung sprechen (vgl. zB VfSlg 9068/1981). Im vorliegenden Fall – die Distanz zwischen dem Siedlungsschwerpunkt der antragstellenden Gemeinde und jenem der Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark beträgt rund vier Straßenkilometer – liegt aber keine solche große Entfernung vor (vgl. dazu VfSlg 9655/1983, 10.637/1985, 11.629/1988, 13.543/1993). Die Stmk. Landesregierung bringt zwar nicht vor, dass zwischen der antragstellenden Gemeinde und der Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark Siedlungsverflechtungen bestehen, weist aber nachvollziehbar – wie sich auch aus der kartographischen Darstellung der Stmk. Landesregierung ergibt – darauf hin, dass an der Gemeindegrenze der antragstellenden Gemeinde (die über kein zusammenhängendes Ortsgebiet verfügt) und der Gemeinde Kulm bei Weiz in einem Teilbereich der gemeinsamen Gemeindegrenze Siedlungsverflechtungen vorliegen. Angesichts dieser Tatsache und des Umstandes, dass die Gemeindeämter lediglich rund vier Kilometer voneinander entfernt liegen und eine gute verkehrstechnisch-infrastrukturelle Verbindung zwischen den Gemeinden gegeben ist (vgl. dazu auch das Örtliche Entwicklungskonzept 2006, 17), hält es der Verfassungsgerichtshof für vertretbar, wenn der Landesgesetzgeber davon ausgeht, dass die neue Gemeinde mit den Instrumenten der örtlichen Raumordnung eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum erzielen kann, zumal bestehende Siedlungsverflechtungen zwischen den betroffenen Gemeinden nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes keine zwingende Voraussetzung für die Sachlichkeit einer Gemeindevereinigung darstellen (vgl. VfSlg 9068/1981, 10.637/1985).
2.4.5. Der Landesgesetzgeber konnte auch zu Recht von einer funktionellen Verflechtung der antragstellenden Gemeinde mit den anderen von der bekämpften Vereinigung betroffenen Gemeinden ausgehen: Wie sich aus dem Vorbringen der antragstellenden Gemeinde ersehen lässt und sich auch aus ihrem Örtlichen Entwicklungskonzept 2006 (vgl. S 16 f.) ergibt, ist sie trotz bestehender Infrastruktur innerhalb der Gemeinde mit öffentlichen und privaten Gütern unterversorgt. Ob die antragstellende Gemeinde hinsichtlich der Versorgung mit diesen Gütern überwiegend nach Pischelsdorf in der Steiermark (so die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 203, und das Örtliche Entwicklungskonzept 2006, 17) oder, wie die antragstellende Gemeinde behauptet, auch nach anderen Gemeinden ausgerichtet ist, kann dahinstehen; der Verfassungsgerichtshof erachtet es als allein maßgeblich, dass die antragstellende Gemeinde in einem wesentlichen Ausmaß bereits mit der Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark funktionell verflochten ist, deren Ortszentrum nach dem regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Weiz (vgl. Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Weiz, LGBl 78/2009 idF LGBl 58/2010) im Übrigen auch die Funktion eines teilregionalen Versorgungszentrums zukommt. Bereits jetzt deckt die Nachbargemeinde Pischelsdorf in der Steiermark "den Bedarf der Gemeinde Reichendorf an Einrichtungen des Bildungswesen[s] und der Kultur, […] an Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens" (vgl. Örtliches Entwicklungskonzept 2006, 17); beispielsweise ist die antragstellende Gemeinde zum Teil dem Schulsprengel der Volksschule Pischelsdorf in der Steiermark und zur Gänze dem Schulsprengel der Neuen Mittelschule dieser Gemeinde zugeordnet (vgl. Grazer Zeitung Nr 45/1991 über die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung über die Festsetzung des Schulsprengels der Volksschule Pischelsdorf und Grazer Zeitung Nr 421/1985 über die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung über die Festsetzung des Schulsprengels der Hauptschule Pischelsdorf in Steiermark).
2.4.6. Angesichts der vorliegenden Gegebenheiten erscheint es dem Verfassungsgerichtshof nicht unsachlich, wenn der Landesgesetzgeber davon ausgeht, dass die neue, größere Gemeinde Instrumente der örtlichen Raumplanung besser einsetzen kann und sich die Möglichkeit einer besseren Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum ergeben werde, sodass im Wesentlichen eine Deckung zwischen der Gebietskörperschaft Gemeinde und den sich ergänzenden Daseinsgrundfunktionen Wohnen, Versorgung, Naherholung und Bildung stattfindet (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 203 f.). Vertretbar ist schließlich auch die Annahme, dass durch eine umfassende und verschränkte Kompetenz der politischen Organe sowie der Gemeindeverwaltung die Effizienz deutlich gehoben wird.
2.4.7. Die antragstellende Gemeinde verweist in ihrem Antrag auf ihre – im Gegensatz zur Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark – positive finanzielle Lage. Sie habe im Betrachtungszeitraum 2008 bis 2013 den ordentlichen Haushalt der Gemeinde immer mit Überschüssen abschließen können und sei bereits seit dem Jahr 2004 schuldenfrei. Dem hält die Stmk. Landesregierung entgegen, dass die antragstellende Gemeinde in den Jahren 2008 bis 2012 zwar keine Bedarfszuweisungsmittel für den Haushaltsausgleich erhalten habe, wohl aber Bedarfszuweisungsmittel für Projekte des außerordentlichen Haushaltes; dadurch sei die antragstellende Gemeinde in der Lage gewesen, den ordentlichen Haushalt im genannten Zeitraum ausgeglichen zu gestalten. Insgesamt würden der neuen Gemeinde mehr Budgetmittel für die Bewältigung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen als ohne Vereinigung.
Auch wenn die finanzielle Lage der antragstellenden Gemeinde im ordentlichen Haushalt überwiegend positiv ist, steht dies nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes einer Gemeindevereinigung nicht entgegen, wenn dadurch ein (noch) leistungsfähigeres Kommunalwesen als bisher geschaffen wird (vgl. zB VfSlg 10.637/1985); es liegt innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Landesgesetzgebers, wenn er finanziell stärkere mit finanziell schwächeren Gemeinden vereinigt, um dadurch insgesamt einen Ausgleich zu erzielen (vgl. schon VfSlg 9655/1983, 10.637/1985). Die Annahme der Stmk. Landesregierung, dass der Haushalt der Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark durch die vielfältige Infrastruktur, die auch die antragstellende Gemeinde nutzt, verstärkt belastet werde, und daher durch die Vereinigung "Nutzer und Zahler" zusammengeführt, die ungleiche Belastung des Haushaltes der Gemeinde Pischelsdorf in der Steiermark beseitigt und ein entsprechender Ausgleich herbeigeführt werden soll, ist für den Verfassungsgerichtshof nachvollziehbar und macht die bekämpfte Vereinigung nicht unsachlich.
Der Landesgesetzgeber geht in nachvollziehbarer Weise davon aus, dass Ziel der Gemeindevereinigung unter anderem die Schaffung von gemeinsamen Strukturen ist; diese neuen Strukturen ermöglichen (künftig) auch eine optimierte Nutzung der vorhandenen (gemeinsamen) Infrastruktureinrichtungen und führen folglich zu Kosteneinsparungen. Die von der Stmk. Landesregierung im konkreten Fall angenommenen Kosteneinsparungen im Bereich des Personals, der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, der Gemeindeorgane sowie der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung und den Gemeindebetrieb sind plausibel und wurden von der antragstellenden Gemeinde auch nicht bestritten. Es ist nicht unvertretbar anzunehmen, dass durch die Gemeindevereinigung zusätzlicher budgetärer Spielraum geschaffen wird, der zu einem leistungsfähigeren Gemeinwesen als dem bisherigen führt.
2.4.8. Die Behauptung der antragstellenden Gemeinde, die bekämpfte Vereinigung führe gegenüber ihren Gemeindebürgern zu einer Erhöhung der Gebühren für die Benützung einzelner Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, stützt sich allein auf einen Vergleich der bisher in den betroffenen Gemeinden festgelegten Gebühren; aus diesem Vergleich allein können aber keine – eine allfällige Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung begründenden – Schlüsse auf die Höhe der künftigen, durch die Gemeindevertretung der neuen Gemeinde auf Grund der gesetzlichen Vorgaben (insb. § 15 Abs 3 Z 4 Finanzausgleichsgesetz 2008; vgl. dazu zuletzt ua.) festzulegenden Gebühren gezogen werden. Auch mit dieser Behauptung ist daher keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung dargelegt.
2.4.9. Zum Vorbringen, dass die Bevölkerung gegen diese Maßnahme eingestellt sei, genügt es, auf die zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein anhaltender Widerstand der Bevölkerung allenfalls ein Indiz für die Unsachlichkeit sein kann, für sich alleine jedoch noch keine Unsachlichkeit begründen kann (vgl. VfSlg 13.543/1993 mwN).
. Die antragstellende Gemeinde vertritt die Auffassung, dass für die Zulässigkeit und Sachlichkeit einer Gemeindestrukturreform eine umfassende Grundlagenforschung und Begründung erforderlich sei, eine solche jedoch fehle.
Wie sich bereits aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist dem StGsrG ein mehrjähriger Gemeindestrukturreformprozess vorangegangen, in dessen Rahmen die Grundlagen für die Veränderung der Gemeindestruktur in der Steiermark (u.a. durch wissenschaftliche Studien) ermittelt und die Gemeindevereinigungen in mehreren Phasen intensiv vorbereitet wurden; in der sogenannten Verhandlungsphase vom Februar 2012 bis September 2012 wurden die Vorstellungen des Landes und die Vorschläge der Gemeinden auch mit den betroffenen Gemeinden diskutiert und in der Entscheidungsphase vom Oktober 2012 bis Jänner 2013 die Ergebnisse und Stellungnahmen aus der Vorschlags- und Verhandlungsphase ebenfalls mit Gemeindevertretern besprochen. Deshalb ist auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, dass sie in den Reformprozess nicht eingebunden gewesen sei, nicht zutreffend: So fand beispielsweise am ein solches Verhandlungsgespräch unter anderem mit Vertretern der antragstellenden Gemeinde, der Gemeinden Kulm bei Weiz und Pischelsdorf in der Steiermark und des Landes Steiermark statt, in welchem die konkrete Gemeindekonstellation diskutiert wurde.
Selbst wenn das StGsrG ohne vorangegangene Grundlagenforschung oder ohne Begründung erlassen worden wäre, begründete dies noch keine Unsachlichkeit des Gesetzes, solange die mit diesem Gesetz erfolgte Vereinigung der Gemeinden im Ergebnis sachlich gerechtfertigt ist (vgl. , V46/2014).
. Wenn die antragstellende Gemeinde schließlich ausführt, dass freiwillige interkommunale Kooperationen als mögliche Alternative zur Zwangsfusion überhaupt nicht geprüft worden seien und somit unbeantwortet bleibe, ob ein Gemeindeverband als sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger anzusehen wäre als die bekämpfte Vereinigung, ist auf Punkt 2.2. zu verweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindevereinigung – sohin die vorliegende Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit den Gemeinden Kulm bei Weiz und Pischelsdorf in der Steiermark – für sich genommen sachlich ist; die Zweckmäßigkeit allfälliger Alternativen ist dabei nicht zu bewerten.
2.5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Landesgesetzgeber begründet annehmen konnte, dass durch die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit den Gemeinden Pischelsdorf in der Steiermark und Kulm bei Weiz insgesamt eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwartet werden kann. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wurde nicht überschritten. Die von der antragstellenden Gemeinde vorgebrachten Bedenken haben sich nicht als zutreffend erwiesen.
IV. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2014:G81.2014