VfGH vom 01.12.1995, g80/94
Sammlungsnummer
14373
Leitsatz
Abweisung des Antrags der Tiroler Landesregierung auf Aufhebung von Bestimmungen des KAG über die Ermächtigung von Vorständen von Universitätskliniken bzw Leitern von Klinischen Abteilungen zum Abschluß von Honorarvereinbarungen mit Pfleglingen der Sonderklasse bzw selbstzahlenden Ambulanzpatienten; kein Widerspruch dieser als dienstrechtliche Norm zu beurteilenden Regelung zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Tiroler Landesregierung beantragt aufgrund ihres Beschlusses vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG, die Abs 1 und 2 des § 46 des Krankenanstaltengesetzes (im folgenden: KAG), BGBl. Nr. 1/1957 idF BGBl. Nr. 801/1993, als verfassungswidrig aufzuheben.
1.2. Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen haben folgenden Wortlaut:
"(1) Den Vorständen von Universitätskliniken und den Leitern von Klinischen Abteilungen (§7a) ist es gestattet, mit Pfleglingen der Sonderklasse und mit Personen, die auf eigene Kosten ambulant behandelt werden, unbeschadet der Verpflichtung dieser Personen zur Entrichtung der Pflege- und Sondergebühren ein besonderes Honorar zu vereinbaren, wenn diese Personen auf ihren Wunsch durch den Klinikvorstand oder Leiter der Klinischen Abteilung persönlich behandelt werden.
(2) Die mit den Klinikvorständen (Leitern von Klinischen Abteilungen) vereinbarten Honorare unterliegen nicht § 27 Abs 4 und 5 sowie § 28."
Die §§7a und 27 Abs 4 und 5 sowie § 28 KAG, auf die in den angefochtenen Gesetzesbestimmungen Bezug genommen wird, lauten, soweit hier von Relevanz, wie folgt:
§ 7a KAG idF BGBl. Nr. 745/1988:
"(1) In Abteilungen und sonstigen Organisationseinheiten von Krankenanstalten, die als Universitätskliniken oder als Klinische Institute in Klinische Abteilungen gegliedert sind, kommt die Verantwortung für die zu erfüllenden ärztlichen Aufgaben nicht dem gemäß § 7 Abs 4 mit der Führung der Abteilung bzw. sonstigen Organisationseinheit betrauten Arzt, sondern dem Leiter der Klinischen Abteilung zu.
(2) In Gemeinsamen Einrichtungen von Kliniken und Instituten an Medizinischen Fakultäten, zu deren Aufgaben auch die Erbringung ärztlicher Leistungen gehört, kommt die Verantwortung für diese ärztlichen Aufgaben dem Vorstand der Gemeinsamen Einrichtung zu."
§ 27 Abs 4 und 5 KAG idF BGBl. Nr. 282/1988:
"(4) Durch die Landesgesetzgebung ist zu bestimmen:
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a) | ob und welche weiteren Entgelte in der Sonderklasse neben den Pflegegebühren eingehoben werden können; | |||||||||
b) | ... | |||||||||
c) | ob und in welcher Höhe Beiträge für die ambulatorische Behandlung zu leisten sind; | |||||||||
d) | (aufgehoben durch das BG BGBl. Nr. 282/1988) | |||||||||
e) | ... . |
(5) Ein anderes als das gesetzlich vorgesehene Entgelt (Abs1 bis einschließlich 4 und § 27a) darf von Pfleglingen oder ihren Angehörigen nicht eingehoben werden."
§ 28 KAG idF BGBl. Nr. 701/1991:
"(1) Die Pflegegebühren und allfälligen Sondergebühren (§27 Abs 4) sind vom Rechtsträger der Krankenanstalt für die Voranschläge und für die Rechnungsabschlüsse unter Bedachtnahme auf § 27 Abs 3 kostendeckend zu ermitteln. Die Pflegegebühren und Sondergebühren sind von der Landesregierung unter Bedachtnahme auf die Ausstattung und Einrichtung, wie sie durch die Funktion der Krankenanstalt erforderlich sind, und die ordnungsgemäße und wirtschaftliche Gebarung festzuhalten und im Landesgesetzblatt kundzumachen. In diese Kundmachung sind auch die kostendeckend ermittelten Pflegegebühren und Sondergebühren aufzunehmen.
(2) ...
(3) ...
(4) Die von den Trägern der Sozialversicherung an die Träger der Krankenanstalten zu entrichtenden Pflegegebühren
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1. | ... | |||||||||
2. | werden ansonsten hinsichtlich des Ausmaßes - unter Berücksichtigung der Abgeltung für therapeutische Behelfe - ebenso wie allfällige Sondergebühren (§27 Abs 4) und die Dauer, für welche die Pflegegebühren zu zahlen sind, abgesehen von den Fällen des Abs 12, ausschließlich durch privatrechtliche Verträge geregelt. Solche Verträge sind zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Hauptverband) im Einvernehmen mit den in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgern einerseits und dem Träger der Krankenanstalt andererseits abzuschließen. Die Verträge bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der schriftlichen Form der Abfassung; | |||||||||
3. ... |
(5) - (10) ...
(11) Über Streitigkeiten, die sich zwischen dem Träger einer Krankenanstalt einerseits und einem Krankenversicherungsträger oder dem Hauptverband andererseits aus einem gemäß Abs 4 geschlossenen Vertrag ergeben, entscheidet eine Schiedskommission. Der Antrag auf Entscheidung kann von jedem der Streitteile gestellt werden.
(12) Wenn innerhalb von zwei Monaten nach der Aufkündigung eines Vertrages ein neuer Vertrag zwischen dem Träger der Krankenanstalten und dem Hauptverband nicht zustande kommt, entscheidet die Schiedskommission auf Antrag mit Wirksamkeit ab der ansonsten bewirkten Vertragsauflösung über die gemäß Abs 4 zu regelnden Angelegenheiten. Das gleiche gilt für den Fall, daß der Träger der Krankenanstalt oder der Hauptverband zum Abschluß eines Vertrages aufgefordert hat, jedoch innerhalb von zwei Monaten ein solcher Vertrag nicht zustande gekommen ist. Der Antrag auf Entscheidung kann vom Träger der Krankenanstalt, von der Landesregierung oder vom Hauptverband gestellt werden.
(13) Wenn ein Antrag nach Abs 12 vor dem Zeitpunkt gestellt wird, zu dem der Vertrag aufgelöst würde, bleibt der Vertrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorläufig in Kraft."
§ 28 KAG wurde durch ArtI Z 2 des BG BGBl. Nr. 474/1995 novelliert, doch wurde durch diese Novelle - deren ArtI gemäß ArtIII Abs 1 leg.cit. rückwirkend am in Kraft getreten ist - der Wortlaut der wiedergegebenen Teile des § 28 KAG nicht verändert.
1.3. Zur Begründung Ihres Antrages führt die Tiroler Landesregierung aus, daß die angefochtenen Bestimmungen, die unmittelbar anwendbares Bundesrecht sind, im Widerspruch zur bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung stehen. Die in Rede stehenden Bestimmungen ließen sich weder auf Art 12 Abs 1 Z 1, noch auf Art 10 Abs 1 Z 6 oder Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG stützen.
Hiezu führt die Tiroler Landesregierung im wesentlichen folgendes aus:
"Nach Auffassung der Tiroler Landesregierung stehen die angefochtenen Bestimmungen, die unmittelbar anwendbares Bundesrecht sind, im Widerspruch zur bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung. Nach Art 12 Abs 1 Z. 1 B-VG kommt nämlich dem Bund in den Angelegenheiten der 'Heil- und Pflegeanstalten' nur die Grundsatzgesetzgebung zu, während die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung den Ländern vorbehalten ist. Lediglich die sanitäre Aufsicht über die Heil- und Pflegeanstalten obliegt ausschließlich dem Bund.
...
Nach (der) sogenannten Versteinerungstheorie fallen unter den
Kompetenztatbestand 'Heil- und Pflegeanstalten' nach Art 12 Abs 1
Z. 1 B-VG alle Vorschriften, die nach dem Stand und der
Systematik der Rechtsordnung am ... als
Regelungen über Heil- und Pflegeanstalten anzusehen waren. Zum
Versteinerungszeitpunkt () waren die
Angelegenheiten der Heil- und Pflegeanstalten ... durch das
Gesetz über die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb öffentlicher Heil- und Pflegeanstalten StGBl. Nr. 327/1920, geregelt. Nach dessen §§35 ff. waren als Entgelte der Pfleglinge von Krankenanstalten nur die an den Anstaltsträger zu entrichtenden Verpflegsgebühren und besonderen Gebühren vorgesehen. Diesen Gebühren entsprechen im wesentlichen die Pflege- und Sondergebühren im Sinne des § 27 des geltenden Krankenanstaltengesetzes des Bundes. ...
Neben Bestimmungen zur Sicherung einer ausreichenden medizinischen Versorgung in Krankenanstalten und Bestimmungen über die Errichtung und den Betrieb von Krankenanstalten war auch die Finanzierung der Krankenanstalten (Ersatz des Klinischen Mehraufwands, Verpflegsgebühren, besondere Gebühren, Abgangsdeckung) ein zentraler Regelungsgegenstand des Krankenanstaltengesetzes 1920. Die Verwendung öffentlicher Heil- und Pflegeanstalten für den Unterricht an medizinischen Fakultäten und an Hebammenlehranstalten war in den §§32 bis 34 des Krankenanstaltengesetzes 1920 geregelt. ...
Der Bundesverfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 hat wenige Monate nach der Erlassung des Krankenanstaltengesetzes im Art 10 Abs 1 Z. 12 B-VG nur die sanitäre Aufsicht über Heil- und Pflegeanstalten der Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung unterstellt. ... Die Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes 1920 über die Einnahmen und die Gebühren der Krankenanstalten blieben im hier interessierenden Umfang bis zum Versteinerungszeitpunkt (Inkrafttreten der Kompetenzbestimmungen des B-VG 1920 mit ) im wesentlichen unverändert (das Gesetz BGBl. Nr. 72/1923 hat hinsichtlich des Begriffsinhaltes der Angelegenheit 'Heil- und Pflegeanstalten' keine grundsätzliche Änderung bewirkt). Daraus ergibt sich, daß die Regelung der Finanzierung der Krankenanstalten und insbesondere der von den Pfleglingen von Krankenanstalten zu entrichtenden Entgelte zu den Angelegenheiten der 'Heil- und Pflegeanstalten' im Sinne des Art 12 Abs 1 Z. 1 B-VG gehört.
Die Krankenanstaltengesetzgebung hat daher auch Regelungen über die Einnahmen der Krankenanstalten und die Ansprüche der Krankenanstalten gegen die Sozialversicherungsträger zu treffen. Durch die im § 46 des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, geschaffene Honorarbefugnis wird der Spielraum der Krankenanstaltengesetzgeber zur Regelung der Einnahmen der Krankenanstalten erheblich beeinträchtigt.
... Das KAG sieht zwar - wie schon das Krankenanstaltengesetz 1920 - vor, daß zwei Gebührenklassen eingerichtet werden dürfen, es läßt aber offen, wodurch sich die Sonderklasse von der allgemeinen Gebührenklasse unterscheidet. Die Landesgesetzgeber haben stets auch eine Sonderklasse vorgesehen, in der erhöhte Leistungen der Krankenanstalt erbracht werden (bessere Unterbringung und Verpflegung der Patienten). Nach § 8 Abs 2 KAG dürfen Pfleglinge von Krankenanstalten nur nach den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft ärztlich behandelt werden. ... Die Arzthonorare als Teil der Sondergebühren sollen den in der Sonderklasse tätigen Ärzten zufließen. Die Aufteilung der Arzthonorare hat aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Rechtsträger der Krankenanstalt und den Ärzten zu erfolgen. Dieses Rechtsverhältnis kann ein öffentlich-rechtliches oder ein privat-rechtliches sein.
Wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, gehören zum Kompetenztatbestand 'Heil- und Pflegeanstalten' neben Bestimmungen über die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb von Krankenanstalten vor allem Regelungen über die Rechtsbeziehung zwischen Patient und Krankenanstalt, nicht aber über die Rechtsbeziehung zwischen Patient und Arzt (vgl. VfSlg. 9800/1983, VfSlg. 10066/1984).
Durch die Honorarbefugnis nach § 46 KAG, die ein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen den Klinikvorständen bzw. Leitern von Klinischen Abteilungen und den Patienten begründet, wird die Landesgesetzgebung insbesondere bei der Gestaltung der Sondergebühren (vor allem der Arztgebühren) beschränkt. Ein Patient, der eine persönliche Behandlung durch den Klinikvorstand wünscht, müßte nämlich sowohl dem Anstaltsträger die Sondergebühr als auch dem Klinikvorstand das besondere Honorar bezahlen. Die wenigsten Patienten bzw. deren Privatversicherungen sind aber zu einer doppelten Bezahlung imstande und bereit.
...
Nach § 46 KAG kommt aber das besondere Honorar ausschließlich den Klinikvorständen und Leitern von Klinischen Abteilungen zu. Es ist weder eine Beteiligung des Krankenanstaltenträgers, noch der sonstigen Bediensteten der betreffenden Organisationseinheit an diesem besonderen Honorar vorgesehen. ...
Den Materialien zum Krankenanstaltengesetz des Bundes, BGBl. Nr. 1/1957, ist nicht zu entnehmen, auf welchen Kompetenztatbestand der Bundesgesetzgeber die Bestimmung des § 46 stützen wollte (164 BlgNR VIII. GP.). ...
In den Erläuterungen zur Novelle zum KAG BGBl. Nr. 801/1993 werden als Kompetenzgrundlage für ArtII Z. 43 und 44 (§46 und § 50), Art 10 Abs 1 Z. 6 und 16 B-VG angeführt (1080 BlgNR XVIII. GP).
§ 46 KAG kann ... nicht auf die Dienstrechtskompetenz des Bundes gestützt werden. Art 14 Abs 9 B-VG bestimmt, daß auf dem Gebiet des Dienstrechtes der Lehrer die Verteilung der Zuständigkeiten zur Gesetzgebung und Vollziehung hinsichtlich der Dienstverhältnisse zum Bund, zu den Ländern, zu den Gemeinden und zu den Gemeindeverbänden, soweit im Art 14 nichts anderes bestimmt ist, die diesbezüglichen allgemeinen Regelungen der Art 10 und 21 gelten. Die Abs 2 bis 8 des Art 14 enthalten keine Sonderregelung für Hochschullehrer.
Wie sich aus den Erläuterungen zur B-VG-Novelle 1974 (182 BlgNR XIII. GP 12) ergibt, deckt sich der Begriff Dienstrecht im Art 14 B-VG mit dem Dienstrechtsbegriff des Art 10 Abs 1 Z. 16 und des Art 21 B-VG. Zwischen diesen Begriffen besteht kompetenzrechtlich gesehen kein inhaltlicher Unterschied (vgl. Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, 254 ff.).
Nach § 155 Abs 6 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. Nr. 16/1994, haben Hochschullehrer, die an der Universität als Ärzte verwendet werden, neben ihren sonstigen Aufgaben auch an der Erfüllung jener Aufgaben mitzuwirken, die den Universitätseinrichtungen im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Krankenbehandlung obliegen und im § 54 UOG genannt sind. Nach § 54 Abs 7 des Universitäts-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 258/1975, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. Nr. 804/1993, ist die Tätigkeit von Bundesbediensteten, die Angehörige der Medizinischen Fakultät sind, als leitende Funktionäre in Abteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten von Krankenanstalten nicht dem Bund zuzurechnen. Diese Tätigkeit bewirkt keine dienstrechtliche Veränderung (gleichlautend § 63 Abs 3 des am in Kraft tretenden UOG 1993, BGBl. Nr. 805).
Die Klinikvorstände und Leiter von Klinischen Abteilungen üben neben ihren Aufgaben als Hochschullehrer auch Funktionen in den Krankenanstalten aus, die aber, wie sich auch aus § 54 Abs 7 UOG ergibt, nicht dem Dienstverhältnis zum Bund zuzurechnen sind. Die Krankenanstalten schließen mit den Patienten einen Behandlungsvertrag ab und sind somit diesen gegenüber zu entsprechenden Leistungen verpflichtet. In Universitätskliniken werden diese Leistungen nicht nur von Bediensteten des Krankenanstaltenträgers sondern auch von Hochschullehrern erbracht. Die Patienten bzw. deren Versicherer haben an die Krankenanstalten für diese Leistungen entsprechende Entgelte zu entrichten. Der Bund kann als Dienstgeber der Hochschullehrer keine Regelung erlassen, die es den Klinikvorständen und Leitern von Klinischen Abteilungen gestattet, in der Krankenanstalt eines anderen Rechtsträgers Patienten gegen Honorar zu behandeln. Beim Dienstrecht geht es nämlich um die Regelung des internen Verhältnisses zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer. Dazu zählen die Rechte und Pflichten der Dienstnehmer, insbesondere auch die Regelungen über die Besoldung von Leistungen, die im Rahmen der Dienstpflichten erbracht werden (vgl. VfSlg. 7285/1974, 7288/1974, 9800/1983, 10066/1984), nicht aber Vergütungen für Leistungen, die außerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden (vgl. VfSlg. 6937/1972). Die Begründung eines Entgeltanspruches des Dienstnehmers gegenüber dem Vertragspartner eines Dritten für Leistungen, die der Dienstnehmer für den Dritten an dessen Vertragspartner erbringt, kann keinesfalls von der Dienstrechtskompetenz umfaßt sein.
Die Regelung des § 46 KAG kann aber auch nicht dem Kompetenztatbestand Zivilrechtswesen nach Art 10 Abs 1 Z. 6 B-VG zugeordnet werden. ... Wie bereits ... ausgeführt worden ist, wurden die Regelungen über Entgelte für die in Krankenanstalten erbrachten Leistungen im Krankenanstaltengesetz 1920 getroffen. Diese Regelungen waren auch beim Inkrafttreten der Kompetenzbestimmungen des B-VG 1920 am weitgehend unverändert in Kraft. Es ist daher davon auszugehen, daß die Regelung der Entgelte für die in Krankenanstalten erbrachten Leistungen dem Kompetenztatbestand 'Heil- und Pflegeanstalten' zuzurechnen ist. Im Versteinerungszeitpunkt kann somit die Regelung dieser Materie nicht zum Zivilrechtswesen gehört haben."
2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den Antrag stellte, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß § 46 Abs 1 und 2 des KAG, BGBl. Nr. 1/1957 idF BGBl. Nr. 801/1993, nicht als verfassungswidrig aufzuheben sind. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen. Nach Rechtsauffassung der Bundesregierung können sich die angefochtenen Bestimmungen auf den Kompetenztatbestand des Dienstrechtes der Bundesbeamten (Art10 Abs 1 Z 16 iVm Art 14 Abs 9 B-VG) stützen. Die Bundesregierung führt dazu im wesentlichen aus:
"Zur Gesetzgebungskompetenz:
1. ...
§ 46 Abs 1 des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 801/1993, gestattet es Personen, die auf Dauer und in fachlicher Hinsicht ausschließlich eigenverantwortlich eine universitäre Organisationseinheit leiten und zugleich krankenanstaltenrechtlich Leiter einer Abteilung oder sonstigen Organisationseinheit der Krankenanstalt sind, mit Pfleglingen der Sonderklasse Honorare für die persönliche Behandlung zu vereinbaren.
Damit wird nicht das Verhältnis dieser Ärzte zu den Patienten, sondern das Verhältnis der Ärzte zu ihren Dienstgebern geregelt. Regelungen zwischen dem Patienten und der Krankenanstalt (etwa betreffend Pflege- und Sondergebühren) sollen dagegen aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in § 46 Abs 1 KAG unberührt bleiben; auch sind Regelungen über die Pflege- und Sondergebühren auf das gemäß § 46 Abs 1 KAG vereinbarte Honorar gemäß Abs 2 leg.cit. nicht anzuwenden.
...
2. Vorstände von Universitätskliniken und Leiter von Klinischen Abteilungen werden aus dem Kreis der Universitätsprofessoren bestellt oder gewählt (§54a des Universitäts-Organisationsgesetzes, BGBl. Nr. 258/1975, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 745/1988 und § 64 UOG 1993, BGBl. Nr. 805). Gemäß § 7a Abs 1 KAG kommt den Leitern der Klinischen Abteilungen die Verantwortung für die zu erfüllenden ärztlichen Aufgaben anstelle des gemäß § 7 Abs 4 KAG mit der Führung der Abteilung bzw. sonstigen Organisationseinheit zu betrauenden Arztes zu. ... Die Mitwirkung an im Rahmen der Krankenanstalten zu erbringenden ärztlichen Leistungen der Universitätskliniken und Klinischen Institute zählt gemäß § 155 Abs 6 BDG 1979 zu den Dienstpflichten der Hochschullehrer, die an der Universität als Ärzte verwendet werden. ...
... Wenngleich ... die Aufgaben im Rahmen der
Krankenversorgung funktionell für den Rechtsträger der
Krankenanstalt ... erbracht werden, so sind Klinikvorstand und
Leiter der Klinischen Abteilung dem Bund als Dienstgeber gegenüber zur Erbringung dieser Leistungen - im Rahmen ihrer Dienstpflicht - verhalten.
...
§ 46 Abs 1 KAG ist eine dienstrechtliche Norm, die das Verhältnis zwischen Dienstgeber und Klinikvorständen bzw. Leitern von Klinischen Abteilungen regelt und vom Typus her etwa mit § 56 BDG 1979 (Zulässigkeit von Nebenbeschäftigungen) vergleichbar ist.
Schon im Rahmen der Privatautonomie ist es - in Ermangelung entgegenstehender gesetzlicher Verbote - durchaus möglich, daß von den Beteiligten (zusätzliche) Rechtsverhältnisse (zwischen Arzt und Patienten) durch besondere Vereinbarungen begründet werden. Deren Zulässigkeit für den Arzt wird allerdings aus in seinem Dienstverhältnis liegenden Gründen nicht ohne weiteres gegeben sein, zumal der Arzt kraft seines Dienstverhältnisses seinem Dienstgeber gegenüber verpflichtet ist, den betreffenden Patienten auch ohne dessen besondere Entgeltzahlung zu behandeln (Bydlinski, Verträge über ärztliche Leistungen, in: Rechberger - Weber (Hrsg.), Festschrift für Winfried Kralik (1986) 345, insbes. 362).
Eine Vereinbarung zwischen Patient und Arzt, wonach der Patient Honorare für eine Leistung zu bezahlen hat, die der Arzt gegenüber dem Bund und die Krankenanstalt gegenüber dem Patienten ohnedies zu erbringen haben, stellt sich als Zahlungsversprechen ohne Gegenleistung dar. Ein solches abstraktes Honorarversprechen wäre wegen Unbestimmtheit ungültig (Bydlinski, aaO, 365).
Der angefochtenen Bestimmung kann jedoch nicht entnommen werden, daß sie den dort genannten Ärzten die Möglichkeit einer derartigen abstrakten Honorarvereinbarung einräumt. Aus der Stellung und der Leitungsaufgaben der in Betracht kommenden Ärzte ist zu schließen, daß diese - von Ausnahmen abgesehen (vgl. dazu Schrammel, Die Sonderklasse in öffentlichen Krankenanstalten, in:
Martinek - Wächter (Hrsg.), Arbeitsleben und Rechtsordnung, FS Schnorr (1988) 421, 424 ff) - zu einer persönlichen Behandlung der Patienten nicht verpflichtet sind und diese gegenüber der Krankenanstalt keinen Anspruch auf persönliche Betreuung durch die genannten Ärzte haben. Die persönliche Behandlung von Patienten gegen Entgelt stellt sich daher als eine Beschäftigung dar, die diese in einem (öffentlich-rechtlichen) Dienstverhältnis zum Bund stehenden Ärzte grundsätzlich außerhalb ihrer Dienstverhältnisse (§56 Abs 1 BDG 1979) ausüben. Ohne die angefochtene Bestimmung wären derartige Behandlungsverträge zwischen den in § 46 Abs 1 KAG angeführten leitenden Ärzten und Patienten nach § 158 Abs 1 BDG 1979 - im Hinblick auf ihre dienstrechtliche Zulässigkeit - insbesondere daraufhin zu überprüfen, ob dadurch diese Ärzte an der Erfüllung ihrer dienstrechtlichen Aufgaben behindert oder sonst wesentliche dienstliche Interessen gefährdet werden.
Die angefochtene Bestimmung fällt daher unter den Kompetenztatbestand des Dienstrechts der Bundesbeamten (Art10 Abs 1 Z 16 iVm Art 14 Abs 9 B-VG).
... § 46 Abs 1 KAG kann auch nicht auf den Kompetenztatbestand des Zivilrechtswesens nach Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG gestützt werden, da die Bestimmung hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Arzt und Patient lediglich die dienstrechtliche Zulässigkeit zum Abschluß von Behandlungsverträgen regelt. ...
Zum Vorwurf der Einengung des Spielraums des Krankenanstaltengesetzgebers:
...
Dem ist zum einen entgegenzuhalten, daß schon aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Gesetzesbestimmung des § 46 Abs 1 KAG ('unbeschadet der Verpflichtung dieser Person zur Errichtung der Pflege- und Sondergebühren') allfällige landesgesetzliche Pflege- und Sondergebühren neben den besonderen Honoraren zu entrichten sein werden. § 46 Abs 1 KAG greift in die Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Patient und Krankenanstaltenträger also gar nicht ein und schmälert daher auch in keiner Weise die finanziellen Ansprüche des Krankenanstaltenträgers gegenüber dem solchermaßen behandelten Patienten. ...
... § 46 greift aber auch insoferne nicht in die Finanzierung der Krankenanstalten ein, weil er eine Rechtspflicht der Privatversicherer zur Bezahlung dieser Zusatzhonorare nicht vorsieht. ...
... In diesem Zusammenhang verweist die Tiroler Landesregierung auch darauf, daß die medizinische Betreuung und Behandlung der Patienten der Sonderklasse keineswegs ausschließlich durch den Klinikvorstand oder den Leiter einer Klinischen Abteilung erfolge, eine gerechte Beteiligung des nachgeordneten ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals allerdings zwingend sein sollte. ... In diesen Ausführungen mißversteht die Tiroler Landesregierung die Bestimmung des § 46 Abs 1 KAG, da sie davon ausgeht, es würde hier ein zivilrechtlicher Anspruch begründet. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß § 41 des Tiroler Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 5/1958, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 3/1990, der Landesregierung die Möglichkeit einräumt, im Verordnungsweg Höchstsätze für die als Sondergebühren einzuhebenden Arzthonorare festzusetzen und die Aufteilung dieser Honorare zwischen dem Leiter der Abteilung oder des Instituts und seinem Vertreter sowie zwischen dem Leiter der Abteilung oder des Instituts und den anderen Ärzten des ärztlichen Dienstes zu regeln. ..."
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über den - zulässigen - Antrag der Tiroler Landesregierung erwogen:
3.1. Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung finden die Abs 1 und 2 des § 46 KAG, BGBl. Nr. 1/1957 idF BGBl. Nr. 801/1993, weder in Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG noch in Art 10 Abs 1 Z 6 oder Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG ihre kompetenzrechtliche Deckung. Die Bundesregierung räumt ein, daß sich die angefochtenen Gesetzesbestimmungen nicht auf Art 10 Abs 1 Z 6 oder Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG stützen, sieht die Kompetenzgrundlage jedoch in Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG.
3.2. Um feststellen zu können, unter welche Kompetenzregelung nach Art 10 bis 15 B-VG ein Akt der Gesetzgebung fällt, muß nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zunächst der Inhalt der Norm ermittelt werden (vgl. VfSlg. 10066/1984 mit weiteren Nachweisen). Nach Ansicht der Tiroler Landesregierung ergibt sich aus der Honorarvereinbarungsbefugnis, die § 46 KAG für die dort genannten Ärzte vorsieht, die rechtliche Grundlage für ein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen den Klinikvorständen bzw. Leitern von Klinischen Abteilungen und Pfleglingen der Sonderklasse und Personen, die auf eigene Kosten ambulant behandelt werden. Die Bundesregierung vertritt hingegen die Auffassung, daß durch die genannte Bestimmung das Verhältnis der in § 46 KAG genannten Ärzte nur zum Bund als ihrem Dienstgeber geregelt werde.
3.3. Zur Ermittlung des Inhaltes der angegriffenen Regelungen ist es erforderlich, die maßgeblichen historischen und systematischen Zusammenhänge festzustellen.
3.3.1. Die angefochtenen Regelungen finden sich in ArtII des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 801/1993, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird, der unmittelbar anwendbares Bundesrecht zum Gegenstand hat.
In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 801/1993 (1080 BlgNR XVIII. GP) wird zu § 46 KAG zunächst darauf verwiesen, daß ArtII der UOG-Novelle BGBl. Nr. 745/1988 durch die Einfügung eines § 7a das KAG dahin abänderte, daß in Universitätskliniken und in Klinischen Instituten, die in Klinische Abteilungen gegliedert sind, in Durchbrechung des Grundsatzes des § 7 Abs 4 KAG "die Verantwortung für die zu erfüllenden ärztlichen Aufgaben dem Leiter der Klinischen Abteilung zukommt". Weiters heißt es:
"Demgegenüber blieb die Fassung des § 46 KAG durch die genannte Novelle unberührt, § 46 KAG sieht vielmehr weiterhin die Vereinbarung eines besonderen Honorars nur durch die Klinikvorstände vor.
Den eingangs erwähnten geänderten Verantwortungsstrukturen soll nunmehr auch im Rahmen des § 46 KAG Rechnung getragen werden. Das Recht zur Vereinbarung eines besonderen Honorars wird daher auch den Leitern von Klinischen Abteilungen eingeräumt.
Weiters soll bei dieser Gelegenheit klargestellt werden, daß die maßgebliche Tatbestandsvoraussetzung für die Verrechnung eines besonderen Honorars nicht der Wunsch des Patienten nach persönlicher Behandlung ist (vgl. derzeit den Schlußteil des § 46 Abs 1 KAG), sondern daß auch tatsächlich eine solche Behandlung zu erfolgen hat."
3.3.2. Schon in der Stammfassung des KAG BGBl. Nr. 1/1957 gestattete § 46 Abs 1 den Vorständen von Universitätskliniken, "von Pfleglingen der höchsten Pflegeklasse und von Personen, die auf eigene Kosten ambulatorisch behandelt werden, unbeschadet der Verpflichtung dieser Personen zur Entrichtung der Pflege- und Sondergebühren ein besonderes Honorar zu fordern, nämlich dann, wenn diese Personen die persönliche Behandlung durch den Klinikvorstand wünschen."
Im Bericht und Antrag des Ausschusses für soziale Verwaltung betreffend den Entwurf des KAG (164 BlgNR VIII. GP, S. 15) wird hiezu im wesentlichen ausgeführt:
"In Wien, Graz und Innsbruck sind an von den betreffenden
Bundesländern betriebenen öffentlichen Krankenanstalten
Universitätskliniken ... zu Unterrichtszwecken eingerichtet. ...
in den einschlägigen Bestimmungen der medizinischen
Rigorosenordnung, RGBl. Nr. 102/1903, in der Fassung des BGBl.
Nr. 412/1937 ..., ist eine praktische Ausbildung der
Medizinstudenten ... in Universitätskliniken vorgesehen.
Abgesehen von den früher geltenden Vorschriften wurden im Krankenanstaltengesetz vom (§§32 bis 34) die damals erforderlich scheinenden Regelungen in einem fast gleichartigen Sinne getroffen, wie sie nunmehr in einer den Erfordernissen der heutigen Zeit angepaßten Art in den §§43 bis 46 enthalten sind. ..."
3.3.3. Tatsächlich regelte bereits das Krankenanstaltengesetz vom , StGBl. 327 (KAG 1920), - es stammt noch aus der Zeit vor der Erlassung des Bundes-Verfassungsgesetzes vom und der darin festgelegten Kompetenzbestimmungen - im VII. Abschnitt die "Verwendung öffentlicher Heil- und Pflegeanstalten für den Unterricht an medizinischen Fakultäten und an Hebammenlehranstalten" wie folgt:
In § 32 des KAG 1920 wird zunächst festgelegt, daß jene öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten, die zugleich dem Unterricht an medizinischen Fakultäten dienen, diesem Zweck auch weiterhin gewidmet bleiben. Weiters wird ausgesagt, daß an Universitätskliniken, die Krankenabteilungen öffentlicher Heil- und Pflegeanstalten sind, zu Unterrichtszwecken ausnahmsweise auch Personen, die nicht spitalsbedürftig oder sonst für die Aufnahme in die Anstalt geeignet sind, aufgenommen werden dürfen und daß in diesen Fällen der Anstalt die Verpflegsgebühren sowie der hiedurch nicht gedeckte Mehraufwand von der Unterrichtsverwaltung zu ersetzen sind.
Nähere Bestimmungen über die Verpflegsgebühren der öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten für die allgemeine Gebührenklasse und für die Gebührenklassen mit höheren Verpflegsgebühren finden sich im VIII. Abschnitt des KAG 1920; gemäß § 36 leg.cit. sind die Verpflegsgebühren das Entgelt für Unterkunft, ärztliche Untersuchungen und Behandlung, Beistellung von Heilmitteln, Pflege und Verköstigung der Anstaltspfleglinge.
3.3.4. Die maßgeblichen Regelungen des KAG 1957 waren also bereits im KAG 1920 enthalten und trugen der damals bestehenden Situation Rechnung.
Weiters ergibt sich, daß die angefochtene Fassung des § 46 KAG sich in grundsätzlich gleicher Weise und wortähnlich bereits in der Stammfassung des KAG fand, wobei die Materialien darauf verweisen, daß damit nur Regelungen in fast gleichartigem Sinn wie im KAG 1920 erlassen wurden.
Das stellt allerdings den Inhalt der angefochtenen Norm noch nicht klar; es sind vielmehr im Hinblick auf den engen Bezug zwischen Krankenanstaltenrecht und Universitätsorganisationsrecht für den Bereich der Universitätskliniken die systematischen Zusammenhänge beider Regelungskomplexe näher zu untersuchen. Hiezu ist eine Betrachtung der für Universitätskliniken anzuwendenden Bestimmungen des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG) geboten.
3.3.5. Die für die Abgrenzung zwischen Universitätsorganisations- und Krankenanstaltenrecht maßgebliche Bestimmung fand sich im § 54 UOG in dessen Stammfassung, BGBl. Nr. 258/1975, im IV. Abschnitt unter der Überschrift "Sonderbestimmungen für Kliniken und Institute der medizinischen Fakultäten"; im § 54 Abs 1 leg.cit. war festgehalten, daß durch die Bestimmungen des UOG sowohl das Ärztegesetz, BGBl. Nr. 92/1949, als auch das KAG, BGBl. Nr. 1/1957, unberührt bleiben.
Diese "salvatorische Klausel" wurde mit Bundesgesetz BGBl. Nr. 745/1988 über die Änderung des UOG und des KAG fallengelassen, wozu die Regierungsvorlage (504 BlgNR XVII. GP) jedoch ausdrücklich darlegt, daß sie als entbehrlich erachtet wurde. Es heißt sodann wörtlich:
"Außer Frage steht in diesem Zusammenhang, daß durch das UOG
die Bestimmungen ... des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, ... in den jeweils geltenden Fassungen, unberührt
bleiben. Die genannten gesetzlichen Bestimmungen haben selbstverständlich im Einklang mit dem UOG für den Klinischen Bereich der medizinischen Fakultäten insofern Geltung, als dieser gleichzeitig auch Krankenanstalt bzw. Teil einer öffentlichen Krankenanstalt ist. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, daß alle jene Angelegenheiten, Wirkungsbereiche und Kompetenzen, Aufgaben und Pflichten, die den Klinischen Bereich der medizinischen Fakultäten als Krankenanstalt betreffen, nicht im Universitäts-Organisationsgesetz zu regeln sind.
All diese ... die Krankenanstalten betreffenden Regelungen, die auch für den Klinischen Bereich der medizinischen Fakultäten von Bedeutung sind, finden sich in den oben genannten Gesetzen des Bundes und - soweit es sich beim Krankenanstaltenrecht um Grundsatzbestimmungen handelt - der Länder (Landes-Krankenanstaltengesetzen)."
Durch die im vorletzten Halbsatz des ersten Absatzes der angefochtenen Bestimmung enthaltene Wortfolge "unbeschadet der Verpflichtungen dieser Personen (gemeint sind Pfleglinge der Sonderklasse und Personen, die auf eigene Kosten ambulatorisch behandelt werden) zur Entrichtung der Pflege- und Sondergebühren" wird das, was die weggelassene "salvatorische Klausel" aussagte, tatsächlich auch im angefochtenen § 46 KAG weiterhin deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Verfassungsgerichtshof ist daher mit der Bundesregierung der Ansicht, daß eine Beibehaltung des ersten Satzes des § 54 UOG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 745/1988 entbehrlich war.
Daß § 46 Abs 1 und 2 KAG 1957 in der Fassung BGBl. Nr. 801/1993 nur in Zusammenschau mit den Bestimmungen des UOG zu verstehen ist, ergibt sich daraus, daß mit den Bezeichnungen "Universitätskliniken" und "Klinische Abteilungen", deren Vorstände und Leiter Adressaten der angefochtenen Regelung sind, auf das Universitäts-Organisationsrecht verwiesen wird (§46 Abs 7 UOG idF BGBl. Nr. 745/1988). Dort heißt es, daß die Institute medizinischer Fakultäten, oder von Abteilungen derselben, die zugleich ärztliche Aufgaben im Rahmen einer öffentlichen Krankenanstalt zu erfüllen haben (§§54 und 54a), die Bezeichnung "Universitätsklinik" oder "Klinisches Institut" führen. Zum Leiter einer Universitätsklinik oder eines Klinischen Instituts, in dem ausschließlich oder vorwiegend ärztliche Tätigkeiten ausgeübt werden, hat gemäß § 54 Abs 5 Z 2 UOG ein zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Facharzt des betreffenden Sonderfaches bestellt zu werden. Gemäß § 54a Abs 1 UOG sind Universitätskliniken und Klinische Institute, sowie deren allfällige Untergliederungen, zugleich Teile der Krankenanstalt und der Universitätsorganisation. § 54a Abs 4 UOG bestimmt zusätzlich, daß zum Vorstand von nicht in Klinische Abteilungen gegliederten Universitätskliniken sowie Klinischen Instituten ein ordentlicher oder außerordentlicher Universitätsprofessor zu bestellen ist.
Für die angefochtene Regelung ist aus der Sicht des Bundes als Dienstgeber zusätzlich von Relevanz, daß § 54 Abs 7 UOG idF BGBl. Nr. 745/1988 vorsieht, daß die Tätigkeit von Bundesbediensteten als leitende Funktionäre in Abteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten von Krankenanstalten - dies gilt also insbesondere für Klinikvorstände und Leiter von Klinischen Abteilungen - nicht dem Bund zuzurechnen ist und solche Tätigkeiten keine dienstrechtlichen Veränderungen bewirken.
Der Wirkungsbereich des Klinik(Instituts)vorstandes entspricht gemäß § 54b Abs 1 UOG idF BGBl. Nr. 745/1988 dem eines Institutsvorstandes. Universitätsorganisatorisch sind, wie aus § 46 Abs 1 leg.cit. zu entnehmen ist, die Institute die kleinsten selbständigen organisatorischen Einheiten der Universität, die zur Durchführung von Lehr- und Forschungsaufgaben zu errichten sind. Hinsichtlich der zu erfüllenden ärztlichen Aufgaben sind die Leiter der Klinischen Abteilungen vom Weisungsrecht des Klinik(Instituts)vorstandes gemäß § 54b Abs 1 dritter Satz ausgeschlossen.
Bei der Erlassung der Klinik(Instituts)ordnung (§54b Abs 5 UOG) hat die Klinik(Instituts)konferenz insbesondere die Bestimmungen des § 54 Abs 1 und 5 (die medizinischen Fakultäten erfüllen ihre Lehr- und Forschungsaufgaben im Klinischen Bereich auch im Zusammenwirken mit öffentlichen Krankenanstalten) zu beachten. Soweit die Klinik(Instituts)konferenz zur Erlassung der Klinik(Instituts)ordnung nicht berechtigt ist (§54b Abs 5 zweiter Satz UOG) ist hiefür der Klinik(Instituts)vorstand zuständig, der hiebei auf die Bestimmungen der Anstaltsordnung Bedacht zu nehmen hat (§54b Abs 5 dritter Satz UOG). Damit wird in den bundesrechtlichen Regelungen das landesrechtliche Anstaltsrecht berücksichtigt. In der Anstaltsordnung ist gemäß § 6 Abs 1 KAG der innere Betrieb der Krankenanstalten zu regeln; die Landesgesetzgebung hat die näheren Vorschriften über den Inhalt der Anstaltsordnung zu erlassen, die insbesondere die Dienstobliegenheiten der in der Krankenanstalt beschäftigten Personen zu enthalten hat. Während aber nach dem KAG gemäß § 7 Abs 4 mit der Führung von Abteilungen Fachärzte des einschlägigen medizinischen Sonderfaches zu betrauen sind, kommt in Universitätskliniken und Klinischen Abteilungen dem Leiter dieser Einrichtungen auch die Verantwortung für die zu erfüllenden ärztlichen Aufgaben zu.
Dies bedeutet für die angefochtenen Regelungen folgendes:
Die Ermächtigung von Vorständen von Universitätskliniken und Leitern der Klinischen Abteilungen, eine Honorarvereinbarung mit Patienten zu treffen, die sowohl in der Stammfassung des KAG als auch in seiner angefochtenen Fassung enthalten ist, ist an die Voraussetzung geknüpft, daß diese Patienten solche der Sonderklasse oder Personen sind, die auf eigene Kosten ambulant behandelt werden. Es geht dabei weiters voraussetzungsgemäß um Fälle, in denen Patienten der Sonderklasse oder selbstzahlende Ambulanzpatienten über ihren ausdrücklichen Wunsch von den Vorständen oder Leitern von Universtitätskliniken und Klinischen Abteilungen persönlich behandelt werden. Für diese Sonderleistungen kann nach der angefochtenen Regelung unmittelbar zwischen Klinikvorständen sowie Leitern von Klinischen Abteilungen und Angehörigen dieser eben genannten Patientengruppen eine privatrechtliche Honorarvereinbarung für die von diesen gewünschte persönliche ärztliche Betreuung abgeschlossen werden.
Nach dem zweiten Absatz des angefochtenen § 46 unterliegen solche Honorarvereinbarungen nicht den §§27 Abs 4 und 5 sowie 28
KAG.
Zum § 27 Abs 4 lita KAG, wonach die Landesgesetzgebung zu bestimmen hat, ob und welche weiteren Entgelte in der Sonderklasse neben den Pflegegebühren eingehoben werden können, hat der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 9800/1983 ausgesagt, daß damit keine grundsatzgesetzliche Festlegung getroffen wird, der Landesgesetzgeber vielmehr frei ist, im grundsatzgesetzfreien Raum krankenanstaltenrechtliche Regelungen zu treffen.
Während nun Abs 1 des § 46 KAG durch den Schaltsatz "unbeschadet ..." zum Ausdruck bringt, daß die Honorarvereinbarungen krankenanstaltenrechtliche Verpflichtungen auf Entrichtung von Sondergebühren nicht beeinträchtigen dürfen, geht aus Abs 2 des § 46 hervor, daß solche Honorarvereinbarungen nicht Gegenstand von krankenanstaltenrechtlichen Regelungen über Sondergebühren sind.
Damit wird im Rahmen der bestehenden Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern den Zusammenhängen Rechnung getragen, die sich aus den Organisations- und Dienstrecht enthaltenden Regelungen des UOG einerseits und dem Krankenanstaltenrecht andererseits ergeben.
Daß durch die angefochtene Regelung eine Überschneidung oder Verzahnung zwischen in verschiedene Kompetenzen fallenden Bestimmungen nicht bewirkt wird, ergibt sich schon daraus, daß von der Landesgesetzgebung insofern im grundsatzgesetzfreien Raum ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen der Krankenanstalt und den Patienten der Sonderklasse erfaßt werden, wohingegen die angefochtene Regelung des § 46 Abs 1 und 2 KAG die Rechtsbeziehungen zwischen Klinikvorständen und Leitern von Klinischen Abteilungen zu den Patienten der Sonderklasse und zahlenden Ambulanzpatienten zum Gegenstand hat. Auch Abs 5 des § 27 leg.cit., der festlegt, daß ein anderes als das gesetzlich vorgesehene Engelt von Pfleglingen nicht eingehoben werden darf, betrifft nur die Rechtsbeziehung von Krankenanstalten mit den Patienten, beim § 28 KAG geht es ebenfalls ausschließlich um diese Rechtsbeziehung.
Damit legt der zweite Absatz des angefochtenen § 46 KAG lediglich klarstellend fest, daß Honorare aufgrund von privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen Klinikvorständen und Leitern von Klinischen Abteilungen mit Patienten der Sonderklasse und zahlenden Ambulanzpatienten keine Sondergebühren bilden.
Der Vorbehalt des § 46 Abs 1 der angefochtenen Bestimmung ("unbeschadet" der zu entrichtenden Pflege- und Sondergebühren) und ebenso der zweite Absatz des § 46 der angefochtenen Bestimmung halten jedoch nicht nur dies fest. Sie bestimmen damit weiters, daß die krankenanstaltenrechtlichen Regelungen der Landeskrankenanstaltengesetze über zu entrichtende Sondergebühren durch die "gestatteten" Honorarvereinbarungen nicht berührt werden; sie bringen iVm § 54b Abs 3 und 5 UOG aber auch klar zum Ausdruck, daß durch die Verpflichtungen, die Klinikvorstände oder Leiter von Klinischen Abteilungen aufgrund der "gestatteten" Vereinbarung hinsichtlich der persönlichen Betreuung von Patienten der Sonderklasse oder selbstzahlenden Ambulanzpatienten eingehen, keine Befreiung oder Veränderung im Bereich der Verpflichtungen eintritt, die ihnen krankenanstaltenrechtlich aufgrund ihrer Funktion als Vorstand der Universitätsklinik oder Leiter der Klinischen Abteilung obliegen.
Wenn eine solche "gestattete" Honorarvereinbarung vom Vorstand einer Universitätsklinik oder dem Leiter einer Klinischen Abteilung getroffen und die persönliche Betreuung von Sonderklassepatienten oder selbstzahlenden Ambulanzpatienten übernommen wird, haben also die genannten leitenden Ärzte auf die ihnen krankenanstaltenrechtlich aufgrund ihrer Funktion obliegenden Pflichten entsprechend Bedacht zu nehmen; andernfalls fiele ihnen eine Verletzung der ihnen im Rahmen des Krankenanstaltenrechtes obliegenden Aufgaben zur Last.
Ebenso haben sie vor Abschluß der privatrechtlichen Vereinbarung zu erwägen, ob sie ohne Beeinträchtigung der ihnen krankenanstaltenrechtlich obliegenden Aufgaben eine persönliche Betreuung von Patienten wahrnehmen können.
3.3.6. Der Bundesgesetzgeber hat mit der angefochtenen Regelung demnach lediglich ausgesprochen, daß der Bund als Dienstgeber unter den genannten Voraussetzungen den bei ihm als Dienstnehmer beschäftigten, im § 46 Abs 1 KAG genannten Personen "gestattet", die in der angefochtenen Regelung genannten Honorarvereinbarungen zu treffen.
Daraus ergibt sich, daß die angefochtenen Regelungen in das Krankenanstaltenrecht nicht eingreifen.
Ist dies aber nicht der Fall, und liegt somit keine Regelung vor, die dem Kompetenztatbestand "Heil- und Pflegeanstalten" (Art12 Abs 1 Z 1 B-VG) zuzurechnen ist, so erschöpft sich die angefochtene Regelung - was deren Wortlaut auch indiziert - in einem bloßen bundesgesetzlichen dienstrechtlichen "Gestatten" an die Vorstände von Universitätskliniken und Leiter von Klinischen Anstalten, als Dienstnehmer des Bundes mit Patienten der Sonderklasse und selbstzahlenden Ambulanzpatienten für eine persönliche Betreuung über deren Wunsch ein Honorar unmittelbar zu vereinbaren.
Damit erweist sich die angefochtene Regelung als dienstrechtliche Norm im Sinne des Art 10 Abs 1 Z 16 iVm Art 14 Abs 9 B-VG.
4. Das von der Tiroler Landesregierung vorgetragene Bedenken, daß Abs 1 und 2 des § 46 KAG im Widerspruch zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung stehen, trifft sohin nicht zu. Der Antrag auf Aufhebung der genannten Bestimmungen war daher abzuweisen.
5. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.